Boden als Baustoff
Seite F.1 Lehrstuhl für Grundbau, Bodenmechanik, Felsmechanik und Tunnelbau
F Boden als als Baustoff F.1 Sich ern gegen Aufw eichen
Bei bindigen Böden ist die Konsistenz von entscheidender Bedeutung für die Eigenschaften des Bodens als Baustoff. Wenn ein Boden vollständig wassergesättigt ist, kann die Zugabe von Wasser, beispielsweise also auch das Durchfließen von Sickerwasser oder Grundwasser, ihn nicht aufweichen, solange nicht gleichzeitig seine Dichte verringert wird. Eine dynamische Beanspruchung an der Oberfläche einer Erdschüttung, z.B. durch Befahren, führt jedoch zu einer Dichteverminderung und daher bei Wasserzugabe zu einem Aufweichen des Bodens. Bei unvermeidbarem Wasserzutritt (Niederschläge) sollte ein Boden also nicht gleichz eitig befahren werden. Solange Boden nicht wassergesättigt ist, wird er durch kapillar bewirkten Porenwasserunterdruck stabilisiert. Mit der Wassersättigung entfallen die stützenden Kapillarkräfte. Gleichzeitig wird der Wassergehalt erhöht und damit die Konsistenzzahl verringert. Es ist stets darauf zu achten, dass derartige Destabilisierungen und Aufweichungen bei Erdbaumaßnahmen vermieden bzw. minimiert werden. Dazu sind folgende Maßnahmen zweckmäßig: Boden auch in Zwischendeponien stets verdichtet einbauen. Indem bei gegebenem Wassergehalt der Luftporengehalt minimiert, der Boden also möglichst weit bis zur Sättigungsgrenze hin verdichtet wird, kann er durch späteren Wasserzutritt nicht mehr destabilisiert werden. Oberflächen von Erdbauwerken, auch von Zwischendeponien, stets mit deutlichem Gefälle anlegen und dafür sorgen, dass zutretendes Wasser rasch abfließen kann; dazu in Arbeitspausen stets glatt abgewalzte Oberflächen herstellen, bei Regen die Erdarbeiten einstellen. In der Regel ist der Aufwand für die dabei entstehende Ausfallzeit geringer, als wenn nach einem Regen durch Befahren verursachte Aufweichungen entfernt werden müssen. F.2 Sic hern gegen gegen Erosio n
Wird Boden als Baustoff verwendet, kommen freie Oberflächen mit abfließendem Wasser in Kontakt. Als zähe Flüssigkeit überträgt es dabei Reibungskräfte auf das Korngerüst. Wenn die Körner nicht gehalten sind, werden sie vom Wasser mitgeschleppt, es findet eine Erosion statt. Ist einmal eine Erosionsrinne vorhanden, fließt in ihr bevorzugt Wasser ab und verstärkt dabei die Abtragung. Sie ist daher ein sich selbst verstärkender Prozess. Bei Erdbauwerken ist daher stets darauf zu achten, dass klare Verhältnisse zum Wasserabfluss geschaffen werden. Freie Oberflächen sind möglichst rasch durch Begrünung zu sichern. Das dabei entstehende vollflächige Wurzelwerk hält die Bodenkörner fest. Plastische Böden weisen aufgrund ihrer Kohäsion einen höheren Widerstand gegen Erosion auf als nichtbindige. Am stärksten erosionsgefährdet sind Schluffe und Sande. Zur Erosion siehe auch die Vorlesungseinheit G, "Wasser im Baugrund". F.3 Frostempfindlichkeit
Durch eine exotherme Reaktion geht das freie Porenwasser des Bodens bei 0 °C in einen kristallisierten Zustand - Eis über, weil dann die kinetische Energie der Wassermoleküle unter einen kritischen Wert absinkt und die vorhandenen Feldkräfte der Wassermoleküle eine stabile räumliche Struktur bilden können. Es entsteht ein räumliches Gitter aus Tetraedern, deren Sauerstoffatome voneinander einen Abstand von 2,76 Å haben (JESSBERGER, 1990). Der geordnete, kristallisierte Zustand hat einen geringeren Energieinhalt als der ungeordnete, flüssige, so dass beim Gefrieren Wärme freigesetzt wird; diese heißt latente Umwandlungswärme L und beträgt L = 335 ⋅ w ⋅ ρd (J/cm3). Im Porenwasser vorhandene freie Ionen vergrößern den Energieinhalt des Wassers und verzögern dementsprechend die Kristallisation. Wie bei der Kapillarität zwischen Bodenkörnern entstehen auch in den Grenzflächen zwischen Eiskristall und ungefrorenem Wasser gekrümmte Grenzflächen. Durch die Grenzflächenzugspannung ist der Druck im Kristall (Kristallkeim vereinfacht als Kugel gedacht) größer als im umgebenden Wasser, so dass ein Kristallisationsdruck entsteht. Er saugt freies Wasser aus der Umgebung an, in der es aufgrund der Kapillarität im Boden verfügbar ist. So entwickelt sich eine Eislinse im Boden. Entsprechend entsteht ein Gefrierdruck, wenn die Volumenausdehnung des Bodens beim Gefrieren behindert ist. Die Eislinsenbildung beruht also auf einem Massetransport und erfordert Zeit. Daher entstehen beim Schockgefrieren keine Eislinsen, sondern eine amorphe Eisstruktur. Der Gefrierdruck ist im wassergesättigten Zustand am ausgeprägtesten und hängt von der Porengröße des Bodens ab: im Grobsand ist er 0 und steigt im Ton auf Werte über 200 kN/m2 an.
Vo 28.03.08 D:\Kh\Skript_Originale_einseitig_SS08\080213_Re_VorlG-F-Boden_Baustoff.doc
Vo
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Gefriervorgänge und Eislinsenbildung sind also von den Größen und der Verteilung der Körner im Boden abhängig. Die Frostempfindlichkeit kann demzufolge den verschiedenen Bodengruppen nach DIN 18196 zugeordnet werden, siehe Vorlesung E, "Klassifikation". 10 100 200 300 500 1000 2000 3000 Wenn Eislinsen nach einer Frostperiode wieder abtauen, entste0,25 hen Hohlräume, die durch Belastung an der Oberfläche zusamFrostindex [°C ·Tage] menbrechen und ein Erdplanum zerstören. Sofern Anforderun0,5 gen an die Oberfläche von Erdbauwerken gestellt werden, die durch Eislinsenbildungen in Frage gestellt würden, sollten bis zur 1,0 Eindringtiefe von Frost nur Böden der Frostempfindlichkeitsklasse F1 verwendet werden. Im Straßen- und Eisenbahnbau wird 1,5 die erforderliche Dicke der frostsicheren Schichten in Abhängig2,0 keit von Region, Exponiertheit des Verkehrsweges und Unter2,5 grundverhältnissen in Richtlinien und Vorschriften festgelegt. 3,0 Auch kapillarbrechende Schichten unterhalb frostempfindlicher 3,5 Eindringtiefe [m] Böden, die den Kapillarwassernachschub unterbinden, dienen der Frostsicherheit. Wärmedämmmaßnahmen können nur eine Bild F03.10: Frosttiefe (BROWN, 1964) Verzögerung der Frosteindringung bewirken, helfen aber nicht bei langanhaltendem Frost. Um die Frosteindringung zu bestimmen, die in DIN 1054 im Hinblick auf Gründungen pauschal zu 0,8 m angegeben ist, wird der Frostindex FI zugrundegelegt (Bild F03.10). Er ist die Summe der Kältegrade aus den mittleren Tageslufttemperaturen in einem Zeitintervall, der aber nur ein statistischer meteorologischer Richtwert sein kann. Die beschriebene Eislinsenbildung hebt Bodenkörner zur Geländeoberfläche hin an. Wenn sich mit dem Abtauen des Eises die Oberfläche wieder setzt, wandern kleinere Teilchen als erste nach unten und versperren dabei den größeren Körnern den "Rückweg". Daher "wachsen" infolge Frosteinwirkung Steine z.B. in Äckern nach oben heraus (Kryoturbation). Wenn dieser Vorgang über lange Zeiträume ungestört abläuft, bilden sich in der Natur charakteristische Formen, siehe Bild F03.20. F.4 Sackungen, Eigensetzungen
Bild F03.20: Frostmuster als Ergebnis eines natürlichen Sortierprozesses bei vegetationslosen arktischen Böden. (KESSLER / WERNER, 2003)
Ein locker gelagerter Boden hat aufgrund der Schwerkraft das Bestreben, in eine dichtere Lagerung überzugehen, sobald durch äußere Einflüsse wie Sickerwasser, Erschütterungen oder temperaturbedingte Verformungen haltende Kräfte zwischen Körnern (Reibung, kapillar bedingte Kräfte, scheinbare Kohäsion) überwunden werden und eine Umlagerung von Körnern möglich ist. Anders als bei natürlich abgelagerten Böden, die derartigen äußeren Einflüssen schon sehr lange ausgesetzt sind, ist bei Erdbauwerken stets ein Sackungspotential vor allem in den ersten Jahren nach Erstellung zu beachten. Es ist umso geringer, je besser ein Boden verdichtet wurde. Bei gering verdichtet eingebauten bindigen Böden können durchaus Sackungen von mehr als 10 % der Schütthöhe auftreten, aber auch bei gut verdichteten Erdbauwerken ist eine Verformung von 0,5 %, das sind 5 mm je Meter Höhe ein realistisches Maß. Sackungen lassen sich durch Einarbeiten von Bindemitteln, die nach dem Abbinden die Umlagerung von Körnern verhindern, ausschließen. Beim Einbau von Sand lassen sich Sackungen durch Einnässen wirksam minimieren. Bei Schüttungen gemischtkörniger Böden sind Einlagerungen größerer Steine problematisch. Unter ihnen verbleiben zunächst viele kleine Hohlräume, die durch Sickerwasser und Erosionsvorgänge innerhalb des Boden im Lauf der Zeit verfüllt werden. Sie bedingen daher Umlagerungen und Sackungen. Auch bei Felsschüttungen treten Sackungen auf, wenn sie zum ersten Mal wassergesättigt werden. Hierbei spielen auch Materialbrüche an den punktuell sehr hoch beanspruchten Kontaktpunkten eine Rolle. Aber auch in natürlichen Böden sind Instabilitäten, die zu Sackungen führen, bekannt. Die Instabilität beruht entweder, wie bei feuchtem Sand, auf Brückenbildung durch scheinbare Kohäsion (Oberflächenspannung), die bei Durchnässung
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oder dynamischer Belastung verschwindet, oder auf echter Kohäsion durch schwache chemische Bindungen zwischen den Partikeln wie beim Makroporensystem von aeolischen Lössen, das unter Zusatzlast nachgibt. Sackungen in Löß spielen in Deutschland keine Rolle, weil die Lösse überwiegend stabil sind im Gegensatz etwa zu Osteuropa oder China, wo man größere Probleme durch unter Belastung nachgebenden Lößboden hat. Hier besitzt der Boden eine kartenhausähnliche Struktur mit sehr geringer Dichte, die unterhalb der im Versuch ermittelten "lockersten" Lagerungsdichte liegt. In diesen Fällen lässt sich die Volumenverringerung in etwa abschätzen, indem der Porenanteil max n bei lockerster Lagerung mit dem Porenanteil der natürlichen Lagerung im nicht gesackten Zustand verglichen wird. In sehr lockeren mächtigen Schüttungen, z.B. in verfüllten Braunkohletagebauen, besteht ein sehr großes Sackungspotential. Hier können z.B. ein Grundwasseranstieg oder dynamische Einwirkungen plötzliche und sich selbst verstärkende Umlagerungen im Boden, verbunden mit einem Kollaps der Bodenstruktur, bedingen. Die damit einhergehenden Porenwasserdruckänderungen können dabei zum Setzungsfließen führen. F.5 Verdichtu ng und Verdichtbarkeit F.5.1 Einfluss von Bodenart und Wassergehalt
Ziel jeder Bodenverdichtung ist es, den Porenanteil zu verringern, also die (Trocken-)Dichte zu erhöhen. Damit wird gleichzeitig die Steifigkeit und Scherfestigkeit des Bodens erhöht. Die Verdichtungsfähigkeit Df eines trockenen Bodens ist durch die Grenzen der Lagerungsdichte gegeben, die von der Kornform und der Kornverteilung abhängig ist. Die statische oder dynamische Verdichtung erfordert eine Verdichtungsarbeit, weil sich die Bodenteilchen in eine neue, dichtere Lage umordnen müssen und dieser Bewegung die innere Reibung entgegenwirkt. In gut durchlässigen nichtbindigen Böden (vor allem GE und SE) ist es zur Erleichterung der Kornumlagerungen hilfreich, beim Verdichten Wasser zuzugeben (SCHULTZE / MUHS, 1967). Hier ist ein hoher Wassergehalt ohne Nachteil, weil keine Porenwasserüberdrücke auftreten und die innere Reibung so gut wie nicht vom Wassergehalt abhängt. Bei gering durchlässigen, vor allem also bindigen Böden nimmt der Wassergehalt zentralen Einfluss auf das Verdichtungsverhalten. Ausgehend von einem trockenen Boden nehmen mit zunehmendem Wassergehalt w die Widerstände der Bodenkörner gegen eine Verdichtung ab, da das Porenwasser im teilgesättigten Zustand durch die Entwicklung von Porenwasserdrücken den Umordnungsvorgang der Partikel begünstigt. Ab einem bestimmten Wassergehalt, dem sogenannten optimalen Wassergehalt, nimmt die Verdichtbarkeit jedoch mit zunehmendem Wassergehalt wieder ab, weil das Porenwasser durch dynamische Kräfte, wie sie bei der Verdichtung auftreten, nicht schnell genug in freie (mit gut kompressibler Luft gefüllte) Poren abfließen kann. Bei voller Wassersättigung, also einem Sättigungsgrad S r = 1, ist mit dynamischer Verdichtung keine weitere Verdichtung, für die das Porenwasser bis zur nächsten Oberfläche abfließen müsste, mehr möglich. Mit hohem statischen Druck und ausreichender Zeit zum Abfließen des Porenwassers ist jedoch eine weitere Verdichtung vorstellbar. Die absolute Grenze wäre mit der Korndichte erreicht, wenn kein Wasser und keine Luft mehr im Boden ist, also alle Körner sich so umgelagert haben (und dazu in erforderlicher Korngröße und Kornform vorhanden sind) dass zwischen ihnen kein Platz mehr besteht. Der Zusammenhang zwischen Wassergehalt und Trockendichte bei ] ³ einer vorgegebenen Verdichtungsarbeit, wie sie von üblichen VerSr =1,0 m / t [ dichtungsgeräten gut in den Boden eingebracht werden kann, wird im d ρ Proctorversuch ermittelt. Mit ihm werden Proctorkurven ermittelt, die e ρPr t den für eine Verdichtung optimalen Wassergehalt und die mit der h c i d eingebrachten Arbeit erreichbare größte Trockendichte, die Proctor n e dichte ρPr zeigen (Bild F05.10). Im Proctordiagramm wird dabei in der k c o r Regel eine Sättigungskurve (üblicherweise für Sr = 1 ) mit eingetra T wPr gen. Bei einer Sättigung von Sr = 0,9 ist neben Wasser und KörWassergehalt w [%] nern im Boden auch noch ein Luftporenanteil na vorhanden. Trockendichten oberhalb der Sättigungskurve mit Sr = 1 sind nicht Bild F05.10: Proctorkurve und Sättigungskurve (nach V. SOOS, 1980) möglich.
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Der Zusammenhang zwischen Trockendichte, Wassergehalt und Sättigungszahl wird mit der folgenden Formel beschrieben:
ρd
ρs
= 1+
w ⋅ ρs Sr ⋅ ρw
Die graphische Darstellung der Funktion ρd = f (w) ergibt Hyperbeln mit der Sättigungszahl S r . Ebenso lassen sich Hyperbeln mit konstantem Luftporenanteil na darstellen. Er errechnet sich zu
na = 1 - w ⋅ ρd - ρd / ρs .
F.5.2 Proc tor versuc h, Procto rdi chte, opti maler Wassergehalt
Zur versuchstechnischen Prüfung des Verdichtungsverhaltens eines Bodens wird der in DIN 18127 genormte Proctorversuch (PROCTOR, 1933) benutzt. In einen Prüfzylinder, Durchmesser 10 cm, 12 cm Höhe, verlängert durch einen 5 cm hohen Aufsatzring, siehe Bild F05.20, bringt man gut durchmischte (homogener Wassergehalt) Proben eines Bodenmaterials jeweils in 3 Lagen ein und verdichtet sie mit einem 2,5 kg schweren Fallgewicht bei 30 cm Fallhöhe durch 25 Schläge. Diese Verdichtungsarbeit entspricht in ihrer Wirkung dem, was übliche Verdichtungsgeräte in der Baupraxis (kleine Geräte nur oberflächennah, große Geräte mit tieferreichender Wirkung) leisten können. Danach werden der Aufsatzring abgenommen, die Probe an der Oberseite des Zylinders glatt abgestrichen und dann ihr Gewicht und ihr Wassergehalt gemessen. Der Versuch wird mit steigenden Wassergehalten mehrfach ausgeführt. Aus mindestens 5 Versuchen wird in einem Diagramm der Zusammenhang von Wassergehalt und erreichter Trockendichte aufgetragen. Er zeigt den optimalen Wassergehalt wPr . Die zugehörige Dichte heißt Proctordichte ρPr . Bild F05.30 zeigt typische Proctorkurven für verschiedene Bodenarten. Man beachte die sehr flachen Proctorkurven für die gut durchlässigen Böden SE und GE, deren Verdichtung kaum vom Wassergehalt abhängt. Schnitt
Draufsicht
fortschreitende Versetzrichtung des Stampfers, je Schicht 25 Schläge
Fallgewicht 2,5 kg
e h ö h m l l c a 0 F , e 0 i 3 e r F
m c 0 , 2 1
10,0 cm Bild F05.20: Proctor-Gerät (V. SOOS, 1980)
Bild F05.30: typische Proctorkurven für unterschiedliche Bodenarten (VOSS, 1968 / V. SOOS,1980)
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Die Proctordichte ist ein charakteristischer Bodenkennwert für Verdichtbarkeit. Sie lässt sich für Torfe ebenso bestimmen wie für bindige, gemischtkörnige oder rollige Böden. Ihre Größe ist ein Hinweis auf die Verdichtbarkeit einer Bodenart und ein Merkmal für die Güte eines Schüttmaterials (siehe Tabelle F05.10). Über die Eignung der Bodenart hinaus ist der vorhandene (natürliche) Wassergehalt w von Bedeutung. Er ist jedoch anders als die Bodenart durch Maßnahmen beeinflussbar. Liegt er bei einem zu bewertenden Boden über dem optimalen Wassergehalt wPr , so wird eine Trocknung z. B. durch Belüften zweckmäßig sein. Bei zu trockenen Böden ist auch ein Befeuchten und Einfräsen von oberflächig aufgebrachtem Wasser durchaus üblich. Die Verdichtbarkeit eines Schüttmaterials lässt sich durch Beimischen von Grobkorn verbessern. Bild F05.40 zeigt an einem Beispiel den Einfluß zunehmenden Kiesanteils auf die Proctorkurve eines schluffigen Sandes (BRAND / FLOSS, 1965). Bei einem geplanten Einsatz sehr schwerer Verdichtungsgeräte legt man gelegentlich auch dem Laborversuch eine größere Verdichtungsarbeit zugrunde: 4,5 kg Gewicht, 45 cm Fallhöhe. Zur Unterscheidung spricht man beim Versuch mit normaler Verdichtungsarbeit von der "einfachen Proctordichte", beim Versuch mit erhöhter Arbeit von der "verbesserten Proctordichte". Die verbesserte liegt um 5 % bis 10 % über der einfachen Proctordichte. (Bild F05.50). Das Bild zeigt gleichzeitig auf, dass bei höherer Verdichtungsleistung auch Dichten über 100 % der (üblicherweise verwendeten einfachen) Proctordichte erreicht werden können.
Proctordichte ρPr [g/cm3] bis 1,6 1,60 - 1,75 1,75 bis 1,95 1,95 bis 2,1 über 2,1
Eignung als Schüttmaterial sehr schlecht schlecht ziemlich gut gut sehr gut
Tabelle F05.10: Proctordichte und Güte des Schüttmaterials (Bodenart)
ρs = 2,65 t/m³
30%
d
ρ
e t h c i d n e k c o r 1,8 T
Sr = 1 für
50%
] ³ m / t [ 2,0
10% 0% Kies 5
10 15 Wassergehalt w [%]
Bild F05.40: Einfluss des Grobkornanteils auf die Proctorkurve
Der Proctorversuch ist nur ausführbar, wenn der Boden keine Korngrößen über 20 mm enthält. Gröbere Bestandteile müssen deswegen bei der Vorbereitung der Proben ausgeschieden werden: Überkorn. Sie können aber, wie das in Bild F05.40 gezeigte Beispiel verdeutlicht, das Ergebnis erheblich zum Günstigen hin beeinflussen, so dass ein wirtschaftliches Interesse besteht, diesen Einfluß auch quantitativ zu erfassen. Bei einem Gewichtsanteil bis zu 30 % kann man nach GIBBS (1950) die Proctordichte nach folgender Formel umrechnen: ρ Pr ( korr . )
=
ρ Pr
1 - P⋅ ( 1 -
ρ Pr ρs
)
wobei P der Gewichtsanteil des Überkorns ist. Ab P = 0,25 empfiehlt sich die Verwendung eines größeren Topfes zur Versuchsdurchführung. Statistische Untersuchungen in den USA (zitiert von BRAND/FLOSS, 1965) haben einen recht zuverlässigen Zusammenhang zwischen den Konsistenzgrenzen und den Proctorwerten bindiger Böden ergeben. Bild F05.60 zeigt das Ergebnis einer Auswertung von 1367 Bodenproben: der optimale Wassergehalt liegt kurz oberhalb des Wertes von IP.
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50% 2,00 ] ³ m / t [
wL
d
1,75
ρ
e t h c i d1,50 n e k c o r T1,25
0,10
wL
wp verbesserter Proctorversuch einfacher Proctorversuch 0,15 0,20 0,25 Wassergehalt w [-]
wp
Ip 0,30
15
Bild F05.50: Abhängigkeit der Proctorkurven von der Verdichtungsenergie (BRAND / FLOSS, 1965)
Ip 20
γPr [kN/m³] Æ
30%
5
15
10% 25
wPr [%] Æ
Bild F05.60: Zusammenhang von Konsistenzgrenzen und Proctorwerten bindiger Böden (BRAND / FLOSS, 1965)
F.5.3 Einbauk riteri en bei Ton
Bei der Entscheidung, ob man toniges Material trockener oder nasser als w Pr einbauen soll, ist zu beachten, dass unterhalb wPr die Zellstruktur (Bild C02.60,a), oberhalb die disperse (Bild C02.60,c) überwiegt. Beim Einbau eines Tons mit w > wPr ist die Verdichtung rasch geleistet, die Durchlässigkeit gering, die Volumenänderung im Gebrauchszustand klein, dafür aber jede Scherverformung groß. Das Umgekehrte gilt für den trockenen Einbau. Dabei tritt meist die Schwierigkeit auf, dass der Boden wegen seiner großen scheinbaren Kohäsion und dementsprechender Brockenstruktur einen hohen Luftporengehalt behält, der nach der ZTVE-StB 76 unter 12 % bleiben muss. F.5.4 Verdichtungsanforderungen
Da vor allem im Verkehrswegebau der Erdbau eine überragende Rolle spielt, haben das Bundesministerium für Verkehr sowie die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen e.V. Regelwerke herausgegeben, in denen spezifische Regeln und Anforderungen definiert sind. Hier wird besonders verwiesen auf die ZTVE-StB 94, die von FLOSS (1997) kommentiert ist. Die ZTVE-StB (Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau) sind auch außerhalb des Straßenbaus regelmäßige Grundlage für Erdarbeiten. Darüber hinaus und ergänzend existieren aber auch andere Regelwerke, z. B. die RIL 836 für den Eisenbahnbau. In der ZTVE-StB 94 sind an die Verdichtung in Abhängigkeit von Bodengruppen und der Lage des eingebauten Erdstoffes z.B. folgende Verdichtungsanforderungen gestellt: Bereich Planum bis 1,0 m Tiefe bei Dämmen und bis 0,5 m Tiefe bei Einschnitten
1,0 m unter Planum bis Dammsohle
Bodengruppen
DPr in %
GW, GI, GE SW, SI, SE
100
GW, GI, GE SW, SI, SE
98
Tabelle F05.20: Anforderungen an das 10 % Mindestquantil für den Verdichtungsgrad DPr bei grobkörnigen Böden
Bereich Planum bis 0,5 m Tiefe
0,5 m unter Planum bis Dammsohle
Bodengruppen
DPr in
GU, GT, SU, ST
% 100
GU*, GT*, SU*, ST* U, T, OK, OU, OT GU, GT, SU, ST OH, OK GU*, GT*, SU*, ST* U, T, OU, OT
97
97 95
Tabelle F05.30: Anforderungen an das 10 % Mindestquantil für den Verdichtungsgrad DPr bei gemischt- und feinkörnigen Böden
Außerdem wird für das Planum (Schnittstelle zwischen Erdbauwerk und Straßenoberbau bzw. Eisenbahnoberbau) im Regelfall die Anforderung gestellt, dass ein Verformungsmodul Ev2 von 45 MN/m2 erreicht wird. Im Straßenbau bezieht sich diese Forderung entsprechend der ZTVE auf frostempfindlichen Untergrund bzw. Unterbau (also gemischt- und feinkörnige
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Böden). Bei frostsicherem Untergrund (also Kies und Sand) wird ein Verformungsmodul von i.d.R. Ev2 = 120 MN/m2 verlangt. Dies setzt in beiden Fällen sowohl ein besonders geeignetes Material (günstig: verfestigte bindige Böden, weitgestufte nichtbindige Böden) als auch eine gute Verdichtung voraus. F.5.5 Einbau-Kontrollen
In den Empfehlungen der Bundesanstalt für Straßenwesen zur Verdichtungsgrad DPr Verhältniswert Ev2/Ev1 Prüfung der Verdichtung bei Erdarbeiten im Straßenbau ≥ 100 % ≤ 2,3 (BUNDESANSTALT FÜR STRASSENWESEN, 1972) werden in ≥ 98 % ≤ 2,5 Abhängigkeit von der Art der zu prüfenden Schicht innerhalb des ≥ 97 % ≤ 2,6 Straßenaufbaus und in Abhängigkeit von der Bodenart eine Reihe von Verfahren genannt, um die Verdichtungsanforderungen zu Tabelle F05.40: Richtwerte für den Verhältniswert prüfen. Hierzu gehören die Entnahme von Proben mittels AusEv2/Ev1 in Abhängigkeit vom Verdichtungsgrad für stechzylinder (vorzugsweise bei bindigen Böden), die Volumenernichtbindige Böden satzverfahren (mittels Ballon oder Gips wird in einer Eintiefung an der Oberfläche des Bodens eine Volumenbestimmung durchgeführt und das entnommene Material gewogen - insbesondere bei nichtbindigen Böden geeignet), die Sondierverfahren nach C.3 und der Plattendruckversuch, der in DIN 18134 genormt ist: mit einer stählernen Kreisplatte von 30, 60 oder 76,2 cm Durchmesser wird ein Last-Setzungs-Versuch ausgeführt und dabei der Verformungsmodul Ev1 aus der Erstbelastung und
Ev2 aus der Zweitbelastung für einen festgelegten Spannungsbereich bestimmt (siehe auch Vorlesung H, "Baugrundverformungen"):
Ev = 1,5 ⋅ r ⋅ (σzz / s)
(r - Radius der Lastplatte, s - Setzung, σzz - Druckspannung).
Eine hohe Verdichtung äußert sich in einem geringen Verhältnis der Verformungsmoduln von Wiederbelastung und Erstbelastung Ev2/Ev1. Um den erreichten Verdichtungsgrad D Pr zu kontrollieren, können näherungs- und ersatzweise die Einhaltung von Verformungsmodulverhältnissen überprüft werden, was auf Erdbaubaustellen besser praktikabel ist als die Durchführung von Dichtebestimmungen. Für die Bodengruppen GW, GI, GE, SE, SW und SI kann z.B. näherungsweise von der in Tabelle F05.40 genannten Zuordnung ausgegangen werden. Um sehr schnell zu einem Ergebnis zu kommen, werden gerne und in zunehmendem Umfang dynamische Plattendruckversuche (Gerät siehe Bild F05.70) durchgeführt. Hier wird eine Stoßbelastung über eine Platte auf den verdichteten Untergrund aufgebracht und das dynamische Antwortverhalten der Platte analysiert. Je stärker ein Untergrund verdichtet wurde, umso mehr überwiegen im Antwortverhalten elastische Anteile gegenüber plastischen. Der dynamische Verformungsmodul Evd ergibt sich für eine Platte mit einem Durchmesser von 30 cm, die mit einer Stoßkraft von 7,07 kN, Stoßdauer 18 ms, belastet wird, aus der mittleren Setzungsamplitude s (einzusetzen in mm) zu
Evd = 22,5 / s [MN/m2].
Fallmasse m = 10 kg
Kraftaufnehmer 0-10 kN Feder Schwinggeschwindigkeitsaufnehmer 0-1000 µm
Grundplatte d = 300 mm Mit dem gleichen Prinzip, nämlich der Auswertung des elasBild F05.70: dynamisches Fallplattengerät tischen / plastischen Antwortverhaltens kann auch bei einer dy(FLOSS,1997) namischen Walzenfahrt der Verdichtungserfolg beurteilt werden. Dem entsprechend wurden Verfahren zur f lächendeckenden d ynamischen Verdichtungsk ontrolle (FDVK) entwickelt. Sie vergleichen durch Messung an der Walze die eingeleitete Schwingungsenergie in den Boden und das Antwortverhalten des Untergrundes. Vor allem bei nichtbindigen Böden lassen sich so zuverlässige Aussagen über die Verdichtung erzielen.
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Im angelsächsischen Raum verbreitet ist der CBR-Versuch ( California b earing r atio) zur Einbau-Kontrolle. Hier wird im Labor oder im Feld mit gleich bleibender Geschwindigkeit ein Druckstempel von 50 mm Durchmesser in den Boden eingedrückt. Gemessen wird jeweils der erforderliche Druck σ, mit dem Eindringtiefen von 0,25 cm und 0,5 cm erzeugt werden. Diese Drücke werden ins Verhältnis gesetzt zu den Drücken, die bei einem optimal verdichteten und zusammengesetzten Referenzboden zum Erzielen der genannten Eindrückungen erforderlich wären.
CBR = mit
σ σs
⋅ 100
in %
= Druck im untersuchten Boden zum Erreichen der festgelegten Eindringtiefe σs = entsprechender Druck im Referenzboden σ
Es gilt bei Eindringtiefe 0,25 cm: σs = 7,03 MN/m2 und bei 0,50 cm: σs = 10,55 MN/m2 Weiterhin gibt es auch eine dynamische Variante des CBR-Versuches. Ähnlich wie beim dynamischen Plattendruckversuch wird dabei der CBR-Stempel mit einem leichten Fallgewicht impulsartig belastet. Gegenüber dem statischen CBRVersuch bietet dies den Vorteil, dass auf Pressenrahmen (im Laborversuch) bzw. Widerlager in Form eines beladenen LKW (im Feldversuch) verzichtet werden kann. Durch einen Beschleunigsaufnehmer wird die Beschleunigung des CBRStempels elektronisch gemessen. Durch zweimalige Integration über die Zeit wird die Setzung s und daraus ein dynamischer CBR-Wert nach folgender (nicht dimensionsechter) Gleichung ermittelt: CBRd = 87,3 / (s0,59) [%]
s in [mm]
Durch vergleichende Versuche konnten für diese dynamischen Kennwerte ausreichend abgesicherte Korrelationen zu den herkömmlich ermittelten CBR-Werten gefunden werden, so dass einer Anwendung nichts im Wege steht. F.5.6 Verfahren zur Baugr undv erdich tung im Erdbau
Im Erdbau wird in der Regel die Verdichtung einzelner geschütteter und planierter Lagen an ihrer Oberfläche bewirkt. Die Oberflächenverdichtung ist eine durch Walzen, Schlagen (Stampfen) oder Rütteln der Oberfläche des Bodens bewirkte Verdichtung. Da ein großer Teil der eingespeisten Verdichtungsarbeit durch die räumliche Energieausbreitung verloren geht, beschränkt sich die Wirkung auf die Nahumgebung des Verdichters, das ist eine Verdichtungstiefe von in der Regel 40 bis 60 cm, bei kleinen Geräten weniger, bei sehr großen auch mehr. Deswegen wird der Boden lagenweise eingebracht und verdichtet. Für den Erddammbau sind auch schwere Verdichtungsgeräte entwickelt worden, um sehr grobes Material zu verdichten und die Wirktiefe zu steigern. Der Erfolg von Verdichtungsmaßnahmen zeigt sich stets in dem erreichten Verdichtungsgrad DPr , der über die gesamte Höhe der Einbaulage, also nicht nur an der Oberfläche (!), dem geforderten Wert entsprechen muss. Zur Beurteilung der Verdichtungsfähigkeit eines natürlichen Bodens prüft man, ob sein Plastizitätsindex Ip so klein ist, dass der Boden auf dynamischem Wege verdichtet werden kann. Das ist in der Regel der Fall, wenn der Schluffgehalt unter 20 % und der Tongehalt unter 5 % der durch Sieb- und Schlämmanalyse bestimmten Körnungslinie bleiben; Ip ist dann unter 10 %. Gemeinsam ist den dynamischen Verfahren die Energiebilanz: Äußere Arbeit (Ea) = Energie, die durch elastische Wellen in die Umgebung abgeleitet wird (E1) + durch plastische Scherverformungen dissipierte Arbeit (E2) + durch plastische Volumenverminderungen (Teilchenumlagerung) dissipierte Arbeit (E3) + Energie, die beim Brechen von Bodenteilchen oder Bodengefüge dissipiert wird (E4). Nur E3
+ E 4 wirken sich auf die Verdichtung aus. Die Wirksamkeit einer Verdichtungstechnik könnte also beschrieben werden durch (E3+E4)/Ea. Da die einzelnen Anteile aber nicht messbar sind, muss man eine praktische Effizienzkontrolle wählen. Es bietet sich an, die hineingesteckte Arbeit, d.h. die über die Zeit integrierte Leistung, in Beziehung zu bringen zu 1. der durch eine Sondierung nachweisbaren Zunahme der Festigkeit bzw. Lagerungsdichte, und 2. die durch Setzungsmessung nachweisbare Volumenverminderung. Für die dynamische Verdichtung gibt es eine Vielzahl von Geräten: Vibrationsstampfer, Vibrationsplatten, Vibrationswalzen, Walzenzüge, Tandemgeräte, handgeführt, selbst fahrend, als Anhängegeräte, leicht und schwer (ab 6 t Betriebsgewicht).
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Boden als Baustoff
Gemischtkörnige Böden mit einem höheren Gehalt an Feinbestandteilen und bindige Böden lassen sich effektiv nur mit statischen oder quasi-statischen Verfahren durch Walzen, Stampfen oder Kneten (Schaffußwalze) unter Beachtung von Zusammenhängen mit dem Wassergehalt verdichten. Besondere Vorschriften hierzu gibt es im Grundbau nicht; vielmehr wird auf die einschlägigen Richtlinien, Merkblätter und Vorschriften des Straßenbaus zurückgegriffen (Veröffentlichungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen). Eine Übersicht über die Verdichtungstechnik im Erdbau und Verkehrswegebau gibt FLOSS (2001). F.5.7 Bindemittelzugabe
Wenn natürlich anstehende bindige Böden eingebaut und / oder verdichtet werden sollen und ihr Wassergehalt oberhalb des optimalen Wassergehaltes liegt, oder wenn die Tragfähigkeit bindiger Böden verbessert werden soll, ist ein Einarbeiten von Bindemitteln in den Boden vorteilhaft. In Frage kommen Zement, Feinkalk (= CaO, Calciumoxid, Branntkalk, ungelöschter Kalk) sowie Kalkhydrat (= Ca(OH) 2, Calciumhydroxid), die in den Boden eingearbeitet werden. Dabei reduzieren sie den Wassergehalt, gleichzeitig verändern sie die Bodenstruktur unter Verbesserung der Tragfähigkeit, eventuell sogar verbunden mit einer Bodenverfestigung. Die (vergleichsweise teure) Zugabe von Zement ist in Böden mit geringen Tonanteilen erforderlich. Der sich unter Wasserbindung bildende Zementstein führt dort zu einer Verfestigung. In tonigen Böden können Kalke eine effiziente Bodenverbesserung und langfristig auch eine Verfestigung bewirken. Zu beachten ist, dass die Zugabe von Kalk in bindige Böden die Wasserdurchlässigkeit des Bodens erhöht. Der Anwendungsbereich für Bindemittel in Abhängigkeit von der Kornverteilung ist in Bild F05.80 aufgezeigt. Feinkalk wird aus dem Brennen von Kalkstein gewonnen, Kalkhydrat entsteht aus Ablöschen von Feinkalk mit Wasser:
CaCO3
CaO
Æ
(Wärmezufuhr)
Kalkstein
+
CO2
CaO + H2O
(Gas)
Ca(OH)2
1000 g trocken + 320 g flüssig
Feinkalk + Kohlendioxid
Æ
Æ
Feinkalk + Wasser
Brennen von Kalk
Æ
+ 15,5 kcal
1320 g trocken
Kalkhydrat
+ Wärme
Ablöschen von Kalk
(KERTSCHER, 1988) Die Verwendung von Feinkalk oder Kalkhydrat bei der Bodenverbesserung / -verfestigung richtet sich nach dem natürlichen Wassergehalt des unbehandelten Bodens. Der Feinkalk bindet wesentlich mehr Wasser durch den exothermen Ablöschvorgang, bei dem infolge der freiwerdenden Wärme außerdem noch eine Verdunstung von Wasser initiiert wird. Er wird daher bei Wassergehalten eingesetzt, die deutlich über dem optimalen Wassergehalt liegen. Kalkhydrat reduziert den Wassergehalt des Gemisches dadurch, dass der feuchte Boden und der trockene Kalk, der freies Porenwasser bindet, zusammengeführt werden. Die Wassergehaltsreduzierungen stellen eine Sofortwirkung dar. Sie bewirken eine Bodenverbesserung. Siebkorn
Schlämmkorn Feinstes
100 e90 g n e80 m t m a70 s e G60 r e d e50 t n e z40 o r p s30 t h c i w20 e G
Fein-
Schluffkorn Mittel-
Grob-
Fein-
Sandkorn Mittel-
Grob-
Kieskorn Mittel-
Fein-
Grob-
Bituminöse Bindemittel Zement Kalk
10 0 0,001 0,002
0,006
0,01
0,02
0,06
0,1
0,2
0,6
2
6
20
60
Korndurchmesser d in mm
Bild F05.80: Körnungsbereiche für die Verfestigung und Verbesserung von Böden mit verschiedenen Bindemitteln (FLOSS, 1997)
100
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Boden als Baustoff
Darüber hinaus verbessern sowohl Feinkalk als auch Kalkhydrat einen bindigen Boden hinsichtlich seiner Tragfähigkeit 2+ + + durch adsorptive Wasserbindung, Ionenaustausch (Einbau von Ca -Ionen anstelle von H - und Na -Ionen, was die Stabilität der Tonminerale erhöht), Koagulation (Zusammenballung der bindigen Bodenbestandteile) und CalciumBrückenbildung (physikalische Wasserbindung, innere Austrocknung, Erhöhung der Ausrollgrenze). Nach einer Kalkzugabe sind die Verdichtungseigenschaften, der erreichbare Verformungsmodul (E v1, Ev2) und die Scherfestigkeit erhöht. Die üblichen Zugabemengen von Kalk liegen zwischen 2 % und 6 % (Feinkalk) bzw. 8 % (Kalkhydrat). Die letztgenannten Verbesserungen haben Langzeitwirkung und bewirken eine Bodenverfestigung. Das Einbringen von Bindemitteln in den Boden kann stationär in Zwangsmischern vorgenommen werden, was optimale Dosierung und geringe Staubemissionen zur Folge hat, aber deutlich höhere Kosten verursacht als das übliche dosierte Aufstreuen in der Fläche und Einfräsen am Einbauort. Das Einfräsen setzt steinfreie Böden voraus. In steinhaltigen Böden können Bindemittel auch mit Eggen oder Reißzähnen eingebracht werden. Die Wirkung ist hierbei jedoch wegen der schlechteren Durchmischung geringer und die benötigte Bindemittelmenge ist höher.
Bindiger Boden
Kalk
Mischen
Ionenaustausch
Verbesserung der Verarbeitbarkeit
Hydraulische Verfestigung
Herabsetzung der Kapillarität
Koagulation
Umwandlung der Bodenstruktur
Erhöhung der Frostsicherheit
Strukturelle Wasserumlagerung (innere Austrocknung)
Verbesserung der Verdichtungswilligkeit
Verdichten
Wasserbeständigkeit (Quellen-Schwinden)
Tragfähigkeit Bild F05.90: Wirkungsweise der Kalkstabilisierung (BRAND,1959) F.6 Injektionen
Mit Hilfe von Injektionen in den Porenraum des Bodens kann Boden als Baustoff wesentlich verbessert und ertüchtigt werden. Da Injektionen häufig auch im Zusammenhang mit Abdichtungen eingesetzt werden, wird dieses Thema in Kapitel R, "Spezialverfahren" behandelt. F.7 Vereisung
Auch eine Vereisung des Bodens kann ihn als Baustoff sehr interessant machen. So sind Vereisungen eingesetzt worden, um in Lockergesteinen selbst unmittelbar unter oder neben Bebauung (Wendeschleife Schwabstraße der S-Bahn in Stuttgart, Erweiterung U-Bahnsteig Marienhof hinter dem Münchner Neuen Rathaus) oder Eisenbahnlinien (Fahrlachtunnel in Mannheim, Durchpressungen unter Bahnlinie Karlsruhe-Basel) stabile bergmännische Tunnel oder sehr steile Einschnittsböschungen herzustellen. Auch die Vereisung wird im Zusammenhang mit abdichtenden Maßnahmen in Kapitel R, " Spezialverfahren " behandelt.
Boden als Baustoff
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F.8 Schrifttum
BRAND, W. (1959): Die Bodenstabilisierung mit Kalk im Wege-, Straßen- und Erdbau. Veröff. des Grundbauinstitutes der Landesgewerbeanstalt Bayern, Sonderdrucke aus Straßen- und Tiefbau, S. 26-31, Eigenverlag, Nürnberg BRAND. W., FLOSS, R. (1965): Der Proctorversuch als Eignungsprüfung und Maßstab für die Güteprüfung. Straße u. Autobahn 16, S.16 - 23 BUNDESMINISTER für Verkehr (1978): Zusätzliche Technische Vorschriften und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTVE-StB 94, Fassung 1997) BUNDESANSTALT FÜR STRASSENWESEN (1971): Prüfung der Verdichtung bei Erdarbeiten im Straßenbau (BAST-E 10) FLOSS, R. (1997): ZTVE-StB 94, Kommentar mit Kompendium Erd- und Felsbau, Kirschbaum Verlag Bonn FLOSS, R. (2001): Verdichtungstechnik im Erdbau und Verkehrswegebau, Fachbuch der BOMAG GmbH & Co. OHG GIBBS, H. J. (1950): The effect of rock content and placement density on consolidation. Proc. ASTM 50, S.1343 KERTSCHER, H. (1988): Wasserdurchlässigkeit bindiger Böden bei Kalkstabilisierung. Leichtweiss-Institut für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig, Mitteilungen Heft 101. PROCTOR (1933): Design and construction of rolled earth dams. Engineering News Record 111, S.254 SCHULTZE, E. / MUHS, H. (1967): Bodenuntersuchungen für Ingenieurbauten. Springer-Verlag Berlin, 2. Auflage SOOS, P. von (1980): Eigenschaften von Boden und Fels; ihre Ermittlung im Labor. In: Grundbautaschenbuch Teil 1, 4. Aufl., Abschn.1.5. Verlag W. Ernst u. Sohn VOSS, R. / FLOSS, R. (1968): Die Bodenverdichtung im Straßenbau. Werner-Verlag Düsseldorf, 5. Auflage.