Regelungstechnik 2 für EIT Teil 3: Frequenzgang mit Abtastung
Version 1.1 Prof. Dr. David Zogg Institut für Automation IA Hochschule für Technik Fachhochschule Nordwestschweiz Windisch, März 2012
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13.03.2012
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1.0
16.01.2012
David Zogg
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1.1
13.03.2012
David Zogg
Abschn. 4.8 ergänzt
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1.
Zweck
4
2.
Referenzen
4
3.
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
4
4.
Einführung
6
4.1.
Lernziele
6
4.2.
Praxisbeispiel „Kaffeemaschine“
6
4.3.
Frequenzgang mit Abtastung – das Totzeitelement
6
4.4.
Einfluss des Totzeitelementes – Abnahme der Phasenreserve
7
4.5.
Analyse der Diskretisierung in MATLAB
9
4.6.
Wahl der Abtastrate - Shannon
10
4.7.
„Kehrseite“ der schnellen Abtastung
12
4.8.
Regelkreis mit Abtastung am Praxisbeispiel „Kaffeemaschine“
13
4.9.
Aliasing-Effekt und Anti-Aliasing-Filter
18
4.10.
Anwendung des Anti-Aliasing-Filters am Praxisbeispiel (Übung)
19
4.11.
Zusammenfassung
24
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1.
Zweck
Das vorliegende Skript dient als Grundlage für das Modul „Regelungstechnik 2“ (rt2) im 6. Semester des Studiengangs Elektro- und Informationstechnik (EIT). Im Modul „Regelungstechnik 1“ (rt1) des 5. Semesters wurde die Auslegung von zeitkontinuierlichen PID- und Zustandsreglern behandelt. Das vorliegende Modul „Regelungstechnik 2“ (rt2) befasst sich nun mit der zeitdiskreten Darstellung. In den bisherigen Teilen 1 und 2 wurden die Grundlagen der Signalabtastung im Zeitbereich erarbeitet. Im vorliegenden dritten Teil wird der Einfluss der Signalabtastung auf den Frequenzgang untersucht.
2.
Referenzen
[ 1 ] H. Mann, H. Schiffelgen, R. Froriep: Einführung in die Regelungstechnik, 11. Auflage, Hanser Verlag, München 2009 [ 2 ] M. Reuter, S. Zacher: Regelungstechnik für Ingenieure, 12. Auflage, Vieweg+Teubner Verlag, Wiesbaden 2008 [ 3 ] H. Gassmann: Theorie der Regelungstechnink, 2. Auflage, Verlag Harri Deutsch, Rapperswil/Frankfurt 2003 [ 4 ] H.P. Geering: Regelungstechnik, 3. Auflage, Springer Verlag, Zürich/Berlin 1994
3.
Symbol- und Abkürzungsverzeichnis
A
Aktuator
A/D
Analog-Digital-Wandler
CAN
Controller Area Network (Realtime-Bussystem)
D/A
Digital-Analog-Wandler
e
Regelfehler
FOH
First Order Hold (Abtastung erster Ordnung)
G
Strecke (Übertragungsfunktion)
i
Imaginär-Anteil
K
Regler (Übertragungsfunktion)
KP
Verstärkung P-Anteil
KI
Verstärkung I-Anteil
KD
Verstärkung D-Anteil
MU
Messumformer
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PWM
Pulse Width Modulation (Pulsbreitenmodulation)
S
Sensor
s
Laplace-Operator
TA
Abtastzeit
TT
Totzeit
TN
Nachstellzeit (I-Anteil)
TV
Vorhaltezeit (D-Anteil)
u
Eingangsgrösse (Stellgrösse, Steuergrösse)
w
Führungsgrösse (Sollwert)
x
Zustandsgrösse
y
Ausgangsgrösse (Messgrösse, Istwert)
ZOH
Zero Order Hold (Abtastung nullter Ordnung)
ϕ
Phasendrehung / Phasenverschiebung (rad oder °)
ω
Kreisfrequenz (rad/s)
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4.
Einführung
4.1. Lernziele Lernziel Einfluss der Signalabtastung auf den Phasengang kennen Verschiedene Diskretisierungsmethoden (‘foh’, ‘zoh’, ‘tustin’) anwenden können Shannon-Theorem in die Praxis umsetzen können Aliasing-Effekt kennen und Anti-Aliasing-Filter auslegen können
Taxonomiestufe (Bloom) Verständnis Anwendung Anwendung Anwendung
4.2. Praxisbeispiel „Kaffeemaschine“ Das Praxisbeispiel „Kaffeemaschine wurde in Teil 1, Abschnitt 4.2 beschrieben. Es geht um die Erwärmung von Wasser im Thermoblock. Für die Regelstrecke wurde die Übertragungsfunktion G(s) eines Tiefpasses 2. Ordnung angenommen mit der Temperatur als Ausgangsgrösse y und der Heizleistung als Stellgrösse (Eingangsgrösse) u: G ( s) = (1)
b ( s + a1 ) ⋅ ( s + a 2 )
4.3. Frequenzgang mit Abtastung – das Totzeitelement In Teil 2, Abschnitt 4.3 haben wir gesehen, dass das Abtast-/Halteglied mit einem Totzeitelement beschrieben werden kann, während die Totzeit TT gerade die halbe Abtastzeit TA ist:
ϕ
(2)
e
− sTT
=e
−s
TA 2
=e
−iω
TA 2
In Gleichung ( 2 ) wurde der Laplace-Operator s mit iω ersetzt (ω = Kreisfrequenz in rad/s, i = Imaginär-Anteil). Damit kann das Totzeitelement als reine Phasendrehung aufgefasst werden. Die Phasendrehung ϕ nimmt mir der Frequenz ω zu:
ϕ =ω (3)
TA 2
Stellt man nun das Totzeitelement ( 2 ) im Nyquist-Diagramm dar, so folgt eine Darstellung als Kreis mit Radius 1 (Abbildung 1). Die Kurve startet im Punkt (Re = 1, Im = 0) und „dreht sich“ mit zunehmendem ϕ in Pfeilrichtung.
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Abbildung 1: Totzeitelement im Nyquist-Diagramm
Daraus kann der Amplituden- und Phasengang abgeleitet werden (Abbildung 2). In der logarithmischen Skala folgt für die konstante Amplitude 1 eine horizontale Linie bei 0 dB. Die Phase ϕ wäre in einer linearen Skala eine Gerade (proportional zu ω), in der logarithmischen Skala eine Kurve, welche mit zunehmender Frequenz gegen unten läuft.
Abbildung 2: Amplituden- und Phasengang des Totzeitelementes
4.4. Einfluss des Totzeitelementes – Abnahme der Phasenreserve Der Einfluss des Totzeitelementes ( 2 ) soll nun anhand eines einfachen Beispiels beschrieben werden. Die zeitkontinuierliche Übertragungsfunktion sei durch einen Tiefpass 1. Ordnung gegeben ( 4 ). (4)
G( s) =
b s+a
Zusammen mit dem Totzeitelement ergibt sich für den abgetasteten Fall:
(5)
Gz ( s ) =
− iω b ⋅e s+a
TA 2
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Das Nyquist-Diagramm ist in Abbildung 3 für ( 4 ) und ( 5 ) dargestellt. Durch die Abtastung entsteht eine zusätzliche Phasendrehung, womit die Kurve näher beim kritischen Punkt (Re = -1, Im = 0) durchläuft. Damit nimmt die Robustheit des Systems ab. Dasselbe ist in Abbildung 4 ersichtlich, wo durch die zusätzliche Phasendrehung die Phasenreserve des Systems abnimmt (roter Doppelpfeil). Der Amplitudengang ist für den zeitkontinuierlichen wie abgetasteten Fall gleich.
Abbildung 3: Nyquistdiagramm des Tiefpasses 1. Ordnung (schwarz) und abgetastetes System (rot) mit Totzeitelement
Abbildung 4: Amplituden- und Phasengang des Tiefpasses 1. Ordnung und abgetastetes System (rot) mit Totzeitelement
Die Abtastung vermindert also die Robustheit des Systems!
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4.5. Analyse der Diskretisierung in MATLAB Der Einfluss der Abtastung soll nun in MATLAB® analysiert werden. Dazu wird die Regelstrecke der Kaffeemaschine („Thermoblock“) entsprechend Gleichung ( 1 ) verwendet, also ein Tiefpass 2. Ordnung. Für die Analyse werden folgende MATLAB-Befehle wervendet: Funktion Regelstrecke zeitkontinuierlich (aus Teil 1) Diskretisierung
MATLAB-Befehl G = b/((s+a1)*(s+a2)) Gz = c2d(G, Tabtast, method) Tabtast = 0.1 method = ‘foh’, ‘zoh’, ‘tustin’ bode(G, Gz) step(G, Gz)
Bode-Diagramm (für G und Gz) Sprungantwort (für G und Gz)
File: RT2_Lektion3_Regelstrecke_Diskret_Kaffeemaschine.m Für die Diskretisierung werden verschiedene Methoden verwendet: • • •
ZOH (Zero-Order-Hold). Methode 0. Ordnung, stückweise konstant, siehe Rechteckregel im Skript Teil 2, Abschnitt 4.4. FOH (First-Order-Hold). Methode 1. Ordnung, stückweise linear, siehe Trapezregel im Skript Teil 2, Abschnitt 4.4. TUSTIN (Approximation nach Tustin). Diese Approximation werden wir später im Skript Teil 4 kennenlernen. Als Vergleich ist sie bereits hier aufgeführt.
Der Bode-Plot ist in der folgenden Abbildung dargestellt (mit einer Abtastzeit von 0.1 sec). Amplituden- und Phasenreserve können mit der rechten Maustaste „Characteristics“ „Minimum Stability Margins“ angezeigt werden. Bode Diagram
40
Magnitude (dB)
20 0 -20 -40 -60 -80 0
G Gzoh Gfoh Gtustin
Phase (deg)
-45 -90 -135 -180 -225 -270 -3 10
-2
10
-1
0
10
10
1
10
2
10
Frequency (rad/s)
Abbildung 5: Amplituden- und Phasengang des zeitkontinuierlichen (blau) und der diskretisierten Systeme (rot nach Methode ZOH, magenta nach Methode FOH, grün nach Methode TUSTIN).
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Es ist klar ersichtlich, dass die unterschiedlichen Diskretisierungsmethoden mehr oder weniger gute Approximationen des zeitkontinuierlichen Falls sind. Im Phasengang ergibt die TUSTIN- und die FOH-Methode die beste Approximation für das gewählte System. Die TUSTIN-Methode ist im Allgemeinen sehr „phasentreu“ und wird deshalb bevorzugt gewählt, wenn die Robustheit eine grosse Rolle spielt. Die ZOHMethode hat hier wesentlich grösseren Phasenabfall. Im Amplitudengang zeigt die TUSTIN-Methode hingegen einen grösseren Abfall bei hohen Frequenzen, was aber oft weniger relevant ist. Bemerkung: Hier wurde als Beispiel eine Regelstrecke diskretisiert. In der Realität wird natürlich nicht die Regelstrecke, sondern der zugehörige Regler diskretisiert. Der Einfluss des Abtastens ist aber im Wesentlichen derselbe. Strecke, Regler und Abtastung sind ja in Serie geschaltet. Die Diskretisierung des gesamten Regelkreises wird weiter unten behandelt. Übung: Spielen Sie mit der Abtastzeit (aktuell 0.1 sec). Beobachten Sie den Einfluss von zunehmender Abtastzeit aufs Bode-Diagramm. Was macht die Phasenreserve?
4.6. Wahl der Abtastrate - Shannon Bis anhin haben wir für die Abtastzeit TA jeweils einen bestimmten Wert gewählt und den Einfluss auf das zeitliche Verhalten sowie den Frequenzgang gesehen. Nun stellt sich die Frage, wie die Abtastzeit bzw. die Abtastrate 1/TA gezielt gewählt wird. Dazu überlegen wir uns vorgängig, wie wir ein Sinus-Signal optimal abtasten wollen. Folgende Abbildungen zeigen die Situationen bei verschiedenen Abtastraten.
Abbildung 6: Sinus-Signal (schwarz) mit Abtastung bei 8-facher Signalfrequenz (blau)
Bei 8 mal höherer Abtastrate im Vergleich zur Signalfrequenz ergibt sich Abbildung 6. Hier wird eine stückweise lineare Abtastung angenommen (FOH, First-Order-Hold). Das abgetastete Signal (blau) sieht immer noch recht „sinusförmig“ aus. Es ist kein grosser „Signalverlust“ erkennbar.
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Abbildung 7: Sinus-Signal (schwarz) mit Abtastung bei 4-facher Signalfrequenz (blau)
Bei 4-facher Abtastrate ergibt sich Abbildung 7. Das abgetastete Signal (blau) ist nun zu einem „Dreieck-Signal“ verkümmert.
Abbildung 8: Sinus-Signal (schwarz) mit Abtastung bei 2-facher Signalfrequenz (blau bei gleichen Startzeitpunkten, rot bei 90°-phasenverschobener Abtastung)
Bei 2-facher Abtastrate ergibt sich Abbildung 8. Hier werden nun zwei Fälle unterschieden: •
•
Blaue Kurve: Falls der Startpunkt der Abtastung zufälligerweise mit dem Startpunkt des Sinus-Signal zusammenfällt (keine Phasenverschiebung), so degradiert das abgetastete Signal zum „Nullsignal“. Bei den Abtastzeitpunkten hat der Sinus überall Nulldurchgänge. Rote Kurve: Falls die Abtastung 90° phasenverschoben ist, ergibt sich der „günstigste“ Fall, bei welchem der Sinus „nur“ zu einer Dreiecksfunktion degradiert wird.
Da der Abtastzeitpunkt relativ zum Signal in der Realität zufällig sein wird (ausser bei absichtlichem Triggern), wird sich eine Kurve zwischen obigen beiden Fällen einstellen. Es ist klar, dass wir uns hier an einem Grenzfall befinden, bei welchem theoretisch gerade noch ein Signal mit gleicher Grundfrequenz wie der ursprüngliche Sinus herauskommen könnte (rote Kurve).
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Diese theoretisch minimale Abtastrate bzw. Abtastfrequenz wird Shannon-Frequenz genannt. Das Shannon-Theorem besagt, dass die Abtastfrequenz ωAbtast grösser als die doppelte maximale Signalfrequenz ωmax sein muss: (6)
ω Abtast > 2 ⋅ ω max
Dieser Sachverhalt ist in folgender Grafik dargestellt.
Abbildung 9: Wahl der Abtastrate nach Shannon
In der Praxis wählt man die Abtastfrequenz aber mindestens 1 Dekade (10 x) höher: (7)
ω Abtast > 10 ⋅ ω max
Damit ist gewährleistet, dass das Signal genügend schnell abgetastet wird.
4.7. „Kehrseite“ der schnellen Abtastung Man könnte nun annehmen, dass eine stete Erhöhung der Abtastfrequenz zu einem immer besseren Signal führen würde. Man hört oft die Aussage, man müsse nur genügend schnell abtasten, dann habe man kein Problem. Das ist nicht ganz so, wie folgende Überlegungen zeigen. Bei einem abgetasteten System muss immer gewährleistet sein, dass die numerische Auflösung im Mikroprozessor zur Berechnung der Reglergleichungen genügt. Genau diese Numerik kann aber einen „Strich durch die Rechnung“ machen. Wir nehmen zur Illustration die rekursive Berechnung des I-Anteils gemäss Skript Teil 2, Abschnitt 4.5: 0 (8)
uI ,k = uI ,k −1 + K I ⋅ TA ⋅ ek
Wenn nun bei sehr schneller Abtastung die Abtastzeit TA gegen null geht, geht auch der rot eingekreiste Term gegen Null. Damit wird dem (relativ grossen) alten Wert uI,k-1 ein sehr kleiner Wert addiert, der gegen null geht. Ein Mikroprozessor hat aber eine beschränkten Auflösung und rechnet typischerweise mit Fixkommazahlen (Fixed Point).
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Damit können nicht beliebig kleine Werte addiert werden und der „Update“ des IAnteils funktioniert wegen Rundungsfehlern nicht mehr. Noch schlimmer geht es dem D-Anteil. Hier ist ebenfalls die rekursive Darstellung aus Skript Teil 2, Abschnitt 4.5 dargestellt: u D,k = (9)
∞ KD ⋅ (ek − ek −1 ) TA
Bei sehr kleiner Abtastzeit TA geht der rot eingekreiste Term gegen unendlich. Bei beschränkter Fixkommazahl kann es zu einem „Overflow“ kommen. Andererseits wird der Term (ek - ek-1) immer kleiner, da ja die Änderung des Regelfehlers ek von einem Abtastzeitpunkt zum nächsten immer kleiner wird. Multipliziert man sehr grosse mit sehr kleinen Werten, stösst man wieder an die Grenzen der Fixkommaberechnung bzw. Auflösung (Rundungsfehler). Zudem kommt noch das Problem des „Quantisierungsrauschens“, welches bei der A/D-Wandlung entsteht. Hat man beispielsweise eine Auflösung von 8 bit, so kann das niederwertigste Bit (Least Significant Bit LSB) zwischen 0 und 1 schwanken: 1011 1010 - 1011 1011 Bei einer Multiplikation mit dem sehr grossen Term KD/TA können enorm hohe Schwankungen des D-Anteils entstehen, welche unannehmbar sind. Die Aussage „je schneller abgetastet wird, desto besser“ stimmt also nicht. Im Gegensatz dazu muss die Abtastrate zwar genügend schnell gewählt werden (Shannon), aber immer noch so, dass im Mikroprozessor keine numerischen Probleme auftreten.
4.8. Regelkreis mit Abtastung am Praxisbeispiel „Kaffeemaschine“ Der gesamte Regelkreis soll nun zeitdiskret in MATLAB® analysiert werden. Dazu wird wieder die Regelstrecke der Kaffeemaschine aus Abschnitt 4.2 verwendet, diesmal aber mit einem zeitdiskreten Regler zu einem vollständigen Regelkreis geschlossen. Für die Analyse werden folgende MATLAB-Befehle wervendet: Funktion Zeitkontinuierlicher PID-T1-Regler (muss realisierbar sein!) Startwerte für Reglereinstellung Diskretisierung des Reglers
Diskretisierung der Strecke (nur für MATLAB-Analyse notwendig!) Gleichungen des Regelkreises Bode-Diagramme und Sprungantworten
MATLAB-Befehl K = Kp + Ki/s + (Kd*s)/(T1*s+1); Kp = 0.5; Ki = 0.2; Kd = 0.3; T1 = 1/100; Kz = c2d(K, Tabtast, method) TAbtast = 0.5 method = ‘foh’ Gz = c2d(G, Tabtast, method) method = ‘tustin’ Lz = Kz*Gz; Tz = Lz/(1+Lz); bode(K, Kz); bode(L, Lz); bode(T, Tz); step(T, Tz);
File: RT2_Lektion3_Regelkreis_Diskret_Kaffeemaschine.m
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Für die Diskretisierung wird zunächst die FOH (First Order Hold) Methode verwendet. Der zeitkontinuierliche PID-Regler muss einen realisierbaren D-Anteil haben, damit er diskretisiert werden kann. Deshalb ist der zusätzliche Pol bei 1/T1 gesetzt (Abflachung des Amplitudenganges bei hohen Frequenzen). Die Regelstrecke wird in der Realität natürlich nicht diskretisiert. Dies ist hier nur für die Analyse in MATLAB notwendig, da so die Systeme einfach in Serie geschaltet werden können (Operator *, siehe Gleichungen des Regelkreises). Der Bode-Plot des Reglers ist in der folgenden Abbildung dargestellt. Hier ist eine sehr grosse Abtastzeit von 0.5 sec gewählt, was zu einer deutlichen „Deformation“ des Phasengangs führt (hoher Phasenverlust!). Bode Diagram
50
Magnitude (dB)
40
T1
I
30 20
D
10
P
0 -10 90
K Kz
Phase (deg)
45 0 -45 -90 -3 10
10
-2
10
-1
10
0
10
1
10
2
10
3
Frequency (rad/s)
Abbildung 10: Bode-Plot des zeitkontinuierlichen (K blau) und des zeitdiskreten PID-Reglers (Kz rot), Abtastzeit = 0.5 sec.
Die vertikale Linie bei der Frequenz von ca. 6 rad/s zeigt die Shannon-Frequenz an. MATLAB stellt automatisch keine höheren Frequenzen als die Shannon-Frequenz dar. Bei einer Abtastzeit TAbtast = 0.5 sec ergibt sich folgende Shannon-Frequenz:
( 10 )
ω Shannon =
ω Abtast 2
= π ⋅ f Abtast = π ⋅
1 TAbtast
= 6.28
In Abbildung 10 ist auch klar der Phasenabfall des zeitdiskreten Reglers (Kz) in der Nähe der Shannon-Frequenz ersichtlich. Der Einfluss von P-, I-, D-Anteil sowie des zusätzlichen Pols bei 1/T1 ist eingezeichnet. Abbildung 11 zeigt den Bode-Plot des offenen Kreises (open loop L). Die Phasenreserve nimmt für den zeitdiskreten Fall (Lz rot) massiv ab und ist noch bei ca. 64° gegenüber 95° im zeitkontinuierlichen Fall (Lz blau). Die Diskretisierung beeinflusst also die Robustheit des Regelkreises im Bereich der Shannon-Frequenz.
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Bode Diagram
Magnitude (dB)
50
0
-50 0 L Lz
Phase (deg)
-45 -90 -135 -180 -3 10
10
-2
10
-1
10
0
10
1
10
2
10
3
Frequency (rad/s)
Abbildung 11: Bode-Plot des zeitkontinuierlichen (L blau) und des zeitdiskreten offenen Loops (Lz rot), Abtastzeit = 0.5 sec.
Abbildung 12 zeigt die entsprechende Antwort des Regelkreises auf einen SollwertSprung im Zeitbereich. Im zeitdiskreten Fall (rote Kurve Tz) ist der Einfluss des Phasenverlusts sofort ersichtlich (Überschwingen). Step Response
1.4
T Tz
1.2
Amplitude
1 0.8 0.6 0.4 0.2 0 0
2
4
6
8
10
Time (seconds)
Abbildung 12: Sprungantwort des zeitkontinuierlichen (T blau) und des zeitdiskreten geschlossenen Regelkreises (Tz rot), Abtastzeit = 0.5 sec.
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Nun führen wir dieselben Simulationen nochmals für eine kleinere Abtastzeit von 0.1 sec durch. Bode Diagram
50
Magnitude (dB)
40 30 20 10 0 -10 90
K Kz
Phase (deg)
45 0 -45 -90 -3 10
10
-2
10
-1
10
0
10
1
10
2
10
3
Frequency (rad/s)
Abbildung 13: Bode-Plot des zeitkontinuierlichen (K blau) und des zeitdiskreten PID-Reglers (Kz rot), Abtastzeit = 0.1 sec.
Die Shannon-Frequenz liegt nun bei ca. 30 rad/s (vertikale Linie):
( 11 )
ω Shannon =
ω Abtast 2
= π ⋅ f Abtast = π ⋅
1 T Abtast
= 31.42
Der Einfluss der höheren Abtastfrequenz auf den offenen Loop ist in Abbildung 14 dargestellt. Da die Shannon-Frequenz nun weiter weg von der Durchtrittsfrequenz liegt, ist der Phasenverlust im Bereich der Durchtrittsfrequenz wesentlich kleiner. Damit ist die Robustheit höher. Allgemein kann gesagt werden, dass der Abstand zwischen Durchtritts- und ShannonFrequenz möglichst hoch sein sollte. Dies ist der Fall, wenn die Abtastfrequenz genügend hoch gewählt wird. Falls die Abtastzeit fest vorgegeben ist und nicht erhöht werden kann (z.B. durch beschränkte Prozessorkapazitäten), muss dies bei der Reglerauslegung berücksichtigt werden. Die Bandbreite des Reglers kann dann nicht beliebig hoch gewählt werden, sondern muss durch entsprechend „zurückhaltende“ Wahl des P- und D-Anteils beschränkt werden.
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Bode Diagram
50 Magnitude (dB)
ShannonFrequenz
0 Durchtrittsfrequenz
-50 0
L Lz
Phase (deg)
-45 -90 -135 -180 -3 10
10
-2
10
-1
10
0
10
1
10
2
10
3
Frequency (rad/s)
Abbildung 14: Bode-Plot des zeitkontinuierlichen (L blau) und des zeitdiskreten offenen Loops (Lz rot), Abtastzeit = 0.1 sec. Abbildung 15 zeigt die entsprechende Antwort
des Regelkreises auf einen Sollwert-Sprung im Zeitbereich. Der Einfluss der Abtastung ist nun wesentlich kleiner (rote Kurve Tz). Step Response
1
Amplitude
0.8
T Tz
0.6 0.4 0.2 0 0
2
4
6
8
10
Time (seconds)
Abbildung 15: Sprungantwort des zeitkontinuierlichen (T blau) und des zeitdiskreten geschlossenen Regelkreises (Tz rot), Abtastzeit = 0.1 sec.
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4.9. Aliasing-Effekt und Anti-Aliasing-Filter In diesem Abschnitt erfahren wir nun, was geschieht, wenn hohe Störfrequenzen auftreten und damit das Shannon-Theorem aus Abschnitt 4.6 verletzt wird. Dazu sei die Situation in folgender Abbildung gegeben. Die Abtastzeit TAbtast ist hier vorgegeben aufgrund der Auslegung des Systems. Wenn nun ein Störsignal mit hoher Frequenz auftritt (schwarz), wird dieses mit viel zu kleiner Abtastrate abgetastet. Damit entsteht ein „künstliches“ niederfrequentes Signal (rot). Dies ist der „Aliasing-Effekt“.
Abbildung 16: Hochfrequentes sinusförmiges Störsignal (schwarz) mit einer Periodendauer TStoer im Bereich der Abtastzeit TAbtast. Resultierendes abgetastetes Signal (rot) mit tiefer Frequenz (Aliasing).
Der Aliasing-Effekt kann auch im Frequenzbereich dargestellt werden, siehe Abbildung 5. Schwarz eingezeichnet ist das Störsignal mit hoher Frequenz, hier etwas kleiner als die Abtastfrequenz. Die Frequenz des Störsignals könnte aber auch höher sein als die Abtastfrequenz. Rot eingezeichnet ist das entstehende niederfrequente „Aliasing-Signal“, welches es zu verhindern gilt. Dazu muss das Störsignal herausgefiltert werden. Dies ist mit einem analogen Filter möglich, welches den Durchgangsbereich im Bereich des nutzbaren Signalspektrums hat und den Sperrbereich oberhalb im Bereich der Störfrequenzen hat. Der Amplituden-Abfall im Sperrbereich muss möglichst hoch sein, damit diese Frequenzen effizient herausgefiltert werden. Deshalb wird ein Filter hoher Ordnung eingesetzt (Filter-Typ z.B. Butterworth).
Abbildung 17: Aliasing-Effekt im Frequenzbereich (Störsignal schwarz, Abtastfrequenz blau, Aliasing-Signal rot). Anti-Aliasing Filter (grün) zur Filterung des Störsignals.
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Anstelle eines analogen Filters kann auch ein digitales Filter eingesetzt werden. Dabei ist aber zu beachten, dass die Abtastfrequenz des digitalen Filters wesentlich höher als die Störfrequenzen liegt (Shannon-Theorem angewandt auf die Störfrequenzen). Dies wird unter dem Begriff „Oversampling“ verstanden (Abtastrate des Filters ist ein Vielfaches der Abtastrate des Systems, n*ωAbtast).
4.10. Anwendung des Anti-Aliasing-Filters am Praxisbeispiel (Übung) Wir wollen nun ein Anti-Aliasing-Filter für das Praxisbeispiel der Kaffeemaschine auslegen und testen. Die Regelstrecke sei durch die Gleichung ( 1 ) gegeben (siehe Abschnitt 4.2). Der Regelkreis wird nun mit einem Anti-Aliasing-Filter vor der A/D-Wandlung ergänzt, wie Abbildung 18 zeigt.
Abbildung 18: Regelkreis mit zusätzlichem Störeingang und Anti-Aliasing-Filter.
Der Zweck des analogen Filters ist also, das hochfrequente Störsignal herauszufiltern. Bekanntlich haben Filter aber eine Verzögerung des Signals im Regelkreis zur Folge, je nach Dynamik des Filters. Deshalb wird hier der Einfluss des Filters auf die Stabilität des Regelkreises untersucht. Zur Auslegung des Filters werden folgende Daten benötigt (TAbtast = 0.1 sec):
• • • • •
Abtastfrequenz:
ω Abtast = 2 ⋅ π ⋅ f Abtast = __________ ωmax = 0.1 ⋅ ω Abtast = Max. Signalfrequenz: __________ 1 Eckfrequenz der Regelstrecke ): ωG = __________ Bandbreite des Regelkreises 2): ω BB = __________ ω = Stoer Frequenz des Störsignals 3): 60 rad/sec
1)
Für die Eckfrequenz der Regelstrecke werden die Parameter a1 = a2 = 1 rad/sec als Basis genommen.
2)
Die Bandbreite des Regelkreises soll etwas höher liegen als die Eckfrequenz der Strecke allein. Sie kann aus der aktuellen Auslegung in Abbildung 11 herausgelesen werden. 3)
Dies ist eine Annahme. Eine Störfrequenz in der Nähe der Abtastfrequenz ist kritisch und zeigt den Aliasing-Effekt deutlich!
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Nun werden obige Frequenzen in folgendem Diagramm eingezeichnet (als vertikale Linien): Amplitude (dB)
ω Abtast 0 dB ω (rad/sec) -20 dB -40 dB -60 dB -80 dB 10-2
10-1
100
101
102
Abbildung 19: Frequenzdiagramm für die Auslegung
Für die Auslegung des Filters muss noch die gewünschte Unterdrückung der Störfrequenz angegeben werden:
•
Störunterdrückung bei ω Stoer :
- 80 dB
Im nutzbaren Signalbereich bis ωmax soll möglichst keine Unterdrückung stattfinden, also:
•
Max. Unterdrückung bei ω max :
- 5 dB
Damit kann der Filter ausgelegt werden und der Amplitudengang in Abbildung 19 eingezeichnet werden:
•
Eckfrequenz des Filters:
ω F = ωmax = ___________
•
Ordnung des Filters:
nF =
___________
Hier handelt es sich um eine „naive“ Auslegung im Frequenzdiagramm ohne Berücksichtigung des Regelkreises. Wie bereits erwähnt hat das Filter jedoch einen grossen Einfluss auf die Dynamik und damit die Robustheit des Regelkreises. Dies soll in MATLAB nun näher untersucht werden.
RT2, Teil 3, Frequenzgang mit Abtastung – Prof. Dr. D. Zogg
13.03.2012
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Für das Filter-Design und die Regelkreisanalyse werden folgende MATLAB-Befehle verwendet: Funktion Butterworth-Filter
Umwandlung des Filters in das TF-Format (transfer function) Gleichungen des Open Loops mit/ohne Filter (f) zeitkontinuierlich / zeitdiskret (z) Gleichungen des Closed Loops mit/ohne Filter (f) zeitkontinuierlich / zeitdiskret (z) Darstellung im Bode-Diagramm
MATLAB-Befehl [numF,denF] = butter(nF,wF,'s'); nF = Ordnung wF = Eckfrequenz 's' = zeitkontinuierlich F = tf(numF,denF) L = K*G; Lf = K*F*G; Lz = Kz*Gz; T = L/(1+L); Tf = Lf/(1+Lf); Tz = Lz/(1+Lz); bode(F, G, {wmin, wmax}); bode(L,'b',Lz,'b-.',Lf,'r',{wmin, wmax}); bode(T,'b',Tz,'b-.',Tf,'r',{wmin, wmax});
File: RT2_Lektion3_Regelkreis_Diskret_Aliasing_Init.m Abbildung 20 zeigt das Bode-Diagramm für den Filter F und die Strecke G. Bei der Störfrequenz ωStoer und der maximalen Signalfrequenz ωmax kann überprüft werden, ob die Spezifikationen eingehalten werden (-80 dB, -5 dB). Dies ist hier der Fall. Wichtig ist aber die Überprüfung der Robustheit. In Abbildung 21 ist die Phasenreserve für den Fall ohne Filter (Loop L blau) und den Fall mit Filter (Lf rot) dargestellt. Die Phasenreserve nimmt mit Filter also massiv ab und ist mit den gewählten Parametern (nF = 4, ωF = ωmax) zu klein! Um die Robustheit zu erhöhen, muss die Eckfrequenz erhöht werden, z.B. auf ωF = 20 rad/sec. Damit entsteht die wesentlich höhere Phasenreserve in Abbildung 22. Hier wurde die Ordnung nicht erhöht (nach wie vor ist nF = 4). Damit wäre natürlich die Spezifikation nicht mehr erfüllt (Übung: wie stark wird die Störung noch unterdrückt?). Mit einer entsprechend höherer Ordnung könnte die Spezifikation wieder erfüllt werden, wobei der Einfluss auf die Robustheit wiederum untersucht werden muss (Übung). Zusammenfassend muss bei der Auslegung des Anti-Aliasing-Filters also auf folgende zwei Kriterien geachtet werden: • •
Möglichst starke Unterdrückung der Störfrequenzen Möglichst hohe Robustheit des Regelkreises mit Filter
Da diese zwei Kriterien widersprüchlich sind, muss ein Optimum dazwischen gewählt werden. Die Spezifikation der Störunterdrückung muss allenfalls angepasst werden. Eine optimale Auslegung ist am besten mit einer Simulation möglich.
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Bode Diagram
50
ωG Magnitude (dB)
0
ωmax
ωStoer
-50 -100 -150 -200 0 F G
Phase (deg)
-90 -180 -270 -360 -2 10
-1
10
0
1
10
2
10
3
10
10
Frequency (rad/s)
Abbildung 20: Bode-Diagramm von Strecke (G) und Filter (F)
Bode Diagram
Magnitude (dB)
50
0
-50
-100
0 L Lz Lf
-45 Phase (deg)
-90 -135 -180 -225 -270 -315 -360 -2 10
-1
10
10
0
10
1
2
10
3
10
Frequency (rad/s)
Abbildung 21: Bode-Diagramm von Open Loop (L), Open Loop zeitdiskret (Lz) und Open Loop mit Filter (Lf), Eckfrequenz des Filters = max. Signalfrequenz (ca. 6 rad/s)
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Bode Diagram
50
Magnitude (dB)
0
-50
-100
-150 0 L Lz Lf
Phase (deg)
-90
-180
-270
-360 -2 10
-1
10
0
1
10
10
2
10
3
10
Frequency (rad/s)
Abbildung 22: Bode-Diagramm von Open Loop (L), Open Loop zeitdiskret (Lz) und Open Loop mit Filter (Lf), Eckfrequenz des Filters = 20 rad/sec für erhöhte Robustheit
Das ausgelegte Anti-Aliasing-Filter kann nun in Simulink getestet werden (Abbildung 23). Durch Ein- und Ausschalten des Störsignals (Sine Wave Block violett) sowie des Anti-Aliasing-Filters kann die Wirksamkeit sofort nachvollzogen werden (Übung !).
Abbildung 23: Verifikation des Anti-Aliasing-Filters in Simulink (File RT2_Lektion3_Regelkreis_Diskret_Aliasing.mdl).
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4.11. Zusammenfassung Gelerntes Der Einfluss der Signalabtastung auf den Phasengang ist verstanden: Die Phasendrehung nimmt mit zunehmender Frequenz zu. Damit reduziert sich auch die Robustheit des Systems (Phasenreserve!). Verschiedene Diskretisierungsmethoden wurden in MATLAB angewandt (‚foh‘ = First Order Hold, ‚zoh‘ = Zero Order Hold, ‚tustin‘-Approximation). Die TUSTIN-Approximation hat minimale Phasendrehung. Das Shannon-Theorem sagt aus, dass die Abtastfrequenz mindestens der doppelten maximalen Signalfrequenz entsprechen muss. In der Praxis wird die zehnfache Signalfrequenz genommen. Aber aufgepasst: Beim Abtasten ist die Ausssage „je schneller desto besser“ nicht richtig. Bei zu schneller Abtastung können numerische Probleme wie Rundungsfehler oder Quantisierungseffekte auftreten. Die richtige Einstellung und Skalierung der Signale braucht viel Praxiserfahrung. Der Aliasing-Effekt wurde verstanden: Hochfrequente Störsignale werden durch die „langsame“ Abtastung verfälscht und es entstehen niederfrequente Aliasing-Signale. Um diese zu verhindern, muss ein Anti-Aliasing-Filter angewandt werden. Dieses ist am besten analog zu wählen und mit genügend hoher Ordnung. Es ist allerdings auf die Robustheit des Regelkreises zu achten! Die Auslegung ist mit Simulationen und Praxiserfahrung am besten machbar.
Lernziel erreicht? ☺☺☺
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Ausblick Wir kennen nun den Einfluss der Signalabtastung auf den Zeit- und Frequenzbereich. Wir wissen auch, wie wir einen PID-Regler zeitdiskret darstellen können. Wir können aber noch keine allgemeine zeitkontinuierliche Systeme in zeitdiskrete Systeme umwandeln. Dazu braucht es noch etwas Theorie, nämlich die Z-Transformation. Wir werden dann auch die TUSTIN-Approximation besser verstehen.
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