He. Hallo. Huhu. Schon gut. Nett hier. Nettes – äh – nettes Theater. Prima Atmosphäre. Jawollja. Fischers Fritz fischt frische Fische… ja, also, dann wollen wir mal. Ich habe… können Sie mich überhaupt hören? Nein? Ja? Sie sind doch da, oder? Prima, dann sind wir also alle da. Ich meine; Sie sind da – und ich bin hier -, aber alle sind wir… oh, vergessen Sie’s. Also dann, Vorsprechen. Hurra! Schnapp dir die Rolle! Gut. Mein Name ist… Scheiße, jetzt hab ich meinen Namen vergessen. Genau. Das – das würde genügen, einen für geistesgestört erklären zu lassen. Mein Name ist … weg! Ich habe ihn vergessen. Meinen Künstlernamen. Sehen Sie, ich hatte mir vorgenommen, für dieses Vorsprechen meinen neuen Künstlernamen zu benutzen. Er sollte mir – ja – Glück sollte er mir bringen. Er war – er war sehr --- naja, was kümmert das Sie, stimmt’s? Im wirklichen Leben heiße ich Mary Zanum. Zanum. Sie verstehen? Prima. Gut. Hören Sie mich eigentlich. Bis ganz dahinten? Laut und deutlich, Prinz Eisenherz? Ah – gut … Nur noch eine Vorbemerkung und dann geht’s los. Das äh, kleine Wesen an der Leine ist meine Katze „Zahn“. Meine Katze „Zahn“. Sie verstehen? Zanum. Zahn. Gut, sie haben verstanden. He, wir wachen allmählich auf. Wir zeigen, dass es uns gibt, wie? Prima. Primissima… Also, Sie haben eine Rolle, ich, Mary Zanum, brauche eine Rolle. Soweit so klar. Sozusagen synchron. Alsooo, die große Vorsprecherei. Ich kann Ihnen heute zwei Stücke anbieten, und jetzt kommt die Überraschung, das eine ist ein klassisches Werk unsterblicher Größe… das andere ein zeitgenössisches Stück – Meldungen von der Front. Gut. Für das klassische Werk werde ich mich meiner Kleidung entledigen. Schlagzeile für „Variety“: „Kruder Trampel gibt pralle Brüste preis.“ Peep peep. Prima, Scherz beiseite, Ernst komm raus – ich ziehe mich aus. Warum das klassisch ist? Na, Sie machen mir Spaß. Der Körper selbst ist und bleibt klassisch. Klassisch von vorne – klassisch von hinten… haha. Die Kunst fängt mit dem Körper an. Keine Diskussion über die Tradition, oder? Natürlich nicht. Prima. Also, Sie dürfen nach den glorreichen Vorsprechregeln jederzeit unterbrechen. Sie dürfen mich schon eine Sekunde, nachdem ich angefangen habe, unterbrechen. Aber – ABER – und jetzt kommt der Haken… (Hammer und Nagel aus Tasche) Einen Augenblick Geduld bitte. Nur noch eine Kleinigkeit und ich gehöre wieder ganz Ihnen. (Nagelt Katzenleine am Boden fest.
So. Der steile Zahn ganz zahm. Das hätten wir. Niedliches Kätzchen, nein? Wo waren wir stehen geblieben? Fischers Fritz fischt frische Fische. Richtig. Unterbrechen Sie mich jederzeit. Ganz in Ordnung. Rufen Sie nur, „Danke, Miss Zanum“. Fest, aber höflich und rasend schnell..., und ich breche ab. Stoppe den Strip. Jedoch – wenn ich mein klassisches Werk unterbreche, schlüpfe ich allsogleich in das zeitgenössische Werk, und das bedeutet – Ihre ungeteilte Aufmerksamkeit bitte! … einschlagen des Katzenkopfes mit dem Hammer! Teufel auch! Heiliges Kanonenrohr! Nimmt uns die Tante auf den Arm? Nuuuun, ich will Ihnen nicht die Spannung nehmen, aber ich glaube nicht, dass sie Sie auf den Arm nimmt. Also, meine lieben Zuhörer, das ist bereits die ganze Speisefolge – mehr bietet sie nicht an. Aber der Gaumenkitzel bei der Kiste ist die freie Wahl. Erste Möglichkeit: wir lassen es zu, dass sich dieses arme, verzweifelt, desillusionierte Mädchen entwürdigt – und ich wäre entwürdigt, gedemütigt. Ich meine – ohne Kleider, nackt – hier oben – vor Fremden! Jämmerlich, ekelhaft, abstoßend! Oder zweite Möglichkeit: wir rufen hinauf „Danke, Miss Zanum“ und sehen ihr zu, wie sie die Pussy erschlägt – und vergessen Sie nicht, Miss Zanum ist flink. Schlägt ein, wie der Blitz und – Kätzenplasma … und sind wir – Sie – machen Sie sich nichts vor – dann nicht die eigentlichen Schuldigen am Tod der kleinen Miezekatze? Verantwortung! Oder die dritte und vorletzte Möglichkeit: wir könnten Mary Zanum einfach die kümmerliche, ganz unbedeutende Zwei-Auftritte-zwölf-Zeilen-Wurzen geben, die das versichere ich Ihnen, jede auch nur mittelmäßig begabte Durschschnittsschauspielerin im Kopfstand spielen und dazu noch „No Business like Showbusiness“ rückwärts singen könnte. Gut, letzte Möglichkeit: die wäre zwar reichlich schäbig, aber entweder ganz oder gar nicht. Wir könnten ihr die Rolle jetzt geben und sie ihr, sobald sie mitsamt ihrer pelzigen Geisel verschwindet, unter dem Vorwand, sie brauche einen Psychiater, wieder abnehmen. Aber wenn Sie das tun, wenn Sie das tun, findet Mary Zanum Sie für ihre blutdürstige Rache. Sie würde die Katze und vielleicht sogar (beunruhigender Gedanke) sich selbst VOR IHREN AUGEN auf eine ganz besonders auffallende, exotisch-asiatische Weise entleiben. Möglicherweise hat sie gar nicht die Nerven dazu, aber andererseits – wer weiß – wer weiß? Und warum sollten Sie, meine
Zuhörer, unnötig mit dem Tode spielen? Gut, gut – wir sind bereit für das Manegenrund – kommen wir der Sache auf den Grund. Verlassen wir die Exposition und schreiten wir zur Solution. Jeder kennt die ihm zugeteilte Aufgabe. Die Dialektik. Sie haben eine Rolle. Ich brauche eine Rolle. Es geht um ein ernsthaftes Geschäft, stimmt’s? Es stimmt. Ich beginne jetzt mit meinem klassischen Werk, indem ich meine Bluse aufknöpfe. Beobachten sie mich genau, meine beiden Hände sitzen fest an meinen Armen…