Pragmalinguistik
altgriechisch: pragma = „Handlung“ Disziplin, deren Gegenstand die Sprachverwendung ist untersucht den Inhalt konkreter sprachlicher Äußerungen betrachtet Sprechen/Schreiben als Handlung betrachtet Sprache als System symbolischer Kommunikation (nicht als abstraktes Zeichensystem) beschäftigt sich mit den Fähigkeiten des „idealen Sprechers“ → sprachliche Kompetenz vs. kommunikative Kompetenz beschäftigt sich z.B. mit der Frage, welcher Sprechakt vollzogen wird, wenn man zu jemandem sagt: „Es zieht!“ → gilt die Äußerung als Feststellung oder als Aufforderung?
Richtungen/Betrachtungsweisen: im Gegensatz zum Behaviorismus werden im Kognitivismus auch innerpsychologische Vorgänge miteinbezogen und untersucht
Kommunikative Handlungen verfolgen letztlich das Ziel eine außersprachliche Reaktion beim Empfänger auszulösen und sind deswegen Teile von Handlungskette neben der Absicht zu kommunizieren (bzw. eine Reaktion hervorzurufen) gehört auch die Intention zur kommunikativen Handlung: sie ist entscheidend für die Bedeutung der Äußerung → dieselben Worte können je nach Intention des Sprechers verschiedene Bedeutungen haben (z.B. „Ich bin schon müde“) Handlungen: Befehlen, Fragen, Bestreiten, Behaupten, usw. Lokutionärer Akt: Ziel = Hervorbringung einer syntaktisch-semantisch korrekten Äußerung Illokutionärer Akt: Intention, Kontakt mit dem Empfänger herzustellen bzw. in Interaktion zu treten – erfordert keine Änderung im Verhalten des Gegenübers (Habermas: „kommunikatives Handeln“) Perlokutionärer Akt: Äußerung mit der Intention, das Verhalten des Empfängers zu beeinflussen (Habermas: „strategisches Handeln“) Reichert: „die beabsichtigte Wirkung [liegt] unmittelbar in der Innenwelt des Empfängers“. Um dies zu verdeutlichen, „wird als perlokutionäres Element des Sprechakts oft nicht das eigentliche [...] Ziel der Sprechhandlung, sondern das unmittelbare, innersprachliche Ziel der Sprechhandlung, nämlich das Verstandenwerden der Äußerung in einem bestimmten Sinn, angenommen.“
Gelingen, Glücken und Erfolg eines Sprechakts Chomsky: ein Satz kann gelingen oder misslingen (z.B. durch mangelnde Performanz) Sprecher kann zum Teil selbst das Gelingen seiner Äußerung kontrollieren (z.B. einen Versprecher korrigieren)
die Akzeptanz durch den Empfänger ist dadurch noch nicht gesichert – ob der Hörer den Satz akzeptiert oder nicht, liegt nur zum Teil daran, ob die Produktion dem Sprecher gelungen ist der Terminus „Akzeptanz“ bezieht sich noch auf die rein sprachliche Seite! nicht identisch mit Verstandenwerden zur Beurteilung, ob der Sprechakt erfolgreich war, muss man wissen, was das Ziel war
Psycholinguistik
Wissenschaft von der menschlichen Sprachfähigkeit erforscht das Verhältnis von Sprache und Denken erforscht Bedingungen für das Produzieren und Verstehen von Sprache und der Repräsentation von Sprache im Gehirn Forschung zum Spracherwerb (Entwicklungspsycholinguistik, Spracherwerbslinguistik) – Untersucht Prozesse, Kenntnisse und Fähigkeiten, die dem Gebrauch der Sprache zugrunde liegen – Ziel: die Art, wie Menschen Sätze verstehen und erschaffen, verständlich zu machen
entwickelte sich aus der Sprachpsychologie (die jetzt Teil der Psychologie ist) Beim Wahrnehmen bzw. Erzeugen von Sprache müssen gewisse „Module“ in uns aktiviert werden: Wahrnehmen von Sprache
Erzeugen von Sprache
Sprachlaute erkennen
Formen von Gedanken und Absichten
Morpheme identifizieren
ausdrücken von Gedanken u. Absichten in Sätzen
Morpheme syntaktisch verbinden
passende Wörter finden
Lexikalische Bedeutung von Lexemen identifizieren
Wörter richtig flektieren
Äußerungen interpretieren
Wörter richtig übereinstimmen artikulatorische Äußerungen steuern
→ Schritte verlaufen nicht nacheinander ein Arbeitsgang läuft bis zu dem Schritt, für den seine Information gebraucht wird – dieser nimmt wiederum seine Arbeit auf und stellt die Ergebnisse dem nächsten Schritt zur Verfügung oder meldet Korrekturen an frühere Module jedes Modul kann mit einem anderen vernetzt sein, in Kommunikation stehen mehrere Module können gleichzeitig ablaufen
Spracherwerb
Psycholinguistische Untersuchungen sind auch für den Zweitsprachunterricht relevant z.B.: welche Vor- und Nachteile hat gesteuerter gegenüber ungesteuertem Spracherwerb Monitormodell (Stephen Krashen)
Bezieht sich auf die Aktivierung von sprachlichem Wissen in L2Kommunikationssituationen: Intuitive System (language acquisition) vs. Bewusstes System (language learning) im Sprechvorgang werden Äußerungsabsichten initiiert und zunächst durch jenes Wissen kodiert, das über das intuitive System erworben wurde. Kenntnisse aus dem bewussten System können nur verwendet werden, um diese Äußerungen zu korrigieren → jedoch umstritten, ob es zwei voneinander unabhängige, konkurrierende Systeme des Spracherwerbs gibt Übrigens: Das Lebensalter ist nicht entscheidend für die Fähigkeit zum Spracherwerb, sondern für Filter bzw. Barrieren, die bewirken, dass nach der Pubertät die Sprachlernmotivation bzw. die Bereitschaft zur Einfügung in die Normen der neuen Sprache geringer ist. Frühere Strukturen werden bevorzugt, obwohl weiter fortgeschrittene schon beherrscht werden.