Impressum Satz & Gestaltung vom Autor BilderScans Oliver Rossow, FontFront Cover Oona Leganovic basierend auf dem Bild „Das jüngste Gericht“ von Hieronymus Bosch Druck: Maro, Augsburg Grundsätzlich Dank an Frank, sowie Daniel Kulla, Alexander Beckmann, Jochen Gartz und Alexander Foyle für Korrekturen, Kritiken und Anregungen. Alle jetzt noch enthaltenen Fehler gehen auf die Kappe des Herausgebers. Verlegt durch Werner Pieper & The Grüne Kraft Alte Schmiede — 69488 Löhrbach eMail:
[email protected] www.gruenekraft.net © Creative Commons ISBN: 978-3-930442-59-1
Impressum Satz & Gestaltung vom Autor BilderScans Oliver Rossow, FontFront Cover Oona Leganovic basierend auf dem Bild „Das jüngste Gericht“ von Hieronymus Bosch Druck: Maro, Augsburg Grundsätzlich Dank an Frank, sowie Daniel Kulla, Alexander Beckmann, Jochen Gartz und Alexander Foyle für Korrekturen, Kritiken und Anregungen. Alle jetzt noch enthaltenen Fehler gehen auf die Kappe des Herausgebers. Verlegt durch Werner Pieper & The Grüne Kraft Alte Schmiede — 69488 Löhrbach eMail:
[email protected] www.gruenekraft.net © Creative Commons ISBN: 978-3-930442-59-1
Ronald Rippchen
Operation Erleuchtung Zum politischen Mißbrauch, sowie der freien Forschung von & mit LSD und anderen Psychoaktiva
Der Grüne Zweig 273
Inhalt Vorwort von Jochen Gartz
7
1. Das kollektive Freak-out von Pont-Sainte-Esprit
8
2. Deutsche Wurzeln
13
3. Merck-Würdigkeiten
20
4. MK-ULTRA
24
5. Eine horrige Verbindung: CIA & LSD
32
6. Doppelagenten & Schein-Heilige
42
Jean-Pierre Lafitte, Sidney Gottlieb, Harold Abramson, Robert Hyde, Ewen Cameron, Harris Isbell, Harry Anslinger
7. Frank Olson — Did he jump or was he pushed?
54
8. Der globale politische Mißbrauch
63
4
9. Albert Hofmann und sein liebstes Sorgenkind
70
John Beresford
10. Visionen aus dem Underground
76
11. LSD-Forschungs-Alternativen
85
Otto Kauders, Ken Kesey, Robert Hunter, John C. Lilly, Timothy Leary, Yehiel De-Nur, Jan C. Bastiaans, Claudio Naranjo, Jakov Lind, Werner Pieper
12. LSD-Forschung heute
102
13. Nachwort
105
Anhang & Quellen
108
5
„Ich habe LSD zum medizinischen Gebrauch, nicht als Waffe entwickelt. Es kann Dich verrückt machen, ja, es kann Dich umbringen, wenn es nicht unter medizinischer Aufsicht angemessen eingesetzt wird. In jedem Falle sollte die Forschung durch Mediziner und nicht durch Geheimdienstler erfolgen.“
Albert Hofmann
Bobo, Chuck, Antonietta Lilly und Jakov Lind gewidmet. In tiefen & höchsten Dank für ihre zeitlose Inspiration.
EINLEITUNG VON JOCHEN GARTZ „Wir sind alle in zwei Klassen getrennt: die einen haben den Pilz gegessen und sind durch die subjektive Erfahrung disqualifiziert, die anderen haben den Pilz nicht gegessen und sind durch ihre völlige Unkenntnis disqualifiziert.“ R. G. Wasson, europäischer Entdecker der psychoaktiven Pilze in Süd-Amerika Diese Einschätzung von Wasson beschreibt zutreffend alle gewöhnlichen, ge sellschaftlichen Diskussionen über den Wert oder Unwert der Substanzklasse, die auf Grund der verschiedensten Wirkungen als Halluzinogene, Entheogene, Psy chedelika, Phantastika, Psychotomimetika, Eidetika, Psychodysleptika und mit weiteren Wortschöpfungen benannt werden. Daneben gibt es Anwendungen, die als eindeutiger Missbrauch dieser Substanzen weitaus alle Kontroversen obiger Art in den Schatten stellen, seltsamerweise aber nur sehr verstreut und kaum im deutschen Sprachraum thematisiert werden. Dieses Buch thematisiert diesen Missbrauch erstmalig in seinen vielen Nuan cen :Experimente zur Willensbeeinflussung, die schon in der NS-Zeit oder bereits vorher begannen, Forschung, die direkt oder indirekt von der CIA lanciert oder beeinflusst wird, intensive militärische Forschung bis hin zur Anwendungsreife als Substanz ‘BZ’ sowie Überlegungen zur Beeinflussung von Demonstranten formen ein Bild des Schreckens, dem sich kein Leser entziehen kann. Als ein Beispiel seien Begehrlichkeiten der Militärs genannt, die bereits unter dem Ein druck des ersten tödlichen Masseneinsatzes verschiedener Reiz -und Hautgifte im Ersten Weltkrieg kurz danach erstmalig formuliert wurden. So äußerte der US-amerikanische Oberst Roberts schon im Oktober 1919 anlässlich einer Kampfstoffausstellung in Chicago, dass die „ideale Kriegsart“ der chemische Krieg sei „wobei das verwendete Gas wie eine empfindungsunter bindende Substanz wirken würde, und zwar so lange, dass man genügend Zeit zur Gefangennahme des Feindes hat. Danach soll er dann wieder zur Vernunft gebracht werden. Hierbei wäre nichts Unmenschliches...“ Von da an spannt sich der Bogen bis in die heutige Zeit. Obwohl diese Darstel lung einen historischen Abriss vermittelt und heute internationale Konventionen zum Verbot chemischer Kampfstoffe in Kraft getreten sind bzw. ethische Richtli nien für Pharmaversuche existieren, werden bei Geheimdiensten sowie beim Mi litär immer Begehrlichkeiten existieren, die unterschiedliche, die Psyche direkt beeinflussende Substanzen beinhalten. Je nach politischer Konstellation kann und wird sich dieses Bestreben auch in Zukunft wieder konkret manifestieren.
7
8
Das kollektive Freak-Out von Pont-St.-Esprit Von Hieronymus Bosch stammt das starke Bild Die Versuchung des Heiligen St. Antonius, ein Trip tichon mit Dämonen und einer Veithstanz-Atmosphäre des Chaos und Untergangs. In einer Geschichte der Klostermedizin über Der An- toniterorden und Mutterkornseuche fand der Massentrip von Pont St. Esprit eine Erwähnung: „Die Berichte mehren sich im 11. Jh. und reißen bis ins 17. und 18. Jh. nicht ab. Selbst in jüngster Zeit lebte die Erinnerung an die mittelalterliche Massenerkrankung wieder auf, als im Sommer 1951 in dem südfranzösischen Städtchen eine mystriöse Epidemie unter der Bevölkerung ausbrach, die bei zahlreichen Einwohnern Krampfanfälle, Wahnsinnsausbrüche und Gangrän in den Extremitäten hervorrief, die schließlich zur Verstümmelung der Glieder führte.“ Im 11. Jh. sah das Volk die Ursache dieser mysteriösen Seuche als eine von Gott gesandte Strafe und Züchtigung. St. Anthony's Fire, deutsch der Veits tanz, ist eine durch den Mutterkornpilz im Roggen ausgelöste doppelte Krank heit: zum einen dreht der Befallene durch, zum ändern werden seine Hände & Füße von einer in früheren Zeiten unheilbaren Fäulnis befallen, die höllische Schmerzen auslöst und zum Absterben der Gliedmaßen führt. Die Mutter kornseuche tauchte vorwiegend in Deutschland und Frankreich auf, im alten Rom und bei den Griechen jedoch nicht. Dort aß man halt Weizen statt die Brutstätte des Mutterkorns, Roggen. Der 16. August 1951 fing im idyllischen Pont-Sainte-Esprit, einer im 5. Jahr hundert im Süden Frankreichs gegründeten Ortschaft, die im 2. Weltkrieg bei Kämpfen zwischen der US-Army & der Wehrmacht zur Hälfte zerstört wurde, wie jeder andere Tag an. Der Ort wurde von einem Besucher als Platz, „an dem noch nie etwas passiert ist“ beschrieben. Doch dann irrten plötzlich hunderte sichtlich verstörte Bewohner des Ortes herum ... allen voran der örtliche Po lizist: der warf seine Klamotten ab und tanzte nackt auf dem Dorfplatz. Ein kollektives FreakOut. Alain Girard, Museumshüter des Musee d´Art sacré du Gard in Pont-SaintEsprit und Spezialist für die Geschichte des Dorfes, sprach 2010 mit La Gazette de Berlin über die Ereignisse von damals. Könnten Sie beschreiben, was sich Mitte August des Jahres 1951 in Pont-Saint-Esprit ereignet hat?
9
Alain Girard: „Alles fing am 17. August an. Die Wartezimmer der drei Ärzte des Dorfes sind hoffnungslos überfüllt mit Patienten, die alle an den selben Symptomen leiden: Erbrechen, Schwindel, Schüttelfrost, Angstzustände. Es stellt sich heraus, das alle ihr Brot beim selben Bäcker gekauft haben. Am 18. August werden 50 Privathäuser zu Notstationen umgebaut. Über 250 Men schen sind behandlungsbedürftig, 32 hat man in eine Psychiatrische Anstalt bei Marseilles gebracht. Am Montag dem 20. August wird bekannt, das einer der Erkrankten verstorben ist, es folgen noch mindestens vier weitere Todes fälle. Im Dorf macht Angst sich breit und viele Betroffene sind sehr erregt: manche wollen sich aus dem Fenster werfen oder in den lokalen Fluß Rhone springen, um vor wilden Bestien, Flammen oder satanischer Folter zu fliehen; ein Kind versucht, seine Mutter zu erwürgen... Sogar die Tiere werden nicht verschont: eine Katze und einige Enten sterben, nachdem sie eine Suppe zu sich genommen haben, die aus dem Brot gemacht war, das am 16. August er worben wurde. Als die Untersuchungen beginnen, sind im Dorf die wildesten Gerüchte im Umlauf: ein Verrückter habe das Wasser vergiftet, man habe den Leuten Haschisch verabreicht, das sei ein Racheakt der Kollaborateure oder eine Episode des kalten Krieges [...] Im Jahr 2008 brachte der Historiker Ste ven L. Kaplan ein fundamentales Buch über diesen Fall heraus. Es ist das Standardwerk, wirklich unumgänglich. Er analysiert rigoros alle da gewesenen Erklärungen und widerlegt sie. Er zeichnet neue Erklärungsansätze auf, liefert jedoch keine hundertprozentig sichere Ursache für die Vergiftungen, da keine Beweismittel vorliegen, die der modernen Wissenschaft ermöglichen würden, neue Erkenntnisse in diesem Fall zu erlangen.“ Wie die amerikanische Zeitschrift Time Magazine später berichtete, seien Be troffene ins Delirium gefallen: „Patienten warfen sich auf dem Bett hin und her, sie schrien entsetzt, aus ihrem Körper sprießten rote Blumen, ihre Köpfe hätten sich in geschmolzenes Blei verwandelt. Aus dem Krankenhaus von Pont-SaintEsprit wurden vier Selbstmordversuche gemeldet.“ Mindestens fünf Dörfler kommen bei dem Vorfall ums Leben, etliche leiden noch bis heute unter den Folgen. Ein Reporter aus Paris berichtete: „Das ist weder Shakespeare noch Edgar Poe. Sondern es handelt sich um eine traurige Realität, um Pont-St.Esprit, wo sich schreckliche halluizinatorische Szenen abspielen. Szenen voller Horror und Pathos, voller bedrohlicher Schatten, als seien sie direkt aus dem Mittelalter in unsere Zeit katapultiert. Die Ärzte sind völlig überfordert, die
10
Gerüchteküche brodelt wild und widersprüchlich, eine Stadt ist von Angst gelähmt. Und niemand weiß, wie das noch enden wird.“ In dem 1969 erschienenen Buch The Day of St. Anthonys Fire von John Fuller, meint dieser: „Die offizielle Erklärung für den Ausbruch war eine organische Quecksilbervergiftung des Mehls des örtlichen Bäckers [Roch Briand], doch vieles weist auf eine Ergot-Vergiftung hin. Die Gemeinsamkeiten mit den Sym ptomen eines LSD-Trips sind verblüffend.“ Allerdings erscheint der Gedanke, so eine gefährliche Substanz dem Brot beizumengen, das ja in individuellen Mengen konsumiert wird, eher abartig. Fuller, der sowohl mit Albert Hofmann wie dessen Chef Dr. Arthur Stoll über diese Vorkommnisse geredet hat, war es, der darauf hinwies, daß sich beide Sandoz-Mitarbeiter im August 1951 in Pont-St-Esprit aufgehalten hatten. Alle folgenden offiziellen Begründungen des Vorfalles wurden von SandozForschern übernommen. An der Uni von Marseilles kam es zu einem Exper tentreffen, bei dem Albert Hofmann Grundsätzliches über seine Erfindung LSD erzählte und zu großer Vorsicht im Umgang mit derselben aufrief. Laut Fuller stimmten die anwesenden Fachleute überein, daß es angesichts fehlender Nieren- und Leberschäden der Opfer nicht um eine Quecksilbervergiftung handeln könne. Es müsse sich um Ergot gehandelt haben. Damals wußte Fuller noch nicht, daß sich just zur Zeit der Massenhysterie in Pont-St.-Esprit auch eine Forschergruppe vom Camp David, unter ihnen Frank Olson, ein Fachmann des CIA für die Versprühung von Drogen in der Luft, in Süd-Frankreich aufhielt. Seltsam auch, daß verschiedene CIA-Programme, wie Project Artichoke und MK-NAOMI an einem Projekt zur ‘Vergiftung’ von Lebensmitteln durch psychoaktive Substanzen arbeitete, daß unter dem Namen SPAN lief, einem Synonym für ‘Pont’ (Brücke). Zwischen SandozMitarbeitern und CIA-Offiziellen kam es zu längeren Diskussionen über den ‘französischen Vorfall’ bzw. ‘das Geheimnis von Pont-St.-Esprit’, von denen jedoch keine Protokolle vorliegen. Unklar bleibt, wie sich die Folgen des ‘Ausbruchs’ über längere Zeiträume hinziehen konnten. Ein LSD-Trip ist im Normalfall nach einigen Stunden vorbei, doch hier kam es auch nach sechs Tagen noch zu neuen Ausbrüchen. Im chemischen ‘LSD- Stammbaum’ ,der sehr gründlich erforscht ist, gibt es durchaus auch strukturelle Abkömmlinge der Substanz, die neben der visio nären Wirkung in höherer Dosierung auch die Verengung der Blutgefäße ähn lich dem Ergotamin bewirken können, was solche Ausbrüche erklären könnte
11
In Polen wurde in den 50ern die Bevölkerung aufgerufen, Ergot zu sammeln und bei den staatlichen Ergot-Fachleuten abzugeben. In der Sowjetunion gab es Ergot-Plantagen unter der Aufsicht des Landwirtschafts-Ministeriums, doch man gab keines ans Ausland ab. Sehr zum Verdruß von Sandoz, die wegen des 2. Weltkrieges nirgendwo Ergot kaufen konnten und so eigenen Anbau betrieben. Im Jahr 1955 war die Schweiz zum größten Produzenten von ErgotPräparaten geworden, wobei sie Ergot aus verschiedenen Ländern, u.a. den USA einkauften, und den Unterlagen nach, via Sandoz auch in die UdSSR verkauf ten. Der Laie staunt, der Fachmann wundert sich, niemand weiß Bescheid — aber nach der Lektüre dieses Buches wird der Leser wohl kaum eine Version der Abläufe, und sei sie noch so abartig, grundsätzlich ausschließen können.
12
Deutsche Wurzeln Eine nach wie vor ungeklärte Frage: Welchen Ursprung hat die Tatsache, daß fast alle psychoaktiven Subtanzen im deutschsprachigen Raum chemisch isoliert wurden und als Produkte die Weltmärkte (legal wie illegal) eroberten? Leary sprach von Deutschland als dem ‘Mother- & Fatherland of Rausch’, doch wie kam es dazu? Im Zusammenhang mit dem Thema dieses Buches sei dies nur einfach festgestellt, bzw im nächsten Kapitel noch erhärtet. Bevor diese chemischen ‘Drogen’ als Produkte ohne angemessene Gebauchsanweisung auf den globalen -Markt geworfen wurde, wußte man vor allem in Süd-Amerika mehr um den, oft in religiöse Rituale eingebundenen förderlichen Umgang mit solchen Substanzen. Leary: „Die psychedelischen Drogen werden alle aus tropischen Pflanzen gewonnen. Psilocybin aus Pilzen, Meskalin aus dem Peyotekaktus, LSD aus Mutterkorn, DMT und Ayahuasca aus Baumrinden ...“. Doch hier geht es vor allem um den Drogenmißbrauch unserer Vorfahren: Um 1850 entwickelte Pravanz die Injektionsspritze, worauf der Krieg 1870/1 der erste war, in dem man Soldaten Morphin spritzen konnte. Karl Ziegler (mehr zu ihm weiter unten): „Die deutschen Militärärzte waren glücklich, den Verwundeten die Schmerzen zu vertreiben. Man benutzte das Morphium in einem Maße, das uns heute nach bitteren Erfahrungen mit dem Gift leichtes Entsetzen einflößt. Man spritzte gegen körperliche und auch seelische Schmer zen, praktisch alles weg. 1883 setzte die Bayrische Armee Kokain bei ihren Ma növern ein. 1896 isolierte Arthur Heffter an der Universität Leipzig erstmalig das Meskalin als erste reine halluzinogene Substanz. Kurt Beringer verwendete dann in den 20er Jahren bei seinen berühmten Versuchen („Der Rausch der 30 Ärzte“, in zeitgenössischer Berichterstattung) hauptsächlich synthetisches Meskalin der Firma Merck. Nach 1918 kam es zu einem wunderlichen Problem. Wer nachweislich durch ärztlich gerechtfertigte Morphiumbehandlung während des Krieges 1914 — 1918 süchtig geworden war, konnte seinen Morphinismus als Kriegsbeschä digung anerkennen lassen.“ Für diese wurde Jahre später unter den Nazis die Ersatzdroge Adolphin, heute als Methadon bekannt, entwickelt. In den 20er Jahren führten verschiedene Armeen Amphetamine ein,1958 Anabolika. Nach dem 1. Weltkrieg florierten illegale Drogen-Deals in größten Stile durch Pharmafirmen. Das Kokain vom französischen Schwarzmarkt jener Zeit
13
kam meistens aus Deutschland, besonders das weiße Pulver der Firma Merck stand in hohem Ansehen. Dabei ging es um solche Mengen, daß wiederholt Stimmen laut wurden, Deutschland wolle so die französische ‘Rasse’ schwä chen. Frankreich exportierte 1928 ganze 346 kg Morphin in die USA, für die es keinen Herstellungsnachweis gab. Sandoz exportierte 1300 kg Morphin an eine japanische Firma, bei der sich keinerlei Unterlagen über diesen Deal fanden. Schon 1930 bekam der I.G.Farben-Chemiker Gerhard Schräder von seinem Chef Otto Bayer den Auftrag, neue Insektizide zu entwickeln. 1937 produ zierte er daraus das Nervengas Tabun, 1939 das Sarin und 1944 das Soman, die zuerst an Affen und später an KZ-Häftlingen in Ausschwitz ausprobiert wurden. 1945 blieb Schrader als wissenschaftlicher Direktor des Laboratoriums für Pflanzenschutz bei Bayer Leverkusen an seinem Arbeitsplatz. Über die umfangreiche staatliche Drogengeschichte Deutschlands — so wohl von Giftgasen wie auch psychoaktiven Mitteln — vor und während es 3. Reiches gibt es eine umfangreiche Materialsammlung von Werner Pieper: Nazis on Speed, siehe Anhang. Ich verkneife es mir hier, seitenlang aus jenem Stammwerk zum Thema deutsche Wurzeln zu zitieren. Karl Ziegler war in den Fünfzigern und Sechzigern Trainer der deutschen Radfahrer — u.v.a. von Rudi Altig. Der gute Freund Sepp Herbergers führte das Müsli im deutschen Leistungssport ein, war ein früher Makrobiotiker und hat auch zum Thema Doping seine eigenen Erfahrungen und Meinung. Als Mitglied des Bundesausschusses zur Förderung des Leistungssports, hielt er im De zember ‘67 in Bad Boll einen langen Vortrag, aus dem folgendes Zitat stammt: „In den späten 30er Jahren wurde von der deutschen Firma Temmler unter der Strukturformel 1 Phenil, 2 Methylaminopropan-Hydrochlorid das umge wandelte Benzedrin als Pervitin auf den Markt gebracht, das sich einer steilen Karriere bei den Weckmitteln erfreute. Beide Medikamente heben bei richtiger Dosierung ohne jeden Zweifel vorübergehend die menschliche Leistungsfähig keit an, wie es viele Soldaten im vergangenen Krieg erlebt haben. Außerdem wird die Aufmerksamkeit geweckt, da die Müdigkeit vertrieben wird. Um das Jahr 1940-41 bekamen die Reviere der deutschen Fliegerhorste Pervitin zuge stellt, das unter anderem auch an Nachtflieger, die über England eingesetzt waren, ausgegeben wurde. Bei über Großbritannien abgeschossenen Piloten fand man diese Mittel, worauf die Inselzeitung mit den Schlagzeilen auf den Markt kam wie: „Deutsche Luftwaffe am Ende; nur noch mit Doping zum Kampf zu bewegen“ usw. Dabei wurde das Wort Doping verwendet. Der Krieg
14
fragt wenig nach Ethik und fair play, und so machten es englische Chemiker möglich, Englands Militär im modernen Krieg nicht in Rückstand zu brin gen. Sie stellten das Methedrine in der Retorte her. Der Einsatz dieser Mittel auf allen Seiten der Kriegsführenden bei Luftwaffe, Marine und Infanterie ist bekannt.“ Und heute? Aus heutiger Sicht noch perfider war die Anreicherung von Süßigkeiten und Schokolade mit Pervitin. Umstritten ist die Beigabe von Pervitin in der le gendären Fliegerschokolade, von der man nur weiß, daß diese mit Koffein, Dextrose und/oder Cola angereichert wurde. Es wurden aber Pralinen auf den Markt gebracht, die 14 mg Pervitin enthielten. Dazu gab es die Empfehlung, bei Bedarf drei bis neun Stück davon zu essen — mit dem Hinweis, dies sei, im Gegensatz zur Einnahme von Koffein, ganz unschädlich. Als Folge eines derart geförderten Mißbrauchs häuften sich ab 1938/39 in allen Lebens- und Arbeits bereichen des NS-Regimes Belege für suchtmitteltypische Zusammenbrüche. „Die Zumengung eines hochwirksamen Medikamentes zu einem Nährmittel oder sogar einer Süßware lag zu damaliger Zeit nicht außerhalb der Vorstel lungen. So wurden z.B. Pralinen auf den Markt gebracht und schließlich vom Reichsgesundheitsministerium verboten, die geradezu toxische Pervitinmengen enthielten, und durch die Militärärztliche Akademie wurden Kraftpräparate der Firma Tengelmann geprüft und schließlich für die Verwendung bei der Truppe als ungeeignet befunden, das 3 mg Pervitin enthielt”. ( E.G. Schenck, 1989', aus Werner Pieper: Nazis on Speed) Zwei der übelsten Psychiater Nazi-Deutschlands dürfen in dieser Auf zählung Heidelberger DrogenForscher leider nicht fehlen: Carl Schneider und einer von Kurt Beringers Assistenten, Julius Deussen. Bei beiden handelte es sich offensichtlich um personifizierte arische Horror-Trips. Carl Schneider, Ordinarius für Psychiatrie von 1933 bis 1945, scheint seine Laufbahn als idealistischer Forscher begonnen zu haben, war er doch bis 1933 Chefarzt in Bethel. Dann entwickelte er sich zu dem "schlimmsten bekannt gewordenen Beispiel einer über Leichen gehenden wissenschaftlichen Gesinnung” (Ernst Klee, Euthanasie im NS-Staat). Schneider schrieb 1930 den Begleittext zur Hygieneausstellung in Dres den, in der erstmals ‘sozialhygienische Konzepte’ formuliert wurden, die anschließend mit seiner Hilfe von den Nazis umgesetzt wurden. Später unterstützte er die Ausstellung Entartete Kunst. Sein Sohn erinnert sich, wie er Künstler wie Otto Dix verurteilte: “Die kommen weg. Das ist
15
auch gut so.” Die Zwangssterialisation sah er, der 1932 NSDAP-Mitglied wurde, als “verantwortungsvoller Versuch vor Gott, eine neue Zeit mit neuen Menschen zu versehen.” Nazis New Age. Erstaunlich, wie viele von Schneiders Forschungspartnern sich nach Kriegsende an nichts mehr erinnerten, was sie hätte belasten können. Einige machten auch nach ‘45 weiter Karriere. Carl Schneider konnte zu all dem nichts mehr sa gen. Er floh mit dem Fahrrad und ließ sich, per Selbsteinweisung, in der Psychiatrie Erlangen als Patient aufnehmen. Nach seiner Verhaftung im Dezember 1946 beging er Doppelselbstmord: er schnitt sich die Pulsader auf und erhängte sich anschließend. Julius Deussen beschäftigte sich u.a. mit psychisch gestörten Kindern und der Untersuchung ihrer Gehirne. Er brachte z. B. ‘Forschungs-Kin der’, die er als ‘entseelt’ bezeichnete, zur Anstalt Eichberg und kümmerte sich ‘um den Rücktransport der Gehirne’, die dann in Heidelberg von Schneider und Konsorten untersucht wurden. Später gehörte er bei der Bundeswehr zu jenen Psychiatern, die grundlegende Schriften einer neu en Wehrpsychiatrie verfaßten, u.a. Über die Entstehung und Bekämpfung der Panik, publiziert in Wehrkunde Nr. 11/1962. Als Panikvorboten gelten u.a. ‘destruktive Kritik und mangelnde Selbstbehauptung’. Schon ab 1943 versuchten US-Behörden, jener deutschen Forscher habhaft zu werden; nicht um sie ihrer Taten entsprechend zu verurteilen, sondern sie zu eigenen Diensten — gegen den gemeinsamen Feind: die Russen! —einzuspan nen. Die deutsche Drogenforschung hatte unter Prof. Prinzhorn und Prof. Beringer in Heidelberg schon in den 20er Jahren eine Blühte erlebt, einige Ab leger wuchsen im 3. Reich kräftig nach. Hubert Jantz arbeitete ab 1940 über experimentelle, stoffwechselpsychologische Versuche bei Menschen und Tieren in Heidelberg. Bei der Untersuchung meskalinvergifteter Hunde fanden sich bei mikroskopischen Untersuchungen ihrer Leber deutliche Veränderungen. ”Die Wirkungsweise des Meskalins auf tierische und menschliche Körper ist danach vor allem als capillartoxilogisch aufzu fassen.” Die Untersuchungen Zur Pathophysiologie des Meskalinrausches wurden mitten im Krieg publiziert: Jantz, Hubert: Veränderungen des Stoffwechsels im Meskalinrausch; Zeitschrift für Neurologie und Psychiatrie 1941, Nr. 171, S. 28-56. Ebenfallsl943 begann eine Abteilung des OSS (Office of Strategie Services) mit Marijuana und Meskalin als ‘Wahrheitsdrogen’ zu experimentieren, eine
16
andere untersuchte mögliche Gifte, um Hitlers Leben zu beenden. „Der 2. Weltkrieg war der erste militärische Konflikt, in dem das menschliche Hirn zum Kampfplatz wurde, der von Invasoren mit modernsten psychologichenTricks und pharmakologischen Mitteln unterstützt wurden. Auf beiden Seiten suchte man verzweifelt eine ‘Wahrheitsdroge’, um gefangenen Feinden Ge heimnisse zu entlocken. Die OSS-Mitglieder wie Harry Anslinger und George White wurden von ihrem Chef William Donovan beauftragt, herauszufinden, wie man das menschliche Bewußtsein und Verhalten durch chemische Mittel für eigene Ziele modifizieren könne. In ihrem Arzeneischränkchen befanden sich Scopolamin, Peyote, Barbiturate, Meskalin und Marijuana. Zeitgleich experimentierten in Dachau ‘Ärzte’ an Inhaftierten, um ihnen mit Meskalin und Hypnose den Willen zu brechen.“ So berichtet Jim Channon in seinem umfangreichen Artikel Mind. Control and the American Gouvernment. Das Wissen der OSS nahm durch ihr Studium entsprechender Forschungs unterlagen aus dem KZ Dachau erheblich zu. Die Forschungsabteilung in Dachau unterstand der Gestapo und ihre Aufgabe bestand darin, wie man den Willen eines Menschen durch Drogen und Hypnose brechen könne. Walter Neff erzählte den US-Amerikanern nach dem Krieg von seinen Forschungser gebnissen. Diese waren jedoch — noch nicht — so ausgereift, daß die SS auf traditionelle körperliche Foltern hätte verzichten können. Die OSS-Nachfolgeorganisation, die CIA, übernahm einige der Nazi-Me thoden, führte viele Experimente weiter. Statt KZ-Insassen wurden nun Insas sen von Gefängnissen und Psychiatrischen Anstalten, Prostituierte und häufig Angehörige von ethnischen Minderheiten, aber auch Bürger und Soldaten, unwissentlich unter Drogeneinfluß gesetzt, verhört, gefoltert und oftmals in Verzweiflung und Wahnsinn getrieben. Die Unterlagen der deutschen MindControl-Forschung — inkl. Meskalin und Hypnose-Experimenten — wurde nie publiziert, sondern nach den Nürnberger Prozessen in die USA verschifft ... und dort weitergeführt. Die zuständige CIA-Abteilung nannte sich Project ARTICHOKE. Nach 1945 wurde ausgerechnet das I.G.Farben-Haus in Frank furt zum Headquarter der CIA. Präsident Trueman authorisierte 1946 das Project Paperclip, durch das führende Nazi-Wissenschaftler für die Arbeit für die USA gewonnen wurde — auch, um diese intelektuellen Resourcen den Russen vorzuenthalten. Man sprach von ‘begeisterten Nazis’, die man im Kampf des Kalten Krieges auf der eigenen Seite wissen wollte. Viele Von ihnen bekamen in den USA oder
17
Kanada eine Chance auf ein neues Leben, auch wenn einige von ihnen nach weislich in KZs und anderswo mörderische medizinische Menschenversuche und ähnliches durchgeführt hatten. Nach einem Senatsbericht aus dem Jahr 1999, wurden zwischen 1945 und 1955 765 Wissenschaftler und Techniker im Rahmen vom Project Paperclip US-Amerikaner. Es sind keine Proteste von CIA-Mitarbeitern gegen ihre neuen Kollegen, unter ihnen Nazi-Mediziner, die Erfahrungen im Brechen und Neuprogrammieren von menschlichen Bewußt seins waren, bekannt geworden. Da drückte man blauäugig alle Augen und andere Wahrnehmungsorgane zu Den Nazi-Fachmann für Anthrax, Dr. Walter Schneider, schnappten sich 1945 die Sowjets. Als er 1948 wieder auftauchte — nach eigenen Angaben war er geflohen — wurde er nicht wg. seiner vormaligen Verbrechen, oder gar als wahrscheinlicher Doppelagent verhaftet, sondern von der US-Armee ange heuert. 1951 fuhr ein Team von drei US-Wissenschaftlern nach Deutschland, um im Camp King im Taunus, über das noch mehr zu berichten sein wird, Schreiber, wie auch einige seiner Kollegen, über deren Versuche mit ‘psychochemischen Drogen’ an inhaftierten KZlern zu verhören. Einer der Amerika ner: Frank Olson. Nur Monate später arbeitete der gesuchte Kriegsverbrecher Schreiber im Dienste der US-Air Force in Texas. Als die New York Times 1952 über ihn und seine abscheulichen Menschenversuche in KZs berichtete, blo ckierte die CIA seine Auslieferung und besorgte ihm einen Job in Buenos Aires. Als Dr. Wilson Greene, wissenschaftlicher Direktor vom Edwood Arsenal, die erbeuteten Unterlagen über Drogenversuche im KZ Dachau studierte, fand er in einem 300seitigen Report nur knapp zwei Seiten zum Thema. Jedoch machten ihn wiederholte Hinweise auf ein Institut namens Das Ahnenerbe stut zig. Dieses Hobby von Reichsführer Heinrich Himmler schien zuständig für die gruseligen Menschenversuche in Dachau und anderswo. Das Ahnenerbe wurde 1935 von Himmler und anderen — unter ihnen der Okkultist Hermann Wirth — gegründet und sollte sich der anthropologischen und kulturellen Ge schichte der sog. Arischen Rasse’ widmen. In gut 30 Teilbereiche aufgegliedert erforschte man Religionen, Astronomie, Höhlenmalereien, Pflanzengenetik u.v.a.m. Im April 1945 entdeckten US-Truppen die Ahnenerbe-Akten in einer Höhle namens Kleines Teufelsloch in Bayern. Viele dieser Unterlagen gelangten in der Folge ins Edgwood Arsenal der US-Army. Verblüffend, wie lange sich Forscher des Ahnenerbes auf Such-Expeditionen nach exotischen und halluzinogenen Pflanzen, sowie bewußtseinsbewegenden
18
Substanzen durch den Amazonas und die Berge Tibets aufhielten — und wel che fette Beute sie Heim ins Reich mitbrachten. Meskalin und Peyote wurde u.a. im großen Stiele in Dachau eingesetzt. Dr. med. Kurt Friedrich Plötner (1905- 1984) war verantwortlich für diese Meskalinuntersuchungen auf der Suche nach dem Wahrheitsserum und der Möglichkeit zur Erzeugung schizophrenieartiger Symptome. Schon 1931 hatte Dario Baroni in der renommierten Zeitschrift Psychoanalytische Praxis über seine Versuche in der Nervenklinik Pyergine im faschistischen Italien berichtet. Mit Meskalin bzw. noch besser mit dessen Kombination aus Kokain, wenig Alkohol sowie etwas Skopolamin war es möglich, im Rahmen des erzeugten „euphorisch-manischen Zustandes“ sowohl Mordgeständnisse als auch Beich ten von Homosexualität zu erreichen. Bald nachdem Greene sein Ahnenerbe-Studium abgeschlossen hatte, erfuhr er von der neuen Substanz LSD. Ihn verblüffte vor allem die geografische Nähe von Dachau zu den Sandoz-Laboratorien in Basel; knapp 400 km. Weitere Studien ergaben, daß Arthur Stoll, der respektierte Chef Albert Hofmanns, während des 1. Weltkrieges in Berlin unter dem legendären Nobelpreisträger Dr. R. Willstatter gearbeitet hatte. Direkt nach dem 2. Weltkrieg war es Stolls Sohn Werner Arthur, der an 22 Freiwilligen der Uni Zürich erste Versuche mit LSD durchführte. Von diesen Versuchen haben mehr Gerüchte (gab es einen oder mehrere Tote?) denn wissenschaftliche Papiere überlebt. Gerüchte von Drogenexperimenten der Bundeswehr habe ich selten gehört. In meiner letzten Kräuter-Pillen-Drogen-taz-Kolumne, im Jahr 1986, meldete ich, daß an der Uni Ulm erstmals festgestellt wurde, wie man den Drogenkon sum des Menschen an seinen Haaren feststellen kann und; »Auch an der Uni versität der Bundeswehr wurde in Zusammenarbeit mit der Siemens AG unter anderem mit MDMA gearbeitet: ‘Untersuchungen an Spitzenprogrammierern und Spitzenteams’ hieß die Reihe der Fakultät für Informatik. Droge und Computer zur Leistungssteigerung unserer Verteidiger. Dabei wurde festgestellt, daß ‘unter geringen Dosen (150mg) eine Phase extrem hoher geistiger Klar heit auftritt’. Diese Klarheit wollte man nutzen — aber dann wurde MDMA (1986) verboten.« Ich habe das damals leider nicht weiter verfolgt.
19
Merck-Würdigkeiten
ZEITTAFEL Aufnahme der Fabrikation von Alkaloiden durch E. Merck, Darmstadt
Morphin............................. 1827
Piperin.......................... vor 1860
Cevadin
Veratrin.............................. 1828
Sanguinarin................ " 1860 Solanin......................... " 1860
Hydrastin.....................1890
Thebain....................... " 1860 Theobromin............... " 1860
Pelleterin...................... 1890
Strychnin........................... 1831 Codein................................ 1882
1890
Hydrastinin.................1890 Pseudopelletierin.......1890 Arecolin........................1893
Atropin............................... 1833 Chinin................................. 1833
Cocain................................ 1862
Bulbocapnin................1893
Coniin................................. 1837
Hyoscyamin..................... 1867
Scopolamin.................. 1893 Cephaelin.....................1894
Narcotin.................. vor 1843
Apomorphin..................... 1872
Anhalonin....................1895
Papaverin...........................1848
Cryptopin.......................... 1872
Stypticin.......................1895
Pilocarpin.......................... 1876
Tropacocain...............1896
Acotinin................... vor 1860
Spartein.............................. 1877
Dionin........................... 1898
Bebeerin..................
Duboisin............................. 1878
Mescalin....................... 1899
"
1860
Lophophorin..............1899
Berberin................... " 1860 Brucin...................... 1860
Aspidospermin................. 1883
Chelidonin..............
1860
Erythrophlein................... 1883
"
"
Pellotin.........................1899
Chelerythrin...........
"
1860
Lobelin............................... 1883
Ergotinin cryst. um 1900
Cinidin.....................
"
1860
Quebrachamin................. 1883
Yohimbin.....................1903
Cinchonin...............
"
1860
Quebrachin....................... 1883
Eukodal........................ 1917
Coffein.....................
"
1860
Boldin................................. 1885
Psicain........................... 1924
Coiohicin................
"
1860
Ephedrin............................ 1888
Α-Yohimbin.................1928
Corydalin................ " 1860 Emetin..................... " 1860
Ormosin............................. 1888
Harmin......................... 1929
Pseudoephedrin............... 1889
Ergotoxin..................... 1934 Ergoclavin.................... 1934
Narcein.................... " 1860 Nicotin..................... " 1860
Apo-Atropin..................... 1890
Physostigmin.........
Apo-Codein...................... 1890
"
1860
Ergometrin..................1935
Im Jahr 1668 hatte der laut Kirchenbuchvermerk ‘kunstberühmte Apotheker’ Jacob Friedrich Merck die Engels-Apotheke in Darmstadt übernommen, die fortan vererbt wurde und in Merckscher Hand blieb. Am 17. September 1794 erblickte Heinrich Emanuel Merck das Licht der Welt. Schon früh gehörte sein Interesse den Alkaloiden. Im Jahr 1826 publizierte er im Magazin für Pharmacie: ‘Über die Bereitung des Mor phins’ und ‘Bemerkungen über Opium und dessen Bestandteile’. 1827 kam Emanuel Merck auf die profitable Idee des industriell ge fertigten Morphins. Aus dem selben Jahr stammt seine bahnbrechende Schrift Pharmaceutisch-chemisches Novitäten-Cabinet, in der er über seine Erfahrungen bei der Gewinnung von Morphin und anderer Pflanzen stoffe berichtete. Bis dato hatte jeder Apotheker im Lande noch seine eigenen Pillen gemischt & gedreht ( ApothekerDaumen ), doch die Mor phium-Herstellung war aufwendiger. Merck kam die profitabele Idee, diese Substanz für seine Kollegen mitzufertigen. So wurde Morphium 1828 zur ersten Droge, die in Deutschland fabrikmäßig, also über den Bedarf der eigenen Apotheke hinausgehend, hergestellt wurde. Ein wich tiger Grundstein der pharmazeutischen Industrie war gelegt. Die Mercks waren ständig bestrebt, die gesamte Palette der jeweils be kannten Alkaloide anzubieten: 1827 Morphin, ‘31 Strychnin, ‘32 Co dein,’33 Atropin und Chinin, ‘43 Narcotin, ‘60 Coffein, Piperin und Nicotin, ‘62 Kokain, ‘88 Ephedrin, ‘93 Scopolamin, ‘99 Meskalin, 1903 Yohimbin, 1929 Harmin u.a.m. Quantitativ dominierte anfangs jedoch die Herstellung von Morphin. Der Ursprungsstoff, das Opium, kam aus Smyrna. Die zu verarbeitende Menge stieg von 150 Pfund Opium im Jahr 1832 auf mehr als das Zehn fache nur zehn Jahre später. So posaunten die ‘ Vaterländischen Berichte für das Großherzogthum Hessen’s tolz in die Welt, daß seit einigen Jahren von Herrn Merck „Morphin u.s.w. von einer fast mehr als eleganten Schön heit im Großen dargestellt werden ...” Heute sickert auch bei uns durch, daß Cannabis durchaus auch ein Heilmittel ist. Merck wußte das schon 1854. Im Jahr darauf erschienen die Pharmakologisch-medizinischen Studien über Hanf die sich auf Er kenntnisse von Merck stützten. Bis zum Aufkommen von Aspirin stellte Merck diverse Hanf-Präparate her.
21
1862 erweiterte das Kokain, mit dem Merck nachweislich die ersten grundlegenden Versuche machte, die zur späteren medizinischen Anwen dung führten, das Angebot; 1898 kam das Heroin hinzu. Merck ver größerte seine ‘Fabrikation’ und expandierte rasch. Innerhalb weniger Jahre entstanden überall auf der Welt florierende Niederlassungen: 14 in Afrika, 35 in den Amerikas (u.a. in Medellin, Kolumbien; seit jener Zeit weltweit Nr. 1 der Kokain-Hitparade), 30 in Asien (u.a. in Tsingtao, der ehemaligen deutschen Kolonie). In Darmstadt suchte man derweil nach neuen psychoaktiven Stoffen und fand 1912 MDMA {Ecstasy). In der zeitgenössischen Ecstasy-Literatur wiederholt sich die — wie wir nun wissen — Legende, daß Merck MDMA entwickelt habe, um deutschen Soldaten an kommenden Fronten ein Hunger unterdrückendes Mittel zu bieten. Diese Falschmeldung erwuchs wahrschein lich aus Versuchen von US-Laboren, die zwischen 1947 und 1957 letztendlich erfolglos die verwandte Substanz MDA als mögliche Diätdroge erforschten. Nach einem Stillstand während des 1. Weltkrieges boomte die Er forschung und der Export von Drogen weiter. Man exportierte groß zügig Narkotika (vor allem Morphin und Kokain bzw. die chemischen Grundstoffe, wie das HeroiriVorprodukt Essigsäure-Anhydrid), da die deutschen Kontrollen, wie ein Zeitgenosse festhielt, im internationalen Vergleich sehr lax waren. Daran hat sich offensichtlich bis heute nicht viel geändert: "Weltweit werden etwa 90% des Heroins mit legal gelieferten Chemikalien deutscher Firmen hergestellt. Hauptlieferanten sind Merck (Türkei, Iran) und Hoechst (Pakistan, Thailand). Essigsäure-Anhydrid, die eindeutigste Chemikalie, wurde von einer Reihe von Ländern unter Vertriebskontrolle gestellt. Nicht bei deutschen Firmen, denn die Sache sei ‘so gebräuchlich wie etwa Kochsalz’, so ein Herr Schmidt von Merck.” (Soznat, Weltmacht Droge) 1891 wanderte Georg Merck nach N.Y. aus und gründete dort Merck & Co. Sohn Georg Wilhelm baute die Firma zur zwischenzeitlich größten pharmarzeutischen Firma der Welt aus. Die deutsche Verwandtschaft hatte schon vor dem 1. Weltkrieg MDMA patentieren lassen, das dann unter dem Codenamen EA-1475 in den frühen 50ern von der US-Army getestet wurde. 1942 war Georg Merck zum Chef des US War Research Service (WRS) aufgestiegen, die
22
dem für chemische Kampfführung zuständigen Chemical Warfare Service der Armee beratend zur Seite stand. Das WRS war eine Reaktion auf unbestätigte Berichte, nach denen man die Russen, Engländer und Kanadier auf dem Gebiet der bio-chemischen Kriegsführung mit Giften & Gasen weit vorraus wähnte. Georg Merck wurde einer der Begründer von Camp Detrick. Dort stellte er Dr. E. Fred als Forschungschef ein, der vorher an der Uni Wisconsin Professor von Frank Olson war. Die in Darmstadt verbliebene Merck-Zentrale blieb im Drogenhan del aktiv. Bis vor wenigen Jahren kaufte sie z.B. dem deutschen Zoll bzw. der Staatsanwaltschaft in Frankfurt die beschlagnahmten Opiate (Morphinbasis, aber auch Kokain) ab. Aber seitdem die Reinigung dieser Substanzen teurer wurde, als der legale Kaufpreis, hat man diese Deals eingestellt. Die illegalen Drogenfunde des Frankfurter Flughafens wer den heute verschwenderisch in der Müllverbrennungsanlage vernichtet. Auch die Heidelberger Drogenschule um Wilmanns und Beringer bezog in den 20er Jahren einen Großteil ihres Forschungsmaterials von Merck. Als Folge des 1. WeltKrieges wurde die US-Merck-Abteilung enteignet und als Merck & Co. Inc. selbständig und erfolgreicher als das Odenwälder Stammhaus weitergeführt: 1997 stellte sie drei der fünf meistverkauften Drogen der Welt her — Losec, Zocor, Vasotec —, Umsatz damit allein: über 10 Milliarden $! Aber auch in der alten Heimat blieb man nicht untätig: im Jahr 1999 erzielte Merck Darmstadt einen Umsatzplus von 29%, d.h. ebenfalls weit über 10 Milliarden, allerdings DM. Im Juli 2010 machte die Darmstädter Merck KGaA an der Börse von sich reden: die Umsatzerwartungen stiegen auf satte 12,5%, wieder näherte sich der Umsatz der Firma den 10 Milliarden, diesmal jedoch €. Der Grund waren diesmal keine Drogen, sondern eine wichtige Zutat zur steigenden Digitalsüch tigkeit: Merck ist Weltmarktführer bei Flüssigkristallen für Flachbildschirme.
23
MK-ULTRA
„Wir stehen erst am Anfang der Erkenntnis,
24
daß wir die Pforten der Wahrnehmung tatsächlich öffnen, und aus der Höhle hinauskriechen können.“ Marylin Ferguson, in: Geist und Evolution Jochen Gartz, DDR-Fachmann für psychoaktive Substanzen, schreibt über biochemische Kampfstoffe: “Mit relativ kleinen Mengen können durch eine Vergiftung von Wasser, von Nahrungs- und Genussmitteln größere Bevölke rungskreise, ausgesuchte Personengruppen, Arbeitende bestimmter Industrieund Wirtschaftszweige, zeitweilig handlungsunfähig gemacht werden. Die Folgen dieser Vergiftungen sollen Produktionsstörungen, Unsicherheit, Angst, Panik und Desorganiation sein.“ Bei MK-ULTRA handelte es sich um eine CIA-Abteilung für Men schen- und Tierversuche mit LSD in größerem Umfang. Die Idee hat te Richard Helms, der sie am 3. April 1953 seinem Vorgesetzten Allen Dulles vorschlug. Ray Cline, ein Kollege Helms beschrieb ihn wie folgt: “Helms hielt sich selbst für einen abgebrühten Typen. Innerhalb unserer Gruppe war es angesagt, über Gefahren, Risiken und das menschliche Leben zu reden, als hätte das nichts mit uns zu tun. Offiziell begannen diese LSD-Versuche am 13. April 1953. Es gibt Hinweise, daß diese Experimente durch die CIA schon ab 1950 liefen — im Ausland. Auszüge aus dem Tagungs-Protokoll Project MK-ULTRA, the CIA’s Program of Research in Behavioral Modification, 3. August 1977 (unter Mitwirkung von Barry Goldwater und Edward Kennedy): “Wir unterhalten keine Aufzeichnungen über die Aktivitäten und Drogenversuche anderer Länder. Vor einigen Jahren beschäftigten wir uns wiederholt mit der Forschung anderer Länder in Bezug auf Drogenanwendungen ... Ab dem Jahre 1949 versuchten wir unter dem Aktionsnamen Project Artichoke mehr über ausländische Forschung mit LSD herauszubekommen, da zu befürchten war, daß dies zum Nach teil unserer Agentur und der Bürger der USA geschähe ... Im Verlauf dieser Untersuchungen beschäftigten wir uns auch mit ausländischen Menschenversuchen. Offiziell wurden diese Untersuchungen 1956 ein gestellt, es gibt jedoch Hinweise, daß sie noch einige Jahre weitergeführt wurden. Zwischenzeitlich haben wir jedoch alle Unterlagen aus jener Zeit
25
vernichtet und besitzen keinerlei Aufzeichungen mehr ... Nach meinem Wissen beschäftigt sich heute keine Regierungsagentur mehr mit dieser Art der Forschung. Im Herbst 1947 führte die Navy Versuche unter dem Namen Chatter durch. Es war durchgesickert, daß die Sowjets sehr er folgreiche Experimente mit einer Wahrheitsdroge durchführten. Unsere Versuche mit Tieren und Menschen wurden mit Meskalin, Scopolamin und Anabasis aphylla durchgeführt. Sie dauerten bis zum Ende des Kore akrieges und wurden 1953 eingestellt.” Durch MK-ULTRA wurden Medi kamente zur Willens- und Bewusstseinssteuerung wie Bulbocapnin gefunden, sowie eine tödliche Droge, die keine Spuren hinterlässt. Das Bulbocapnin aus dem Leuchtsporn führt zur Starre bei Lähmung der quergestreiften Muskeln. Die Person kanndurch Fremdeinwirkung beliebig gebogen werden und verharrt so. Zusammen mit den Kanadiern experimentierten US-Wissenschaftler mit Fliegen, Flöhen, Moskitos und Zecken, um KrankheitsKeime zu verbreiten. Die Kanadier entwickelten eine 225-Kilo-Bombe, die 200.000 Fliegen trans portieren sollte. 1952 bestellte die Air Force 23.900 M-33-Streubomben, die je 108 Aerosolbomben mit biologischen Toxinen enthielten, und die Navy entwi ckelte eine biologische Mine für den Einsatz von U-Booten. Von 1937 bis 1943 war Allen Dulles Direktor der Schroeder Bank, die Hitler finanzierte. Deshalb hat er zeitlebens beste Beziehungen zur Wall Street und zum Zirkel von Morgan, Rothschild, Hambros, Baring und Eugene Meyer. Seit 1942 stand Dulles in Kontakt zu SS-General Karl Wolff und arbeitete mit bei der Operation BERNHARD, einem Geldwasch- und -fälschungsprogramm mit Wolff und dem Mailänder Gestapo-Chef Walter Rauff, der für den Tod von 100.000 Juden verantwortlich war. Gordon Thomas: „Allen Dulles verbrachte in den 40ern einige Zeit in der Schweiz. Dort hatte er wiederholt mit führenden Sandoz-Chemikern über die wahrscheinlichen Drogen- und Hypnoseexperi mente der Russen diskutiert.“ Allen Dulles erinnerte sich später an die Erklä rungen über LSD vom Sandoz-Chemiker Albert Hofmann — und auch an die langen Gespräche, die er mit seinem damaligen guten Nachbarn Dr. Carl Jung pflegte. Im April 1953 authorisierte Dulles $300.000 für ‘höchst sensible Arbeiten mit biologischem und chemischen Materialien’. Zu jener Zeit wurde aus dem Unternehmen Arichoke das Projekt MK-ULTRA. Man suchte eine Wahrheitsdroge. Die ersten Tests wollte man ob ihrer politischen Sprengkraft
26
jedoch nicht auf US-Boden durchziehen. So wurde das Frankfurter Büro des CIA damit beauftragt, diese Forschung voranzutreiben. Zu den führenden Akteuren von MK-ULTRA gehörten Sidney Gottlieb und Robert Lashbrook, jenem Mann, mit dem Frank Olson Jahre später seine verhändnisvolle letzte Nacht im Hotelzimmer verbrachte. MK-ULTRA löste das Project Artichoke nicht ab, sondern ergänzte es durch 144 neue Projekte. Die ausgedehntesten Experimente wurden mit LSD gemacht, von dem 1953 für $240.000 Proben an verschiedene Universitäten und Labors für zum Teil gefährliche Tests ge schickt wurden. Subprojekt 7 bestand z.B. aus LSD- und anderen Halluzinogenen-Versuchen, dauerte sechs Jahre Aund wurde in den Projekten 23, 27 und 40 weiterentwi ckelt. Eines der Projekte wurde von Dr. Lauretta Bender, der Erfinderin des Bender-Gestalt-Tests, durchgeführt: vierzehn schizophrenen Kindern zwischen 6 und 11 Jahren verabreichte man sechs Wochen lang täglich 100 mcg LSD — und sie war nicht die einzige Forscherin auf diesem Gebiet. MK-ULTRA finanzierte ab 1957 seine Aktivitäten auch durch den eher esoterischen Human Ecology Fund, dessen Ursprung Albarelli in Himmlers Ahnenerbe’-Aktivitäten sah. Laut Albarelli einer der Akteure: Aleister Crowley, der Hohepriester des Okkultismus, Aktivist der Schwarzen Künste und sein Le ben lang im engen Kontakt mit Heroin wie mit dem britischen Geheimdienst. Schon in den 20ern experimentierte er mit Meskalin, in den 30ern brachte ihm Huxley das Peyote näher. Aldous Huxley visionierte schon 1932 in seinem Ro man Brave New World eine Droge, mit der eine totale soziale Kontrolle erreich bar sei: Soma. Zwei Jahrzehnte, sowie Erfahrungen mit magischen Pilzen und LSD später, sah er eine Gesellschaft voraus, in der ein politischer Einsatz von Beruhigungsmitteln auf der einen Seite, und psychedelischen Stimulanzien, die zu mystischen Erfahrungen und weg von vorgegebenen Strukturen führten, auf der anderen eine Transformation des täglichen Lebens fördern. Bekannt wurde, daß auch die Armee unter dem Decknamen EA 1729 LSD-Versuche durchführte — mit mindestens 1000 ‘Freiwilligen’, von denen keiner ahnte, auf was er sich, ‘zum Wohle und zur Sicherheit der westlichen Welt’ einließ. Es wurden u.a. Kollegen und Menschen „von zwei felhafter Loyalität, verdächtige Agenten oder Spitzel, Subjekte mit Geheimwis sen“ ausgewählt, die zu ahnungslosen Versuchskaninchen wurden. Gottlieb
27
engagierte den Zauberkünstler John Mulholland, der den CIA-Agenten beibringen sollte, wie man unbemerkt Drogen in Drinks kippt. Aus dem Be richt: „Um die Gefahr für die nationale Sicherheit abzuwehren ... wurden ausgiebige Untersuchungen mit mehreren chemischen und biologischen Wirkstoffen durchgeführt ... darunter auch wiederholt LSD an unfrei willige Subjekte aller sozialen Klassen, den oberen und den unteren Klas sen, im In- und Ausland verabreicht. ... Diese Versuche verstießen gegen grundlegende Rechte der einzelnen Bürger — auch nach US-Recht.” Ich wiederhole mich hier, aber angesichts des Horrors sei dies gestattet: Viele jener unfreiwilligen Versuchspersonen haben nie erfahren, für wen sie den Hampelmann gemacht hatten. Viele von ihnen hatten nachweislich ihr ganzes Leben daran zu knabbern — offiziell gibt es keinerlei Aufzeich nungen mehr — und es wurden folglich auch nie Entschädigungen gezahlt oder die Drogenopfer psychologisch betreut. Das Gehirn eines der menschlichen Versuchsobjekte entgleiste aus Sicht der MK-ULTRAs, es handelte sich um Theodore Kaczynski, dem in zwischen legendären anarchistischem UNA-Bomber. Er begann seine Karriere als Versuchsobjekt mit einundzwanzig weiteren Studenten sechzehnjährig an der Harvard Universität, wo zwischen dem Herbst 1959 und Frühjahr 1962 „verstörende und ethisch unentschuldbare“ Versuche an ihnen durchgeführt wurden. Drogenexperimente mit Uneingeweihten waren auch in den USA nichts neues. Schon 1880 injizierte ein Arzt aus Kalifornien zwölf junge Mäd chen auf Hawai mit Lepra, 1900 infizierten US-Ärzte auf den Philippinen Menschen mit der Pest, 1906 steckte ein Dr. Strong von der Harvard Uni wissentlich Gefängnisinsassen aus den Philippinen Menschen mit Cholera an, 13 von ihnen starben. Drogensklaverei. Zwischen 1949 und 1968 wurden in verschiedenen Regionen 26 Operationen mit Nervengiften durchgeführt. Ende September 1950 brach in San Francisco eine Lungenent zündungsepidemie aus, die die Ärztewelt vor ein Rätsel stellte. Die Marine und die CIA, die 800.000 Einwohner als Testpersonen für die Bakterien Bazillus Globigii und Serratia Mercescens mißbrauchten, schwiegen; ein Edward Nevin starb an den Folgen dieser Sprühaktion. Zu vergleichbaren Breitentests kam es 1954/55 mit Keuchhusten-Bazillen ( Hemophilus pertussis) in Florida und im
28
Februar 1956 in New York, wo bei der Operation BIG CITY Bazillen über den Auspuff eines Autos verteilt wurden. Von 1955 bis 1977 führte man unter dem Codenamen WHITECOAT 153 streng geheime Experimente mit Q-Fieber, Milzbrand, Hasenpest, Bauchtyphus oder Hirnhautentzündung mit Vorliebe an freiwilligen Adventisten durch, da diese keinen Alkohol trinken und nicht rauchen. Die Kirchenleitung rekrutierte dafür 2200 junge Männer. Als Hauptgrund für diese Experimente wurde immer wieder angege ben, daß die USA nach dem Ende des 2. WeltKrieges Angst davor hatten, von den Russen und Chinesen psychoaktiv vergiftet zu werden. Immer hin hatten auch die Russen einige der Nazi-Drogen-Forscher abgegrif fen. Ein besonders hartnäckiges Gerücht, daß die UdSSR versucht habe, weltweit alle Grundstoffe für die LSD-Herstellung zu kaufen, erwies sich im Nachhinein als Ente. Und unter dem Motto: “Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht ...”, sind natürlich auch alle weiteren vom CIA ge machten öffentlichen Äußerungen anzuzweifeln. Geheimdienste heißen nunmal nicht ohne Grund Geheimdienste. Mehr zu diesem Thema findet man im in Hollywood verfilmten Buch: The Search for the Manchurian Candidate — The CIA and Mind Control von John Marks. In Linda Hunts Buch Secret Agenda, über die widerrechtliche Wieder verwendung jener KZ-Drogen-Forscher in der US-amerikanischen Dro genforschung finden sich mehrere Hinweise auf Ludwigshafener, aber auch auf Heidelberger Forscher, z.B. Hans Trurnit, bevor dieser eines der Forschungsmonster in Dachau wurde. Trurnit ging anschließend an die Uni Heidelberg. Oder Walter Reppe, der Ludwigshafener Chefchemiker der IG Farben, die u.a. das Auschwitzgas Zyklon B herstellten. Trotz sei ner Verurteilung beim Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozeß, holten ihn die Amerikaner 1948 in ihre Dienste; er wurde ihnen anschließend von den Engländern abspenstig gemacht. Außerdem war da noch Karl Tauboeck von den IG Farben, der sich im 3. Reich auf die Wirkung diverser Drogen auf Menschen und Tiere spezialisiert hatte. Er unterrichtete die CIA u.a. über eine ‘Laber-Droge’, die jeden zum Sprechen bringen würde. Es sollte sich um ein Präparat aus der Pflanze anabases aphylla handeln. Die CIA schickte seine menschlichen Versuchskaninchen skupellos harakiri mäßig unwissend auf Trip. Der Leiter des CIA-Projektes MK-Ultra, von einem
29
Kollegen auch 'the maddest mad scientist’ genannt, hieß gut bürgerlich Dr. Sidney Gottlieb. Verschiedene Quellen weisen ihn als Vater des bewußt herbeige führten Horror-Trips aus. Als CIA-Boss Richard Helms 1973 zum Botschafter in Teheran ‘befördert’ wurde, trat Dr. Gottlieb von seinem Posten im CIA zurück, und ließ sämtliche MK-ULTRA-Unterlagen, deren er damals habhaft werden konnte — 152 Aktenvorgänge von 149 Unterprojekten — schreddern. Eines jener Projekte war CHATTER, das eine Wahrheitsdroge für Verhöre und Agentenrekrutierung suchte, wozu beispielsweise Scopolamin, Mescalin oder Anabasis Aphylla eingesetzt wurden. Fester Bestandteil des Programms, bei dem der Psychiater Dr. Edgar Schein eine zentrale Rolle spielte, waren Versuche mit dem Wahrheitsserum Sodium Pentothal , ein Barbiturat, das kombiniert mit anderen Medikamenten beispielsweise Todesängste hervorrufen sollte. Schein forderte 1961 die systematische Gehirnwäsche bei Strafgefangenen, da sie das Recht auf eine eigene Persönlichkeit durch die Straftat verwirkt hätten. Parallel zu MK-ULTRA lief NK/NAOMI, ein gemeinsames Projekt der Technical Services Division der CIA und der Special Operations Division der U.S. Armee in Fort Detrick in Maryland, wo ab 1952 rund 600 Wissenschaft ler 18 Jahre lang biologische Waffen entwickelten und testeten. Dabei wurden Giftpfeile, Gifttabletten oder biologische Waffen gegen Getreide und Tiere entwickelt. Insgesamt fanden in dieser Zeit über 200 Freiluftexperimente mit biologischen Waffen statt. Die MK-ULTRA-Forscher erlitten mit ihren Arbeiten flächendeckenden Schiffbruch — trotz all ihrer perversen Bemühungen gelang es ihnen nicht, LSD - oder auch andere Psychedelika — als Wunderwaffe gegen Feinde gezielt einzusetzen. Im Sommer 1975 wurden diese Versuche durch den von der Rockefeller Kommission in Auftrag gegebenen Church Committee Report erstmals öffent lich. Eine Hauptquelle war ein Report aus dem Jahr 1963, der die Gottlieb’sche Schredderei überlebt hatte. 1977 fand ein Select Committee on Intelligence wei tere 20.000 Seiten von CIA-Aufzeichnungen. Beide Berichte dokumentierten kaum Details der Forschung, wohl aber ihre Strukturen und Finanzierungen. Über Sidney Gottlieb — wie auch jene Unterlagen, die die Zeit bis heute ungeschreddert überstanden — gleich mehr. Unter Präsident Bush wurde 2004 das Project Bioshield ins Leben gerufen, um systematisch die Entwicklung aller neuen Drogen zu überblicken, um auf
30
eine bzw. jegliche Bioterror-Attacke vorbereitet zu sein. Im Jahr 2010 wurde beschlossen, die Ausgaben für dieses Projekt zurückzufahren. US-Bürger können sich eine 3-CD-Box mit geschätzten 20.000 Seiten ehe mals geheimer Akten zum Thema MK-ULTRA und den Prohekten Bluebird/ Artichoke unter der Registriernummer 5 USC552 des Freedom of Information and Privacy Acts gegen Zusendung eines 30$-Schecks an folgende Anschrift CIA — FOIA and Privacy Act Coordinator — Washington, DC 20505 zusenden lassen.
31
Eine horrige Verbindung: CIA & LSD „LSD — LBJ — FBI — CIA“ aus dem Musical HAIR, 1968
Andye shall know the Truth and the Truth shall setyou free Inschrift in der Empfangshalle des CIA-Headquarters in Langley; im Original bei Johannes 8:32 „und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen. “
Günter Amendt stellt in seinem Buch Die Legende vom LSD fest: „LSD ist ein Medikament, eine Rauschdroge und ein chemischer Kampfstoff.“ Die CIALSD-Experimente wurden vom Psychologen Henry A. Murray geleitet, „der in den 40er Jahren eine Studie für den Geheimdienst OSS erstellte, mit der er Hitlers Persönlichkeitsstruktur zu entschlüsseln versuchte.“ Aus dem OSS wurde nach 1945 die CIA. Aus dem heißen Krieg wurde die Suche nach einer ‘Wahrheitsdroge’ in den Kalten Krieg übernommen. Eine der unter diesem Gesichtspunkt getestete Substanz war LSD, wobei die Erfor schung an verschiedenen Universitäten stattfand. Laut Amendt „hatte die CIA alles immer gut unter Kontrolle“. Im November 1948 erfuhr Wilson Greene, wissenschaftlicher Direktor der chemischen Laboratorien in Edgewood durch Dr. J. P. Clay von der Chemical Division der europäischen Kommandozentrale in Heidelberg in einem TOP SECRET Dossier von der Existenz einer neuen, synthetischen Substanz na mens LysergSäure-Diathylamid mit dem Labor-Code LSD-25. Clay erwähnte, daß diese Information von einem Maulwurf in den Sandoz-Laboren stamme (wo sowohl die US-Army wie auch der CIA Informanten untergebracht hatten) und wiederholt schon drei Wochen später die Wichtigkeit dieser Substanz. So lobpreiste er den bei Sandoz für Forschung zuständigen Dr. W. A. Stoll: „Stoll war der erste, der das psychologische Phänomen des LSD-25 systematisch un tersuchte. Durch mehrere Versuche mit normalen und abnormalen Subjekten berichtete er von Wahrnehmungsstörungen bis hin zu Halluzinationen, einem beschleunigten Denkvermögen und leichten Bewußtseinsstörungen.“ Etwa ein
32
Jahr später sandte Clay einen weiteren Bericht, daß Dr. Stolls Experimente weiterhin intensiv betrieben würden. Es wäre zum Wohle der Army und der USA, wenn sich diese umgehend um diese neue Substanz kümmern würden, auch wenn sie teuer in der Herstellung sei. Nach anderen Quellen war es ein Doktor aus Wien, Otto Kauders (mehr über ihn später), der 1949 auf der Suche nach Forschungsgeldern in die USA fuhr und dort am Boston Psychopathie Hospital über die neue Substanz LSD redete. Der aus Hitlerdeutschland geflohene Neuropsychiater Max Rinkel erkannte die potentiellen Möglichkeiten der Substanz und nahm Kontakt mit Sandoz auf. Der erste US-Tripper war Robert Hyde, Nr. 2 der Bostoner Psychopathics. Ihm war klar, daß es keine Forschungsgelder gäbe, falls niemand die Substanz selber testen würde. Nach eigener Ansicht hinterließ sein erster Trip mit 100 Microgramm kaum Folgen, doch seine Kollegen fanden sein Benehmen wäh rend der üblichen Arztvisiten deutlich verändert. Mehr über Hyde folgt einige Seiten weiter ... Nur wenige Monate später gab es erste Testberichte an dem St. Louis State Hospital, kurz darauf auch vom Ypsilanti Hospital in Michigan. Die CIA-Experimente waren Teil einer Mission: man trippte nicht zum Ver gnügen, ein High zu erleben oder neue Realitäten zu erforschen, sie testeten eine Psycho-Waffe. Die Army hingegen suchte nach Einsatzmöglichkeiten auf und neben dem Schlachtfeld. Der Traum eines Krieges ohne Bomben, ohne Tote, ohne Napalm oder tödlichen Nervengasen — mit gegnerischen Menschen, die für Stunden oder Tage oder länger zu verwirrt waren, um Widerstand leisten zu können. Beide sahen in LSD eine strategische Waffe — geruchlos, geschmacklos und unsichtbar. Dr. Henry K. Beecher diente sowohl der CIA, für die er über 40 Auslandsrei sen absolvierte, wie auch der Armee. Im September 1952 klärte er Sidney Gott lieb über den Forschungsstand mit sog. 'Ego-unterdrückenden Drogen (= LSD) in Europa auf. Grundsätzlich waren ‘Wahrheits-Drogen’ sein Forschungsge biet, aber schon bald entwickelte er eine Vorliebe für LSD. Beecher hatte die Unterlagen der Forschungen in den KZs Dachau und Mauthausen studiert, traf 1951 und 1952 in Frankreich mit Frank Olson zusammen. Beecher formulierte als erster Strategien, um LSD flächendeckend einzusetzen, es z.B. dem Trink wasser einer ganzen Stadt, einer Flieger-Basis oder eines Kriegsschiffes beizu fügen. „Es bedarf wenig Phantasie sich vorzustellen, was die Konsequenzen einer so beeinträchtigten Schiffscrew sein würden.“ Beecher sinnierte 1952 über
33
Ergot-Ausbrüche, die Europa über Jahrhunderte heimgesucht hätten. Zufälli gerweise hielt sich Beecher zum Zeitpunkt des Massentrips von Pont-St.-Esprit in Frankreich auf. Später war er, laut John Marks, an Menschenversuchen mit psychoaktiven Substanzen in Haiti beteiligt. In Beechers Nachlaß wurde ein kleines Gedicht gefunden: „A shy little snail from Toulouse, Who was normally quite recluse, Went out on the town, And. acted the clown, Singing out ‘LSD’s my excuse’..." Im Sommer 1953 studierte in einem Frankfurter ‘Safe-house’ der CIA Mit arbeiter Morse Allen das Buch Mushrooms, Russia and History von Gordon & Valentina Wasson. Verblüfft lernte er, daß die Ägypter, Griechen und Phönizier schon in vorchristlichen Zeiten ihre Feinde mit Hilfe von psychoaktiven Pil zen ‘vergifteten’. Sein Vorgesetzter Allen Dulles war von diesen Erkenntnissen angetan, mehr noch als er von seinem Mitarbeiter Dr. Gottlieb erfuhr: „Wir stehen vor einem Durchbruch einer völlig neuen chemischen Substanz, die selbstredend ein Geheimnis der Agency bleiben wird.“ Die CIA wertete generell sehr gründlich alle relevanten Publikationen über psychoaktive Stoffe aus. So wurde R.G. Wasson bei einer seiner Forschungs reisen zur Erforschung der mexikanischen Zauberpilze im Sommer 1956 ohne sein Wissen von einem CIA-Agenten begleitet. Ein halbes Jahr vorher schrieb ihn ein James Moore an, seines Zeichens Professor an der Universität von De laware. Er interessierte sich für die noch unbekannte chemische Zusammenset zung der Pilze, deren visionäre Kraft durch Wasson schon bekannt war. Moore konnte durch den CIA Geschickter Fund $2000 zur Expedition beisteuern. Die Chemie der Pilze konnte durch die Expedition nicht geklärt werden. Moore erkrankte auch schwer an einer Magen-Darm-Erkrankung und fiel so der Ex pedition eher zur Last. Diese Substanz sollte in den USA noch bis zum Oktober 1966 legal bleiben, die Rekrutierung von Versuchspersonen geschah meist illegal. So richtete die CIA in San Francisco für ihre Operation Midnight Climax mehrere Bordelle ein, die von 1954 bis 1963 frequentiert wurden. $100. Freiern wurden mit LSD verstärkte Drinks verabreicht. Die Agentur beobachtete dann ihr Verhalten, fotografierte sie und nahm alles auf, schließlich plauderten Männer vor dem Orgasmus so manches Geheimnis aus. Einige der Männer wußten Bescheid,
34
ließen sich auf weitere Versuche ein. In einem Fall wurde einem Mann mit seiner Einwilligung an 77 aufeinanderfolgenden Tagen LSD verabreicht. Die Prostituierten bekamen für jede ‘Sitzung’ $100. Die Aufsicht über die Opera tion Midnight Climax lag bei Bordellchef George Hunter White. Jahre später schrieb dieser in einem persönlichen Brief an Gottlieb: „Ich war ein höchst un bedeutender Missionar, ein Ketzer praktisch. Aber ich habe aus ganzem Herzen in den Weinbergen geackert, weil es Spass, Spass und nochmals Spass machte. Mit dem Segen des Allerhöchsten lügen, töten, betrügen, stehlen, vergewaltigen und plündern — wo sonst hätte ein echter Amerikaner das tun können?“ In Lexington, Kentucky, unterhielt das US-Gesundheitssystem seit 1935 einen großen Farmkomplex zur Behandlung von Drogensüchtigen. In dieser vom Volksmund Narco genannten Anstalt behandelte man Tausende, vor allem Heroinabhängige, u.a. Peter Lorre, William S. Burroughs wie auch seinen Sohn Burroughs jr., Chet Baker, Sonny Rollins etc. Erst in den 70ern wurde bekannt, daß in diesem Addiction Research Centre (ARC) — entgegen der schon damals bestehenden Gesetze — rund 800 psychoaktive Substanzen an den mensch lichen Insassen getestet wurden. Von April bis September 1953 besuchten Gottlieb und vier andere Agenten, unter ihnen Frank Olson, wiederholt diese Anstalt, um dort LSD-Experimente zu beobachten. Der Stoff kam von Sandoz. Die National Institutes of Mental Health waren an LSD interessiert, um psy chisch erkrankten Menschen zu helfen, die CIA wollte mehr über die Wir kung der Substanz auf Gesunde herausfinden, doch niemand schien einen Etat für solche Versuche zu haben. Innerhalb der Army herrschte eine große Paranoia, daß die Russen mit ihren entsprechenden Forschungen schon weiter sein könnten, also sprang die Army als Geldgeber für entsprechende Versuche ein und unterstützte Forschungsgruppen um Bob Hyde in Boston, Harold Abramson in N.Y., Harris Isbell in Lexington und andere. Der Kalte Krieg war eine Zeit globaler Paranoia, eine Zeit der Gerüchte. Zum einen erzeugten Nachrichten von Gehirnwasch-Programmen der Sovjets, Chinesen und NordKoreaner US-Paranoia, zum ändern hieß es in undefinierbaren, doch einfluß reichen Kreisen, Sandoz wolle 10 kg LSD auf dem Freien Markt verkaufen. Zwei von Allan Dulles mit $240.000 ausstaffierte CIA-Agenten fuhren nach Basel, um diesen Superdeal durchzuziehen — nur um feststellen zu müssen, daß Sandoz in den 10 Jahren bis dahin gerade einmal 40 Gramm LSD her gestellt hatte. Erst 1975 fand sich ein Dokument aus dem hervorging, daß einem US-Militärattache in der Schweiz der Unterschied zwischen l/1000stel
35
eines Grammes und 1.000 Gramm nicht klar war, so wurden alle Zahlen um den Faktor 1 Millionen überhöht. All is fair in love & war... Sandoz bot dem CIA jedoch an, auf unbestimmte Zeit wöchentlich 100g hersteilen zu können. Die CIA bemühte sich von Sandoz unabhängig zu werden, man traute den Schweizern nicht so recht. Entgegen internationalem Recht gelang es dem CIA in Verbindung der Laboratorien der Harvard Uni und der Chemiefirma Eli Lilly, schon im September 1954 illegal LSD für eigene Versuche herzustellen. Das chemische Patent für LSD lief erst_1963 aus. Sandoz forschte am therapeutischen Einsatz der Substanz gegen Krankheiten; die CIA war eher daran interessiert, wie die Substanz bei/auf gesunde/n Men schen wirkte. „Wohl auch deshalb lehnte Albert Hofmann es ab, sich an diesen Forschungen zu beteiligen, obwohl die CIA ‘alle zwei Jahre oder so’, wie er sich erinnert, Kontakt zu ihm aufnahm und ihn zur Mitarbeit aufforderte“, so Amendt. Der CIA war sehr an einer Synthetisierung von psychoaktiven Pilzen und anderen entsprechenden Pflanzen interessiert. Doch auch beim Psilocybin war Albert Hofmann wieder schneller. Bei Arzneimittelproduzenten und in Gefängnissen der USA (z.B. im ka lifornischen Folsom-Gefängnis, in Vacaville und in Springfield), aber auch in Lateinamerika und Südostasien wurde experimentiert. Der Pharmakologe Dr. Carl Pfeiffer führte LSD-Versuche in Gefängnissen für die CIA durch. Allein das Gesundheitsministerium investierte von 1954 bis 1968 $7,5 Mio. in 2500 LSD-Gefängnis-Versuche. Zudem wurde LSD zwischen 1953 und 1973 an 745 Armee-Angehörigen ausprobiert, oft ohne deren Wissen. Eines der bekanntesten Drogenversuchsopfer der Armee war der Profi-Tennisspieler Harold Blauer. Er starb an einer zu großen, injizierten Dosis von Meskalin. Alle Beteiligten hielten sich an die auferlegte Schweigepflicht. Ende der 60er Jahre verlor die CIA das Interesse an LSD, das 1966 illegalisiert wurde, weil es für sie zuwenig verlässliche Geständnisse hervorbachte, und testete anschließend vermehrt mit Opiaten und dem neuen Medikament aus der Chemieküche von Hoffmann-La Roche: BZ; Chinuclidinyl Benzilat; welches erheblich stärker als LSD sein soll, ist problemloser und billiger in der Herstellung und eignet sich zur Zerstäubung als Aerosol. Das BZ hat eine bemerkenswerte Geschichte. Ursprünglich hatte 1955 J.H. Biel und Mitar beiter bei Hoffmann-La Roche in Nutley, New Jersey synthetische Benzilate hergestellt, die eine atropinartige Struktur hatten und dieses medizinisch durch ihre weit geringere Toxizität auch ersetzen sollten. Diese Stoffe hatten
36
aber für die medizinische Anwendung die unerwünschte Nebenwirkung der Erzeugung starker Halluzinationen. Die relativ einfache chemische Synthese verführte sofort zur systematischen Abwandlung der Struktur, wobei heute über 1000 Strukturanaloge bekannt sind. 1958 fanden L.G.Abood, A.M. Ostfield und Biel extrem starke Halluzinogen, deren Hauptvertreter Ditran schon ab 2 mg meist Horrorvisionen auslöste. Die Wirkungen waren so stark, dass im Gegensatz zu LSD die Opfer in den Visionen lebten und auch danach meist keine Erinnerung daran bestand. Ein Film zeigte einen Fallschirmjäger in voller Montur und Delirium, der unter der Dusche mit Zigarre stand. Bei abklingender Wirkung war dann noch 1-2 Tage das Verhalten ziellos und un vorhersehbar. Schließlich entschlossen sich die Untersucher, eine verwandte Substanz dem Militär als Kampfstoff vorzuschlagen: 3-Chinuclidylbenzilat mit dem Code BZ. Es wirkt 4 bis 5 Tage und damit noch 2 Tage länger als Ditran, das ausgiebig von der CIA getestet worden war. Die Substanzen wurden in die Kategorien A-C eingeteil, wobei die Wirksamsten in B zufinden waren und Z die tatsächlich ausgewählte Substanz war. 1962 wurde eine Produktionsanlage errichtet und die Substanz schon 1961 in die strukturmäßige Bewaffnung der US-ARMY aufgenommen.General Creasy berichtete schon 1959 dem Kon gress: „Wir werden diese Dinge einsetzen, wo wir sie für sehr geeignet erachten und wenn wir denken, dass dies im besten Interesse der USA und ihrer Ver bündeten ist.“ (Heeresanweisung: FM 3-10). Es gelang lange Zeit, die tatsächliche che mische Zusammensetzung des BZ geheimgehalten, obwohl sie mehrmals im Vietnamkrieg getestet worden war. Zwischen 1959 und 1975 erhielten rund 2800 US-Soldaten als menschliche Versuchskaninchen das BZ. Heute ist be kannt, das solche atropinartige Substanzen körperliche Schäden im Neuro transmittersystem beim Acetylcholinrezeptor hervorrufen können. Auch die psychischen Nachfolgen sind weitaus drastischer als beim LSD und dessen Verwandten.Laut Jochen Gartz wurden 50 Tonnen BZ hergestellt, was für ein langes Delirium bei mindestens 5 Milliarden Menschen reicht. Aber auch die CIA plante dessen Anwendung bei Bürgerkriegsunruhen. Im Memo vom 4. September 1970 steht: „Die Trends bei der modernen Polizeiaktion und beim Krieg zeigen eher die Notwendigkeit auf, die Menschen reversibel zu lähmen und zu demoralisieren, als den Feind zu töten. ... Mit dem Auftauchen von hochpotenten ... psychotrop und immobilisierend wirkenden Stoffen ist eine neu Ära der Polizeigewalt... möglich.“ General Creasy berichtete schon 1959
37
dem Kongress: „Wir werden diese Dinge einsetzen, wo wir sie für sehr geeignet erachten und wenn wir denken, dass dies im besten Interesse der USA und ihrer Verbündeten ist.“Bei den Senats-Hearings 1975 erschütterten viele Zeugen mit ihren Berichten über schwere Depressionen, Epilepsien & Suiziden in der Folge jener Halluzinogen-Versuchen von Edgewood die Anwesenden. Amendt: „Bis in die siebziger Jahre wurden mehr als 90% aller Pharmaka in den USA an Gefängnisinsassen in teilweise monströsen Studien getestet.“ Of fiziell wurde diese Vorgehensweise 1974 rechtlich untersagt, doch mehren sich die Zeichen, daß „dieses einträgliche und einfach zu handhabende Profitfeld ... nun für die Nation at War wieder neu erschlossen werden“ sollte — so der Direktor des Heidelberger Instituts für die Geschichte der Medizin in der Süd deutschen Zeitungvom 29.9.2006. Es ging schließlich auch um „das Wissen um Zehntausende amerikanischer Soldaten, die als leicht verfügbare Probanden während des Kalten Krieges in medizinischenVersuchen des US-Militärs und der CIA an der heißen medizinischen Heimatfront Gesundheit und Leben verloren hatten“. Ein Agent reflektierte später seine CIA-Zeit: „Habe ich je darüber nachge dacht, was mit unvorbereiteten Menschen geschehen könnte, denen diese Sub stanzen verabreicht wurden? Nein, ganz bestimmt nicht. Hätten mir damals alle Informationen zur Verfügung gestanden, so hätte das nichts an meiner Ein stellung geändert. Wenn ich da Skrupel gezeigt hätte, wäre das nur ein Beweis gewesen, daß ich für den Job nicht geeignet sei. Mir kam dabei nichts sinister oder todesgefährlich vor, es war alles Teil der Untersuchungen.“ Bei Eigenver suchen schnitt die Substanz oft nicht gut ab, die berufsmäßige Paranoia er lebte Höhenflüge. Ein Beamter erklärte geschockt: „Es war unter dem Einfluß schwer, sich weiter als US-Bürger — my country, right or wrong — zu fühlen. Man befand sich auf einer höheren, globaleren Ebene, auf der die Brotherhood aller Menschen wichtiger wurde, als die Bürger eines einzelnen Landes.“ Die Chemie-Abteilung der Armee nannte ihre waghalsigen LSD-Experimente Tests. Bis Mitte der 60er Jahre sollen sich hierfür mehr als 1.500 Personen zur Verfügung gestellt haben, die vorab ausreichend informiert gewesen sein sollen. Laut Amendt soll auch der Begriff Trip damals vom Militär übernom men worden sein. Nachdem unter dem Freedom of Information Act immer mehr Fakten bekannt wurden, geht man heute davon aus, daß die Armee damals 7.000 Menschen in den USA und auf ihren Stützpunkten im Ausland unvorbereitet und unwissend
38
auf Drogentrips (Meskalin, BZ, u.a.) schickte. Der ehemalige Armee-Forscher Weintraub erzählte 1976, daß die Soldaten, denen mitunter 600 Mikrogramm LSD verabreicht wurden, vorab nichts über die Art der Versuche erfuhren. Ähnliche Tests wurden auch vom französischen und britischen Geheimdienst MI 6 durchgezogen. Erst im Jahr 2006 sah sich die britische Regierung ge zwungen zuzugeben, daß jene Versuche wirklich nicht mit informierten und willigen Probanten durchgeführt wurden und mußte einigen von ihnen nach träglich Entschädigungen zahlen; mehr dazu später. Es verwundert den freigeistigen Test-Erfahrenen nicht, daß der Anteil von Horror-Trips unter den vorgegebenen Umständen sehr hoch war: eine sterile Umgebung, kaltes Neonlicht, Lügendektoren, Psychiater, Techniker und Hypnotiseure bestimmten Set & Setting; wiederholt wurden Probanten wäh rend ihres Trips auch gefesselt, Belastungstests ausgesetzt und mit Elektro schocks ‘desensibilisiert’. Es gebe nur einen „operativ realistischen“ Weg, Drogen zu testen, erklärte CIA-Direktor Richard Helms später, „das Experiment an ahnungslosen Men schen“. Nick Bercel erzählt die Geschichte, wie ein CIA-Mitarbeiter von ihm wissen wollte, wieviel LSD es bräuchte, um das Trinkwassersystem einer Stadt wie Los Angeles zu kontaminieren. „Das würde nicht klappen, denn LSD wird in gechlortem Wasser inaktiv“, war seine Antwort — ohne, daß er über ent sprechende chemische Abläufe sicher war. Viele der Drogenuntersuchungen wurden aber nicht in den CIA-Labors und — Safehouses selbst durchgeführt, sondern über Stiftungen und Direktauf träge an 88 Experten vergeben. 86 Universitäten und Colleges (z.B: University of Illinois, University of Minnesota,) und viele Spitäler (z.B: Mount Sinai Hospital, Boston Psychopatic Hospital, Valley Forge General Hospital, Detroit Psychopatic Clinic, Mayo Clinic, National Institue of Health, wo Krebskranke für Tests gebraucht wurden) experimentierten mit. Jene — nicht nur — CIAÄrzte verstießen permanent gegen jeden Ehrenkodex der Medizin, wie den Hip- pocratischen Eid und den Nürnberger Kodex. Den Drogensklaven wurde weder erklärt, worum es den Forschern ging, noch wurde vorab ihr Einverständnis eingeholt. Es gab keine Nachbetreuung. Viele litten lebenslang an Psychosen, einige starben an ‘Nebeneffekten’. Die Großen Brüder wollten einfach nur wis sen, wie man Menschen in einen kontrollierbaren Zustand bringen konnte. Es ist nicht bekannt, ob der Direktor des Lincoln Park Zoos in Oklahoma City, Warren Thomas, Verbindung zu entsprechenden staatlichen Stellen hatte,
39
doch sein Experiment vom Freitag, den 3. August 1962, paßte nahtlos. Der New Scientist (Nov. 2007) setzte ihn an Stelle 1 der 'verrücktesten wissenschaft lichen Experimente aller Zeiten — The whacko files’. Thomas fixte dem Elephanten Tusko 297 Milligram LSD, das 3000fache einer menschlichen Dosis. Tusko drehte durch, trompetete einige Male laut — und starb innerhalb einer Stunde. Der Versuch wurde nie wiederholt. Ärzte der Army waren jedoch bis in die späten 1970er aktiv in LSD-Versuchen mit Menschen involviert. Allein vier Nebenprojekte von MK-ULTRA befaßten sich mit Kindern, zu ihren Versuchsobjekten [!] gehörten auch junge Kinder, zwischen fünf und elf Jahren. Zu den ausführenden Ärzten gehörten Präsidenten der American Psychiatric Assoc., wie Dr. Ewan Cameron.
Die Stimme eines Opfers: CAROL RUTZ Die CIA kaufte die Nutzungsrechte an mir 1952 von meinem Großvater, als ich gerade einmal vier Jahre alt war. Im Laufe der folgenden 12 Jahre wurden Tests an mir ausgeführt, ich wurde auf unterschiedliche Weisen trainiert. Man setzte Elektroschocks, Drogen, Hypnose, Reizentzug und andere Arten von Traumata ein, um mich willfähig zu machen und meine Persönlichkeit zu spalten, in mir multiple Persönlichkeiten für spezifische Aufgaben zu kreieren. Jede dieser Persönlichkeiten sollte auf post-hypnotische Trigger reagieren, entsprechende Taten erledigen — an die ich mich anschließend nicht mehr erinnern konnte. Dieses Programm der Man- churei-Kandidaten’ war nur eine der experimentellen Szenarien der CIA, die von den hart verdienten Steuer-Dollar der Bürger finanziert wurde. Als eine der Überlebenden dieser Bluebird/Artichoke/MK-ULTRA-Programmme begann ich 48 Jahre nach diesen Experimenten eine intensive Suche nach Do kumenten, die meine Mind Control Erlebnisse bewiesen, und ich wurde in den deklassifizierten Ex-Geheim-Dokumenten fündig. Da hieß es u.a.: „Es kommen Lern-Methoden zum Einsatz, die das Subjekt für ihre Aufgaben auf verschiedene Weisen belohnt oder abstraft. Dazu gehören Elektroschocks etc. In anderen Fällen werden Drogen und psychologische Tricks angewendet, um grundsätzliche Einstel lungen auch unterstützt durch Hypnose zu modifizieren. “ So fand ich in Regie rungsunterlagen die Bestätigungen, nach denen ich gesucht hatte. Unglaublich? Unter www.WantToKnow.info/nationbetrayed10pg. findet man eine zehnseitige Zusammenfassung der Geschichte von Carol Rutz und ande ren. Sie kann ihre Geschichte offensichtlich durch inzwischen deklassifizierte Dokumente der CIA beweisen.
40
Es wird Jahrzehnte dauern, bis, falls überhaupt, die Praxis der US-Army und ähnlichen Bruderschaften aus der heutigen Zeit öffentlich gemacht werden. Fragen dazu gibt es schon viele. Noch ungeklärt ist die Dosierung der oder einiger der 700.000 US-Teilnehmer der Operationen Desert Shield und Desert Storm. Klar ist, daß es dort verschiedene Impfungen an allen Gis gab, die nicht vollständig erklärt wurden. Fachleute behaupten, daß diese Impfungen bei vie len Soldaten gesundheitliche Langzeitschäden verursacht hätten. Veteranen mit Gesundheitsproblemen fanden heraus, daß sie die Army nicht verklagen kön nen, da es keinerlei Aufzeichnungen über diese Impfungen bzw. die benutzten Impfstoffe gibt. Wie konnte es sein, daß selbst noch in heutigen Zeiten die FDA ihre Einwilligung gab, die Desert Storm Soldaten ohne ihre Einwilligung mit bis dato in Kriegseinsätzen ungetesteten Substanzen abzufüllen? George W. Bush hat es seineszeichens unterlassen, ein rechtlich bindendes Zusatzprotokoll zur Überprüfung der internationalen Biowaffen-Konvention zu unterzeichnen — denn in diesem Falle hätten die USA ihre Militär-Labors von internationalen Experten überprüfen zu lassen. Der damals zuständige Verteidigungsminister: Donald Rumsfeld. Die CIA kam in ihrem Bestreben der Schaffung einer aus ihrer Sicht si cheren Welt auch auf so manche — drogenfreie — kreative Idee. So zweigte sie hunderte von Millionen $ aus dem Marshallplan ab, um anti-kommunistisch kulturell zu wirken. So sorgte sie dafür, daß sich das Ende der Filmversion von Orwells Animal Farm von der Buchversion unterschied: nehmen im Buch die Schweine menschliche Züge an, so gibt es im Film einen Aufstand gegen die Schweine. Schon damals kommentierte The Guardian: „Das hätte Orwell sicherlich nicht gefallen“. Ähnlich wurde das Ende der Verfilmung seines Ro mans 1984 im Jahr 1956 manipuliert. Im April 2002 plauderte der ehemalige CIA und FBI-Direktor William Webster über ein Wahrheits-Serums-Programm, um die Zungen von in Guantanamo inhaftierten Mitarbeitern Osama bin Ladens so lockern. Und all dies nur, um Kulturdefizite des Landes auszugleichen? „Dieses Land hat kein Kultus-Ministerium, so war die CIA geradezu genötigt, diese Lücke so gut wie möglich zu füllen“ , so George Kenanan, Leider des CIA-Planungsstabes ‘Politik’
41
Notiz von Pierre aka ,Der Pirat an Harry Ainslinger
42
Forscher, Doppelagenten & Schein-Heilige Jean-Pierre Lafitte (aka 45 bekannte Aliasse)
„Mir war nie nach Popularität, das Suhlen im Scheinwerferlicht behagte mir nicht. Ich hatte schon in frühen Jahren erlebt, was so ein Spotlight mit einem Menschen machen kann. Ich wollte nur ein gutes Leben führen. Ich wollte das Leben bis zum Anschlag genießen, ein ausgefülltes und glückliches Leben. Vielleicht bin ich dies im Vergleich zu anderen sehr eigen angegangen, aber ich bereue nichts. Ich habe mein Leben enorm vergnüglich genossen.“ Jean-Pierre Lafitte, 1974 Agenten, Doppelagenten, Tripleagenten, Ganoven — erstaunlich wie viele Indiana Jones-artigen Schattengestalten uns umgeben. Beim einmaligen Lesen von Albarellis Wälzer lassen sich all die Namen, TarnNamen & CodeNamen nicht merken, man schafft es nicht, all die Querverbindungen und A-Sozialen Netze zu überblicken. Doch auch in dieser Welt gibt es herausragende Per sonen, wie in dieser Geschichte Jean-Pierre Lafitte, über den — und seine 45 bekannten Aliasse — man sicherlich mehrere Bücher füllen könnte. Also wie anfangen? Zum Beispiel mit Col. Van Deman, 'the father of American Military Intelli gence', später auch CIC genannt, der während des 1. Weltkrieges Mitarbeiter mit extrem ausgefallenen Profilen suchte — und u.a. einen französischen Tee nager aus Lousiana fand, dessen Name: Jean-Piere Lafitte. Weitere Personen im damaligen Umfeld: George White, Garland Williams, ja, gar der spätere DrogenZar Harry Anslinger — über ihn gleich mehr; Williams baute geheime Ausbildungszentren auf, u.a. im staatlichen Pennsylvania Hotel, dem später in Statler Hotel umbenannten Todesort Olsons. Lafitte blieb während des Krieges in Europa, arbeitete in vielen Verkleidungen, u.a. als Sous Chef (Chefkoch) und Drogenkurier. In den 30er Jahren trat er der französischen Fremdenlegion bei, desertierte aus dieser nach eigenen Angaben sechs Mal. Lafittes Geburtsdatum schwankte zwischen 1902 und 1907, doch wurde nie geklärt, ob er aus Lousiana, Belgien, Korsica oder sonstwo stammte. Sehr jung lebte er drei Jahre in Marseilles auf der Straße, verdingte sich dann aus ganz praktischen Gründen — „da war es immer warm und es gab was zu essen“ — als Küchenhilfe und entwickelte sich schon mit 14 zum Spitzenkoch. In seiner Freizeit freundete er sich mit Gestalten wie Joseph Orsini und Francois Spirito an, mit denen er in folgenden Jahrzehnten so manches Ding drehte. Die Beiden
43
galten in den 30ern als Herrscher der Marseiller Unterwelt und betrieben das French-Connection Heroin-Vertriebsnetz zwischen Süd-Amerika, Deutsch land, Indochina, Ägypten. Lafitte gab an, damals für andere Großdealer — auch im Menschenhandel — gearbeitet zu haben. Zu jener Zeit wurden viele französische minderjährige Frauen mit falschen Ausweisen ins Ausland gelockt, dort verkauft, und diese Ausgaben’ mußten sie für ihre neuen Besitzer durch Prostitution erarbeiten. Später war er Gehilfe des legendären Meyer Lansky. Auf Anslingers Wunsch hin wurde Williams Director of Special Training für das OSS, FBI, Secret Service u.a.; unter seinen Schützlingen in den frü hen 40ern: Lafitte. Dessen Spezialität waren Sprachen, fünf fließend, weitere verstand er, Tarnung und die Fähigkeit, in alle Kreise einzudringen und silent killing. Lafitte hielt sich immer wieder in Kuba auf, unter anderm mit seinem alten French-Connection-Freund Battisti. Mit diesem war er vormals viele Jah re nicht nur im internationalen Drogen-, sondern auch Mädchenhandel & in Prostitutionsringe verstrickt. In Kuba spielte Battisti den angesehenen Hotelier, mit Gästen wie Sinatra, Caruso, Graham Greene & Luky Luciano. Just als Lumumba ermordet wurde, hielt sich Lafitte im Kongo auf. Immer wieder taucht sein Name in Verbindung mit, hm, Unregelmäßigkeiten auf. 1952 wurde z. B. aus einer Kirche in Kentucky ein wertvolles Gemälde The Flaying of St. Bartholomew gestohlen. Unter den drei verhaftete Dieben war auch ein Gus Manoletti, der jedoch vor Gericht seinen Namen als Jean-Pierre Lafitte angab. Er sagte aus, das Gemälde im Auftrag des FBI von den Dieben unbewiesenerweise zurückgekauft zu haben und durfte gehen. 1969 nahm das FBI Lafitte wegen einem $400.000-Betrug fest; nur wenige Tage später wurde er von einem Gericht wieder in Freiheit entlassen und verschwand für fünf Jahre von der Bildfläche. „Ich habe mich nie als Betrüger verstanden. Ich war ein erstklassiger Hoch stapler! [...] Nur den White Slavery Trade (Frauenhandel) machte ich nicht gerne, das ist etwas, was ich rückblickend bedaure.“ Kollege White meinte Jahre später bewundernd: „Er hat Sachen gemacht, bevor sie erfunden wurden. Er war kein Verkleidungskünstler, sondern ein Chamäleon. Er konnte sich vor deinen Augen verändern — vom Guten zum Bösen, vom Intellektuellen zum Tölpel, vom Penner zum Polizisten u.v.a.m....“
44
Dr. Sidney Gottlieb Sidney kam 1918 als Joseph Schneider, Sohn armer, aus Ungarn eingewan derter orthodoxer Juden in N.Y.s Lower East Side mit zwei Klumpfüßen zur Welt zur Welt. Er lebte mit seiner Frau Margaret und ihren vier Kindern lange auf einer kleinen Farm in Virginia, auf der sie Ziegen züchteten und ihr Ge müse anbauten und lange Zeit kein fließend Wasser besaßen. Am 13. Juli 1951 wurde er vom CIA angestellt. Seine Kollegen schätzten sein Privatleben und seine Einstellung als etwas ‘seltsam’ ein; einige meinten, er sei ein ‘Freidenker’, andere nannten ihn ‘Dirty Trickster’ und ‘Schwarzmagier’. Er beschäftigte sich z. B. eingehend mit östlichen Religionen — aber niemand zweifelte an seiner fachlichen Brillianz und seiner Loyalität. Ein damaliger Mitarbeiter: „Im Rück blick ist das schon ziemlich verblüffend. In vieler Hinsicht lebte Sid schon im Stile der Gegenkultur, lange bevor jemand wußte, daß es mal eine geben wird.“ Gottlieb befreundete sich mit Allen Dulles, einem weiteren Klumpfüßler. Beide mußten sich in ihrer Kindheit anhören, daß sie einen ‘Pferdefuß des Teufels’ trügen. Gottlieb stieg schnell zum Chef der Chemischen Abteilung für verdeckte Operationen auf. In einem Gespräch mit Albarelli gab er an, ‘mindestens 30mal’ LSD genommen zu haben. Doch noch mehr teilte er aus. So wurde er Jahre später angeklagt, 1952 in einem Cafe in Paris dem US-Bürger und Ma ler Stanley Milton Glickman ohne dessen Wissen mit LSD gedopt zu haben. Glickmans Bilder hingen in der Wohnung von Nelson Rockefeller und im New Yorker Metropolitan Museum ofArt. [Quelle: Russ Baker: Acid, Americans and the Agency — The Observer,14 February 1999] Ein verstörter Glickmann verbrachte 8 Monate im Amerikanischen Hos pital von Paris und blieb 25 Jahre in psychiatrischer Behandlung. Jahrzehnte hatte er keine Ahnung, was mit ihm geschehen war (wurde!), bis ihn seine Schwester 1977 anrief und auf die im TV gezeigte Senats-Anhörung über die CIA-LSD-Experimente aufmerksam machte. Erstmals wurde zugegeben, daß die CIA hunderte unwissende, unschuldige Bürger als unfreiwillige LSD-Versuchskaninchen mißbraucht hatte. Glickman war schockiert; erst recht, als ihn ein Nachbar auf den Fall Frank Olson ansprach. Der Nachbar erwähnte auch diesen „humpelnden Sidney Gottlieb“, der „hat sicherlich mit diesem OlsonFall zu tun gehabt. Du solltest ihn Dir näher ansehen.“ Glickman erkannte Gottlieb Jahrzehnte später wieder: an dessen Gang.
45
Glickman malte nie wieder und starb 1992. Seine Schwester kämpfte um Aufklärung seines Falles. Zwei Wochen, bevor Gottlieb vor einem Gericht als Angeklagter stehen sollte, starb er an ungeklärter Ursache. Seine Leiche wurde umgehend verbrannt. Gottlieb richtete auch das Konto ein, von dem MK-ULTRA-Mitarbeiter und andere bezahlt wurden. Im November 1953, dem Monat in dem Frank Olson ums Leben kam, erhielten Col. George Hunter Whites Team $3.800 für ‘erledigte Aufgaben’. Harold Abramson erhielt für den selben Zeitraum $5.200. Whites Konto war bei der Exchange & Investment Bank in Genf, die zu Meyer Lanskys Imperium gehörte. Whites Assistent Ira Feldman betätigte sich als Zuhälter, wobei die Frauen mit Gutscheinen, die sie beispielsweise bei einer Verhaftung einsetzen konnten, und Heroinsüchtige mit Heroin für die Teilnahme an Experimenten belohnt wurden. Die Tonbänder und Fotos der Safehouses dienten gleichzeitig dazu, Erpressungsmaterial zu beschaffen, so dass sich die Testopfer nicht wehren konnten. Man weiß heute, daß Gottlieb in mindestens fünf Attentatsversuche, u.a. an Castro und Lumumba, involviert war. Ab 1973 arbeitete er für die oberste Dro genbehörde (DEA), ein Jahr später trat er mit seiner Frau eine längere Asienreise an und arbeitete anschließend als Arzt an einer Lepra-Klinik in Neu Dehli. 1953 war Gottlieb u.a. Chef von Robert Lashbrook, Frank Olsons letztem Zimmergenossen. Als White Ike Feldman als neuen CIA-Mitarbeiter in Camp Detrick einwies, kam das Gespräch auch auf Frank Olson. „Ike, Du weißt was sie mit einem machen, der zu viel quatscht? Sie werfen ihn aus dem Fenster.“ 1997 kommentierte Gottfried den freigeistigen Gebrauch von LSD: „Nach meiner Ansicht war dies keine gute Entwicklung. LSD ist keine Freizeit-Droge; sie war nie dazu gedacht, zum Vergnügen oder Spaß genommen zu werden“. Es würde den Rahmen dieser Publikation sprengen, wenn ich hier nun alle Schlüsselgestalten der Geschichte(n) genauer vorstellen würde, so belasse ich es bei zwei, dreien, wie z. B. Dr. Harold Abramson. In der 1952er Ausgabe von Who’s Important in Medicin läßt sich einiges über den Weg von Dr. Abramson erfahren. Seinen MD erhielt er 1923, ging 1926/7 ans Berliner Kaiser WilhelmInstitut. Im 2. Weltkrieg arbeitete er für den Chemical War Service (CWS) und anschließend für die CIA. Er stellte Dr. Margaret W. Ferguson ein, die Albarel li im Jahr 2000 ein Interview über die LSD-Versuche von Abramson gab: „Wir begannen mit 60 Mikrogramm, erhöhten dann auf über 100. Ich glaube nicht,
46
daß wir die 150 überschritten“ - und auch über Dr. Gottliebs wiederholte An wesenheit. An Frank Olson konnte sie sich nicht konkret erinnern. Mit ihrem Buch The Aquarian Conspiracy publizierte Ferguson schon 1970 eine Klassiker des 'Wassermann-Zeitalters’, heute kurz New Age genannt. Das Buch erschien 1980 auf deutsch: Die sanfte Verschwörung, Eine Vision des Wassermann-Zeital ters. Später gab sie das einflußreiche Brain/Mind Bulletin heraus. heraus. Während der 50er Jahre hielt Abramson regelmäßige LSD-Sitzungen in aus gesuchten, vertrauten Kreisen ab. „Diese LSD-Partys fanden lange vor den Hip pieevents der 60er und 70er statt, aber sie waren genau so wild und verrückt, mit Sex und allem was sie sich so vorstellen können“, berichtete ein ehmaliger Kollege Abramsons. Harold Abramson hatte ein Faible dafür, anderen Menschen das LSD-Erlebnis zukommen zu lassen. Unter seinen vielen privaten Versuchskaninchen befanden sich Margaret Meads ExEhemann Gregory Bateson und Allan Gins berg. Indirekt kam auch Ken Kesey, jeweils Dienstags, so zu seinen ersten Trips. Nur 6 Wochen später kaufte er sein erstes Marijuana, 6 Monate später arbeitete er in der Psychiatrie und diese Erfahrungen verarbeitete er dann unter dem Titel One flew over the cuckoo’s nest. Mehr zu Kesey & Kollegen später. Dr. Robert Hyde
Der erste US-Tripper war der Mediziner Robert Hyde aus Boston. Wie viele seiner Kollegen ging er davon aus, daß das LSD-Erlebnis helfen könne, Men schen mit psychischen Problemen besser verstehen zu können. Er entwarf als Erster ein multidisziplinäres Programm, unter Einbeziehung von Psychiatern, Psychologen und Physiologen. Sie, wie auch freiwillige Patienten dienten als ihre eigenen Versuchs- und Beobachtungsobjekte. Sie kamen in ihrer For schung so weit, daß MK-ULTRAs auf sie aufmerksam wurden und eigene Vorschläge mit einbrachten. Seine Kollegen wußten nicht, daß Dr. Hyde auch als CIA-Berater in ver deckten Operationen Geld verdiente. Ein CIA-Kollege über Hyde: „Wir mach ten ihn mit Einzelheiten eines Falles bekannt und er spekulierte. Als genau beobachtender Mediziner der Alten Schule nahm er Blickwinkel ein, die an deren Ärzten verwehrt bieben. Er besaß ein gutes Gespür für das Machbare.“ Für Hyde tat sich eine weitere Einkommensquelle auf, als er 1954 verdeckt Drogen für die CIA einkaufte, u.a. Corynanthine, einem möglichen Antidod gegen LSD, für $32.000.
47
Bob Hyde starb 1976 im Alter von 66 Jahren. Sein Ruf als verdienter Ent wickler neuer Psycho-Therapien überlebte ihn. Seine Kollegen aus allen Gebie ten sprachen sowohl über den privaten wie professionellen Hyde einmütig po sitiv. Wie viele seiner Generation scheint er der CIA aus patriotischen Motiven heraus gedient zu haben. Dr. Ewen Cameron
Erst 1984 durch die CBS Nachrichtenshow The Fifth Estate erfuhr die Öf fentlichkeit, daß Dr. Cameron, zeitweilig Präsident der Amerikanischen, Kana dischen und World Psychiatrix Association bekannt, auch auf der Gehaltsliste des CIA stand ($64.242,44) und, für viele noch schockierender, die kanadische Regierung über jene Drogen-Umtriebe Bescheid wußte, ja, sogar $57.750 in sie investierte. In Montreal testete der Psychiater Ewen Cameron seit den ‘30er Jahren langjährige und mehrstufige menschenverachtende Bewusstseinsmanipulationsprogramme, später auch (MK/ULTRA Subprojekt 68) mit massiven Elek troschocks, Dauerbeschallungen in Isolationszellen, dem nervenlähmenden Curare, Schlafmitteln und LSD an ahnungslosen Patientinnen. Schizophrene Patienten wurden z. B. gezwungen, nackt bis zu acht Monate lang acht Stun den täglich unter rotem Licht zu liegen. Für MK-ULTRA quälte er mit einer Vielzahl sehr eigener Foltermethoden 332 Menschen. Linda McDonald war 1963 eine von ihnen. Die Stromstärke der an ihr ausge führten Elektroschocks überstiegen die erlaubte Höchstgrenze um das 76fache. Cameron gelang es, die menschlichen Erinnerungsfestplatten im Gehirn kom plett zu löschen. Bis auf den heutigen Tag kann McDonald sich an nichts erin nern, was ihr Leben vor 1963 ausmachte. Als gelernte Krankenschwester war sie plötzlich radikal desorientiert, wußte weder ihren eigenen Namen, noch er kannte sie ihre Kinder und ihren Ehemann wieder. Sie wußte nichtmals mehr, was ein Ehemann ist. Alle persönlichen Aufzeichnungen Camerons MK-ULTRA Aktivitäten ver nichtete Camerons Familie nach seiner tödlichen Herzattacke beim Bergstei gen 1967. Nachdem diese Tests bekannt wurden, einigte sich die Regierung mit 127 Opfern und zahlte 1984 jedem von ihnen, auch Linda McDonalds, $100.000 Entschädigung.
48
Dr. Harris Isbell
Als Direktor des Addiction Research Center in Lexington, Kentucky er forschte Harris Isbell im Auftrag der CIA die ‘chronische Giftigkeit und Tole ranz von LSD’. Dort wurden ihnen zwei ganze Gefängnisflügel zur Verfügung gestellt, um z.B. sieben Insassen an 77 aufeinander folgenden Tagen LSD zu verabreichen. Den Opfern, vorwiegend schwarzen Drogensüchtigen, wurde als ‘Belohnung’ eine Verkürzung ihrer Haftzeit oder gar etwas von ihrer Lieb lingsdroge versprochen. Nach 42 Tagen kam es laut Dr. Isbell zu einer „höchst ungewöhnlichen Drogentoleranz“ — also wurde die Dosierung erhöht. Für ihn war dies nur ein Experiment von vielen: „Ich habe sieben Patienten, die nun schon seit 42 Tagen LSD bekommen. Sie zeigen die überwältigendste Dro gentoleranz, die ich je gesehen habe.“ Mit dreifachen und vierfachen Dosen versuchte er diese Toleranz-Barriere zu durchbrechen. Erfolglos. Er arbeitete mit Wissen der obersten Gesundheitsbehörde unter dem Deckmantel eines Navy-Angehörigen und publizierte seine Erkenntnisse, ohne zu erwähnen, wie er an seine Versuchspersonen gekommen war. Isbell ließ z. B. neun Schwarzen LSD verabreichen, sie in Betten liegen und maß stündlich ihre Werte und Reaktionen: Blutdruck, Kniereflexe, Rektaltem peratur, genaue Werte der Augenpupillen etc.p.p. Psychische Befunde wurden halbstündlich dokumentiert. Nach einer halben Stunde setzte meist die Angst ein, die bis zu extremen Todesängsten führte. Die Menschen nahmen sich oder ihre Gegenüber nur noch als blutige Skelette wahr. Zwei der Opfer hatten das Gefühl, von außen kontrolliert zu werden. Die Datenstapel der Experimente häuften sich, doch weder Zauberpilze noch LSD erwiesen sich als gutes Material für oder gegen Spione. Diese Tripper waren nicht zum Gleichschritt geeignet, auf der Realitäts-Skala stellten sie sich als definitiv nicht-effektiv heraus. Ein anderer Hoffman
In den 50er Jahren forcierte die CIA ihre Erforschung von Pflanzen mit töd lichen und/oder halluzinogenen Wirkungen. Forscherteams suchten, lokalisier ten, sammelten und katalogisierten Proben aller ‘verdächtigen’ Pflanzen. 1951 wurde Dr. Friedrich Hoffman Chef dieser suchenden Biologen. Hoffman, ein excellent ausgebildeter Chemiker, war als ehemaliger Nazi 1949 heimlich in die USA überführt worden, um für die CIA in Fort Detrick an der Entwicklung von Nervengasen wie Tabun und Sarin teilzunehmen. Zu jener Zeit arbeitete
49
auch Frank Olson in Fort Detrick in einer Position, die ihn mit Hoffman zusammenbrachte. Zehn Jahre später führten dessen Bemühungen zur Gründung der vom CIA kontrollierten Amazon Natural Drug Co. (ANDCO). Diese importierte nach Aussagen damaliger Mitarbeiter „hunderte von Containern mit halluzinogenen Pflanzen“ in die USA. „Sie fütterten Affen mit Nahrung, die mit dem Pulver zerstoßener Pflanzen aus dem Amazonas angereichert war, um zu sehen, ob man sie dazu bringen könne, sich gegenseitig umzubringen.“ Harry Anslinger war kein Chemiker oder Forscher, doch ihm verdanken wir einen kleinen Einblick in deutsche Geschichte wie auf die Wurzeln der globalen ‘Drogen’Hysterie der vergangenen Jahrzehnte bis in die Gegenwart. Anslinger war laut eigener Aufzeichnungen des Deutschen kundig und 1918 als UnderCover-Agent u.a. im Umfeld von Kaiser Wilhelm II tätig. Er selber erklärte: „Am Tag bevor Kaiser Wilhelm II seinen Rücktritt erklärte, wurde ich von meinem Vorgesetzten, dem amerikanischen Botschafter in Holland, nach Den Haag gerufen. Er eröffnete mir, daß der Kaiser zurücktreten, und Holland ihm Asyl gewähren würde.“ Doch US-Präsident Wilson wollte auf keinen Fall, daß der Kaiser zurücktrete, jemand müsse ihn dringlichst vom Rücktritt abraten. Anslinger schien mit seinen Deutschkenntnissen genau der richtige Mann für diesen Job. Er bluffte sich bis zu einem Berater des Kaisers namens Knauff durch, dieser erklärte: „Ich habe ja versucht, den Kaiser von diesem Schritt abzubringen, aber er ließ sich von dem leiten, was seiner Meinung nach Wilson von ihm erwar tete“, antwortete Knauff. Scheidemann, ein deutscher Sozialist, habe den Kaiser darauf hingewiesen, daß er sich dem Willen Wilsons fügen müsse. Aber dann hatte ein amerikanischer Journalist im Suff Stuß geredet, einfach behauptet, Wilson fordere den Rücktritt. „Aber Wilson will doch diesen Rücktritt garnicht!“ — „Davon wissen wir nichts. Unser Botschafter in Den Haag glaubt diesem Journalisten und der Kaiser glaubt dem Botschafter. Vielleicht ist diese Information ja mehr von Alkohol getränkt, als von der Wahrheit. Vielleicht hat dieser Journalist ja nie mit Wilson geredet, aber wir können das von hier aus nicht abschätzen“, erwiderte Knauff. Anslinger verbrachte in der Folge einige Jahre als Agent in Hamburg.
50
Am 25. September 1930 ernannte Präsident Hoover Harry J. Anslinger zum Inhaber eines neu erfundenen Jobs: Commissioner of Narcotic Drugs. Er selber bezeichnete sich gerne als ,der größte lebende Experte des internationalen Drogenhandels’. In den Jahren 1934 und 1935 gelang es Anslingers Leuten nicht, auch nur einen einzigen größeren Opium- oder Heroin-Dealer festzunageln. Anfang der 30er nahmen die Opium- und Morphiumimporte rapide ab und wurden durch das leichter transportierbare Heroin ersetzt. 1934 beschlagnahmte man schlappe 35 Kilo. Trotzdem blieb Harry im Amt. Er konnte absolut charmant und überzeu gend wirken, aber das war nicht der Grund, warum er auf seinem Stuhl blieb. Er hatte sich nämlich auf einem Nebengebiet fest installiert. Wollte man zuvor eine neue Droge, z.B. ein Schmerzmittel neu einführen, gab es eine Regierungs kommission, die hierfür die Genehmigung erteilte. Diese wurde aber 1930, mit Bildung des Narcotic-Bureaus abgeschafft, und die Entscheidungsgewalt über die Einführung neuer Substanzen unterlag plötzlich einzig Mr. Anslinger. Nur er allein hatte zu bestimmen, wer im Drogen-Monopoly mitspielen durfte. Im Jahr 1936 waren es nur noch acht Firmen, darunter Merck, Hoffman-LaRoche und Eli Lilly. Harry dachte wohl, es sei einfacher und praktischer, eine kleine Gruppe großer Firmen zu kontrollieren, als eine große Gruppe kleiner Firmen. Jedesmal wenn er z. B. Gutachter in irgendeinem Drogenfall brauchte, bekam er diese von der PharmazieLobby gerne zur Verfügung gestellt. So schützte er die Pharmazie auch vor der Legalisierung bis dato (bzw. heute) ‘illegaler Dro gen’, vor allem auch vor jenem Kraut, das sich jeder auf dem Balkon ziehen kann. Um so größer das Geschäft mit den legalen Drogen. So einfach ist das im Kapitalismus. Anslinger ging es nicht gut. Zu seinem Horror fielen ihm die Haare bü schelweise aus. Sein Chef war unzufrieden mit ihm, obwohl er immer wieder geschickt Schreckensmeldungen in der Presse zu lancieren wußte und sich oft als ,Held der freien Welt’ abbilden ließ. Einige Zeit hielt ihn eine Kampagne gegen gedopte Rennpferde über Wasser. Der Druck auf Anslinger nahm zu. Am 1. April ,35 erlitt er einen Nervenzusammenbruch und wurde für mehrere Monate außer Gefecht gesetzt. Es mußte etwas grundlegendes geschehen, sonst würde er seinen Job verlieren. Es geschah etwas für Millionen von Erdenbürgern verhängnisvolles: Anslin ger entdeckte das Marijuana. Bis auf den heutigen Tag bedeutet diese, seine
51
Entdeckung für viele, viele harmlose Menschen auf dem ganzen Globus ein halbes Leben voller Paranoia. Ihm rettete sie seinen Job. 1937 wurde Marijuana in den USA als Teufelsdroge illegalisiert. Beim Jazzer Mighty Mezz Mezzrow handelte es sich um einen speziellen Feind Anslingers. Über dessen Buch Really The Blues schnaubte er empört: „Das Machwerk verschweigt die gefahrvollen Aspekte des Kiffens, glorifiziert Marijuanagenuß und anderen Drogengebrauch. Das Buch stinkt förmlich nach Siff. Ich kann einfach nicht glauben, daß so eine Propagandaschrift für die Drogensucht über Nacht ein sensationeller Bestseller werden konnte.“ Wiederholt versuchte Anslinger vergeblich, Spitzel in die in sich geschlossene Jazz Szene einzuschleusen, doch konnte wohl keiner von ihnen ein Instrument spielen. Nach dem 2. Weltkrieg, aus dem ja viele Soldaten als Morphinisten und Speedfreaks heimkamen, entstand der Thriller To the Ends of the Earth, der bei uns unter dem Titel Opium lief. Drogenphobiker Anslinger went Hollywood: Er erhielt eine ,aufklärende’ Sprechrolle (sonst hätte der Film nicht gedreht wer den dürfen). Es ging um asiatische Opiumringe, von denen Harry J. behaupte te, daß „diese fernöstlichen Produzenten das Opium als eine Waffe benutzen, um die Welt zu teilen und die Völker versklavt zu halten“: Ein japanisches Schmugglerschiff wird verfolgt, hunderte von chinesischen Kulis werden über Bord geworfen, damit es entkommen kann. In Shanghai kommt es zu einer Liebesszene, in Ägypten werden Kamele durchleuchtet, ob sie Stoff im Magen transportieren... 1958 wurde er gar als der ,zweifelslose Führer im Kampf gegen den Miß brauch narkotischer Drogen in der Welt’ für den Nobelpreis vorgeschlagen. Nebenbei veränderte er eine ganze Nation bis auf den heutigen Tag. Nirgendwo auf der Welt sitzen mehr Menschen im Gefängnis als in den USA. Harry sei Dank. Bis zu seinem Ende sah er den Feind immer in farbigen Drogenkonsumenten. Die aufkommende Bewegung weißer bürgerlicher Hippies verstand er nun überhaupt nicht mehr. LSD? Das hatte er doch schon in den 50er Jahren er folglos für militärische Zwecke testen lassen. Erste Studien 1951 schienen sehr verheißungsvoll, man hoffte schon, den Heiligen Gral gefunden zu haben. Ein CIA Agent meinte später: „Wir glaubten zuerst, daß man hiermit das Ge
52
heimnis des Universums entschlüsseln könnte.“ Nun, weder das Militär, noch Anslinger konnten das. Vielen Hippies schien es dafür zu gelingen. Anslinger war in die Drogen-Aktionen der CIA eingeweiht und unterstützte sie. Die frühen 50er waren ja auch die Zeit der Kalten Krieger um McCarthy. Dieser selbst stand hinter der Freilassung und Freisprechung von Kriegsverbre chern, die nach dem Krieg im KZ Dachau eingesperrt waren, wie die Generäle Fritz Kraemer, Sepp Dietrich oder Hermann Priess. Vormals war er ein explizite Bewunderer Adolf Hitlers und besuchten das Dritte Reich regelmässig, dann wurde er ein hochgradiger Verschwörungsfall: „Die aktuelle Lage der USA kann bloss das Resultat einer grossen Verschwörung sein, einer Verschwörung von solchen immensen Ausmassen, dass sie alle vorherigen Projekte dieser Art in der Geschichte in den Schatten stellt. Eine Verschwörung von solch finsterer Schmach, dass, wenn sie schliesslich aufgedeckt sein wird, ihre Prinzipien für immer den Fluch aller ehrlichen Menschen verdienen werden.“ Man brauchte Feindbilder und so ergänzten ‘Drogen-Mißbraucher’ die ‘Kommunisten’ als Lieblinge rechter Politiker und Massenmedien. Die ganze Scheinheiligkeit Anslingers dokumentiert, daß er in späteren Jahren — Ironie des Schicksal — nicht nur selber zum Junkie wurde, sondern ausgerechnet Saubermann Senator McCarthy illegal mit Morphium verorgen ließ. 1961 feierte Anslinger seinen größten Erfolg: Die Drogenkommission der Vereinten Nationen verabschiedete die Single Convention on Narcotic Drugs. Zum ersten Mal gab es damit eine globale Übereinkunft, daß der ,Krieg den Drogen1, speziell gegen Opiate und Cannabis, gerechtfertigt, ja Pflicht eines jeden Landes sei. Diese Convention, die 1971 um psychoaktive Substanzen wie Halluzinogene, Barbiturate und Amphetamine ergänzt wurde, ist die Grundla ge der Anti-Drogen-Gesetze aller Staaten. Noch kurz vor seinem Tod erklärte Harry stolz, daß sich kein Land trauen würde, sich aus dieser einmal einge gangenen Verpflichtung zu lösen; der Schelm. Am 14. November 1975 starb Harry Jacob Anslinger an Herzversagen. Für viele eine Überraschung, daß er überhaupt ein Herz besaß. The world's first and greatest narc wurde 83 Jahre alt, starb blind. Fünfundvierzig Jahre lang hatte er für ein drogenfreies Amerika, ja, für eine drogenfreie Welt gelogen und gelebt. Für einen amerikanischen Traum, der wohl nie in Erfüllung gehen wird.
53
FRANK OLSON Did he jump or was he pushed? -
„Jeder verdammte Narr kann jemanden umbringen. Doch um einen Suizid zu arangieren, braucht es einen Künstler.“ Beria, Stalins rechte Hand Frank Olson kam 1910 in den USA zur Welt. Als Teenager las er 1926 einen Bericht über den deutschen Chemiker und Nobelpreisträger Fritz Haber und teilte seinen Eltern mit „Ich will Chemiker werden“. Frank wurde von Habers Besessenheit angetörnt. Haber, ein zum Protestantismus konvertierter Jude, war tief in die Entwicklung von Giftgasen, u.a. Zyklon B, im 1. Weltkrieg involviert. Clara, Habers Ehefrau, ebenfalls Chemikerin, schoß sich aus Ver zweiflung über diese Arbeit ihres Mannes eine Kugel in den Kopf, ebenso wie sich ihr Sohn Hermann Jahre später aus Scham über die Arbeit seines Vaters das Leben nahm. Haber selber mußte Deutschland 1933 verlassen, starb 1934 ... Als 1943 in Fort Detrick die Anlagen für biologische Kriegsführung instal liert wurden, war Olson einer der ersten dort arbeitenden Wissenschaftler. Seit jener Zeit, durch die Jahre des Korea-Krieges bis zum heutigen Tag wird in Fort Detrick geforscht, eines der frühen Ergebnisse war Anthrax. Nach dem Krieg war Frank Olson, wie sein Paß bezeugt, häufig auf Reisen, u.a. wiederholt in Afrika — Spanisch-Marokko, Tansania und dem belgischen Kongo — , Fran kreich, Deutschland, England und Norwegen. Anfangs der 50er arbeitete Frank Olson wiederholt in einer chemischenVersuchsstation der Army in Plum Island. Dort wurde u.a. seit 1953 mit Viren der (ost)afrikanischen Schweinepest gearbeitet. Man geht heute davon aus, daß sich die CIA 1971 hier bediente, um die Viren via Panama in die Hände von kubanischen Castro-Kritikern zu übergeben, die dann in die Nähe von Guantanamo geschippt wurden. Sechs Wochen später brach diese Schweinepest erstmals in der westlichen Hemisphere aus und tötete auf Kuba eine halbe Millionen Schweine. Doch nicht nur Olson war auf Plum Island involviert, auch Dr. Traub. Dieser war in Kriegszeiten noch ein führender Fachmann für biologische Kriegsführung am Reichsforschungsinstitut unter Heinrich Himmler gewesen, wurde in den USA Mitglied des Rockefeller Institutes und nahm an pro-Hitler
54
Veranstaltungen der US-Nazi-Bewegung im Camp Siegfried auf Long Island teil. Die Operation Paperclip eruierte u.a., welche Nazi-Wissenschaftler für die USA nützlich sein könnten, so die Drogenforscher aus Dachau und anderen KZs. Einer von ihnen: Karl Blome. Er war in Nürnberg angeklagt, seine Ver urteilung zum Tode stand an, doch dann intervenierten die US-Amerikaner und nach seiner Zusage, all sein Wissen kundzutun, wurde das Verfahren eingestellt. Olson und Blome trafen sich in den frühen 50ern im Camp King, Berlin und Frankfurt, wo er mehrfach in den drogigen Verhören der Project Artichoke eingebunden war. Camp King im Taunus
Vormals die Geländesportschule der Johann-Wolfgang-Goethe Universität durch das Gauheimstättenamt und eines Ausbaus zur Siedlerschule mit Tagungs- und Gästehaus, mit Musterhäusern, einem Bieneninstitut und 1937 einem Kleintierzuchtbetrieb begann das ehrgeizige Projekt zukunftweisender Forschungs- und Siedlungsarbeit im Zeichen des Nationalsozialismus. Ein Durchgangslager für Gefangene der Luftwaffe wurde 1939 eingerichtet und ausgebaut. Die weiträumigen Pläne für den Reichs-Siedlungshof wurden ge stoppt. Unter den alten Akten mit den Planungsunterlagen findet sich der Ver merk: „Wiedervorzulegen nach dem Kriege“! 1944 befragte die Wehrmacht hier gezielt in der Normandie gefangen ge nommene Piloten zur Person, wie auch zu ihren Einsatzplänen, ihrer Bewaff nung, zur technischen Ausstattung etc., um zusammen mit allen Funden aus den Wracks ein möglichst vollständiges Bild des Feindes zu gewinnen. Bis Anfang 1945 waren fast 40 000 Gefangene durch das Lager geschleußt und verhört worden. Vor der Flucht im März 1945 wurden die Unterlagen der Auswertestelle (West) vernichtet. Im April besetzten Soldaten der US-Army Gelände und Gebäude, das nach einem 1944 gefallenem Aufklärungsoffizier in Camp King umbenannt wurde. Anfangs diente es als Gefangenenlager für „damned Nazis“. Hausherr war von 1946 bis 1952 die CIA unter dem Namen European Command Intelligence Centre. Hier verhörte man vor allem Verantwortungs träger der nationalsozialistischen Regierung im Blick auf die Kriegsverbrecher prozesse in Nürnberg, unter ihnen Hitlers Arzt Dr. Brandt, Admiral Dönitz,
55
Reichsminister Hans Frank, Hermann Göring, Alfred Jodl, Wilhelm Keitel und andere Reichslumpen. Zu jener Zeit wurde in er Nähe, auf Schloss Kransberg nördlich von Frank furt die wissenschaftliche Nazi-Elite inhaftiert und unter dem Namen ‘Operati on Dustwind’ von amerikanischen Offizieren verhört. Die Amerikaner wollten die Ergebnisse der deutschen Kriegsforschung auswerten und für ihre Zwecke nutzbar machen. Unter den Gefangenen in Kransberg waren jene Experten für biologische Kriegsführung, die in Dachau die Wirkung tödlicher Keime an Menschen erprobt hatten. So auch Professor Kurt Blome - ehemaliger stell vertretender Reichs-Ärzteführer und graue Eminenz der deutschen B-Waffen Forschung. Auf dem Militärtribunal gegen die KZ-Ärzte wurde Blome 1947 trotz erdrückender Beweislage freigesprochen - wie es scheint hatten die Ame rikaner noch etwas mit ihm vor. So machte er vor dem Tribunal auch keinen Hehl aus seiner Gesinnung: „Ich habe hier in aller Offenheit bekannt, das ich ein überzeugter Nazionalsozialist und Anhänger Adolf Hitlers gewesen bin.“ Im Camp King wurde in jenen sechs Jahren mit tatkräftiger Hilfe des CIA als Untermieter die Organisation Gehlen , ein Vorläufer des heutigen Bundes nachrichtendienstes (BND) zum wichtigen Glied in der Ost-Spionage ausge baut. Für den Staatssicherheitsdienst der DDR war das Camp nachvollziehbar ein ‘Feindobjekt’. Schon bald war der BND von Korruption durchzogen: Geh len setzte 16 seiner Verwandten auf teilweise hohe Posten im BND, Erpres sungen und Unterschlagungen waren an der Tagesordnung. Aber der BND bezahlte um die 120 Journalisten, beispielsweise von Spiegel, ZDF oder Quick, die für gute Öffentlichkeitsarbeit sorgten. Das Chalet in Bayern, in das sich Gehlen 1968 zurückzog, war ein Gechenk von Dulles. Im Camp King, wie auch in Berlin und im ehemaligen IG-Farben Haupt quartier in Frankfurt, das in den 50er und 60er Jahren als CIA-Hauptquartier diente, trafen sich in den frühen 50ern Olson und Kurt Blome. Hier band man sie in die drogigen Verhören der Project Artichoke ein. Die Anfänge der Ope ration Artishocke gehen auf das Jahr 1945 und die Befreiung des Konzentra tionslager Dachau zurück. Die amerikanischen Truppen stießen auf hunderte von Leichen ermordeter oder verhungerter Insassen. Viele der Überlebenden berichteten den U.S-Ärzten von grausamen Experimenten, die von den Ärzten der Konzentrationslager an den Häftlingen mit Krankheitserregern und Dro gen vorgenommen worden waren.
56
Im Taunus und Berlin wurde Olson Zeuge brutalster Verhörmethoden, auch unter Mißbrauch von LSD, die an Sowjethäftlingen und möglichen Doppel agenten getestet wurden. Mehrere Menschen die in Olsons Obhut gewesen waren, kamen dabei ums Leben. Olson war von dem Gesehenen tief verstört. Von 1968 an war das Camp Sitz des Verkehrsführungsstabes für alle USTruppen in Westeuropa. Im Herbst 1993 verließen die amerikanischen Streit kräfte die Stadt Oberursel. Das Gelände fiehl an die Bundesrepublik Deutsch land zurück. Heute werden dort heimatkundliche Touren angeboten. Derweil forschten britische Wissenschaftler auf diesem Gebiet in Porton Down. Dort verabreichte man 1952/3 rund 1000 Menschen LSD. Erst kürz lich berichtete die englische Presse, daß damals wohl 25 Menschen als Ergebnis dieser Forschungen ihr Leben lassen mußten. Olsons Papiere wiesen seinen Aufenthalt zu jener Zeit in England nach. Zurück in den USA erzählte er seinem Freund in Fort Detrick, Norman Cournoyer, daß er geschockt und angeekelt von den CIA-Methoden sei: „Ich verlasse die CIA. Punkt.“ Olson wurde zum Risiko. Er sprach wiederholt mit anderen, u.a. einem Nachbar, aber auch weiteren Kollegen über Probleme, die er mit seiner Arbeit habe und erwähnte zwei Mal das ‘französische Experiment’. Da schrillten bei seinen Vorgesetzten die Alarmsirenen, sie stellten ihn zur Rede, machten ihn nocheinmal explizit auf die strikte Geheimhaltung seiner Arbeit hin, und wiesen ihm Lashbrook als ständigen Begleiter zu. Deep Creek Lake, 19. November 1953 Gottlieb, Lashbrook, Olson, Ruwet und drei weitere Kollegen vom SOD (Army Chemical Corps Special Operation Division) trafen sich am Donners tag, den 19. November 1953 zu einer Geheimsitzung in Deep Creek Lake, nahe einem tiefen Bergsee am Fuße der Negro Mountains. Cottage No. 7, nur weni ge Schritte vom See entfernt, war ein geräumiges Landhaus mit vier Schlafzim mern, aber ohne Telefonanschluß. Tagsüber gab es Beratungen, zwischendrin angelten die Teilnehmer oder gingen in der idyllischen Gegend wandern. Nach dem Abendessen holte Gottlieb eine präparierte Flasche Cointreau, wobei nicht klar ist, wer der Anwesenden — außer Olson — an diesem Nachttrunk teil nahm. Zwei tranken aus Gesundheitsgründen nicht, Gottlieb und Lashbrook hatten einen Job zu erledigen: Olson fachgerecht auseinander zu nehmen. Ein Kollege kommentierte: „Die Zeit war für Olson gekommen, mit Menschen zu reden, die wirklich schweigen können.“
57
21-23. Vor seinem Ausflug war er laut seiner Frau Alice noch völlig OK, doch als er zurück kam, stimmte mit ihm etwas nicht. Er sah fix und fertig aus, seine Klamotten, als ob er in ihnen gepennt hätte. Er war ungewöhnlich launisch und unkommunikativ. Beim Abendessen sprach ihn Alice darauf an, doch er wich jeglicher Unterhaltung aus. Nachdem sie die Kinder ins Bett gebracht hatte, bohrte sie weiter, doch er blockte ab: „I’ve made a terrible mistake!“ (Ich habe einen fürchterlichen Fehler begangen). Ich kann da jetzt nicht drüber reden. Ich erzähle Dir das später, aber vorher muß ich kündigen.“ Alice war daran gewöhnt, daß Frank ihr selten etwas über seine Arbeit erzähl te; sie ahnte nur, daß diese mit biologischer Kriegsführung zu tun haben müsse. Es fiel ihr auf, daß er selten daheim duschte oder badete: sein Job brachte es mit sich, daß er sich vor und nach jeder Schicht am Arbeitsplatz wusch. Alice Olson: „Er war plötzlich ungewöhnlich depressiv und litt offensicht lich unter großem Streß und es war klar, daß er Hilfe brauchte. Mein Mann war ansonsten ein bemerkenswert stabiler Mensch, der zuvor nie psychische Probleme hatte.“ Auf dem Weg zum Flugplatz in Washington hielten sie in Silver Spring an, um etwas zu essen. Doch als die Kellnerin sie bediente, schob Frank seinen Teller von sich und schockierte Alice mit der Ansage: „Ich kann das nicht essen, das ist vergiftet!“ Auf ihre Nachfrage meinte er nur, sie könne das nicht verstehen. Als sie sich auf dem Flugplatz verabschiedeten, war es das letzte Mal, daß Alice ihren Mann sah. 24. Als er nach dem Wochenende daheim wieder zur Arbeit’ erschien, versuchte er wiederholt, zu kündigen. Seine Kollegen interpretierten dies als Beweis seiner Verstörung und beschlossen, ihn unter psychiatrische Aufsicht zu stellen. Seine Vorgesetzten bestimmten, daß er sich an Dr. Harold Abram son in N. Y. wenden solle, obwohl dieser keine Ausbildung zum Psychologen hatte — wohl aber, auch mit Olson, für den CIA über LSD geforscht hatte. Ein Zeitzeuge: „Olson wurde verrückt vor Angst. Das Verhör unter LSD hatte schlimme Verwirrung in ihm hinterlassen. Er war tief verängstigt, seine Arro ganz und Selbstsicherheit wie weggeblasen. Er fürchtete sich. Er wußte, daß er einen schweren Fehler begangen hatte und er dafür einen harten Preis zu zahlen hatte“. Unter Abramsons Beobachtung fiel Olson in tiefere Depressionen und Schuldgefühle; er war davon überzeugt, daß der CIA ihn mit Benzedrin und anderen psychoaktiven Substanzen gedopt hatte. Am Abend der ersten
58
Untersuchung durch Dr. Abramson besuchte dieser Olson um 22.30h in des sen Hotelzimmer und brachte ihm eine Flasche Bourbon und eine Packung des Beruhigungsmittels Nembutal mit — für einen Doktor eine seltsame Mi schung von Gastgeschenken, die sich bei anderen Menschen schon als tödlich herausgestellt hatte. 25. Tags darauf zeigte Olson stark paranoide Züge, man ließ ihn nicht allein, doch Abramson beschloß, daß Olson am 26. zu Thanksgiving zu seiner Familie dürfe. Früh morgens, als sein Be gleiter schlief, stahl sich Olson aus dem Hotel, irrte herum, zerriß seine Geld scheine und warf seine Brieftasche inkl. Ausweise etc. weg — sie wurden nie mehr gefunden. Frank hatte Alice informiert, er habe seiner Einweisung in eine psychiatrische Behandlung eingewilligt, und brächte zum Truthahn einen Begleiter mit, da man befürchte, daß er ihr, Alice, körperlichen Schaden zufügen könne. Auf der Fahrt nach Hause bekam Olson, laut seinem CIA-Begleiter, einen paranoiden Rückfall: er habe Angst, vor seinen Kindern etwas Blödsinniges anzustellen. Und so bat er darum, zurück nach N.Y. gefahren zu werden. 27. Dort brachte man ihn wieder zu Dr. Abramson. Dieser sprach sich für eine Einweisung in die psychiatrische Anstalt Chestnut Lodge in Rockville, Maryland aus, wo er gründlich behandelt werden sollte — und Olson willigte ein. Man buchte Flüge für den nächsten Tag, die Nacht verbrachte Olson mit dem CIA-Kollegen Lashbrook im Zimmer 1018 A im 10. Stock des Statler Hotel. Olson telefonierte abends mit seiner Frau und klang streßfreier als die Tage zuvor. Lashbrook schlief nach eigenen Angaben um ca. 23h ein. Doch kurzfristig wurden seine Reisepläne ohne sein Wissen oder gar seine Einwilligung geändert, nun sollten ihn Lafitte und Spirito mit dem Wagen nach Chestnow Grove bringen. 28. Die offizielle Version: Olsons Aufpasser Lashbrook berichtete später, er sei in jener Nacht plötzlich aufgewacht und habe gerade noch gesehen, wie sich Frank Olson durch das geschlossene Fenster & die Jalousie gestürzt habe. Seinen eigenen Aussagen nach sah er Olson auf der Straße liegen, umringt von Passanten; er habe seine Vorgesetzten und die Polizei angerufen und sei in seinem Zimmer geblieben, bis diese eintrafen.
59
Alice Olson Der Familie wurde mitgeteilt, Frank sei durch ein Fenster gesprungen oder gefallen — ohne einen Hinweis auf den LSD-Trip. Alice Olson konnte einen Suicid ihres Mannes nicht verstehen — hatte er sich doch Abends zuvor am Telefon auf ihr Wiedersehen gefreut, und keinesfalls Abschied genommen. Sie fand zeitweilig Trost bei einem alten Familienfreund — bis sie heraus fand, daß dieser ihre Söhne sexuell mißbrauchte. Sie stürzte ab, wurde in kurzer Zeit Alkoholikerin. Für die Kids war es die Hölle: wenn sie aus der Schule kamen, lag ihre Mutter oft besoffen auf dem Boden. Zu Weihnachten wurde sie betrunken aus einem Auto in den Knast überführt. Sie verlor ihren Job, mehrere Rehabilitationsbemühungen blieben erfolglos. Wenn die Kinder Frank erwähnten, rastete sie aus. 1973 kam es zu einer radikalen Änderung ihres Verhaltens: sie hörte mit dem Saufen auf und versuchte, die Bruchstücke ihres Lebens wieder zu kitten. Doch Sie bekam Krebs, den sie einige Jahre erfolgreich bekämpfte. Jahre später auftauchende Presseberichte wühlten wieder alles hoch, da half weder die von Dick Cheney formulierte Entschuldigung von Präsident Ford, noch das gezahlte Schweigegeld, der Krebs siegte. Alice Olson starb am 19. August 1993. Heute bietet sich folgende alternative Wahrheit an: Am 2. Juni 1994 wurde Frank Olsons Leichnam, an dessen Zeh noch der Anhänger des Bestatters aus dem Jahre 1953 hing, ausgegraben und in einem Speziallabor untersucht. Die Ergebnisse verblüfften. Es gab keine Hinweise, daß Olsons Gesicht bis zur Unkenntlichkeit zerstört gewesen sei — ein 1953 vorgeschobener Grund, warum Alice ihren Mann damals nicht mehr sehen durfte. Außerdem wies sein Schädel jedoch so viele Brüche auf, die laut der Fachleute nie und nimmer von einem Fall herrühren konnten, „als sei der Bürgersteig damals ein Trampolin gewesen“. Als Lafitte und Spirito Olson in der Nacht abholen wollten, ging alles tra gisch schief. Lashbrook erzählte immer wieder, er habe schon geschlafen, als er Glas splittern hörte. Ein Zeitzeuge, der laut Albarelli anonym bleiben möchte, sagte hingegen, daß Richard Lashbrook zusah, wie Lafitte und Spirito aus dem Nebenzimmer hereinkamen — da Lafitte im Hotel arbeitete, hatte er keine Probleme Zugang zu entsprechenden Schlüsseln zu erlangen — und Olson mitnehmen wollten. Die CIA hatte 1952 ein 22seitiges Manual mit dem Titel
60
A Study of Assassination, das verschiedene Mordtechniken, angemessene Waffen und Vertuschungstechniken wie Tarnungen als Unfälle erklärt, zusammen gestellt: „Die eingesetzten Techniken variieren, je nachdem ob sich das Subjekt der Gefahr bewußt ist, ob es geschützt wird oder ungeschützt ist. Der bei einem einfachen Attentat effektivste Unfall ist ein Sturz aus 25 m Höhe oder mehr auf einen harten Untergrund. Fahrstuhlschächte, Treppenhäuser, ungeschützte Fenster und Brücken bieten sich an. “ Laut diesem Handbuch dürfen Mordaufträge nie schriftlich fixiert und nicht aktenkundig gemacht werden. In einem Spezialpro gramm wurde versucht, 40 Kinder (ab 6jährig) zu Killern zu programmieren: sie lernten.verschiedene Mordtechniken, erhielten Scharfschützentraining und eine Gehirnwäsche. Viele der Mordpläne scheitern, wie derjenige gegen den Journalisten Jack Anderson, dem man das Lenkrad seines Wagens mit LSD besprühen wollte.Es hat den Anschein, als sei Olson buchstabengetreu nach den Vorgaben dieses CIA-Handbuches zuerst — eventuell unter Drogen gesetzt — auf den Kopf geschlagen und anschließend durch das geschlossene Fenster geschubst worden. Armond Pastore arbeitete in der Nacht, als Olson starb, als Nacht-Manager des Statler Hotels, war als einer der ersten bei ihm auf der Straße, als er noch rö chelte. „Ich bin nicht einen Augenblick davon ausgegangen, daß er gesprungen sei. Ich denke da war schon eine Menge Hilfe nötig, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich habe über dreißig Jahre im Hotelberuf gearbeitet und ich habe nie davongehört, daß jemand durch ein geschlossenes Fenster gesprungen sei.“ Pastore war auch der Erste, der Lashbrook fand, der seelenruhig im Hotel zimmer 1018A auf die Polizei wartete. „Er rief weder die Rezeption an, um uns zu benachrichtigen, noch ging er runter, um nach Olson zu sehen, ob der eventuell noch lebe. Der Polizei gab er an, daß es keinen Grund für ihn gab, runter zu gehen. Können Sie das glauben? Ich meine, was für ein Tier reagiert denn so?“ Laut Pastore tätigte er nur einen Anruf (nicht wie er selber angab drei). Da mals blieben die Operatoren manchmal in der Leitung, um zu hören, ob die Verbindung klappte. „Unsere Operatorin hörte, wie ein Mann den Anruf an nahm, Lashbrook aber nur sagte ‘Well, he’s gone’ und eine Männerstimme antwortete ‘Well, that’s too bad’. Das war alles. Kein weiteres Wort“. Pastore erinnerte sich im Jahr 2000 auch an einen Nachtportier, der anfangs der 50er für ein paar Monate im Statler arbeitete und auch in der fraglichen Nacht Dienst schob. „Er hieß Jean Martin, wir aber nannten ihn Pierre.“
61
Nachdem 1975 in der US-Presse erste Berichte über, hm, Merkwürdigkeiten in den CIA-Aktionen der 50er Jahre erschienen, gab Präsident Ford eine Un tersuchung der Aktivitäten der CIA an der Heimatfront in Auftrag. Man wollte u.a. diesen sensiblen Fall ohne großes Aufsehen abschließen, lud die Olsons ins Weiße Haus ein und sie bekamen — auf weitere Rechtsmitel verzichtend — eine Entschädigung von $750.000. Es wurde nie genau spezifiziert, wofür genau diese ‘Entschädigung’ gezahlt wurde. Fords damals zuständige Bera ter: Dick Cheney und Donald Rumsfeld. Sie sind nie befragt worden, was sie über den Fall Olson wissen. Doch in ihren damaligen Unterlagen fand Pro fessor Olmstead Aussagen wie: „Dr. Olsons Job war so sensibel, daß es absolut unwahrscheinlich ist, daß wir wichtige Beweise zulassen könnten.“ An anderer Stelle gab Cheney zu: „Olsons Anwälte würden alles daran setzen, näheres über Olsons Arbeit und die Umstände, die zu seinem Tode führten, zu erfahren. Vor jedem Gericht würde es offensichtlich, daß wir aus Gründen der Nationalen Sicherheit Beweismittel zurückhalten und jede Entschädigung, die wir zahlen, würde uns als Beweis ausgelegt, Schweigegelder zu zahlen.“
62
Drogenmissbrauch global Man weiß von rund 70 verschiedenen Ländern, die im 20. Jahrhundert bio chemische ‘Waffen’, darunter auch psychoaktive Substanzen, besessen und ge testet haben. Hier ein paar Spitzen jener eisigen Berge: Albanien, Algerien, Argentinien, Australien, Brazilien, Bulgarien, BRDeutschland, Burma, Canada, China, Frankreich Großbritannien Hier wurde LSD vom Geheimdienst M 16 als mögliche Waffe u. a. an nicht informierten Soldaten getestet. Ihnen wurde u.a. erzählt, daß sie ein neues Serum gegen Erkältungen verabreicht bekamen. Wie freiwillig ist ein ‘JA’, wenn es um eine Bitte eines militärischen Vorge setzten geht? In Porton Down gab es in den ‘50ern mehrere 19jährige, die sich freiwillig zu Drogenversuchen meldeten. Don Webb erzählte, wie man ihm als jungem Flugaspiranten mehrfach wö chentlich LSD verschrieb. Er erlebte wie „Mauern dahin schmolzen, Gesichter plötzlich Risse bekamen, zu Skelettschädeln wurden — so wie Bildern von Dali“. Sein Kollege Derek Channon sah sich von aus den Wänden springenden Tigern umgeben: „Es war wie im 3-D Kino, sehr lebhaft und beängstigend. Das werde ich nie vergessen.“ Beide erfuhren nie offiziell, mit was sie da dosiert wurden. „So oder so, ich war ein Freiwilliger, bekam eine zusätzliche Zahlung und ein freies Wochenende dazu. Wenn du dich zu sowas meldest, nimmst du die Kohle und bringst den Job hinter dich.“ Ihm käme es nicht in den Sinn, nach seinen 30 Jahren in der Navy nun, da die unethischen LSD-Versuche des M16 mit seinesgleichen im Jahr 2005 aufgedeckt wurden, eine Entschädigung zu verlangen. „Gegen den Großen Bruder hast Du doch keine Chance, da wirst du doch nur zum Störenfried.“ 2006 wurden einigen von ihnen für ihre Rolle als Unfreiwillige mit tausenden Pfund entschädigt. Bekannt wurde u.v.a. der Fall von John Dale, 40, Vater von drei Kindern. Dale diente 20 Jahre, zuletzt im Irak. Er bekam seine Alpträume und und Flashbacks vom 27. März 2003, seinem Geburtstag, nicht unter Kontrolle, als er auf Befehl ein Haus beschoß in dem er hinterher mehrere tote Kinder fand — die ihn nicht mehr verlassen. Immer und überall sieht er tote Kinder und versuchte wiederholt, sich umzubringen. Die Army diagnos tizierte ihm ein Posttraumatisches Streßsyndrom (PTSD) — und entließ ihn
63
ohne jegliche Nachbetreuung. In seiner Verzweiflung attackierte er seine Frau und ‘gestand’ der Polizei, sie umbringen zu wollen. Er war um die Sicherheit seiner Familie besorgt, und fand in seinem Zustand eine Gefängniszelle eine akzeptable alternative Option. Nach vier Monaten Haft ist er zwar seit April 2010 wieder ‘frei’, doch arbeits- und obdachlos. Erst bei seinem Prozeß erfuhr er, daß er unter PTSD leide. Er sagt, die Armee „bringt Dir bei, emotionslos zu töten. Sie geben Dir auch eine Starthilfe, um anschließend einen Job zu finden. Doch sie sollten einen Weg finden, Dich zu re-programmieren.“ In den meisten Armeen werden junge Soldaten vor Krieseneinsätzen nicht ausreichend vorbereitet und nachher mit ihren Erlebnissen sträflich allein gelas sen. Umfragen haben laut der Napo, der britischen Organisation von Bewäh rungshelfern, ergeben, daß 8% aller in England Inhaftierten eine Vergangen heit in der Royal Army vorweisen, die meisten in den vergangenen zehn Jahren. Konkret handelt es sich um 8.500 inhaftierte und 12.500 auf Bewährung le bende letztendlich an der Heimatfront gescheiterte Soldaten. Dänemark MK-ULTRA finanzierte auch ein Projekt in Dänemark. Dort verabreichte der Neurologe Einar Geert-Jorgensen über einen Zeitraum von fünf Jahren LSD an über 250 geistig Gestörte — ohne deren Wissen oder gar Einverständnis. DDR In der DDR wurde Ergot in der Akademie der Wissenschaften in Gatersleben kultiviert, nachdem es zuvor zu Schwierigkeiten gekommen war, pharmazeu tisch potentes Ergot aufzutreiben. Nun experimentierte man mit Ergot aus Ungarn, Finnland und Portugal. In Ungarn wurde Ergot im großen Maßstab durch Beimpfung von Roggen kultiviert. Gleichzeitig gab es ein neues Verfahren aus der CSSR, bei dem in einer Oberflächenkultur der Mycelien die Wirkstoffe wie Ergotamin gewonnen werden konnten. Dieses wurde dann ebenfalls in der DDR bearbeitet. Bei der Rührkultur (submers) bildeten sich höchstens bei hochspezialisierten Stämmen Alkaloidspuren. Jedoch dienten zumindestens ein Großteil der so produzierten Alkaloide als Pharmakon in der Geburtshilfe und bei Migräne, wie sie generell in der Welt angewendet werden. Andererseits wurde dem Gebiet der chemischen Kampfstoffe sehr große Auf merksamkeit gewidmet. Verschiedene Bücher wurden publiziert, die sowohl als
64
sonst sehr untypische große Auflagen erschienen als auch in ihrer gründlichen Darstellung westliche Werke weit übertrafen. So ist allgemein unbekannt, dass der Zweiteiler von S.Franke ‘Lehrbuch der Militärchemie’ als übersetzter Raubdruck ein Standardwerk der chemischen Kampfstoffe bei der US-Army war. In diesen Büchern werden u.a. die psychoaktiven Stoffe vom Typ LSD und andere wie das BZ in ihrer Struktur- Wirkungsbeziehung erschöpfend abgehandelt. So findet man Diskussionen über die Bewertung der Substan zen, indem aus der Zeitschrift ‘Zivilschutz’ von 1963 (S.261) folgendermaßen zitiert wird, die interessanterweise in der Schweiz herausgegeben wurde: “Der Gedanke der Rücksichtnahme auf eine freundlich gesinnte, unter Umständen die eigenen Bevölkerung in den Kampfgebieten, ist sicherlich ein wichtiges Argument. Die Anwendung nicht-schädigender chemischer Kampfstoffe kann in solchen Fällen Beschränkungen anderer Art, die sich die Truppe auferlegen muß, kompensieren.“ Ob die nicht-schädigenden chemischen Kampfstoffe Kriegsmittel sind, die nicht unter das Verbot des Genfer Protokolls von 1925 fallen, kann ohne ein gründliches Studium der Rechtslage nicht gesagt werden. Es muß aber damit gerechnet werden, dass in einem künftigen Krieg die kriegsführenden Parteien die Anwendung der nicht-schädigenden chemischen Kampfstoffe als zulässig erklären und sie auch einsetzen, selbst, wenn sie bereit sind, sich sonst an das Verbot der Verwendung giftiger Substanzen, gleichgültig aus welchen Gründen auch immer, zu halten....“ Es kommt in diesem Zitat sehr gut die allgemeine militärische Ansicht über die Substanzen dieser Zeit zum Ausdruck. Eine Absenkung der Hemmschwelle zum chemischen Krieg führt dann letztlich immer zur Anwendung aller Stoffe, von den Reizstoffen über die Hautgifte bis hin zu tödlichen Nervengasen, wenn diese vorhanden sind und die Staaten ihre Ziele anders nicht mehr erreichen. Nach der Wende im Jahre 1989 wurde dann auch bekannt, dass noch am 1.11.1989 Erich Mielke eine streng vertrauliche Dienstanweisung über den Einsatz chemischer Mittel gegen Demonstranten erließ. Diese Akte mit dem Titel „Ordnung 12/89 über die Anwendung spezieller chemischer Einsatzmittel durch Angehörige des MfS “ beschrieb: “Spezielle chemische Substanzen sind Stoffe, die auf Grund ihrer Wirkung auf den menschlichen Organismus geeig net sind, nach Inhalation (Einatmung), In gestion (Nahrungsaufnahme) oder Inkorperation (Einverleibung) die Handlungsfähigkeit von Personen zu beein trächtigen.“ In diese Definition fallen sowohl Reizstoffe als auch psychoaktive
65
Stoffen. Sie sollten angewendet werden: „...wenn von Personengruppen An griffe gegen die sozialistische Staats-oder Gesellschaftsordnung ausgehen................ oder unmittelbar zu erwarten sind“ oder „Anordnungen der Sicherheitskräfte nicht Folge geleistet wird“. Bis zum 15.9.1990 wollte Mielke dann eine Bericht haben, wie die chemische Keule gegen das Volk gewirkt hat. Andererseits und generell ist vorstellbar, dass irgendwann mal in der Welt nicht bloß Tränengase, wie heute überall ausgiebig, sondern auch psychoak tive Agentien wie BZ gegen die eigene Bevölkerung durch manche Staaten angewendet wwerden und die Demonstranten dann im Delirium zu diversen Sammelstellen abtransportiert werden... Haiti Marks zitiert in seinem Buch The Search for the Manchurian Cand.id.ate Aussa gen, daß viele Menschenversuche mit psychoaktiven Drogen in Haiti durchge führt wurden. Warum Haiti? Weil es dort keine einschränkenden Vorschriften gab. Außerdem unterhielten mehrere US-Pharma-Firmen auf Haiti Versuchs abteilungen. „Sie konnten Leute in Krankenhäusern benutzen, oder im Knast benutzen, oder einfach von der Straße.“ Diktator Papa Doc Duvalier, allemal für jeden Deal zu haben, erhielt im Tausch für sein ‘grünes Licht’ Unmengen von Vergütungen. Frank Olson hielt sich wiederholt beruflich in Haiti auf. Indien, Iran, Iraq, Israel Japan Weiter als die Nazis bei den chemischen Massenvernichtungswaffen waren ihre japanischen Verbündeten, die bei ihrem Überfall auf China 1941 Ku gelbomben mit bakteriologischen und chemischen Kampfstoffen in der Man dschurei erprobten. Ein weiteres Beispiel für die neuen menschenverachtenden Methoden der chemischen Kriegsführung: 1945 ließen sie 200 Ballons mit einem Durchmesser von ca. 30m in große Höhen aufsteigen und gen USA trei ben. Diese Ballons konnten fast 150kg Fracht befördern und waren zur biolo gischen Kampfführung bestimmt. Im Mai 1945 starben in Oregon fünf Frauen und Kinder, als sie einen dieser gelandeten Ballons neugierig untersuchten. Bei uns hat man bislang wenig von einer der heftigsten Gruseltruppen des 2. Weltkrieges, Lt. General Shiro Ishii’s Unit 731, gehört. Mehrere Angehörige
66
dieser Abteilung wurden nach 1945 von den Russen, andere von den USA ge fangen und teils übernommen. In Japan hatten sie nicht nur mit menschenver achtenden Bio-Chemikalien an lebenden Menschen experimentiert, sondern diese auch noch an lebendigem Leibe viviseziert. Weitere Beschreibungen der unfaßbaren Versuche an ca. 3000 Menschen, von den japanischen Forschern regelmäßig als Affen’ bezeichnet, erspare ich mir hier aufzuzählen & so auch Dir zu lesen. Um die Forschungen der Japaner, die biologische Waffen an Ge fangenen zuerst testeten, zu übernehmen, integrierten die USA die Kriegs verbrecher als Zivilberater in ihrer Sondereinheit 406. Der Kriegsverbrecher Nobosuke Kishi, Minister für Waffen und Munition im ehemaligen Kriegska binett, wurde 1957 Japans Ministerpräsident. Festzustellen bleibt, daß Frank Olson einer der Amerikaner war, der die Unterlagen über jene Experimente auswertete. Kanada Siehe Kapitel über Dr. Cameron Kroatien Radovan Fuchs, Kroatiens Minister für Wissenschaft und Technik fuhr 1987 oder 1988 nach eigenen Angaben in den Kosovo, um einen Vorfall an einer Schule für albanische Mädchen zu untersuchen.Über einhundert der Mäd chen waren plötzlich erkrankt’, u.a. traten Halluzinationen auf. Fuchs Unter suchungsteam fand Rückstände von dem starken Halluzinogen BZ, daß aut Jonathan Moreno während des Kalten Krieges nur in zwei Ländern als Waffe eingesetzt wurde: in den USA und Jugoslawien. Fuchs wurde einerzeit von den Authoritäten nach Zagreb zurück beordert und mußte seine Untersuchungen einstellen. Norwegen Norwegische Mütter sollen laut Pressetext eines von Arte angekündigtem, doch nicht gezeigtem Film „von blonden, blauäugigen deutschen Soldaten ver gewaltigt“ worden sein — „auf Befehl Himmlers“. Die Kinder seien nach der Geburt zur Adoption freigegeben worden, und zwar für „Adoptiveltern, die Nationalsozialisten waren“. Manche der Kinder wurden von den Heimen zur Verfügung gestellt wurden, um an ihnen im Auftrag des US-Geheimdienstes Experimente mit der Droge LSD vorzunehmen. Dabei seien mehrere gestorben.
67
{War babies died in LSD experiments, Aftenposten, September 4, 2000). Renee Zuckers Recherche ergab: „Die Sache mit dem LSD bleibt nebulös. Anwältin Randi Hagen Spydevold spricht von einem ‘hohen Militär’, der [als einziger Zeuge] selbstverständlich anonym bleiben will.“ Die Anwältin erhielt jedoch einen Anruf von Eric Olson, der ihr erklärte, sein Vater Frank sei im Frühjahr 1953 in Norwegen gewesen. Polen Russland Im Juni 2010 fand die 17th Int. Transpersonal Conference in Moskau statt, organisiert u.a. von dem frühen LSD-Forscher Stanislav Grof. Unter den Teil nehmern: MAPS, vertreten durch mehrere Forscher und Rick Doblin. Er saß zusammen mit Dr. Krupitsky — in den ‘90er Jahren einziger legitimierter russischer Psychedelika-Forscher — auf dem Podium. Er erforschte u.a. psy chotherapeutische Hilfen für Alkoholiker und Heroin-Abhängige unter dem Einsatz von Ketamin. 2002 wurden jene Versuche staatlich untersagt und heute findet in Russland keinerlei Erforschung von Psychedelika statt. Schweiz Daniel Lamparter von der Uni Leipzig erzählte 1997:„Im Behelf der schwei zerischen Armee zur Kriegs- und Katastrophenpsychiatrie von 1990 werden Wirkungen und Gegenmaßnahmen für die Stoffe BZ, Ditran — eine Substanz mit ähnlicher, aber schwächerer Wirkung — und LSD ausführlich beschrieben, ohne Angaben darüber, von wem eine Bedrohung ausgehen könte. Schon 1987 machte sich der Pharmakologieprofessor Waser Gedanken über den ‘unfried lichen Einsatz von Halluzinogenen’: „LSD bekam auch eine wehrmedizinische Bedeutung, und ich mußte einmal die höheren Offiziere eines Armeekorps im Manöver über den möglichen Einsatz von Halluzinogenen zur momentanen Ausschaltung eines operativen Führungsstabes in einem Überraschungsschlag, orientieren. Den Übungsversuch mit Saboteuren, welche die Droge im Trink wasser verteilen sollten, durften wir leider nicht durchführen. Es wäre wohl zu einer einmalig grotesken Situation gekommen, wenn die Leitung eines größe ren Kampfverbandes mit der ganzen Organisation und Logistik ins Schwim men gerät und sinnlose Befehle und Anordnungen erteilt, ohne die Ursache
68
der Verwirrung zu finden.“ Im Zivilleben würde man von feuchten Träumen von Gewalttätern reden.. Sowjetunion 1950 fand die CIA Unterlagen der Nazis aus dem Jahre 1935, aus denen hervorging, daß die Sowjets schon damals Gefangene mit Drogen, u.a. mit Harmalin, behandelt hätten. Auf Krim war der botanische Nikita-Garten vor wiegend der Zucht psychoaktiver Pflanzen gewidmet. Botannical Dimensions. Auch in den 50er und 60er Jahren wurde in der Sowjetunion intensiv an psychoaktiven Substanzen geforscht, wobei nur wenig bekannt wurde. Es gibt aber Zeugnissen, dass Ende der 50er Jahre, als in den USA tödlich wirkende Nervengase eingeführt wurden, auch solche im Ostblock schon bekannt waren, indem in beiden Lagern die Gase der NS-Zeit weiterentwickelt wurden. So gibt es sowjetische Publikationen von 1957 über die Wirksamkeit des Atropins zur Erzeugung schizophrenieartiger Modellpsychosen, die Modebezeichnung dieser Zeit wird also auch hier verwendet. Dann wiesen Autoren (1958-1961) daraufhin, das das vor 50 Jahren verwendete Beruhigungsmittel Benactyzin (Dosis:l-2 mg) in höherer Dosierung von 40 mg bis 1,4 g starke Halluzinati onen erzeugte. Die Substanz hat ein große strukturelle Ähnlichkeit mit dem BZ, so ist eine generelle Erforschung dieser Pharmaka in der Sowjetunion anzunehmen. SüdAfrika Die Friedenskommission unter Bischof Desmond Tutu berichtete von Men schenversuchen des geheimen Medizin-Forschungs-Programms des ehemaligen Apartheidsstaates. Der Guardian berichtete 1992 über Vorfälle, die sich am 16. Januar 1982 in Mozambique ereignet haben. 300 bis 400 Soldaten griffen ein Widerstandsnest an, als über ihnen ein Behältnis explodierte, und schwarzer Rauch in ihre Richtung trieb. Nach kurzer Zeit wurde vielen Soldaten übel, sie drehten durch: noch am nächsten Tag mußten sie erbrechen, hatten Schwie rigkeiten mit den Augen — ohne daß die Angelegenheit je aufgeklärt wurde. Untersuchungen einer holländischen Wissenschaftsgruppe ergaben jedoch klare Hinweise auf Aktivitäten SüdAfrikas mit chemischen und biologischen Waffen.
69
70
Albert Hofmann & sein liebstes Sorgenkind — LSD „LSD erzeugt psychotisches Verhalten in denen, die es nie genommen haben!“ Terence McKenna Albert Hofmann, der in dieser Geschichte immer wieder auftaucht, erzählte mir wiederholt, daß sein Verleger für den Begriff‘Sorgenkind’ im Titel seines Buches gewesen sei — eigentlich handele es sich doch um ein Lieblingskind. Es mag du-rchaus sein, daß er als Konsument im Kreise Gleichgesinnter vor allem sein Lieblingskind sah, das erst im Blick auf jene ‘militärisch-alternative’ Nutzungen durch die Geheimdienste und die mitunter hysterische Berichter stattung in vielen Medien zum 'Sorgenkind’ wurde. Albert Hofmann über Ergot: „Erstmals tritt das Mutterkorn im frühen Mittelalter als Ursache epidemieartig auftretender Massenvergiftungen ins Blickfeld der Geschichte, denen jeweils Tausende von Menschen zum Opfer fielen. [...] Auf die gangränöse Form des Ergotismus bezogen sich Krankheits bezeichnungen wie mal des ardents, ignis sacer, heiliges Feuer. Der Schutzheilige der Mutterkornkranken war der heilige Antonius, und es war der Orden der Antoniter, der sich vor allem ihrer Pflege annahm.“ Ergotismus, also Mutter kornvergiftung, trat in verschiedenen europäischen Ländern, vor allem aber in Rußland epedemieartig auf. Im 17. Jh. erkannte man die Ursache im ver seuchten Brot und die Häufigkeit und Ausmaße des Ergotismus nahmen ab. Die bislang letzte größere Epidemie suchte in den späten 20er Jahren des 20. Jahrhunderts Gebiete Südrußlands heim. Ergot wurde seit 1582 von Ärzten als Hilfsmittel bei Geburten genutzt, ab 1835 auch von Hebammen. In seinem Buch LSD — Mein Sorgenkind geht Albert Hofmann mit Fußno ten sehr sparsam um, die längste möchte ich hier dokumentieren. „Die Mas senvergiftungen in der südfranzösischen Stadt Pont-S.Eprit im Jahr 1961, die in vielen Veröffentlichungen mutterkornhaltigem Brot zugeschrieben wurde, hatte jedoch mit Ergotismus nichts zu tun. Es handelte sich vielmehr um eine Vergiftung durch eine organische Quecksilberverbindung, die zur Desinfektion von Saatgetreide verwendet wurde.“ Seltsam, daß er da Jahrzehnte — 1961 statt
71
1951 und einiges Inhaltliches — durcheinander bringt. Leider können wir ihn nicht mehr dazu befragen, ist Albert Hofmann doch vor zwei Jahrengestorben. 1960 isolierte Albert Hofmann die psychoaktiven Inhaltsstoffe der Ololiuqui Samen, die ihm Gordon Wasson hatte zukommen lassen, bevor dies William Boyd Cook im Auftrag für die CIA schaffte. Wasson und Hofmann wur den enge Freunde, und 1962 besuchten sie zusammen auf Pferderücken die Schamanin Maria Sabina, der sie stolz eine Probe vom Sandoz-Psilocybin zum — erfolgreichen — Test überreichten. Laut Wasson arbeitete Albert Hofmann so indirekt mit der CIA zusam men; seine Forschungsergebnisse wurden der Agentur umgehend durch San doz übermittelt. Die CIA hat so eine mögliche Verbindung nie bestätigt oder kommentiert. ***
Am 8. Mai 1995, also genau 50 Jahre nach der Deutschen Kapitulation, sprach im neuen Saal der jüdischen Gemeinde von Heidelberg, Albert Hofmann unter dem Titel Der große Sender ist die Wirklichkeit über 50 Jahre LSD. Der erinnerte sich noch, wie er am Tag nach seinem ersten bewußten Trip im Radio vom Warshauer Ghetto-Aufstand gehört hatte. „In den 40er Jahren wurden als Sensation für die Psychiatrie die Tran quilizer entdeckt. Sie bildeten den genauen pharmakologischen Gegenpol zum LSD. Sie beruhigen, wie ihre Bezeichnung ausdrückt und decken psychische Probleme zu, während LSD sie offenlegt und so der therapeu tischen Behandlung zugänglich macht. Zur gleichen Zeit wurde die Kernenergie technisch nutzbar gemacht und die Atombombe hergestellt. Eine neue Dimension der Bedrohung und Zerstörung war geschaffen worden im Vergleich zu den herkömmlichen Energiequellen und Waffen. Dem entspricht die Potenzsteigerung auf dem Gebiet der Psycho pharmaka, etwa vom Meskalin zum LSD um den Faktor 1:5000 bis 1:10000. Man könnte zur Vermutung kommen, diese Koinzidenz sei nicht zufällig, sondern vom Weltgeist in Szene gesetzt worden. Dann wäre unter dieser Per spektive die Entdeckung des LSD kein Zufall mehr. Auch eine weitere Überlegung könnte einen auf den Gedanken bringen, LSD habe, von höherer Macht vorherbestimmt, zu jener Zeit entstehen müssen,
72
wenn man das Überhandnehmen des Materialismus mit all seinen Konse quenzen in den letzten 100 Jahren ins Auge faßt. LSD als erhellenden Psycho pharmakon auf dem Weg in ein neues, geistiges Zeitalter. All das könnte darauf hinweisen, daß meine Entscheidungen, die zum LSD geführt haben, nicht eigentlich aus freiem Willen getroffen wurden, sondern geleitet aus dem Unterbewußtsein, durch das wir alle mit dem universellen, unpersönlichen Bewußtsein verbunden sind. [...] Ich bin zuversichtlich, dass LSD nie mehr aus der menschlichen Gesellschaft ver schwinden wird und also genügend Zeit vorhanden ist für die Erfüllung seiner evolutionären Aufgaben als ein Hilfsmittel für das Erkennen und das Bewusst werden der Schönheit, des Wunders und der Majestät der Schöpfung.“ Albert Hofmanns Kommentar zu der aktuellen Forschung: ”Und nun ein Vergleich der Pionierarbeiten aus den vierziger Jahren mit der Untersuchung im 'New Scientist’, 60 Jahre später. Während man in der Pionierzeit und in späteren Jahren versuchte, die Visionen im Psychedelischen Erleben mit einer Bildsprache zu beschreiben, will man heute mehr Wissenschaft hineinbringen, Mathematik und Physik. Dieser Trend gilt allgemein für die Hirn- und Be wußtseinsforschung. Man versucht ‘mit Hebeln und Schrauben’ die Gefühle und Gedanken weiter erklären zu können. Diesen Bemühungen liegt eine pri mitive materialistische Weltanschauung zugrunde. [...] Ich betone: LSD ist ein sehr gefährlicher Wirkstoff. Er braucht ungeheuer subtile Anwendung, man braucht eine Ehrfurcht vor dieser tiefen Wirkung. Und man sollte das Wissen um die richtige Anwendung in aller Stille wachsen lassen.“ Man wird diesem wunderbaren Mann jedoch nicht gerecht, so man ihn nur auf diese eine Substanz reduziert. Er saß viele Jahre im Gremium der Direk toren des Nobel Preis Kommittees. Und: die Umsätze der Firma Sandoz mit Produkten ihres prominentesten Naturstoffchemikers gehen in die hunderte von Millionen. Prominent dabei das Mittel Hydergin, Methergin (Geburts hilfe) oder Deseril (Migränemittel). So dankte ihm der Norvartis-Konzern anläßlich seines 95. Geburtstages: „Ohne Übertreibung kann man sagen, dass der medizinalchemische Beitrag von Albert Hofmann für die Firma nicht nur einem lang anhaltenden finanziellen Erfolg geführt hat, sondern auch zu einer hohen wissenschaftlichen Anerkennung in der pharmazeutischen Welt“. Albert Hofmann starb 102jährig im Jahr 2008.
73
John Beresford & sein ‘Magisches Gramm’ Im Oktober 1960 verankerten sich der britische Psychologe John Beresford und Michael Hollingshead in der Geschichtsschreibung des LSD. Beide hatten erstmals durch Aldous Huxley von dieser Substanz gehört und waren neugierig. Auf Beresfords Wunsch schrieb Hollingshead eine Bestellung an Sandoz. Die Beiden erwarteten ein paar Trips, doch was sie unter der Nummer H-00047 (H für Hofmann) zum Preise von $285 erhielten, war ein ganzes Gramm, in ihrer Dosierung rund 10.000 Trips — der Beginn des freigeistigen Genusses von LSD, diesseits der sterilen Labore & paranoiden Großen Brüder. Hollings head bat Huxley um Rat, was er denn mit all dem LSD anfangen solle. Huxley verwies ihn an den aufstrebenden Harvard Professor Timothy Leary... und der Rest ist die Geschichte vieler Geschichten. Als 14-jähriger besuchte Beresford 1938 zwei Wochen lang eine Familie in NordDeutschland. Lange Zeit verdrängte er jenes grundlegend ungute Gefühl, daß er damals empfand. Erst als er 1993 anfing, POWs (prisoners-of-war = Kriegsgefangene) in amerikanischen Gefängnissen zu besuchen und ihre schier unglaublichen Leidensgeschichten hörte, kam jenes unbeschreibliche Gefühl der Paranoia von 1938 in Nazi-Deutschland wieder hoch. “Aber ich habe Grün de, optimistisch zu sein. Die Deutschen wußten 1938 nicht, welchen Preis sie für ihr Leben in 'Nazi-Sicherheit’ zahlen würden. Zurückschauend wissen wir heute, was geschah. Falls es uns gelingt, der Redewendung ‘Freiheit und Gerechtigkeit für alle’ wieder Geltung zu verschaffen und den Kriegsgefangenen im Drogenkrieg zu Freiheit zu verhelfen, können wir diesen Juggernaut aufhalten. Falls nicht, kön nen wir niemanden als uns selbst die Schuld für jenes gesellschaftliche Unheil, daß hinter der nächsten Ecke lauert, in die Schuhe schieben. ” Neben seiner Arbeit für das Committee on Unjust Sentencing baut John Be resford in L.A. das Albert Hofmann Museum auf und steht mit vielen Inhaf tierten in persönlichem und brieflichem Kontakt. Für das Museum hat ihm Sandoz z. B. alle Unterlagen von Alberts Psilocybinforschung gespendet, eine ganze Regalwand voller Aktenordner. Nach seiner Pensionierung widmete John Beresford sein Leben bis zum Ende 2007 Menschen, die wg. LSD im Gefängnis landeten und war (Mit-)-Veranstalter der zwei Internationalen Konferenzen über die Opfer im Krieg dem Rauschgift’ in Heidelberg und Toronto.
74
75
Heidelberger Blitze Vision aus dem Underground Werner Pieper Kein Zweifel, hier geht es um eine Legende. Noch heute begegnet man in Psychonautenkreisen Menschen, die vom Highdelberger LSD der 60er Jahre schwärmen. Mit gutem Grund, denn die sogenannten Hei delberger Filze oder Blitze waren ein vorzüglicher Stoff, wohl der beste zwischen Prag und Kalifornien. In Heidelberg selbst waren sie kaum zu bekommen, aus Sicherheitsgründen wurden sie nur auswärts, vorwiegend in Berlin und München unter die Tripfreunde gebracht. Der Chronist, damals Heidelberger Straßenhippie, durfte einmal als Versuchskanin chen eine neue Produktionsreihe antesten, da er durch eine gemeinsame Freundin den Vermarkter jener Psychedelikatessen kennengelernt hatte. Ansonsten waren Konsumenten damals auf die Darmstädter Drops der Archikowski-Brüder oder amerikanische Produktionen angewiesen. Eingeweihte Liebhaber und Verbreiter der Heidelberger Blitze fanden sich vorwiegend in Berlin (Kommune 1) und der Münchener Szene (c/o Schraat von Amon Düül), also der Creme der damaligen deutschen Sub kultur. Sowohl Dieter Kunzelmann wie auch Rosy Rosy haben von ihren Erfahrungen mit ‘Made in Highdelberg’ Filzen literarisch aufgearbeitet. Als spirituelle und kreative Grundnahrung von MusikGruppen wie Guru Guru und Amon Düül kann man die Heidelberger Filze auch als einen Ur-Trieb-Stoff des deutschen Krautrocks sehen. Dreißig Jahre später kam es auf meinen Wunsch zu einem Wieder sehen der damals beteiligten Hauptpersonen — der Chemiker und der Händler erzählten in einer Wohnung in der Nähe des Schlosses ihre alten, geremixten Geschichten. Unter uns: der Faule Pelz, der örtliche Knast, in dem beide damals längere Zeit über ihr Tun nachdenken durften. Der Name stammt aus alten Zeiten, als ebendort der Abwasserkanal des Schlosses langführte. Mein Blickwinkel: der Chemiker mir gegenüber, vor dem Hintergrund der Rheinebene, wo es zwei Stunden lang, während wir das Gespräch führen, ohn’ Unterlaß blitzte. „In der Heidelberger Universität produzierten zwei Chemiker 40.000 LSD Trips.” (konkret 12/71) Der Chemiker, nennen wir ihn Wolfgang, interessierte sich seit Mitte der 60er für Naturstoffe. Als Chemiestudent
76
standen ihm an der Uni ausreichende Laborgerätschaften zur Verfügung und es reizten ihn die psychoaktiven Stoffe, vor allem seit 1968, nach seiner ersten Drogenerfahrung mit Meskalin — ganz in der Heidelber ger Forschertradition von Prinzhorn und Beringer. Daß er nicht aus der Freak-Ecke kam, davon zeugte schon die musikalische Untermalung sei nes ersten Trips: Barockmusik führte ihn auf die Reise in die Gärten von Versailles. Einige seiner Freunde und Kollegen zeigten Interesse am Meskalin, also verkaufte er auch etwas davon. Richtig ins Geschäft kam er dann aller dings 1. durch die Bekanntschaft mit Tai, dem künftigen Vermarkter, und 2. durch die Produktion von STP mit der hundertfachen Wirkung von Meskalin. Dieses Zeugs wollte Tai nicht verkaufen: „STP war Blöd sinn, das hatte keine spirituelle Dimension.“ Auch prominente Kunden erkannten bald, daß diese Droge nicht das Gelbe vom Ei war. So erzählt Dieter Kunzelmann aus der Berliner Kommune 1 in seinem Buch ‘Lei sten Sie keinen Widerstand’ (1998) die Geschichte zu einem Foto, das ihn mit einer Augenbinde zeigt: ”Es war beileibe keine Verletzung von einer Demonstration, mein Auge, natürlich das linke, war einfach physisch überfordert durch zuviele STP-Trips, ein Amphetamin-Teufelszeug.” Kurzzeitig stellte Wolfgang auch MDMA (Ecstasy) her. Inzwischen ge meinsam mit einem jüngeren, sehr begabten Chemiestudenten, mit dem er im Kollegenkreis bekannt wurde und der sich auch leidenschaftlich für Pharmakologie und Synthese psychoaktiver Stoffe interessierte. Aber die Synthese von MDMA war im Verhältnis zur Wirkungsdosis zu aufwen dig. Schließlich machte er sich ans LSD. Warum? “Es war die Faszina tion der geringen Menge, Wirkungsdosis nur 100 Mikrogramm (=1/10 Milligramm) — so winzig! So wirksam, kaum zu glauben!” Anfangs war noch kein Gedanke ans Geschäft, die chemische Herausforderung reizte ebenso wie der Wunsch, diese extreme Substanz selbst auszuprobieren. "Neugierig durch die eigenen Trip-Erfahrungen mit Meskalin und die von dem bereits erfahrenen, jüngeren Chemiestudenten noch toller be schriebenen Reisen mit LSD ... der fast IMAX-Film ‘2001 — Odyssee im Weltraum’ von Stanley Kubrick ... der Aufbruch der NASA zum Mond ... war das nicht auch bei Novalis zu lesen: ‘Wir träumen von Reisen durch das Weltall: Ist denn das Weltall nicht in uns? Die Tiefen unseres Geistes kennen wir nicht.’ Kein junger Mensch im Besitz von Fachwissen,
77
Intelligenz und Phantasie konnte damals dieser Herausforderung und diesem Abenteuer widerstehen.” Woher er die chemische Bauanleitung hatte? “Da gab es Unterlagen im Falle von STP, MDMA und ähnlichen Verbindungen, ausgezeichnete Unterlagen und Beschreibungen der Herstellung und Wirkung auf den Menschen von einem amerikanischen Forscher namens Alexander Shulgin.” Demselben Shulgin, der 1996 beim ECBS Kongreß in der Stadt halle als ‘Pate des MDMA’ gefeiert wurde. Shulgin hatte in den 60ern die 1913 von Merck unter der Bezeichnung XTC entwickelte Substanz wiederentdeckt. ”... und natürlich im Falle von LSD die klassischen und in jeder Fachbibliothek nachzulesenden Arbeiten aus den 40er Jahren des mittlerweile weltbekannten Chemikers Albert Hofmann. Dazu in den 60er Jahren neuere Arbeiten mit den chemisch sehr empfindlichen LSDAusgangssubstanzen aus dem Institut für Pharmazie und Biochemie der Uni Prag.” Die damals freiverkäuflichen Rohstoffe besorgte man sich ganz legal über den Einkauf des Heidelberger Chemischen Uni-Instituts oder bei bekannten Chemikalienfirmen, denn ohnehin mußte jeder Chemiestu dent seine Chemikalienrechnungen voll und ganz selbst bezahlen, was das Chemiestudium ja so teuer macht. Heute werden jene Grundstoffe weltweit genauestens überwacht. So hätten unsere beiden erfolgreichen Chemiker schon Stunden nach solch einer Bestellung wahrscheinlich das BKA im Haus. Aber damals (1968) steckte die allgemeine Drogenhysterie noch im Keime, erst im Jahr darauf wurden die Gesetze verschärft. Ergotamin — ein weißes, kristallines Pulver — ist die aus der Natur gewonnene Ausgangssubstanz zur Herstellung von LSD. Es wird aus dem von einem Pilz infizierten und zu enormen Län genwachstum angeregten, sich dunkel färbenden Roggengetreidekorn, dem sog. Mutterkorn, in einem sehr aufwendigen und teuren Prozeß gewonnen. Es konnte nur über den Fach-Handel bezogen werden. Die ersten 10 Gramm Ergotamin kamen für unsere Chemiker aber von einem australischen Hippie, der nach Wochen erfolgreicher Eigen-Experimente im Tausch dafür gutes LSD erhielt. Im normalen Chemikalienhandel kosteten 10 Gramm Ergotamin damals etwa 500 DM. Damit konnte man eine Menge Trips hersteilen. Wie viele es insgesamt waren, auf diese mehrfach gestellte Frage erhielt ich keine Antwort. Wohl aber war es das
78
Ziel der beiden Chemiker, mit dem Erlös das Studium zu finanzieren und sich vielleicht noch ein Auto zuzulegen — ohne in den Semesterferien bei der BASF jobben zu müssen. Anfangs dosierte man, wie heute in der Technoszene üblich, mit ca. 100 Mikrogramm, später erhöhte man dann zeitweilig auf 200-250 Mi krogramm. Schließlich wollten die neugierigen Psychedeliker auf ihrer Reise nicht nur leicht angetörnt sein, sondern mehr Farben und neue innere Welten entdecken und erleben. Das LSD wurde gelöst auf kleine, runde Filze aus dickem Filterpapier getropft, und mit einem gußeisernem Bürolocher ausgestanzt. Der Locher ist Wolfgangs einziges Andenken an jene Zeit. Das eigentlich farblose LSD wurde mit dem Lebensmittelfarb stoff Kurkumin leuchtend gelb gefärbt, damit man erkennen konnte, ob ein Filz schon ‘geladen’ oder nur einfach Filz war. Zuerst ‘verpackte’ man die getrockneten Trips in handelsübliche Gelantine-Kapseln. Diese boten aber nicht genügend Schutz vor dem Luftsauerstoff, das LSD und die Ma terie färbte sich allmählich dunkel, also schweißte man sie in PolyäthylenHaushaltsfolie unter Stickstoff ein. Bald fielen der Umfang und die Technik der Produktion als zu auf fällig aus dem Rahmen eines Universitätslabors, also machte Wolfgangs jüngerer Partner den Vorschlag, im Keller seines Elternhauses ein erst klassiges Privat-Labor einzurichten. Diese Idee wurde in nur drei Mo naten von den beiden, in großteils eigener Arbeit in die Form eines fun kelnagelneuen, blitzsauberen Chemielabors umgesetzt. Die chemischen Grundstoffe bezogen sie weiterhin über den Einkauf des Institutes und bezahlten die zu ihren Händen über das Institut von den Lieferfirmen ausgestellten Rechnungen pünktlich. Das stellte sich schließlich als Falle heraus. Im Institut fiel zunächst nichts weiter auf, da das Thema von Wolfgangs Diplomarbeit und die Arbeit an den Synthesen psychoaktiver Stoffe weitgehend ähnliche Arbeitstechniken im Labor erforderten. Oktober 1970. Der offensichtlich auf Wolfgangs labortechnische Fä higkeiten neidische Hauptassistent des Arbeitskreises — seit 1968 über zeugter Aktivist gegen die ‘Ordinarien-Universität’ und deren Privilegien im Hinblick auf Privatforschung in staatlich unterhaltenen Instituten — öffnete unbefugt einen zu Händen von Wolfgang gerichteten Brief. Darin befand sich eine Rechnung für die Lieferung von Ergotamin. Der Assi stent weiß Bescheid, er ist protestantisch erzogen und ultrapuritanisch,
79
ein Gegner jeglicher Privataktivitäten in Universitätsräumen, vor allem, wenn jemand mit solchen Nebentätigkeiten auch noch Geld verdient. Er petzte, bei den Kollegen wie bei der Polizei. Wolfgangs Kollegen erzähl ten ihm davon, doch er wollte es, trotz des geöffneten Briefumschlages, einfach nicht glauben. Ende des Jahres, so ihr Plan, wollten die beiden allemal die Produktion beenden. Die beiden Chemiker hatten in den letz ten Monaten erfahren, daß sich zunehmend nicht nur Kinder, sondern auch absolut kriminelle Elemente mit LSD beschäftigten. Das konnten und wollten sie nicht verantworten. Außerdem wurde die Herstellung zur Routine und verlor an Reiz — es reichte! Das Labor war fertig, Kapital für das Studium gesichert, der Wagen stand vor der Tür. Vor der sich irgend wann auch fremde Leute einfanden — obwohl man immer versucht hatte, alles geheim zu halten. Das ist nun einmal die Crux des Schwarzmarktes: Irgendwie riechen die Geier, wo es was zu holen gibt. Dann schlug die Gegenseite zu. The end.
Wolfgang nutzte seine Zeit in der U-Haft im Faulen Pelz, um seine Diplomarbeit, die ihm noch vor dem Prozeß die Diplom-Urkunde ein brachte, zu schreiben. Seine Verurteilung erwies sich jedoch in der Fol gezeit für seine akademische Laufbahn als nicht unbedeutender Ballast. Ein mißgünstiger, als Saufbold bekannter, nichtsdestoweniger einfluß reicher Professor am Chemischen Institut der naturwissenschaftlichen Fakultät der Uni Heidelberg lehnte, trotz der von der Fakultät insgesamt als ‘Sehr Gut’ bewerteten Promotionsarbeit, die Promotion lange Zeit ab. Erst mit Hilfe des Verwaltungsgerichtes, per einstweiliger Verfügung und dann endgültig nach 5 Jahren, konnte Wolfgang seine Promotion durchsetzen. Vielleicht die erste auf diese Art in der Geschichte der Alma Mater Ruperto Carola — dennoch für eine akademische Laufbahn eine tragische Verzögerung. Wolfgang arbeitete als Chemiker jahrelang am Max-Planck-Institut, später in der Pharma-Industrie.
80
”LSD sollte die Welt ändern und heilen“ Tai, der Händler, war ehemaliger Odenwaldschüler und nun Kunst student, als ihm eines Tages auf der Neckarwiese ein Freund einen Trip anbot. “Das ist das Zeugs, das die Stones fressen!” war alles, was er an Motivation brauchte. Rein damit und "Alles war neu”. Auch persönlich profitierte er für sein Leben: Unter LSD konnte er als sogenannter Le gastheniker erstmals mühelos lesen: ".. die Buchstaben einer Seite liefen nicht mehr zusammen”. Ihm fiel bei seinem ersten Trip das Buch ‘Das Geheimnis der Goldenen Blüte’ von C.G. Jung in die Hände. Dort las er eine Beschreibung des Phänomens, das er gerade erlebte. Er fühlte sich persönlich angesprochen. (In seiner späteren Knastzeit legte er sich dann eine wunderschöne gestochene Handschrift zu.). Tai’ steht in den der Übersetzung des chinesischen Wahrheitsbuches 7 Ching’, in der Überset zung von Richard Wilhelm, für das Zeichen 11: Der Friede. “Das Triperleben verwandelte mich zu einem tief gläubigen LSD-Messias.” Vorher dem Alkohol zugeneigt, trank er danach nichts mehr: “Es war der Stoff, der mein Leben am nachhaltigsten beeinflußt hat. Die Vi sionen der Grenzenlosigkeit überwältigten mich ebenso wie die Erkennt nis, Verantwortung übernehmen zu wollen. Die Erlebnisse waren nicht nur mentaler Art, auch körperlich unterzog ich mich einer Metamorpho se: Ich, der vorher unter einer ‘schmerzhaft schrägen Haltung’ litt, lernte urplötzlich den aufrechten Gang.” Das bewußte Körpererleben war für Tai ebenso überwältigend wie das geistig/spirituelle. Es ist kein Geheim nis, daß der Ursprung der Körpertherapien des heutigen New Age im Kalifornien der späten Sechziger durch LSD-Erlebnisse angeregt wurde. Für Tai war dieses Erlebnis eine positive Erfahrung. “Ich fühlte mich als Transmitter kosmischer Energien, als eine Art Stromzähler dieser kos mischen Energien, die durch LSD freigesetzt bzw. wahrnehmbar wur den. Stromzähler als Symbol des Energieflusses, nicht als Zahlenspiel, sondern die Energie selbst. Ich erlebte mich auf der Ebene des kindlichen Staunens, oder, in den Worten Albert Hofmanns: der ‘Verzauberung der Welt’, die den meisten Erwachsenen für immer verschlossen bleibt. Ich war in heiliger Mision, vollkommen angstlos unterwegs und betrachtete mich als Teil des kosmischen Ganzen, als Schnittstelle zu Gott.” Es war wahrhaftig nicht das Geld, das ihn zum Dealer werden ließ, sondern die Überzeugung, Gutes zum Wohle Aller zu tun.
81
Das Verhältnis zum Chemiker war freundschaftlich, auch wenn man sich in verschiedenen Szenen bewegte. Sie haben nie zusammen getrippt, aber sie fühlten sich in ihren verschiedenen Welten auf einer ähnlichen Wellenlänge. Er dealte unschuldig, d.h. ohne Unrechtsbewußtsein, ohne Versteckspiele: “Ich transportierte große Mengen LSD mit Gottvertrauen statt Vorsichtsmaßnahmen. Irgendwann 70/71 wurde mir die Dealerei zu viel. Zum einen wurde es nach 2, 3 Jahren zur Routine, zum anderen ließ die missionarische Motivation nach. Schließlich erlebte meine Part nerin eine traumatische Szene, als ein von einem guten Freund vermit telter Kunde ihr plötzlich eine Knarre an den Kopf setzte und eine ganze Lieferung abnahm. Ich habe mich nie um Geld gekümmert, aber als sie mich anrief und von dem Überfall erzählte, war mir klar ‘Wir waren mal reich’.” Dabei ist es kein Trost, daß jener linke Vogel Jahre später als RAF-Terrorist verhaftet und verknackt wurde. Die Unschuld war weg, die Euphorie verflogen, Zeit für einen Tapetenwechsel. Tai ging für ein Jahr in die USA und fand sich in Kalifornien wieder. Bei seiner Rück kehr wurde er, für ihn völlig überraschend, am Flughafen festgenommen: Ausgerechnet der linke Vogel, der sie beklaut hatte, sagte später gegen sie aus. Tai lebt heute als Künstler in Heidelberg. Den Blitzen folgte heftiges Gedonner Im März 1971 griffen die Ermittler nach langem, unverständlichem Zögern zu. Die beiden Chemiker und ihr Vermarkter wurden aus dem Verkehr gezogen. Die Ermittler konnten zwar keine konkreten Beweise vorlegen, aber es gab ausreichend Indizien, wie die Ergotaminrechnung, so daß alle geständig waren. Das Strafmaß nach dem Prozeß im Oktober desselben Jahres wurde von der Presse als fair bezeichnet. Die drei Be teiligten erhielten Strafen von einem Jahr, 14 Monaten sowie zwei Jahre dazu Geldstrafen von 3000 bzw. 5000 DM. Die Haftstrafen wurden unter Anerkennung der Untersuchungshaft zur Bewährung ausgesetzt. Keiner der beiden Interviewten scheint sein damaliges Tun zu bereuen, selbst die Untersuchungshaft, die sie absitzen mußten, stufen beide heute als Bereicherung ihrer Biografie ein. Sie haben seit vielen Jahren keinen Kontakt zueinander gehabt, der Chemiker seit Jahrzehnten auch über dieses Thema nicht mehr gesprochen. Sein heutiger Freundeskreis hat
82
kaum eine Ahnung von seiner high-kriminellen Vergangenheit — wobei er die Betonung auf ‘high’ legen möchte. Heute sind die beiden Interviewten für eine weitgehende Legalisierung von psychoaktiven Stoffen vor allem zu Forschungszwecken und deren Förderung, wenn zu jeder Substanz glaubwürdige und pharmakologisch fundierte Informationen mitgeliefert werden. Wolfgang hatte einen ein zigen Filz aufgehoben. Er hätte ihn gerne dem Apothekenmuseum im Schloß gestiftet, aber dieses darf keine illegalen Substanzen ausstellen, nur Apotheker-Drogen.
Hier wurden die .Heidelberger Blitze' gebraut.
83
Stoff für Paranoide & Verschwörungsfreunde „Der militärisch-industrielle Komplex hat sich zwar des Sakrilegs an den Heiligen Pflanzen schuldig gemacht, aber es hat ihm nur Unabomber und Übleres gebracht. Die Kulturrevolution im Westen muss sich zwar gegen eine Übermacht an Repression freikämpfen, aber es ist den Verbrechern nie gelun gen das Licht der Utopie zum Erlöschen zu bringen.“ Donauwelle Am 19. 8. 2010 meldet die Cuban News Agency aktuelle Reflexionen vom Genossen Fidel über 'Die Weltregierung’. Als Quelle nennt Castro ausgerech net Daniel Estulins The Secrets of the Bilderberg Club, ein durchaus amüsantes Werk, wenn man es als alternatives Geschichtenbuch liest. Die britische BeatInvasion und LSD wurden demnach vom englischen M16-Geheimdienst, wie auch vom CIA gezielt auf die US-Jugend losgelassen, um diese zu verwirren, bzw., in Estulins (& Castros) Welt, ging es den Bösen Brüdern um ein groß angelegtes Experiment mit einer ganzen Generation. Vom Adorno über Rock feiler, Aldous Huxley, H. G. Wells, Allan Dulles, Lyndon LaRouche, Zbigniew Brezinski bis hin zu Woodstock - alle wollten die Jugend entpolitisieren und für dumm verkaufen. Sollte das Weltbild von Fidel wirklich so naiv gestrickt sein? Man wünscht sich, er hätte in gesunderen Tagen einmal MDMA genommen, der Vision Nina Hagens folgend, die sich in den 80ern einen Trip mit Erich Honnecker vorgestellt hatte. Ronald Hadley Stark hingegen war, so man die Geschichten glauben will, quasi ein wandelnder LSD-Trip. Bei einem ersten Treffen mit der legendäen Brotherhood of Eternal Love -Dealertruppe, habe er 1 Kilogramm LSD dabei ge habt, während seiner Karriere 20 kg hergestellt. Sein soziales (?) Umfeld schil lerte entsprechend: CIA-Connections neben engen Freunden bei den Sciontologen, der Mafia, diversen hochrangigen US-amerikanischen und italienischen Politikern, Bekanntschaften mit dem Dalai Lama, den Roten Brigarden, wie auch der japanischen Mafia, mit deren Hilfe er LSD nach Tibet schmuggelte, um dort die chinesischen Truppen auf Trips zu schicken, ‘68 mischte er im Pariser Mai mit... lauter spannende Geschichten, von denen sich kaum eine recherchieren läßt. You’d better believe it! Wenn Dir nach Unterhaltung ist, sind sowohl die Bilderberger wie auch Stark Fundgruben. Doch werden sie dem LSD und dessen Geschichte, inklusive der unterschiedlichen Forschungen nicht gerecht.
84
Alternative LSD-Forschung „Am Anfang war das Verbot, und schon damals war es völlig nutzlos: Gott verwehrte Adam und Eva den Apfel vom Baum der Erkenntnis, aber die Kinder ignorierten es und landeten auf dem Strafplaneten Erde. Dieses Muster von Repression und Widerstand findet sich bis heute im offiziellen Umgang mit Drogen — und das ist kein Zufall. Die Wurzeln unserer Vorstellung von Dro gen und ihrer Regulierung sind puritanisch, also christlich. [...] Die Rausch giftbekämpfung im 20. Jahrhundert erscheint allerdings nur selten als ein Akt zivilisatoris.chen Fortschritts. Meist wirkt sie eher wie ein Skurrilitätenkabinett, bevölkert von seltsamen Vereinen, bizarren Figuren und raffinierten Lobby isten, die mit groben Lügen und unfassbarer Inkompetenz beharrlich Denkver bote verteidigen. Das erste Opfer im Krieg gegen die Drogen war die Wahrheit, das zweite die Vernunft. Sieger wurde die Angst. Und Angst macht dumm. “ Peter Lau „Wer hat das Recht, einem anderen Menschen, einem Menschen ausser sich selbst, eine solche mögliche Erfahrung zu verbieten oder zu sagen: Dieser Mensch ist nicht fähig, eine solche Erfahrung zu ertragen, sie ist nichts für ihn? Wir müssen davon ausgehen, dass die Drogen Wirkstoffe bestimmter Pflanzen sind, die in der Natur von Anfang an enthalten sind. [...] Und die Fragen lauten: Wann und wie lernt ein einzelner oder eine ganze Gesellschaft diese Schlüssel kennen, und wenn er sie einmal kennt, soll er sie anwenden, und falls er sie anwendet, wie soll er sie anwenden?“ Dr. Rudolf Gelpke In den Massenmedien hatte und hat LSD einen eher negativen Ruf, da ist so mancher Medienmann auf Staatspropaganda und eigene Vorurteile reingefal len. Doch Ende der 60er Jahre hatten allein in den USA (laut New Scientist) rund 7 Millionen meist jugendlicher Menschen freiwillig getrippt, und ge schätzte 40.000 LSD legal als Teil ihrer Psychotherapie genossen. Zwar gelang es nicht, das Pentagon zu levitieren, aber viele positive Auswirkungen der Trip per auf unsere heutige Welt sind unübersehbar: Ich rede hier nicht nur von der Entwicklung der Musikszenen oder der Farbigkeit der Werbung, sondern vom Einfluß der Tripper z.B. auf die ökologische Bewegung und die Entwicklung der Computer-Industrie. (Sowohl die Apple-Gründer Woszniak und Jobbs, wie auch Microsofties oder Jaron Lanier ließen sich nach eigenen Aussagen von der Substanz inspirieren); von der Esoterikwelle ganz zu schweigen; selbst die Ent wicklung von Prozac und Viagra ...Neurochemie ... James Crick bekam für seine Doppelhelix, die er unter LSD-Einfluß aufgebröselt hatte, den Nobel-Preis...
85
v e r G x e l A : t h e i r v o o C
86
Es folgt eine kleine Zusammenfassung von LSD-Forschern wie auch freiwilligen Versuchsobjekten & deren Erkenntnissen Professor Dr. Otto Kauders publizierte schon 1949, im Jahr seines Todes, in der Wiener Zeitschrift für Nervenheilkunde und deren Grenzgebiete einen Beitrag von A. M. Becker: Zur Psychopathologie der Lysergsäurediäthylamidwirkung, aus der psychiatrisch neurologischen Universitätsklinik Wien (Vostand: O. Kauders), dem ersten Forschungsprojekt mit LSD außerhalb der Sandoz-Laboratorien. Hier eine Zusammenfassung des 40-seitigenBerichtes: „Unsere Untersuchung der Wirkung von Lysergsäurediäthylamid, die insge samt 24 Versuche an 19 Personen umfaßt, bestätigt im wesentlichen die bisher vorliegenden Beobachtungen. Es sei die Tatsache hervorgehoben, daß es mög lich ist, psychoseähnliche Syndrome durch eine Substanz auszulösen, die in der Größenordnung von hundertstel Milligramm wirkt und mithin als Spurenstoff bezeichnet werden kann. Bemerkenswert ist die Zugehörigkeit dieses Mittels zu der durch besondere Wirksamkeit auf das vegetative Nervensystem ausgezeich neten Gruppe der Mutterkornalkaloide. Die psychopathologische Analyse der durch diese Substanz, für die wir die Bezeichnung Psychotikum vorschlugen, in begrenzter Dauer hervorgerrufenen Vergiftungsbilder machten die Annahme wahrscheinlich, daß die jeweilige Erscheinungsform die Resultierende zweier verschiedener Grundstörungen darstellt, deren eine die Affekt- und Antriebs basis, die andere die gesamte intentionale Sphäre betrifft. Im letzteren Bereich wurde versucht, eine weniger ausgeprägte, gleichsam peripher sich auswirkende Störungsform, die verschiedenen Phänomenen der ‘Berauschtheit’ zugrundelie gend erschien, von einer am Bewußtseinstonus zentral angreifenden, erschei nungsmäßig und strukturell dem schizophrenen Formenkreis verwandten hy potonischen Wirkungskomponente abzugrenzen. Manisch-hyperkinetische und gehemmt-depersonalisierte Zustände stellten die auffallendsten Gegensätze im Erscheinungsbild dar, wobei jene insbesondere Gelegenheit zum Studium der Psychomotorik, diese zur phänomenologischen Erfassung der Ichstörung bo ten. Hierbei fand die Rolle des Raum- und Zeitfaktors bei den Veränderungen des Erlebens besondere Beachtung.“
87
Ken Kesey, später Autor des KultKlassikers One Flew Over the Cuckoos Nest, nahm in den frühen 50ern als Student der Stanford University freiwillig an MKULTRA-LSD-Versuchen teil — und liebte sie. Er wurde einer der ersten und effektivsten Advokaten der Substanz. Kesey veranstaltete später die legendären Trips Festivals und die Acid-Tests in S.F. mit seinen Merry Prankstern, einer fah renden Truppe aufgeweckter Aktivisten wie u.a. Stewart Whole Earth Catalog Brand, Ken Babbs, Ann Halprin, Wavy Gravy, Allen Ginsberg, mit Musik von der noch unentdeckten Janis Joplin, den Grateful Dead u.v.a.m. Immer mitten drin: Agenten des CIA. Anfangs fielen sie noch als potentielle Paranoiaauslöser auf: Glatzköpfe in schwarzen Anzügen inmitten der wilden Meute; doch man lernte sich zu tarnen. Es lag nie im Interesse der Autoritäten, daß sich eine Substanz wie LSD ihrer Kontrolle entzog. Diese sollten eigentlich der ordnungs- und staatserhaltenden Stabilität und Sicherheit dienen — doch in den Händen und Hirnen von frei geistigen Menschen wie Allen Ginsberg, Ken Kesey,Timothy Leary & seinen Freunden erwies sich diese Substanz mitnichten als systemstabilisierend. Robert Hunter, Texter, Übersetzer und Poet, war wie Kesey ebenfalls als Stanford-Stundent freiwilliges Versuchskaninchen. Die Studenten wurden dafür bezahlt, über ihre Erlebnisse auf LSD, Psilocybin und Meskalin zu schreiben. Hunter, heute vor allem als der Texter der Grateful Dead bekannt, staunte: „Sit back picture yourself swooping up a shell of purple with foam crests of crystal drops soft nigh they fall unto the sea of morning creep-very-softly mist... and then sort of cascade tinkley-bell like (must I take you by the hand, every so slowly type) and then conglomerate suddenly into a peal of silver vibrant uncomprehendingly, blood singingly, joyously resoundingbells ... By my faith if this be insanity, then for the love of God permit me to remain insane...“ John C. Lilly* Hirnforschung, Elektroden bei Tieren ... LSD mit Del phinen & sich selbst 1953 gelang es John C. Lilly als erstem Forscher, die Ströme an der Ge hirnoberfläche aufzeichnen zu können, der nächste Schritt war, die Ströme im Gehirn durch Einführung kleinster Elektroden durch kleinste Stahlröhrchen,
88
sogenannte sleeve guides sichtbar zu machen, ohne daß es bei dem Versuchstier zu dauerhaften Schädigungen kam. John arbeitete erst mit Affen, später mit Delphinen. Als er um eine Vorführung seiner Arbeit vor Geheimdienstlern des CIA, FBI und anderen staatlichen Institutionen gebeten wurde, sagte er unter der Bedin gung zu, daß die Veranstaltung eine öffentliche sei und nicht der Geheimhal tung unterliege. Es erschienen 30 Personen, die Hälfte in unterschiedlichen Uniformen. Er wurde allen vorgestellt, doch niemand stellte sich ihm vor. Nach dem Vortrag stellte man ihm eine einzige Frage: „Welche Anwendungen dieser Gehirnelektroden sindfür den Menschen geplant?"* John: „Zur Zeit nur bei Epi lepsie und der Parkinsonschen Krankheit.“ Die Gründe für diese Fragen waren offensichtlich. Diese Techniken könnten zur effektivsten Methode der Gehirnwä sche in der Geschichte der Menschheit missbraucht werden. Wenig später gestatteter er jemandem, seine Delphin-Versuche zu filmen. Als er wiederholt um eine Zusendung der zugesagten Filmkopie bat, wurde ihm mitgeteilt, daß der Film der absoluten Geheimhaltungsstufe unterläge. In der Folge kam es zu einigen unerfreulichen Besuchen von Agenten. Dann erfuhr er, daß seine Delphinforschung für Esel, die ferngesteuert Bomben transportieren sollten, mißbraucht wurde. Das machte ihm klar, daß die soziale Realität zum gegenwärtigen Zeitpunkt es ihm unmöglich machte, seine ‘geheime Mission’ auszuführen. Er sah, daß sein Ziel, falls er es erreichen sollte, sofort von Menschen gegen den Menschen eingesetzt würde. So entschloß er sich, den Gebrauch dieser Methode und ihre Weiterentwick lung vorerst einzustellen. Er fühlte, daß die Menschheit für diese Art von Macht noch nicht reif genug war. Endlich begriff er die politischen Implikationen seines Lieblingsforschungsprojektes. Er wandte sich anderen Gebieten zu. 1954 ging er der klassischen Frage nach, was mit dem Gehirn geschieht, wenn ihm jegliche externe Stimulants versagt wird — und entwickelte den Samadhi-(Isolations-)Tank, in dem man schwerelos in körperwarmem Wasser ohne äußere Stimulationen wie Klang oder Licht mit sich allein ist. Schließ lich stellte er einen Zugang zum eigenen Gehirn her, wie er ihn am Anfang seiner Arbeit nur mittels im Hirn implantierter Elektroden gelang — dank LSD. In seinem Buch Zentrum des Zyklons berichtet er: „ich reiste durch mein Gehirn, beobachtete die Neuronen und ihre Aktivitäten ... Ich gelangte in im mer winzigere Dimensionen, bis hin zur Quanten-Ebene und sah den Atomen beim Spiel in ihren eigenen, unendlichen Universen zu.“ Er ließ seine Delphine
89
trippen, nahm gar LSD zusammen mit ihnen im Pool.“ Wahrscheinlich gibt es in der Bewußtseinsforschung niemanden, der häufiger, mit mehr Substanzen, intensiver geforscht hat als John C. Lilly. Dabei ist er sich seit seinen Kontakten mit amtlichen Geheimnisträgern, treu und Dank einer Stiftung seines Vaters, unabhängig geblieben. Er hinter fragte Worte wie 'Drogen’. „Dieser Begriff führt in einen juristischen Morast“. ‘Halluzinationen’ fand er bedeutungslos, „einen wilden Haufen einer großen Möglichkeit signifikanter Erlebnisse, die innerhalb des Glaubenssystems der Gesellschaft unakzeptabel sind. So gesehen kommt einem die Psychiatrie als solche als arg unwissenschaftliches Konzept vor.“ * kursiv Auszüge aus: John C. Lilly, Der Scientist Timothy Leary In den Massenmedien der Welt führt beim Thema LSD nach wie vor der von selbigen absurderweise zum ‘LSD-Papst’ gekürte Timothy Leary — dabei war er alles andere als päpstlich autoritär, wie seine Slogans ‘Question autho- rity, think foryourself’ oder 'Just say know ’ ’ beweisen. Wie kam der Psychologie Professor zu diesem Ruf? Leary wurde an der U.S. Military Academy in West Point ausgebildet, machte seinen Doktor und lehrte in Harvard, wo er 1957 auch den Klassiker ‘The Interpersonal Diagnosis of Personality’ veröffentlichte. Bei einem Mexiko-Besuch nahm er 1959 seine ersten psychoaktiven Pilze und versuchte anschließend, diese Erlebnisse in seine Harvard-Arbeit einfließen zu lassen, ein damals unakademisches Konzept. Der Spagat zwischen den Har vard-Erwartungen und Learys Einbringen eigener Erfahrungen und freigei stigen Aktivitäten war irgendwann überspannt, er wurde aus den akademischen Kreisen hinausgeekelt, widmete sich fortan der freien Bewußtseinsforschung in sich und unter seinesgleichen, wobei ihn Harvard-Kolegen wie Ralph Metzner, der spätere Ram Dass und andere solidarisch begleiteten. Tausende profitierten von seinen Erkenntnissen, die er in treffende Slogans verpackte wie: ‘Turn on, tune in, drop out’, ‘Deal for real’ und, am wichtigsten seine Empfehlung des Set & Setting. Hunderttausende bezogen sich auf seine Sprüche und Schriften. Leider wies er jugendliche Konsumenten nicht ausreichend daraufhin, daß so ein Trip wirkliche Lebens-Vorbereitung braucht, um davon zu profitieren. Wie Günter Amendt ihm vorwarf, nahm er selber erst mit 39 Jahren seinen ersten
90
Trip und bedachte nicht mögliche Bewußtseinsdefizite bei zu jungen Trippern, was er später bereute. Über Leary und seine Psychedelika-Forschung gibt es viele Berichte, so möchte ich mich auf seine frühe Forschung beschränken: A New Behavior Change Program Using Psilocybin, publ. in Psychotherapy Vol. 2, July 1965. Hier wird beschrieben, unter welchen Bedingungen und mit welchen Absichten und Erwartungen und Ergebnissen 32 Insassen der Masachusetts Correctional Institution, Concord, einem Hochsicherheits-Gefängnis für junge Straftäter, in der Zeit von 1961 bis 1963 Psilocybin-Trips nahmen. Die Concordier bekamen nicht einfach die Substanz verpaßt, sondern es gab vor und nach dem Trip in tensive Gesprächs- bis Selbsterfahrungsgruppen in relativ entspannten Settings. Es kam zu keinen negativen Horror-Trips. Ein Häftling beschrieb sein Erleben: „Bevor ich diese Droge nahm, kreisten meine Gedanken immer in den selben Bahnen: Alkohol, Zocken, Geld, Frauen & Sex ... ein schnelles Leben. Nun schleichen sich andere Gedanken ein und die verwirren mitunter, doch es sind ehrliche Gedanken und lassen mich wundern. Ich weiß, was ich sein will und ich bin wahrhaftig wenn ich sage, daß ich mich bemühen werde, meine Ziele zu erreichen. Mir ist auch klar, daß in diesem Zusammenspiel von Pilzen, Gruppendiskussionen und Tests die Gruppen-Therapie für mich das wichtigste ist. Denn in ihnen öffnet sich irgendwie der Geist, ich werde mir bewußt, kann mich und meine Handlungen selber besser verstehen, wie auch die ändern Kollegen in der Gruppe. Du fühlst Dich freier und redest über Sachen, die du sonst normalerweise verschweigst.“ Die Probanten bekamen das Pilocybin von Sandoz gespendet, machten zwischen zwei und fünf Sitzungen mit. Bei insgesamt 131 PilzTrips hinter Gittern kam es zu keinerlei Gewalttätigkeiten oder dauerhaften negativen Störungen. 18 Monate nach den Versuchen waren 24 Häftlinge wg. guter Führung vorzeitig entlassen worden. Die Rückfallquote betrug 23% statt der sonstigen 65%. Nach drei Jahren gab es eine Untersuchung der Langzeitfolgen. Von den 32 Probanten waren 27 entlassen worden. 11 von ihnen (= 41%) waren nach wie vor in Freiheit, 13 (= 48%) saßen wegen Verstößen gegen Bewährungsauflagen wieder ein und nur 3 von Ihnen saßen wg. neuen Taten ein. Diese Ergebnisse waren sehr ermutigend — doch die Versuche wurden ein gestellt, das Gefängnissystem in den USA hatte andere Prioritäten und heute sitzen dort mehr Menschen, teils wegen relativen Kleinigkeiten lebenslang ein gekerkert, als in andern Ländern der Welt.
91
Die Vermutungen über engere Verbindungen zwischen Timothy Leary und der CIA, wie sie u.a. Günter Amendt wiederholt vermutete & wie sie im In ternet wildeste Blüten treiben, werden auch in Albarellis Buch nicht bestätigt — ganz im Gegenteil. Er erwähnt lediglich, daß Leary wohl nicht wußte, daß sein Briefverkehr mit Sandoz vom CIA überwacht wurde und die Agentur von seiner Popularisierung der Substanz für ‘private’ Zwecke nicht angetan war. CIA-Mann Lashbrook 1986: „In Harvard gab es eine Gruppe von Psy chologen, die meines Erachtens für die aufkommende Popularität von LSD verantwortlich war. Wir hatten mit denen nichts zu tun — was nicht ganz stimmt, denn die Regierung legte eine Sammlung von 50.000 als ‘geheim’ klassifizierten Seiten über Leary: er wurde als ‘Gefahr für das Establishment’ eingestuft. Man hatte Angst vor seinen rotzfrechen Aufwiegeleien wie: „Das Nervensystem kann verändert, integriert, neu-gestartet und in seiner Funktion erweitert werden. Diese Möglichkeiten verschrecken natürlich jeden Zweig des Establishments. Die Ängste äußerer Bedrohung scheinen geringer als die vor Möglichkeiten des inneren Wachstums. LSD ist bedrohlicher als die Bombe!“ Ausgerechnet die CIA entführte Professor Timothy Leary 1972 widerrecht lich aus Kabul und buchtete den damals laut US-Präsident Richard Nixon ‘gefährlichsten Mann Amerikas’, offiziell wg. zwei mutmaßlichen Joints, ein. Wie kam es dazu? Think foryourself, hat uns Timothy Leary empfohlen. In den USA waren die Schriften Learys über viele Jahre vergriffen, nur in Deutschland waren sie verfügbar: als illegale Raubdrucke — was den Profes sor sehr belustigte. Deutsche Institutionen haben so ihre eigenen Probleme mit ‘Drogen’ — sie kennen sie nicht, müssen aber fachkundig urteilen. So indizierte die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften 1981 Learys Buch Politik der Ekstase für 25 Jahre, denn, Zitat der Entscheidung 3040, „Die Aufforde rung, LSD zu rauchen, setzt notwendigerweise den Besitz der Droge voraus, was gemäß § 11 Abs. 4 BtMG eine strafbare Handlung darstellt“. Leary fordert nirgends zum Rauchen von LSD auf, was auch keinen Sinn machen würde. Aber sowas darf auf Kosten der Steuerzahler ungestraft in unser aller Namen verkündet werden. Auf meine Nachfrage klärte mich die damalige Chefin der BPS auf „Bei dem beanstandeten Satz handelt es sich sicher um ein redaktio nelles Versehen.“ Sicher
92
William S. Burroughs klärt über die Wirkung verschiedener Psychoaktiva auf: Was ist eine Halluzination? Eine Droge, die das Bewußtsein weitet und die Wahrnehmungen der Umwelt und körperlicher Vorgänge steigert. (Ich schlage vor, daß man den Terminus halluzinogene Drogen duch den Begriff bewußtseinserweiternde Drogen ersetzt, da echte Halluzinationen selten sind und bisher keine ausreichende Definition der Halluzination vorgeschlagen wurde). Unter dem Einfluß von Meskalin, LSD oder Cannabis nimmt eine Versuchsperson tatsächlich Farben, Geräusche und Gerüche wahr, man könnte sagen, daß diese Phänomene der erweiterten Wahrnehmung, mögen sie, je nach dem Inhalt der Wahrnehmung, angenehm oder unangenehm sein, die Wirkung dieser Droge darstellen. Farben und Ge räusche gewinnen eine gesteigerte Bedeutung und manch plötzliche Einsicht bleibt erhalten, nachdem die Wirkung der Droge abgeklungen sind. Unter dem Einfluß von Meskalinhabe ich es erlebt, daß ich ein nie gesehenes Gemälde sah. Später stellte ich fest, daß ich das selbe Bild, auch ohne die Droge zu mir zu nehmen, mir wieder vor Augen führen konnte. Dieselben Einsichtenin Mu sik oder die Schönheit eines gewöhnlich unbeachteten Gegenstandes bleiben erhalten, so daß das einmalige Experiment mit einer stark das Bewußtsein er weiternden Droge häufig eine ständige Vertiefung des Erfahrungsbereiche ver mittelt. Meskalin befördert den Experimentierenden in unerforschte seelische Bereiche, und oft findet er den Weg zurück ohne einen chemischen Führer. Ich möchte ein einfaches Experiment beschreiben, das den Unterschied zwi schen sedativen und bewußtseinserweiternden Drogen verständlicher macht. Soweit mir bekannt ist, wurde dieses Experiment so detailliert noch nicht durchgeführt: Man verabreiche einer freiwilligen Versuchsperson eine bewußt seinserweiternde Droge und setze sie gleichzeitig einer genau abgestimmten Anordnung von Reizen aus, - Musik-, Bild-, Geruchs- und Geschmackreizen, die zeitlich abgegrenzt und aufgenommen worden sind, so daß man die ge samt Reiz-Betterie genauso wieder einwirken lassen kann. Einige Tage später, wenn die Wirkung der Droge völlig abgeklungen ist, setze man die drogen nüchternde Versuchsperson den Stimuli in derselben Reihenfolge aus. Bis zu welchem Grade werden die halluzinogenen Erfahrungen wieder geweckt? Je der, der bewußtseinserweiternde Drogen genommen hat, weiß, daß selbst der einzelne Stimulus, den man unter dem Einfluß der Substanz stehend erfuhr, die Drogenerfahrung reaktivieren kann. Es besteht also guter Grund zu der Annahme, daß man die Drogenerfahrung in allen Einzelheiten durch eine
93
exakte Wiederholung der kombinierten Stimuli erneut bewußt werden lassen könnte. Nun sollte man dasselbe Experiment mit einem Morphiumsüchtigen unternehmen. Man verabreiche eine Dosis Morphium zusammen mit einer Reihe Stimuli. Man warte, bis sich Entzugssymptome einstellen. Nun wie derhole man die Reize. Ist irgendeine Erleichterung der Entzugssymptome spürbar? Im Gegenteil. Die mit dem Experiment verknüpften Stimuli machen das Verlangennach der Droge wieder lebendig und verstärken es noch. Das gleiche gilt natürlich ebensogut für Alkohol. Reize, die mit der Einnahme von Alkohol verbunden sind, aktivieren das Verlangen nach Alkohol und fördern den Rückfall. Der Gebrauch sedativer Drogen führt zu einer verstärkten Abhängigkeit von der gewählten Droge. Der Gebrauch bewußtseinserweiternder Drogen könnte den Weg aufzeigen, die positiven Aspekte der halluzinogenen Erfahrung auch ohne irgendein chemisches Agens zu erleben. Alles, was chemisch erreicht wer den kann, könnte man auch anders verwirklichen, sobald genügend Wissen über die Mechanik des Ablaufes gegeben ist. Yehiel De-Nur
verbachte als Häftling Nr. 135633 zwei grauenvolle Jahre im Lager Auschwitz. Er überlebt, wird aber dreißig Jahre lang von dem verfolgt, was er hat miter leben müssen. Er kann nachts nicht schlafen, tagsüber nicht wach sein. 1976 entschließt er sich zu einer (legalen) LSD-Therapie bei dem holländischen Psy chiater Prof. Bastiaans, der in seiner Klinik Überlebenden des Holocausts unter Aufsicht LSD verabreicht, um sie an die Erinnerungen herankommen zu lassen, die sie anders nicht zulassen können — und sie verarbeiten zu können. Der als Buch vorliegende Text ist das literarische Protkoll dieser Erfahrung. Ka-Tzetnik 135633 beschreibt die verschiedenen Stationen des therapeutischen Prozesses und läßt ‘den dunklen Planeten, den Feuerplaneten, den Ascheplaneten Ausch witz’, wie er ihn unter Einfluß der Droge erlebt hat, Wiedererstehen. Das Nachwort des behandelnden Arztes aus Shivitti Prof. Dr. med. Jan C. Bastiaans In Shivitti schildert uns der hochbegabte israelische Autor Ka-Tzetnik 135633 (Yehiel De-Nur) auf das Eindrucksvollste den bewußten und unbewußten See lenzustand eines Menschen, der knapp dem Tod in Auschwitz entgangen ist. Sel ten, wenn überhaupt, vermochte ein Opfer des Konzentrationslager-Syndroms
94
- konfrontiert mit der Notwendigkeit einer hier geschilderten Intensiv-Therapie - diese Erfahrung für andere zu gestalten. Yehiel De-Nur wollte sich dieser Behandlung nicht unterziehen, er fürchte te sie sogar. Wie so viele seiner Leidensgenossen glaubte er, jede Therapie sei zwangsläufig eine schlechte Therapie. Erst auf Drängen seiner Lebensgefährtin, der Theologin Eliyah De-Nur, kam er nach Holland, wo ich als Facharzt für die Behandlung von Gewalt-Opfern praktiziere. Ich pflege meinen Patienten zu erklären, daß die Behandlung, die ich biete, eine Wiederbelebung der Hölle ihres Jahrzehnte alten Traumas bedeutet - mit einem Unterschied: Diesmal gehen sie nicht allein in das Inferno. Diesmal haben sie, falls sie den Heilungsprozeß bejahen, eine Chance, sich aus dem Gefängnis ihrer Erinnerungen zu befreien. Aber die Unterwerfung unter den Heilungsprozeß und das Aufgeben der Kontrolle über die eigenen autonomen Funktionen ist sehr schwierig und nur möglich, wenn die Patienten der Thera pie wie dem Therapeuten genügend Vertrauen entgegenbringen. Mit manchem Auf und Ab überschritt Yehiel De-Nur schließlich die Schwelle des Tors nach Auschwitz und fand dort Freiheit. In Worten, denen nichts hinzuzufügen ist, schildert Ka-Tzetnik 135633 seine Existenz in der Hölle. In dieser todesnahen Nachbarschaft Satans, aber auch Gottes. Nicht, daß er systematisch alle Gespräche zitiert, die auf den mitge nommenen Tonbändern aufgezeichnet sind; mit großer Einfühlung aber ver mittelt er deren Essenz in Worten und Bildern, und dies so ausdrucksvoll und einprägsam, daß der Leser begreifen muß, was dieser Mensch in den Jahren des Todes erfahren hat. Nie zuvor war es ihm möglich gewesen, sich auf sol cher Ebene mit seiner Erfahrung auseinanderzusetzen; mit Hilfe der Therapie aber konnte er es. Wie ergreifend jener Moment, als er, zehn Jahre später, sei ne Selbstbehandlung mit der Aufzeichnung dieses Buches beschließend, seine Frau über zwei Meere hinweg anruft und weinend verkündet: »Nike, es ist passiert. Es ist passiert, Nike.« Nachdem Herrn De-Nurs Behandlung abgeschlossen war, hatten wir jah relang keinen Kontakt, aber in dieser Zeit sammelten sich erneut seine schöp ferischen Kräfte. 1987 war Shivitti im hebräischen Original fertig. Anfangs zögerte er, das Manuskript zu veröffentlichen und dachte sogar daran, es zu verbrennen. Doch kaum publiziert, fand es weltweite Beachtung. Mit großer Bewunderung für die De-Nurs beglückwünsche ich sie zu dem Erfolg, das Wesen dieses therapeutischen Weges genau herausgearbeitet zu
95
haben. Damit ermöglichen sie es allen Lesern - denn wir alle sind Opfer des Krieges - sich die Dimensionen und auch den Kern unseres menschlichen Lebens bewußt zu machen. Für diesen Einsatz möchte ich Yehiel De-Nur von Herzen danken.
Claudio Naranjo
„Als einer der wenigen (neben Dr. Bastiaans und Dr. Stanislav Grof), denen es vergönnt war, dieses Gebiet legal klinisch erforschen zu dürfen, hatte ich in den sechziger Jahren die Möglichkeit, die Aufmerksamkeit der Welt auf das außergewöhnliche Potential jener Substanzen, für die ich den Namen ‘Gefühls verstärker’, heute Empathogenen und ‘Fantasieverstärker’, auch Oneirophrenics vorschlug, zu richten. Mir war es gegeben feststellen zu können, daß sich di ese wie ein psychologisches Gleitmittel einsetzen lassen, es möglich machen, einigen Menschen effektive therapeutische Hilfe weit über die traditionellen Hilfsangebote hinaus angedeihen zu lassen. Natürlich betrübt es mich, wie un glücklich sich die Politik in das wertvolle Heilpotential der Psychedelika in der Psychotherapie eingemischt hat. Mit Ausnahme der vorurteilsfreien Schweiz und der Niederlande werden Psychedelika heute in den meisten Ländern als gefährliche Drogen ohne Gebrauchswert eingestuft. Durch ihr Verbot werden sie unbrauchbar. In Zeiten der globalen Krisen erlauben wir uns, eines der hilfreichsten Therapeutika zu mißachten. Und das just, als klar wird, daß unser eigenes Überleben durch überholte Beziehungsmuster zu uns selbst und ande ren bedroht ist, das unsere größte Hoffnung im menschlichen Faktor liegt. Es ist wohl wahr, daß einige Menschen eine Veranlagung zur Sucht in sich tragen und das Sucht in unserer Gesellschaft ein grundlegendes Problem darstellt. Genau so wahr ist jedoch, daß sich Süchte nur im unsachgemäßen Umgang mit Drogen einstellen und unsere soziale Situation, in der den Drogen das kon struktive Potential abgesprochen wird, den sachgemäßen Gebrauch vereitelt. Ich hoffe daß die Zeit kommen wird, in der LSD und andere der Therapie förderliche Substanzen (wie Morphium und Amphetamine) durch Fachleute kontrolliert eingesetzt werden können und wenn jene wenigen sachverstän digen Lebenden ihre Erfahrungen in neuen ‘Schulen’ einer neuen Generation von Praktikern vermitteln dürfen.“ (aus Naranjos Vorwort zu Shivitti)
96
Jakov Lind
Aus einer Rezension Marcel Reich-Ranickis von Jakov Linds ‘Selbstportrait’, über einen 13jährigen Österreicher mit Gelbem Stern, der sich 1940 beim dem Einmarsch der Wehrmacht in Holland freut: „Von nun an hatte ich mich nur um mich selber zu kümmern. Wunderbar. Nur die Deutschen im Lande, die störten mich. “ Für den Halbwüchsigen hatte die Okkupationszeit eben auch Vorzüge, im Sommer 1941 heißt es knapp: „Ich war frei. Endlich.“ 1943 gelang es dem mittlerweile Sechzehnjährigen, seine Identität zu wechseln. Mit den Papieren eines holländischen Arbeiters entschloß er sich zur Flucht aus dem besetzten Holland —; es war eine Flucht nach vorn: Er ließ sich auf einen Rheinschlepper anheuern, kam nach Deutschland, wanderte von Stadt zu Stadt und wurde nach allerlei Abenteuern sogar Mitarbeiter einer mysteriösen Dienststelle des Reichsluftfahrtministeriums.“ [Ein persönlicher Einschub des Autors — Von all dem wußte ich nichts, als sich 1969 eines Nachts ein gestandener Mann, als Gast des örtlichen Rabbiners in der Stadt, respektvoll in unsere Runde von Jungspunden hockte und ange messen mitrauchte. Es dauerte noch Jahre, bis ich den ersten deutschen Kiffer über 30 traf. Jakov hingegen war der erste Erwachsene, der meine bewußte Berufswahl, Dealer, dankenswert lobpreiste, und uns, den Lagerfeuer-Tripper, von seinen beeindruckenden Erfahrungen erzählte: Stunden allein in einem leeren weißen Raum. Dieser Trip ist mir auch 40 Jahre später noch präsenter als viele meiner eigenen; ohne diese Prägung wäre dieses Buch vielleicht nie entstanden.] Jakov Lind hatte LSD in den ‘50ern beim Psychiater Dr. Tom Ling in Lon don kennengelernt. Ling behandelte erfolgreich u.a. traumatisierte englische Soldaten; zu seinen Paradepatienten gehörte James Steward. Jakovs Frau un ternahm wegen Depressionen eine LSD & Anthropomorphin-Therapie bei Dr. Ling. Dieser empfahl Jakov eine selbige, um seine Frau besser verstehen zu können. In Jakovs — stark gekürzten — Worten: „Er versuchte es noch einmal, ap pellierte an meine Verantwortung als Mann und Vater, daß ich es wenigstens meiner Familie zuliebe versuchen sollte. Außerdem wären da einige meiner Kriegserlebnisse, von denen er unterdessen einiges wüßte, um mir versichern zu können, daß ich bei dieser Therapie Dinge über mich selbst erfahren würde,
97
die zweifelsohne ein Gewinn wären. Freilich, Mut gehörte schon dazu. Man mußte nicht die Intuition eines Psychiaters von Lings Format haben, um mir sofort anzusehen, was Wörter wie Mut und Feigheit bei mir auslösten. Hatte ich nicht Mut gewiesen, als ich mich in der Höhle des Löwen versteckte? Und hatte ich mich vor den Bluthunden der Gestapo gefürchtet, als ich den gelben Stern vom Ärmel trennte und einen Job als Schiffsjunge auf einem Rheindampfer an nahm, der geradewegs in Hitlers Reich fuhr? Wie konnte einer, der den Teufel nicht fürchtete, vor einer Spritze Angst haben, vor einer wunderbaren neuen Droge, die mir Einsichten in die eigene Psyche geben würde, wie ich sie noch nie erlebt hatte? Als Schriftsteller war ich doch ständig hinter den Gedanken und Phantasien anderer her; reizte es mich denn gar nicht herauszufinden, wie es in mir drinnen aussah? [...] Sobald die Lysergsäure in den Blutkreislauf gelangt, was ein paar Minuten dauert, senkt sich eine Wand und man hat das Gefühl, vollkommen einge schlossen zu sein. Wie in einem Kokon. Ich bin von der Außenwelt abgeschlos sen, mein ganzer Körper fühlt sich taub an, meine Zunge ist gelähmt. Ich bin nur noch Kopf ohne Körper. Ein Niemand. Der Kampf ums Leben beginnt: Die Worte stehen erst am Anfang ihrer Bedeutung. Bevor Ling das Zimmer verläßt, dreht er sich in der Tür noch einmal um. Nein, er öffnet die Tür noch einmal, die er bereits hinter sich zugemacht hat, und sagt ganz ruhig: „Denken Sie an Ihre Mutter, Mr. Lind.“ Das macht mich wütend, so wütend, wie ich es in meinem ganzen Leben nicht war. Ich koche vor Wut. Wie kann er es wagen, mir zu vorzuschreiben, an meine Mutter zu denken, meine geliebte heilige Mutter, die einzige, die mich immer geliebt hat? Wer sagt, daß ich an irgendwas denken muß? Ich muß über haupt nicht. Schon gar nicht an meine Mutter. Ich spüre sie. Ich kann meine Mutter spüren, ihren Leib. Ich dringe in sie ein. Ich krieche in sie hinein. Ich bin in ihr, in ihr drinnen. Ich lebe in meiner Mutter. Sie ist meine Sicherheit, meine Zelle, meine Isolation, meine Festung, meine Kraft. In ihr geht es mir gut, in ihr bin ich in mir, sie stillt all meine Bedürfnisse, ich brauche nichts. [...] Ich verlasse meine Mutter und kehre in sie zurück — oder ist sie die Mutter meiner Kinder und ich weiß nicht, wer sie ist? Sie verwirrt mich. Ich muß raus, raus aus ihr. Raus aus diesem weiblichen Schutzpanzer, den ich liebe und hasse und nicht lieben will. Weil er meine Angst ist. Ungeboren zu sein, ist Angst.
98
Zurück zu meinen Wurzeln. Zurück zum Stamm, zu meiner Abstammung. Zurück in die Hoden meines Vaters, in seinen Samen, der mich gezeugt hat. Zurück in mein maskulines, männliches, mein ursprüngliches Selbst, bevor mich dieser Mann einpflanzte, der wie mein Vater aussieht, und dann wieder nicht, der auch aussieht wie ich. Ich bleibe mein ganz eigenes Selbst. Ich will bei meinen männlichen Vorfahren bleiben und kein Weib soll meine Potenz, meinen Samen in Fleisch verwandeln. Vor meinen Augen läuft ein Film ab, beschleunigt. Ich bin mein Vater. Der Vater meines Vaters und seines Vaters Vater. Und dann — diese Freude! Diese Erleichterung! [...]
Eingesperrt. Zurück im Mutterleib, dem ich entkommen wollte. Wieder dort, wo ich angefangen habe. Ich werde böse. Auf sie. Auf mich selbst. Mein bürgerliches Leben hat seinen Preis, der bezahlt sein will. Und ich bezahle. Mit Wut und mit Haß. Und auf einmal weiß ich es: Es ist die Vernunft, die mich gefangen hält, die absolut berechtigte Vernunft, die mir sagt, „wozu die Eile, du Verrückter auf Deinem Pferd, wo willst du hin und wozu?“ Die anderen (elf) Sitzungen waren ähnlich. Visualisierungen von Gefühlen und Gedanken, Halluzinationen, in denen ich sterbe und wiedergeboren werde, Schmerzen erleide und Ängste spüre, die ich inzwischen wieder vergessen habe. [...] LSD war mir ein wichtiger Lehrer in der Archäologie der Psyche, aber nach zwölf Lektionen war meine Neugierde gestillt, tiefer wollte ich nicht graben. Es reicht, den Nomaden und Heiden in mir entdeckt zu haben, das machte mir eine Zeitlang genug zu schaffen.“ Werner Pieper
Rund 1375 Gramm wiegt das menschliche MannesHirn etwa (das weib liche etwa 130 Gramm weniger) und es setzt sich aus schätzungsweise hundert Milliarden Nervenzellen zusammen. Während du diese Sätze liest, übersetzen deine Augen Licht- und Nervensignale. Diese werden zum Sehzentrum, das unten am Hinterkopf liegt, gesendet. Von dort aus werden die Impulse in die auf visuelle Assoziationen ansprechenden Gehirngebiete übermittelt. Wenn dir diese Worte vorgelesen werden, so ist es dein Ohr, das die akustischen Signale in Nervensignale umwandelt und diese in Richtung Hörzentrum des Gehirns, oberhalb vom Ohr und hinter deiner linken Schläfe, übermittelt.
99
Die Menschen in der Bibel kannten das Gehirn noch nicht. Propheten wie gemeines Volk dachten und fühlten mit den Nieren, den Därmen, und, selbst redend, mit dem Herzen. Bei den alten Griechen hieß die Masse, die von den Helden der homerischen Gesänge im Kampfgetümmel mitunter verspritzt wurde ‘Enkephalos’ — ‘das, was im Kopfe ist’. Da man also die Wirkungs weise des Gehirns nicht korrekt nachvollziehen kann, entwerfen die Fachleute seit geraumer Zeit Modelle, anhand deren man mitunter mehr über die Zu sammenhänge und komplexen Abläufe des Gehirns erfahren kann. ‘Modelle’ entsprechen bestenfalls einer Landkarte — aber sie können nie der wirklichen Landschaft entsprechen. Der Antroposoph Helmut Finsterlin klärte mich auf: “Man muß vielleicht zunächst verstehen, daß der Mensch ein lebendiges Gewinde im Bauch und ein relativ totes Gewinde in der Schädelkapsel trägt. Das sind zwei Pole im Menschen: Das Gedärm und das Gehirn. [...] Kurz: Das Gehirn ist im Grunde genommen ein Haufen Scheiße.” Aha, und was meint Meister Rudi Steiner?: “Die Grundlage des Vorstellens ist ein Abbauprozeß. Die Materie muss erst zerstört und die Zerstörungsprozesse plastisch geformt werden, damit sie die Grundlage abgeben können für das Funktionieren des Geistigen in uns, für die Gedanken. Wir müssen erst unsere materielle Grundlage zerstören, wir müssen gewissermaßen erst Löcher in das Gehirn schlagen, damit wir denken können.” Die psychoaktive Substanz LSD schlägt solche Löcher. Ob man danach bes ser denken kann, mag dahingestellt sein. Jedenfalls kann man umfassender wahrnehmen. Entgegen weitläufiger Meinung ist der Konsum illegaler Drogen nicht strafbar — nur der Handel & Besitz. Jedoch können private LSD-Trips nicht zur Grundlage von wissenschaftlichen Versuchen genutzt werden. Um so größer meine Freude, als ich in den 80er Jahren zum Versuchskaninchen legaler LSD/Hirn-Forschung bei Dr. Hess in Mannheim mutierte. Die offizi elle Aufgabe:‘Neurophysiologisch nachweisbare Veränderungen der Hirnfunktion — optisch/akustisch, Funktionsverschiebungen der beiden Hirnhälften — durch tryptaminerge Drogen’. Vor dem morgendlichen Trip unterzog ich mich mit nüchternem Magen ein paar psychologischen Tests, meine Gehirnströme (EEG) wurden gemessen. Ich machte mich mit dem Setting — im Keller-Krankenzimmer eines Mannheimer Krankenhauses, mit bunten, indischen Tüchern an der Wand — vertraut. Für mich war es der etwa 333. LSD-Trip — aber der erste legale; der erste aus nach weislichem Sandoz-Stoff, den Original-Hofmanns-Tropfen, eine Dosis meiner
100
Wahl... und per Fixe: ein Stich in den Arm & schon gings raketenschnell auf die Erkundungsreise ins Innere, ja, Innerste. Die Mission: Erkundung des hirnischen Hemisphärenshifts. Hier ein paar Eindrücke live von damals: “Der blanke Horror! Nein, nicht in mir, sondern direkt vor meinen Augen. Ich liege still und bequem & bin Eins mit dem Kosmos. Aber in den Augen der Schwe ster, die versucht, mir Elektroden an den Kopf zu beppen steht die Angst. Sie wußte, daß ich kurz zuvor LSD verabreicht bekommen hatte. Doch dies war für sie wohl eine Teufelsdroge und sie schien Angst vor einer Ansteckung des potenziellen Wahnsinns zu haben.” Aber keine Bange, es gab keinen Grund zum freaken. Ich bekam, wie alle an deren Testpersonen, die selbe elektronische Musik vorgespielt (angenehm); zwei Stunden konnte ich frei trippen, Malfarben und Musikinstrumente lagen bereit. Zwei Stunden nach Versuchsbeginn wurden dann dieselben Tests wie vor Drogeneinnahme durchgeführt. Das Forschungsziel: Ergründung des Hemispharenshifts, d.h. der Wechselwirkung zwischen linker und rechter Gehirnsei te; die Aktivitäten des Gehirns schlechthin unter Berücksichtigung des künst lerischen Aspekts, dem Auftauchen archetypischer Symbole u.a.m. Zum einen konnte ich mir meine Denkaktivitäten erstmals auf dem Bildschirm anschauen und steuern, zum ändern lernte ich Rechtshänder aus den Resultaten, daß ich auf LSD rechts etwas ungeschickter wurde, links dagegen viel geschickter — die beiden Hirnhälften glichen sich an. So hatten wir uns das in etwa vorge stellt. Es gibt inzwischen 3500 Berichte zum Thema LSD, aber bislang weiß man noch sehr wenig über die konkreten Wirkungen und Auswirkungen der Droge im menschlichen Gehirn. Wird Dr. Hess das Geheimnis ergründen? Nachdem die erste Versuchsreihe mit den letzten Vorräten der Firma Sandoz (Ampullen aus dem Jahr 1951) gut gelaufen war und Dr. Hess auch eine Verlän gerung seiner Versuchserlaubnis bekam, tauchte ein neues Problem auf: es gibt kein legales LSD mehr. Dr Hess hat zwar die Genehmigung, LSD herstellen zu lassen, findet aber niemanden, der es ihm macht. Eine Schande! Das war das — bis heute — vorläufige Ende der deutschen Forschung mit psychoaktiven Drogen.
101
LSD-Forschung heute Anfang des 21. Jahrhunderts fanden in Basel - anläßlich Albert Hofmanns 100. Geburtstag und zwei Jahre drauf - große Konferenzen zum Thema LSD statt. Günter Amendt, dessen erhellendes Buch Die Legende vom LSD nur we nige Tage vor der Tagung 2008 (im 2001-Verlag) erschienen war, wurde zu selbiger nichtmals eingeladen. Während die anwesenden Forscher stolz da von berichteten, demnächst wieder legal mit LSD forschen zu dürfen, stellte Amendt in seinem Buch die einfache Frage: Warum ausgerechnet jetzt, in der Amtszeit von G.W. Bush? „Die CIA beziehungsweise die DEA hatte doch von Anfang an alles, was LSD und verwandte Stoffe betrifft, unter Kontrolle. Und so wird es auch in Zukunft sein. Die von MAPS (Multidisciplinary Association for Psychedelic Studies) geplanten Forschungen mit MDMA und LSD verlangen eine Ausnahmegenehmigung durch Regierungsstellen. Die gibt es nicht ohne die Zustimmung oder wenigstens Duldung durch die zuständigen Dienste. Man wird kooperieren.“ Die logische Erklärung für das LSD-Forschungsrevival, eine Bankrotterklä rung für die Militärführung: Zu Zeiten des Vietnam-Krieges mußten rund 10% der zurückgekehrten GIs daheim psychologisch betreut werden; heute herrscht bei 30% der aus dem Irak und Afghanistan rückkehrenden Krieger psychologischer Hilfsbedarf. Die posttraumatischen Belastungen (PTSD) trig gern Alpträume, emotionale Abstumpfungen und Depressionen. Diese Men schen ‘funktionieren’ nicht mehr. Das ergeht deutschen Soldaten nicht anders; wenn ihr Wehrdienst oder ihre Zeit als Berufssoldat abgelaufen ist, müssen jene, die in ihrem Einsatz akuten Streßsituationen ausgesetzt waren, anschließend selber damit klarkommen; psychologisch betreut werden sie nur so lange, wie sie im Dienst der Bundes wehr stehen. Bislang war noch nicht die Rede davon, diesen Bundesbürgern mit psychoaktiven Substanzen zu helfen — so wie es nun in den USA. Kanada, Israel, Jordanien und anderswo in die Wege geleitet wurde. Im Juli 2008 berichtete Charles Shaw unter dem Titel Emerging from the Drug War Dark Age: LSD and Other Psychedelic Medicines Make a Comeback: „Nach einem 40jährigen Moratorium kehrt die offizielle Forschung wieder zur Behandlung von Erkrankungen und Süchten mit psychoaktiven Substanzen zurück. Unter überdurchschnittlicher Beteiligung der Medien fand das World Psychedelic Forum in Basel, der Heimat Albert Hofmanns statt. Die britische
102
Medizin-Zeitschrift The Lancet, bekannt für ihre kritischen Anfragen beim Pentagon ob der wahren Zahl der Kriegsopfer, titelte Research on Psychedelics Moves into the Mainstream. Der Lancet Beitrag berichtet von einer Anzahl von klinischen Studien zu Problemen wie Angstzustände und Neurosen’ mit Hilfe psychoaktiver Substanzen.“ MAPS unterstützt derzeit drei unabhängige Stu dien in den USA, Israel und der Schweiz, u.a. um mit Hilfe von MDMA dem Problem der zunehmend auftauchenden Fälle des Posttraumatischen Syndroms auf die Schliche zu kommen. Selbst DER SPIEGEL (30/09) berichtete auf drei Seiten über die neue Welle von diesbezüglicher Forschungen mit LSD in der Schweiz, den USA, Großbri tannien und Israel. Im März 2010 wurde vorerst die Arbeit eines israelischen MDMA/PTSD-Teams unterbrochen, soll jedeoch bald mit Unterstützung des Militärs fortgesetzt werden. Im April 2010 traf sich erstmals ein MDMA/ PTSD-Forschungsteam aus Jordanien Malcom Ritter ergänzte im selben Jahr für associated press (ap): Psychedelic trips aid anxiety treatments in study — In the wake of the war on drugs, researchers study effects of LSD, MDMA on anxiety and post traumatic stress. Die Studien an der New York University gehören zu einer handvoll, die sich derzeit in den USA und anderswo mit Drogen wie LSD, MDMA (Ecstasy) und Psilocybin, dem Wirkstoff der Zauberpilze beschäftigen. Diese Arbeiten setzen die For schung fort, die vor Jahren im Zuge des War-on-Drugs gestoppt wurde. Die aktuelle Forschung steckt noch in den Kinderschuhen, doch MAPS-Executive Director Rick Doblin stellt fest: „Heutzutage wird die Psychedelik weltweit mehr erforscht als in den vergangenen vierzig Jahren.“ Und „Wir stehen am Beginn einer neuen Renaissance.“ Konkret meldete MAPS im Sommer 2010 nicht nur den erfolgreichen Ab schluß einer Langzeitforschung einer durch MDMA unterstützten psychothe rapeutischen Behandlung von PTSD, die via www.maps.org/mdma/ptsdpaper. pdf nachgelesen werden kann. Das Feedback - von Time, Fox News, New Sci- entist bis hin zu Military.com - war flächendeckend positiv. Nun widmet man sich vorrangig der nächsten Studie, die ausschließlich mit U.S.-Veteranen durchgeführt wird, die nach ihren Kriegseinsätzen im Irak, in Afghanistan oder gar noch aus Vietnamzeiten bislang gegen herkömmliche PTDS-Behandlungen immun reagieren. Man geht davon aus, daß sich Präsi dent Obamas Ankündigung vom 11. Juli d.J., daß es eine Aufgabe von natio naler Dringlichkeit sei, ex-GIs bei der Behandlung ihrer PTSD zu unterstützen,
103
positiv auf dieses Projekt auswirken wird. So kommentierte Lt. Col. Rakesh Jetly, Gesundheitsberater Gesundheitsberater der Canadian Armed Forces im August ‘10 der To „Unser Geschäft ist es, Leiden zu stoppen. Wenn uns etwas gezeigt ronto Sun: „Unser wird, daß uns hilfreich erscheint, werden wir es ernsthaft in Betracht ziehen.“ Mit den Stimmen dieser und anderer Experten im Rücken steigen die Hoff nungen von MAPS auf weiteren Rückenwirnd für ihre Forschungsbemü hungen. „Unsere bislang weitgehend erfolglosen Bemühungen, bei unserer MDMA/PTSD-Forschung mit dem Verband der US-Kriegs-Veteranen, dem Verteidigungs-Ministerium und dem National Institute on Mental Health, er scheinen nun bei weitemnicht mehr so aussichtslos“, verriet Rick Doblin im August 2010. Doch die Widerstände seien noch groß, ergänzt David Nichols, Professor der medizinischen Chemie und Präsident des Heffter Institute, welches die NYUStudie unterstützt. „Dieses ganze HippieDing der 60er und der Medientrubel jener Zeit hat in der Öffentlichkeit einen schlechten Geschmack hinterlassen.“ Dieses HippieDing geschah immerhin freiwillig, wissend und oft positiv be wußtseinsbewegend. Was für ein Nachgeschmack bleibt, wenn man von MKULTRA, Sainte-Pont-Esprit und Frank Olson weiß, Dr. Nichols? Günter Amendt: „Das Angebot von MAPS entspricht exakt dem Anforde rungsprofil des Militärs. [...] Das von der UNO verhängte strikte Forschungs verbot wird also längst unterlaufen — mit stillschweigender Zustimmung der entsprechenden UN-Gremien. Davon ist auszugehen. Und irgendwer muss inzwischen auch das strikte Produktionsverbot unterlaufen und die Herstel lung von LSD wieder aufgenommen haben. Denn dass die eingereichten und behördlich bereits genehmigten LSD-Projekte sich bei der Beschaffung des Stoffes auf dem Schwarzmarkt bedienen werden, ist unwahrscheinlich.“ Wir hören wenig über die psychischen Probleme aus Afghanistan und ande ren Kriesengebieten zurückgekehrten Soldaten der Bundeswehr. Ein aus dem Kosovo zurückgekehrtem ‘Polizisten’ berichtete mir von den Spätfolgen, dem permanenten inneren Horror, aus dem er — diesseits von Alkohol — keinen Ausweg findet. Basel Nachtrag:
Versuche eines Brückenschlages vom Underground zur akademischen For scherwelt - für Albert Hofmann kein Problem - scheiterten. Die von Hof mann unterstützten Bemühungen von John Beresford 2006, auf wegen LSD -Herstellung & Handel inhaftierte Menschen aufmerksam zu machen wurden
104
von den Veranstaltern ebenso abgewürgt wie eine ähnliche Kampagne zwei Jahre später im Andenken an den Kämpfer Beresford, der kurz zuvor gestorben war.. Dabei befanden sich unter den 2.500 Acid-Heads vor Ort noch einige, die Jahrzehnte zuvor von Beresfords Magic Gram gekostet hatten. Kaum einer der Anwesenden hatte seine Trips je legal erwerben können, d.h. viele der heu te akademischen Forscher haben ihre Forschung auf Produkten des Schwarz marktes aufgebaut. Statt sich mit den Opfern der Justiz zu solidarisieren über wog wohl ein schlechtes Gewissen - bis hin zur Paranoia - geoutet zu werden.
Nachworte des Herausgebers Auslöser mich erneut intensiver mit dieser Thematik zu beschäftigen war das Buch A terrible Mistake, The murder of Frank Olson and the CIA’s secret Cold War experiments von Hank P. Albarelli (820 Seiten, ISBN 978-0-9777953-7-6; Chicago 2009). Durch Freigabe vieler Dokumente nach 50 Jahren durch den Freedom- & Information Act erfahren wir heute die wahren Grundlagen vieler langjährig schwelenden Gerüchte über die menschenverachtende ‘Drogenpolitik’großer Brüder. Meine Motivation: meine Verantwortung als langjähriger LSD-Vertreiber zu Zeiten, als mir/uns diese Nutzung von LSD durch einen staatlichen Under ground unvorstellbar erschien. Ich bin nicht so vermessen zu behaupten: so wie im ersten Teil des Buches geschildert, war es wirklich — handele es sich nun um den Ergot-Ausbruch in Pont-Sainte-Esprit oder den tragischen Tod von Frank Olson. Aber es fällt mir schwer zu glauben, daß es anders war; zumal es eine Unmenge von hier nicht weiter ausgeführten, so doch bewiesenen Schweinereien bei der Verabreichung von LSD und anderen Substanzen an Tausende von Inhaftierten, Soldaten, Freiern und Zivilisten gab — ohne daß jene über ihre Rolle als, wie ich sie nenne, Drogensklaven, informiert wurden; niemand klärte sie vorher oder hin terher über die Fakten auf, niemand half ihnen mit ihrem restlichen, oftmals verwirrtem Leben, fertig zu werden. Artikel 1 des Nürnberger Kodex von 1947 verbietet jegliche Versuche mit Menschen ohne deren Einwilligung; später wurde diese Formulierung modi fiziert in «Der Freiwillige stimmt der Untersuchung schriftlich und mit seiner Unterschrift zu». 1963 verkündete jedoch der CIA-Planungsdirektor Richard
105
Helms: «Da wir der festen Überzegung sind, daß dieses Programm, ohne Tests an unwissenden Personen, keinen Sinn ergibt, schlage ich vor, daß wir a) mit dem Testprogramm fortfahren, oder b) uns aus dem Feld der Manipulation von Menschen durch heimlich verabreichte Drogen zurückziehen Zum Titel: Da sich LSD nicht als Wahrheits-Droge eignete, überlegte man beim CIA in den 50ern, ob sie sich nicht als Lügen-Droge nutzen ließe: man könne ja alle eigenen Agenten mit LSD ausrüsten, daß sie im Falle der Auf deckung durch den Feind nehmen sollten, um in Verhören zusamenhangloses Zeug zu brabbeln. Man ließ sich sehr viel Zeit um herauszufinden, daß es sich bei LSD im militärischen Sinne weder um eine vertrauenswürdige Wahrheitsnoch um eine zuverlässige Lügen-Droge handelte. Doch sollten die eigenen Agenten für den Fall der Fälle, daß sie, einmal gefangen genommen, entsprechende Substanzen von den Russen eingeflößt bekämen, vorbereitet sein. Es sollte ihnen zumindest bewußt sein, daß die Wirkung eines solchen Trips zeitlich begrenzt waren. Also ließ man die eige nen Agenten von der Substanz kosten. Dieses Unternehmen — da sich keine offizielen Unterlagen dazu finden, handelte es sich möglicherweise um eine inoffizielle private Undercoverarbeit der Agenten unter sich — lief unter dem doppeldeutigem Namen Enlightened. Operativ. Es widerstrebte mir ein Horror-Büchlein mit ausschließlich negativen LSDBezügen herauszugeben, also habe ich es zum Ausgleich in Teil zwei mit Einund Ausblicken positiver (auch ‘Erleuchtungs’-) Erfahrungen und Forscher ergänzt. These I: bei LSD handelt es sich nur unter bestimmten, entweder vor gegebenen oder unbesonnenen Settings um eine Horror-Droge handelt, die bei überlegter Vorbereitung jedoch als eine hochgradig positive psychoaktive Therapie- & Rekreationssubstanz dienen kann. These II: LSD war für Hundertausende in den 60ern die Antidode zur Gedankenüberwachung und Kriegs maschinerie. Also wurde es in den Medien flächendeckend flächendeckend zum Gift erklärt. Als Konsument genoß ich meine erste ‘Erleuchtung’ in der Nacht der 1. Mondlandung, im Juli 1969. Es folgten überdurchschnittlich viele Trips, der (vorerst?) letzte ist schon viele Jahre her. Meine Kariere als Vertreiber der Sub stanz und Trip-Begleiter, u.a. auch als Not-Begleiter auf Festivals, begann 1969 und dauerte einige Jahre. Grundlage meiner Dealer-Zeit war Lehrer Red, und die Anweisungen 'Dealfor Real’ von von Tim Leary — also: Dealen als Vertrauens maßnahme, nicht zur Gewinnmaximierung. Unter meinen Kunden gab es auch
106
viele Gis, die in jener Zeit froh waren, nicht in Vietnam, sondern Heidelberg stationiert zu sein. Es gab kein Unrechtsbewußtsein, keine Paranoia. Wir wußten um Set & Setting; ich selber habe trotz überdurchschnittlich vieler LSD-Erfahrungen nie einen Horror-Trip oder beängstigende Flashbacks erlebt. Begegnungen mit der Polizei waren unproblematisch (hatte in meiner ‘Ausbildung’ gelernt, mir auftauchende Polizisten immer sofort ohne Uniform, also nackt vorzustellen. No problem). Zu jenen Tagen (& Nächten) hatten meine Kollegen und ich keine Ahnung, was für Horror-Trips Menschen aus jenen Kreisen, die dem Bürger, also auch uns den LSD-Konsum verboten hatten, im Geheimen mit unsern geliebten Hofmanns Tropfen anstellten. Aus meinem Interesse für LSD ergaben sich viele dauerhafte Bekanntschaften, auch gemeinsame Erlebnisse und Freundschaften mit den in diesem Buch vorkommenden Erforschern psychoaktiver Substanzen wie Albert Hofmann, John Beresford, John C. Lilly, Timothy Leary, Terence McKenna, Alexander Shulgin, Claudio Naranjo — mit denen ich mich aller dings selten über Drogen unterhalten habe. Einige meiner ehemaligen LSD-Kunden und Kollegen sind noch heute, vier zig Jahre später, meine besten Freunde. Nicht nur dafür bin ich sehr dankbar. PS. Ich saß im Sommer 2010 allein hinterm Haus im Grünen, da tauchte plötz lich W. auf — dem ich ein zuvor, zweimal flüchtig begegnet war. Doch nun hatte er ne Flasche Whisky dabei, die er in den nächsten vier Stunden fast leerte. Er ist 40, Frührentner, posttraumatisch gezeichnet, war beim ersten Schwung deutscher ‘Polizisten’ im Kosovo und redete sich viel von seinem unbewältigtem Hirnballast von der Seele, eine Mischung aus Frank Olson & James Lee Burke. Geheimdienst- bis Gangsterstories, all inclusive; er weiß of fensichtlich, wie man Konflikte gewaltvoll beendet. Sowas hatte ich auch noch nie erlebt; wiederholte Sprachlosigkeit, Tränen schießen aus seinen Augen, es schüttelte ihn — weiß der Teufel, warum er mit seinen Geschichten zu mir gekommen war. „Das kann man ja kaum jemandem erzählen “, meinte er auf Nachfrage, und von der Bundeswehr sei auch keine psychologische Hilfe der Aufarbeitung seiner traumatischen Erlebnisse, oder jener seiner Kollegen, zu erwarten — bevor er dann zu seinem Wagen wankte & verschwand.
107
Zum Autor Ronald Rippchen wurde vor allem durch seinen Bestseller Jonglieren leicht gemacht, sowie seine KPD (= Kräuter, Pillen, Drogen)-Kolumnen, die Mitte der 80er Jahre 64 Wochen lang dienstäglich die taz ergänzte, bekannt. Ripp chen hat keinen Führerschein, kein Mobile oder Baussparvertrag noch hat er je gewählt, außer seinen ureigenen Lebensweg. Er verweigert sich auch jeglicher Schreibreform, übernimmt aber gerne die Verantwortung für alle Fehler. Und freut sich auf Korrekturen — inhaltlichen wie schreiberischen. Weitere Buchveröffentlichungen des Autors Heiter weiter — die gesammelten taz-Kolumnen Was? tun! — Drogen-Notfall-Hilfsbuch Reefers Digest — das Hanf-Lesebuch
Quellen H. P. Albarelli: A terrible Mistake, The murder of Frank Olson and the CIA’s secret Cold War experiments; Chicago 2009 Brian W. Aldiss: Barefoot in the head (Acid-War-S.F.), Ace Book, N.Y. 1972 Günter Amendt: Die Legende vom LSD; Zweitausendeins, Frankfurt 2008 Virginia Beresford: Remembering John Spencer Beresford, L.A. / Löhrbach 2007 Jim Channon: The First Earth Battalion Field Manual, nur online via http://ejmas. com/jnc/jncart_channon_0200.htm oder http://www.dareland.com/field_manual.pdf Jochen Gartz (Hrg.): Halluzinogene im „Sozialismus Solothurn 1998 Jochen Gartz: Psychedelika- historisch betrachtet; Engelsdorfer Verlag Leipzig 2007 Jochen Gartz: Chemische Kampfstoffe; Der Grüne Zweig 243, Löhrbach 2003 Don Gillmor: I swear by Apollo, CIA-Brainwashing Experiments; Eden Press, Mon treal 1987 Albert Hofmann: LSD — mein Sorgenkind; Klett Cotta, Stgt.1979 Albert Hofmann: Naturwissenschaft und mystisches Welterleben; Der Grüne Zweig 150, Löhrbach Michael Hollingshead: The Man Who Turned On The World; Blond & Briggs, London 1973 KA-TZETNIK 135633: Shivitti, eine Vision; Grüner Zweig 250, Löhrbach, 2005 Egmont Koch, Michael Wech: Deckname Arichoke, Die geheimen Menschenversuche der CIA; Bertelsmann, 2002
108
Franz Kurowski: Unternehmen Paperclip — Alliierte Jagd auf deutsche Wissenschaft ler; Moewig Vlg. 1982 Daniel Lamperter: Verhaltensmanipulation durch Halluzinogene. Jahrbuch des Eu ropäischen Collegiums für Bewusstseinsstudien, 161- 170 (1997); VWB Berlin 1998 Martin A. Lee / Bruce Shlain: Acid Dreams; Grove Press, N.Y. 1985 John C. Lilly: Der Scientist; übersetzt von Werner Pieper; Sphinx Vlg. 1984 John C. Lilly & Francis Jeffrey: John Lilly, so far ...; Tarcher 1990 Jakov Lind: Selbstportrait; S. Fischer, 1970 Jakov Lind: Im Gegenwind; Picus 1997 John Marks: The search for the Manchurian Candidate — The CIA and mind control; Dell Books 1979 Alfred W. McCoy: The Politics of Heroin: CIA Complicity in the Global Drug Trade Emanuel Merck, Darmstadt, Firmenschrift aus dem Jahre 1937 Jonathan D. Moreno: Undue Risk, Secret Experiments on Humans; Freeman, N.Y.,
2000 Alexander Ochse: 60 Jahre LSD — Ein kultureller und medizinicher Rückblick; Di plomarbeit an der Uni Kassel, 2003 Werner Pieper: Highdelberg, Zur Kulturgeschichte einer berauschenden Stadt, Edition RauschKunde, Löhrbach 1997 Werner Pieper: Kurt Beringer und die Heidelberger Drogenfoschung der 20er Jahre; Löhrbach, o.J., Edition RauschKunde Werner Pieper: Nazis on Speed, Vol I & II, Edition RauschKunde, Löhrbach 2010 („I love that title. Sounds like a Taratino movie ", meint H.P. Albarelli) Werner Pieper: In bleibender Verbundenheit — in Erinnerung an Albert Hofmann; Der Grüne Zweig 262, 2008 Werner Pieper: Harry Jacob Anslinger — ein Portrait des Drogeninquisitors; in: Ripp chen: Reefers Digest, das Hanf-Lesebuch, Löhrbach, Edition RauschKunde Edward Reaves, Hg.: Rauschgiftesser erzählen; Bärmeier & Nikel, Frankfurt 1967 Ronald Rippchen: Heiter Weiter — Alle taz-Kolumnen; Grüner Zweig 119, Löhrbach 1987 Colin Ross: Bluebird — Deliberate Creation of Multiple Personality by Psychiatrists Carol Rutz: A Nation betrayed, The Chilling and true story of Secret Cold War Experiments.Performed on Our Children and Other Innocent People, 2001 Ted Schultz: The Fringes of Reason — A Whole Earth Catalog; Harmony Books, N.Y. 1989
109
Jay Stevens: Storming Heaven. LSD and the American Dream; Harper & Rowe, New York 1987 Gordon Thomas: Journey into madness — The true story of secret CIA mind control and medical abuse; Bantam Books 1989 Claudio Vannini, Maurizio Venturini: Halluzinogene. Entwicklung der Forschung, 1938 bis in die Gegenwart; Schwerpunkt Schweiz; VWB Berlin 1999 Dr. Armen Victorian: Mind Controllers; Lewis International, 2000 Viele Anstöße ergab sich auch beim Studium der Materialsammlung zum Thema LSD der GrünenKraft, u.a. Beiträge aus dem Blotter-Magazin, MAPs, Rolling Stone, The Guardian, New Scientist sowie Begegnungen mit und Briefen von Martin Lee, Claudio Naranjo, Tim Leary, Albert Hofmann u.v.a.m. Danke
Weitere Links zu MK Ultra, Artichoke, Frank Olson etc., erst die Videos: http://www.youtube.com/watch?v=iflBkRlpRyO (MK Ultra witness testimony 1) http://www.youtube.com/watch?v=eXDASDDrDkM (MK Ultra witness testimony 2) http://www.youtube.com/watch?v=F-ES8BvO_8w (MK Ultra witness testimony 3) http://www.youtube.com/watch ?v=lq-7-MiAau4 (MK Ultra survivor testimony 1) http://www.youtube.com/watch?v=MjlPJxfmmAU (MK Ultra witness testimony 2) http://www.youtube.com/watch?v=AULOrQ3XVdY (Codename Artichoke, Olson Doku Teil 1 von 5, Teile 2-5 auf Youtube) http://video.google.com/videoplay?docid=2967542171184509301# (Project Monarch, 45 mins. Doku) http://www.youtube.com/watch?v=QM20dFhRR20 (Albarelli Interview) http://www.youtube.com/watch?v=6QsOrrpenzw
110
(Doku über Frank Olson 1) http://www.youtube.com/watch?v=fm544SKM3kg (Doku über Frank Olson 2) http://www.coaster.de/wordpress/?p=2864 (Seite mit 5teilger Artichoke Doku, Links weiter unten)
Hier noch ein paar Seiten mit Originaldokumenten u.a.m.: http://www.michael-robinett.com/declass/c000.htm http://en.wikipedia.org/wiki/Project_MKULTRA http://www.wanttoknow.info/050626mkultra http://cryptome.org/mkultra-0003.htm http://www.druglibrary.org/schaffer/lsd/marks.htm http://www.heise.de/tp/r4/artikel/30/30804/1.html http://www.theblackvault.com/documents/mkultra/mkultraindex.pdf http://www.frankolsonproject.org/index.html http://www.wnd.com/news/article.asp?ARTICLE_ID=28859 http://www.scribd.com/doc/25493673/MKULTRA -Auch-MK-ULTRA-War-Der-Codename http://blogs.taz.de/drogerie/2010/03/12/ein_weiteres_lsd-verbrechen_der_cia_aufgeklaert/#more-143
Check mehr über Camp King hier: http://de.wikipedia.org/wiki/Camp_King http://www.campkingoberursel.de/ http://www.schatzsucher.de/Foren/archive/index.php?t-5358.html http://www.sewo.de/page.php?page=sewo/historie/historie.html http://www.campking.net/ http://www.v-22.de/forum/2-verschwoerungstheorien-a-geheimbunde/544-die-cia-und-menschenversuche.html http://www.askl.org/redaktion-37.html
http://deoxy.org/wiki/Positive_LSD_Story http://www.lobster-magazine.co.uk/free/lobster59/lobster59.pdf
111