Resumo sobre a obra e métodos projetuais do arquiteto Peter Zumthor.Descrição completa
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Sigrid Hauser
Peter Zumthor- thinking architecture Chinese-EnglishFull description
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Peter Zumthor Atmospheres
therme vals hotel and spa design by peter zumthor.. he played with material and slopeDescripción completa
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Análisis y estudio sobre la obra y trabajo del arquitecto Peter Zumthor.Descripción completa
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Descripción: peter zumthor
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Análisis y estudio sobre la obra y trabajo del arquitecto Peter Zumthor.Full description
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WEGE ZUR ARCHITEKTUR
2004
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PETER ZUMTHOR
ATMOSPHÄREN
Architektonische Umgebungen Die Dinge um mich herum
L- FSB
J M W Turner 1844 zu John Ruskin
Vortrag am 1. Juni 2003 in der Kunstscheune, Schloß Wendlinghausen Wege durch das Land - Literatur- und Musikfest in Ostwestfalen-Lippe
Wege zur Architektur
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Editorial
, sagt Peter Zumthor. Über sprach der Schweizer Architekt während des Literatur- und Musikfestes am 1. Juni 2003 an einem passenden Ort: Schloß Wendlinghausen, an dem die Ideale der Renaissance - Schönheit und Harmonie, Dauerhaftigkeit und Annehmlichkeit- in bestechender Reinheit verwirklicht wurden. Peter Zumthor schätzt Orte und Häuser, die den Menschen aufheben, ihn gut wohnen lassen und unauffällig unterstützen. Seine Bauten beeindrucken durch körperhafte Präsenz, Schlichtheit, Handwerklichkeit und Empfindsamkeit für Materialien.
Mit seinem Vortrag begann eine Zusammenarbeit zwischen dem Literaturbüro Ostwestfalen-Lippe und dem Unternehmen Franz Schneider Brakel, die über eine finanzielle Unterstützung des Literatur- und Musikfestes hinausreicht und sichtbaren Ausdruck in dieser Publikation findet, die als limitierter Privatdruck von FSB herausgegeben wird und nicht im
Arnold Böcklin (1827-190ll Die Toteninsel (Erste Fassung), 1880 Depositum der Gottfried Keller-Stiftung 1920
Handel erhältlich ist. Um die Spontaneität und Direktheit der Rede zu erhalten, wurde der vor mehr als 400 Zuhörern frei gehaltene Vortrag für die Drucklegung nur leicht redigiert. Bewußt wurde die Güte der herkömmlichen Rechtschreibung beibehalten.
Das Literatur- und Musikfest unter der künstlerischen Leitung von Dr. Brigitte LabsEhlert ist eine exquisite Reihe, die poetische Orte in Ostwestfalen und Künste beziehungsreich miteinander verknüpft. Es sind gedankliche Wagnisse, die in Worten und Tönen Gestalt annehmen. Immer von der Lokalität den Ausgang nehmend, an eine Person, ein literarisches Ereignis oder ein Motiv anknüpfend, dieses über die Zeiten und Nationen variierend, vorgetragen von den besten Schauspielern, international renomm ierten Schriftstellern und Musikern, begleitet von Tanztheater, Ausstellung und Gesprächen. Der Vortrag von Peter Zumthor war eingebettet in ein Programm, das angeregt von der Architektur Schloß Wendlinghausens nach dem Maß der Schönheit fragte mit Madrigalen aus dem Italien des 16. Jahrhunderts, strahlender Raummusik von Markus Stockhausen und Tara Bouman sowie im kunstvollen
Wege zur Architektur
Editorial
Roman der dänischen Autorin Inger Christensen über die Fresken von Andrea Mantegna; der Schauspieler Udo Samel führte auf den Spuren von Goethes Italienischer Reise zu Bauten Palladios. Dazu gedacht, das Alte mit dem Neuen zusammenzubringen, werden auch in den nächsten Jahren an architektonisch interessanten historischen Gebäuden Architekten unserer Tage über ihre Ethik des Entwerfens und Bauens sprechen. erhalten eine Fortsetzung.
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Peter Zumthor
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Atmosphären
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Der Titel leitet sich daher: Mich interessiert - denn natürlicherweise muß mich das interessieren - schon lange: Was ist das eigentlich: Architektonische Qualität? Es ist für mich relativ einfach zu sagen. Architektonische Qual ität ist nicht - für mich -, in Architekturführern vorzukommen oder in der Architekturgeschichte vorzukommen oder publiziert zu werden usw. Architektonische Qualität, das kann sich bei mir nur darum handeln, daß ich von einem Bauwerk berührt bin. Was zum Teufel berührt mich denn an diesen Bauwerken? Und wie kann ich das entwerfen? Wie kann ich etwas entwerfen wie den Raum auf dieser Fotografie hier - das ist eine persönliche Ikone von mir, ich habe das Gebäude nie gesehen, ich glaube, das gibt es gar nicht mehr, und ich schaue es wahnsinnig gerne an. Wie kann man solche Dinge entwerfen, die eine derart schöne, selbstverständliche Präsenz haben, die mich immer wieder berührt. Ein Begriff dazu ist die Atmosphäre. Wir kennen das ja alle: Wir sehen einen Menschen und haben einen ersten Eindruck von ihm. Und ich habe gelernt: vertraue dem nicht, du mußt dem Menschen eine Chance geben. Jetzt bin ich ein bißchen älter und ich muß sagen, ich bin
John Russell Pope (1874-1937) Union Station or Broad Street Station, Riehmond, VA (1919) Aus: Arehiteeture in Ameriea, by G. E. Kidder Smith Ameriean Heritage Publishing Co. Ine. New York 1976
Peter Zumthor
Atmosphären
doch wieder beim ersten Eindruck. Ein bißchen ist es für mich so auch mit der Architektur. Ich komme in ein Gebäude, sehe einen Raum und bekomme die Atmosphäre mit, und in Sekundenbruchteilen habe ich ein Gefühl für das, was ist. Atmosphäre spricht die emotionale Wahrnehmung an, das ist die Wahrnehmung, die unglaublich rasch funktioniert, die wir Menschen offenbar haben, um zu überleben. Wir werden ja nicht jedesmal, in jeder Situation irgendwie lang denken wollen, ob uns das gefällt oder nicht, ob wir davonspringen müssen oder nicht. Da ist etwas in uns, das uns sofort viel sagt. Sofortiges Verständnis, sofortige Berührung, sofortige Ablehnung. Also anders als dieses lineare Denken, das wir auch haben und das ich auch liebe, von A nach B mit dem Kopf, und wo wir uns das dann alles zurechtlegen müssen. Die emotionale Wahrnehmung kennen wir natürlich in der Musik. Der erste Satz dieser Bratschensonate von Brahms, der Einstieg der Viola - nach zwei Sekunden ist das Gefühl da! (Sonate Nr. 2 in Es-Dur für Viola und Klavier) Und ich weiß nicht, warum. Und ein bißchen ist das auch so in der Architektur. Nicht so stark wie in der größten der Künste, der Musik, aber es ist da.
Ich lese Ihnen etwas vor, was ich aufgeschrieben habe in meinem Notizbuch zu diesem Thema. Um zu sehen, was das denn ist. Das ist Gründonnerstag 2003. Das bin ich. Ich sitze da, ein Platz in der Sonne, große Arkade, lang, hoch, schön in der Sonne. Der Platz - Häuserfront, Kirche, Monumente - als Panorama vor mir. Die Wand des Cafes im Rücken. Die richtige Dichte von Menschen. Ein Blumenmarkt.Sonne. Elf Uhr. Die gegenüberliegende Platzwand im Schatten, angenehm bläuI ich. Wu nderbare Geräusche: nahe Gespräche, Schritte auf dem Platz, Stein, Vögel, leichtes Gemurmel der Menge, keine Autos, kein Motorenlärm, entfernte Baugeräusche ab und zu. Die beginnenden Feiertage haben die Schritte der Menschen bereits verlangsamt, stelle ich mir vor. Zwei Nonnen - das ist wieder Wirklichkeit, ohne Vorstellung - zwei Nonnen, gestikulierend, gehen quer über den Platz, leichtfüßig, leicht wehende Hauben, jede trägt eine Plastiktasche. Temperatur: angenehm frisch, warm. Ich sitze in der Arkade, auf einem bleichgrün gepolsterten Sofa, die Bronzefigur auf dem hohen Sockel vor mir auf dem Platz dreht mir den Rücken zu und schaut wie ich auf die zweitürmige Kirche. Die Doppeltürme der Kirche haben ungleiche
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Diözesanmuseum Kolumba, Köln, Deutschland. Im Bau
Peter Zumthor
Atmosphären
Helme, beginnen unten gleich und werden gegen oben hin individueller. Einer ist höher und hat eine um die Helmspitze gelegte Goldkrone. Bald wird B von rechts schräg über den Platz auf mich zukommen. Nun, was hat mich da berührt? Alles. Alles, die Dinge, die Menschen, die Luft, Geräusche, Ton, Farben, materielle Präsenzen, Texturen, auch Formen. Formen, die ich verstehen kann. Formen, die ich versuchen kann zu lesen. Formen, die ich als schön empfinde. Und was hat mich da noch berührt? Meine Stimmung, meine Gefühle, meine Erwartung damals, als ich da saß. Und es kommt mir dieser berühmte englische Satz in den Sinn, der auf Platon verweist: . Das heißt: Alles ist nur in mir. Aber dann mache ich das Experiment, ich nehme den Platz weg. Und ich habe nicht mehr die gleichen Gefühle. Einfaches Experiment, entschuldigen Sie die Simplizität meines Denkens. Aber ich nehme jetzt den Platz weg - und meine Gefühle verschwinden. Ich hätte diese Gefühle so damals nie gehabt ohne diese Atmosphäre des Platzes. Logisch. Es gibt eine Wechselwirkung zwischen den Menschen und den Dingen. Damit habe ich zu tun als Architekt. Und ich denke, das ist meine Leidenschaft.
Schlichtheit und Durchsichtigkeit des musikalischen Gewebes und die Festigkeit des formalen Gerüstes.> (Andre Boucourechl iev über
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Oe Meelfabrik Leiden, Leiden, Holland. Projekt
Peter Zumthor
Der Körper der Architektur
Erste Antwort-Titel: . Die materielle Präsenz der Di nge ei ner Arch itektur, des Gerüstes. Wir sitzen hier drinnen in dieser Scheune, wir haben diese Reihen von Balken, die sind dann wiederum überdeckt von usw. Ich nehme das sinnlich wahr. Und das finde ich das erste und größte Geheimnis der Architektur, daß sie Dinge aus der Welt, Materialien aus der Welt zusammenführt und diesen Raum macht. Denn für mich ist das wie eine Anatomie. Wirklich, ich nehme Körper fast wörtlich. So wie wir unseren Körper haben mit einer Anatomie und Dingen, die man nicht sieht, und einer Haut usw., so wirkt Architektur auf mich und so versuche ich, sie zu denken. Körperlich, als Masse, als Membran, als Stoff oder Hülle, Tuch, Samt, Seide, alles um mich herum. Der Körper! Nicht die Idee des Körpers - der Körper! Der mich berühren kann.
Zweite Antwort-Großes Geheimnis, große Leidenschaft, große Freude immer wieder.
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Dokumentationszentrum Topographie des Terrors, Berlin, Deutschland. Treppenturm, vom Abriß bedroht
Peter Zumthor
Zusammenklang der Materialien
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als Bauherren, um mit Ihnen zusammen das dann zu
Dokumentationszentrum
machen. Dann legen wir die Dinge konkret hin, zuerst
Topographie des Terrors,
im Geiste, bald aber wirklich. Und schauen, wie sie miteinander reagieren. Und wir wissen alle: Die reagieren miteinander! Materialien klingen zusammen und kommen zum Strahlen und in dieser Materialkomposition entsteht etwas Einmaliges. Materialien sind unendlich - nehmen Sie einen Stein, und diesen einen Stein können Sie sägen, schleifen, bohren, spalten und polieren, er wird immer wieder anders sein. Und dann nehmen Sie diesen Stein in ganz kleinen Mengen oder in riesigen Mengen, er wird wieder anders. Und dann halten Sie ihn ins Licht, er wird nochmals anders. Bereits ein Material hat schon tausend Möglichkeiten. Ich liebe diese Arbeit, und je länger ich sie mache, umso geheimnisvoller wird sie irgendwie. Man hat immer Ideen, stellt i
sich vor, wie etwas ist. Und wenn ich dann das Ding real hinhalte - habe ich gerade letzte Woche erlebt, ich war ganz sicher, ich kann diese weiche Zeder als Auskleidung dieses großen Wohnraumes nicht gebrauchen in diesem Sichtbetongebäude, die ist zu weich, ich brauche ein härteres Holz, fast wie Ebenholz, das diesem Sichtbeton etwas entgegenhält an Dichte und Masse
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Berlin, Deutschland. (Modell)
Peter Zumthor
Zusammenklang der Materialien
und diesen unglaublichen Glanz hat. Und dann haben wir das auf die wirkliche Baustelle gebracht. Oh, Scheiße! Die Zeder war doch besser! Plötzlich habe ich es gesehen, diese Zeder, die war so weich und die hat sich problemlos behauptet in dieser Umgebung. Und ich habe das Palisanderzeug, das Mahagoni, alles wieder ausgeräumt. Ein Jahr später: Dunkle, harte, reich gemaserte Edelhölzer sind wieder eingezogen, daneben weichere, hellere. Die Zeder war letztendlich zu linear strukturiert, zu spröde; sie wurde doch nicht eingebaut. Also das nur als Beispiel, wieso ich finde, daß es immer wieder geheimnisvoll ist. Und dann etwas anderes. Es gibt eine kritische Nähe der Materialien zueinander, die ist abhängig vom Material selber und vom Gewicht, das es hat. Und Sie können Materialien in einem Bauwerk zusammenbringen. Da gibt es einen Punkt, wo sie zu weit weg sind, dann schwingen sie nicht miteinander, und dann gibt es einen Punkt, wo sie zu eng sind, und dann sind sie tot. Das heißt, dieses Fügen im Bauwerk hat viel mit ... - okay, Sie wissen, was ich meine! Nein, sonst bleibe ich eine halbe Stunde noch da. Ja, ich habe Beispiele, also ich habe aufgeschrieben, wo ich solche Dinge erlebe, immer wieder erlebt
habe. Diese atmosphärische Energie, vor allem bei Palladio - ich erwähne es jetzt trotzdem, weil ich immer das Gefühl gehabt habe, dieser Architekt, dieser Baumeister, der muß ein unglaubliches Gefühl gehabt haben für die Präsenz und das Gewicht der Materialien, für diese Dinge, über die ich jetzt versucht habe zu sprechen.
Drittens. . Hören Sie! Jeder Raum funktioniert wie ein großes Instrument, er sammelt die Klänge, verstärkt sie, leitet sie weiter. Das hat zu tun mit seiner Form und mit der Oberfläche der Materialien und der Art und Weise, wie die Materialien befestigt sind. Beispiel: Nehmen Sie einen wunderbaren Fichtenholzboden wie einen Geigendeckel und legen den auf Hölzern aus in Ihrem Wohnraum. Oder anderes Bild: Sie leimen ihn auf die Betonplatte! Spüren Sie den
.
Unterschied im Klang? Ja. Der Klang des Raumes wird heute, leider, von vielen Leuten gar nicht wahrgenommen. Der Klang des Raumes - also für mich jetzt persönlich, das erste, was mir immer in den Sinn kommt, ist: Die Geräusche, als ich Bub war, die Arbeitsgeräusche meiner Mutter in der Küche. Die haben mich
immer glücklich gemacht. Da konnte ich in der Stube sein, ich wLjßte immer, die Mutter da hinten ist da, klappert mit den Pfannen oder so. Aber Sie hören auch die Schritte in der großen Halle, Sie hören die Geräusche in der Bahnhofshalle, Sie hören die Geräusche in der Stadt usw. Wenn ich dann einen Schritt weiter gehe, es wird vielleicht ein bißchen mystischer jetzt, und ich denke, wir nehmen alle Fremdgeräusche aus dem Gebäude raus, wir stellen uns das vor, nichts ist mehr da, nichts erzeugt mehr irgendeine Anrührung. Dann kann man sich die Frage stellen: Tönt das Gebäude jetzt trotzdem? Machen Sie den Versuch mal selber. Ich glaube, die tönen immer. Die tönen auch ohne eine Anrührung. Ich weiß nicht, was es ist. Es ist vielleicht der Wind oder so. Aber man spürt nur, wenn man einmal in einen schalltoten Raum geht, daß da etwas anderes ist. Schön ist es! Finde ich. Ich finde, es ist wunderschön, ein Gebäude zu bauen und dieses Gebäude aus der Stille heraus zu denken. Das heißt, es ruhig zu machen, das braucht heute ziemlich viel, weil unsere Welt so lärmig ist. Also da bei Ihnen weniger. Aber ich kenne andere Orte, die sind lärmiger, da müssen Sie viel machen, damit die Räume mal ruhig werden und dann aus
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Domino de Pingus Winery, Penafiel, Spanien. Projekt
Peter Zumthor
Die Temperatur des Raumes
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der Stille heraus, mit den Proportionen und den Materialien usw. wieder sich vorzustellen, wie das tönt. Also, das tönt jetzt ein bißchen wie eine Sonntagspredigt, ich weiß. Aber viel einfacher und pragmatischer, oder? Wie es wirklich tönt, wenn wir durchgehen. Wenn wir sprechen, wenn wir miteinander sprechen, wie soll das tönen? Wenn ich im Salon mit drei guten Freunden am Sonntagnachmittag reden will und lesen? Hier habe ich aufgeschrieben: das Schließen der Tür. Es gibt Gebäude, die wunderbar tönen, die sagen mir: ich bin aufgehoben, ich bin nicht allein. Das ist vermutlich dieses Mutterbild, das ich nicht loswerde und eigentlich auch nicht loswerden will.
Viertens. . Ich bin immer noch dabei, die Dinge zu benennen, die mir wichtig sind beim Kreieren von Atmosphären. Da gibt es die Temperatur. Ich glaube daran, jedes Gebäude hat eine bestimmte Temperatur. Und ich erkläre es Ihnen, und ich bin nicht sehr gut darin, das zu machen, aber es interessiert mich außerordentlich. Die schönsten Dinge sind doch Überraschungen. Wir haben viel, viel Holz, viele Holzbalken verwendet, um in Hannover den Schweizer Pavillon zu
Klangkörper Schweiz, Expo 2000 Hannover, Hannover, Deutschland. Fotograf: Walter Mair
Peter Zumthor
Die Dinge um mich herum
bauen. Und wenn es dann heiß war, war es in diesem Pavillon kühl wie im Wald, und wenn es kühl war, war es in diesem Pavillon wärmer als draußen, obwohl er nicht geschlossen war. Man weiß ja, daß Materialien mehr oder weniger von unserer Körperwärme abziehen. Also, Stahl ist kalt und zieht die Wärme weg, diese Geschichten. Aber wenn ich das mache, kommt mir auch das Wort temperieren in den Sinn. Vielleicht ein bißchen so, wie die Klaviere temperieren, also die richtige Stimmung suchen. Im wörtlichen sowie übertragenen Sinn. Das heißt, diese Temperatur ist eine physische und vermutlich auch eine psychische. Was ich sehe, was ich spüre, was ich berühre, auch mit den Füßen.
Fünftens. Es gibt neun von diesen Dingen, wir sind beim fünften. Ich möchte Sie nicht langweilen. Fünftens.
Dinge um mich herum>. Immer wieder, komme ich in Gebäude, in Räume von Menschen, Freunden, Bekannten, Leuten, die ich nicht kenne, bin ich beeindruckt von den Dingen, die die Leute bei sich haben, in ihrer Wohnungsumgebung oder in ihrer Arbeitsumgebung. Und manchmal, ich weiß nicht, ob Sie das kennen, stelle ich eine große Beziehung und Liebe und Sorgfalt fest,
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Klangkörper Schweiz, Expo 2000 Hannover, Hannover, Deutschland. Fotograf: Giovanni Chiaramonte
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Peter Zumthor
Die Dinge um mich herum
etwas, das paßt. Beispiel: Köln, vor zwei Monaten. Der junge Peter Böhm hat mich herum geführt, wir gingen in die Bienefeld-Häuser. Da habe ich zum ersten Mal zwei Bienefeld-Häuser in Köln von innen kennengelernt. Samstag morgens um neun. Das war so etwas, das war absolut beeindruckend! Diese Häuser mit diesen unglaublich vielen schönen Details, man könnte schon fast sagen, exzessiven Details! Wo man diesen Heinz Bienefeld spürt, wie er diese Dinge gemacht hat, überall. Und dann die Leute. Der eine war Studienrat, der andere war Richter, und sie waren alle so angezogen wie dieses deutsche Bürgertum am Samstagmorgen. Und es waren alle Dinge da. Die schönen Gegenstände, die schönen Bücher, sie waren alle ausgelegt, Instrumente waren da, Cembali, Violinen usw. Aber die Bücher ... Also, das hat mich eigentlich sehr beeindruckt, es war sehr sprechend. Ich habe mich gefragt, war es Aufgabe der Architektur, dieses Gefäß zu schaffen, um diese Dinge aufzunehmen? Oder auch die Arbeitswelt oder den Bahnhof oder irgendetwas, das einem erlaubt, diese Dinge bei sich zu haben. Ich erlaube mir, eine kleine Anekdote zu erzählen. Das habe ich einmal vor meinen Studenten erzählt vor ein paar Monaten, es war
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Klangkörper Schweiz, Expo 2000 Hannover, Hannover, Deutschland. Fotograf: Giovanni Chiaramonte
Peter Zumthor
Die Dinge um mich herum
eine zypriotische Assistentin dabei - schwierig in Zypern aufzuwachsen
-=- eine hervorragende Architektin.
Sie hat für mich einen kleinen Cafe-Tisch entworfen, den sie dann auch für sich gerne haben wollte. Und später, nach diesem Vortrag, wo ich ein bißchen ausführlicher als jetzt über die Dinge um mich herum sprach, sagte sie: Ich habe sie angeschaut und gesagt: Sie hat dann nichts mehr gesagt. Also, irgendwie scheint das doch etwas zu sein, das wir alle kennen. Ich bringe Ihnen ein bißchen nostalgische Beispiele. Aber ich denke schon, das sei auch so, wenn ich eine Bar mache, eine supercoole Bar irgendwo oder eine Disko einrichte und selbstverständlich müßte das auch in einem Literaturhaus so sein, da müßten wir noch ein bißchen Gegengift einbauen, damit nicht alles zu beschaulich wird. Diese Vorstellung, daß Dinge in ein Gebäude hineinkommen, hineinkommen sollen, die ich nicht mache als Architekt,
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Im Atelier Zumthor
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Peter Zumthor Zwischen Gelassenheit und Verführung