, rpwú~ov rpw> yvwu11wr; ¡e-¡;).. Diese Idee ist offenbar aus dem Spruche Bileams über den Stern aus Jakob (Num. 24, 17) gefl.ossen, weim dieselbe auch diese ihre bestimmtere Fassung der Bekantschaft des Verf. jenes 'restamentes mit der evangelischen Geschichte verdanken mag. Die Erzii.hlung des Matth. aber kann schon darum nicht für ein aus der W ei.!1agung Bileams und anderer Propheten gefl.ossenes Gebilde dichtender Sage gehalten werden, weil in ~iesem Falle Matth. den Znsammenhang der mitgeteilten (}eschichte roró; Eph. 5, 9 ; vfol, g:>roróg 1 Thess. 5, 5), die Vermittler desselben an die Menschheit ( ÍOV v. 24 zeigt. TO OW(!OV = w:~ jegliche Art des Opfers. xdxtl dort, namlich vor dem Altare. Wenn duda eingedenk wirst, daB dein Bruder etwas wider dich habe. Hiezu bemerkt Beng. treffend:· inter rem sacram magis subit recordatio ojfensarum, quam in strepitu negotiorum. Der Sinn ist: so unterbrich die heilige Handlung, bis du dich mit ihm ausgesiihnt hast. Mit richtigem Takte hat die christliche Kirche diese Mahnung des Herrn auf das heilige Abendmahl übertragen, woraus die Sitte der Familienglieder, vor dem Genusse des heiL Abendmahls sich gegenseitig uro Vergebung zu bitten, sich entwickelt hat. 1'í etwas, ein AnlaB zum Zürnen über ihm zugefügtes Unrecht.. Der Gekrankte ist nicht der Opferüde ( Chrysost., Zwingli, Beza u. A.), sondern der Bruder; dies fordert der Zusammenhang und Wortlaut. Denn hat der Bruder mich beleidigt ohne mein Verschulden, so habe ich ihm nur zu vergeben, vgl. Mrc. 11, 25, wo. das Vergeben gefordert wird. Mich mit ihm zu versiihnen habe ich nur in dem Falle, daB ich die Beleidigung verschuldet, dem Bruder gerechten AnlaB dazu gegeben habe. {h:ays :nr¿mwv geh zuerst hin, ehe du das Opfer darbringst; Oia22áyr¡{h versiihne dich; der Aorist pass. steht wie Ofter in medialer Bedeutung. Die streitige Frage, ob XQWTOV mit vxays oder mit ow22áyr¡{h zu verbinden, die sich aus der Syntax nicht entscheiden laBt, tragt für die Sache nichts aus, da die beiden Verba begrifflich zusammengehiiren: geh zuvor hin dich zu versohnen (Bl.). Alsdann komm und opfere deine Gabe. 1 V. 25 f. Um die Mahnung, sich mit dem beleidigten Bruder auszusiihnen, seinen Jüngern als eine unerlaBliche Forderung ans Herz zu legen, weist der Erloser noch auf die unausbleiblichen Folgen der Unversohnlichkeit hin. Die Worte sind von einem Rechtshandel in Schuldsachen hergenommen. AvríÜtxo~ ist der technische Ausdruck für den Widerpart vor Gericht, für den Glaubiger, welcher einen Schuldner vor Gericht verklagen will. i;vvoáív wolgesinnt d. h. hier: geneigt den 1) Die Bemerkung von Flacius, clav. s. v. munus: Vult pi·imwn haheri rationem moraliwn, secunduin ceremonialium, welche Jl1eyei· zu Obigen anführt, ist an sich richtig, gehOrt aber nicht hieher, cla cler ErlOser hier nicht zeigen · will, wie clas Opfern die sittliche Gruncllage gottgefülliger Gesinnung empfüngt, woclurch es kein blos auflerliches Werk, sondern zugleich J.oytx~ J.ar:(!éÍa ist, Rom. 12, l. e gar nicht griechisch ist und sich nur durch Zurückgehen auf das hebr. :i'1, welches die LXX an etlichen Stellen durch ú = w> gegeben haben, notdürftig rechtfertigen Iailt. Mit richtigem kritischen und exegetischen Takte hat daher Tischend. 8 ílu in den Text aufgenommen. 1) In beiden Siitzen hat Tisch. Y¡ nv'ú¡ eingeklammert; Lchm. hat es in v. 13 gestrichen in v. 14 eingeklammert, aber in v. 13 nur nach ~*, etlichen Codd. der Itala u. einigen Kchvv., wahrend alle übrigen krit. Zeugen für die Echtheit sprechen. Es ist wol nur wegen seiner Aehnlicbkeit mit nicxula durch ein Versehen ausgelassen worden. Noch schwiicher ist die Auslassung in v. 14 bezeugt und wol nur infolge der Auslassung in v. 13 auch hier in Wegfall gekommen, um beide Siitze einander mehr zu conformiren. CÓJrov ist (Job. 5, 27). Withrend in keiner dieser Aussagen vom vlO; 1:0iJ &21fJ.Q. eine Hindeutung oder Anspielnng auf Ps. 8, 5 zu erkennen ist, tritt dagegen in den Aussprüchen ttber die Wiederkunft des Menschensohnes mit den Wolken des Himmels die Bezngnahme auf Dan. 7, 13 so deutlich hervor, daB, wie nuch von den meisten Ausll. anerkant wird, Jesus diese Selbstbezeichnung nur nach dieser Stelle gebildet haben kann, wo der Prophet im Gesichte schaut, wie einer e>?~ .,~=? có~ vlO~ dvO·QCÓ.;rov in den W olken des Himmels vor den ewigen Gott gelangt, der ihm Herschaft, Majestat und Konigtum über alle Volker gibt, daB sie ihm dienen; zumal der von Daniel có~ vlO~ av{J-{J. Geschaute nicht das Volk Israel darstelt, wie nach dem Vorgo.nge von Aben-Ezm, Paztl., Wegsclleider, Hitzig u. A. mehr, auch Hofmann meint, sondern der Messias ist, wie nicht nur von J/ngstb. u. Oeliler (in Derz.'s Realencykl. IX, 416 u. Thcol. des A. T. II, 265), sondern auch von Rieltm (Messian. WeiB. S. 123. Not. 2) und E1vald (bibl. Jahrb. ID, 231f.; die Prophcten III S. 404f. u. Gesehichte Christ. V S. 304 f.) anerkant wird.1 1) Gegen die Herleitung des Ausdruclcs ó vlo~ T. &va(!. aus Dan. 7, 13 hat Ilefm. (Schriftbew. II, 1 S. 80) eingewandt, dn.Ci in clieser Stelle nicht der Messias, sondern, wie der 27. V. beweise, das Volk Gottes in einer menschlichen Erscheinung vorgestelt sei, untl da.Ci jene menschliche Erscheinung nicht von oben hernieder auf die Erde komme, sondern von den Wolken hinauf'getragen werde, hinauf zu Gottes Thron, um dort von ihm dns Reich zu empfangen. Allein Keil, Comm, z. Evangel. llfatth. Jrl}{;, vollstlindiger 1oúóas ::Eíµrovo; iaxa(>l<Ór1JS Joh. 6, 71. 13, 26. Den Zunamen erklürt man gewohnlich naclt i:; ..~ n'i~ii? l\fann von Jteriot, einer Stadt im Stamme Juda Jos.15, 25 . .Aber obgleieh diese Erklarung schon der Variante a:JCO KaQVWTOV in~· u. 3 Minusk. zu Job. O, 71 zu Grunde liegt, so ist sie doch sprachlich noch nicbt genügend gerechtfe1•tigt. Darüber kann zwar kein Zweifel aufkommen, dan das hebr. l"l~""lj.l ~·~ einen Mann von f{ariot bedeuten ktinne; aber da.B bei der Uebertragung dieser Henennung ins Griechiscbe das Wort ID"~· als Bestandteil eines nomen p1·opr. gefa!lt und griechisch t<í ausgedrükt worden wlire, dafilr fehlen stichhaltige Belege. Die Berufung a.uf Joseplt. Antt. VII, 6, 1 wo :::ii~ W"~ 2 Sam. 10, 6 durch Ó 'l aJ.áaC11Jt;; die Tiefe des Meeres, die hohe See im Gegensatz zu dem flachen Ufer, wo man in die unergründliche Ticfe rettungslos versinkt. Ein plastiscber .Aus~ druck der Todesstrafe, um den Verlust des ewigen Lebens zu bezeich- for-) Altare gemordet habt". Die Ermordung Abels ist die erste im A. T. crwahnte Blutthat; ihr ist als lezte gegenübergestelt die in 2 Chr. 24, 21, dem lezten Buche des A. T. im hebr. Kanon, berichtete TOdtung des Propheten Zacharja, der auf Befehl des Konigs Joas ~v mllij ob.ov i-ov KvQloV gesteinigt wnrdc, obwol zeit-
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Matth. II, 12.
mit jenen WeiBagungen nicht unterdrükt, sondern vielmehr nach dem Plane seines Evahgeliums die darin hervortretende Erfüllung prophetischer Aussprüche aufgezeigt haben würde. Da er dies hier nicht gethan hat, so müssen wir urteilen, da11 in der Quelle, aus welcher er schOpfte, dieser Zusammenhang nicht angezeigt war. Er selbst aber, wenn er denselben auch erkante, unterlie6 es, ihn hervorzuheben, weil die typische Bedeutung der Begebenheit erst in der Zukunft sich realisirte. Auch für das Phanomen des Sternes, welcher den Magiern die Geburt des Messias anzeigte, liefert die Geschichte der Astrologie und Astronomie Thatsachen, welche unserer Erzahlung viel mehr zur Bestatigung gereichen, als Anlal:l zu Zweifeln an ihrer W arheit geben. Den Astrologen galt die Conjunction der oberen Planeten, Saturn, Jupiter und Mars, als besonders bedeutsam. Auf Grund dieses astrologischen Glaubens- und Lehrsatzes hat der berühmte Astronom Kepler 1 eine Conjunction des Saturn und Jupiter, die am 17. Decbr. 1603 im Sternbilde des Schützen eintrat und zu der im Sptb. 1604 der Mars hinzukam und im October desselben Jahres zwischen dem Mars und dem Jupiter am ostlichen FuC>e des Schlangentragers ein neuer fixsternahnlicher Korper, der bis zum October 1605 gesehen wurde, dann allmalig wieder verschwand, - mit dem Sterne der W eisen combinirt, da sich ihm aus astronomischer Berechnung ergab, daC> eine solche Conjunction im J. 747 a. u. c., also um die Zeit der Geburt Christi oder nicht lange vor derselben, im Zeichen der Fische stattgefunden habe. Diese Combination suchte in neuerer Zeit Münter (der Stern der Weisen. Kopenh. 1827 ¡ weiter zu begründen durch eine Notiz in Abarbanels Commentar zum Daniel (i"l:!'~'C•n .,~.,:!'~), daC> die grol~te aller Planetenconjunctionen zu der Zeit, als IsraeÚn ÚÚpte; war, 3 Jahre vor Mose's Geburt stattgefunden und die Zeit der Erlosung Israels aus der Knechtschaft Aegyptens angezeigt habe, und daB dieselbe Conjunction im J. 1434 wiedergekehrt sei im Zeichen der Fische, woraus Abarbanel schlol:l, dal:l die Ankunft des l\fossias zu erwarten stehe. jJfünter hielt daher die groCe Planetenconjunction im J. 747 a. u. c. für den Stern der Weisen, wahrend Kepler einen, dem zu der Planetenconjunction seiner Zeit hinzugekommenen Fixsterne, ahnlichen neuen Stern für den in der evangelischen Erzahlung erwahnten Stern hielt, welcher den Magiern den W eg nach J erusalem und nach Bethlehem gewiesen ha be. Dieses Phanomen reicht vollkommen zur Rechtfertigung des geschichtlichen Charakters unserer Erzahlung aus, indem es zeigt, da!1 dieselbe kein mit der Naturordnung unvereinbares Wunder voraussezt. Nun hat zwar R. Anger (der Stern der Weisen u. das Geburtsjahr Christi; eine chronol. Untersuchung, in der Ztschr. für histor. Theol. v.on Illgen u. Niedner 1847. S. 347 ff.) dagegen eingewandt, daC bei dem Evangelisten auíler dem Phanomen, welches Kepl. als den natürlichen Beweggrund betrachte, von einem anderen nicht die geringste Spur sich zeige, und daíl überhaupt die Annahme besonderer Wichtigkeit der Conjunctionen der oberen Planeten nicht vor dem 8. oder 9. Jahrh. bei arab. Astrologen, der Glaube an messiani8che Bedeutung einer Conjunction von Saturn und Jupiter aber nicht vor dem 11. Jahrh. u. s. w. vorkomme. Aber der erste Einwand ist schon als arguil 1) De Jesu Christi vero armo natalitio. Pi·if. 1606. 4. De nova stella in pede Serpentarii. 1606. 4. und De vero anno, qua aeternus Dei filius humanam naturam in utero bened. virginis Jj,fariae asswnpsit. lbid. 1614.
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Matth. II, 12-15.
mentuin e silentio ohne alle Bedeutung. Der Evangelist berichtet nichts von der Constellation, sondern nur das in die Augen fallende Phanomen des Sternes; die andern beiden Einwande aber hat schon Winer (R. W. U, 52ll) beseitigt durch die Bemerkung: ,daraus folgt nicht, daC. solche Conjunction den alten chald. oder asiat. Astrologen nicht bereits bedeutungsvoll erschienen sei (muC. denn alles gerade nur so alt sein, als seine Erwlihnung in Schriften ?) ; ja es ist hochst unwarscheinlich, daC. Jene auf ein so merkwürdiges Phlinomen bei ihrer Nativitatstheorie gar nicht geachtet haben solten. Alle übrigen Einwendungen verschwinden, wenn man nur nicht im Texte des Matth. eine vollkommene astronoinische Beziehung auf jene Conjunction finden will; denn mag auch &ur~I? in populitrer Rede recht wol von einer Sterngruppe gesagt werden konnen, so ist doch unverkennbar, daC. Matth. ein wunderbareg Phlinomen erziihlen will.' Ein solches war aber ein Stern, wie der von Kepl. beobachtete neue fi:x:sternartige Korper. Vgl. Ebrm·d, wissensch. Kritik S. 282 ff. u. Wieseler, chronol. Synopse S. 57 ff. u. Beitrlige S. 149 ff. Auf Grund der erwlihnten Constellation haben schon Kepler und klünter, dann auch ldeler, Hdb. der Chronol. II S. 399ff., Wiesele1-, Ebrard, Lichtenstein (Lebensgesch. des Herrn Jesu Christi, u. in Herzogs Realencykl. VI S. 564 f.), Weigl u. A. das Geburtsjahr Christi genauer zu bestimmen gesucht. Hiefür reicht freilich unsere Erziihlung nicht aus, weil in ihr die Zeit, wann die Magier nach Jerusalem kamen, nicht nliher angegeben ist.
V.13-18. Flucht Josephs mit dem Jesuskinde nach Aegypten, Kindermord zu Bethlehem. V. 13. Nach dem Wegzuge der Magier erhielt Joseph durch eine Traumoffenbarung von einem Engel des Herrn die Weisung, mit dem Kinde und der Maria nach Aegypten zu flíehen und dort bis auf weitere Weisung zu bleiben, weil Herodes das Kind umzubringen beabsichtige. gJalvsrai ist historisches Prasens. Íúfft sxsr sei d. i. bleibe dort. Den Ort des Aufenthalts in Aegypten nent die Sage llfatarea beí Leontopolis, wo der Oniastempel erbaut war. S. Paulus merkw. Reisen in den Orient III, 256 u. v. Schubert Reise ins Morgenl. II, 170. gw~ aJJ c'i:n:w úot bis (eintretenden Falls av) ich's dir gesagt· ha ben werde. ,uD.)..et br¡rcrv ist im Begriffe, beabsichtigt aufzusuchen. rov d:n:oUúat der genit. infi,n. die Absicht ausdrückend, vgl. Winer §. 44, 4 S. 306 u. Kühner II, S. 604. - V. 14 f. Sofort zog Joseph vvxró~ des Nachts weg nach Aegypten und blieb daselbst bis zum Tode des Herodes (rc2cvr~ Lebensende). - In diesem Ereignisse erblikt Matth. eine Erfüllung (í1m :n:2r¡Qwfff¡ wie 1, 22) der WeiBagung Hos. 11, 1: ,,Aus Aegypten habe ich meinen Sohn gerufen". So nach dem hebr. Grundtexte. ru·Lxx lautet die Stelle: µsrcxá2súa Ta dxva avrov seine (Israels) Kinder. ~~:;:¡ vMv µov ist bei Hosea das Volk Israel kraft seiner Erwahlung zum Eigentumsvolke des Herrn, durch welche Israel zum erstgeborenen Sohne Jahve's erhoben wurde Exod. 4, 22. Die Berufung desselben (d. i. die Ausführung Israels) aus Aegypten bildet das erste Stadium der Verwirklichung des Heilswerkes, welches in der Menschwerdung des Sohnes Gottes seine Vollendung erreicht. Vermoge dieses Zusammenhanges mit dem gottlichen Heilsplane gewint die Ausführung Israels aus Aegypten messianische Bedeutung, Keil, Comm. z. Evangel. Matth,
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Matth. II, 15--18.
insofern als was Gott für und an Israel gethan hat, auf Christum abzwekt und in seiner Erscheinung vollkommen realisirt wird. Hiedurch wurde die Führung Israels nach und aus Aegypten zu einem Typus auf die Lebensführung Christi. Israels Erwahlung · zum Sohne Jahve's bereitet die Erscheinung dessen vor, der als Gottes eingeborener Sohn in die Welt kam und Mensch wurde, um alle, die ihn als Heiland aufnahmen, zu Gottes Kindern zu machen. Auf Grund dieses typischen Verhaltnisses zwischen dem zum erstgeborenen Sohne Jahve's erwahlten Israel und dem in Christo erschienenen eingeborenen Sohne Gottes führt Matth. den Ausspruch des Rosea als WeiBagung auf Christum an, weil der Aufenthalt in Aegypten und die Ausführung aus diesem Lande für Christum dieselbe gottgeordnete Bedeutung hatte wie für das Volk Israel. Wie Israel in Aegypten vor den Einfiü~sen des gottlosen Wesens der Canaaniter bewahrt zum Volke heranwuchs, so wurde das Jesuskind vor der Feindschaft des Herodes in Aegypten geborgen. Vgl. m. Comm. zu Ros. 11, 1. V. 16-18. Als Herodes sah, da.B er von den Magiern getauscht worden, gerieth er in Zorn und lieB alle Knaben zu Bethlehem und seinem ganzen Gebiete vom zweijahrigen an und abwarts tOdtcn. éµ:n:aí;,ro illudere, hier wol: zum Bestenhaben, tauschen; dagegen 20, 19. 27, 41 u. a. verspotten. év :n:a
Matth. II, 18.
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schieden abzuweisen, und auch die erste, wenngleich in der klassischen Gracitat gültig ( wiewol nicht ohne Ausnahmen, s. Kühner U S. 665 vgl. mit S. 37), laBt sich doch im Hellenistischen nicht durchführen. Denn da ,die Umschreibung des Verb. fin. durch Participia mit sein im Aramaischen si ch fest gestelt hatte, ·so mochte bei palastinischen Autoren eine Hinneigung zu solcher Ausdrucksweise vorwalten'; und ,in solcher Construction das Verb. substant. auszulassen, so daB Participium geradezu für Verb. fin. steht, erlauben sich auch griechische Prosaiker - obschon selten und nur in einfachen Tempus- und Modusformen' (Winer §. 45, 5. 6. S. 327:ff.). Wfr fassen daher :x2alovaa dem hebr. Partic. n~~l:? entsprechend im Sinne des Verb. fin., um den Begri:ff des andauernden Weinens auszudrücken, woran dann :xal. ovx ~{h;).w ohne Künstelei sich anreiht. Die angeführten Worte sind im Contexte der WeiBagung Jeremia's dichterischer Ausdruck der Ho:ffnungslosigkeit Israels bei Wegführung der zehn Stamme ins assyrische Exil (nicht, wie Viele meinen: der Wegführung Juda's nach Babel), wodurch dieselben vom Volke Gottes ausgeschlossen und unwiederbringlich verloren zu sein schienen. Diesen Schmerz der Frommen über dieses schwere dem Bundesvolke widerfahrene Unglück zu schildern, stelt Jer. die Mutter Josephs und Stammutter Ephraims, Rahel, als über das Geschick ihrer Kinder, der ins Exil weggeführten Ephraimiten bitterlich und untrostlich weinend dar, als ideale Reprasentantin des Volks und persi:inliche Vertreterin des mütterlichen Liebesschmerzes über den Verlust ihrer Kinder. Dieses Weinen wird vernommen zu Rama, gegenwartig er-Rdm 2~14 M. nordlich von Jerusalem, weil von diesem hochgelegenen Grenzorte der beiden Reiche die Klage weithin hOrbar war; nicht weil das Grab der Rahel in der Nahe von Rama gelegen war, wie viele Ausll. in Widerspruch mit Gen. 35, 16 u. 19, wonach Rahel südlich von Jerusalem in der Nahe von Bethlehem gestorben und begraben war, meinen, oder weil nach Jer. 40, 11 die nach Babel Exilirenden sich in Rama sammelten; ygl. m. Comm. zu Jer. 31, 15. -- Matthaus faBt die Klage der Bethlehemiten über die Ermordung ihrer Sohne durch Herodes als eine typische Erfüllung jener Worte des Jeremia; zwar nicht im Sinne einer dfrecten WeiBagung dieses Ereignisses durch den Propheten, aber auch nicht als bloBe Anwendung jenes Prophetenwortes auf den vorliegenden Fall, um den Gedanken auszudrücken, da6 der Jammer der bethlehemitischen Mütter über ihre getodteten Sohne eben so groB war als die Wehklage Israels bei Wegführung des Volks ins Exil. Denn ein sachlicher Typus wird nur durch einen Realnexus zwischen zwei Ereignissen begründet. Diesen Nexus haben wir hier darin zu suchen, da6, wie der assyrische Ki:inig bei der Wegführung der 10 Stamme das in Israel gegründete Reich Gottes zerstoren wolte, so Herodes bei Todtung der bethlehemitischen Knaben den von Gott gesandten Konig dieses Reiches umzubringen trachtete. Wenn schon jener Versuch der Vernichtung des Volkes Gottes von den Frommen bitterlich beklagt wurde, so erhielt diese Klage ihre volle schlie61iche Erfüllung bei dem ' 6*
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Matth. II, 18.
Attentate des Herodes gegen den neugeborenenKiinigder Juden. Diesen typischen Zusammenhang beider Klagen hebt Matth. heraus durch Anführung jener Prophetenworte mit der Formel rÓ'rs s:n:2r¡Qroífr¡, um anzudeuten, da.B die Wehklage der bethlehemitischen Mütter ihrem tiefsten Grunde nach der Todtung ihres Heilandes galt. Wie aber der treue Bundesgott der Klage der Rahel ein Ende machen und sein versto.Benes Volk in der Zukunft wieder in sein Reich aufnehll)en will (Jer. 31, 16 :ff.), so hat er auch die .Absicht des Herodes vereiielt, um das Werk der Erliisung Israels zum Siege über alle feindlichen Machte dieser Welt hinauszuführen. Zum Erweise, daf,, der bethlehemitische Kindermord ungeschichtlich, nur aus einer unverbürgten Sage ge:fiossen sei, macht Mey. mit Strauss u. a. Kritikern sowol das Schweigen des Josephus von diesem Ereignisse, als auch den Umstand geltend, daf,, der Kindermord nicht nur eine ganz uberfiussige, sondern auch eine sehr unlcluge MaJ1regel gewesen ware. Ueber.flu.~sig, da nach der auffallenden Huldigung der Magier der auJ1erordentlich N eugeborene in dem kleinen und gewrn auch kleinstadtischen Bethlehem allbekant gewesen sein muf;te oder durch polizeiliche Nachforschung leicht und sicher ausfindig zu machen war; unlclug, da gerade ein summarischer Kindermord die absolute Gewrnheit, den zu treffen auf den es abgesehen war, nicht geben konte. Aber diesem Rasonnement liegt die Vorstellung von einem wolwollenden und gerechten, besonnenen und weisen Sachwalter zu Gruude, oder die Voraussetzung von Eigenschaften und Regententugenden des Herodes, die mit dem geschichtlich bekanten Charakter dieses grausamen Tyrannen vollig unvereinbar sind. Konte der seiner Grausai;nkeit wegen von allen Juden gehaJ1te Tyrann darauf rechnen, da11 die Einwohner von Bethlehem seinen Haschern warheitsgemaJ1e Auskunft über das gesuchte Jesuskind geben und das Haus, in dem es zu :linden, anzeigen würden? - Das Schweigen aber de¡¡ Josephus über diese That des Herodes erklii.rt sich hinreichend daraus, daJ1 die Zahl der zwei- und einjahrigen Knaben in dem Stadtchen Bethlehem nicht· groJ1 sein konte, und die Ermordung von hOchstens 15-20 Knaben hinter den übrigen weit groJ1eren Greueln dieses Wüterichs verschwand, wie ein Tropfen iin Meere (vgl. Ebrard S. 292), wobei noch in Betracht zu ziehen, daB Jos. es überhaupt vermeidet, von der Messiaserwartung seines Volkes zu erzahlen. 1 Selbst Keim (in Schenkels Bibellex. III S. 37), der die Matthii.ische Erzahlung nicht buchstablich festhalten zu konnen erklii.rt, weil es ganz unmoglich sei, ,daf; der gewiegteste (?) Polizeimeister (?) so naiv und stümperisch seine Ma11regeln solte getroffen haben', führt als ,,merkwürdig" an'.: ,,in jenen lezten Unglückszeiten war die messianische Erwartung wirklich eine Sorge des Konigs, damals war er überhaupt angstlich um die Krone, wachsam, spürsam, grausam. Hauser mit allen Bewohnern, also mit den Kindern, hatte er schon früher ausgerottet, sogar Weiber auf die Folter gespannt (Joseph. Alterth. XV, 8, 4. XVII, 4, 1); neuestens die Wüterei in der Familie und am Hof und darüber hinaus mit Hinrichtungen, mit Verbrennungen, mit Foltern, mif Mordgelüsten gegen ganz Israel über alles MenschenmaJ1 getrieben; nicht zu 1) Josephus hat auch noch vieles Andere unerwahnt gelassen. Vgl. die Zusammenstellung der Omissa varia a Fl. Josepho in J. B. Ottii animdw. in Fl. Jos., in Josephi Opp. ed. Haverc. II, 2, p. 305 ss.
Matth. II, 19-23.
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vergessen, da~ gerade uro das vorausgesetzte Geburtsjahr Jesu Bagoas mit den andern für messianische Triiume bMte'. (Ka.nn man einen solchen Wüterich wol einen gewiegten Polizeimeister nennen ?) - Den angeführten Einwanden gegenüber verdient immerhin die NÓtiz des heidnischen Schriftstellers Macrobius, Saturn. JI, 4 von Augustus Beachtung: Cum audisset, ínter pueros, quos in Syria Herodes rex Judaeorum intra b i matum fussit inter.fici, filium quoque ~jus occisum, ait: meliu.~ Herodis porcwn (lv) esse quam filium (vlóv), obschon in derselben die Ermordung des Antipater, des eigenen Sohnes des Herodes (Joseph. XVII, 7) mit dem bethlehemitischen Kindermorde vermengt ist, da beide Ereignisse in die Iezte Zeit des Herodes fielen, und Macrob. seine Notiz nur aus der unter christlichen Einflüssen entstandenen Sage geschOpft haben mag. Vgl. Wieselei· Beitrr. S. 152 f. Ohne einen historischen Kern konte sich übrigens eine solche Sage gar nicht bilden.
V. 19-23. Rükkehr aus Aegypten nach Nazaret. V. 19. f. Als Herodes gestorben war, wurde Joseph durch einen Engel angewiesen, mit dem Kinde Jesu und seiner Mutter ins Land Israel zurückzukehren, denn wie der Engel mit unverkennbarer Erinnerung an Exod. 4, 19 LXX sagt: u8·v~~waw oí firJ7:ovvnr; xr2. Gemeint ist Herodes, und der in Reminiscenz an Ex. 4, 19 gewahlte Plural nicht die Zahl, sondern die Kategorie ausdrückend, vgl. Winer §. 27, 2. sr¡ulv r:i¡v 'l/!VX~V = lli~rri~ 1lij'P.'.:;l nach dem Leben trachten. Das Particip mit dem Artikel steht substantivisch, vgl. Winer §. 18, 3. Herodes starb an Würmerfra.B der Genitalien und Eingeweide ( Joseph. b. jud. 1, 33, J. 5. Antt. XVII, 8, 5) im 37. Jahre seiner Regierung und im 70. seines Lebens unter furchtbaren Qualen, nachdem ein Selbstmordsversuch miBlungen war (Joseph. Antt. XV!f, 8, 1 u. 9, 3). - V. 21. Joseph kam alsbald ins Land Israel. Für ~2ffsv haben Lachm. u. Tisch. nach ~BC slaij21fsv recipirt. yij 'lú(Ja~2 (v. 20 u. 21) ist nicht weite und unbestimte Bezeichnung des Landes, so daB Joseph ohne der Weisung entgegen zu handeln nachher sich nach Galilaa wenden konte (Mey.), sondern Land Jsraels ist im Gegensatz gegen Aegypten das Land des Bundesvolks oder der gottlichen Offenbarung. Nicht in Aegypten solte Jesus der Christ, der Sohn Davids aufwachse1fl, sondern in Israel dem Lande des Herrn, wo er geboren war und als Messias sich offenbaren solte. Zum Lande Israels gehOrte aber nicht allein Judaa, sondern auch Galilaa, auf welches die Pharisaer verachtlich herabsahen. - V. 22. Als Jos. aber hOrte, daB über Judaa Archelaus herschte, fürchtete er sich dorthin zu ziehen und zog infolge gottlicher Traumoffenbarung (X(Jr¡µanú&si~ xar' ova(J wie v. 12) in die Gebietsteile von Galilaa. Nach dem Tode des Herodes machte Augustus den Wirren und Streitigkeiten über das hinterlassene Erbe dadurch ein Ende, da.B er des Verstorbenen Testament bestatigend das Reich unter dessen drei Sohne teilte, namlich dem Archelaus die Halfte des Reichs, Judaa, Idumaa und Samaria, mit dem Titel Ethnarch, d~m Antipas Galilaa und dem Philippus Batanaa, Trachonitis und Auranitis, beiden mit dem Titel Tetrarch, verlieh; vgl. Schilrer Neutest. Zeitgesch. S. 223 ff. Archeiaus solte den Konigs,titel erst erhalten, wenn er sich desselben würdig erwiese. Aber
Matth. II, 23.
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schon nach 9 Jabren wurde er wegen seiner Grausamkeit von Augustus nach Vienne in Gallien verbannt, woselbst er hernach starb, sein Reich aber unter der Verwaltuug eines Procurators zur rClmischen Provinz Syrien geschlagen. flaailsvetv steht also hier · im weiteren Sinne für regnare, wie oft auch bei den Klassikern. 8xl fehlt in '!t.B u. Minusk., ist deshalb von Lachm. u. Tisch. 8 weggelassen und kann nach klassischem Spracbgebrauche fehlen, ist aber warscheinlich ursprünglich; vgl. Luc. 1, 33. 19, 14. éxsl dxs2íhlv, die Verbindung von Adverbien der Rube mit Verbis der Ricbtung, eine sehr gewohnliche Attraction; vgl. Winer S. 439f. frpoMffr¡ er fürchtete sich; denn Archelaus glich an Argwohn und Grausamkeit seinem Vater. Diese Bemerkung berechtigt zu der Annabme, daB Joseph ohne diesen Beweggrund sich in Judaa niedergelassen baben, nachBethlehem zurückgekehrt sein würde, um dort dauernd zu wohnen. Zufolge gottlicher Weisung zog er also von Judaa weg Ele; i-a µ{rp¡ újc; I'al. in die zu Galilaa gebClrenden Gebietsteile (des Landrs Israel). Zu i-a µiQr¡ vgl. 15, 21. 16, 13. Act. 2, 10. Antipas, der Tetrarch von Galilaa war klug, ehrgeizig und prachtliebend wie sein Vater, aber weniger tyrannisch (dyaxmv i-~v ~avxlav. Joseph. Antt. XVIII, 7, 1), vgl. Schürer S. 233 ff. V. 23. Nach Galilaa gekommen lieB Jos. sich in der Stadt Namens Nazaret wohnhaft nieder. Das Fehlen des Artikels von .nóltv erklart sich einfach daraus, daB Matth. die Stadt bisher noch nicht genant hat, wie bei .nÓ2E
ex
Matth. II, 23.
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:Mrc. 14, 67; in der Ueberschrift des Kreuzes Joh. 19, 19. Erst nach der Auferstehung Jesu :finden wir den Namen im Munde der nach Emmaus wandernden Jünger Luc. 24, 19; bei Petrus in der Rede an die Juden Act. 2, 22 und bei der Heilung des Lahmen vor der Tempelthüre 3, 6 u. 4, 22. Endlich gibt sich der Auferstandene dem Saulus in der Nahe von Damaskus mit den Worten: ,Ich hin Jesus ó NabOJ(!aíor;' zu erkennen Act. 22, 8. Mit demselben Beinamen bezeichnet dann Paulus Jesum in seiner Verteidigungsrede vor .Agrippa Act. 26, 9. DaB in allen diesen Stellen Nasmt¡alor; nur die Herkunft Jesu von Nazaret bezeichnet, das erhellt unzweifelhaft daraus, daS Petrus in der Rede zu Casarea vor Kornelius Jesum 7:ov á:no Nasat¡fr statt 7:ov Nasm(!alov nent; al;mlich wie Philippus dem Nathanael Jesum durch 7:ov d:n:o Nas. naher bezeichnet, um ihn von anderen Personen dieses Namens zu unterscheiden, Joh. 1, 46. Die Gentilitia NabOJ(!aíoq, und Naba(!r¡vór; sind freilich nicht von der NamensformNaba(!fr (oderNasa(!É#) abgeleitet, von der nur Nasat¡srníor; gebildet werden konte, was nie vorkomt, sondern Nasa(!r¡vór; von der Form Nasa(!&., welche einige Codd. an etlichen Stellen bieten und Tisch. 8 in 4, 13 u. Luc. 4, 16 in den Text aufgenommen hat, und Nasro(!aíor; von einer dumpferen Aussprache des Namens oder durch Vermittelung des hebr. ~".'~~. Aus Nasa(!&. sind entweder durch Verhartung des ti fem. in n oder ·als aramil.ische Form des stat. emphat. die Namen Nasa(!á# und Nasa(!á7: in verschiedenen Codd. des N.T. entstanden; wil.hrendHieron. im Onomast. p. 297 ed. Lars. et Parth. bemerkt, daS Nazareth noch zu seiner Zeit in Galilaa als viculus-juxta montem Thabor, nomine Na zar a existire. Nazara aber ist unstreitig Femininbildung von .,~~· Dies bestatigt die von L. de /Jieu, crit. s. zu Mtth. 2, 23 angeführte Stelle des R . .David de Pomis: !i~!i!lti .,:;;~ 'i~!.l'!:l .,;,,n ~i.:i ~.,:it, ,,Nazaraer ist derjenige, welcher geboren ist in der. Stadt Nezer in Galilaa", und aus den talmud. Stellen, in welchen Christus mit dem verachtlichen Namen Ben Nezer (der Nazarener) belegt wird (bei Hengstenb. Christol. II S. 124 ff.). Diesen Namen hat das Stadtchen wol wegen seiner geringen Anfünge erhalten, da ""i:;;~ éin schwaches Reis im Gegensatz Zl\ einem stattlichen Baume bezeiohnet, vgl. 11, 2. 14, 19. Und Nazaret scheint auch über seine anfüngliche Kleinheit und Unbedeutendheit nie hinaus gekommen zu sein, wie daraus zu schlieBen, daB Josephus, der so viele Stadte und Flecken Galilaa's nent, nie dieses Stadtchens erwahnt. AuSerdem zeigt auch die Frage Nathanaels Joh. 1, 46: was kann aus Nazaret Gutes kommen? daB der Ort bei den .Juden in Verachtung stand. Die Schmach, die aus nicht naher bekanten Ursachen auf Nazaret ruhte, übertrugen spater die Juden auf Jesum, indem sie ihn 'i:it' i::i oder auch wol in Anspielung auf Jes. 14, 19 !:l!.l'ni.:i 'i:it' nanten, um ihn als "¡:ii.:iti ~.,:it, ,den verfluchten Nazaraer' zu bezeichnen. S. die Belege hiefür aus Buxt., Light(. u. Eisenmenger bei Hngstb. a. a. O. S. 125. Wenn. nun Matth. die Benennu11g Nasm(!aíor;, welche Jesus von seiner Herkunft aus Nazaret erhielt, durch diePropheten geweiJ3agt :findet, so hat er dabei hauptsachlich Jes. 11, 1 im Auge, wo der Messias als
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Matth. II, 23.
'1~!.,
der aus den W urzeln des Stammes Isai hervorgehe, verkündigt ist, zugleich mit den verwandten Stellen Jes. 53, 2, wo derselbe mit ID':)W n;~ f':)~~ verglichen ist, und Jes. 4, 2. Jer:23, 5. 33, 15. Zach. 3, 8. 6, 12, wo er. Mi;l~ heiBt, um den Gedanken auszudrücken, da8 der Messias nach der Verkündigung der Propheten (ota rmv XQOq>r¡rmv) aus der in Niedrigkeit herabgesunkenen Familie Davids abstammend ohne li.u8ere Zeichen von Hoheit und Würde auftreten werde. Diese Wei.Bagung wurde erfült durch die gottliche Fügung, nach welcher Jesus nicht in Bethlehem oder Jerusalem, überhaupt nicht in Judii.a, sondern in dem verachteten Nazaret der von den strengeren Juden verachteten Provinz Galilii.a erzogen werden solte. 1 Der Bericht v. 21-23 von Josephs Rükkehr aus Aegyptennach Nazaret in Galilaa wird von der neueren Kritik so aufgefaüt, da~ nach Matth. Bethlehem nicht blos der Geburtsort Jesu, sondern auch der heimatliche Wohnsitz Josephs und der Maria gewesen sei, den sie bei der Rükkehr aus Aegypten nur aus Furcht vor Archelaus aufgaben und sich der gottlichen Weisung gema~ zu Nazaret in Galilaa wohnhaft niederlie~en. Darin wird dann ein unvereinbarer Widerspruch mit der Erzii.hlung des Lukas gefunden, der zufolge Nazaret der ursprüngliche W ohnort J osephs und der Maria war, von wo sie nur durch die vom Kaiser Augustus angeordnete Schii.tzung genotigt wurden; nach Bethlehem, dem Stammorte des Davidischen Geschlechts zu reisen, wo dann Jesus geboren wurde, daher sie auch, nachdem sie mit der Darstellung Christi alles nach dem Gesetze des Herrn vollendet hatten, in ihre Stadt Nazaret zurükkehrten. So nicht nur de W., Dav. Strau.~s, Schenkel, Keim, sondern auch Bleek, Meyei·, Wei.~s u. A. mehr. Diese Argumentation mit der daraus gezogenen Folgerung würde für richtig zu halten sein, wenn a) die peiden Evangelisten rein historische Beschreibungen alles dessen hii.tten Iiefern wollen, was sie über Jesu Kindheit vernommen oder erkundet hatten, und b) in v. 21- 23 wirklich enthalten wii.re, was diese Kritik darin ·:findet. Aber diese beiden Annahmen sind entschieden irrig. Weder Matth. noch Luk. geht daraÚf aus, alles mitzuteilen, was über Jesu Geburt und Kindheit überliefert war. In Betreff des Matth. ist ja allgemein anerkant, daB er sich bei der Wahl des in sein Evangelium aufzunehmenden ge1) Andere Ableitungen des NaCrof!aio> xar¡b1Í111ri:at, entweder nach Ps. 22. Jes. 53 von der verachteten traurigen Lage des Messias( Ol,qh,, Eb1·., Lange), oder von .,~~~ (Calv. Grot. Hilgenf u. A.), oder von '1:::t~ Bewahrer nach Exod. 34, 6f. (Zuschl'ag in d. Luther. Ztschr. 1854 S. 417 ff.), ·~der nach Ps. 31," 24 (Riggenbach in d. Theol. Stud. u. Krit. 1855 S. 606 f.), hat schon Mey. mit Reclit als unzulii.ssig abgewiesen, weil sie den Zusammenhang des Naniens mit Nazaret verkennen. Noch unzulii.ssiger ist die Erklii.rung von v. Hofm. (Schriftbew. II, 1 S. l.19 vgl. Wei~. u. Erf. II, 66), welcher xl.r¡.'fÍ¡11E'Cat im Gegensatz zu i!l11at faBt und auf die unglii.ubigen Juden bezieht, denen die Herkunft Jesu aus Nazaret, dem in der Schrift ungenanten Orte, dazu diente, ihn als einen zu bezeich- "' nen, von welchem die Schrift nichts wisse, womit sich dann alle Wemagungen der Schrift von der Verkennung und Verachtung des Messias erfülten. Diese Deutung des xa11bJÍ11li'Cca verstoBt gegen den bibl. Sprachgebrauch, vgl. z. B. Luc. 1, 32. 76. Mtth. 5, 9. 19 u. a., und die des NaCrof!alo> scheitert schon an Aet. 3, 6, wo Petrus doch gewm nicht sagen wolte: Im Namen Jesu, von dem die Schrift nichts wei~, stehe auf.
Matth. II, 23.
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schichtlichen Stoffes von der Rücksicht auf die Wernagung des A. T. vom Messias leiten lieB und nur die Thatsachen erwahnt, aus welchen sich ergab, daB Jesu Leben und Wirken der prophetischen Verkündigung entsprach; daher er auch in der Kindheitsgeschichte nur die Punkte berührt, durch welche Wernagungen erfült wurden. Matth. erzahlt nicht einmal die Geburt Jesu, sondern sezt sie nur voraus und erwahnt Bethlehem als Geburtsort nur wegen der Wernagung Mich. 5, l. Ueber den heimatlichen Wohnort Josephs sagt er kein Wort; nur vermoge wunderlicher Logik kann Weiss (Matth.-evang. S. 98) aus der v. 5 angeführten WeiBagung Micha's den SchluB ziehen, daB Bethleheru die ,,eigentliche Heimat" desselben war. Nur Bethlehem als der Ort der Geburt Christi und Nazaret als das Stadtchen, wo er aufwuchs, hatten für Matth. nach dem Plane seines Evangeliums heilsgeschichtliche Bedeutung; nicht aber die Angabe der ,eigentlichen Heimat' J osephs und der Maria, daher er auch bei 2, 23 unterlaBt, eine Andeutung darüber zu geben. Und was er v. 21-23 anführt, um die Niederlassung Josephs in Nazaret zu motiviren, beweist nicht, daB Bethlehem sein eigentlicher Wohnsitz war, sondern zeigt nur, daB er aus Aegypten zurükkehrend sich in J udaa wohnhaft niederlassen wolte, weil er glauben mochte, daB nach Gottes Willen der Messias in Judaa aufwachsen solte, wo er durch besondere gottliche Fügung geboren, und sowol in Bethlehem als in Jerusalem bei der Darstellung im Tempel von den auf das Heil Gottes harrenden Frommen freudig aufgenommen worden war. Hatte Joseph in Nazanit Grundeigentum besessen, so hatte er dasselbe ohne Zweifel bei oder nach der Flucht nach Aegypten verauBert, da er nicht wissen konte, wie lange er in Aegypten würde bleiben müssen. Ohne den Bericht des Lukas über die Heimat Josephs und über die besonderen Umstande, welche Jesu Geburt inBethlehem herbeiführten, konte man wol nach dem Evang. des Matth. vermnten, daB Joseph in Bethlehem ansassig war; aber einen sicheren Anhalt für diese Verrnutung liefert der Bericht des Matth. nicht. Ziehen wir ::tber den Bericht des Lukas naher in Betracht, so enthalt c. 1, 5-2, 38 nichts, was dern Berichte des Matth. widersprache; und nimt man an, daB Joseph und Maria nach der Darstellung des Kindes irn 'fernpel zunachst nach Bet~lehern zurükkehrten, so laBt sich auch die Erzahlung des Matth. von den Magiern und der Flucht nach Aegypten an Luc. 2, 38 anreihen oder zwischen v. 38 u. 39 einfügen. Die Bemerkung v. 39, ,als sie alles nach dern Gesetze vollendet hatten, kehrten sie nach Galilaa zurück' würde einen darnit unvereinbarcn Widerspruch nur unter der Voraussetzung begründen, daB Luk. alles habe erzahlen wollen, was ihrn aus J esu Kindheitsgeschichte bekant geworden war, so daB die in Matth. 2 berichteten Begebenheiten durch sein Schweigen negirt würden. Wolte.hingegen Lukas mit seinen Mitteilungen aus Jesu ºKindheit nur zeigen, daB Jesus, obgleich durch seine wunderbare Empfüngnis und Geburt als Sohn Gottes erwiesen, doch als ysvóµtvo¡; ix anie,w:aoq Llavl°
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sichtbaren Einfiul1 auf die Ausbreitung des Evangeliums in der Heidenwelt vorübergegangen waren. In diesem Falle aber konte er an die Darstellung Christi im Tempel, mit der alles vollbracht war, was nach dem Gesetz bei der Geburt eines Sohnes zu thun war, nur die Rükkehr nach Nazaret anreihen und mit einer Bemerkung über das Aufwachsen und Erstarken des Rindes am Geiste zum Folgenden übergehen (v. 39 ff. ). Peinliche Sorgfalt, jeden Schein eines Widerspruchs mit anderweitigen Berichten zu vermeiden, wie die Kritik bei ihren Operationen voraussezt, lag den Evangelisten und überhaupt den Geschichtschreibern des Altertums ganz ferne. - Wenn aber Keim (Gesch. Jes. 3. Bearb. S. 117f.) beide evangel. Berichte noch durch die Bemerkung zu verdachtigen sucht: ,Es ist deutlich, dal1 lVIatth. einen heidnischen Willkommruf, Lukas wie zur Erganzung einen israelitischen schildert; eine Verteilung, nicltt blos sonderbar im Blick auf die Schriftsteller, von denen jeder aus seiner eigensten Rolle zu fallen scheint, sondern geradezu widersprechend, weilJerusalem das eineMal so warm, das andere Mal so kalt, und weil die ITnwissenheit und das Erschrecken Jerusalems und seines Konigs, wie sie Matth. gegenüber dem Zweijahrigen zeigt, vollig unmoglich ist, wenn Bethlehem und Jerusalem dem Eintagigen und dann dem Sechswochigen so feierlich, so offentlich wie Lukas zeigte, gehuldigt hiitte', so erhellt die Schwache dieses Einwurfs schon daraus, dal1 K. erst durch rhetorisirende Uebertreibung den Bericht des Luk. entstellen mul1, um einen Widerspruch mit Matth. herauszubringen. Oder sind etwa die paar Hirten, die bei Bethlehem des Nachts ihre Herden auf dem Felde hüteten, ganz Bethlehem und der greise Symeon mit der 84jahrigen Hanna, die nimmer vom Tempel kam, die ganze Einwohnerschaft Jerusalems, da11 man die Huldigung, welche diese wenigen frommen Seelen dem Jesuskinde erwiesen, eine Huldigung Bethlehems und Jerusalems nennen konte? ,Sonderbar' kann aber die Verteilung des Willkommrufes bei Matth. und Lukas nut solchen Kritikern dünken, die sich um die Erkentnis der innern Oekonomie der Evangelien nicht bekümmern. - Was man sonst noch teils aus dem Fehlen der Kindheitsgeschichte bei Markus, teils aus den Wundern, den wiederholten Engelerscheinungen, gegen die Geschichtlichkeit derselben vorgebracht hat, gründet sich entweder auf hiichst zweifelhafte kritische Hypothesen, oder auf dogmatische Voraussetzungen, mit denen geschichtlich ausreichend beglaubigte Thatsachen nicht beseitigt werden konnen. - Vgl. zu dem Gesagten noch die gediegene Widerlegung der angeblichen Widersprüche von Godet, Comm. zum Ev. Luk. S. 66 ff.
Matth. III, 1.
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Die Vorbereitungen für Jesu messianisches Wirken. Cap. III, 1-IV, 11. Dieser Abschnitt unsers Evangeliums umfaBt drei Geschichten: l. das Auftreten Johannes des T!i.ufers, um durch BuBpredigt und Was-
sertaufe das jüdische Volk auf die N!i.he des Himmelreiches und die Ankunft des verheiBenen Messias vorzubereiten (3, 1-12); 2. die Taufe Jesu durch Johannes (3, 13-17); 3. die Versuchung Jesu (4, 1-11). Diese drei Begebenheiten stehen nicht nur zeitlich, sondern auch sachlich im engsten Zusammenhange. Johanncs war von Gott gesandt, um durch Predigt der Bulle und durch seine Taufe den Anbruch einer neuen Ordnung der Dinge in Israel anzukü.ndigen, dem Volke die Notwendigkeit der Sinnes!i.nderung ans Herz zu legen und dadurch sowie durch sein Zeugnis von Christo dem verheiBenen Erloser den Weg zu bahnen. Die Taufe und die Versuchung Jesu bilden die personliche Vorbereitung Jesu Christi für die Ausrichtung seines Amtes, das Himmelreich auf Erden zu gründen. Die objective Vorbereitung des Volkes auf das Erscheinen Christi und die subjective Vorbereitung Jesu für die Vollbrlngung des Werkes der Erlosung bilden in den Evangelien des Matth. u. Luk. passend den Uebergang von der Kindheits- und Jugendgeschichte des Herrn zur Geschichte seiner messianischen Amtswirksamkeit.
Cap. III. Auftreten und Wirken Johannes des Taufers. Jesu Taufe. V. 1-12. Die Busspredigt und Taufe des Johaunes. Vgl. Luc. 3, 1-18. Mrc. 1, 2-8. Vergleichen wir diese drei Berichte über das Auftreten und Wirken Johannes des Taufers, so stimmen sie in dem Hauptpunkte, n!i.mlich darin, da.B sie seine BuBpredigt und Taufe als eine Erfüllung der prophetischen WeiBagun~ und als Vorbereitung auf die Erscheinung des Messias darstellen, mit einander überein; im ein zelnen aber weichen sie darin von einander ab, daB Matth. und Luk. im Vergleiche zu Mark. den Inhalt der BuSpredigt specialisiren, Matth. die Strafpredigt, welche der T!i.ufer den Pharisaern und Sadduc!i.ern hielt, mitteilt, Luk. diese Predigt an die Volksscharen gerichtet sein laBt und die Aufforderung zur Sinnesanderung durch Belehrung der einzelnen Volksklassen über die Frucht derselben weiter ausgeführt hat. Hieraus erhellt deutlich, daS jeder Evangelist nur ein kurzgefaS tes klares Bild von dem Wirken des T!i.ufers als Wegbereiters des Messias geben wolte. - V. 1 f. In jener Zeit trat Johannes der T!i.ufer auf predigend in der Wüste Judaa's. 'Ev wi~ ~µÉQat~ sxelvat~ wie 1:1~~ l::N?';~ Ex. 2, 11. 23. Jes. 38, l"ist eine allgemeine Zeitbestimmung, durch welche das Nachfolgende an das Vorhergehende angeknüpft und in die Zeit, von der vorher die Rede war, gesezt wird; ohne die Zeit,
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Matth. III, 2.
die zwischen beiden Begebenheiten verfl.ossen ist, ni1her zu bestimmen, und nur in solchen FÍ!.llen gebraucht, wo in dem zwischenliegenden Zeitraume kein Ereignis eingetreten ist, durch welches eine Aenderung der bezeichneten Sachlage herbeigeführt ware. Hier knüpft sie an xa7:q)xr¡aev elr; xóliv Na~. 2, 22 an: in jener Zeit, da Joseph mit dem Jesuskinde in Nazaret sich niedergelassen hatte und Jesus dort heranwuchs. - Ueber die Jugendzeit Jesu d. h. über den Zeitraum, welcher vón der Uebersiedelung seiner Eltern nach Nazaret bis zu seinem offentlichen Auftreten verstrichen ist, hatte Matth. nichts für den Plan-seines Evangelium Wichtiges zu berichten. Denn die Reise des zwolfjiihrigen Jesus mit seinen Eltern zum Osterfeste nach Jerusalem, welché Luk. 2, 41-51 aus der Jugendgeschichte Jesu mitteilt, brachte in Bezug auf die Stellung Jesu zu seinen Eltern keine Veranderung hervor, da Jesus nach der Reise wieder in die Stille des Familienlebens zurükkehrte und seinen Eltern unterthan war (Luc. 2, 51 f.). Richtig schon Bengel nach Chrysost. u. A.: Jesu habitante Nazarethae 2, 23: nota-
tur non breve, sed nulla mqjori mutatione notabile intervallum. IlaQaylv87:at praes. hist. wie 2, 13: er komt an (vgl. v. 13), hier absolut: tritt auf (wie Hebr. 9, 11 u. Luc. 12, 51 von Christi Erscheinen und Auftreten in der Welt). Johannes wird durch den Beinamen ó {la.7l7:tu7:~r; der Taufer als eine bekante historische Person eingeführt. év 7:?l ÉQ~µcp T:ijr; 'Iovoalar; = h'J~rl': .,~,~~ Richt. 1, 16. Jos. 15, 6 in der Steppe Judaa's - eine weniger für Ackerbau als für Viehzucht geeignete Gebirgslandschaft im Westen des todten Meeres; hier so gebraucht, da6 das für Ackerbau gleichfalls wenig geeignete Jordanthal mit darunter befa6t ist, wahrend Luk. ~n 3, 2 f. vgl. mit 1, 39. 80 die Wüste (Steppe) von der XBQÍXWQOr; T:oií 'loQoávov unterschieden hat und den Taufer aus Antrieb des Geistes Gottes in die Jordangegend gehen lli.Bt, um dort seine Amtsthli.tigkeit zu beginnen. Matth. nent nur die Wüste ( ~ ~Qr¡µor;) in Rücksicht auf die W eiBagung, welche dadurch erfült wurde (v. 3), uud konte sich so ausdrücken, da die Wüste nicht nur bis in die Gegend von Jericho ohne Unterbrechung reicht ( Joseph. b. iud. IV, 8, 2 (.), sondern auch am Westrande der Oase von Jericho sich nordwarts fortsezt und oberhalb Jericho's in der Wüste Kuruntel wieder bis an den Jordan sich erstrekt, und der westliche Rand der Jordanaue bis zum Kurn Sartabeh hinauf in einer Reihe von ganz unregelmli.Bigen, schroff abschüssigen Klippen besteht, überall nackt und wüste ist und den Eindruck einer gro6artigen Oede macht (Robins. phys. Geogr. von Pal. S. 77). xr¡Qvuawv predigend; im N. T. der technische Ausdruck für die Verkündigung der Heilsbotschaft von Jesu Christo. Mernvoel7:e bezeichnet die sittliche Sinnesanderung, die zur Teilnahme am Messiasreiche erforderlich ist. µeT:avoelv steht in LXX für cm Reue über die Sünde empfinden; im Munde des Taufers: BuBe thun d. h. seine Sünde erkennen und bekennen mit dem ernsten Vorsatze, der sittlichen Forderung des Gesetzes in Leben und Wandel entsprechen zu wollen. ,,Denn nahe gekommen ist das Himmelreich", dessen Aufrichtung vom Messias erwartet wurde,·v. 11 vgl. 4, 17. 10, 7.
Matth. III. 2.
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Der Ausdruck ~ {Ja
1
1) In 6, 33 fehlt i-oii lfeoii in ~B u. ist nach ~ i-~11 {JaaiJ.eicw x. i-~11 oixaioav111)11 avi-oii zu lesen; dagegen in 19, '24.ist {Jaa. i-oo 8eoii (gegen Ti.~ch.) mit
den besten Hdschr. (~BCD u. a.) au ch als scbwerere Lesart statt des wiederholten lm Ev. Johannes ist 3, 5 {Jaa. i-w11 ovea11w11 zu scbwach bezeugt, um als ursprünglich gelten zu konnen. {J. i-. ovea11w11 festzuhalten.
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Matth. III, 2.
der vier Weltreiche deuten und ihm verkündigen konte, der Gott des Bimmels werde nach denselben ein Reich aufrichten, welches in Ewigkeit nicht zerstort werde, welches alle jene Reiche zermahnen und vernichten, selbst aber ewig bestehen werde (Dan. 2, 44). Weiter zeigte Gott dem Propheten Daniel im ersten Jahre Belsazars in einem nachtlichen Gesichte untar dem Bilde von vier furchtbaren Thieren die vier W eltreiche und das Gericht, welches der Alte der Tage d. i. der ewige Gott über das lezte Thier halten werde, und lie6 ihn schauen, wie einer wie ein Menschensohn mit den Wolken des Himmels kam und vor ,den das Gericht auf Erden haltenden Alten der Tage gelangte, der ihm Herschaft, Majestat und Konigtum verlieh, daB alle VOlker und Nationen ihm dieneten und seine Herschaft ewig, unverganglich, sein Konigtum unzerstorbar sei (Dan. 7, 13. 14). Aus diesen beiden Stellen ist für das Reich, melches der Gott des Himmels aufrichten und dem mit den W olken des Himmels kommenden d. h. vom Himmel herabkommenden Menschensohne verleihen werde, der Name Bimmelreich gebildet worden, entweder von Johannes dem Taufer, der denselben zuerst gebraucht, oder von Jesu Christo gewahlt und in diessm Falle von dem Evangelisten proleptisch in der Rede des Taufers erwahnt, um damit den Anbruch des von Daniel geweillagten neuen Gottesreiches anzukündigen. Das Reich des Himmels ist also zunachst das Reich, welches der Gott des Himmels durch den vom Himmel gekommenen Menschensohn aufrichtet, nicht ,das Reich, in welchem der Himmel die Herschaft führt'.1 Ueber den Begriff dieses Reiches laJ3t sich aus den Stellen des 1) Diese Deutung, welche E. Schurei· (der Begriff des Himmelreichs aus jüdischen Quellen erlii.utert, in d. Jahrbb. f: protest. Theol. 1876. S. 166ff.) nach dem Vorgange von de Wette und Wittichen als die einzig' zuliissige zu begründen sucht, ist ganz verfehlt. Aus der Scheu der Rabbinen, den Namen Gottes auszusprechen, und dem daraus hervorgegangenen Gebrauche des Wortes Himmel für Gott, der sich schon im ersten B. der Makkab. :findet (vgl. m. Comm. üb. d. BB. der Makk. S. 20 f.J, die Wahl des Au~drucks Himmelreich für Gottesreich erkliiren zu wollen, heiBt: Feigen von den Distelh lesen wollen. Aus der kanonischen Schrift A. u. N. Testaments hat Se hui.. für den metonymen Gebrauch des Wortes Himmel für Gott nur zwei Stellen beizubringen vermocht: Luc. 15, 18. 21 die Worte in dem Bekentnisse des verlorenen Sohnes: néa:e(h f¡µacn:ov lil> ?:ov ov(!avov xai lvwruóv aov, und Dan. 4, 23, wo Daniel zu Nebucadnezar bei Deutung seines Traumes sagt, sein Konigtum, das ihm genommen werde, werde ihm wieder erstehen von dem an, daB er erkant haben wird, .,da.•.• der Himmel die ller.•chajt hat" (l)t;'tl~ i~·~ul ·~). Solte nun web der Gebrauch von {JaatJ.eía úñv ori(!avw11 als Uebersetzung des in der rabbinischen Literatur Ofter vorkommenden o•tl1Z.l :ri:i~tl in jüdischen Schriften nach Dan. 4, 23 sich gebildet haben, wie ich in m. Comm. zu Dan. 4, 23 angenommen habe, so würde sich doch daraus der Gebrauch von f3aatAEÍCt úov ov(!av1Tiv anstatt {3aat'Aeía ?:ov {fEov in unserem Evangelium nicht erkliiren lassen, weil ~ f3aatJ.Eia •. ov(J. in dem Evang. nicht das Konigtum des Himmels, sondem das Konigreich des Himmels bezeichnet, in dieser Bedeutung aber, wie Sch. selbst S. 180 zugibt, die Formel c•r.iw l"li:'!:>r.i in der rabbinischen Literatur zufiillig (?) nicht vorzukommen scheint, wenigstens bis jezt nicht nachgewiesen ist. Wenn der Begriff Himmelreich nicht nur in der rabbinischen Literatur nicht nachgewiesen ist, sondern auch im A. Test. nicht vorkomt, so kann ihn Matthiius weder aus Dan. 4, 23
Matth. UI, 2.
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B. Daniel nichts weiter entnehmen, als da6 es wesentlich anders als die verganglichen Reiche dieser Welt geartet sein wird. Bestimtere Aussagen über die Natur des vom Messias aufzurichtenden Gottesreiches :linden wir bei den anderen Propheten, welche dasselbe nicht allein als Wiederaufrichtung der Herschaft Davids zu ewigem Bestande und als ein Reich der Gerechtigkeit und des Friedens schildern, sondern auch in der messianischen Zeit eine Ausgie13ung des Geistes Gottes über alles Fleisch (Jo. 3, 1 ff.) und die Schlie13ung eines neuen Bundes, in welchem das Gesetz des Herrn in das Herz des Volkes geschrieben und die Sünde vergeben werden soll, ankündigen, so daB die Frommen in Israel von dem Messias nicht blos die Aufrichtung der Herschaft Davids, sondern zugleich · eine geistliche Erneuerung des Volks erwarteten ( vgl. Luc. 1, 77-79). Daher konte Johannes der Taufer von dem Himmelreiche als einem seinen Zeitgenossen bekanten und von ihnen ersehnten Heilsgute sprechen und die Aufforderung zur Sinnesanderung mit der Anküudigung, daB das Himmelreich nahe gekommen sei, motiviren. Mit der namlichen Aufforderung begann auch Jesus die Pr~digt des Evangeliums (Mtth. 4, 17). Wahrend aber Johannes nur auf den Messias als den Kommenden hinwies, kündigt sich Jesus alsbald durch Wort und That als den an, der gekommen ist, das Himmelreich zu gründen. In der Bergrede legt er seinen Jüngern die Grundzüge dieses Reiches dar, indem er in den Seligpreisungen, mit welchen diese Rede anhebt, die Heilsgüter des Himmelreiches entfaltet und in der Forderung einer besseren Gerechiigkeit, als die der Schriftgelehrten und Pharisaer ist, die Grundbedingung für den Eintritt in dasselbe aufstelt. Ferner erweist er sich durch )Vúnderthaten als den Retter aus jeglicher Not, als den Heiland der Sünder, der die Macht hat, die Sünde zu vergeben, und erschienen ist, unsere Schwachheiten auf sich zu nehmen und unsere Sünden zu tragen, und vereinigt einen Kreis von Jüngern um sich, die er in das Geheimnis des Himmelreichs lehrend einführt und zu Verkündigern des Evangeliums mit Kraften des gottlichen Geistes ausrüstet, mit welchen sie die damonische Macht des Bqsen überwaltigen konnen; endlich nach seiner Auferstehung und Himmelfahrt gründet er durch AusgieBung des heiligen Geistes über seine Jünger die Gemeinde M x2r¡aía), in welcher das Himmelreich für seine zeitliche Entwickelung die sichtbare Gestalt erlangt, in der es sich mittelst der Predigt des Evangeliums und des Gebrauches der von Christo gestifteten Sakramente auf Erden ausbreitet. Gekommen ist das Himmelreich mit der Offenbarung Jesu als Messias, als des eingeborenen Sohnes Gottes, welcher Mensch geworden ist, und in seiner Person Gott- und Menschheit vereinigt, um durch sein Leben und Wirken auf Erderi die Versohnung· der Menschheit mit Gott zu vollbringen. In die Wirklichkeit aber eingetreten ist es mit der Sammlung einer Schar von Jüngern,
ex-
noch aus der Rede des verlorenen Sohnes geschOpft haben. Es ist ein spezifisch neutestamentlicher Begriff, welchen nur der Taufer Johannes oder Christus selbst gebildet haben kann, um damit die neue Gestaltung des Reiche¡¡ Gottes zu bezeichnen, welche von Jesu Christo begründet worden ist
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Matth. III, 2.
welche das Zeugnis Jesu Christi glll.ubig aufnahmen und durch den Glauben wiedergeboren wurden (Joh. 3, 3. 5), und mit der Ausrüstung dieser Jünger mit der Kraft des heiligen Geistes zu Aposteln, mit dem Auftrage, alle VOlker zu Jüngern zu machen durch Taufe und Lehre, durch Wort und Sakrament (Mtth. 28, 19). Mit der Geistesausgie6ung am Tage der P:fingsten gewann das bereits vorhandene Himmelreich die sichtbare Gestalt der durch Wort und Sakrament mit Christo verbundenen Heilsgemeinde des Glaubens. Diese Gemeinde; .~ éxx2r¡aía, als das durch Wort .und Sakrament gestiftete Gemeinwesen der mit Christo ihrem Haupte im Glauben verbundenen Bekenner seines Namens die Kirche genant, ist das Reich Gottes in seiner irdischen Erscheinungsform vom ersten P:fingstfeste bis zur Wiederkunft des Herrn. Diese Erscheinungsform schildert Jesus in den Gleichnissen Mtth. c. 13. Mit dem Samen des Wortes Gottes breitet es sich aus auf dem Acker der Welt, obwol es nicht von di eser Welt ist (Joh. 18, 36f.). Die Saat spro.Bt, wachst auf und tragt Frucht. Als eine geistige Macht, die von innen heraus wirkt, gleicht es dem Sauerteige, der den ganzen Teig durchsauert; von kleinen Anfangen, namlich von dem kleinen Jüngerkreise ausgehend, erwachst es zu einer Weltmacht, die für allerlei Volk der Erde zur schützenden Zufluchtsstatte dient, dem Senfkorne gleich, das als der kleinste Same zu einem groBen Baume aufwachst, unter dessen Zweigen die Vogel des Himmels wohnen. - In der Zeit des allmaligen Wachstums aber entspricht seine irdische Erscheinung noch nicht seinem himmlischen Wesen. Auf den Acker der Welt saet der Feind Unkraut unter den Weizen, welches mit demselben aufgeht und bis zur Ernte wachst. Zur Zeit der Ernte aber d. i. am Ende der gegenwartigen Weltperiode tritt mit der Wiederkunft des Herrn das Gericht der Scheidung der Gottlosen von den Frommen ein (Matth. 25, 36 ff.) und nach dem Gerichte die Vollendung des Himmelreiches durch Erneuerung Himmels und der Erde. Alsdann wird auch die au.Bere Gestalt des Reiches seine innere, jezt noch vor Menschenaugen verborgene Herrlichkeit abstralen (Rom. 8, 19-22. Mtth. 19, 28. Kol. 3, 5. 2 Petr. 3, 13. Offb. 21).1 Diese beiden Phasen des 1) Treffend bemerkt v. Hofm. (Schriftbew. U, 2 S.146): ,,Es gibt im Sinne der Schrift keine andere Gegenwart des Reiches Gottes auf Erden zwischen J esu Auffahrt und Wiederkunft, als in Gestalt der christlichen Kirche. Mit der Wiederkunft Christi aber erscheint das Reich Gottes nicht im Unterschiede von der blo8en Kirche, wie Auber1en sich ausdrückt, als Einheit von Kirche und Staat, geschweige als vollendeter Staat, in welchem die Kirche verschwunden ist (Rothe), sondern eben die Kirche ist es, deren Heiligkeit sich dann in Herrlichkeit offenbart (Roro. 8, 19 ). " Damit vgl. Al. v. Oettingen Antiultramontana. Erlang. 1876. S. 99 ff. - Auch O. Fyl,eiderm· (die Religion, ihr Wesen u. ihre Geschichte, Lpz. 1869. Bd. II S. 419 ff.) hat die Zweiseitigkeit in der Idee des Himmelreichs, da8 es ebensowol ein gegenwii.rtiges ist als ein zukünftiges, gekommen und erst noch kommend, geistig-innerlich und sinnlich-ii.u8erlich aus den Gleichnissen Matth. 13 gut erlii.utert und dabei treffend hervorgehoben, da~ die Vollendung desselben mittelst eines supranaturalen gottlichen Actes erfolgen wird, nicht durch allmii.lige Umbildung des Aeu~eren von innen heraus - dieser Proce8 falle in die Zeit des Wachstums, sei also nicht mit der Ernte zu verwechseln, die als einmaliger Act auf jenes folgt.
Matth. III, 3. 4.
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Himmelreiches: seine allmalige Entwickelung auf Erden in geistiger welterneuernder Gotteskraft und seine zukünftige Vollendung in Herrlichkeit sind in dem Begriffe der {3aút2sla ·uov OV(.Javmv zusammengefa.Bt, und zwar so, daB im Hinblicke auf die jetzige unscheinbare Gestalt des Reichs sein Eingetretensein gelehrt, im Hinblick auf seine Vollendung aber sein Kommen d. i. seine volle Offenbarung in der Zukunft erwartet wird. Hiernach besagt der Name ,Himmelreich' nicht blos, daB dieses Reich vom Himmel herab erscheint (Mey. u. v. A.), sondern daB es im Gegensatze gegen die Reiche dieser Welt von Gott mit Kraften des Himmels gegründet wird, um die himmlischen Güter der Gerechtigkeit, des Friedens und der Seligkeit der Erdenwelt zu bringen, die Versohnung der Menschheit mit Gott herzustellen und schlie.Blich durch die Welterneuerung die Erde zur Herrlichkeit des Himmels zu verklaren. 1 Durch diese Benennung wurde das durch Christum aufgerichtete Reich Gottes im Gegensatz gegen die irdischsinnlichen messianischen Vorstellungen der Juden von vornherein als die gottgeordnete Vollendung des im A. Bunde angebahnten Gottesreiches gekennzeichnet. Die Benennung aber ist sicher nicht erst von Matth. eingeführt, sondern von Christo selbst gebraucht worden; bei der Uebersetzung des hebr. t:J~r.ilii ri~::il:ii.:i ins Griechische aber behielt Matth. den Plural -rmv OV(.Javmv bei, um den vollen Begriff des Himmels auszudrücken. Johannes der Tli,J:lfer aber hat, indem er das Nahegekommensein des Reiches Gottes verkündigte, den Begriff desselben nicht in dem auBerlich-politischen Sinne der jüdischen Schriftgelehrten gefaBt, sondern in dem Sinne der alten Propheten, die von seinem geistig-ethischen Charakter gezeugt hatten. Dies erhellt aus der Forderung der µs-ráv0ta als Bedingung für den Eintritt in dasselbe. V. 3 u. 4 enthalten eine Bemerkung des Evangelisten, um das Auftreten des Taufers zu motiviren. JJenn dieser (Johannes) ist der, von welchem Gott durch den Propheten Jesaja geredet hat. yá(,J zeigt die Berechtigung dazu, daB Johannes das Nahegekommensein des Reiches Gottes als Motiv für seine BuBpredigt gelten1 machte. Aus dem sa-rlv IaBt sich nicht mit Fritz., Paul. u. A. folgern, daB v. 3 noch zur Rede des Taufers gehüre, obwol derselbe in Joh. 1, 23 die Worte des Jesaja von sich aussagt. Sú-rl ist praes. hist., dem :7W(,Jaylvn:at v. 1 entsprechend. Weil Johannes die von Jesaja geweiBagte Stimme eines Predi1) Nicht nur einseitig, sondern auch irrig ist die Meinung, dar.. der Aus'druck Hinnnelreich in unserem Evang. die Vorstellung involvire, dal1 die Heilsvollendung ausschliel1lich im Hinimel verwirklicht wird in dem erst dort vollendeten Gottesreiche ( Weiss, Mtth.-Ev. S. 102), oder wie es S. 39 heil1t, da6 unser Evang. die volle Verwirklichung des Gottesrei_chs im Jenseits sezt und imDiesseits die Verwirklichung desselben nur in der Form der ixxl.r¡
7
98
Matth. III, 4.
gers in der Wüste war, so war sein Auftreten ein thatsachlicher Beweis dafür, daB das Reich Gottes nahe gekommen. Der angeführte Ausspruch steht Jes. 40, 3 und ist nach der LXX aus dem Gedachtnisse citirt.
Matth. III, 5. 6.
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den armen Leuten gegessen wurden (Luc. 11, 22) und noch heutigen Tages von den Arabern teils gedéirrt und geréistet, teils in W asser gekocht und geschmalzt gegessen werden; s. m. bibl. Archaol. S. 488. µi2t ªYQWV wilder Honig, Feldhonig, von wilden Bienen bereiteter Honig, mel silvestre ( Plin. h. n. XI, 16), 1 an welchem Palastina reich war, wo man noch jezt, wie vormals hau:figer wilde Bienenschwarme in Baumhéilungen, Felsspalten, Erdléichern u. dgl. angesiedelt :findet, vgl. 1Sam.14, 25:ff. Deut. 33, 13. Ps. 81, 17. Prov. 25, 16; Steph. Schultz, Leitungen des Héichsten auf Reisen V, 133, welcher in der jüdischen Wüste vielen aus Felsritzen hervorflieBenden Honig fand, u. Oedmann, Vermischte Samml. aus der Naturlmnde VI, 136 f. V. 5 f. Die Erscheinung des Johannes im Prophetengewande als BuBprediger mit dem Ritus der Taufe machte groBes Aufsehen, so daS man in seinem Auftreten entweder den l\Iessias oder den Elias als Vorlaufer des Messias vermutete. Vom ganzen jüdischen Lande zog die Bevéilkerung zu ihm an den Jordan, sich taufen zu lassen. Jerusalem, Judaa und die Umgegend des Jordan sind genant statt ihrer Bewohner, wobei :n:aúa im popularen Sinne gebraucht nicht zu pressen ist. f¡ :n:sQÍXWQOf; -rov 'IoQO .. ist Uebersetzung von i':l";~i'J .,':12~ (Gen. 13, 10 f. 2 Chr. 4, 17) die Gegend zu beiden Seiten des Jordan, jezt et Ghór, s. Robins. Pal. II, 498 íf. ,Die ganze Stelle hat etwas Feierliches, wozu auch die Nennung der Stadt und der Lander statt der Einwohner mit gehéirt' (Mey.). Sie lieBen sich taufen, indem sie ihre Sünden bekanten. Das Bekentnis wird als mit dein Taufhergange selbst verbunden gedacht (!Yley.). Das compos. 8goµo2oyslú{J.at o:ffen heraus bekennen. Ob das Sündenbekentnrs ein summarisches oder ein speci:ficirendes Beichten war, laBt sich aus den Worten nicht erschlieBen. Es wird wol nach der Verschiedenheit der Personen und ihrer Verhaltnisse sich gerichtet haben. (3an-rí!;,etv von (3&.n-rw eintauchen, bed. untertauchen. So wird die Taufe auch Roro. 6, 3 betrachtet. Waschen und Baden 1) Ani!-ere nach Suidas s. v. axei>: µ81.t ély(!toV Bne(! &no 7:WV ó'évó'ewv uvvayóµsvov, µa vv a -¡;ol'> nol.l.oZ'> 1l(!O>ayo(!eVliWlJ> Baumhonig, eine honigartige, von Palmen, Feigen u. andern Baumen ausfiiel1ende Substanz. Diese Erklarung zieht JJfe.z¡. mit Kuin., Fritz., Bleelc u. A. vor, weil nach Diod. Sic.19, 94 u. Suid. das Pradicat élyewv wirklich als term. techn. diesen Honig bezeichne. Allein bei Diod. Sic. hat Wesseling diese Deutung erst durch Textanderung, durch Umstellung der w. &no úi'w ó'8vó'(!OJV xai µ81.t in xai ano 't'WV ó'8vó'ewv µ81.t ay(!tov ermoglicht und für dieselbe geltend gemacht: re vera mel istud magis commonstrat tenuem S. Joannis victum, quam vel quod ab apibus in arborum truncis et scopulorum rimis deponitu?'. Dal1 µ81.t ay(!toV der technische Ausdruck für Baumhonig war, lal1t sich weder aus Diod. Sic. noch aus Suid. begründen, und ,daC. ,u81.t i'!yewv nicht vom Honig der wilden Bienen gesagt werden konne, soll erst erwiesen werden' ( Winer RW. I, 511). ·zwar wachst nach Burclch. {Reís. II, 662) im GhOr ein Baum, von den Arabern Gharrab genant, von dem der sogen. Be.z¡ru.k- Honig gesammelt wird, den die Araber wie Honig und Butter essen; aber dieser Honig wird wie ein ahnliches Produkt des dornichten Baumes Tereschresch nur in den Monaten Mai u:nd Juni gesammelt, schmekt früh sehr sül1, wird aber, wenn er zwei Tage aufbewahrt wird, sauer. Dieser Baumhonig eignete sich also nicht•zu einem gewohnlichen Nahrungsmittel für den Taufer, weil er nur kurze Zeit im J ahre zu haben war.
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100
Matth. III, 7.
als korperliche Reinigung war Sinnbild der geistigen Reinigung von Sünden und im Leviticus für Tilgung verschiedener Verunreinigungen vorgeschrieben. Die Taufe des Johannes aber war, obwol an die levitischen Waschungen sich anlehnend, doch ein neuer, bis dahin unbekanter Ritus. Die Meinung, da8 sie nur eine modi:ficirte Anwendung der jüdischen Proselytentaufe gewesen sei (Selden, Light{., IJanz, Fr. Bengel u. A.), hat keinen geschichtlichen Grund. Die Proselytentaufe ist erst nach der Zerstorung Jerusalems und der Aufhebung des Opfercultus aufgekommen. Weder Philo , noch Josephus, noch die ll.lteren Targumisten kennen sie; deutlich erwll.hnt ist sie erst in der babylon. Gemara, s. m. bibl. Archaol. S. 341 d. 2. A. V. 7 ff. Auch von den geistlichen Oberen und Führern des Volkes kamen viele zur Taufe des Johannes. Pharisiier und Sadduciier sind die beiden Parteien, welche damals an der Spitze des jüdischen Volkes standen. PaQt
Matth. III, 8.
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die Teilnahme an demselben notig erscheinen konte, wobei sie sich nach ihren ober:fl.achlichen Begri:ffen von Sünde und BuJ3e leicht mit dem für die Taufe gefotderten Sündenbekentnisse abfinden zu konnen meinten. 1 In dieser Erwartung wurden sie freilich von Johannes sehr enttauscht. Die Anrede: revV1jµam "BxuJvrov progenies viperarum, Otternbrut, ist nach Jes. 5!:1, 5 gebildet, wo das heillose und verderbliche Treiben der Bosen als ein Aushecken von Basiliskeneiern, aus welchen beim Zertreten Ottern auskriechen, geschildert ist, vgl. Ps. 85, 5 u. Jes. 14, 29 (sxrova danlOwv LXX), und bezeichnet eine verderblich und unheilvoll wirkende Menschenart. Eine directa Beziehung auf die Schlange als Werkzeug der Verführung der ersten Menschen liegt in dem Ausdrucke nicht, so daB man Joh. 8, 44 vergleichen konte, sondern nur eine indirecta Hindeutung darauf, insofern nll.mlich die Schlange insgemein Symbol des Argen ist. Tlr;; vnMeigw vµlv wer hat euch die Weisung gegeben zu ent:fl.iehen der µéJ..J..ovaa OQr~ dem Zorne, der in dem mit dem Messias anhebenden Gericht die Gottlosen treffen wird (Rom. 2, 5. 1 Thess .. 1, 10). Dieses Gericht bezogen die werkgerechten Juden auf die Heiden, wahrend die Propheten es deutlich genug den Gottlosen insgemein angekündigt hatten, vgl. z. B. Jes. 66, 3-6 u. Mal. 3, 2-5. Der Sinn der Frage ist verneinend: Niemand kann euch gezeigt haben, da.B ihr entrinnen werdet. - V. 8. OÍJv wollet ihr also dem Zorne Gottes entrinnen, so scha:ffet der Sinnesanderung würdige Frucht. xa()JT:OV JWtelv = ~"!~ :i~~ Frucht tragen oder bringen, auf den Lebenswandel übertragen~ Statt xa()novr;; dgíovr;; ist nach 1t.BCJ) u. a. Codd. xa()JT:OV &gwv zu lesen. Der Plural ist aus Luc. 3, 8 in den Text gekommen, ·weil man ihn für passender hiel t. Aber durch den Singular wird der Beschrankung der Forderung auf einzelne Tugenden oder gute Werke vorgebeugt und eine auf den ganzen Lebenswandel sich erstreckende Sinnesanderung verlangt. 1) Das Ko=en der Pharisii.er und Sadducaei:' zu Johannes, um sich taufen zu lassen, steht mit der Aussage Christi Luc. 7,• 30, da!S die Pharisii.er und Schriftgelehrten Gottes Rath verachteten und und sich nicht von Johannes taufen liel1en, nicht in Widerspruch. Denn es ist ja nicht berichtet, dal1 sie nach der Strafpredigt des Johannes sich wirklich taufen liel1en. Wenn aber auch Einzelne wirklich in sich gingen und aufrichtige Reue über ihre Sünde zeigten, da!S Johannes sie getauft haben solte, so hebt dies die Warheit des Ausspruches ChristiLuc. 7, 30, der von derPartei derPharisii.er als solcher gilt, nicht auf, sondern gereicht als Ausnahme von der Regel ihr nur zur Bestatigung. - Auch die Nennung der 8zl.ot in Luc. 3, 7 s'tatt der Pa(lt<1a'lot und lJwJcf'ovim'lot unsers Textes berechtigt weder dazu, den lVIatth. eines geschichtlichen Fehlgriffes zu zeihen (Schneckenb., Bl.), noch zu der Annah~e, da!S die Erwii.hnung der Pharisaer und Sadducaer ein ungehoriger Zusatz in unserm Evangelium sei ( HoZtzm,). Die Abweichung in Luc. 3, 7, wonach der Tii.ufer die folgende scharfe Anrede an die zu ihm gekommenen élzl.ot richtet, erkliirt sich einfach aus einer Verallgemeinerung des Gedankens, um den tiefen religiOs - sittlichen Ernst der Bul1predigt des Taufers zu schildern. Mattlr. ist hier genauer als Luk., indem er die Pharisaer und Sadducii.er von den 8xl.ot scheidet. Was dagegen Weis.~(Mtth.-Ev. S. 103 f.) dafür beibrin~, da.11 auch Matth. hier nicht ursprünglich sei, stüzt sich auf unhaltbare kritische Voraussetzungen.
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Matth. III, 9-12.
V. 9. Uro ihnen aber das falsche Vertrauen auf die au8ere ZugeMrigkeitzumBundesvolkezu entziehen, fügtJohannes hinzu: µ~óógr¡w xd. meinet, wahnet nicht bei euch zu sagen (Urstv 8v fovToli;; ..,~~ e:;:~~ das Denken als innerliches Sprechen gefaBt; und über óoxslv s. Winer S. 570): Wir haben Abraham zum Vater d. h. als Nachkommen Abrahams haben wir auch an dem verheiBenen messianischen Segen Teil. Diese Meinung nent Johannes einen Wahn, weil die so Denkenden die physische Abstammung von Abraham für hinreichend hielten und die religios-ethische Bedingung, an welche Gott seine yerheiBung schon bei den Patriarchen geknüpft hatte Gen. 17, 1vgl.15, 6, ganz au.Ber Acht Iie.Ben. Vgl. hiemit die Rede Christi Joh. 8, 33 ff. u. die Ausführung des Apostels Roro. 4 u. 9, 6 ff. 8n óvvamt - 8rElQat xTl. ,,daB Gott aus diesen (daliegenden) Steinen dem Abraham Kinder erwecken (hervorbringen) kann''. Sinn: Troz eurer Kindschaft Abrahams kann Gott euch aus dem Himmelreiche ausschlie.Ben und vermoge seiner SchOpferallmacht aus dem Gestein der Erde sich Bürger seines Reiches erschaffen. Damit droht Johannes nicht nur den Pharisaern und Sadducaern die Ausschlie.Bung aus dern Reiche Gottes, sondern deutet auch schon die Moglichkeit der Berufung der Heiden an. - V. 10. Mit ~or¡ oé aber schon wird ein neuer Gedanke eingeführt, 1 namlich der: das Gericht der Entscheidung und AusschlieBung der Unwürdigen aus dem Reiche Gottes steht unmittelbar bevor. Die Prasentia s:x:xÓ:Jt'Z'é'Z'at und {Já22éTat drücken das sofort und unfehlbar Geschehende aus, nicht im Allgemeip.en was zu geschehen pfiegt (Fritz.); dagegen hat Mey. mit Recht das ovv geltend gemacht, welches andeutet, was aus dem Angelegtsein der Axt an die Wurzel der Baume unverzüglich folgen wird. Das Bild selbst ist leicht verstandlich aber inhaltsschwer. Es sagt nicht blos die Verwerfung, sondern auch die Verdammnis der UnbuBfertigen aus. - V. 11 f. Ich freilich bin es nicht, der das Gericht vollzieht; das wird der GroBere thun, der nach mir komt. Ich taufe euch mit Wasser zur BuBe. di;; µsTávotav den Zweck der Taufe angebend; aber nicht in dem Sinne: ,welche zur µsTáv. verpfüchtet' (Mey.), sondern: welche auf µsTáv. abzwekt, indem sie unter Voraussetzung des Bekentnisses der Sünde zur Sündenvergebung gereicht (Mrc. 1, 4. Luc. 3, 3). Uebrigens sagt Johannes mit {Jax'Z'Í{,w 8v 'Úo. sli;; µéT. nicht, ,wozu seine Taufe dem gereicht, welcher sie empfangt, sondern was zu wirken er als Taufer bestelt sei' (Hofm. Schriftbew. II, 2 S. 159). vµa<; bezieht sich nicht blos auf die zu Joh. gekommenen Pharisaer und Sadducaer, sondern auf die Juden insgemein. J)er nach mir Kommende ist der Messias, Jesus der Christ. laxvQÓTEQÓi;; µov EóT:Ív hat gro6ere Macht, vermag viel mehr als ich. Wie dies gemeint sei, sagt der Satz aVToi;; iµ. {JanT. xd. -- Mit den W.: o.J ovx slµ't - - {JaaTáóat ordnet sich Joh. dem Messias tief unter. Die Sandalen ihrer Herren zu tragen, sie zu- und wegzutragen,
=
1) Das ~aí nach 08 haben Lachm. u. Tiscl1. nach '!f
Matth. III, 12.
103
oder sie aufzubinden (Mrc. u. Luk.) war Geschli.ft der niedrigsten Sklaven. fa:avó~ geschikt, würdig - in ethischer Beziehung. Mit Christo verglichen achtet sich Joh. nicht für wert, sein geringster Diener zu sein. av'l'Ó~ .Er, der Stli.rkere, wird euch mit dem heil. Geiste und mit Feuer taufen. Diese Worte beziehen sich nicht auf die christliche Taufe, die als Geistestaufe zur Wass~rtaufe hinztikomt, so dafi der hei~ lige Geist das neubelebende gottliche Princip, das Feuer die demselben inhli.rirende Kraft, das sündige Wesen der Natur zu verzehren, und bei XV(>Í etwa an die feurigen Zungen Act. 2, 3 zu denken ware, wie Beng., Olsh., .Ew., Godet nach Chrysost. u. A. meinen, sondern paX'Z'Íbw ist bildlich gebraucht von der messianischen Lli.uterung des Volks, durch welche die BuBfertigen mit dem heil. Geiste, die Unbu6fertigen mit dem Feuer der Gehenna, wie Tli.ufl.inge mit dem Wasser überstromt werden. So nach Origen. die alteren luth. Dogmatiker und die meisten neueren Ausll., im Einklange mit v. 12, wobei nur XV(>Í nicht auf das Feuer dei Holle zu beschrli.nken ist, indem nach der Schriftlehre das Gericht schon in diesem Leben begint und in der ewigen Verdammnis nach dem Tode sich nur vollendet. Vgl. Joh. 3, 18 u. 36: wer nicht anden Sohn glaubt, auf (über) dem bleibt (µlvEt) der Zorn Gottes. - V. 12. o{j 'l'O xwov 8v 'l'fÍ XBt(>t a'Úwv ist kein Hebraismus für: in dessen Hand die Wurfschaufel ist, oder: dessen Wurfschaufel in seiner Hand (Grot., Beng. u. A.); auch nicht ev tjj XBt(>t avwv mit Frtz. epexegetisch zu fassen, sondern das relat. o'Ú dient zur Anknüpfung an das Vorhergehende: Er dessen Wurfschaufel in sei.ner Hand ist d. h. der seine Wurfschaufel in seiner Hand hat (vgl. Winer S. 147); dem Sinne nach begründend: denn er ist der, welcher ... &lwv, bei den Griechen alw¡; die Tenne, ein festgestampfter Platz auf dem Felde, wo man das Getraide entweder durch Ochsen austreten oder durch Dreschwagen oder Dreschschlitten ausdreschen IieB; vgl. m. bibl. Archli.ol. S. 581 f. &axaffa(>ÍbEtV durchreinigen, ganz oder vollig reinigen. Die Tenne steht nicht für das Getraide auf der Tenne (de W. u. A.); die Tenne wurde gereinigt dadurch, daB man das Korn und die Spreu von einander sonderte und wegrli.umte, das Getraider. (die Korner) in die áno{hjxr¡ den Aufbewahrungsort, bei den Hebrli.ern entweder Scheunen (Luc. 12, 18) oder trockene unterirdische Gewolbe, brachte, die Spreu ('Z'o axv<.>ov) teils auf dem Felde mit den Stoppeln verbrante (vgl. Paulsen, vom Ackerbau der Morgenlli.nder S. 150 f.), teils zur Feuerung verbrauchte (vgl. Mischna tr. Schabb. 3, 1. Para 4, 3). 'l'~V alwva a'Úwv seine (des Messias) Teime d. i. nicht das jüdische Volk ( Bg.C1·us.), nicht die zu reinigende Menschheit (de W.), sondern der Bereich der Wirksamkeit des Messias; in der Vorstellung des Taufers zunli.chst das alttestamentliche Gottesreich, aber in seiner von den Propheten geweiBagten Ausbreitung über alle Volker, also die Kirche in ihrem okumenischen Umfange. Sinn: der Messias wird durch Geistes- und Feuertaufe sein Volk lli.utern, die Scheidung MXQÍ
104
Matth. III, 13-15.
übergeben; vgl.13, 30). l111(Jea1:0r;; unverlOschlich, das ewig brennt, ohne zu verloschen, vgl. Jes. 66, 24. Matth. 25, 46. V. 13.-17. Die Taufe Jesu. Vgl. M~. {.¡ye a, 21....2.2 'u. Job. 1, 32-34. In der Taufe Jesu erreicht die ~~ ~es ihren ~tiQ~. Bei derselben ward ihm Jesus als der :~.Isl:.f!&ls .offenharat, so da.B er fortan vor sainen Jüngern und vor dem :Volke von Jesu als de!!!J3ohne GattE\S und de~~l!illl~.,..!io.U.~, welches der Welt Sünde trli.gt, Zeugnis ablegen konte. Jesus selbst aber trat mit seinem Gange aus Galilii.a an den Jordan, um sich von Johannes taufen zu lassen, a~ §.!illfil¡.en im Elternhause i.n.. die [email protected], um das Werk zu beginnen, das er nach dem Willen seines himmlischen Vaters auf Erden vollbringen solte. Z~r Au~f!ih~~.JYru:kgs empñug er-cltwGb.--dia ~~edie gott.liclrn W@ihe. . V. 13. ,,D.!!...lllª1!§.J~ª_m. Jesl!U'..º!l,._ Galilii.~r anden Jordan, um sich.. y!Ln.ihm..(Jo.liaJJllils.)Jaufen zqjass_en." T01:e díJmals als .Jobannes darcb. Bu.Bpredigt und Taufe das Volk auf die Nii.he des Himmelreichs vorbereitete. V. 14. Johannes aber V_fil'.hinderte ihn ( otexwA.vev im N. T. nicht weiter, auch in LXX nur Judit 4, 7. 12, 7 Ofter aber bei den Classikern vorkommend; Verstli.rkung des Simplex: bielt iaa aagelegem!!SJi.b), sprechend: Éyw XQelav x. 7:. A.. wenn einer von uns getauft werden soll, so bedarf ich, ~ notjg wn dir geta.uft zu w.er.de.n, xat
Matth. III, 16.
105
~ die in xlr¡Qro<1at :n:. Ótx. ausgesprochen ist, ergab sich für Jesum daraus, daB er ;¡Js der jm Fleiscbe erschieuane lagos durch die :e.eschneidnng unte.r: das Ges!)tz ¡¡:estelt wa.r, somit als gottmensc.lilicae. :eell!on den Willen Gottes in jeder.Jlez,iehnng zu erfüllen ha.tte. Die Johanne¡¡tl,l.nfe war zwar kein GebQt des Sinaitischen Gesetzes, aber ~' da Gott Johannes als Propheten an das Volk gesandt hatte, um es durch seine T~ die Aufnahme des Messia.s vorzubereiten. War die Taufe also für Jesum eine ~rfiillnug d~ giittUchen Willens, so war auch Johannf)S vermoge seines yon Gott emp.fau~ sie an Jesu zu vollziehen. JJa lie/j er ih:r.J. se. zur Tau:(¡¡ Zll.. V. 16. Jls aher: lesu.s g_etaU[t rvar durch Untertauchen im Jordan, stie er alsbald vom Wasser . evítvt; ist nicht als Hyperbaton zu fassen und mit a:rnt
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Matth. 111, 17.
die auf Jesum als _§zmbol des heil. Gei~ herabgeschwebt wlire; denn auch Luk. verglefohtarélre'startaeSlieistes nur...mit..d.ex a.in.e~ (
allein reichen hiefür ~. namentlich wenn die Erscheinung nur · für diejenigen von Bedeutung ist, welchen sie zuteil wird. 1 I~ lihnlicher .Gestalt aber s~nkte sicb. der Geist auf Jesum herab, weil die Taube in der Schrift ~~!!..EinfaJ.Ufil. (Mrc. 10, 16), um die ljrujigk@it und L~eit..les.J!.. i.m.Ilntexs.ühi~Jl..dem ~ zu versinnbilden, vgl. Jes. 42, 2 f. - V. 17. ,,Und siehe eine Stimme yol!Lllii:mnel, ~e.he. film.@: !!~~jat..Jnein geliebter Sohn, an welche!!L.kh...JY_g}gefall.en. )!_l!ihe." Zu rpwvn - llyovaa ist die Erglipzung eines Verbums, etwa éyfvE1:0 nach Luc. 3, 22, n~ év q) Evoóxr¡aa oder ~voóxr¡aa ist J!filix:aisirende ~, nach l\ 1'~t;!, ~-LXX-. Der 4.Q1:istJ!.e.sagt: an welchem ich W olgefallw gefaBtJia.llil, oder ~ ~§tarulmeines WQ]gefallens gew:Qrde.!List, vgl. Kühner II, 134 f. Die himmlische Stimme erkllirt Jesum feierlich_uicht blo_sJürilen.Messia.s, ~o~der~f!!!. deu~Jeb~~n Jieslif~mlischen .Y..ate~ auf vMr; µov o ayan. ~.r.A.cc.ent. Diese Beze1chnung rührt zwi&u!..lls..Ps..-2.,-l her, ist aber auch in dem Ps. nicht_einfache.Messiasheze.iG-hnu.~, obwol der Ausdruck nur in declarativer Bedeutung gebraucht ist; hier dagegen drükt er ~iscber Be.dfili.J..img__Q_~usgggruige_nsei.n._ans t!_em__Jtesen des Ya.t~s.-aus, .§..Q]!.Ql die Z~uJlg_xmnJw.Uigfill....G.ei&te (1, 20. Luc. 1, 35) ~ da§j.2.h.imneische___Q..JQl-~.....O'flQS-·lrh...i:x.o (Joh. 1, 14) in sich befassend. - Die himmlische Stiw..ie~ers.c.holl ohne Zweif~l gl~c]!~-~~!.ig_~i~--ª~E!-J;l~rablfQº1~~.!Ld~11G..e.istes.JWLJ..es.1JID., und zwar_m .ThLJesum und J ohJID.MS...YJlrJ1!lhmb.ar J1.rtic.uJ_i:rJ;e.n. _W..m:tei.4 wie split~_JW-Ch!X!!J:!~_l!~Lder.Jm:kl.a.r.ung..Jew.. (17, 5), 'Y.
Matth. 111, 17.
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allen neueren Kritikern ~. über den Zweck ab.ru:, zu welchem sich Jesus dar Taufe unterzog, und über die Bedel.ltun.g, welche sie für sein messianisches Wirken hatte, sind die Ansichteu geteilt. Wir haben hiebei den Taufact d. h. das Untertauchen im Wasser zu unterscheiden von den dieS0ñTct begleitenden himmlischen Zeichen. Die J~~ t.-ª'l!fe war als Wasserbad els &g-z-ávQUJV.S}!mhol der~nnesa.~. daher vo_gseiten dar zu_1'~den mit einem Bekentni1:1se der S:ündelJ. :nirbuudw.. Wie..konte nun ~fill.s, der sich keiner Sünde bewu8t war und den niemand einer Sünde zeihen konte (Joh. 8, 46), .§~ Taufe unterzieb.eJJ.? ~onte er vor Joha™ ein fü¡ndenhekentn.is..a.b.~? Saine Erklarung, daí3 er sich taufen lasse, J!D1 a.Jle Gerecbtigkeit Z!J- ~llen, sezt nicht blos voraus, daB er als Mensch verpfiichtet war, sich dar vollkommensten Sittlichkeit zu befleil3igen, §illldm:n aucb, da.B er, '!9il durch die Beschneidung unt.er das Gesetz getba.u, a~ f~e, was das Gesetz von den Israelitenfo!'.lifilie. War die Johannestaufe für alle Israeliten aj,!w Taufe zur Buil~, so hatte sie .l!Jlllh. :(ür Jesum, wenn er sich derselben unterzog, djru¡elbe Bedeut.nng; und er legte durch die Taufe t]ll.tsachlich auch ein ..Rek~ und Schuld ab, freili!:h picht..JLersi,inlicher., s.ejpem Flei~he und BlJ1t ~.~Mrirender Siinde nnd Srumld, sondern dar Sünde und Schuld saine§. TuJ.kas., die er mit dar durch die Beschneidung ihm auferle ten ~fl.ichtu!!A.~.iillung des ganzen ese zas a · ,.h.atte. "ofern abar die Johannestauf~ für Israel die Bedingung zur Teilnahme ;m. Hi.mmelreiche Wl!or, dessen Nahegekommensein sie ankündigte, war diestl~uch für~d. h. d~menscWichB Natur Cht:isti nicbt nur die Vorbedin un ·für die Gründun des Himmelreichs als ~s dafür, daB saine aaes da-&evelaq dem zu o:ffenbaren~~ en_ des G~ s~_LnicQ.Ll~stehen solle (Hofm. WeiB. u. Erf. II, 82), ~ zugleich die pers.Qnliche Aufnahme seiner úciQ{;. in.das nene, ~ in dar Menschheit zu_gründende-Gott@sreieh. "Wlcb.tig für das richtige verstandnis dar Taufe Jesu ist die Bemerkung des Luk., daB Jesus dabei b.etete (XQ008VXOµévov v. 21). ,Er bEfete d. h. el' ba,t si.ch VQU {iott a.lles erfleht, ~ jbm znr Erreicbnng des Zweckes, der Welt Sünde ~uehm.en, !Wtwendig war au Einsisht-Y11.d geistiger Kraft' (Godet Luk. S. 91). Auf dieses Gehet a,nt.wm'iete-ibm sein bimmlischer V:atei: ~ die Send~J!~istes ..!!~ Himmelsstimm~ w~~ ist aber di~Jl~ist~§~jlJmg an Jesum bei dar ..'Tu.Jllil mit s.ein!JLllZ:~fillg von1..beilig~ª-~1e..:re:r.einhar? ~ hielt beides für unvereinbar und hat deshalb angenommen, daB dar heil. Geist erst bei dar Taufe sich realiter mit dem Menschen Jesus vereinigt und ihn zum S.!ill!llL.G.o.tte.s gemacht haba, wahrend ·er bis dahin ein gewobnlicher Menscb, nur durch Frommigkeit und geistige Begabung ausgezeichnet, gewesen ware. Abar apostolisc.ha.Lebre-ist. dws nicht. Die Evangelisten nicbt allein hielten ~.!f~r, sondern auch ~ Act. 10, 38 il! Bezug_ auf ~: §,xQtúav. avr(m Ó -ffeoc, xvf:ÍJ.µau áylcp. Auch_l!Sl!:Ch~J.ogisch laBt sich dar Empfang des heil. Geistes bei der Taufe mit sainar gottmenschlichen Natur vereinigen, sobald man
108
Matth. III, 17.
nur erwagt, daB jede geistige Anlage eines Menschen zu ihrer wirksamen Entfaltung besonderer geistiger Anregung von auBen her bedarf; und dazu noch de.u Geist als.Princip des Leben~ in der Gemeinschaft DJ,it..G.g.t.t. VO.!L der Geistesmitteilung zur Ausrüstung_fü~ -YY:,irken in einem speciellen Gebiete' des ethischen oder religiOsen Lebens up.terscheidet, Der Geist Gottes oder der heil. Geist iat..im tLX. Princip 11icht nur des LebensJ sonder_!l aucíides Am~ (Kahnis, die Lehre vom heil. Geiste S. 31 f. 33. 46). So konnen wir mit ihm und mit [,u@ardt (Comm. z. Ev. J oh. 1 S. 330) sagen: ,da_tllti!!c~des l:.e1 , bens war Jesu durch den heil. Geist a~~n, a!§..Qel§.Lde.§...1;\.m.tes 1~ ilim beTd~-rJ!,Yfemitgeteilt'. t Diese G.eisteSI!)jt.tejhrng für da.s Amt ~urch das Herab Geifil;es....anfJ.es.um._'\rie ~r Taub ve · . ,Damit ist bedeutet, daB nicht blos eine Kraft oder Gabe des Geistes, sondern der Geist als ein Selbst, welches die ganze Fülle seiner Wirkungen in sich tragt, ihm neu, namlich für das Amt zuteil wird und daB er die geschlossene Fülle des gottlichen Geistes bleibend empfangt' (!io/m Schr~ 1S.191). Da aber der Geist des Herrn ein Geist der Weisheit und Einsicht, des Rathes und der Kraft, der Erkentnis und der Gottesfurcht ist (J.es. 11, -.2.), so ist ~ Ausrli¡¡tung .Jesu mit diefilillLG.ei.s.t@ als eine Entwickelungsstufe in dem personlichen Leben seiner gottmenschlichen Natur zu betrachten, die m~n die gott.licl:Le...JlY.eihe oder Orwnatjou fiir den Antritt sein~s messianische.n Amtes M1u1en-lQi.nn, und die ~die-himmliache ~' daB er der geliebte Sohn Gottes sei, an welchem der himmlische Vater Wolgefallen gefaBt hat, in einer auc!!..fittJlJ;lll..T.aufe~.er nj!_h.mbaren Weise b~igt..~. so daB d~ihn fQrtan ªIs das I.amm Gottes, welches ~~~~ünd~~!~!L~Q..mmen...llaJ;-fil'.ill,_tr_~en wird, seineñ Jüngern l:iezeugen kQnte.
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Der neueren kritischen Theologie, welche in J esu nur einen sündlosen Menschen, hOchstens das Ideal der Menschheit anerkennen will, hat das Factum der Taufe J esunicl;tt geringe Verlegenheiten bereitet. Die Ansicht von D. Fr. Strau.~s, daü Jesus mit der Taufe ein Sündenbekentnis abgelegt habe wie andere Israeliten, hat allseitigen Widerspruch erfahren. Selbst Keim (Gesch. Jesu. 3. Bearb. S. 132ff.) und Wittichen (das Leben Jesu S. 84) erkennen die Sündlosigkeit Jesu in seinem Mannes- und Amtsleben als vollkommen beglaubigt an, meinen aber 1) Vgl. hiemit v. Hofm. Schriftbew. I, S. 191 u. 11, 1 S. 166 und Godet, Comm. z. Luk. S. 92, welcher erlauternd hinzufügt, daJ1 man bei Christo, bei dem alles Geist und Leben war, Amt und Leben nicht mechanisch trennen dürfe. Da seine Amtsthii.tigkeit Lebensausstromung und gewissermal1en die Lebensluft seiner Person ist, so müsse der Anfang seiner Amtsthii.tigkeit zusammenfallen mit einem Fortschritte in der Entwickelung des personlichen Lebens. Die Fahigkeit mitzuteilen setze doch eine andere Weise des Besitzes voraus als die, da man nur für sich selbst besizt. Dieser Gedanke ist richtig, nur nicht e'.rschOpfend. Wir müssen noch das von Luth. a. a. O. hervorgehobene Moment hinzunehmen, dais Jesus der Geistesmitteilung zur Ausrichtung des Amtes bedurfte, weil seine aá~§ das Mittel seiner Selbstbezeugung ist, seine menschliche Natur also durch die Taufe geschickt gemacht worden ist, die ihm eigene oófa des Sohnes Gottes in Wundern u. s. w. zu nianifestiren.
Matth. III, 17.
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dall er in Bezug auf seine Jugend sich schwerlich absoluter Reinheit bewullt war. Keim sagt daher S. 133: ,War es eine Taufe der Bulle, so wuBte Jesus, dall sie für Gute und Bose in Israel jedenfalls nicht den gleichen Sinn habe und dall es dabei neben und über den Sündenbekentnissen um ein GelObnis der Gerechtigkeit sich handelte, welches er mit Fug und Pfiicht für sich selber übernehmen mullte. Mullte aber, was wir nicht sicher wissen, in jedem einzelnen Falle - geradezu die vorhandene, die geschehene Lebenssünde einbekant werden, so ist uns selbst darüberwenigstens nichts ganz Zuverlassiges berichtet, ob Jesus aus den Tagen seiner Jugend schlechterdings keine kleinste Uebereilung zu erzahlen hatte, auch wenn wir die vorfrühe Emanzipation des Zwolfjahrigen von den Eltern durchaus nicht betonen wollen'. Wittichen dagegen meint S. 84: ,die Sinnesanderung kann sich bei J esu nicht auf den zukünftigen Gehorsam gegen das allgemeine Sittengesetz beziehen - sondern sie mull seiner individuellen bisherigen Lebensrichtung gelten, sofern er bis dahin blos ein Leben der stillen Religiositat ohne oft'entliche, durch seine eminente Begabung geforderte ,Wirksamkeit' für die Gottesherschaft geführt hatte, was ihm infolge der von Johannes empfangenen Impulse nunmehr als Verfehlung erschien'. Aber die Schwache und Hinfiilligkeit dieser Auskunftsmittel springt in die Augen. Hielt J esus sich für gerecht, so konte er die Taufe der µeiá vota nicht auf sich nehmen und sich damit den Sündern gleichstellen. Darin aber, dall er nicht schon als Knabe oder Jüngling für die Gottesherschaft gewirkt d. h. als Messias oft'entlich aufgetreten war, konte er unmoglich eine Verfehlung oder Sünde erblicken. Die meisten neueren Kritiker haben daher die Bedeutung der Johannestaufe für Jesum dahin abgeschwiicht, da!!i sie dieselbe entweder zu einem blollen Acteehrender Anerkennung der Johannestaufe (Schleierm., Kern u. A.), oder zu einer personlichen Verp:flichtung: sich dem Dienste der Heiligkeit zu weihen ( Weiz.~.), herabsetzen, oder zu einer Versinnbildung des Verschwindens des ganzen bisherigen und des Beginnes eines vollig neuen Lebens, zu einem sich Lossagen Jesu von seinem ganzen bisherigen Leben, das, wenn auch sündenrein, doch den natürlich menschlichen Lebensbeziehungen gewidmet war ( Weiss Mtth.-Ev. S. 111) machen, oder sie als die messianische Ordination Jesu bezeichnen, die nach Mey·. darin bestand, dall J esus die gottliche ~rklarung als Messias emp:fing, um von jezt an einzig und ganz diesem groBen Berufe anzugehOren, wobei er sich ohne Schuldbewulltsein der Menge derer, die das Schuldgefühl zur Taufe trieb, in aller Demut (11, 29) zugesellen konte, weil in seinem BewuMsein doch die N egation des absoluten Gutseins war' - wie aus 19, 17 folgen soll. Diese Versuche zeigen nur, daB von dem die gottliche Natur Christi a priori leugnenden Standpunkte des modernen Protestantismus aus die Uebernahme der Johannestaufe vonseiten Jesu'unbegrei:flich ist und bleibt. Gegen die Realiti.i.t der wunderbaren Vorgange bei Jesu Taufe hat diese Kritik den Einwand erhoben, dall der heil. Geist nicht erst bei der Taufe auf Jesum herabkommen oder ihm mitgeteilt werden konte, weil er ihn vermoge seiner Zeugung durch den heil. Geist schon von seiner Geburt an besitze. So nicht nur Keim, sondern auch schon Lüclce, de H~., Bleelc u. A., welche deshalb die objective Realitiit der Geistesmitteilung an Jesum in Abrede stellen und in dem Vorgange nur eine Ent"l'iickelungsstufe des inneren Bewulltseinslebens Jesu sehen, und demgemall die evangelischen Beric.hte teils als ungeschichtlich verworfen,
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Matth. IV, l.
teils willkürlich umzudeuten versucht haben. N ach samtlichen Evangelien ist es nicht ein Vorgang, der sich im Bewu{)tsein Jesu vollzog, sondern der ihm vom Himmel her widerfuhr. Selbst wenn die Erzii.hlung symbolisch gefa{)t werden konte, wie Witticlten S. 80 meint, so würde dieser Symbolik die Thatsache zu Grunde liegen, ,da{) Jesus sich seit der Begegnung mit Johannes vom gottlichen Geiste ergriffen und für die V erwirklichung der gelituterten messianischen Idee berufen fühlte'.
Cap. IV, 1-11. Die Versuchung Jesu. Die Versuchung Jesut bildet die Erganzung zu seiner Taufe. Wie die Taufe die objective Ausrüstung Jesu zu seinem Auftreten und Wirken als Messias ist, so die Versuchung die subjective Vorbereitung für die Ausführung seines Werkes. Um das Himmelreich auf Erden zu griinden muBte das Reich des Satans zerstort werden. Dazu muBte Jesus nicht nur mit der vollen Kraft des Geistes Gottes ausgerüstet werden, sondern er muBte auch die Macht des Satans selber brechen, bevor er die Menschheit aus der Gewalt und Herschaft des bosen ]feindes erlosen konte. Niemand kann in des Starken Haus gehen und ihm seinen Hausrath rauben, es sei denn, daB er zuvor ffen Starken binde, und dann mag er sein Haus berauben (12, 29. Mrc. 3, 27. Luc. 11, 21 f.). Die Versuchung Jesu vonseiten des Satans ist seinem Auftreten als Messias voraufgegangen, hat aber die Ausrüstung Jesu mit dem heil. Geiste zur Voraussetzung, ist also von den Evangelisten mit Recht unmittelbar an die Taufe angereiht, nicht nur in unserm Evang., sondern auch bei Mark. 1, 12 u. 13 und bei Lukas 4, 1-13. V. l. ,,Da ward Jesus in die Wüste vom Geiste hinaufgeführt, um vom Teufel versucht zu werden." Tóu alsdann, als der heil. Geist auf ihn herabgekommen war (Mey.). áv~xffr¡ wurde hinaufgeführt, aus dem Jordanthale hinauf in die hOher gelegene Wüste; nicht: entrükt; dies liegt auch nicht in dem m)-co1J éx{Já22H des Marc., denn dies besagt nur, daB der Geist ih:g. unwillkürlich in die Wüste trieb. Die Wüste, namlich Juda's, wird von der kirchlichen Ueberlieferung seit dem 12. Jahrh. naher bestimt als die nordlich von Jericho befindliche Wüste f)uarantana (sogen. von dem 40tagigen Fasten Jesu), bei den Arabern IJschebel Kuruntel, mit einem steilen, gegen 12-1500 Fufi senkrecht über die Erde aufsteigenden Berge, dessen ostliche Wand voll von Grotten und Holen ist (Robins. Pal. II, 552). vxo 1:0v xvsvµm:oc; von dem heiligen Geiste, im Gegensatze zu vxo 1:0v ow{Jólov; vgl. xvsvµa1:0c; áylov xl~Qr¡c; Luc. 4, l. XH(>aaff~vat um versucht zu werden. XHQá{;stv auf die Probe stellen, prüfen, versuchen; hier sensu malo: zum Bosen verlockt werden. ó Oiá{Jo2oc; (von 6ta{Já22etv) eig. der Ver1) Vgl. 1lfor. 1•. Engelltardt, de Je.~u Chri.,ti tentatione commentat. Dorp.1853 und die ausführliche Erorterung dieser Perikope von H. G. Hoelemann, Die Reden des Satan in der heil. Schrift. Neueste Bibelstudie. Leipz.-1875. S.100-158, mit einem ziemlich vollstandigen Verzeichnisse der zahlreicheu Literatur über diesen Gegenstand (S. 100 f. in der Note).
Matth. IV, 2-4.
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Ieumder, hier wie schon in LXX ofter als Uebersetzung des hebr. ir;~ ·Bezeichnung des Teufels als Verleumder und boshafter Anklliger der Menschen vor Gott, nach Hi. 1, 6. 2, 4. Zach. 3, 1. Apok. 12, l. V. 2. Nachdem Jesus 40 Tage und 40 N!ichte gefastet hatte, hungerte ihn darnach. vr¡a·u:.vetv fasten, hier absolut von ganzlicher Enthaltung der Speise, nicht blos von gewohnlichen Nahrungsmitteln; vgl. ov~ ~
Matth. IV, 4. 5,
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lebt der Mensch, sondern von jeglichem Worte, das durch den Mund Gottes ausgeht!' avlfQOJJW~ der Mensch ganz allgemein. Jesus erinnert damit den Satan an seine menschliche Daseinsform, über die er sich nicht eigenmachtig erheben dürfe. !;ijv sJtÍ leben auf dem Grunde oder der Basis von etwas, nach ;~ n;r;; im Griechischen selten (vgl. Kypke Observv. I p. 14); sondern gewohnlich mit dem Dativ oder mit sx, d:nó construirt. Das Schriftwort bezieht sich im Zusammenhang der Rede Mose's darauf, daB der Herr sein Volk in der Wüste, wo dasselbe weder Brot noch andere gewohnliche Nahrungsmittel hatte, mit Manna vom Himmel gespeist habe, um dem Volke zu zeigen, daB die Kraft zur Lebenserhaltung nicht in dem Brote an und für sich besteht, demselben nicht an sich anhaftet, ~ondern auf dem Worte Gottes beruht, welches auch dem irdischen Brote die Kraft der Ernahrung verliehen hat. :nav Qijµa sx:noQ. x-r2. jedes durch den Mund Gottes ausgehende Wort als eine gottliche Kraft. Damit erklart Jesus dem Versucher, daB sein Leben in Gottes Hand stehe, der es ihm auch ohne irdische Nahrungsmittel erhalten konne und, wenn es zur Forderung seines Reiches dient, auch erhalten werde; stelt also dem satanischen Ansinnen, sich durch Anwendung seiner Wunderkraft Nahrungsmittel zu verschaffen, unbedingtes Vertrauen auf die gottliche Allmacht und vollige Ergebung in den Willen seines himmlischen Vaters entgegen. V. 5-7. Die zmeite Versuchung. 1 V. 5. ,,Da nimt ihn der Teufel mit in die heilige Stadt und stelte ihn auf die Zinne des Tempels." 2 llaQa2aµflávu 11i8t die Art und Weise der Mitnahme unbestimt; vgl. 17, 1, wo Ji:aQa2aµ{l. die Mitnahme der Jünger auf den Berg der Verklarung ausdrükt. Nur soviel ist daraus deutlich, daB der Versucher sich Jesu gegenüber als Herrn benimt, dem Jesus Folge leistet. Noch starker ist in ~an¡aev das Unwillkürliche vonseiten Jesu und die Macht vonseiten des Teufels ausgedrükt. Diese Macht hatte freilich der Satan nur so lange, ali¡ Christus ihm seine Versuchungen gestattete, um ihn zu überwinden. Treffend bemerkt hiezu Gregor bei Bengel: nil
o
1) Lukas hat die zweite und dritte Versuchung umgestelt, das Führen Jesu auf einen hohen Berg zur zweiten, das Stellen Jesu auf die Tempelzinne zur dritten gemacht - warscheinlich nur nach der Refiexion, daC. der Weg aus der Wüste nach Jerusalem über das Gebirge führte. Diese Refiexion findet zwar Wei.~s (Mtth.-Ev. S. 118) kleinlich und mochte eher mit Volkmai· annehmen, daC. Lukas die Versuchung worin ,der Teufel mit Bibelsprüchen ficht und demonstrirt•, für die geführlichste gehalten habe, oder vermuten, daC. der Heideñchrist Lukas den alttestamentl. Sinn des ·~~ i'ltil) nicht mehr verstehend das Wort als directes Verbot, den Messias zu versuche~; genommen hat, in welchem Sinne es jede weitere Versuchung abschnitt. Hochst unwarscheinlich. Jedenfalls aber ist die Umstellung bei Luk. unpassend, da nach der Abweisung: Hebe dich weg, Satan ! ein nochmaliger Versuch des Teufels aller W arscheinlichkeit ermangelt. Godet's Versuch, die Anordnung bis Luk. als die richtige zu rechtfertigen, ist gekünstelt. 2) Statt fo-ir¡11ev haben Lchm. u. Ti.~ch. fo-ir¡11eJ1 nach ~BODZ aufgenommen, wogegen sich zwar sagen Ial1t, daC. der Aorist die priisentische Darstellung unterbreche und aus Luc. 4, !! hieher gekommen sei (Me¡¡.), allein der Aorist, den Moment des Stellens ausdrückend, macht die Darstellung Iebendiger.
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Ma.tth. IV, 5. 6.
mirum est, si Chr'istus a JJiabolo sé permittit circumauci, qui a membris illius se permisit cruci{tgi. ~ áría xólt; heiBt Jerusalem wegen des Heiligtums des Tempels Jes. 48, 2. 52, 1. Neh. 11, 1. Diese Bezeichnung ist hier wie 27, 53 gewahlt, um den Contrast zwischen dem damonischen Vorhaben des Versuchers und der Heiligkeit der gllttlichen Cultusstatte (vgl. das· folgende Tov frc.wv) anzudeuten. Der Teufel wahlte abar das Centrum des alttestamentlichen Gottesreiches zum Schauplatze seiner zweiten Versuchung mit Rücksicht auf die Bestimmung Jesu zum Messias Israels. Hatte Jesus von der Tempelzinne sich unversehrt herabgestürzt, so würde das Volk ihn sicherlich als Messias proclamirt haben. TO n'l'E(!vrwv wv fa(!oV die Zinne des Heiligtums. :ll'l'Ef!Vrwv als Deminutiv von :ll'l'É(!Vs bed. im architectonischen Sinne die Zinne oder Dachfirste, als den an der Seite herabhangenden Teil des Giebels, Vulg. pinnaculum. TO fa(!ÓV im Unterschiede von ó vaó; ist der ganze Complex des Tempelbaues, nicht das eigentliche Tempelhaus im engeren Sinne; hier ist wol eine Zinne der den Tempel umgebenden Saulenhallen gemeint, abar nicht naher zu bestimmen, . ob die ostliche oder Salomonische Halle oder die südliche ~ {Jaat2tx~ awá mit ihrem Schwindel erregenden Blicke in das tiefe Thal Josaphat (Joseph. Antt. XV, 11, 5). - V. 6. Den Vorschlag, sich von der Tempelzinne herabzustürzen, sucht der Satan durch einen Spruch aus der Schrift Jesu als ungefahrlich zu insinuiren. Wenn Jesus Gottes Sohn, so werde Gott ihm auch den Schutz seiner Engel zuordnen, daS er sich dabei nicht den geringsten Leibesschaden zufüge. Die Worte sind aus Ps. 91, 11. 12, welcher von dem. gottlichen Schutze handelt, dessen sich die Frommeft., die Gott zu ihrer Zuflucht machen, in allen Fahrlichkeitei:J. dieses Lebens getrosten konnen. Sie sind nach der mit dem Grundtexte übereinstimmenden Uebersetzung der LXX angeführt; nur mit Weglassung der Worte 'l'OV otarpv2ágat as liv :aáaat; Tal; oo.ol; aov hinter nE(!t aov nach Mtth;, oder blos des liv xáaat; Tai; óool; aov nach Luk. In dieser Weglassung vermuteten altere Ausll. eine absichtliche Verstümmelung des Schriftw~rts vonseiten des Satans, wol nicht ohne Grund, da die Worte ,,auf allen deinen Wegen" die Zur saga der gottlichen Bewahrung auf die Wege, die der Mensch zu gehen hat, beschranken, und halsbrecherische, aus Eitelkeit unternommene, nicht zum Berufe des Menschen gehéirende Wagnisse ausschlieBen. Gott errettet die Seinigen oft wunderbar aus den groBten Gefahren, in weiche sie auf ihren Berufswegen, sei es unvermeidlich oder auch aus Mangel an der notigen Besonnenheit und Vorsicht hineingerathen, abar nicht aus Gefahren, in die sie sich mutwillens, aus Eitelkeit und für selbstsüchtige Zwecke stürzen. In eo est f allacia, quoa angelorum custoaiam ad vagum et temerarium cursum trahit. - Acsi aiceret: si te projicias in mortem invito Peo, angeli vitam tuam aefenaent. Calv. Auf eigen gewahlten gefahrlichen Wegen auf Gottes Schutz hoffen, heiBt Gott versuchen. Mit dem Spruche: ,,Du solst den Herrn deinen Gott nicht versuchen", weist daher Jesus das Ansinnen des Teufels ab. :aá2w rursus, abermals; nicht: hingegen oder dagegen. Diese BedeuKen, Comm, z, Evangel, :Matth.
8
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Matth. IV, 7-9.
tung von xáJ..tv ist im N. T. nicht erweislich. Jesus führt dieses Schriftwort nicht als ein der vom Satan citirten Psalmstelle entgegengeseztes an, sondern nur als ein anderes Gotteswort, welches auch zu erwl:Lgen sei und für den vorliegendenFall gelte, nach dem Grundsatze: Scripf:ura script:uram illustrat (Hoel.). Das Wort ist aus 5 Mos. 6, 16 und entMlt eine Warnung, durch ungll:Lubiges Murren Gott zu versuchen, wenn er in irgend welcher Not nicht alsbald hilft, wodurch Israel zu Raphidim bei eingetretenem Mangel an Trinkwasser (Exod. 17, 1-7) sich versündigt hatte. In der Anwendung auf den vorliegenden Fall hat Jesus diesen Ausspruch in seiner allgemeinen Bedeutung aufgefaBt: Gott auf die Probe stellen, indem man ihn durch eigenwilliges Verlangen oder Handeln notigen will, seine Allmacht oder Wundermacht zu manifestiren. V. 8-10. Die dritte Versuchung. V. 8. ,,Wiederum nimt ihn der Teufel auf einen sehr hohen Berg und zeigt ihm alle Reiche der W elt und ihre Herrlichkeit." Ueber xar¡aJ..aµ{Jávei d. Bem. zu v. 5. Der ,sehr hohe Berg' l!!.Bt sich geographisch nicht n!l.her bestimmen, obwol einzelne Ausll. an den Tabor, den Zion oder Moría, den Oelberg, auch an den steilen Berg Quarantana, oder gar anden Nebo gedacht haben. Auch von dem Mchsten Berge der Erde kOnnen nicht alle Reiche der Welt überschaut werden. Das Zeigen derselben beschreibt Luk. durch den Zusatz BV onyµf¡ xr¡óvov puncto temporis, in einem Augenblicke. als ein magisches, als eine zauberhafte Phantasmogorie; woraus jedoch nicht folgt, daB diese wie die vorige Versuchung nur ekstatische Vorgl:Lnge waren. Zur Ekstase paBt nicht das xar¡aJ..aµ{Já.vu, ganz abgesehen davon, daB im Leben Jesu Ekstasen sonst nicht vorkommen und an sich nicht warscheinlich sind. Andrerseits aber darf man auch die wortliche Au:ffassung des Hergangs nicht nach rein menschlichem MaBstabe kritisiren wollen. Die handelnden Personen hiebei waren nicht einfache Menschen, sondern Jesus der eingeborene Sohn Gottes in menschlicher Natuf' und mit gottlichen Eigenschaften begabt, unq der Teufel ein hOheres Geistwesen. Bei beiden sind Lebens!!.uBerungen und Erlebnisse moglich, die für bloBe Menschen unmoglich sind, und von denen wir uns, weíl Erfahrung und Analogie im gewohnlichen Menschenleben fehlen, keine sachgem!!.Be Vorstellung machen konnen und deshalb auch nicht befugt sind, diese über die Grenzen menschlicher Leistung und menschlichen Vermogens hinausgehenden Vorg!l.nge zu • Ieugnen. - ,,Dies alles - spricht der Satan zu Jesu - will ich dir geben, wenn du niederfülst und mich anbetest." Luk. gibt dieses Wort ausführlicher: ,,Ich will dir geben alle diese (Bgovoía) d. h. die Herschaft über alle Reiche und die Herrlichkeit derselben; denn mir ist sie übergeben und ich gebe sie wem ich will; wenn du vor mir niederfülst, soll alles dein .sein." Das oaforo óot nent Vict. Strigel ein impudens mendacium J)iaboli, besonders im Hinblick auf den Zusatz bei Luk.: denn mir ist sie übergeben. Allein eine so plumpe Lüge dürfen wir dem Teufel nicht zutrauen. Die Warheit seiner Behauptung; meint dagegen Godet, gehe schon aus den Worten: dies alles ist mir über.-
s.
Matth. IV, 10.
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geben, hervor, weil er damit der Obergewalt Gottes die Ehre gebe und sfoh als sainen Vasallen anerkenne. Dabei ist freilich zu beachten, daB er Gott nicht nent, nicht sagt, von wem diese Macht ihm übergeben sei. Gleichwol wird die Vorstellung von der Herschaft des Satans über die sichtbare Welt in gewissem Sinne von Christo selbst bestatigt, indem er ihn den Fürsten dieser Welt nent. Nur lii.Bt sich daraus nicht mit Godet u. A. folgern, daB der nun gefallene Erzengel ursprünglich die Erde und das Planetensystem, in das sie geMrt, als sein Herschergebiet bekommen habe. Diese theosophische Idee lli.Bt sich aus der Schrift nicht erweisen. Die Herschaft über die Welt hat der Batan erlangt durch die Verführung der ersten Menschen, dadurch daB er die zu Herschern der Erde bestimten Menschen sich zu dienstbaren Knechten gemacht hat. Die gottliche Zulassung des Sündenfalles der Menschen oder, richtiger ausgedrükt, die in der SchOpfung der Menschen als personlicher Wesen begründete Moglichkeit, daB der Mensch durch MiBbrauch seiner Freiheit sich vom Satan zur Uebertretung des gottlichen Gébotes verleiten lieB und dadurch in den Dienst der Sünde und des Satans gerieth, diese Moglichkeit mit ihren geschichtlichen Folgen betrachtet und bezeichnet der Versucher als Uebergabe der Herschaft über die Welt und ihre Herrlichkeit an ihn. Da Gott den Satan nieht sofort nach Verführuug der Ureltern unsers Geschlechts gebunden und in die Holle gestoBen, sondern ihm Raum gelassen hat, seinen Einflu.B über die Menschen weiter auszubreiten, so hat er sich zum Fürsten dieser Welt erhoben und herscht noch jezt in dem auBerchristlichen Bereiche der Menschenwelt, so daB er diejenigen, welche seiner Versuchung sich hingeben, a.uf den Gipfel irdischer Macht und Herrlichkeit erheben kann. Das Anerbieten also, das er Jesu macht, ist nicht rain erlogen, aber auch nicht in der Warheit begründet. In ho:ffartiger Selbstverblendung verspricht er mehr als er leisten kann, weil er ungeéµo'i :n:aQaoMornt ausgesprochenen Abhangigachtet der in dem keít von einer hOheren Macht sich doch als allmachtigen Herrn oder Gott dieser Welt betrachtet und nicht bedenkt, daB die Herschaft, wenn sie ihm übergeben ist, ihm auch, wenn e\. sie miBbraucht, wieder genommen werden kann. Diese Vermessenheit dekt ihm Jesus auf, indem er mit dem Worte: hebe dich rveg, Satan ! als Sohn Gottes ihm entgegentritt und ihm dann mit dem Schriftworte 5Mos. 6, 13 an seine Abhangigkeit von Gott dem Herrn und an seine Pflicht, Gott zu dienen, erinnert. Das Ó:n:laro µov hinter i5.nare fehlt in 'f!.BC u. a. und ist daher schon von Elzevire, sodann bei Tisch. 8 u. A. getilgt. Es ist ohne Zweifel aus 16, 23 in unsere Stelle gekommen; dort in der Zurechtweisung des Petrus ganz passend, hier dag~gen unpassend, da der Satan nicht blos hinter Jesum zurücktreten, sondern ganz von ihm weichen soll. Mit der Anrede
ou
8*
116
Matth. IV, 11.
Das Gott- Fürchten als Verehrung gedacht gestaltet sich zu
XQ0~'1:v
veiv. ·Jesus w!Lhlt dieses Wort im Gegensatz zu der vom Satan ihm zugemuteten XQO~X:Úw¡
Matth. IV, 11.
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¡¡,Jtesten. Evangelium noch fremde magische Scenerie, sondern auch absolute Unmoglichkeiten und Widerspruch mit dem Qharakter des geisterfülten Jesus enthalte (Mey.). Denn die Berufung auf das alteste Evangelium, namlich des Markus, welches diese Scenerie nicht enthalte, ist eine unerweisliche kritische Hypothese, die, selbst wenn die Prioritat des Markusevang. zu erharten ware, schon als argumentum e silentio nichts beweisen würde. Und den Vorwurf der Legendenhaftigkeit der Scenerie haben wir schon bei der Erklarung der zweiten und dritten Versuchung beseitigt. Eine absolute Unmoglichkeit kann man auch von der dritten Versuchung: dem Zeigen aller Reiche der Welt von einem sehr hohen Berge aus in einem Augenblicke, nicht mit Fug und Recht behaupten - da wir für die Beurteilung dessen, was hOheren Geistwesen moglich ist, keinen MaBstab haben. Ein Widerspruch aber mit dem sittlichen Charakter des geisterfülten Jesus würde in den Versuchungen nur in dem Falle Iiegen, daB Christus durch die Erfüllung mit dem heil. Geiste bei der Taufe seiner wahren menschlichen Natur entkleidet, der dafMvua 7:ijr; aa1;1xór; vollig enthoben worden ware, oder wenn er sich durch den Versucher hatte zur Sünde verleiten lassen. Die Versuchungen setzen die Versuchbarkeit Jesu voraus; diese wurde aber durch den Jesu mitgeteilten heiligen Geist nicht aufgehoben und das posse non peccare nicht mit einem Schlage in non posse peccare verwandelt. Will man aber in dem Umstande, daB der geisterfülte Jesus den Teufel nicht sofort beim ersten Anlaufe abgewiesen hat, einen Widerspruch mit seinem sittlichen Charakter finden, so verkent man die Bedeutung, welche die Versuchung für Jesum und sein Werk hatte. Die Versuchung solte eiñerseits Jesu Gelegenheit bieten, die verschiedenen Arten der Einwirkungen des Satans auf die menschliche Natur zu erfahren, um jeden Abweg von dem Ziele seiner gottlichen Besttmmung zu erkennen und sich dagegen zu wappnen, andererseits solte auch der Satan die Erfahrung machen, daB alle seine Künste, die Schwache der menschlichen Natur seinem Zwecke dienstbar zu machen, nicht im Stande seien, den Sohn Gottes zu verführen., Dieser zwiefache Zweck ware nicht erreicht worden, wenn Jesus den Satan sofort abgewiesen hatte. Da der in Jesu Mensch gewordene Logos unser Fleisch und Blut angenommen hatte und allerdinge, nur die Sünde ausgenommen , uns seinen Brüdern gleich geworden war (Hebr. 2, 17 f. 4, 15), so konte ihm auch keine Art der Versuchung erspart werden, wenn er den Satan vollig überwinden solte. Daraur deutet Luk. am Schlusse v. 13 hin in den Worten: ,,Nachdem der Teufel náv7:a nu(1aaµóv jede Art der Versuchung beendigt hatte, stand er von Jesu ab áx1;1t xat1;1ov bis auf gelegene Zeit. Diese trat mit dem Leidenskampfe in Gethsemane ein. Da kam, wie Jesus seinen Jüngern Joh. 14, 30 gesagt, der Fürst dieser Welt, konte aber nichts an ihm zu eigen haben. Damit vgl. Luc. 22, 30, wo Jesus seine Gefangennehmung als die Stunde der Macht der Finster· nis bezeichnet. Die neuere im Pafltheismus oder Kriticismus wurzelnde Tbeologie erkent zwar einhellig an, dal1 die Versuehung J esu dureh den Teufel von den Evange-
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listen als ein wirklicher in Zeit und Raum erfolgter geschichtlicher Vorgang dargestelt werde, meint aber trozdem, dal1 sie nicht für geschichtlich zu halten sei, sondern entweder ein aus Zeitideen, besonders der Idee eines Kampfes zwischen dem Messias und dem Satan entstandener Mythus (Fritzsche, Usteri in d. Theol. Stud. u. Krit. 1832 S. í68 ff., Strauss, Gfroerer, de W. u. A.), oder ,eine aus der antidiabolischen Messiasidee, deren Notwendigkeit und vollendete Wirklichkeit im ganzen Leben und Werke Christi vorlag, untar den Judenchristen entstandene Sage, welche die geschichtliche Warheit in ihrem Gedankeninhalte trage' (Mey.), oder ein in die Form einer ii.u11eren Geschichte eingekleidet~r Vorgang im Gedankengange oder im SeelenlebenJesu sei. - Aber diereinmythische Ansicht steht mit dem geschichtlichen Charakter der Evangelien in so diametralem Widerspruch, da11 sie gegenwii.rtig fast allgemein als unbefriedigend aufgegeben ist. Auch die Annahme, dal1 di_, evang. Erzii.hlung aus einer Sage ohne concrete Anknüpfungspunkte an specielle Vorgii.nge im Leben Jesu entstanden sei, entbehrt aller Warscheinlichkeit, da in der historischen Zeit Sagen sich nie blos aus allgemeinen Warheiten oder Ideen bilden, die Behauptung aber, dal1 bei Mark. 1, 13 die ersten unentwickelten Anfii.nge dieser Erzii.hlung oder die erste Krystallisation ihres :deellen Gehalts vorliegen, grundfalsch ist. - Die übrigen Ansichten zerfallen in drei Klassen. Einige halten die Erzii.hlung für eine Vision oder einen Traum Jesu, andere für eine Parabel, noch andera für ein inneres Erlebnis in der Seele Jesu. Die Vision soll nach Ps.-Cyprian u. Theod. Mopsuest. vom Teufel, nach dem Englii.nder Farme1· (London 1761) von Gott,_ nach Olei·., Wetst., Jahn, GabZer, Paulusnatürlichgewirkt, nach.T. Andr. G. Meyer (Stud. u. Krit. 1831 S. 319:fl'.) ein bedeutsamer Morgentraum gewesen sein. Dagegen ist aber mit Recht eingewandt worden, dal1 es an jedem Beispiele von ekstatischen Zustii.nden oder von besonderen Traumerscheinungen im Leben Jesu fehle, und da11 solche Zustii.nde der sittlichen Bestimtheit seines gottmenschlichen Bewul1tseins widersprechen. - Die Erzii.hlung aber mit Schleiermacher (über Lnkas S. 54 ff.), Usteri (Stud. u. Krit. 1829, der spii.ter diese Ansicht mit der mythischen vertauschte), Schweitzer, Bg.-Crus., Bleek u. A. in eine Parabel zu verwandeln, in welcher Jesus seinen Jüngei'n die drei Hauptmaxime für ihren künftigen Beruf, nii.IÍllich a. kein Wunder zu thun zu eigenem Vorteil, selbst unter den dringendsten Umstii.nden, b. nie in Hoffnung auf den au11erordentlichen gottlichen Beistand etwas zu unternehmen, was nur abenteuerlich sein würde, c. niemals, auch wenn der grol1te Vorteil unmittelbar dadurch zu erreichen wii.re, sich in eine Gemeinschaft mit den Bosen oder gar in eine Abhii.ngigkeit von den Bosen einzulassen, vorgetragen hii.tte, ist nicht nur ,berichtswidrig, willkürlich und der sonstigen Art der parabolischen Vortrii.ge J esu fremdartig' (Mey.), sondern auch mit dem sittlichen Charakter Jesu unvereinbar. Denn da nach der richtigen Bemerkung von Hase (Gesch. Jesu S. 320) auch in arabolischer Darstellung die Gesetzmii.11igkeit herscht, dal1 der Person, von der ein bestimtes Denken und Thun ausgesagt wird, dasselbe angemessen sei, so hii.tten, falls Jesus sich als das Subject einer solchen Parabel dargestelt hii.tte, die Jünger seine Erzii.hlung für ein von ihm erlebtes Ereignis halten müssen. Wii.re also die von ihm erzii.hlte Versuchung durch den Teufel nur ein erdachtes, nicht ein erlebtes Denken und Thun Jesu gewesen, so hii.tte Jesus seinen Jüngern eine Unwarheit erzii.hlt und es verschuldet, dal1 sie seine Erzii.hlung als ein ii.ul1erliches
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Geschehensein fa11ten, wodurch die Parabel zum Mythus geworden wii.re. Hase will daher die Versuchungsgeschichte insofern für geschichtlich halten, als sie. wirklich innerlich Durchlebtes im Sinnbilde der l'arabel darstelle. Diese Ansicht ist nur formal, nicht wesentlich verschieden von der eines inneren Erlebnisses oder geistigen Vorgangs im Bewu11tsein Jesu, welche mit verschiedenen Modificationen Flatt, Ullmann (Sündlosigkeit Jesu), Neander, Krabbe u. A. vorgetragen haben. Nimt man dabei an, da11 die versuchlichen Gedanken aus dem Inneren J esu selbst hervorgingen der da11 sie durch den Teufel in seiner Seele erzeugt wurden, so würde in dem einen wie in dem anderen Falle J esu Seelenzustand selbst nicht frei oder rein von Sünde gewesen sein. Aber die Erzii.hlung notigt zu keiner von diesen beiden Annahmen, sondern Ia11t sich mit Ullm. so verstehen, daB die versuchenden Gedanken zwar als Bestandteile der bei den J uden herschenden Messiasidee J esu vor die Seele getreten, aber nicht siegreich in seine Gesinnung aufgenommen, sondern alsbald von ihm zurückgewiesen worden seien. Diese Ansicht lii.11t sich mit der Sündlosigkeit Jesu vereinigen. Aber solten diese versuchenden Gedanken nicht vom Teufel herrühren, sondern nur bei der Erwii.gung über die Ausführung seines messianischen Werkes in Jesu Seele aufgestiegen sein, so mü11ten dieselben wesentliche Momente der jüdischen Messiasidee gewesen sein. Allein wenn auch der zweite Versuchungsact, darin bestehend, durch ein Schauwunder Aufsehen zu erregen und sich dem Volke als Messias zu zeigen, damit es ihm zufalle, sich zur Not aus der jüdischen Erwartung, da11 der Messias Wunder thun werde,_ erklii.ren lie11e, so lii.Bt sich doch hinsichtlich des ersten Versuchungsactes die Erwartung, da11 der Messias zur Befriedigung seines eigenen sinnlichen Bedürfnisses Wunder thun werde, als Bestandtheil des jüdischen Messiasglaubens weder nach-. weisen, noch auch nur voraussetzen. N och weniger konte der lnhalt des dritten Versuchungsactes, nii.mlich der Gedanke, da11 der Messias, um zur Weltherschaft zu gelangen, sich dem Teufel ergeben, ihn als Herrn anbeten müsse, dem Er!Oser aus der damals im Volke verbreiteten Messiasidee entgegentreten. Daher hat auch Ullm., wie schon Bleek (S. 194 der synopt. Erkl. der Evangg.) nachgewiesen, die dritte Versuchung dahin umgedeutet, daB die Stiftung eines weltlichen Reiches sich mit dem gottlichen Zwecke des Messias nicht vertrage. Mit gro11em Nachdrucke sucht Keim (Gesc:¡. Jesu v. Naz. 1 S. 566 ff.) der Versuchungsgeschichte, ,einen guten geschichtlichen Kern' zu sichern. ,Die Anrufung übernatürlicher Mittel für das durch natürliche Mittel scheinbar unvollziehbare Messiastum' für den Grundgedanken der Versuchungen haltend, nimt er an, da11 als Jesus den Messiasentschlu11 nach der Taufe im Jordan klar und ruhig überlegte, das Dass und Wie der Ausführung ein Schwergewicht von Fragen, Zweifeln und Kii.mpfen seiner Seele auferlegt habe, besonders die Frage der zureichenden Kraft, ob er, der einzelne Mann aus dem Volke gegenüber allen geistlichen und weltlichen Gewalten und gegenüber einem lauen, trii.gen, halsstarrigen, dabei launenhaften Volke, und der schwache Mensch in Fleisch und Blut gegenüber dem Reichsherrn des Bosen in Harnisch - die Kraft habe, den gefa11ten Entschlul~ auszuführen, ja ob überhaupt das Messiasreich durch menschliche That oder durch den Arm, das Wunder Gottes aufzubauen sei. Dieser innere Kampf des Bewu11tseins habe seine ,schneidenste Schii.rfe durch die lebendige Vergegenvtii.rtigung des feindlichen Reichsherrn, ja durch einen per•
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sonlichen Ringkampf mit ihm' gewonnen. ,Jene Vergegenwartigung - heil1t es S. 570 - ist uns garantirt durch das nachweisliche Bewul1tsein Jesu, als Messias der berufene Gegner des Satansreiches zu sein; der personliche Kampf durch seine ganze spatere Au:ffassung der Versuchungen und allermeist durch das bedeutungsvolle Wort selbst, in welchem er den Gegensatz der zwei Reiche und ihrer Reichsherren auseinandersezt, Mtth. 12, 25 ff. Luc. 11, 17 :ff. Dieses denkwürdige W ort ist geradezu wie kein andares eine neue lezte grol1e Stütze der Versuchungsgeschichte im Ganzen wie im Einzelnen. Hier ha;t J esus klarer Weise seinen Kampf mit dem Satansreich als einen personlichen bezeichnet, teils als ein eroberndes Eindringen in dieses Reich, zumal in der Vertreibung' der Damonen aus den Besessenen, teils als ein Binden und Bii.ndigen des Reichsherm selbst, welches allen Einzeleroberungen wie die entscheidende und alle UeberIegenheiten und Gewinnste dés ganzen Feldzugs beherschende Hauptschlacht voraneilt'. Dies sei bei der Uebernahme des Messiastums am Jordan geschehen, ,wo der Verführer ,,der Starke", mit seinem Locken und Drohen in die Flucht geschlagen worden'. - An dieser Auffassung ist der groJ.le sittliche Ernst, mit welchem K. die Realitat der Yersuchung als ein Ringen Jesu nicht blos mit den Bosen, sondern mit dem Reichsherrn des Bosen d. i. mit dem Satan festzuhalten bemüht ist, sehr anzuerkennen. Wenn er aber trozdem den geschichtlichen Charakter der evang. Berichte verwirft, so ist es teils einseitiger Idealismus, der ihn hindert, den geschichtlichen Thatsachen das ihnen gebührende Recht 8.ngedeihen zu lassen, teils die dogmatische Leugnung der gottmenschlichen Personlichkeit J esu Christi, die ihn notigt, den ,Ringkampf mit dem Satan' in das innere Seelenleben hineinzuverlegen und, wie er si ch 3. Bearb. d. Gesch. J esu S. Í 40 einfacher )lnd deutlicher darüber ausspricht, die Versuchung als ,einen inneren Kampf des messianischen Gottvertrauens mit dem menschlichen Milltrauen in sich selbst und mit der Furcht vor den Machtmitteln Sata.ns, des Feindes des Guten, vor dessen Nachstellungen und Verfolgungen gegen das Werkzeug Gottes im Fleisch, vor dessen Verkehrung, Verbitterung und Verhetzung der Menschen, des Gebiets seiner Wirksamkeit', zu fassen. Eine Ansicht, die einen Zwiespalt im innern Geistesleben Jesu voraussezt, welcher aj.cht nur die gottmenschliche Natur, sondern auch die Sündlosigkeit Jesu aufhebt. Auch Pfleiderer (die Religion, ihr Wesen u. s. w. II S. 446ff. vgl. Hilgenf. Ztschr.1870 S.188 :ff.) faJ.lt den Grundgedanken der Versuchung so wie Keim, bestimt denselben aber na.her als ,AnschluJ.I an die herschende Partei, Anbequemung an ihre Denkweise, überhaupt anden herschenden Zeit- und Weltgeist, nicht als lezten Zweck, sondern als Mittel zum guten Zweck, zur Gewinnung der Welt für Gottes Reich', wornach es sich bei der Versuchung nicht um Abfall von dem messianischen Berufe überhaupt, um endgültige Verta.uschung des Dienstes Gottes mit dem der Welt und des Satans handelt, sondern ,nur darum, statt des Mittels stiller Wirksamkeit durchs Wort zu zweicleutigen aber schneller zuro erwünschten Ziele führenden Mitteln zu greifen'. Solche zweideutige Mittel waren jedes Aufsehen erregende Schauwunder und die unbedingte Hingabe an den religiOsen Zeitgeist, das Sich-Stellen an die Spitze einer volkstümlichen Bewegung gewesen. An dergleichen Mittel habe Jesus im Anfang oder vor Antritt seiner o:ffentlichen Wirksamkeit nicht im Ernste denken konnen, folglich passe der sich unzweideutig ergebende historische Kern der Versuchungs-
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geschiehte nicht in den Anfang des o:lfentlichen Wirkens J esu, sondern liege in der Sitú.ation Mtth. 15 u. 16, in dem Confilcte Jesu mit den Pharisaem und Schriftgelehrten, die Jesns bei der ersten o:lfentlichen Begegnung so vor den Kopf gestollien hatte, dalli ernstliche Verwiekelungen daraus folgen konten, und ihrer Wiederkehr, um ein Zeiehen vom Himmel von Jesu zu fordern, als der Bedingung, unter welcher sie ihn anerkennen wolten. - Aber alle Pramissen, worauf diese Combination gegründet ist, vorlau:fig zugegeben, scheitert sie doch schon an der ersten Versuchung, der Forderung wunderbarer Brotscha:lfung, die zwar Pfl. S. 449 dahin umdeutet, dalli als Zweck derselben nicht blos die Sattigung Jesu allein, sondem die des Volks um ihn her zu denken sei, und aus der Situation Mtth. 15, 32 :lf. erklaren will. Aber dabei ignorirt er, dalli Jesus das Volk wunderbar gespeist hat, mithin, wie schon Hase (Gesch. Jes. S. 324) bemerkt hat, nach samtlichen Evangelien J esus gerade dieser Versuchung erlegen ware. Aber auch die Pramisse zu dieser Au:lfassung der Versuchungsgeschichte, dalli namlich Jesus selbst nur allmalig, und zwar erst infolge der von Johannes dem Taufer aus dem Gefüngnisse an ihn gerichteten Frage Mtth. 11 zur Ueberzeugung von seiner messianischen Stellung im Himmelreich gekommen sei und die Erkentnis gewonnen habe, dalli das Reich ein in den Geistern gegenwartiges sei (S. 440 :lf.), müssen wir als eine unbewiesene und unerweisbare Behauptung, die nur durch willkürliches Umspringen mit der evangelischen Geschichte zu ermoglichen war, abweisen. So zeigt denn auch dieser Versuch, dalli unter der dogmatischen Voraussetzung einer rein menschlichen, die gottliche Natur in der Person Christi negirenden Entwicklung des Lebens Jesu die Versuchungsgeschichte _ein unbegreifilches Rathsel bleibt. - Da Jesus, ls der Fleisch gewordene Sohn Gottes sündlos war, so konte der Versucher nur von aullien her an ihn kommen; für eine innerliche Wirkung auf ihn gab es iu dem .Sündlosen keine Moglichllieit. ,Person gegen Person mullite er hier versuchen; erscheinen mullite er ihm, da eine Tauschung der Art, wie sie bei dem erstgescha:lfenen Weibe moglich war, bei dem in Volligkeit der Erkentnis stehenden Jesus nicht statthaben konte. Daher traten hier Versucher und Versuchung unverhüllt und offen auf, wie nie zuvor und niemals wieder' (v. Hofin. Schriftbew. I S. 441).
Das galilaische Wirken Jesu Christi. Erste Halfte. Cap. IV, 12-XI, 30. Der Inhalt von c. 4, 12-25 ist als Einleitung zur Schilderung der messianischen Wirksamkeit Jesu in Galilaa zu betrachten, indem Mattbaus in diesem Abschnitte zuvorderst Jesu Auftreten in dieser Landschaft aus der WeiBagung des A. T. begründet, sodann die .Art und Weise dieses Auftretens durch Predigt und Berufung einiger Jünger charakterisirt, endlich den Eindruck, welchen Jesu Wirken im ganzen Lande machte, summarisch besdhreibt. Mit c. 5 begint die nahere Darstellung der Offenbarung Jesu als Messias und Gründer des Himmelreíchs, a. durch Mitteilung der sogen. Bergpredigt, in der Jesus
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sich als den Erfüller des Gesetzes und der Propheten ankündigt und seinen JÜngern und Anhangern die Grunderfordernisse für den Eingang ins Himmelreich darlegt (c. 5-7), b. durch Erzahlung einer Reihe von Wunderthaten, wodurch Jesus sich als den. offenbart, ·der unsere Krankheiten auf sich nimt, der obwol nicht habend, wo er sein Haupt hinlege, mit der Macht seines Wortes den Winden und Wogen des Meeres gebeut, die unreinen Geister bezwingt und Todte erwekt, und der gekommen ist, die Sünder zur BuBe zu rufen und neue Lebenskrafte der Menschheit zuzuführen (c. 8 u. 9), c. durch den Bericht, ,wie Jesus aus Erbarmen mit dem hirtenlos in der Irre gehenden Volke durch Verordnung und Ausrüstung der zw(llf Aposte! den Grund zur Ausbreitung des Himmelreichs auf Erden legt und sich weder durch das Aergernis, das Manche an seinem Wirken nahmen, noch durch die Verstockung des Volks gegen seine Wunderthaten die Freudigkeit zur Fortsetzung seines Werkes trüben lieS (c. 10 u. 11).
Cap. IV, 12-25. Je.Su Auftreten in Galilaa und Berufung einiger Jünger. V. 12-17. Jesu offentliches Auftreten in Galilaa. Vgl. Mrc. 1, 14. 15. Luc. 4, 14. 15. - Matthaus, Mark. u. Luk. reihen das Auftreten Jesu als Messias in Galilaa an die Versuchung, so daB es den Anschein gewint, als sei Jesus alsbald nach derselben mit der Verkündigung des Himmelreichs aufgetreten. Nach dem Ev. Johannes aber weilt Jesus nach der Taufe und Versuchung noch in der Nahe des Taufers jenseit des Jordan, und von den Johannesjüngern folgen Andreas und sein Bruder Simoi:i Petrus, durch ·das Zeugnis ihres Meisters auf das Lamm Gottes hingewiesen, Jesu nach (1, 29-43). Als sodann Jesus nach Galilaa hinausgehen wolte, schlossen sich ihm noch Philippus und Nathanael als Jünger an (1, 44-52). Mit diesen Jüngern kam Jesus nach Kana in Galilaa, wo er auf einer Hochzeit durch Verwandlung des Wassers in Wein Seine Herrlichkeit offenbarte ( 2, 1-11), und nach kurzem Aufenthalte in Capernaum zum Osterfeste nach Jerusalem hinaufzog (2, 13). Nach dem Feste begab er sich mit seinen Jüngern in die judaische Landschaft und taufte dort oder lieB von seinen Jüngern taufen, wahrend Johannes auch noch zu Enon nahe bei Salim taufte, und noch nicht ins Gefangnis gesezt war (3, 22--24). Als Jesus aber erfuhr, daB vor die Pharisaer gekommen war, daS er mehr Jünger mache und taufe als Johannes, verlieB er Judaa und zog durch Samaria nach Galilaa (Joh. 4, 1-3. 43), wo ihn die Galilaer, welche alles gesehen hatten, was er zu Jerusalem am Feste gethan hatte, freudig aufnahmen, und er zu Kana durch Heilung des todtkranken Sohns eines k5niglicheil Beamten abermals seineHerrlichkeit offenbarte (4,45-54). - Der Zeitpunkt, wann Johannes ins Gefüngnis gesezt wurde, laSt sich nicht genau bestimmen; vgl. Wieseler, chronol. Synopse S. 223 ff. Deitr. S. 4 ff. u. Ebrard wiss. Krit. S. 239 ff., warscheinlich bald nach-
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dem Jesus Judaa verlassen hatte (Job. 4, 1 ff.). Die Synoptiker berichten nur, da.B Jesus sein offentlicbes Wirken in Galilaa erst nach der Gefangennabme des Taufers begann. Verstebt man diese Angabe (Mttb. 4, 12 u. Parall.) so, daB Jesus nach der Taufe und Versucbung sicb nicht früher nach Galilaa zurückzog, als nachdem er von der Gefangensetzung des Taufers gehOrt hatte ( Bl.), und hiilt man diese von Mattb. berichtete Reise für die erste nach dem Aufenthalte in der Wüste (Mey.), so entsteht ein Widerspruch zwischen der johanneiscben und der synoptischen Gescbichtsdarstellung. Aliein diese Deutung ist ganz willkürlicb in den Text eingetragen, und IaBt sicb weder aus dem Contexte folgern, noch aus v. 13 ff., wo die Niederlassung in Capernaum berichtet und begründet wird, und v. 17, wo Jesus sein Lehramt erst wirklicb begint (gegen Mey.). Das offentlicbe Auftreten Jesu in Galilaa mit der Verkündigung: Thut BuBe, denn das Himmelreich ist nahe herbeigekommen, scblieBt einen früheren Besuch Galilaa's mit dem im Familienkreise verrichteten Wunder auf der Hochzeit zu Kana in keiner Hinsicht aus. Von einem offentlichen Auftreten Jesu in Galilaa mit der messianischen Predigt vor der Rükkehr aus Judaa durch Samaria (Job. 4) ist aucb im vierten Evang. nicht die Rede; demnach widerspricbt Johannes den Angaben der Synoptiker, daB Jesus erst nach dieser Rükkehr nach Galilaa sein Lehramt wirklich begonnen hat, dur.chaus nicht; vgl. Luth., Joh.-Evang. I S. 393; Noch grundloser ist die Behauptung, daB Jesus, als er kurze Zeit nach der Versuchung, sei es nach einigen Tagen oder Wochen aus der Wüste beraus wieder auf den Taufplatz des Jobannes;kam, alles verandert gefunden habe, indem Johannes schon gefangfm war (Keim). Wie lange nach der Versuchung Jesus die Nachricht von der Gefangennahme des Taufers erhielt, die ihn zum Rückzuge nach Galilaa bewog, ist in keinem der synopt. Evangelien angegeben oder auch nur angedeutet. Selbst die Angabe des Luk.4, 14: ,,Jesus kehrte in der Kraft des Geistes nach Galilaa zurück", sagt über die Zeit der Rükkehr nichts aus, sondern nur, daB er nach der Vei:suchung noch des heil. Geistes, den,. er bei der Taufe empfangen hatte, voll war (Luc. 4, 1) und in der Kraft dieses Geistes in Galilaa zu lehren begann (Luc. 4, 15). Mithin steht der Identificirung der in l\iltth. 4, 12 u. Paran. erwahnten Rükkehr Jesu nach Galilaa mit der Joh. 4, 3 berir.hteten galilaiscben Reise (Ebr. S. 192, Lange, Godet u. A.) kein triftiger Grund .entgegen. Denn die Differenz, daB nach den Synoptikern Jesus durch die Nacbricht von der Gefangensetzung des Taufers, nach Job. 4, 1 dagegen durch die ihm zugekommene Nachricht von der Eifersucht der Pharisaer über die Zunahme seiner Wirksamkeit bewogen wurde, sich nach Galilaa zurückzuziehen, begründet keinen Widerspruch, sondern gleicht sicb einfach dadurch aus, daB Johannes das eigentlicbe innere Motiv angibt, Matth. u. Mark. nur die auBere gescbichtliche Veranlassung nennen. Jesus verlieB Judaa, weil die Pbarisaer sein erfolgreiches Wirken mit neidischen Augen zu beobachten begannen, um diese Widersacher nicbt vor der Zeit zur Opposition zu reizen, und zog sich, als ibm die Kunde von der Gefangen-
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setzung des Taufers zu Ohren kam, nach Galilaa zurück, um dem von den Pharisaern verachteten Volke sich als Heiland zu o:ffenbaren und ihm das Reich Gottes zu verkündigen. Der Umstand aber, da.B Matth. das o:ffentliche Auftreten Jesu von der Gefangennahme des Taufers an datirt, liefert keinen Beweis für Trübung der historischen Ueberlieferung (wie selbst Godet meint), sondern hangt mit dem Plane des Matth. zusammen, den geschichtlichen Sto:ff nach sachlich-theologischen Gesichtspunkten zu gruppiren; vgl. Hngstb. Christol. II, S. 92. Da namlich das o:ffentliche Auftreten Jesu in die Zeit der Gefangennahme des Taufers :fiel, so datirt er dasselbe nach diesem Ereignisse und übergeht die frühere Reise nach Galilaa mit dem Wunder zu Kana, weil Jesu damaliges Wirken nicht über den Familienkreis hinausgegangen war. V. 12. Das Subject ó 'Ir¡aoix; haben Lchm. u. Tisch. nach N-BCJ) u. a. weggelassen. Notwendig ist es im Zusammenhange der Stelle nicht, und wol nur zugesezt, weil mit v. 12 ein neuer Abschnitt anfüngt. Der Ausdruck :TW(!BÜÓ{fr¡ überantwortet von dem Taufer ist unbestimt und konte auch die Hinrichtung andeuten, bezeichnet aber, wie aus 11, 2 :ff. erhellt, nur die Ueberlieferung ins Gefüngnis, wie 10, 19; voll-. standiger elg cpv2ax~v Act. 8, 3. 22, 4. Matthaus sezt den Hergang als in den Gemeinden bekant voraus. - Nach Galilaa zog sich Jesus infolge di~ser Nachricht nicht deshalb zurück, weil er da keine Storung seines Werkes vonseiten des Herodes zu befürchten hatte, denn Galilaa gehOrte ja wie Peraa zum Gebiete dieses Tetrarchen, sondeJn weil er das von denPharisaern verachtete Galilaa füreinen empfünglicherenBoden für die Aufnahme des Evangeliums und die Gründung des Reiches Gottes erachtete. - V. 13. Und er verlie.BNazaret und kam und wohnte zu Capernaum. Aus dem xm:a2t:llwv 7:i¡v Na!;. wolle man nicht schlieSen, da.B Jesus von Samaria kommend nach Nazaret gegangen sei. Dies berichtet keiner der Evangelisten, auch Luk. nicht, obwol derselbe 4, 16-30 ein Auftreten Jesu in der Synagoge zu Nazaret erwahnt, worüber die Nazaretal}er so aufgebracht wurden, daS sie Jesum aus der Stadt hinauswarfen, und in v. 30 weiter bemerkt, da.B Jesus nach Capernaum hinabging. Denn Luk. begint, wie schon Olsh. bemerkt hat, seine Erzahlung 4, 13 init dem allgemeinen Satze: ,,Jesus lehrte in ihren Synagogen gepriesen von allen", wodurch dem Abschnitte der chronologische Charakter entzogen wird. KarnJ.. 7:i¡v Na!;. weist auf die..Angabe 2, 23, da.B Jesus bei seinen Eltern in Nazaret wohnte; zurück und besagt, da.B Jesus, nachdem er Nazaret verlassen hatte, um durch die Johannestaufe sich für den Antritt seines Amtes weihen zu lassen, bei der Rükkehr nach Galilaa nicht diese seine Vaterstadt, sondern Capernaum zum Wohnorte und Ausgangspunkte seiner messianischen Thatigkeit in Galilaa · wahlte, die als solche 9, 1 lola :n:ÓA.tg genant wird. Ein Grund für den Wechsel seines Wohnorts ist nicht angegeben, aber aus der Erzahlung Luc. 4, 16-30 hinreichend deutlich zu erkennen. AuSerdem war Capernaum durch seine Lage am galilaischen Meere für die freiere geistig~ Wirksamkeit Jesu geeigneter als das tiefer im Lande gelegene Nazaret. Ueber éUtwv xanpxr¡aev elg
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s. zu 2, 23. - Für Ka:1t8(>Vaovµ haben Lckm. u. Tisck. nach '!:tBIJZ die dem Hebraischen mehr entsprechende Namensform Karpa(>vaovµ aufgenommen, d. i. b~n~ .,~~ vicus consola'tionis oder vicus Nakumi; nicht b~'~ Ort der Anmut, villa pulcherrima ( Hieron.). Die Stadt lag am galilaischen Meere (~ :1ta(>aftala1Jaía) d. i. am See Genezaret. Die folgende Bestimmung: ,,auf den Grenzen oder in den Gebieten von Zebulon und Naphtali" hatMatth. im Hinblicke auf die folgende Wei.Bagung (v. 15 :lf.) gewahlt, sie reicht aber zur genaueren Fixirung der Lage nicht aus, weil die Grenzlinie der beiden Stammgebiete nirgends naher verzeichnet ist. Das Stadtchen oder richtiger der Flecken ist im A. T. nicht erwahnt, wird auch von Joseph. nur einmal vita 72: xa5µ1) Kerpa(>vroµr¡ genant, war zu Jesu Zeiten ein .blühender Ort, hatte eine Synagoge (Luc. 7, 5), eine Zollstlitte (9, 9. Mrc. 2, 14. Luc. 5, 17) und eine Garnison, seit Konstantins Zeit eine Kirche oder Basilika, ist aber seit dem 8. Jahrh. vom Erdboden verschwunden, und die Oertlichkeit . noch jezt streitig, warscheinlich mit v. de Velde Memoir p. 301 s. an der Stelle des Tell-Hum am nordwestlichen Rande des Genezaret-See's .zu suchen, wlihrend Robins. (Pal. III, 542 :lf. u. N. bibl. Forsch. S. 457 :lf.) die Statte weiter südwarts bei Kkdn Minyek sucht. Vgl.. dagg. Furrer in Schenk.'s Bibellex. III, 493 :lf. V. 14 :lf. Diesen Flecken wahlte Jesus zum Mittelpunkte seines Wii-kens in Galilaa nach gCltttlicher Bestimmung. Es geschah, damit erfült würde das Wort des Propheten Jesaja: ,,das Land Zebulon und das Land Naphtali am Wege des Meeres, das Jenseits des Jordan, Galilaa der Heiden - das Volk, welches in Finsternis sizt, schauet ein groBes Licht und den lmLande und Schatten des Todes Sitzenden, denen ist Licht aufgegangen". Die Worte stehen im hebr. Texte Jes. 8, 23 u. 9, 1 ( nach LXX u. Lutk. Jes. 9, 1 u. 2); sind aus dem Gedachtnisse nach dem Grundtexte, ohne Rücksichtnahme auf die LXX angeführt .und aus einem Cyclus prophetischer Reden genommen, welche das Volk anleiten sollen, ,bei der bevorstehenden Ueberflutung durch die Weltmacht seinen Blick unverwandt auf den h~mlischen ErlClser zu richten, der statt des Streites zu seiner Zeit Frieden bringen wird, statt der Knechtschaft Herschaft' (Hngstb. Christol. II S. 80). Die angeführte Stelle ist messianischen Inhalts und lautet im Zusammenhange der Wei.Bagung also: ,,Denn nicht finster bleibts wo jezt Bedrangnis ist; um die frühere Zeit hat er in Schmach gebracht das Land Zebulon und das Land Naphtali, und in der Folgezeit bringt er zu Ehren die StraBe am Meere, das Jenseitige des Jordan, den Kreis (Galil) der Heiden. Das Volk, welches in Finsternis wandelt, siehet ein groBes Licht, die im Lande des Todesschattens Wohnenden, über denen gehet Licht auf." Dies geschieht, wie v. 5 :lf. verkündigt wird, durch die Geburt eines Kindes, auf dessen Schulter die Herschaft ruhen und das man nennen wird: Wunderbar, Rath, starker Gott, Ewig~Vater, Friedefürst. Matth. hat aus dem ersten V. der angef. Stelle nur die das Land bezeichnenden Wol'te aufgenommen und mit denselben den folgenden V. lao~ x'Z'l. in Apposition verbunden, indem er den messianischen Ge-
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Matth. IV, 16.
halt der Stelle als aus der Schrift des Propheten bekant voraussezt. I'~ Za/3. ist nichtVocativ, sondern Nominativ, entsprechend dem olaór; \etc. v. 16. Der Accus. ooov -O.al. IaBt sich nicht anders als adverbiªl ) fassen, wie ':Jj~ im Hebr. ofter gebraucht wird, in der Bed. ~- B. ¡ 1 Kg. 8, 48, wo LXX c~i~ ':Jj~ Mov rijr; av7:wv übersezt haben. Hier1 nach dient Mov &al. zur naheren Bestimmung der La.ge des Landes Zebulon und Naphtali und darf nicht, wie in den meisten Textausgaben geschieht, durch ein Komm·a davon getrent werden. Das Komma ist vielmehr hinter {}·a2áaar¡r; zu setzen, und mit :nÉQaV wií loQoávpv folgt eine neue Ortsbestimmung: das Jenseitige des..Jorda.n. d. i. ~~ 1 I'a2t2aía 7:WV UJ·vwv hebr. c;~~l1 ~~~~ Kreis d& lleiden, ist bei Jes. ein engerer Begriff als die Landschaft Galilaa, und bezeichnet auch hier nur den nordlichen an Syrien und PhOnizien grenzenden Teil von Galilaa. Es sind demnach vier Landschaften genant: l. das Land Zebulon, der untere, 2. das Land Naphtali, der obere Teil der damaligen Provinz Galilaa, 3. Peraa, 4. der nordliche Grenzdistrikt von Galilaa. Diese Landschaften waren schon in der Richterzeit dem Eindringen des Heidentums am starksten ausgesezt, da die ehemalige canaanitische Be-' volkerung derselben bei der Besitznahme des Landes durch die Israeliten meist nur dienstbar gemacht wurde (vgl. Richt. 1, 30-35); und hatten in der Folgezeit bei den fast unaufhorlichen Kriegen Israels mit den Syrern, spater mit den Assyrern am meistén zu leiden. Schon Tiglatpileser führte die Bewohner von Galilaa und Gilead ins Exil 2 Kg. 15, 29. Unter der griechischen Herschaft gewann durch Anlegung vieler Stli.dte das Heidentum mit griechischen Sitten und Einrichtungen so sehr das Uebergewicht, da.6 in 1 Makk. 5 Galeaditis und Galilaa als die Gegenden erscheinen, wo die Existenz der Juden durch die dort wohnenden Heiden fast heillos geführdet war. Dazu konten diese Gegenden dem Eindringen heidnischen W esens nur geringen geistigen Widerstand leisten, .weil. sie durch bedeutende Entfernung von dem religiOsen Mittelpunkijtl, dem Tempel, und von der Hauptstadt, in der sich das geistige und geistliche. Leben der Nation concentrirte, geschieden waren (Hngstb.). Dadurch war die Bevolkerung dieser Gegenden ein Volk geworden, welches in Finsternis und Todesschatten sa.6.
Matth. IV, 17. 18.
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wiihrend bei Jes. in diesem Verse der prophetische Gesichtskreis sich erweitert und íiber Gesamtisrael ausbreitet. axó·rnf; ist geistliche Finsternis, Entbehrung des Lichtes der g1lttlichen Warheit und Versunkensein in Sünde und geistigen Tod, der seinen Schatten über das ganze Land geworfen hatte. ~v XW(!f'f xal. axt~ {}avú:r:ov sind als Hendiadys zu fassen. Durch die Apposition xal. axt~ wird die in Betracht kommende Eigenschaft der XoJQa nachdrücklicher als durch Unterordnung im Genitiv hervorgehoben. - Das groBe Licht, welches über die in Finsternis Wohnenden aufgeht, ist Jesu Auftreten und Wirken als Heiland und Erl1lser Israels. Der Grund, warum Jesus seine HeilandstMtigkeit in Galifüa begann und den gr1lBeren Teil seines 1lffentlichen ' Wirkens in Galiliia und der Umgegend des See's Genezaret zubrachte, ist nicht blos in der Absicht zu suchen, die WeiBagung des Propheten zu erfüllen, sondern liegt tiefer, niimlich in dem geistlichen Elende dieser Landschaft. Da in Galiliia das iiu.Bere und das geistliche Elend des Bundesvolkes sich besonders concentrirte, so war es auch der geeignetste Boden für das Wirken dessen, der zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt war, und war empfünglicher fiir die Predigt des Evangeliums und für die Aufnahme des Erl1lsers von Sünde und Tod als Jerusalem und Judiia. Deshalb wahlte Jesus auch saine meisten Jíinger aus Galiliia. V. 17. Von damals an d. h. seit der Rükkehr nach Galilaa (v. 12) fing Jesus an zu predigen: Thut BuBe u. s. w. Wie Johannes der Taufer (3, 2) begann Jesus seine Predigt ganz allgemein mit Ankündigung der Niihe des Himmelreichs, ohne sich sofort als den Gründer dieses Reicbs darzustellen, W'omit er nur den irdischen Messiaserwartungen der Juden Nahrung gegeben haben wíirde. Es ist daher ganz verkehrt, wenn StraujJ, Schenkel, Pfteid. u. A. daraus folgern, Jesus habe sich anfangs selbst noch nicht für den Messias, sondern nur für einen Vorlaufer desselben gehalten und erst spater die Ueberzeugung, selbst der Messias zu sein, gewonnen. Diese Meinung steht in Widerspruch mit allen vier Evangelien, welche einhellig bezeqgen, daB Jesus von Anfang an seines messianischen Berufs sich bewu6t war und nur in der messianischen Selbstbezeugung stufenweise zu Werke ging. V. 18-22. Berufung der Brüderpaare Simon und Andreas, Johannes undJakobuszuJüngern desHerrn. Vgl.Mrc.1, 16-20. - Am galiliiischen Meere wandelnd sah Jesus zwei Brüder, Simon genant Petrus und Andreas, ihre Netze ins Meer werfend, da sie Fischer waren. 'H {}álaaaa 7:ijg I'al. ist ~ (Luc. 5, 1), auch Meer von Tiberias genant (Joh. 21, 1), im A. T. Meer Kinneret (4 Mos. 34, 11. 5 Mos. 3, 17 u. a.), in den Targums '"19~?.1 (I'svvr¡aáQ 1 Mkk. 11, 67), jezt Bahr Tabariyeh, ein gegen 3 Meilen langer und in der Mitte ohngeführ 1 1k M. breiter See, dessen Wasserspiegel gegen 650 Fu6 unter dem Niveau des Mittelliind. Meeres liegt und dessen gr1lBte Tiefe 165 FuB betragt, mit süBein trinkbaren Wasser und reich an Fischen; rings umher von Mher Iiegendem Lande umgeben, welches sich an der Westseite in eine gegen 20 Minuten breite und eine Stunde
To
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Matth. IV, 19-22.
lange Ebene ausbreitet, deren NaturschOnheit und Fruchtbarkeit von Josepk. gerühmt wird. Am westlichen Ufer lagen die Stadte Capernaum, Bethsaida und Chorazin; vgl. Robins. Phys. Geogr. des heil. Landes S. 196 ff. u. Furrer im Bibellex. II, 322 :ff. ~ Tov lsróµ. lIEa(JÓV ist kein Hysteronproton; denn Jesus hatte Simon schon früher kennen gelernt und ihm diesen Namen gegeben Joh. 1, 43; s. noch zu 16, 18. d :ab:(Jor; bed. Stein (bei Hom.), spliter auch für Fels ~ :aÉ't(Ja ge· braucht, ist also die griech. Uebersetzung von N~~?. (Kr¡cpar; Joh. 1, 43). dµrpí{1lr¡l17:QOV eine gr!>Bere Art Fischernetz, das Zugnetz. - V. ,19. L18v'te o:aíow µov kerzu mir nach =~ji:\~ ~::i? 2 Kon. 6, 19 d. h. folget mir nach, werdet meine Jünger. ,,Ich will euch zu Menschenfischern machen" - ein leicht verst!indliches Bild: ich will euch in den Stand setzen, daB ihr Menschen für das Reich Gottes gewinnet. V. 20. Darauf verlieBen sie alsbald ihre Netze und folgten ihm nach. V. 21 f. Von dort weiter gehend, nach Mrc. ollrov ein wenig weiter, sah er zwei andera Brüder, Jakobus und Jokannes, mit ihrem Vater Zebedaeus im Schi:ffe die Netze ausbessernd und rief sie se. ihm nachzufolgen, worauf sie alsbald das Schi:ff und ihren Vater verlieBen und ihm nachfolgten. Jakobus wird durch den Beisatz 'tOV 'tOV Ze{jeoaíov von einem andern Jünger Jesu, Jakobus Alphlii Sohn (10, 3) unterschieden. xaw(n:í{;etv zurecht machen, hier wol ausbessern, fiicken. Die hier erzii.hlte Berufung der genanten vier Jünger ist weder mit der Erziihlung Joh. 1, 35ff. noch mit Luc. 5, 1 ff. zu identificiren, wie mit Baur, de W., Hilgenf. u. a. Kritikern auch j1'fey. thut und aus der Niehtübereinstimmung dieser drei Beriehte Folgerungen gegen die Glaubwürdigkeit derselben zieht. Johannes erwii.hnt 1, 35 ff. nur die erste Zusammenkunft und Unterredung des Andreas, J ohannes und Simon mit J esu, auf welehen der Tii.ufer die beiden erstgenanten, die seine Jünger waren, durch sein Zeugnis von Christo hingewiesen hatte. Daraus folgt niehts weiter, als da~ dieselben mit J esu bereits bekant waren, als er sie laut unserer Erziihlung zu seiner Nachfolge berief. D~ aber Matth. auf diese frühere Bekantschaft derselben mit Jesu keine Rücksieht nimt, so da~ es den AnscheiÍi gewint, als hiitten sie, ohne J esum vorher gekant zu haben, durch seinen Ruf einen so mii.chtigen Eindruck von seiner gottlichen Personlichkeit empfangen, da~ sie unverzüglich als Jünger sieh ihm anschlossen, das hiingt mit der Eigentümlichkeit unsers Evangelisten, nur die folgereiehen Thatsachen ohne nii.here Darlegung der sie erklarenden Umstii.nde zu erziihlen, zusammen. - Aber auch die von Matth. hier (u. Mark.) erziihlte Berufung der Genanten ist nieht so zu verstehen, da~ diese vier Jünger von diesem Momente an ohne irgend eine Unterbrechung bei Jesu blieben, so da~ die Erzii.hlung Luc. 5, 1 ff. sieh. auf dasselbe Factum bezoge, welehes Matth. berichtet hat, und uns darüber in beiden Evangelien nur zwei von einander unabhii.ngige, ans getrübter mündlieher Ueberlieferung gefl.ossene Berichte vorlii.gen, von welehen det des Luk. als der genauere zu betrachten wii.re (Bl.). Denn Luk. erzii.hlt a. a. O. nieht die Berufung dieser Jünger, obwol sein Bericht v. 11 mit den Worten schlie~t: ,,Sie führten die Schiffe ans Land und verlie~en ali es und folgten ihm"; sondern Luk. erzii.hlt nur den wunderbaren Fischzug, welehen Simon nud seine Gesellen auf J esu Wort machten, mit dem überwii.ltigenden Eindrucke dieses W unders.
Matth. IV, 22-24.
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auf Petrus, da{¡ er vor .Jesu auf die Knie niederfiel und sich ihm gegenüber als ~ündigen Menschen bekante. Diese wunderbare Offenbarung der gottlicher. Machtherrlichkeit Jesu mit ihrem Eindrucke auf die Jünger ging der Berufung derselben nicht vorauf, sondern folgte auf dieselbe als die sinnbildliche Weihe für den Beruf, zu welchem Jesus sie bereits berufen hatte, indem dieses Wunder ihnen das Wort des Herrn als die wunderbare Geistesmacht kundthat, auf welche der Erfolg ihres Wirkens in seinem Dienste sich gründen mu{¡. Dies ist der Sinn der Antwort Jesu: ,,fürchte dich nicht, denn von nun an wirst du Menschen fahen". Denn so sagt Jesus Luc. 5, 10 zu Simon und seinen Gesellen, nicht aber: ,ich will euch zu Menschenfischern machen', wie Godet irriger Weise behauptet, um die Identitat der Erzij,hiung Luc. 5, 1 ff. mit der des Matth. 4, 18 ff. gegen Riggenbach zu verteidigen.
V. 23-25. Uebersichtlich zusammenfassende Schilderung der messianischen Wirksamkeit Jesu in Galilaa, die nicht blos der Bergpredigt zur Einleitung dient (llfey.), sondern den Uebergang von dem ersten Auftreten Jesu zu seiner weiteren Bezeugung als den im A. T. gewei.Bagten Erloser Israels vermittelt, und bis c. 9, 34 sich erstrekt, wo v. 35 eine ahnliche zusammenfassende Formel wiederkehrt. - V. 23. Jesus zog umher in ganz Galilaa. XSQtáyHv bei den Griechen gewohnlich transitiv: umherführen, so auch 1 Kor. 9, 5; hier nach spaterem Sprachgebrauche intrans.: umhergehen, umherziehen vgl. 9, 35. 23, 15. Mrc. 6, 6. Die Thatigkeit Jesu wird als eine dreifache beschrieben: a. ou5áoxcov lehrend in den Synagogen, b. xr¡Qvóocov predigend das Evangelium, c. -8-sQaxsvcov heilend allerlei Krankheit und Schwachheit, W!lr aber sachlich angesehen nur eine zweifache, im Lehren und Heilen bestehend, da der Unterschied zwischen Oioáoxstv und xr¡(!VúóHV ganz relativ ist, OioáúxHv als der allgemeinere Begriff das Lehren des Gesetzes und des Evangeliums in sich begreift, das xr¡QVúúHv des Evangeliums nur den hauptsachlichsten Inhalt der Lehre noch besonders hervorhebt. Die ovvaycoyal waren jüdische Bethauser d. h. Versammlungsorte zum Anhoren der Vorlesung biblischer Abschnitte- und zu gemeinsamen Gebete und a:e.deren gottesdienstlichen Acten, welche nach dem Exile in allen Stadten und Flecken Palastina's und des Auslandes, wo Juden ansaBig waren, eingerichtet worden waren; vgl. m. bibl. Archaol. §. 30 u. 88. avrmv ist ad sensum auf die Bewohner Galilaa's bezogen. Xr¡QVúúCOV svay. 1:. {3aa. verkündigend die frohe Botschaft vom Reiche Gottes. -&sQa:neúcov :naoav vóaov heilend jede Art von Krankheit. ,ua2axla Schwache, Kranklichkeit, in LXX Ofter für ~~~ und n?r:t,l:l; ahnlich µa2axí;,so{}at A e lian v. hist. III, 19 und µa2axmr:; ÉXHV (Luci.) für: kranklich sein. - V. 24f. Der Erfolg dieses Wirkens: Sein Ruf verbreitete sich nach ganz Syrien. axo~ avrov das Horen, das Gerücht von ihm. Syrien war das nordliche Grenzland von Galilaa, wo auch viele Juden, besonders in den Stadten, Damaskus, Antiochia am Orontes u. a. wohnten. Man brachte zu ihm :návrar:; rovr:; xaxmr:; éxovrar:; alle die krank waren (nicht: ,allerlei Kranke' (Lulh.), wobei :návrar:; nicht zu pressen ist. Solcher Kranken werden 4 Arten genant: L :notxí2atr:; - - ovvsxoµivovr:;
ro
K eil, Comm. z. Evangel. :Matth,
9
130
Matth. IV, 24.
mit mancherlei Krankheiten und Qualen, namlich natürlichen oder gew5hnlichen Krankheiten Behaftete; 2. óaiµovtsóµavoi Besessene, deren Leiden von Vergewaltigung durch einen Msen Geist herrührte oder doch damit zusammenhing, so daS es durch Austreibung des Dll.mon gehoben wurde. Die Krankheit bestand teils in physischer, teils in physisch-psychischer Ver$ewaltigung, erscheint daher als. Gebundenheit gewisser Organe, Stummheit (9, 32}:f)der Stummheit und Taubheit mit Convulsionen verbunden (Mrc. 9, 11;·j5) oder Blindheit und Stummlieit (Mtth. 12, 22); oder. in epileptischen Zufüllen (Luc. 9, 38. Mtth.' 17, 15. 18), oder in Raserei und Tobsucht, bei den Besessenen zu Gadara (Mtth. 8, 28 :ff. Mrc. 5, 2 ff. Luc. 8, 27 ff.). 3. 2sJ..r¡viasóµavoi Mondsüchtige, solche deren epileptische Anfülle dem Einflusse des Mondes zugeschrieben wurden. Bei dem mondsüchtigen Knaben Mrc. 9, 17 ff. Luc. 9, 38 war das Leiden zugleich damonischer Natur. 4. IIar¿aJ..vuxol oder nar¿aJ..aJ..vµ{voi (Luc. 5, 18. 24) übersezt Lutk.: Gichtbrüchige d. h. an Gliedern Gebrochene, daS sie nicht gehen k5nnen, eig. Gliederlahme, an Lahmung einzelner Glieder, besonders der Extremitaten Leidende, entweder infolge von Schlagflüssen oder von Gicht oder auch allmfilig vom Rückenmark ausgehend; vgl. Ley1·er in Herz.'s Realencykl. VIII, 47 f. u. m. bibl. Archaol. S. 561 f. Alle diese Krankheiten heilte Jesus. - V. 25. Und es folgten ihm viele Volksscharen lOXJ..oi) nach, teils um seine Predigt zu Mren, teils um Heilung von Krankheiten und Gebrechen bei ihm zu suchen, aus allen Gegenden des Landes. AuSer den Landschaften Galilaa, Judaa und Peraa nent Matth. noch die IJekapolis und Jerusalem, die Hauptstadt des jüdischen Landes. LfaxanÓJ..t~ eig. Zehnstadt. So hieS ein District oder wol richtiger eine ConfMeration von zehn Stadten im Nordosten Palastina's mit überwiegend heidnischer Bevfükerung, die wie es scheint bei der von Pompejus vollzogenen Neuordnung der Verhaltnisse Palastina's vom jüdischen Lande abgetrent ( Josepk. Antt. XIV, 4, 4) und direct unter r5mische Oberherschaft gestf)lt worden waren. Zahl und Namen derselben werden verschieden angegeben, waren auch vielleicht,nicht immer gleich. Sicher ist nur, daS Skytkopolis im Westjordanlande dazu geMrte, die Josepk. (b. jud. III, 9; 7) die gr5Bte Stadt des Landes nent. Die übrigen lagen im Ostjordanlande, wo Hippos am Südostufer des See's Ge~ nezaret, Pella der Zufluchtsort der Christengemeinde zur Zeit des jüdischen Kriegs (das heutige Takakat Fa~il), Garlara, Pkiladelpkia (das alte Rabbat-Amman) und andere (vgl. Plin. h. n. V, 16) dazu geMrten. Vgl. Winer RW. u. Riekm, Hdb. der bibl. Altertumsk. s. v. Dekapolis.
Cap. V-VII. Die Predigt des .Himmelreichs oder die Bergrede. In dieser Rede entwickelt Jesus die Grundzüge des Himmelreichs. Cap. 5, 3-16 bilden. den Eingang, in welchem a. die geistlich-sittliche Beschaffenheit der Bürger des Himmelreichs (v. 3-'--12), b. die Berufs~
l\fatth. V, 1. 2.
131
bestimmung der Jünger Christi für die Welt (v. 13-16) dargelegt wird. Dann folgt v. 17-20 das Thema der Rede: die Stellung Christi und seiner Jünger zur Gesetzesoffenbarung des A. Bundes. Dieses Thema wird von 5, 21-7, 12 so ausgeführt, da.B zuerst a. das Wesen der Gerechtigkeit des Himmelreichs (v. 21-48), b. die Ausübung derselben (6, 1-18) an Beispielen gezeigt wird, darauf c. die wichtigsten subjectiven Erfordernisse für die Erlangung dieser Gerechtigkeit angegeben werden (6, 19--7, 12), worauf die Rede 7, 13-27 mit Ermahnungen zu ernstlichem Streben nach dem Eingange in das Himmelreich schlieBt. - Eine ahnliche, nur viel kürzere Rede hat Lukas c. 6, 20-49 geliefert. Ueber das Verhaltnis derselben zu unserer Bergpredigt und über deren Authenticitat s. die Erürterung am Schlusse der Auslegung.1 Cap. V, 1 u. 2. Veranlassung und Oertlichkeit der Rede. Als Jesus die Volkshaufen, die aus allen Teilen des Landes ihm nachfolgten (4, 25), sahe, ging er auf den Berg; und als er sich gesezt hatte, traten seine Jünger zu ihm. Aus der Anknüpfung der folgenden Rede an 4, 25 folgt nicht, daB Jesus dieselbe ganz im Anfange seines galilaischen Wirkens gehalten habe, da der Abschnitt 4, 23-25, an welchen Matth. die Rede anknüpft, eine übersichtliche Schilderung der galilaischen Wirksamkeit Jesu, nicht blos der ersten Zeit seines Auftretens enthalt. Der Evangelist bestimt weder Zeit noch Ort naher. Inhalt und Zweck der Rede aber setzen offenbar die Wahl von zwolf Jüngern zu Aposteln (Luc. 6, 13 ff.) voraus, wahrend Matth. erst die Wahl von vier Jüng.ern berichtet hat (4, 18-22) und seine eigene Erwahlung erst spater (9, 9) erwahnt, die Wahl der übrigen sieben aber übergangen hat und sie nur bei der Nennung der z'wolfe c. 10, 1 ff. als geschehen voraussezt. Hinsichtlich des Ortes weist zwar r:o OQOI,; der Berg (mit dem bestimten Artikel; nicht das Gebirg oder die Hohe [ Bl.] oder der dort befindliche Berg [Thol., 111ey.J, weil in Galílaa viele Berge sind) auf einen bestimten Berg hin; aber die Lage desselben ist nicht naher bezeichnet, sondern als durch die Ueberlieferung bekant vorausgesezt. - Aus
~~~he~i~~~,~r,~r/it;~~ii,~~kc'íi~k1s~1~;¡;1i~;:~i1~1Elrf:: Ruine Tell Hum - bemerkt Robins. Pal. III, 554 - steigt das Land eine betrachtliche Strecke sehr sanft zu maBiger BerghOhe hinan, von der aber hOchstens in allgemeinem Sinne der Name eines Berges gilt'. Die Tradition der lateinischen Kirche bezeichnet die circa 15 Kilometer südwestlich von Tell Hum entfernte AnhOhe Kurun (d. i. Horner) Hattin, fast in der Mitte auf einer Linie zwischen Capernaum und dem Berge Tabor, 2 als den Berg der Seligkeiten d. i. das Local der Berg1) Zur Auslegung vgl. A. Tholuck, die Bergrede Christi ausgelegt. Fünfte, verb. Aufl. zweiter Abdr. Gotha 1872, wo S. 30-40 die zahlreiche exegetische Literatur verzeichnet ist. Ferner: Erns( Achelis, die Bergpredigt nach llfotth. und Luk. exegetisch und kritisch untersucl1t. Bielef. u. Leipz. 1875. 2) Woher haben d¡;¡ch Mey. u. Achel. die Notiz, dai1 lfomn Hattinnahe bei der Stad.t Sapllet lag? Eine Stadt Saphrt ist nicht belrnnt, sondern nur Safed, das aber über 3 geogr. Meilen oder 5 Reisestunc1en nordlich davon liegt. 9*
132
Matth. V, 2. 3.
predigt. Ein Bergrücken mit je einer 40-60 FuB hohen Kuppe am ostlichen und westlichen Ende, die dem Rücken in einiger Entfernung das Ansehen eines Sattels geben. Dieser Bergrücken senkt sich nach der südlichen Ebene von Hattin ab, so daB man von dieser die nordliche Seite des Tell nicht weniger. als 400 FuB steil emporsteigt (Rob. III, 485). Von diesem Berge sagt schon Korte (Reise S. 308): ,Es ist gewil3, daB der Berg sehr gelegen ist; auf seiner Hohe·macht er eine maBige Flache als eine Schüssel gestaltet, und auf den Seiten ist er gemach abhangig und allenthalben geschickt zu einer Kanzel oder einen Ort, wo viel Volk zuhi:iren konte'. Da nun auBerdem der sattelartige Raum zwischen den beiden Kuppen die Moglichkeit zur Vereinigung des dvi{3r¡ slg TO 0(10\; bei Matth. und des xarn{3ag µsr' avráív g
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Matth. V, 3.
133
~:rfq¡,4J~:rE~!:t~,:m"~~~JJJ!Gl:Htften ,besitzeñ; und jede Seligpreisung ·mit einer [Jii-'em Irihalté ·eii.tsprechenden Verhei.Bung begründet. Schon dieser Introitus ist bezeichnend für den Charakter des von Christo begründeten Himmelreichs. Treffend bemerkt darüber Luther (Werke Erl. A. Bd. 43 f3· 10): ,Das ist ja ein feiner, süBer, freundlicher Anfang seiner Lehre und. Predigt. Denn Er führet nicht daher, wie Moses oder ein Gesetzlehrer mit Gebieten, Drauen und Schrecken, sondern aufs allerfreundlichste, ,eit ei,J~J Reizen.Jp;1.J$ki:m,µnJlJ~l\,_ey~~ Streitig 1st unter Ausll. die ~rcter~Seífgpreisungen. N eunmal wird das yaxáQtOt wiederholt, aber das neunte in v. 11 hat nicht nur kein beson'd.eres Object und gibt sich nur als Ausführung von v. 10 zu erkennen (Thol;), sondern unterscheidet sich auch dadurch von den vorhergehenden, daB die Rede sich direct an die Jünger wendet, und dadurch zur folgenden Entwicklung des Berufs der Jünger überleitet. Wir zahlen demnach mit den meisten Ausll. 8, nicht 7 (mit J11ey. Erv. u. A.) ~%iimrn.Wln~sm, da der Umstand, daB die achte die namliche VerheiBung hat wie die erste, keinen triftigen Grund dafür abgibt, daB dieser Makarismus für eine Recapitulation des ersten zu halten und nicht mitzuzahlen sei. Noch weniger laBt sich mit J)elitzsch xalQ87:e xal dyciV. u:i<>&e v. 12 als Umschreibung eines zehnten µaxáQt0t betrachten, um zehn Makarismen zu gewinnen. Dagegen hat schon Thol. richtig bemerkt, daB v. 12 nur die Verhei.Bung zu dem µaxáQtOt v. 11 hin1zufügt. - I~,,~!~"Seligsprechungen 1~.J!t..!ll~~J:~~-~,t.~Js.
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··-~~"SeliQ-siña"a"'íe'""j¡eistlich Armen, denn ihrer ist das Himmelreich. MaxáQtOt entspricht dem ~'Jtti~ Seligkeit des= Heil dem (Ps. 1, 1), ~!.'&t !l-1~ Jf 11n.s~¡~~ndern a_!~,,!~~.l~e, wobei der Begriff des Halls .o'Crerde'r~lücksehgkeit nach úemJnhalte und der Begründung der Aussage zu bemessen ist. Im A. T. waltet die Idee des irdischtheokratischen Heils und Wolergehens vor; im Munde Christi aber tritt das geistige Heil, die Seligkeit des Himmelreichs hervor. Ol .n-rcoxot -r
2~J.:lk$ugJ,¡¡LcJt del"~~~]~1l_ll~,,!!~.,,:g~,llig~eben!l.. ~xor;
~chhe.Bt ~~~.9-.ll:r armut m_~cíi¡ ~-r.~or;""i>ea. bettelarm,
134
Matth. V, 3. 4.
bettelhaft, mendicus, eig. den der sich duckt und bückt, vgl. Passow Lexic. s. v., dagegen :n:ivr¡r; pauper. ctL!.!.O)Xº¡, rrj) :n:~~M..,Ü,tlXQ)l!!,l:\h
~~.1~~~1\d;e~1i1~~ri;~r~it~:~f~1~:;w~!!J~~i~~~f;il·~~~~~~
4exn~JfiR~.~.11ach.ªrm an. He[lfukeit, d~.m"Q,~tfl!zL ?.:lYl?c .. :lIW.. "fn,,S.WuJce,f('. I::_}iesem ~l~~~~~~~ht .. ;¡¡;r;wxór;
'JfíjJJJJJi'í1aC)l"'ifrnLíi;LJ!'líineTt,
Apok'. 3, 17 iJl1 Gegensatz zµ xlovowr; rernh an ge1sbgen Güterl(; vgl. 2 K9f~8,1- iYfü-dfesei·'gé1süTcl1eñ1rill\irirañf '.R(llchtú'l'.li an. irdischen -i.lfitiJi:i~.rllMl1ª~1} ..~YÜL ·Qi!ohnlic,~jJ:>eijv.frd. dai G.efühl der.geistlicilen Armut g~'vel~t durch iidiScbe Not un~ Ma11ge,l,. durch Trüb.sale und '(.éfden~-- s·o 'sincCschonim A. T., besonders in 'den Psalmen und ::'fj)rÜChen j'i"~~ pauper und "~~ miser synonyme Begriffe; und die niederen und gedrükten Klassen des Volks die, welche zunachst und zumeist Trost in ihrem Elende, Hilfo und Rettung bei Jesu suchten. A11s diesen ~r~~den_.dü~fo~ wir_auch l>.~~ de11 x.~wxol, np xv. die le,i]:iliche Armü(Vóú'O:eí' gefstüéñeíí'Jiíélif-tr~niien, olirie daB man .deshall> mit 'l'ltói:'añiúnel:ifneñ1lraiícht; datfJesus bei diesem Ausspruche von der leiblichen Armut ausgehend dieselbe auf das geistige Gebiet übertragen habe und solche Arme selig preise, die sich auch geistig arm fühlten. Schon im A. T. lassen sich bei j'i"~~ und "~~ geistliche Armut und geistiges Elend von leiblicher Not nicht scheiP,en, nicht blos in messianischen Stellen wie Ps. 72. 4. 12. 13. Jes. 57, 13, sondern auch in Stellen wie Ps. 37, 14. 40, 18. 86, 1 u. v. a. - :P.ill:Y.~I!ll2A~.Q.'ll;Kla.11te,t:
·,,de!lliillr.~::J,~J.J!.ª-lLUi!J.1J~.~lt~19h:' d. h. ~~E.~!tl:e,U¡u;11lli1:mp,eh.·eich~.
~~!:' ~aot¡.sía n¿v ?V,/2; •.s.'. .. ~.u"·~'X In unserer VerheiBung ist der AúsdrüC1rTiCsefüeíi:nifü!asseriden Sinne gebraucht, in welchem dasselbe mit Christi erlOsendem Wirken auf Erden gegründet worden ist, in seiner Gemeinde sich ausbreitet und bei seiner Wiederkunft vollendet wer'de] wJrd, sodaB es die Seligkeit des Lebens im Glauben hienieden und das Schauen Gottes in der Ewigkeit umfaBt. - Aus dieser VerheiBung erhellt deutlich, daB Jesus schon bei diesem ersten Spruche, nach der richtigen Bemerkung von Achel., ,an eine der durchgreifendsten VerheiBungen des A. T., an eine der hüchsten, mit dem gewei6agten Messias und seinem Reiche innigst verbundenen Hoffnungen Israels anknüpft. Von Joel an, der (3, 1 ff.) die AusgieBung des Geistes Jahve's über alles Fleisch weiBagt, ist die Mitteilung des Geistes Gottes an das Bundesvolk ein stehendes Merkmal der messianischen Zeit oder des N. Bundes bei fast allen Propheten; vgl. Hos. 14, 6 ff. Jes. 11, 3. 32, 15ff. vgl. mit 44, 3 ff. 54, 13 ff. Jer. 31, 13 ff. Ez. 36, 26; vgl.11, 19 ff. 18, 31. 37, 14. 39, 29 u. Zach. 12, 10'. Die Wirkung dieser neuen Geistesgabe wird von den alteren Propheten wesentlich als WeiBagen, als Vertiefung und Erleuchtung der Gotteserkentnis dargestelt, allmalig aber zur Idee der Erneuerung des ganzen inneren Menschen entwickelt; vgl. Ez. 36, 26 ff. 11, 19 f. 18, 31. V. 4._§.~NU.~t!lrJ.!f_i~ L~if!,trq{!_j,.rJ,d§..rt,.,fl~?'J'ft.~.ir¿§.g]f~tJJL~tt:i,i§.tetwe:_den. 1 1) Nach Cod. D u. 33, Vulg. u. mehrern Kchvv. haben Lchm. u. 'Í'isch. v. 4 und 5 umgestelt, zuerst als v. 4: µaxú11wt ot n11así:r; x. •·J.., sodann als v. 5:
Matth. V, 4." 5.
135
1Jsv{}siv ist ein starkerer Aus.d:rJic!r ,ª"Js ~~'Jl:lfsifJ{frxe, bezeichnet die
.·raueriliCñt"i>lOsü1>eraie"~Üñde~~~s~~·derñü.ber'Ñot und Elend .e ~~ . . . . .. ~'-·,·~·"-=-~··~'-"·•<-••~~.,,,....,,.•...• , •..••• "~'·N,J.JL licher Art; iñCñesém~Züsammeñúange aber selbstv~rstii.µ(IJicl;t, :11icht die DíosJrªI~~~e.!!~íl{l! üh{l; zeipii;~~ 1{9,t, tr#.~1~~,t und. T~üJ?.st1.I., welche dei Apo.st~!' l.'IJ_;¡rr¡ wQ xoq,f!PV. µi:i~t(g~ .. 7 {Q)., ~~Ut-~.E!1:'.~.~!~.I!.~~~r,
1z~~~t~~~tt:~r~t\W:d~~~il:iº~:~~~t~~rk~~~ ~1fi~~~e~~n ~ctmretK'eñt'~·wte":tes'lis'Iill'erstei1M'.ak:a~l8illüii'~ñaiea1ite8tallientiiclíe
¡Ideeder x"üoxsla anknüpft, so kündigt er in diesem zweiten die ErfülIEng der prophetischen VerheiBung an, da6 der Knecht des Herrn (der essias) alle Trauernden trosten werde (Jes. 61, 2). In dieser Verheiung gipfelt der Inhalt des zweiten Teils des Jesaja, "~lcher 40, 1 mit den Worten:•••v~· t?,_,,,Trostet trostet mein Yolk'~.anhtibt. Und"da$ Jesüs'"ale~·-··"--" •-'.~•·,-•'"• ~· '"•·'.<",;-,.J.~~,.·• ·' ,·.•"'-' ;--.,,,:,l}o-t'!.'~,:,;:J'.'',,..J"'l~~-·e•,"'\ J!.''"!'~'<'~i."<'i'. selbe bei dieser Seligpreisiüig im Auge hatte, das wird schon durch die Anlehnung anden Wortlaut Jes. 61, 2, vollends aber durch die Predigt Jesu in der Synagoge zu Nazaret ~ 4, 16 :f[_auG!)!'[email protected]~t. Die Trostung aber, welche der Prophet verkündigt, besteht darin, da6 Gott den Leiden seines Volks im Exile ein Ende machen wird, nachdem seine Sünde gesühnet sei (Jes. 40, 2), da6 er es nicht nur aus Babel erlosen und nach Zion · zurückführen, sondern überhaupt allem Drucke, aller Mühsal, allem Elende ein Ende machen und sein Reich zu ewiger Herrlichkeit verklii.ren und vollenden werde. Auf diese W eiBagung gründete sich die Erwartung des Messias als der Trost Israels (L~~,.J..,,..~5) und die Bezeichnung desselben als tll'.'!~~ bei den 'Rabbinen (vgl. Light(. korae liebr. et talm. ad Jok. 14, 16). ~rna~~ dürfen wir weder bei :Jtsv{fslv die Trauer über die Sünde noch (mitlfTeY~) b8l:ñit"a~""'"~·~!=~:,7··cr0}i'fr§.s[it#:fCJi:Y~rli]IIfliJ!'g''4E;'r:s~P,'de'nvergebung . · · r: !y_ ~r1'iiffúng.dieses MakarisJ?1us ·hafJeg()ñiieil"illtfileñi >:u re en· esu 'als JL, ..,~ - =~~,.~-"- ,,,, HeiianO. ,,.""-·-~· séfñés·::Vollcit: "sfa sezl sich - fort in seiner ......
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tene µ.Jl¡¡,,de, .arg,rejft, und wird s.ich. vollenden bei der Wiederkunft Dhrfsti zum Gerichte tibe( díe antfoliristisc~é Weltinacht 'uiid zurAufrichtung sei'nes 'ifer1;1Icli~eit, fii welcb.em ~ile -Tráuer der Beseligtmf.'\effrd lll Fi.'~ilM.verwandelt werden (Apok. 21 u. 22). · · V. 5. "§eJifLl{~i/l.t,~J$,(J.?JfjmiJiifl.P.1J,. t;lr;n¡11,sie .1l!f1r(lf!rJ, q~e ~r:cl~, zum ~!.E~~~~.kq,lWi· full#.-t,JU),,ª-·"!!~~J:~}l~1lg~.•~1~~fl~~~J!-~~!~~!.H~vst. !J-US.Psz_
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nur g~~~JE~~~~1.~ll.l!Zv)~_1,.~!~gef.!!.~1J.§l.- IlQav<; dem 1~~ entsprech~,d bed. sanft@,üt,~g; ,!akOOUS sezt 3, 13 der ".7t(Jzt~'t1]<; den ;ijló'g' mX(JO<; und
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J.. Allein fast alle alteren Codd. ~BGEKMSU
!1· a., S.'1/.~·., Copt. u•. A. bieten di~ \)rdnung des textus .rec., d~e daher f~stzuhalten
ist, da die Umstellung warschemhch nur geschehen ISt, we1l man, wie Ori_qenes, die Erde als das niedere Gut unmittelbar auf den Himmel glaubte folgen lassen zu müssen (vgl. Tlwl.), oder vielleicht auch, um neaslr; mit nuvzol -iw nvt:vµan alS anscheinend passender zusammenzubringen. '
136
Matth. V, 5.
1sind, so da8 man, besonders mit Rücksicht auf Ps. 37, wo die t:I~~~~ den '.Gegensatz bilden zu den Bosen und Frevlern, welche die Armen und · Gerechten bedrücken, o! :ll(!ae'lr; fassen kann s.!!!ls ~ie,,ii;t!II!.t~.a.i:;Jg.~M?:i,lll_l,
s@L~g~r~.'!!!!,§t'.i wel~~~-?hll.ª .~E~!!!e,rnwL11J.1!!.. R!l:~~--~J\'l...4!e.:r.re!.~!"!O.~.
xai r¡avxwi (Jes. 66, 2) den· F~evel ihre~}lt~Bggr.~.:i1,11P,,.IJntel'.drüeker tra@n""",tMéy:)'. Die13egrünaurig ·aieses'M:a"karismus bezieht sich ihrem ürsprlinglichen geschichtlichen Sinne nach auf den Besitz des Landes Canaan, welches Gott den Patrfarchen zum Erbe verheiBen hatte und den Israeliten un ter der. Bedingung treuer Erfüllung des Bundes • zu ewigem Eigentum verlieh (Gen. 12, 7. 13, 15 u. a. Ex. 20, 12. Lev. 26, 3 vgl. Deut. 4, l. 40. ·5, 33 u. a.), so daB jeder Stamm, jedes Geschlecht, jede Familia einen bestimten Anteil am Grund und Boden desselben als unverlLuBerliches Erbe erhielt. \ Da nun der Besitz dieses Erbes mit dem Genusse saines Ertrags die Basis irdischer Glückseligkeit der Israeliten bildete, so wurde der Besitz des Landes zum Inbegriffe der irdischen Wolfahrt des Volks, wie seiner einzelnen Glieder. Mit der Entziehung dieses Erbteils wurde der Fortbestand der Familien geflLhrdct, die Grundlage ihres Lebensglückes zerstort. Als aber Sünde und Ungerechtigkeit überhand nahmen, wurden hlLu:fig die·Frommen von den Gottlosen bedrükt und ihres Erbeigentums beraubt.. Diesen stillen Duldern wird in Ps. 37 der Trost d.argeboten, daB das Glück der Gottlosen nicht dauernd sein, sondern Gott sie plOtzlich vertilgen. werde, dagegen die auf den Herrn Vertrauenden das Land zum Erbe erhalten- unff an""aer~mre:·:a~~-líefis'" sicñc'érgót~en"'Werdeñ: ::.:.:'.:'1}iese Lehr~, weICñé"deD.'0iid.HclieD. ·affen'bareli Siég de:tfroñíiñ01tnu1der über die Gottlosen in Aussicht stelt und als allgemeine Warheit in der Weltgeschichte sich bewahrt, erhielt in Israel eine ganz concrete heilsgeschichtliche Bedeutung nicht nur duren die im Gesetze ausgesprochene Bedingung, an welche der dauer:Úde Besitz des Landes Canaan geknüpft war, an die Bedingung treuer Befolgung der gottlichen Gebote mit der Drohung, daB Gott die Abtrünnigen mit Entziehung der Güter dieses Landes und bei beha.rrlichem Abfalle mit VerstoBung aus dem ihnen verliehenen Erbteile untar die Heiden strafen werde, sondern noch deutlicher und eindringlicher durch die geschichtliche Vollziehung der VerheiBung wie der Drohungen an dem Volke. Als Gott das immer mehr in Gotzendienst versinkende Volk mit Hingabe in dieGewalt derFeinde, welche die Früchte des Landes verzehrten und verwüsteten, und endIich mit der Verbannung untar die Heiden strafte, da weifiagten die Propheten nicht nur in Grundlage der gottlichen VerheiBung von der ewigen Dauer des Bundes und dem ewigen Besitze des verhei.Benen Landes die Zurückführung des zur Erkentnis seiner Sünde gekommenen, buBfertigen Volkes in das Land seiner Vater und die Wiederaufrichtung der Herschaft Davids, sondern zugleich die Ausbreitung der Erkentnis und Verehrung des Herrn untar _allen Volkern und die Volh 1) Zu :ie'):r¡(!ovoµsiv vgl. Vitringa Observatt. sacr. l. V c. 6: De vera intelligentia benejicii hae;editatis terrae (T. II p. 66 ss.).
Matth. V, 5. 6.
137
endung des Gottesreiches im heiligen Lande durch Ausscheidung der "Gottlosen, und die Erneuerung Jerusalems auf der neuen Erde zu ewi1 ger, unverganglicher Herrlichkeit; vgl. Jes. 60. 62. 65. 6!:i. Jer. 30 u 31. Ez. 36 u. 37. Zach. 14, 7 :ff. Dadurch wurde der Begriff Canaan als des von Gott seinem Volke verhei.Benen und zum Erbe gegebenen Landes allmalig zum Begri:ffe der Erde erweitert oder richtiger gesagt, vertien, entsprechend den schon in den patriarchalischen Verhei.Bungen gegebenen Andeutungen, und damit Canaan, welches für die Zeit des A. Bundes das Local des Gottesreiches war, in der messianischen Wei.Bagung zum Typus der irdischen Gebietes des Reiches Gottes im N. Bunde erhoben, sowie Zion ode:r Jerusalem zum Typus der Centralstatte dieses Reiches. Es ist daher nicht schriftgemii.B, mit A.che!. S. 15 zu sagen, da.B ~ yij in allen Stellen des A. T. das Land Canaan heiBe ; sondern hieran ist nur so viel richtig, da.B in der messianischen WeiBagung das Land Canaan, welches der Herr seinem V olke Israel zum Erbe gegeben, als der irdische Boden des Reiches Gottes genant und betrachtet wird; nirgends aber wird, wenn wir von dem visionaren Bilde Ezech. 40-48 absehen, dieser Boden auf den geographischen Umfang Canaans beschrankt. :Q~!!'!!l,~~lLi§t.~fL.Jl~m., ,G-~~I~i~t,4,eY.J!l·,e!'~i.!J-!1i~cJ:i.eJ:l
~f¡~Yd~i~~~ire!~r~~~~~i~1~s~~~r~~;rrr;~ª~~~~t~t~cK~1Ki::
::~;:~~~~~~;~t~~~s~~: ··!~~h~ªt~8:E1~J~:~~~!~~-~i~~!~l~~x~~~~i~:
verhei.Bt.···mes'aher nicht blos in der eschatologischen Bedeutung die: ser\Terhei.Bung, d. h. nach ihrer noch zukünftigen,.über den gegenwartigen Weltbestand hins.usreichenden, erst nach Erneuerung Himmels und der Erde eintretenden Vollendung im himmlischen Jerusalem (Apok. 21 f.), sondern auch schon in Bezug auf die zeitgeschichtliche Entwickelung seines Reichs auf Erden von seiner Himmelfahrt an bi~ zu seiner Wiederkunft, wahrend welcher die VerheiBung sich so erfült, daB die Gemeinde der Jünger und Bekenner Christi von den gottfeindlichen G~walten dieser Erde nicht unterdrül¡t und ausgerottet werden kann, sondern in allen Kampfen durch den Geist der Sanftmut ihres Meisters (11, 29) die Welt überwindet und den Sieg behalt. In der Erhaltung und siegreichen Ausbreitung der Kirche Christi auf Erden erfült sich fort und fort das Wort des Herrn, daB die Sanftmütigen die Erde zum Besitz erhalten. Schon jezt, da noch der groBte Teil der Erde von Muhammedanern und Heiden bevolkert ist, kann man sagen; daB die Christenheit die Erde J:¡esizt, indem die christlichen Volker die t des Christentums besteht aber ganze Erde beherschen. · J.l~cht in _(ler ZahI de di '""'"'Y'·' • ' '8üíícterií.liegtTfi'Cíeiñ
'en;· Ge~~s~~~1í~·,·~~~3(J¡~·;!~iJ~~~~it¡~~Aia~~~1:~V~1;·'";;:;~;;:
keit, denn sie sollin gesattiget rverden. l!stvav ~nd ó't~Pfü:.')Y.e:r:
A~éusátfa;;º"iññeú(gp;ª'\)liJ~fot:iit~:aªª:;¡ti~·:¡4;~t!g~~!t:fild~!
ist (Mey. ). Hu~geF11.::u,nd Piirs~e!1.§.Í~l1
138
Matth. V, 6. 7.
!1!r~eU..~E1,~.~.~.,Y~~.·ª,Y.1~h . lVª.~·fü.t_g1~tkt3,b,.l'l~~x.halW.llg-flllentbclltlleh,fat, vgl.J~§::!>.Q'" 1. Ps: ~2,l f. Al?l·_S.LH"~n¡v ºt.~ªJQYlW?)l?c.QieRechtbe s-Cl:ía:lfenheit, aerCfémg6ttfféÍÍe~· W-illen ei:ífSprech,(1pqe. §füliche:Zús.'tmid (t~~:~~Efü~~&:" lE~~~i'(oífsfi!21~r~J.~~!:l~~i.~¡¡fü1.\J"ig~n.. Mel1schen .· her:vo~ zu0r111gen 1~tdaszieI ct8r gotthsfü~n Hti!Jsa11~t¡¡,l.k Im A. B. war sie m deÍn Geset'zé ars· uem· Ausdru-Cíi.e'
ieiilichen
1tt~f~i~--~[~:~~¡~p~:·~~-~§§~~~~~~d~ªe~E\ffr:~~~~~~~~k·!~~ Chr!§ti z~JJeñ _ger!chtef_I,üc'. l, ~9_:_73. =::__ ])enen, die nach der (}e:w1-e~·Lütñer ·sagf .~ ,éln l'§Chtfgke\t]iUñgerÍÍ-Ünª:<:Infü.eµ; lQ:ÜBer'Er11'ftf;'13egi6r·a Ü1~d Brunshdaz11 eiJ1. ~nablassigerFleiB gehi:irt',
w_u -
~:n8fe¡t~!~~~rf~\~~;J~\fTr~·;;~1ti.c~it~~~ff~~~;·~~!~~~i~mg~~~
ilifeifVet1angens's:fffíCñt' J'esus.sfoh hier nicht naher aus. Genieint ist die Gerechtigkeit des .ReichesGottti~.6 1 33. Rom. 14, 17,,di~..Q(?falO-
.IJ~J2.JD!?.,f!Ñ.:,1frCJ,;;:%1~~{if[~7~í/(:~~::X::etai9v,c(g :n-01Jr%.?Jtc.L~,?!J:J.cévrng T01Jg :JrtúTéVOV'Wc;,.
ufo auSGJ1a~engeschE\nkt vy1.rd durch d~f) ~rli:isung
.fiíJJJii-'t§1º~~.ÍE\§.ll: (R5m:-s~·~ri":'2.4.'·4, 16);
daB wir geregf!L\Y~I.IW!.l.dll.rch de~Glaubenohne .des. (jesetzes Werke GáI. 2, 16) u].d mHt~J.~.t des·(jlatrbE)l;i§ «el'echtfertigt, Frieden mit Gqttha:ben .und. uns d,er-.!!~!ñ~~~-..·~~i-.iiilfüi:ftigen .llerrl1~h~f)it, . qie .·. G:9tLgE\bE\n. wii;q~ ..gE)trostE\n (Rom. 5, 1 ~ 2), indem wir von der Kneqhtschaft der. Sü.n
(R8m:-3;-,,rn:-
Matth. V, 7. 8.
139
keit, die Herzensreinheit und die Friedfertigkeit - genant, welche den Heilsbesitzvoraíissetien. ::.:::::-r-.'T'"Seltf/sind'aie Barmhe1·zigen, denn sié wéiden BarmherzigkejL~!:Jréi~gri. .PJ é3,8?ÍHP1Jf.~ ¡¡~n,
giíffés,é.l81j¡iro'v·"roraerfd'erKusspruc1íLuc:
voin
V. 8. Setig sind
s,c~g,uen. Dl!.sHer:Z
sc!i,~D,jlit,,:1a
140
Matth. V, 8.
das Werk des heiligen Geistes (vgJ. Joh. 7, 39) geworden ist (Tít. 3, 5). - IIJ.. di~serk.Jllf,&t~~~e,zu.zi~,,1~~""Ir2r.~~J.1.ti1~····ªs~:t.)Y.Jtªyi:g~J?mt.yora,11~.~ set~~deutu11g redet Je~u~. vo11 xaQ&a xa&aQcc,she ?el1g pre1~jy~(~[~«g!eses . ~n~4~#~~i b.éi.ítieri; deJ1}1 0~ú9t 1'tso!J§y¿9vrat. Im A. T. heiBt e¡tE:X. 24, 9. ü: 1Tvóíi 1\ilose, Aharon und den 70 Aeltesten Israels, daB· sie auf dem Berge Sinai den Gott Israels sahen; Gott schauten; und von Mose in Num. 12, 8, daB Gott Mund zu Mund mit ihm rede und er die Gestalt Gottes (n~n" ri~~tir.)) sehe. Dagegen schlagt Gott Mosen seiile Bitte: ,,laB mich deine Herrlichkeit sehen", ab mit den Worten: ,,mein Angesicht kann der Mensch nicht sehen und leben bleiben" (Ex. 33, 18. 20); entsprechend der oft erwahnten Vorstellung, da6 das Sehen Gottes für den Menschen todbringend sei. - Vergleichen wir damit die wiederholten Aussprüche Christi, da,13 niemand Gott (den Vater) gesehen (Joh. 1, 18. 6, 46 vgl. mit lJoh. 4, 12) und 1 Tim. 6, 16: ,, Gott wohnt in einem unzuganglichen Lichte, welchen kein Mensch gesehen hat noch sehen kann ", so konnen wir jenes Schaue.n Gottes auf dem Sinai nicht als ein unmittelbares Schauen des gottlichen Wesens, sondern nur als eine durch Versichtbarung Gottes in einer für leibliche Augen warnehmbaren Erscheinungsform oder als ein Schauen einer n;~tit;i Gottes (Num. 12, 8) uns vorstellen. Andrerseits aber er\hebt sich die Sehnsucht der Froú1men des A. T. zur zuversichtlichen Hoffnung, der Redliche werde Gottes Angesicht schauen, und zwar beim Erwachen aus dem Todesschlafe (Ps. 17, 15 vgl. lJel. z. d. St.), und noch starker in Ps. 16, 10: ,,Du wirst meine Seele nicht dem Tode lassen, nicht hingeben de4nen Frommen zu sehen die Grube (d. h. ihn nicht den Grabesstand erleiden lassen), du wirst mich erfahren lassen den Lebenspfad, Sattigung an Freuden be~ deinem Angesichte, Liebliches zu deiner Rechteri immerdar". Diese glaubensfreudige Hoffnung wurde von der Prophetie zur gewissen Erwartung der Auferstehung der Todten ausgebildet (Jes. 26, 19. Ez. 37, 1-14. Dan. 12, 2), aber erst durch die Thatsach~ der Auferstehung Christi zu zweifelloser Gewi6heit erhoben, vgl. Rom. 6, 4 f. 8, 11. 1 Kor. 15, 12 ff. Phil. 3, lüf. 21 u. a. m. - Gleichwie nu.n uns.ere !Io:ffn1111g der Auferstehung zum ewigen Leben durc!l·eñrfi:ituiñ"veimlttelt fat;'s'() auch das Sehauen Gottes. Schonhie_nie<]¡insehen wir (j:qtt,i~1,,.Qhd·sto. ,,Yfer mich siehe_t,, dei:_sjeht d_e_n Vater" spricht 9htf§tlls >111 I'!Íüippus, un·d ;graíi~ef @r, daí3 ich im Yate{.~11 ~111.d}erYat~dnmiLJiit'' (Joh. 14; 9. Ji). -(J-_2iiJl1~q~Eis~o S!ll:l.en ist fredrnli.J:tur.grnJ2:.!~E,!'t!l:.Q,211e1UJoh. 14, 7),,3,:~.~I,ªi,~~:;~]f..;, k!J11nen.ist.doch gie erste. Stufe d~_(J:Q.tt,§ehe11s, zu. yergle1che11_4ciAL§X µlijovirivwoxsiv ú:Ild. d.em.·~:i.iJtStv Ot' saóJtrl?ov &v alvíyµau 1 Kor. 13, 12, im Unterschiede von dem zukünftigen {JU:nstv :TCQÓc;m:nov :n(!Üc; :lrQÓc;mxov, und der Anfang des o:nréú&at TOV KVQlOV ( = TOV {)·sóv v. 6), welches nach Hebr. 12, 14 ohne Heiligung nicht erreicht werden kann. - yg:i:t
!ºr.
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141
Matth. V, 9.
.Demn~ch dürfen . wir auch da~ , 1 Qot~~gJ;i¡:w~n'' 1111s~r,~ Makar,isni11sr1icb.t a~ssch1iel311c~··~ufda,s jéns~itig~füih~)le~Jffi §t.~mC!~ dér Jerkliru11gJi,eziehen, s\lhg.ern. h~bel1 }as· in . verklartér, 1g!bHgl)J;:~it erreichbare Scha11en
aer..
genant merden. Ol ÚQ!)Jl/E!J!.f2!;"§.i!!,~ n!,~~tªt~"F,:,~~Et~~}ll~ll)él¡;n7vtx?í
Jalr. 3, 17), sond.ern eig. die J¿'r1~déstw;,e1\ $0 erklart,lyt(u~r~(jfb~t m d~r . Randglo~"(Wé'I'rit''Ect'"6'~r~Ci{ff)
otaúcíífe'Würi;
..
~~;~t,t~~Q~;:~titf~~~{t~f~~~~~~~l~i~~~t~p~~tf~~\::;~!f~~}~t:
d.ep}!'niJt:l~:t:t-~11,_,Qlipi;tRSler~·ITTt.:4,ttj'~.\i~a~.i:JJi,~!{!tJ;t~•.welche.das.J!;vai;i: g,eliU.IP. -
~~~~~f1i~-1Vfü;t;~;n~~i1~r~~:~11lifi~1r~1x~:y113·6~f~&~~~(:;I~ sfoa n°'ch l~iClít -~l()r~~s-ov, .sie werdeñ es aber werdei1,
und J.iicht nur werden' sie .~,§~Wit·d,ep'; so~der~. sie \verdei;i ..al1cl:t ªls sol che. anerkant ~eií':"···xaefl.~.J:>~ll~ªJl?)!tií~t.~!~~•-~1:1[~i_<:; .A;1~~~a1~i.:.daB . _zwis~h()n rixi;a und v.tot {}soy em. gradueller 1J11tersch1eg J¡estehe, den uxva
{ig:,~~~~~:f?E5~5YY.0i-~~Jft~m: ~s, <12~~? SEV~t+:tf?·-~l?ffJ.1!,0S
2si;
d()11yfoi~ d~s aypyóe-
_i-ov vtgy avwv (],'t?Jil: ~' 2.9) ()igne. Diese Un-
terschfüaung i'St irrig, wie in Roro. 8 séhoii die· Vergieichung von v. 17 mit v. 14 lehrt. 1 Eben so wenig sind die Worte in dem Sinne zu nehmen: sie sind zwar jezt schon Kinder, aber noch nicht als solche anerkant, so daB -· wie Mey. will - der Begri:ff der zeitlichen Gotteskindschaft als contextwidrig auszuschlieBen ware. Diese Scheidung zwischen slvm und xa28lú1fat tragt eiiiJ Dje G2,1t().~~jn_dschaft. begint mit de:r- ·~jff\()Xg.~.Q11J'.Ul!l,4 ¡yiyª· Y.0.1:1: ~?~annes als !.svvr¡&i¡'JJa[ sx :&80v 1) ,Bei Paulus wechselt vlór; und dxvov {fsov so, dal1 durchaus kein Unterschiecl cler Bedeutung stattzu:finclen scheint. Vgl. Rom. 8, 14. 16. 17. 18. 21. Gal. 4, 7. Doch clürfte, wenn auch beicle Worter gleichmal1ig das Moment eles innigen Liebesverhaltnisses von Seiten eles Vaters, eles Vertrauensverhaltnisses uncl eles Erbschaftsrechtes von Seiten eles Kincles bezeichnen, in clem vlóq zugleich das Moment cler Müncligkeit im Unterschiecle von cler Unmüncligkeit unter clem Gesetze, welches in uíxvov nicht liegt, besonclers hervorgehoben sein; vgl. Gal. 3, 24-26. 4, 1-7'. Philippi Comm. üb. el. Brief Pauli an die Romer S.342f. der 3. Aufi.
Matth. V, 10. 11.
142 ~Il~. (fott ~ezeugt
oder gehoren sein beschrieben (Joh. 1, 12. 1 Joh. 3, 9), vfo~cáfo.Adoption gefaBt, d. h ..als Befreiµngy911 dem ta¡;·ih'Clirif\tOJt)SlJ (Rorri. 6, 22 f.). :Q!~.s-~ sro1} ist schon gegetiwartig. in deµ Gerechtfertigten, welche die d.naqx* ,,;Ov JfV&Vjiaio~ lÍaoeí:l(IÜJm. 8, 23), vorhanden, so weit sie namlich von dem Geiste erfiÜÍ:sind, ringt aber in dem gegenwartigen Leben noch mit dem &ávai-o~, weil wir immer mit der Sünde zu kampfen haben. In dem Kampfe pgen die Sünde aber, in dem ernsten Trachten nach Heiligung tritt r.uch die Gotteskindschaft in einer selbst für die Welt nicht zu verken·nenden W eise zu Tage, daB die Friedfertigen als Gottes Kinder erkant werden. Ihre Vollendung freilich erhalt auch diese VerheiBung erst bei
Pau!Us ºafa
qas
143
Matth. V, 12.
Gerechtigkeit konte euch von den Menschen allenfalls noch verziehen werden, al)et' daB ihr den Namen Jesu tragt, wird euch nie verziehen werden' (Achel.), ist willkürlich eivgetragen. "0-wv menn sezt die Verfolgung als sicher eintretend, wahrend el oder 8áv sie nur als moglich bezeichnen v?Ürde. Dieselbe wird sich auHern in Worten (ovHÓÍ~SlV schmahen), in der That (Ütwxsw) und in übler lügenhafter Nachrede (sl:nclv JiOV'l}(JOV f!i¡µa xa{).' '1./JéVÓÓ,ucvol allerlei Boses wider euch lügend reden): 1psvoówvot ist mit xa&' v.w:Dv zu verbinden. Es konte überfiüssig erscheinen, 1 da im vorliegenden Zusammenhange das Reden boser W orte oder Dinge wider die Christen nur ein verleumderisches sein kanu. Aber es ist hinzugesezt, ne glorietur de quo vere mala dicuntur, wie schou in der von Thol. angeführten Glossa ordinaria bemerkt wird. Da namlich die Jünger Christi auch noch mit Sünde behaftet sind, so kann üble N achrede über sie si ch auch auf ihre Sünden und Schwachen beziehen; in diesem Falle konnen sie das µaxÓ.(JlOl nicht auf sich anwenden. ºEvsxcv 8,uov d. h. weil ihr die Meinigen seid, mit Nachdruck an das Ende des Satzes gestelt, bezieht sich auf den ganzen Satz von orav an, nicht blos auf 1.psvoóµcvot ,indem sie wider euch lügen um meiuetwillen' (Mey.). In dem gVéXéV sµov vgl. mit gvsx&v
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vwñv
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1) Da f?i'¡µr< in ~BD, Ital. u. einigen Verss. u. Kchvv. fehlt, so haben Lchm. u. Tisch. es getilgt, und für den Sinn ist es entbehrlich (vgl. Act. 28, 21), wird aber durch CE KMS V u. a. geschüzt, so daf> es warscheinlich für echt zu halten ist; vgl. 811icpégw• •wi (!i'¡µa 1wvr¡(!ÓP Judit 8, 8. Auch lfJevá'óµspot fehlt in D u. etlichen Codd. der Itala u. bei einigen Kchvv., und ist deshalb von Pritzsche, Lchm. u. Tisch. 7 getilgt, aber von TiscJ1. 8 nach ~BCEKMS u. a. restituirt. 2) Wenn WeizsCiclcer um dieser Geltendmachung der Person willen v. llb fi!r eine spatere Erliiuterung zum ursprünglichen Text halten will, so hat er mcht bedacht, daG von v. 17 an J esus seine Person noch starker geltend macht, sich unverkennbar als den Stifter des N. Bundes darstelt. ·
144
Matth. V, 12.
Dogmatiker). , Ueberall sezt die heil. Schrift, wo sie von der Belohnung Gottes redet, das Bundesverhaltnis zwischen Gott und Menschen voraas, im N. Test. den Glauben und damit den Gnadenstand des Menschen, dem der Lohn verheiBen wird' (Achel.) . . Wennaberdie Rec~t fertigung. eí11 . (t13schenk der. gottlicheJ1 Gna4e i~~, so i~t. iiliC-l'L<;lif3ºQ'9J: 'r1~Tao·d~i~ il,ié (,ro~7x1wvto~ keilleLeistung, welcher L?hn yer!1~rne:µ w}rd, soi1der11 éqwµcf Gesch13.ñk (Rom. 6, 23), ·,ei]1e,11~1:v~i:4i\Jl11.ti.9na denga~e {!\it,t(lef," ·W}th.[tbé11 sié. X~wrpJr¡
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1) So schon Luther, Werke Bd. 43 S. 366: ,Auf diese Weise lassen wir nu zu, daf.i die Christen Verdienst und Lohn bei Gott haben: nicht dazu, dal1 sie Gottes Kinder uncl Erben des ewigen Lebens werclen: sondern den Glaubigen, die bereit Solche sincl, zu Trost, daf.\ sie wissen, c1al1 er nicht wolle unvergolten lassen, was sie hie umb Christi willen leiden; sondern wenn sie viel leiden und arbeiten, so wolle er sie am jüngsten Tage sonderlich schmücken, mehr uncl herrlicher denn Anclere, als .sonderlich grof.ie Stern für anclern.'
Matth. V, 13.
145
folgten sie die f~ophete~, die vor euc;h ee11),t!sen $ind. Das yá(J ,b.e~ grü11d~!.:'1-1!~.:..'.d!'lt)1.i;~rlfant~l1 ~.~}!!ª.he.it (10, 41), da~ den einst gleicherweíse verfolgt(lnProphete11(23, 29 ff.) viel L?hn.lhJ.l{íirnñeiaufbehalten S(li'JMey.). · Dfos~.:\V~it~r(l ]3egrü!lt;lli11gJügL ill:JerJes,11.~ ...hJnzu, um dieJüilger . in .der. J{it~(l der Ver,folgl1Ilg~n vory(lr~ag(ln ZJtREl\Y.ahren. Das· Be~u B'tséín; ·.in •. der ·. ~emeinscbaft mit .í(ii4!Jren zu .leide1i. und ~11 kampfen, stal11t dJe JiJ:ai'.t.µ~~JJ.en Mut z11.m AuslÍ~rr,e11 ( Thol.). ovrw~ niéhi:''o1reande1n'éausani ( ÁchÚ}, sóncléríi eodem modo, wie Context und das parallele xara ravrá Luc. 6, 23 heischen. Die.ParallehLmit den Propheten zeigt übrigens, daB Jesus Z11.~ª.2ll~.t ..
Matth. V, 14.
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den Menschen zertreten werden. µroQavaf¡ von Luth. thum oder thumb d. i. warscheinlich dumpf, fade geworelen, übersezt, hat Mark. 9, 50 durch lí.vaJ..ov yévr¡rat erklart. Wenn das Salz seine Kraft zu salzen verloren hat, 8v rívt &J..wít~úerat; Luther's Uebersetzung: ,womit soll man salzen ?' welche den Sinn gabe: durch wen soll die Menschheit vor der geistigen
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1) Die Frage, ob Salz d. h. Kochsalz wirklich ganz fade werden, seine Salzkraft ganz verlieren kann, etwa durch chemischen Zersetzungsprocel1, wofür man einen Beleg aus Mauridrells Reise in Palastina S. 162 angeführt hat, komt. hiebei kaum in Betracht. Jesus sezt den Fall, um dadurch den Gedanken, den er ausdrücken will, zu veranschaulichen. ·
147
Matth. V, 15. 16.
bestimte Stadt zu denken, etwa an die Bergstadt Safed, von der übrigens noch fraglich, ob sie damals schon existirt hat; vgl. Rob. Pal. III S. 587. Die Vergleichung der Stellung der Jünger Christi in der Welt mit einer hochgelegenen, weithin sichtbaren Stadt, die bei Mark. u. Luk. in den Parallelstellen fehlt, erscheint auffallend. Sie wird von den alteren Ausll. auf die hervorragende Stellung der Apostel und Verkündiger des Evangeliums bezogen, von den neueren etwas allgemeiner so gedeutet: Vermoge der Hoheit ihrer Bestimmung', die W elt zu erleuchten, konnen oder dürfen die Jünger sich der Welt nicht entziehen (Olsh., Thol., de W., Bl., Mey. u. A.). Mit dieser Anwendung des Spruches ist aber nicht erklart, wie Jesus darauf kam, die Hoheit der Bestimmung seiner Jünger mit einer auf einem hohen Berge liegenden Stadt zu vergleichen. Ihre Stellung in der Welt ist ja im allgemeinen nicht sehr hervorragend, dal3 sie die Augen der Welt auf sich zieht. Dem Vergleiche liegt offenbar die Anschauung zu Gruude, daB die Jünger in der W elt eine hohe Stelle einnehmen. Der Berg ist Sinnbild des Reiches Gottes, vgl. Dan. 2, 35; die Stadt auf dem Berge ist Zion oder Jerusalem, die hochgebaute Gottesstadt (Ps. 48, 3. 87, l. Ez. 40, 2 vgl. Mich. 4, 1 f. Jes. 2, 2). Als Bürger des Reiches Gottes wohnen die Christen in einer auf dem Berge gelegenen Stadt, und konnen so wenig wie eine sol che Stadt verborgen bleiben. Der Vergleich drükt also nicht die Hoheit der Bestimmung. der Jünger Jesu aus, sondern ihre Stellung in der Welt. Diese ist erhaben und zieht die Blicke der Welt auf sich. Dieser Stellung entspréchend sollen sie auch die ihnen verliehene Gabe, das Lic)lt, das sie empfangen haben, gebrauchen, wozu es ihnen verliehen ist. Dies besagt der zweite Vergleich v. 15: ,,Ein Licht zündet man nicht an und sezt es unter den Scheffel, sondern auf den Leuchter." Móowi; modius ein MaB für trockene Dinge. ,,;ov µóowv das GetreidemaB, das sich in jedem Haushalte fand. Da in den Hausern der einfachen Israeliteu Tische wenig in Gebrauch waren, so stelte man' den Leuchter auf den Boden. Entferute man sich und wolte das Licht erhalten, so wurde ein hohles GefttB ·oder MaB, das zur Hand war, darüber gedekt. - V. 16. Ovnxii; so (, wie eine brenneude Lampe auf dem Leuchterstocke', Mey.) leuchte euer Licht vor den Menschen. r:o
Matth. V, 17.
148
aJ..r¡&cía besteht (Eph. 5, 9). - Die hier vorausgesezte Anerkennung der gut~n Werke der Christen vonseiten der Menschen begründet keinen Widerspruch mit der v.10 f. ausgesprochenen Schmahung und Verfolgung der Christen um der Gerechtigkeit oder um Christi willen. Denn dieser HaB und diese Verfolgung schlie.Bt ja, wie Thol. tre:ffend bemerkt, die Empfanglichkeit Einzelner, die aus dem xóaµor; gewonnen werden, nicht aus, nicht nur der homines bonae voluntatis, vgl. das óogá{;HV des Hauptmanns Luc. 23, 47, sondern auch solcher, die vorher lasterten und beschamt werden, vgl. 1 Petr. 2, 12, wo Petrus unverkennbar auf unsere Stelle zurückblikt. V.17--20. Die Stellung Christi und seinerJünger zum Alten Bunde. 1 Diese vier Verse enthalten den Grundgedanken der ganzen Bergrede. In v. 17 u. 18 spricht Jesus sich über seine Stellung zur Gotteso:ffenbarung des A. B. aus, und in v. 19 u. 20 über die Stellung, welche seine Jünger zu derselben einnehmen sollen. V. 17 u. 18. Christus der Vollender des Gesetzes und der Propheten. Der Ausspruch: Jhr solt nicht meinen, da/] ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzuldsen; ich bin nicht gekommen aufzuldsen, sondern zu erfüllen (v. 17), mit seiner Begründung v. 18 wird von vielen Ausll. richtig das Thema der ganzen Bergpredigt genant; denn er enthalt den Grundgedanken, obwol er formell durch die Einführung µi} voµlar¡rs an das Vorhergehend~ angereiht ist. Die Bedeutung dieses Ausspruches wird verkant und sein Inhalt abgeschwacht sowol von den Ausll., welche meinten, daB Jesus damit nur den Verdachtigungen der Pharisaer, da.B er ein Gegner oder Feind des Gesetzes sei ( Bucer, Calv., Chemn., de W., Stier, Neand.), oder den fleischlichen Erwartungen seiner Jünger oder des Volkes, da.B er das Gesetz umandern oder aufheben werde (Light(, Bg.-Crus. u. A.) entgegentrete. Die Opposition der Pharisaer gegen Jesum erhob sich erst spater; und von den erwahnten fleischlichen Erwartungen des Volks tritt uns im N. Test. keine Spur entgegen. Die vereinzelten Aussprüche von Rabbinen vom 3. bis 10.Jahrh. aber, welche unter Hinweisung auf Jer. 31, 31 die Substitution eines neuen Gesetzes durch den Messias, und die Abrogation namentlich des Ceremonialgesetzes bezeugen (s. die Stellen bei Schdttgen, Jesus der wahre Messias S. 882, Gfroerer Jahrh. des Heils II S. 341), liefern keinen Beweis für das Vorhandensein eines solchen Volksglaubens zur Zeit Jesu. Die antithetische Einführung de.s Ausspruchs über Jesu Stellung zum A.B. erklart sich im Allgemeinen schon aus dem Eingange der Rede, in welchem er sich als den Gründer der ~aatJ..sla rwv OV(!Ct.VWV darstelt, insbesondere aber aus dem, was er v. 13-16 über den Beruf seiner Jünger gesagt hatte, da.B sie ihr Licht in guten Werken vor den Menschen leuchten lassen sollen. An die
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1) Vgl. Theod. Hamack, Jesus der Christ, der Erfüller des Gesetzes u. der Prophetie. Elberf. 1842; u. die Abhdll.: G. Vict. Lechler, das A. Testament in den Reden J esu, in den Theol. Studien u. Krit. 185:!. S. 787 ff. und Ewald, Christus' Ausspruch über das Alte Gesetz u. dessen geschichtl. Erfüllung, in Bibl. Jahrb. X. S. 114ff.
Matth. V, 17.
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Forderung von guten oder trefflichen Werken (xala ~t;ira) schlieBt sich die Erklii.rung Jesu über sein Verhaltnis zum Gesetze in der Form: glaubet nicht, da8 ich gekommen bin u. s. w. ganz sachgem!i.B an. Tov vóµov ~ wvr,; :JrQO
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Matth. V, 17.
boten des Sittengesetzes beschrankt, so würde eine Erorterung über die Erfüllung der Weil3agung weder dem Zwecke der Bergrede noch dem dermaligen Fassungsvermogen seiner Jünger entsprochen haben. Ka-r:aJ..vstv auflosen, von Gesetzen gebraucht: aufheben, auSer Bestand und Gültigkeit setzen; wie vóµov xamc>rslv Rom. 3, 31, af>s-r:slv Hebr. iO, 28. Gal. 3, 15. Diese Bedeutung paBt auch zu 1:0~ X(>O(j!~ -r:a; die W eiBagung der Propheten aufheben, ungültig machen. Zu dem folgenden Satze: ,,ich kam nicht aufzulOsen, sondern zu erfüllen" braucht man das Object aus dem Vordersatze nicht zu erganzen; ab~r wenn man ihn auch allgemein faBt: ich bin überhaupt nicht gekommen aufzulOsen, sondern zu erfüllen" (Neand. Harn. u. A.), so ist doch die Beziehung auf das Gesetz und die Propheten durch den Zusammenhang gegeben. lll..r¡(>ó5úat eig. voll und vollzahlig machen, z. B. ein MaS (Mtth. 22, 32), einen Raum (Joh. 12, 3), hat man, auf das Gesetz übertragen, in dem Sinne von erganzen, vervollstandigen genommen. Allein wenn man dabei auch den Gedanken einer quantitativen Erganzung oder einer Verbesserung ferne halt, so erschOpft dies doch den Begriff des xl..r¡Qovv nicht. Besser ware in Bezug auf das Gesetz der von Thol. vorgeschlagene Ausdruck: vertiefen; aber dieser paSt nur auf das Gesetz nach seinem moralischen Bestandteile gegenüber der jüdisch-pharisaischen Verflachung, und für das Ceremonialgesetz in Bezug auf die Geltendmachung seiner typischen Bedeutung, aber nicht auf die Prophetie, wenigstens nicht auf die messianischen Verbalwei.Bagungen. Richtiger: vollenden oder, um. den Gegensatz zu xm:aJ..vstv deutlich zu machen, mit v. Hofm.: zum Vollbestande bringen, sowol in der Lehre als im Leben. Zu einseitig ist in Luthers Erklarung: ,den rechten Kern und Verstand zeigen, daB sie lernen was das Gesetz ist und haben will', die Seite des Lehrens hervorgehoben und dabei nur das Gesetz ins Auge gefaSt. Ebenso mit vielen anderen noch llfey.: ,die xl..~(>OJút; des Gesetzes und der Propheten ist deren Vollendung durch Herstellung ihres absoluten Gehalts - die vollkommene Entwickelung ihrer ideellen Realitat aus der positiven Form, in welche dieselbe geschichtlich gefaSt und beschrankt ist'. So entschieden auch in der von v. 21 an folgenden Entwickelung des Gesetzes die Seite des Lehrens oder die Entfaltung des reichen und tiefen Inhalts der Gebote vorwaltet, so dürfen wir doch in dem ganz allgemeinen Ausspruche unsers V. schon um des xa~ ouJás?l v. 19 willen die practische Erfüllung oder das Thun des Gesetzes nicht ausschlieBen. Eben so bestimt wird durch gro; &v xávw rfvr¡wt v. 18 die Beziehung des xl..r¡(>OVV auf die Propheten gefordert. Hiernach umfaBt xl..r¡Qovv -r:ov vóµov einerseits die vollkommene Entwickelung und Darlegung sowol des tiefen geistigen Ge- · halts der ethischen Gebote als die Erfassung und Herausstellung der im Ceremonialgesetze typisch enthaltenen ideellen Warheiten, andrerseits die Verwirklichung des in diesen beiden Bestandteilen des alttestamentlichen Gesetzes ausgesprochenen gottlichen Willens durch Gesinnung, Wort und That im Leben. Das xl..r¡(>o'ÜV -r:ov; XQOcp~m; aber besteht in der Vollbringung und Herstellung alles dessen, was die
Matth. V, lS.
15i
Propheten in Betreff der Zukunft des Gottesreiches geweiBagt haben. In dieser zwiefachen Hinsicht hat Christm1 das Gesetz und die Propheten d. h. die ganze alttestamentliche Gottesoffenbarung auch erfült. Sein Lehren ist nur Einführung in das tiefere und volle Verstandnis des A. Test.; sein Wirken nur Vollbringung des im A. T. geoffenbarten gottlichen Willens, so daB selbst seine Feinde ihn keiner Sünde und Uebertretung des Gesetzes zeihen konten. Selbst wo diejüdischen Gesetzeslehrer ihn der Uebertretung einzelner Gebote beschuldigten, rechtfertigt er sein Thun aus Thatsachen und Aussprüchen des A. T. Auch über sein Leiden und Sterben belehrt er nicht nur seine Jünger, daB dies alles geschehen müsse, damit die Schrift erfült würde, sondern bezeichnet auch die Hingabe seines Lebens in den Tod als A:V'Z"QOV dvú :JroJ.J.wv (Matth. 20, 28), und deutet damit die tiefe Bedeutung des Opferinstituts an, welches den Kern des Ceremonialgesetzes bildet.1 Doch ist mit dieser zwiefachen Seite der Erfüllung des Gesetzes ·und der Propheten der Vollsinn des Ausspruchs nicht erschOpft. In :Jr2r¡Qovv zuro Vollbestande bringen liegt auch, wie Thol. richtig hervorgehoben, etwas zu dem machen, rvas zu seinem vollen Begriffe gehOrt, wie Luc. 22, 16. Joh. 15, 11. Jesus als der Christ ist gekommen, nicht blos durch Lehren und Leben in Thun und Leiden das Gesetz und die Propheten zu erfüllen , sondern um das Gottesreich des A. B. zu vollenden, zu dem seiner Idee entsprechenden Vollbestande zu bringen. ,Eine {Jaat2elq 'Z"ijr; Oixawavvr¡r; zu stiften, seine Reichsgenossen zu vollkommenster Gesetzeserfüllung zu führen, ist Hauptzweck des Messias, Jes. 11, 9. 60, 21. 62, 12. Jer. 31, 31 u. a.' (Thol.). Dieses Berufes ist er sich von Anfang seines offentlichen Wirkens an klar bewuBt; er spricht ihn nicht nur in der Rede in der Synagoge zu Capernaum Luc. 4, 18 deutlich aus, sondern deutet ihn auch in der Bergrede, in den worten: .gwr;
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Matth. V, 18.
(Mey.), bei keinem Aposte!, welche dµ~v nur bei Doxologien im Sinne des zustimmenden Bekentnisses gebrauchen. - Hinsichtlich der Zeitbestimmung: ,,bis daB Himmel und Erde vergangen sein wird", ist zu beachten, daB Jesus in 24, 35._Luc. 21, 33 unzweideutig das Vergehen des Himmels und der Erde ausgesprochen hat. Daraus folgt jedoch keineswegs sicher, daB er hier das Vergehen oder Ungültigwerden des vóµor; mit dem Untergange dieser Welt lehre. Denn iror; qis wird auch so gebraucht, dafi von dem, was jenseit des angegebene.n Termins liegt, abstrahirt wird. '!rora das hebr. ~ der kleinste Buchstabe des Alphabets, und xeQala Hornchen, Spitze, hier die Ecke oder Spitze, wodurch Buchstaben, wie ::i und ::i, "I u. 'i, n u. n sich unterscheiden, bezeichnen die kleinsten, geringfügigsten Bestandteile des Gesetzes, selbstverstandlich nicht der Buchstaben des geschriebenen Gesetzes, sondern des Inhalts des alttestamentlichen vóµor;. 1 - Der Sinn des V. ist bedingt durch die Auffassung des iror; "&v návr:a rlvr¡mt. Die Wahl des rlvr¡T:at geschehen sei zeigt schon, daB vóµor; nicht auf das Gesetz als Inbegriff der gottlichen Gebote einzuschranken ist. Denn obgleich rlvea{}ai auch von der Ausführung des gottlichen Willens (6, 10. Luc. 22, 42). und selbst einzelner Befehle (Luc. 14, 22) gebraucht wird, so bezeichnet es doch auch in solchen Fallen mehr als gethan merden. In návT:a révr¡r:at ist die Ausführung, Verwirklichung sowol des Moralund Ceremonialgesetzes als auch der Weifiagung zusaminengefafit und vóµor; von dem im A. T. geoffenbarten Willen Gottes, welcher Gesetz und VerheiBung, Gebote und WeiBagung umfafit, zu verstehen. Streitig ist die Frage über das gegenseitige Verhaltnis der beiden mit iror; áv eingeführten Satze, ob dieselben coordinirt oder der zweite dem ersten subordinirt sei. Im ersten Falle würde das Geschehen mit dem Vergehen Himmels und der Erde zeitlich zusammenfallen, und das .návT:a révr¡T:at bis an das Ende der gegenwartigen Weltzeit hinausgerükt sein. Aber so richtig der Gedanke ist, dafi erst beim Untergange der jetzigen W elt alles geschelÍen sein wird, so liegt doch eine Erklarung darüber, daB die Verwirklichung aller Bestimmungen des vóµor; mit dem Ende dieser Weltzeit coincidiren werde~ deí:n Zwecke der Rede fern. Wir fassen daher den zweiten Satz dem ersten subordinirt mit Mey. in dem Sinne: So lange die Welt steht, soll kein Jota vom Gesetze vergehen, bis alle seine Bestimmungen erfült sein werden. Alle Bestimmungen des vóµor; sollen erfült werden und vor der Erfül·lung keine einzige ihre Gültigkeit verlieren, so lange Himmel und Erde
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1) Dennoch ist dies in alter und neuer Zeit mehrfach verkant worden; so wenn J. Gerh. u. A. daraus folgerten: Ergo puncta vocalia sunt scripta legi coaeva und gleicher gottlicher Autoritat wie das Gesetz selbst; und wenn Fyleiderer (die Religion II S. 416) u. A. nach dem Vorgange von Strctuss v. 18 u. 19 für unecht erklli.ren, weil durch Jota und Hli.kchen das Detail des mosaischen Gesetzes in seiner kleinsten Einzelheit und li.uüerlichsten Formalitli.t so nachdrücklich betont werde, dais man an nichts anders als an den ewigen Fortbestand des mos. Gesetzes auch in seiner Form als Ceremonialgesetz denken konne, was J esus nicht gesagt haben konne. Gleiche Buchstabenexegese in dem einen wie in dein anderen Falle!
Matth. V, 18.
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bestehen. Damit ist aber bei der Zweideutigkeit des grog llv nicht ausgesprochen, daB der vóµog seine Gültigkeit dereinst verlieren werde, namlich dann, wenn Himmel und Erde werden vergangen und das vollendete Gottesreich wird eingetreten sein, sondern von diesem Punkte abgesehen. Versteht man vóµog nur von den Vorschriften und Forderungen des Gesetzes, so wird mit der V ollendung des Reiches Gottes am Ende dieser Weltzeit das Gesetz aufgehoben werden, da der Zweck, zu dem es gegeben, dann erreicht sein wird. Zwar soll die Liebe als die Erfüllung des Gesetzes, nimmer aufhoren (1 Kor. 13, 8) und auch in der neuen Welt Gerechtigkeit wohnen (2Petr. 3, 13); aber die Liebe die ewig dauert und die Gerechtigkeit des neuen Himmels und der neuen Erde sind nicht Erzeugnisse des Gesetzes, die seinen Fortbestand bedingen, sondern Früchte des lebendig machenden Geistes, der das Gesetz überwunden und aufgehoben hat. Eben so wenig IaBt sich aus Jes. 40, 8: ,,das Wort Gottes bleibt in Ewigkeit", und aus Mtth. 24. 35, wo Christus das ewige Bestehen seiner 2órot betont, das ewige Bestehen des vóµog als Inbegriff ethischer Forderungen folgern, weil Gesetz in diesem Sinne sich mit Wort Gottes nicht dekt. - Versteht man aber auch vóµog im weiteren Sinne als Bezeichnung der gesa:mten Gottesoffenbarung des A. Bundes, so gel ten die W orte Christi doch auch nur von der Substanz des in dieser Offenbarung ausgesprochenen Gotteswillens, nicht von der Form, in welche derselbe eingekleidet war, um dem alten Bundesvolke die Erfüllung des Gesetzes zu ermoglichen und es dem Ziele seiner gottlichen Berufung entgegenzuführen. Zu dieser Form ist aber nicht blos das Ceremonialgesetz zu rechnen; selbst der Dekalog, der Kern des sinaitischen Bundesgesetzes hat eine zeitliche Form, die z. B. in dem Gebote der Heiligung des Sabbats deutlich in die Augen springt. Diese Form veraltete und fiel, als durch Christus der in ihr ausgepragte Gotteswille verwirklicht und das Schattenbild des A. Bundes durch die Gründung des N. Bundes zum Wesen erhoben wurde. Dadurch wurde die Gültigkeit der Substanz des vóµog als Forderung des heiligen Gotteswillens an die Menschen nicht aufgehoben, sondern hat auch für die Gemeinde Christi noch Gültigkeit, wird aber mit der Vollendung des Gottesreiches bei der Wiederkunft Christi in Herrlichkeit auch ihr Ende erreichen. 1 Das Gesetz, welches in Gebote
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1) So hat der levitische Cultus durch den Opfertod Christi seine Vollendung erhalten; damit ist die alttestamentliche Forro aufgehoben worden, aber sein ewiger Gehalt ist für die christliche Gemeinde in Geltung geblieben als das geistliche Opfer, welches die Christen Gotte darbringen sollen ROm. 12, 1. Die Ievitischen Reinigungsvorschriften sind verklart in die Form der sittlichen Reinigung und Heiligung des Herzens 1 Petr. 3, 15. Mit Recht bemerkt daher ]J,fey.: , Von den :n:ávu< ist nichts auszuschlie~en, was das Gesetz enthii.lt, auch nicht die rituellen Bestandteile, welche ihrem idealen Gehalte nach ethisch erfült werden sollen - so da[.) im Zusammenhange des Ganzen auch nicht das Geringste der Idee der :n:/.:f¡~<1Jut> nach hinffillig wird, sondern seine Bedeutung und seine integrirende sittliche ZugehOrigkeit zum Ganzen behalt'. So ist die Theokratie in der christlichen Kirche, das Priestertum in der geistlichen Gemeinde, das Opfermahl im Abendmahle, die Beschneidung in der Taufe erhalten worden.
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Matth. V, 19. 20.
und Verbote gefaBt ist, bleibt nur so lange in Kra~t und Gültigkeit, als die Gemeinde Jesu Christi noch mit Sünde behaftet ist und mit der Sünde zu kampfen hat. Wenn die Sünde wird getilgt und der Tod als Sold der Sünde wird aufgehoben sein, wenn die Gemeinde Jesu Christi das Ziel ihrer himmlischen Berufung wird erreicht haben und sie in das Bild Gottes und Christi wird verklart worden sein, dann wird das Gesetz seinen Zweck erfült haben, dann wird alles geschehen sein, was das Gesetz fordert, und damit das Gesetz aufMren, und nur Gerechtigkeit, Heiligkeit und Liebe als Erfüllung des Gesetzes bleiben. Gleich~r weise wird der prophetische Gehalt des vóµor; seinen AbschluB erreichen und zu Ende gehen, wenn alle GottesverheiBung und alle WeiBagung erfült, alles VerheiBene und GeweiBagte geschehen sein wird. Die VerheiBung und WeiBagung reicht aber über das Ende dieser Weltzeit hinüber mit der Verkündigung eines neuen Himmels und einer neuen Erde und mit der Vollendung des Reiches Gottes im neuen Jerusalem in die Ewigkeit hinein. In v. 19 f. zieht der Erlüser daraus den SchluB (o{iv) für das Verhalten seiner Reichsgenossen zu dem Gesetze: GroB im Himmelreich wird nur gelten, welcher alle Ge bote des Gesetzes, auch die kleinsten erfült. (\Or; eáv mit conjunct. aor. steht von dem was in der Zukunft etwa eintreten konte, wo die Romer das fut. exact. setzen ( Winer S. 288). Deber Eáv für áv vgl. Win. S. 291. 2vay hat in diesem Zusammenhange die Bed. von ?W'WÁVHV aufiosen, für ungültig erklaren durch Wort und That; denn daB das Thun nicht auszuschlieBen ist, zeigt das folgende xotf¡ú?J; vgl. Joh. 10, 35. Ka'i Oioágy ist steigernd: und demgemaB andere lehrt. 1'ovrrov weist zurück auf die durch ldfra und xsr¿ala v. 18 bezeichneten geringsten Bestandteile des Gesetzes. 82áxtaror; x2r¡ftf¡asrat wird als ein sehr geringer im Himmelreich erkant werden (vgl. über xalslaftai zu 2, 23), wird eine sehr niedrige Stufe im H. einnehmen. Zu og txv xotf¡ay X. Oto. ist das Object aus dem vorhergehenden Satze zu erganzen. µÉyag x2r¡ftf¡asrat wird eine hohe Stufe einnehmen. Diese Anforderung an seine Jünger, auch die geringsten Gebote des Gesetzes zu halten, wird v. 20 begründet durch den Satz: daB die Gere_cli_jjgke_i,LQer_J_ünger--Chris.tLior-Z.itglicher-sW.n !!J.üsse als die der fü;l:tr_i.f!gdehrten_und--P-.ha:rislier, ...§_OnsL werd®-Sie ii.ICiiI:.fü:füJ:á]Jfininelrei@__eingehen. Die Schriftgelehrten und Pharisaer sind genant als die Vorbilder der Frommigkeit des jüdischen Volks, die yr¿aµµaulr; in Bezug auf die richtige Erklarung, die Pharisaer in Bezug auf das Thun oder die Erfüllung des Gesetzes. xsr¿wasvstv x2slov :reichlich w(l_r:__q_e11_me.hr_als; x2slov statt vx"Er¿ gewahlt, und x2slov uov yQaµµ. abgekürzte Vergleichung für x2slov 7:~r; otxawavvr¡r; TWV YQ·; im Hebr. sehr haufig, aber auch im Griechischen nicht selten, vgl. Kilhner II, 487. xsr¿túúSVHV bezeichnet den Mheren Grad der Gerechtigkeit. Indem Jesus die Gerechtigkeit der Pharisaer für unzureichend für den Eintritt in das Himmelreich erklart, hat er dabei nicht .etwa nur diese oder jene Klasse von Pharisaern, deren in der Gemara Sota f. 22, 2 sieben aufgezahlt sind (so auch bei Thol. zu u. St.), im
Matth. V, 20.
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Auge, sonder:!L.Qi_e_R!i!t.risaer insgemem, aber von edleren Charakteren, wie (iamaliel, Nikodeniiis U: a. ~4:usnahmen abg~~, wiewol auch von diesen gilt, daB sie durch ihre Gesetzesgerechtigkeit nicht in das Reich Gottes kommen, vgl. Joh. 3, 3 ff. ~ {Jaai2éla ist in beiden Versen nicht auf das regnum gloriae einzuschranken, sondern daLGfil.1&§.: reich des N. Bun_cl~ __:ill_allen Stadien seiner ,E_Jlilliclrnlnng. Die ErwihnÜng- derTferechtigk~ftgelehrten und Pharisaer zeigt übrigens, daB Jesus schon bei den kleinsten Geboten v. 19 auf die pharisaische Unterscheidung von kleinen und groBen Geboten Rücksicht genommeli hat, jedoch nic4_t¿_c_J, daB er die pharisaische Distinction zwischen Ieichten und schweren Geboten sich aneignet und 82áxtaw~ ~menft-Eharis.ae_o_cw11 gebraucht oder im Gegensatz gegen die Pharisaer die Ritualgebote des Gesetzes für die geringeren erklart hatte. Diese Deutung wird schon durch den Zusammenhang, durch das auf lcin:a und XEQala zurückweisende wvrrov ausgeschlossen. Um dieses Zusammenhangs willen darf auch &vw2mv wvi-rov 7:mv 82axlarrov nicht anders gefaBt werdeil als vóµo~ in v. 18, und 2vEtv sowie JWtclv u. &oáaxEtv nicht in anderem Sinne, als in welchem Jesus erklart, daB er das Gesetz nicht aufzulOsen, sondern zu erfüllen gekommen sei. Da aber die n2~(!Wót~ sowol das Thun als das Lehren umfaBt, so darf man nicht mit Mey. u. Achel. die Forderung des notElv und &oáaxetv als Antithese gegen die Praxis der Pharisaer, welche lehren und thun von einander trenten, deuten, wonach !Jley. den Sinn von v. 20 so bestimt: ,Wenn ihr nicht das Thun mit dem Lehren vereinigt, so konnet ihr, mit den Schriftgelehrten und Pharisaern auf gleicher Gerechtigkeits- _ stufe stehend (23, 2f.14), nicht ins Reich eingehen'. In anderer Weise haben Olsh. u. Bleek beide Verse miBdeutet. Bl. versteht 2vetv µlav rmv 8vro2. xr2- von dem Veraéhten und ZerstOren der Vorschriften des alten Gesetzes und meint, Jesus wolle v. 19 nur aussprechen, da6 un ter denj enigen, die für das Reich Gottes arbeiten die, welche si ch als Verachter und ZerstOrer des alten Gesetzes zeigen, auf einer geringeren Stufe im Reiche ·Gottes stehen als solche, welche sich den früheren Ordnungen, so lange sie Bestand haben, unterwerfen und auch Andere nicht abhalten, ihnenGehorsam zu leisten. Olsh.hingegen :findet in v. 19 eine Hindeutung auf specielle Vorgange, indem einige Jünger in falscher Freiheit das Gebaude der alten Theokratie angegriffen haben mogen. Diesem eigenmachtigen Losen des A. T. setze Jesus in v. 20ff. das eben so eigenmachtige Festhalten desselben in seiner auBeren Form entgegen. Aber diese beiden Auffassungen scheitern schon daran, daB sie mit yaQ in v. 20 unvereinbar sind, indem nach denselben v. 20 im Gegensatz zu v. 19 stande, also nur mit ós angeknüpft sein konte. AuBerdem spricht gegen diese schon von Tobler (bei Thol.) vorgetragene Auffassung, da6 beide Verse nur eine temporare Vorschrift enthalten würden, was durch irgend ein W ort angedeutet sein mü6te, da der ganze übrige Inhalt der Bergpredigt Warheiten von ewiger Bedeutung enthalt. Olsh. lieB sich zu der erwahnten Auffassung von v. 19 durch die SchluBfolgerung verleiten, daB, wenn in v. 19 von
156
Matth. V, 21.
der Aufhebung und Erfüllung der von Christo für unverbrüchlich erklarten Gebote die Rede ware, nicht einzusehen sei, wie damit das 8J..áxuí1:0v slvai 8v rfí {Jaú. r. {}. vereinigt werden solte, da wer ein Gebot warhaft nicht erfült, also ohne Liebe, des ganzen Gesetzes schuldig ist, gar nicht in das Reich Gottes kommen konne. Dieser SchluB, durch welchen schon August., Luth., Calv. u. A. sich verleiten lieBen, die fraglichen Worte in ausgeschlossen merden umzudeuten, ist aber keineswegs bündig, weil, wie Mey. richtig bemerkt, der Antinomismus eines solchen nicht principien, nicht gegen das Gesetz als solches.gerichtet ist, sondern nur gegen einzelne Bestimmungen des Gesetzes, die an sich gering sind und deren Bedeutsamkeit im Ganzen er nicht anerkent; vgl. 1 Kor. 3, 15. Cap. V, 21-VI, 18. Die Vollendung der im A. Bunde geforderten Gerechtigkeit im Reiche Christi, - V. 21-48. J)as Wesen der Gerechtigkeit des Himmelreichs. Um die Bescha:ffenheit der für den Eingang in das Himmelreich geforderten Gerechtigkeit den Jüngern klar zu machen, legt der Erliiser an einer Anzahl von Gesetzen den Unterschied zwischen der pharisaischen und der wahren, dem heiligen Gotteswillen entsprechenden Gerechtigkeit dar, indem er den vollen und tiefen Inhalt des Gesetzes in der Weise entwickelt, da.B er der gangbaren Au:ffassung des mosaischen Gesetzes das richtige Verstaiidnis desselben entgegensezt. Die einzelnen Gesetze, die er auf diese Weise erlautert, sind als Beispiele der rechten Erfüllqng des ganzen Gesetzes zu betrachten. Fünfmal stelt der Erliiser dem r}xovaau 8(/(¿t&r¡ roz:r; ªQXalotr; sein 8yw 08 Uyco vµz:v entgegen, v. 21 f. v. 27. 33. 38 u. 43. In welchem Sinne er aber das 8yw 68 Uyco den Aussprüchen der Alten entgegenstelt, das hangt von der unter den Ausll. sreitigen Auffassung des 8(//¿{{}r¡ 1:0tr; ªQXaÍOtr; ab. Die Einführung dieser Worte mit r}xov
on
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Matth. V, 21.
(Bg.-Crus., Keim u. A.). Der hiefür angeführte Grund, daB die folgenden Sprüche teils ohne teils mit schriftgelehrtem Zusatz angeführt werden, halt nicht Stich, weil Zusatze von Schriftgelehrten nicht nachweisbar sind. Wenn aber unter den dt;>Xalot~ die Israeliten zur Zeit Moses, zu welchen dieser redete, zu verstehen sind, so scheint das syw Uym einen Gegensatz gegen das Gesetz Mose's zu bilden, und dieser Schein wird dadurch verstarkt, daB die alttestamentlichen Gebote groBtenteils nach ihrem Wortlaute im Pentateuche angeführt werden. Aus diesen Gründen haben Chrysost. u. a. griech. Vater, mehrere kathol. Ausll., die Socinianer u. Arminianer, und in neuerer Zeit Neand. u. Bleek gemeint, daB Christus mit seinen Gesetzesaussprüchen nicht blos der traditionellen jüdischen Au:ffassung der mos. Gesetzgebung entgegentrete, sondern das mos. Gesetz selbst vervollkommnen oder verbessern wolle. Allein die Gründe, auf die man diese Ansicht stüzt, verlieren den Schein, den sie haben, sobald man nur beachtet, wie Jesus die alttestamentlichen Gesetzaussprüche anführt. Er sagt nicht: den Alten ist gesagt worden (von Mose), sondern: ihr habt gehort, daB den Alten gesagt worden d. h. das den Alten Gesagte ist euch (von den Schriftgelehrten) so verkündet worden. Also nicht dem mosaischen Gesetze als solchem, sondern nur dem von den Schriftgelehrten dem Volke verkündigten mosaischen Gesetze stelt Jesus seine Gesetzerk!arung entgegen. Mit Recht haben daher nach dem Vorgange von August., Hieron., Hilar. u. A. Luth. Chemn. u. A. die Ansicht: Christum hanc suam explicationem opponere ipsi legi divinae verworfen, und fast samtliche neuere protestantische Ausll. haben sich dahin entschieden, daB Jesus im Folgenden nur gegen die mannigfach beschrankte Au:ffassung und Anwendung des Gesetzes, wie sie von dem traditionellen Judentum und besonders vom Pharisaertum vertreten und im Leben befolgt war, auftrete und den tiefen und vollen Gehalt des Gesetzes entwickele. Diese Au:ffassung wird einerseits durch den Zusammenhang gefordert, durch die rückhaltlose Erklarung Jesu, daB nicht der geringste Bestandteil von dem Gesetze vergehen werde bis alles geschehen sei (v. 18), daB auch von den kleinsten Geboten keins für ungültig zu halten sei (v. 19) und die Gerechtigkeit seiner Jünger nicht über das mos. Gesetz, sondern über die gesetzliche Frommigkeit der Schriftgelehrten und Pharisaer hinausgehen müsse (v. 20), andrerseits durch die Thatsache, daB · Christus auch sonst den Pharisaern und ihren Traditionen das Gesetz selbst entgegenhalt ( vgl. 15, 3. 6. Joh. 5, 45) und das Thun des Gesetzes für ausreichend zuro Erben des ewigen Lebens erklart (Luc. 10, 25- 28). Dagegen oegründet auch der Umstand, daB Christus die alttestamentlichen Gebote, denen er sein syro os 2iym entgegenstelt, meistenteils nach ihrem Wortlaute anführt und was er v. 21. 33 u. 43 hinzufügt, nicht als Zusatz der Schriftgelehrten gibt, sondern aus dem A. Test. entnommen hat, keinen triftigen Einwand, weil auch die jüdischen Schriftgelehrten ihre Deutung des Gesetzes und ihre JWQáOo
os
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Matth. V, 21. 22.
Dekalog Ex. 20, 13 genommen. Der Zusatz: ,, wer aber tCldtet, soll des Gerichts schuldig sein" ist nicht ,rabbinische Glosse' (Thol.), sondern aus dem Gesetze Ex. 21, 12: ,,wer jemanden schlagt, da6 er stirbt, der soll getOdtet werden" (vgl. Lev. 24, 17), gefolgert. "Evoxor; 7:'fí XQlaet dem Gerichte verhaftet, verfallen; ~ xQlatr; !fil das von der ggttgeoFd... net_ep.__j1hrigkeit....au.sgeiib.ta--Gericht, das in der Theokratie über den Todtschlag zu entscheiden hatte. Der W ortlaut des Verbots betrift die That, wird aber nicht darauf beschrankt, sondern schon im Bundesbuche wird zwischen Todten aus Fahrlassigkeit und unglücklichem Zufalle und TOdten aus Vermessenheit und mit Hinterlist unterschieden; und dieser Unterschied wird in der Verordnung über die Zufl.uchtsstadte Num. 35, 1O :ff. noch naher bestimt, um diejenigen, welche aus Versehen, ohne Absicht und Feindschaft jemanden getüdtet hatten, der Hand des Blutrachers, also der Todesstrafe zu entziehen. Schon diese Unterscheidung zeigt, daB da• Gesetz nicht von der That als solcher gelten, sondern dabei die der That zu Grunde liegende Gesinnung maBgebend sein solte. Das Gesetz verbietet weiter auch, den Bruder im Herzen zu hassen, rachgierig und nachtragend gegen den Volksgenossen zu sein, und verlangt, ®n-N!LJlhs.t®-zu lieben wie sich selbst (Lev. 19, 17 u. 18). Die pharisaische Auslegung undAnwendung des Gesetzes blieb bei dem Verbote der That stehen. Dieser auBerlichen Behandlung des Gesetzes tritt__der__;ErlQ.sfil: in _y_-2~gegen., und zeigt, daB ~I!-~~GesiE_l!_U,!!_g die zur That führt oder reifen kann, ~trafwürdig sei. Er nent ~ Stufen des Zornes und sein_er_A.euBel'11ng--i.nJV~, und die ihnen entspreCiieilaen Grade der Strafbark_cit. In der Aufzahlung der Vergehen und der entsprechenden Verschuldung findet ein IDimax statt. S~g_jsLs.~ ~ gegen den Bruder, noch §!ra:ffüll~~.ung in kril.nkenden Worte._n. Auf den Todtschlag und auf tOdtliche Ausbrüche des Zorns, MiBhandlungen u. dgl. geht Jesus nicht ein, nicht etwa, ,um Mord und MiBhandlungen als etwas bei seinen Glaubigen UnerhOrtes fühlbar zu machen' (Mey.), sondern weil darüber das Gesetz die erforderlichen Bestimmungen enthielt und er überhaupt nicht gekommen war, die staatliche Rechtsordnung zu andern, und in dieser Rede nicht einen Codex bürgerlicher und staatlicher Gesetze aufstellen, sondern die G:&eclltiglrnit des Himmelreichs .khrfill wolte. 'oQylt;,ea{J.cu iftrnen_, als heftiger Gemütsa:ffect, abgesehen von seiner AeuBerung in W ort oder That. Schon das Hegen von Zorn gegen den doe2
Matth. V, 22.
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(Mrc. 3, 5) und ~µ{J(Jvµaa{}ai ?:
Als schwer~re Grade der Verschuldung nent Christus ·Ausbrüche des Zorns in Scbimpfworten, zum Bruder Qaxá (oder nach l!t* Da b d u. a. Qiu.iJ und µro(JS sagen, d. h. ibn so nennen oder. ~- 'Paxá ist weder mit Augustin. vom griech. Qáxog nocb mit Ew. (bibl. Jahrb. VIII, 192) vom aram. l!t~r.¡':' in der Bed. Lurnp herzuleiten, da das verb. :!1):2'¡ nur flicken, annahen bedeutet, sondern mit Rieron. Hilar. vom aram. l!t~"''J (hebr. i'"'!) vacuus d. i. )&lrer Kop~ fatuus wie xevóg Jak. 2, 20; in den talmudischen und rabbinischen Schriften ~ -w1\hDlii:hes Schiropfwort (vgl. Light(. hor. ad h. l.), das auf Verstandesschwache hindeutete und im Sprachgebrauche die Geltung eines leichten Vorwurfs hatte. Dagegen µw(>Ór;, dem hebr. '!:>~~ entsprechend, enthielt einen sittlichen Vorwurf. ,,Iler Tbor spricbt in seinem Herzoo.: ~st kejn Got.t", µw(>Ór; also s. v. a. ggttl.Qs.e.r, ,r.uchloser Menscb; vgl. Hengstb. u. Hup(. zu Ps. 14, l. Jesus Sirach (50, 28) zahlt zu den Véilkern, die seine Seele verabscheut, die Samariter und nent sie 2aor; µro(JÓr;, dem nicht der Name eines Volks gebüre. - Die diesen Verschuldungen entsprechenden Strafbestimmnngen.sind: ~voxor; ~úl'at l'fj X(Jl68t - 7:cp 6VV80(JÜ:p - elr; 'l'~V yÜvvav 'l'OV :rtV(>Ór;. Die beiden · ersten scheinen bürgerlfohe, die dritte eine gottlfobe Stra.fe z.il---OOzeichñén; denn ~voxor; ~ú'l'at l'fj X(Jlaet darf nicht anders gefaBt werden als in v. 21, wo es die Todesstrafe bezeichuet. 'H X(Jlatg im Unterschiede
1) Das berechtigte Zürnen wüdete ausdrüklich ausgenomrnen sein, wenn Elxij um.•on.•t. ohne Ui·sache, der Rec. echt ware. Zwar fehlt Elxi¡ nur in l!.l:B. 48. 198, in derVulg., der athiop. u. arab. Version der Polygl., ·der angelsachs. Uebersetzung und bei einigen Vatern, :findet sich aber in allen übrigen griech. Codd. (nur A u. C haben hier eine Lücke), in der !tala, Peschittho u. den übrigen alten Verss., so da~ es stark bezeugt ist und ohne Zweifel schon im 2. Jahrh. im Oriente und Occidente gelesen wurde. Dennoch haben es schon Erasm. u. Luthei· u. A. weggelassen und Fritzsclie, Grie.•b., Lchm. u. Tisch. aus dem Texte verwiesen; und zwar mit Recht, weil der Gedanke abgeschwii.cht würde, wenn nur der grundlose, nicht zugleich der begründete aber Iieblose Zorn als Sünde bezeichnet ware. Dem absolut hingestelten ov q¡oveiaw; correspondirt das unbeschrankte ó ó~r1Có,ue110• i-qí da'. mlT. Wie bei jenem das Gesetz Einschrankun~en statuirt, die kein Schriftgelehrter in Frage stelte, so ergibt sich für das orJriCEa-8-at die Beschrankung auf Iiebloses Zürnen, auch ohne ausdrückliche Naherbestimrnung des Wortes aus dem Contexte.
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Matth. Y, 22.
von 7:0 ovvéóQWV bezeichnet d_a,s...Loc.alger.icht, dfil!L_d,IB._SJ,raferkentnis auch für den Mord zustand; 1 7:0 ovvÉOQlOV ist (lBx bOhere Hetlc.htshof, q_ie oberste J:nstiz- und Administ.i:a.tiY.b.eh..fu'.eks-~iidischen Yolk.es, ~J1filLH@fil!priestern,~_t_enJllliLScllriftgcljihrten zusam~t war, nach talmud. Angaben ~glWd&n und e~m.Rtiisidenúm
bestand, und nach Sanhedr. I, 5 über Rechtssachen entschied, die einen ganzen Stamm, oder einen falschen Propheten, oder den Hohenpriester oder einen willkürlichen Krieg und allgemeine Landesangelegenheiten betrafen, und konte s_QFol Leibesstrafeu als Todesstrafen (S~, V~hr_ennung, EnthaupjJID.g, :ijii.ng.en) ~- "Evoxor; sir; Ti¡v ylcvvav .®h:g.ldig in die Hiille hinein se. ~ ~~u__werdeR; ein pragnanter Ausdruck, bei dem man nicht /}2r¡ftijvat zu erganzen braucht, vgl. Winer S. 200. I'lsvva zuerst im N. Test. vorkommend, ist o:ffenbar aus 1:1~~:-:i.,~ gebildet, eine Abkürzung von 1:1~~:-:i "~'.') (oder 1:1) ~.,~ 1'haLder.-81ihne Hinnoms, vgl. Jos. 15, 8 wo beide Formen sich :finden. So hie.B das Thal an der Südseite des Berges Zion. In diesem Thale wurden seit den Zeiten des Abas dem Gotzen 1\1olo.clJ. Kinder geopfert d. h. geschlachtet und dann in die glühenden Arme des ! Molochbildes gelegt und verbrant; s. m. bibl. Archaol. S. 469 ff. Als ¡ spater der Konig J.osi.as diesen Gotzendienst ausrottete, lieB er die 1 Opferstatte dieses Thales, Thophet d. i. Gegenstand des Ausspeiens d. h. des tiefsten Abscheus, verunreinigen, daB hinfort niemand mehr 1dort seinen Sohn oder seine Tochter durch Feuer dem Moloch weihte ¡ (2 Kg. 23, 10). Zu jener Zeit verkündigte auch Jeremías 7, 31, daE wegen der dort getriebenen Greuel des Gotzendienstes Tage kommen ywerden, da man dieses Thal Würgethal nennen und aus Mangel an 1Raum dort begraben werde. Seitdem galt an diesen Ort hingeworfen l oder dort begraben werden als die entsetzlichste Schmach; und der Name dieses verabscheuten Orts, ,wohin sie - wie Kimchi zu Ps. 27 sagt - die Unreinigkeiten und Thierleichen hinwarfen, wo auch ein 1bestandiges Feuer war zur Verbrennung der Unreinigkeiten und Ge' beine', wurde auf den unterirdischen Strafort der Yei:dammten übertn!,gw; vgl. Light( hor. ad h. l. Der Zusatz wv .nv(!Ór; bezeichnet die Gehenna al~jlr.t,...w.o_Eeuer brent, und auf Grund der WeiBagung Jes. 66, 24 als Strafort der Leichnarne der Frevler, deren Wurm nicht stirbt und deren Feuer nicht verli:ischt. Vgl. die an Jes. 66 sich anlehnende Beschreibung der Gehenna Mrc. 9, 48. Der Prophet hat die Form der Einkleidung seiner WeiBagung warscheinlich vom Thale
l.
1) Nach Joseph. Antt. IV, 8, 11 bestanden diese Localgerichte aus 7 Richtern und 2 Gerichtsdienern, wogegen die talmud. Angaben über zweierlei Localgerichte, das eine aus 23 Mannern bestehend für die gro11eren Stadte, das andere aus 3 Mannern für die kleineren Ortschaften, keinen historischen Grund haben; vgl. m. bibl. Archaol. S. 709 u. Schürer Neutestl. Zeitgesch. S. 403 f. Damit wird auch die Annahme vieler Ausll. hinfüllig, dal1 das Localgericht (~ i&(!Í
J\fatth. V, 22.
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Hinnom hergenommen. 1 Doch folgt weder aus dieser Anlehnung des Begri:ffs der Gehenna an jenes verabscheute Thal, noch aus der Hindeutung der W orte rfí X(>ÍúSt und njJ avvcO(>Í~o auf irdische Strafen, daB auch clr; r~v yscvvav nur eine bürgerliche Strafe ausdrücke, die AusschlieBung aus der Theokratie und VerstoJ3ung in das Belialsreich (Paul., Bg.-Crus.). Die vermeintliche Inconcinnitat der Gradation ( der Uebergang vom bürgerlichen Gerichte zum gottlichen) schwindet, wenn man nur beachtet, daB nach alttestamentli~ Anschauung alles .Q§ti.Qht t:l"t:J·~~?. d. h. Gottes ist (Deut. 1, 1 7), ~r.J:iir:. Qott Recht.§p:rechm1 2 Obr. 19, 6. AuGerdem sind die Worte Christi nicht buchstablich zu denten, als wolle er für den Zorn und dessen AeuBerungen bestimte Strafen festsetzen, sondern sind Exemplificirung des Gedankens, daS vor Gott schon das Hegen des Zorns gegen den Brudér im Herzen eben so straffüllig ist, wie der Todtschlag, und die schwacheren und starkeren AeuBerungen des Zorns noch weit strafbarer, ja so schwere Verbrechen, daB sie der ewigen Verdammnis schuldig machen. In diesem Sinne sagt auch Johannes (l. Br. 3, 15): ,,Wer seinen Bruder hasset, der ist ein Todtschlager, und ihr wisset, daB ein Todtschlager nicht hat das ewige Leben in ihm bleibend." Uebrigens bemerkt Thol. richtig, ,daB man aus diesem Ausspruche, zumal da der That nicht gedacht ist, nicht eine allgemeine Gradbestimmung der Schuld des A:ffectes im Verhaltnis zum Worte und des Wortes im Verhaltnis zur That entnehmen dürfe. Je nach den gegebenen Bedingungen kann auch der A:ffect schuldiger machen als das Wort und dieses als die That, wenn namentlich nur auBerliche Umstande oder Rücksichten von der AeuBerung des Zorns und von der That abhalten'. Doch genügt es nicht, mit diesem Gottesgelehrten weiter zu sagen: ,nur solche Falle hat Christus im Auge, wo eine quantitative Steigerung derjenigen Lust eintritt, aus welcher unter Begünstigung der Umstande der factische Mord hervorgeht'. Auch ein Zürnen gegen den Bruder, das sich unter keinen Umstanden zum Gedanlrnn des Mordes steigert, kann, wenn es unversohnlich ist, der Holle schuldig machen, wie Jesus gleich in den folgenden Vv. lehrt. Nur davon, daB der Zorn im Herzen und seine Ausbrüche, wenn sie als schwere Sünde und Schuld bereut werden, von der gottlichen Gnade vergeben werden, sieht der ErlOser hier ab, wo er nur das Wesen der Gerechtigkeit seiner Reichsgenossen gegenüber. der von den Pharisaern gelehrten und geübten Gerechtigkeit entwickelt. 1) Dafür spricht nicht allein die oben angeführte Aussage Kimchi's, die auch im B. Kosrí p. 72 ed. Buxt. steht, dal1 nii.mlich im Thale Hinnoin Feuer unterhalten wurde, um die unreinen Gebeine und andere Unreinigkeiten zu verbrennen, sondern auch die Bezeichnung dieses Thales bei Jer. 31, 40 als '11hal der Leichen und der Asche; vgl. Hngstb. Christol. II S 506 ff. u. Dillmann, d. Buch Henoch übersetzt S. 132; wogegen cler von Dilbn. aul1erdem angeführte Umstand, dar.. nach Talni. Erubinf 19a· in jenem Thale von Natur Rauch aufstieg, der auf unterirdisches Feuer hinwies, schwerlich historischen Grund hat. In 4 Esr. 6, 1 heiBt dieser Strafort ji1rnus gehennae, wo die Verdammten nach Apocal. Baruch 44, 15 u. 51, 1-2. 4-6 in Feuer Qual leiden 1Yerden. Keil, Comm. z. Evangel. Matth.
11
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Matth. V, 23-25.
V. 23-26. Folgerung (o~v) aus dem Gesagten für das Verhalten der Christen, um die Strafe, welche der Zorn gegen den Bruder nach sich zieht, von sich abzuwenden, zur Einscharfung des Gebots. V. 23 f. Die heiligste Handlung soll unterbrochen werden, um sich mit dem Bruder, dem man AnlaB zum Zorn gegeben hat, auszusohnen. Der Fall, durch den dieser Gedanke veranschaulicht wird, ist aus dem Leben gegriffen. Die Darbringung des Opfers war der Act, in. welchem der Israelit Gott nahte, um seiner Gnade sich: zu erfreuen. 'Eav JCQO~
Matth. V, 26. 27.
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Glaubiger zu befriedigen oder sich mit ihm abzu.finden. rnxú schnell, ohne Saumen, wird durch groe; orov sl xr2. naher bestimt: 'bis dahin daB =so lange du mit ihm auf dem Wege (zum Gericht) bist, damit du nicht dem Gericht übergeben und ins Gefüngnis geworfen werdest. vnr¡QÉTr¡c; der Gerichtsdiener, bei Luk. in der Parallele 12, 58 n(!áxrroQ d. i. der Gerichtsexecutor. Die Erwahnung des vnr¡(!ÉTr¡c; gehOrt zur Darstellung des Actes. Das Futur {32r¡ft~ú?J kann noch von µ~nou abhangig sei.n oder auch selbstandig gefaBt werden, wodurch die Drohung an Nachdruck gewint; vgl. Winer S. 468. In dem ov µ~ 8gü8·?7c; ... groe; áv xú. ist nicht die Moglichkeit der endlichen Bezahlung der Schuld angedeutet, sondern nur der uttimus rigor legis gedroht. Im Gefangnisse ist eine Tilgung der Schuld nicht wol moglich. XOOQCÍ.JJTr¡c; der romische quadrans) )'4 As' die kleinste rom. Kupfermünze, kaum mehr als einen Pfennig, nach Mrc. 12, 42 zwei lsnTá (Heller) betragend. DaB Jesus mit dieser Mahnung keine bloBe Klugheitsregel für das bürgerliche Leben ge ben will, wie Chrysost., Theophyl., Euthym., Zmingli u. Paul. sie gefaBt haben, ist so einleuchtend, daB es keines Beweises dafür bedarf. Erkent man den parabolischen Charakter der Rede an, so erledigen sich auch die Bedenken, welche Neand. u. Bl. von der Voraussetzung aus, daB die Worte eine bloBe Klugheitsregel enthalten, gegen ihre Ursprünglichkeit in diesem Zusammenhange erhoben haben. -- Bei der Uebertragung der paraboli· schen Rede auf das ethisch-religiüse Gebiet ist der Zusammenhang und Zweck derselben fest im Auge zu behalten, und dogmatisch daraus weder mit den katholischen Auslegern ein Beweis für das purgatorium zu entnehmen, noch mit protestantischen Ausll. für oder wlder die Lehre von der Apokatastasis zu argumentiren. Der Richter ist Gott; auf dem Wege rnit dem Widerpart zum Gericht ist der Mensch, so lange er auf Erden lebt. Das Gericht tritt ein nach dem Tode (Hebr. 9, 27). ·Die Erwahnung der (j)Vlax~, in welche der Schuldner geworfen wird, und das Herauskommen aus dem Gefangnisse nach Bezahlung der Schuld, gehürt zur Bildrede; daher darf weder (j)Vlax~ nach 1 Petr. 3, 19 vgl. 2 Petr. 2, 9 auf den Scheol als Mittelzustand bezogen, noch aus dem groe; anoowc; xú. eine Erlüsung aus diesem Zustande und eine Aufhebung der St~afe gefolgert werden. j V. 27-32. JJas Verbot des Ehebruchs nebst einer Erktarung über Ehescheidung. -- Wie im Dekaloge folgt hier nach dem Verbote des Todtens das des Ehebruchs, einfach nach Ex. 20, 14 angeführt. role; ªQXaÍOtc; hinter s(/(}NJ-r¡ fehlt in samtlichen alteren Codd. und ist von Beng., Griesb., Lchm. u. Tisch. aus dem Texte weggelassen, wie v. 38 u. 43. Mit syro 08 Uyw tritt Christus auch hier nicht dem alttestamentlichen Gebote, sondern der unter den Juden gangbaren Auffassung d. h. Beschrankung desselben auf die That entgegen. Zwar ist schon im Dekaloge auch das Begehren nach dem Weibe des Nachsten verboten; und auch bei den Rabbinen finden sich Aussprüche, welcbe sogar das Ansehen eines Weibes des anderen als Sünde bezeichnen, aber doch uur, um der Thatsünde vorzubeugen (s. die Stellen u. ihre Erorterung
av
11 *
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Matth. V, 28. 29.
bei Thol.); denn im Allgemeinen wurde das Verbot des Ehebruchs auf die !l.uBere That bezogen. Dagegen erkfürt der Erloser: ,,Wer ein Weib anblikt, um ihrer zu begehren, hat schon Ehebruch mit ihr getrieben in seinem Herzen." yvvalxa ohne n!l.here Bestimmmung ist nicht auf das Eheweib zu beschr!l.nken, sondern mulier, eine Person weiblichen Geschlechts, gleichviel ob verheiratet oder unverheiratet (Jui:J.gfrau oder Witwe). Das Unsittliche des fJJ..bmv liegt in :ll:QOr; 7:0 á:ntf}vµfíúat w7:1]v, in der Absicht, ihrer zu begehren; denn :nQÓr; c. injin. der Verba, die eine Handlung des Menschen ausdrücken, hat immer finale Bedeutung, womit das unabsichtliche Anblicken ausgeschlossen ist. s:ndJvµelv ist nicht das Wünschen und Verlangen, sie zu ehelichen, sondern das wollüstige Begehren zur Befriedigung der Fleischeslust. Dieses nent Christus µotxeveiv, weil der Mann dem Contexte zufolge als Ehemann gedacht ist. Bei einem unverheirateten Manne w!l.re es :noQveveiv, denn µotxeveiv und :noQvrueiv unterscheiden sich wie species und genus. Dieser sprachlich ganz feststehende Unterschied ist nicht zu verwischen. Von der :nOQVcla sieht Jesus hier ah, weil er den Begriff der µotxEla nicht verallgemeinern, sondern nur zeigen will, was zur Erfüllung des in Rede stehenden Gebotes gehOrt. Der Nachdruck Ehein seinen Worten liegt auf dem Zusatze 8v 7:if xaQol!¡. bruch im Herzen, wodurch die wolliistige Begierde der Thatsünde gleichgestelt wird. V. 29 f. Die Erfüllung des Gebotes in diesem tieferen Sinne erfordert die li.uBerste Strenge der Selbstverleugnung. So schlieBen sich die Gnomen v. 29 u. 30 an. Das· metabatische oé deutet auf einen verschwiegenen Einwand hin, nli.mlich auf die Entgegnung, daB die aufgestelte Forderung über menschliches Vermogen gehe (vgl. Bue., Grot., Thol. u. A.), Dagegen erklli.rt der Herr, daB ihr nur durch unbedingte Selbstverleugnung zu genügen sei. ,,Wenn dein rechtes Auge dich !l.rgert, so reiB es aus" u. s. w.
wwv -
l'tfatth. V, 29-32.
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bildliche Charakter dieser Gnomen, wonach Auge und Hand nur die für das Wirken und Scbaffen des Menschen unentbehrlichen Organe bezeichnen, wird von den meisten Ausll. anerkant, und laBt sich auch nicht verkennen, wenn man nur erwagt, daB die sündliche Begierde ihren Sitz nicht im Auge und in der Hand, sondern im Herzen (15, 19) hat und durch AusreiBen des Auges und Abhauen der Haud nicht ausgetilgt wird. Steht dieses fest, so ist die buchstabliche Auffassung (von Pricaeus, Fritzsche u. A.) dem Geiste der Lehre Christi nicht entsprechend, und muB jede buchstabliche Anwendung der Worte als Mi13verstandnis derselben und als geistige Verirrung bezeichnet werden. Der parabolische Gebrauch dieser Gnomen erhellt auch aus der Parallele 18, 8. 9. Der Versuch von Achel. aber, unter dem rechten Auge die geschlechtliche Liebe und den intersexuellen Verkehr, resp. die zu dieser Thatigkeit disponirte Seite oder die dazu geschaffenen Organe unsers inwendigen Menschen zu verstehen, bedarf als allegorische Umdeutung keiner ernsten Widerlegung. V. 31 u. 32. Dem Gebote, die Ehe nicht zu brechen, stand entgegen die Entlassunr¿ des y;'eibes m.it einem. Scheidebriefe. Die Einführung dieses Falles mit blo.Bem s{¿i)Hir¡ ohne ~xovaars OTl weist auf s{¿Qf:&r¡ v. 27 zurück und zeigt den Zusammenhang des zu besprechenden Pnnktes mit dem Verbote des Ehebruchs, deutet aber (beachte das os) zugleich auf einen Gegensatz zu jenem Verbote hin. Die Worte: ,;Wer sein Weib enfüi.Bt., soll ibr einfrn__Bcheidebrie~" sind zwar nach IleilL24.,...1 gebildet, aber aus dem Zusammenhang jener Stelle herausgegriffen und als ein Gebot Mose's für den Mann gefaBt, sich von seinem Weibe, wenn es ihm nicht gefiel, zn scheiden, wahrend in @Lll,_8-ª_ti_ Mo.s_e~L2±J ff. diLScheiduJ!g__l!nd das Gehen__des. ~~rfofs_nur als h~kº1nlich~hnt_ist, um durch eine Verordi nung über die Rükkehr des geschiedenen Weibes zu ihrem Manne (ter )leichtfertigen Scheídung zu steuern. S. m. Comm. zu Deut. 24, i ff. u. 'das Weitere hierüber zuMtth. 19, 3ff. a:Jroúráúwv Entlassung, Scheidung, namlich mittelst eines {3í{3J...wv d:Jroúraúíov, n~M"".1~ '"l~'C?. Sch~id~ briefes Deut. 24, l. - Auf eine Widerlegung der oberflachlichen oder irrigen Auffassung HiBt sich der Erloser hier nicht ein, sondern stelt derselben einfach ~ri{~~QA:nscil-a.i,nn:i.g:....v~en der Eh.ti entgegen, wie er sie spater (c. 19) den Pharisaern gegenüber aus der Schrift begründet. ,,Wer sich von seinem Weibe scheidet auBer wegen¡ Hurerei, der macht, daB sie die Ehe bricht, und wer eine Abgeschie-r dene freiet, der bricht die Ehe." IIar¿FxrÓq, komt bei den griechischen; Klassikern nur Geopon. 13, 15, 7 vor; im N.T. auBer hier Act. 26, 29 als Prapos. u. 2 Kor. 11, 28 als Adverb, bei Aquil. ad Deut. 1, 36 u. in Test. XII Patr. - J...óyoq, hier r;a;ti.o: auBer dem Gr_unde_der_füuerei µotxifo{}ai med. Ehebr_i:ic_!i_J_~n, sowol vom Manne als vom Weibe gebraucht. xor¿vsla ~' fleischli&b_e_JJ~schle@IB_vermischung mit 8-inem_~_heiraj;eten ~ unver~atfilen Manne, ist weder auf Hurerei vor der Ehe (Paul., Gratz) zu beziehen, noch in omnis modus imminutae pudicitiae (Gro t.) zu verallgemeinern, noch auf geistige Hurerei
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Matth. Y, 32.
(Gotzendienst) auszudebnen. Alle diese Deutungen sind gegen den Context, welcher die Beziebung der W orte auf die ~treue. !!fil:...El'.1\11....@gen ~~.!!!!...!fil..];~~ fordert. Diese Untreue nent Christus XOQVEía, um die Sünde nach ibrem unsittlicben Cbarakter zu bezeichnen. IJotél av7:i¡V µotxsvff-iívm cr macbt d. h. "W._l'!!.llla.Gi,-daJl s1ª..J:h~bruch trfilht-0.der_Eh~wird - insoferª-ª18 das :W..eih durch d_ie~ch.eidung . in die_1Me versezt JYird wieder~.atfilJ,. Zur Ebcbrecberin wird sie aber dadur:gJ;urnr, wenn diJLf:rfi}ler.a..:Eh._e, nach gottlicbem Rechte µkht...~t, sondern als noch fortbestehend z.u denken ist. Von der Anscbauung der !Infil¡flosbarkeit der Ehe aus führt die Entlassung des Weibes oder die Scheidung zum Ehebrucb, ~.enm~-OU-F..all, 4_aB das W eib durch JIO(!V8Ía-die...Ehe-1acti.sch g~~gill:ien hat. Einen Grund zur Scheidung bietet also die :rIQQ.VEÍa !!YI. weil sie ein factis.clle.a.Zerrei Ben des..Eh~.Jst.. Die Anerkennung dieses Falles aber ist [email protected]_~1LlieJlt..e.n, daB dem Manne .odl.a.~tm werde, sein Weib, das sich der JCO(!VEÍa scbuldig gemacbt, zu entlassen. Die Worte b~gen nur, @.lLJir.Jr.eine.-S.ünde-gegruL.die...gO.tt~-~duuu~eht, wenn er sein derJ!nr.cxei-schuldige~ ~lliliiJit DaiñTtist ihm aber Jlicllt_yerwehrt, seinem W eibe, W,Bnn es die begangene Sünde bereut, ibn l_!!!LYfil:gfil¡_y_ng_hitte,t und ebeliche Treue für die Folge gelobt und aucb hii.lt, die Sünde z~ll.b.en und djitEh.a .!filt ibr fortzusetzen. Dieser Fall wird auch dÍÍrch den folgenden Ausspruch: ,,wer einc Entlassene (~) freiet, treibt Ebebrucb", nicht ausgeschlossen. Denn dxo2r:).vµiivr¡v kann I).icbJ;...a.uf-das-"eig-ene W eib, das :TWQVEÍa getrieben, bezo gen werden, weil dieses der Mann nicbt entlassen bat, sondern ist ein wirklich entlassenes, v~e geschi~~~l!~Y eib. Fraglicb kann nur sein, ob un ter dxo2s2vµiivr¡v auch das entlassene, frühere Ebeweib des Mannes mitbegri:ffen ist, so dall der Mann, der von seinem W eibe wegen XO(JVEÍa sich geschieden hatte, wenn er dasselbe nach der Entlassung im Falle eingetretener Besserung wicder ehelichte, sich der µoq..éÍa schuldig machen würde. Auf den Wortlaut gesehen, kOnte das Fehlcn jeglicher naheren Bestimrnung des dJCo2é2vµivr¡v dafür zu sprechen scheinen; aber schon das raµ~ar¡, welches ~i..t~~utet, spricht dagegen. Ma.B1gebend für diesen Fall war d~Q~z, welches die Rükkebr der igcschiedenen Frau zu ihrem l\fanne nur in dem Falle verbietet, daB 1die Geschiedene einen andern Mann geheiratet hatte und entweder 1nacb dem Todo dieses anderen Mannes odcr nach erfolgter Scheidung von demselben, mit dem ersten Manne eine neue Ebe anknüpfen wolte (Deu_b_~-{l. In dieser Verordnung ist der Fall, wenn das geschiedene Weib nicht wieder geheiratet hatte , o:ffen gelassen, und aus dem Grunde des Verbotes, daB das geschiedene Weib durch Verheiratung mit einem anderen Manne verunrefüigt worden sei (Deut. 24, 4), zu entnehmen, daB, wenn solche Verunreinigung nicht stattgefunden d. h. die Geschiedene nicht einen anderen. Mann geheiratet hatte, die Wiederaussobnung mit ihrem Manne um die Ehe mit ihm fortzusetzen, keine Sünde sei. - :QM._Jieil:fil.filL_ei,Q(:)r__fres.cbie-®nen--Cl'.klarL aher
Matth. V, 33.
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.Qbris.iJis..Jitt.Eh.cluw:h, weil der dieses thut sich mit einer Person vermischt, ~ie nac}LgQ_ttlichem.J3,~e__dfo..EhefraJJ. ein,_~~p1_ere11.Wt. So richtig Meyer, aber mit der unrichtigeu Folgerung: , daB mit dno2s2vµÉvr¡v eine unrechtmaBig, also picht Ehebruchs halber Entlassene gemeint sei, verstand sich nach der ersten Vershalfte von selbst'. Diese Folgerung würde nur dann begründet sein, wenn in der ersten Vershalfte die Entlassung des Weibes wegen Hurerei geboten oder dem Manne zur Pfiicht gemacht ware. Aber mit Anerkennung der :JW(!VSia als Scheidungsgrund, welcher dell.\J.\[ann keine Verschuldung zuzieht, ist der Jiu1·ch-4i~--Sünde_ilei:..Erau bewirkte Bruch der Ehe nichtals_ Recll.L~DLGo.tt.!J.Jterk~gt. Durch
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Matth. V, 34.
u. Phi lo de special. legg. p. 770. Diesem zwiefachen MiBbrauche des Eides tritt Christus v. 34 f. entgegen mit dem Worte: ,,Ich sage euch, ihr solt allerdinge (d. h. g!J'.]1!_1!n_d...gartnJGJAff-fF..p.t~~; noch bei ~em Himmel .... solst du schworen." Der Infin. µr¡ oµoaai hangt von J..syro ab und gewint dadurch die Bedeutung q~sJl'J,llleratiu. Zu den folgenden mit µñrs, µñu eingeführten Satzen folgt das Verbum óµóar¡g in v. 36. Im ersten Satze verbietet. Jesua iiberhauptalles.B.clJ,ivJi~n. In dem oJ..c.og ganz und gar Iiegt die Antithese gegen die beiden Satze v. 34. Nicht blos das falsche Schworen, sondern auch das wahre, apfrichtige Schworen bei Gott, welches dem á:aoowastg o{ zu Grunde Iiegt, soll bei den Jüngern Jesu nicht statt:finden. Fraglich bleibt aber hiebei noch, ob blos die Schwüre des gewohnlichen Lebens oder auch zugleich die Eide vor Gericht verboten werden. Die Entscheidung hierüber hangt ab von der Auffassung der mit µ~u eingeführten Specialisirung der Eidschwüre. Fa6t man µñú: - µ~u in seinerursprüngIichen partitiven Bedeutung im Unterschiede von dem adjungirenden µr¡o{, so ware in diesen Satzen nur das µ~ óµóaat oJ..c.og specialisirt, also nur das Schworen bei Creaturen, nicht aber auch der Eid bei Gott untersagt, also nur das mit der Ehrfurcht gegen Gott streitende Schworen des gemeinen Lebens. So Luth., Calv., Bengel u. v. a. bis auf Erv. u. Keim herab. Hiernach bestimt Thol. den Sinn von Christi Gebot so: ,Iiicht nur des Meineids solt ihr aus Ehrfurcht gegen Gott euch enthalten, sondern des Schworens überhaupt - solchen Schworens, wie ihr es im gewohnlichen Leben ungestraft meinet üben zu konnen'. Dafür la6t.filct.b.$cltend.,machen, daB Christus selbst vor Gericht geschworen hat 26, 63 J., ferner daB im Folgenden der Eid bei Gott nicht mit aufgeführt wird, und da6 Christus durch ein unbedingtes Verbot des Eides in eine hiichst befremdende Opposition gegen die alttestamentliche Ansicht vom Eide treten würde, da im A. T. ja der Eid bei Gott geboten wird Ex. 22, 10. Deut. 6, 13. 10, 20 und ein Kennzeichen der wahren Gottesverehrer ist, Jes. 19, 18. 65, 16. Jer. 4, 2 u. a. Aber von diesen Gründen ist keiner von entscheidendem Gewichte. So richtig namlich irri allgemeinen der Unterschied zwischen µñ --- µñ-cs und µñ µr¡rJ{ ist, da1l ersteres die einzige Verneinung spaltet, lezteres Verneinung an Verneinung fügt, so ist dieser Unterschied doch weder bei den Klassikern noch im N. Test. streng durchgeführt, und µñ - µñ-cs wird auch gebraucht, wo das zweite O:Iied an das erste nur ~~r~~~tj~t;_ vgl. Kühne1· II, 828 f. u. Winer S. 454 f. 1 Hiernach kann man mit Mey. übersetzen: ,ihr soltüberhauptnicht schworen; noch(insbesondere) 1) So lilfü sich z. B. in Apok. 9, 21: xal ov µeuwór¡uav Ex -,;wv rp_Óv(J)v av7:wv ol:-,;s EX -,;wv
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Matth. V, 34-36.
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bei dem Himmel u. s. w.', da, falls o,uÓúcu 82ror; nur die nachher einzeln erwahnten Schwüre nmfassen solte, das Schworen bei Gott, also der Hauptschwur fehlen würde. Dieser darf nicht fehlen, und ist nur deshalb nicht besonders aufgeführt, weil er in oµóacu 82ror; inbegriffen ist Hatte Christus den zu den Alten geredeten Worten nur das Verbot der Eide des gemeinen Lebens entgegengestelt, so würde er zu den alttestamentlichen Geboten nur einen Zusatz, der den Kern jener Gebote, den Schwur bei Gott gar nicht berührte, gegeben haben, wahrend er bei allen andern Geboten den Kern erfaGt und zeigt, wie ihre Erfüllung sich nicht auf das auBerliche Thun beschranken darf. AuBerdem hatte 82ror; keinen Sinn, wenn Jesus den Schwur bei Gott nicht berührt hatte. µ~ oµóaat olror; l¡j,Jttsic].iin.diesem Zusammenhange, in welchem nicht blos von den unbedachten Schwüren des gewohnlichen Lebens, sondern vom falschen Schworen überhaupt die Rede ist, ün Gegensatz gegen Meineid und Eidbruch l}J!rJt.ls Yerhptj13.gli,clrnu.SclwoI.res verstehen, so da6 in 82ror; oµÓaat der Eid bei Gott nicht nur mitbegriffen, sondern hauptsachlich gemeint ist. Endlich mit dem schlechthinnigen Verbote des Schworens laBt sich auch die Thatsache, da6 Christus selbst vor Gericht schwort (26, 63 f.) und auch Paulus Ofter Gott zum Zeugen der Warheit anruft (Rom. 1, 23. 11, 31. Gal. 1, 20 u. a.) vereinigen, wenn man nur erwagt, da6 die Gebote Jesu seinen Jji,ng_entz~lt~ll!J.114 ª~~ ZieL[\,J+~ªl?F.eghen, dem dieselben nachzustreben haben und insoweit ideale Forderungen sind, als ihre ycüle Edüllung erst mit. der Ueberwindung .der .Sünde.. erreicl:lt):V:fü:4e11J>ann. So lange die Gemeinde.Christi nicht nur der gottentfremdeten Welt gegenübersteht, sondern auch in ihren Gliedern noch mit der Sünde zu kampfen hat, kann.dJe Erfüllungdieser AussprJiche Christi nur angestrebt, ,q,Lsht aber als au6erliches Gebot zum Gesetze erhoben werden. Die Anabaptisten, Mennoniten und Quaker, welche den Eid unbedingt und ausnahmslos verwcrfen, verkennen den Geist der W orte Christi, indem sic den Buchstaben festhalten. Die Schwüre bei dem Himmel, bei der Erde u. s. w. waren unter den Juden sehr verbreitet, galten aber nicht vor Gericht (s. Maimonid es, Constit. de jurejur. c. 12 §. 3; Selden de Synedr. JI c.11 p. 303 ss.), und wurden auch von den Pharisaern nicht für verbindlich gehalten Mtth. 23, 16 ff. Dagegen weist Christus nach, daB auch diese Schwüre Eide 1Jei Gott seien. oµvvEtv ~v ron u. EÍr; rt ist hellenistisch, nach dem hebr. ~:!11%/~;; bei den Griechen wird o,uvvstv entweder mit xará nvor; oder mit dem accus. (Joh. 5, 12) verbunden. Der Himmel ist Gottes Thron, die Erde seiner FüBe Schemel nach Jes. 66, 1, d. h. Gott erfült mit seiner Allmacht Himmel und Erde allgegenwartig, so daH sie nur durch ihn Bestand haben und die Schwüre bei denselben sich auf Gott beziehen. Auch Jerusalem hat nur Bedeutung als ein heiliges Object, das man beim Eide als Pfand der Warheit seiuer Aussage einsetzen kann, dadurch da6 sie die Stadt des (nicht: eines) gro6en Konigs d. i. i11!!y.x's ist, vgl. Ps. 48, 3. Eben so wenig kann der Mensch mit seinem Haupte für die Warheit seiner Aussage haften, weil er nicht
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Matth. V, 37.
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einmal im Stande ist, die Farbe saines Haares zu andern, ein weiBes Haar schwarz oder ein schwarzes weiB zu machen. Von Haarfürben ist natürlicJ:¡ nicht die Rede, sondern Veranderung der Natur des Haares gemeint: Wer also bei seinem Haupte schwort, der schwort bei Gott, der das Haupt gescha:ffen hat. - V. 37. Statt mit einem Schwure soll der Christ sein~e Rede mit Ja und ~ein lie!u:J,ifügen. ,,Eure Rede soll sein: ja, ja, nein, nein." Die Wiederholung des val und oí> dient zur Verstarkung.1 To ó's :JU3Qt
1) Irrig erkHirt Beza nach Jak. 5. 12: Euer Ja sei ja, euer Nein nein Denn dort ist der Wortlaut ein anderer, obwol der Gedanke derselbe, und nicht, wie Zwi-ngli, Gi·ot. u. A. erkHiren: euer Ja sei ein uuverfülschtes, wahrhaftes Ja, eiu Ja der That, oder: das Ja und Nein des Mundes soll der Gesiunung des Herzens entsprechen, aufrichtig sein (Stier), woraus dann Hilg_enf u. A. folgern, da!1 clies die ursprüuglicheForm des Ausspruches sei, wogegen Matth. wieder eineschwurii.hnliche Versicherung einzuführen versuche. Aber diese Deutung legt bei Jakobus wie bei Matth. einen dem Zusammenhange fremden Gedanken in die Worte. - Auch 'l'lwl. erkent an, da11 Jakobus das Wort des Herrn mit einer kleinen Modification citirt habe. J ak. richtet seine W arnung gegen solche Christen ,denen es nicht genügt, einfach mit Ja und Nein zu sagen, was ist und was nicht ist, und es darauf ankommen zu lassen, ob man ihnen glaubt und ihr Wort gelten lii.11t, weil es ihnen an der christlichen Gelassenheit fehlt, die nicht den Menschen abzwingt oder aufzwingt, was Gotte anheimzustellen ist' (v. Hufm. die h. Schrift des N. Test. VII, 3 S. 135). Daraus also. da11 Jakobus das Schworen bei dem Himmel und bei der Erde und andere solche Eide verbietet, Hi.11t sich nicht schlie11en, da~ auch Christus in vorliegender Rede nur diese Eide des gewohnlichen Lebens untersagt habe.
Matth. V, 38.
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ten Bedenkens nicht aus. Von dem Eide überhaupt oder dem Eide an und für sich redet Jesus nicht, sondern von dem Gebrauche des-Eid!l!l untQf,.~~¡um:i~·Jttiage.ui, Die Jünger befanden sich aber noch nicht auf der Stufe sittlicher u2StÓr:r¡c;, da.B ihnen der Eid überhaupt verboten werden konte. Und diese Stufe wird auch nicht eher erreicht werden, als bis die Sünde ganz abgethan ist. Alsdann ist aber auch eine Wiederaufrichtung der früheren Stufe nicht zu besorgen, da.B eine W arnung vor solchem Rückfalle am Platze oder überhaupt notig ware. Noch weniger ist die Exception des Eides bei Gott von dem Urteile sx rnv xovr¡Qov, weil er auf dem gottlichen Gesetze beruhe, geeignet, den beregten Ansto.B zu beseitigen, weil diese Exception dem Zusammenhange, wo Christus seinen Jüngern das oµóoat o2coc; verbietet, fremd ist. Und wenn der Eid auf dem Standpunkte der x2~(JCO
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Matth. V, 39. 40.
lieben wie sich selbst Lev. 19, 18, und in den Sprüchen 24, 29 heiBt es: ,,Sprich nicht: wie er mir thut, so will ich ihm wieder thun; ich will jeglichem vergelten nach seinem Werke." Die Pharisaer aber machten die dem Richter zur Pflicht gemachte Norm der Gerechtigkeitspflege zur Richtschnur für das Verhalten gegen den Nachsten; freilich nicht in dem Sinne, daB sie die Ausübung des Rechtes der Wiedervergeltung jedem Privatmanne vindicirten, womit sie zu offenbar gegen das Gesetz verstoBen haben würden, sondern so, daB sie lehrten, der Beleidigte oder Geschadigte solle sein Recht streng gelt~nd machen und bei der Obrigkeit suchen. Dies muE man, obschon anderweitige geschichtliche Zeugnisse hiefür fehlen, aus dem schlieEen, was der Erlüser dem: ,Auge mn Auge u. s. w.' entgegensezt, daB namlich der Jünger Christi, freí von aller Vergeltungslust durch selbstverleugnende und aufopfernde Liebe das Bose überwinden sol!, v. 39--41 vgl. 1 Kor. 6, 7. Denn diese Antithese richtet sich nicht gegen das Gebot als solches, sondern nur gegen lieblose Anwendung desselben. - V. 39. In dem Satze: ,,dem Bosen nicht zu widerstehen" ist fraglich, ob r~o xovr¡Qcp mascul. oder neutr. sei. Sprachlich und sachlich sind beide Annahmen zulassig. Auch der Gegensatz: d22' oow;; xd. fordert die mascul. Fassung nicht notwendig. Doch.liegt dieselbe naher; nur darf man dann nicht an den Teufel (Ghrys., Theophyl.) denken, sondern nur an bose Menschen (Bl., J1'fey.) wie v. 45; wahrend August., Luth., Calv. Em. u. A. sich für das Neutrum: dem Argen = dem Unrecht nicht zu widerstehen, entschieden haben. dvuúr~vat Widerstand leisten, Boses mit Bosem vergelten wollen Rom. 12, 21. - V. 39ff. Wie dagegen der Christ dem Bosen widerstehen soll, zeigt der Erloser an drei Beispielen. Freí von jeder Rachgier und Vergeltungssucht soll er mit Liebe, die alles duldet und vertragt (1 Kor. 13, 7), das Bose überwinden. In den drei genanten Fallen handelt es sich nach Thol. um Verletzung von Leib, Eigentum und Freiheit,nach Achel. beim ersten um die Ehre, beim zweiten um ein (materielles) Gut, beim dritten um die Zeit, und um die Verpfüchtung zu leiden, zu geben und zu thun. Die Beispiele sollen zu einander im Verhaltnis der Antiklimax stehen: die Verletzung der Ehre pflege man tiefer zu empfinden und eher zu rachen als den Verlust eines materiellen Gutes, diesen für hüher zu taxiren als eine Inanspruchnahme der Zeit. Diese Unterscheidung halten wir für richtiger, nur die Annahme der Antiklimax nicht für begründet. Die Erfüllung des im dritten Beispiele genanten Ansinnens kann die Liebe auf eine schwerere Probe stellen als Beleidigung und Entziehung eines Eigentums. GewiB ist soviel, daíl der Backenstreich nicht als Leibesverletzung, sondern als Beschimpfung in Betracht komt, vgl. 1 Kg. 22, 24. Klagl. 3, 30. Hi. 16, 10. Neh. 4, 14. Joh. 18, 22. 19, 3. Diese Beschimpfung soll der Christ dadurch überwinden, daB er in selbstverleugnender Geduld auch die andere Wange zu einem zweiten Schlage darbietet. Die rechte Wange ist zuerst genant, obwol der Schlag am natürlichsten zunachst die linke trift, weil das rechte Glied für wichtiger als das linke galt. In v. 40 ist X(!t.0-~vat rechten vor Gericht,
Matth. V, 41. 42.
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vgl. 1 Kor. 6, 1. Rom. 3, 4; so schon Vulg.: infudicio contendere, nicht: auBergerichtlichen Streit anfangen (Beza, Grot., de W. u. A..). Aa{3élv durch ProceB wegnehmen; anders in Luc. 6, 29 aÍ(!Stv gewaltsam wegnehmen, rauben, daher zuerst das l,uánov, dann den xcr:cóv. Denn xruóv = n~t"l:J¡ tunica, Leib~ock, wurde von dem gemeinen Manne iµánov (n?r.¡Íl/, .,~~) ist gewohnlich auf dem bloBen Leibe getragen; das mantelartige Obergewand, welches den Armen zugleich als Schlafdecke diente, Ex. 22, 25 f.; vgl. m. bibl. A.rchaol. §. 102. Selbst das Unentbehrlichste soll der Jünger Jesu hingeben, um den Bosen zu begütigen. Diese beiden Falle beziehen sich auf Erleiden des Unrechts; die in v. 41 u. 42 folgenden auf unbillige Forderungen. 'Ayya¡;>svm ist aus dem Persischen ins Griechische, Lateinische (angariare) und Rabbinische (vgl. Buxt. Lex. rabb. p. 131) übergegangen. áyya(!Ol hieBen die reitenden Eilboten, welche stationsweis im ganzen persischen Reiche in Bereitschaft gehalten wurden, um Befehle des Konigs in die Provinzen und Botschaften anden Konig zu bringen (ein A.nfang des Postwesens). Diese konten Menschen, Vieh und Geschirre zur Forderung oder Beschleunigung ihrer Reise requiriren; vgl. Herod. VJIJ, 98 u. P. de Lagarde, gesammelte A.bhdll. S. 184. 'Ayya(!&VSlV zunachst: als áyyaQOf; brauchen, dann jemand zu Botendienst zwingen. µl2wv die rom. Meile = 1000 Schritt- 1,5 Kilometer. Solche egoistische A.nforderungen und Zumutungen soll der Christ durch bereitwillige zwiefache Leistung des Geforderten überwinden. - V. 42. Ueberhaupt soll er auf jede Vergeltung verzichten. Dieser Gedanke vermittelt den Zusammenhang dieses V. mit dem Vorhergebenden. 1 ,,Gib dem der dich bittet, und wende dich nicbt ab von dem, der von dir borgen will." Das Bitten auf unberechtigtes Bitten zu beziehen (Thol.), zu dieser Beschrankung der Sentenz liegt eln triftiger Grund nicht vor. Dem armen Bruder zu geben, dazu wird · scbon Deut. 15, 7 ermahnt, und dem in Not und Bedrangnis gekommenen Bruder zu leihen ohne Zinsen, wird in Lev. 25, 35 geboten. Christus verlangt mehr von seinen Jüngern, indem er ihnen das Geben und Leihen ( ohne Beschrankung auf den Bruder oder Volksgenossen) zur Pfiicht macht, wobei nach dem mos. Gesetze oavíaaú{}at ohne A.nspruch auf Zinsen zu denken ist. Von der Befolgung und Durchführung dieser Gebote gilt im allgemeinen das zu den Verboten der Scheidung und des Eides Bemerkte, im besonderen aber noch, daB die angeführten Falle nur beispielsweise genant sind, als concrete Veranschaulichungen des Gedankens, daB der Jünger Jesu nicht nur den Bosen gegenüber, sondern in seinem ganzen Verhalten gegen die Mitmenschen sich nicht von Gedanken der Wiedervergeltung leiten lassen, sondern durch selbstverleugnende Liebe das Bose mit Gutem überwinden soll. Diese Liebe soll maBgebend sein,
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1) Der Meinung, da~ dieser Vers hier nicht ursprünglich sei, steht Luk. 6, 30 entgegen, wo er in demselben Zusammenhange sich findet. Und Ewalds Conjectur, zwischen v. 39 und 40 einen Aussp1mch über das Verbot des Stehlens, der in der urs rünglichen Spruchsammlung gestanden habe, einzuschalten, hat schon Mey. mit triftigen Grüncleu abgewiesen.
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Matth. V, 43.
und sie muB lehren, wann, wo und wie die einzelnen Vorschriften buchstablich zu erfüllen sind. Eine unbedingte Befolgung derselben würde nicht salten den Bosen in seiner Sünde bestarken. Aber nicht allein der MiBbrauch der Liebe vonseiten des Bosen zieht der buchstablichon Befolgung Schranken, sondern auch die Rücksicht auf die got.tliche Ordnung des bürgerlichen Gemeinwesens, die dadurch nicht geschadigt werden darf.1 Die Beziehung dieser Worte auf die Obrigkeit und deren Pfücht, dem Bosen nach seinem Thun zu vergelten, wird durch den Zweck der Rede ausgeschlossen. Auch in diesem Stücke will Chris,tus das mos. Gesetz weder aufheben noch corrigiren, wie die Socinianer meinten, sondern nur die rechte und vollkommene Erfüllung desselben lehren. Das mosaische Gesetz ist für Sünder gegeben. So lange Sünde herscht, muB die Obrigkeit das Strafamt üben, um der Bosheit zu wehren; aber die Sünde überwinden kann das Gesetz nicht; das v()_rmag nur die Liebe, die aus dem Geiste geborene heilige Liebe. W enn die Kirchenvater in dem ,,Auge um Auge u. s. w." den Standpunkt des vergeltenden Gesetzes im Gegensatz zu der Gnade ausgedrükt fanden, so lag dieser Ansicht die Warheit zu Grunde, daB die selbstverleugnende und duldende Liebe nur durch Erfahrung der gottlichen Gnade im Herzen gewonnen werden kann. Diese Liebe aber ist des Gesetzes Erfüllung, indem sie die Gerechtigkeit aufrichtet, welche durch das Gebot: Auge um Auge angestrebt werden solte. V. 43-48: JJas Gebot der Feindesliebe. Vgl. Luc. 6, 31-36. Das Gebot: ,,du solst deinen Nachsten lieben" findet sich Lev. 19, 18, mit dem hier weggelassenen Zusatze: ~ir.i~ ,,wie dich selbst". 'O :rt2r¡ulov uov (~~'J) ist der Nebenmensch, der Volksgenosse, mit dem man im Verkehr steht. Der zweite Satz: ,,und deinen Feind hassen" findet sich nirgend im A. T., freilich auch nicht das bestimte Gebot, den Feind zu lieben, sondern nur die Vorschrift Ex. 23, 4. 5. Deut. 22, 1-3 sich des Viehes des Feindes und Hassers anzunehmen, damit es demselben nicbt verloren gehe, die sich aber auch nur auf Israeliten und in den israelitiscben Volksverband aufgenommene Fremdlinge bezieht. Die Pharisaer legten nun darauf Gewicht, da.B das Gesetz nur von den Yolksgenossen handle, also die Nichtisraeliten oder Heiden ausschlieBe, und zogen bieraus unter Hinzunabme der Vorschriften über die Ausrottung der Amalekiter (Deut. 25, 17-19) und des Verbotes der Aufnahme der Ammoniter und Moabiter in die Gemeinde des Herrn, mit dem Zusatze: ,,du solst deren Heil und Wolergeben dir nimmer angelegen sein lassen" (Deut. 23, 4--7), die Folgerung, daB man den Heiden als Nationalfeind hassen solle oder dürfe (da das futur. µw~aw; sich permissiv fassen lii.Bt, wie das bebr. Imperf.; vgl. Ewald, ausf. Gramm. §. 136ª u. Winer, Neutestl. Gramm. §. 43, 5). Das xat µw~uw; i-. sxJf. aov ist nicbt eine von Jesu aus der im A. T. gelebrten Scheidung und AbschlieBung Israels von den Weltvi.ilkern gezogene Folgerung (Bl., l,Veand. 1) Dies wird schon von Luther. sehr entschieden hervorgehoben, dal1 der Christ, wiefern er zugleich Vater, Nachbar, Unterthan ist, das Recht so ihm aufgetragen ist, wahren soll. S. die Belege hiefür bei 'l'holuclc S. 292.
Matth. V, 43.
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u. A.), sondern rabbinische Ausdeutung des Gesetzes. Ob übrigens die Pharisaer das Gebot der Nachstenliebe nur auf den Freund beschrankten und Privatfeinde davon ausschlossen, also HaS nicht nur gegen die Heiden, sondern auch gegen die Feinde aus ihrem Volke lehrten, das IaBt sich weder aus dem Zusatzc xal, µta~aw; xi-2. noch aus der Entgegnung Jesu mit Sicherheit schlieSen, ware aber ihrer Beschrankung des Gesetzes auf den Buchstaben entsprechend. - Der pharisaischen Deutung der Gesetzesworte tritt der ErlOser entgegen mit dem Spruche: ,,Iiebet eure Feinde - und betet für die, so euch verfolgen", 1 ohne einen Unterschied zwischen personlichen und Nationalfeinden zu machen. Damit hebt er die Beschrankung der Nachstenliebe auf die Volksgenossen und die personlichen Freunde auf (vgl. v. 46 f.) und dehnt die Liebe ni~ht nur ganz allgemein auf die Feinde, Hasser und Beleidiger aus, sondern fordert auch Bethatigung derselben in Wort, That und Gebet (Fürbitte). Falls aber die beiden mittleren Satze des textus rec. v. 44 nicht ursprünglich sind, so findet nur eine einfache Gradation statt. ex&(JOl sind solche, welche feindliche Gesinnung hegen, Ütwxom:sr; die, welche die Feindschaft thatsachlich auSern. Den ersteren soll der Christ Liebe entgegenbringen, die Verfolger durch Gebet zu überwinden und zu gewinnen suchen. - Diese Forderung geht über den Standpunkt des A. T. hinaus. Denn wenn das mos. Gesetz die feindselige Gesinnung gegen den Nachsten verbietet (Lev. 19, 18), und zu liebethatiger Gesinnung gege'h denselben ermahnt, und wenn in der kanonischen Poesie vor Vergeltung, Racbsucht, Schadenfreude gewarnt (vgl. Prov. 24, 17. 29. Ps. 7, 5. Hi. 31, 29) und in Prov. 25, 21 gelehrt wird, den Hasser, wenn ihn bungert und dürstet, zu speisen und zu tranken, so sind das doch nur schwacheAnsatze zur Empfehlung wolwollenden Verhaltens gegen den Feind, die weit zurückstehen hinter der Feindesliebe, welche der ErlOser lehrt und noch am Kreuze geübt hat. Die Kraft hiezu kann der Christ nur aus der Erfahrung der sündenvergebenden gottlichen Feindesliebe in Christo an dem eigenen Herzen schOpfen. Doch gilt auch von diesem Gebote Christi, daB die Uebung desselben ihre Schranke hat an der auf Gerechtigkeit ruhenden gottlichen Welt- und Reichsordnung. Den frechen und verstokten Sündern hat auch Christus mit scharfen Reden die Heuchelei ihres lJ Nach dem text. recept., welchen DEKLMSULfII, etliche Codd. der alten Verss. u. mehrere Kchv. bieten, besteht der Spruch Christi aus vier Gliedern: ,,Liebet eure Feinde, segnet die euch finchen, thut wol denen die euch hassen, bittet für die so euch beleidigen uncl verfolgen." Dagegen fehlen die beiden mittleren Sii.tze: evJ.oyEiT.8 - - 7:0t> µu1ovutv iJµa• in tf(B l. 22. 209, mehreren alten Verss. u. Kchvv., eben so die Worte hir¡(!eaCó11xw11 ÍJµa> xcd in denselben Documenten, und sind deshalb von Lchm. u Ti.~ch. als aus Luc. 6, 27. 28 in den 'l'ext eles Matth. eingetragene Zusii.tze getilgt worden. Die Tilgung der beiden ganzen Satze hii.lt Meyei· für zu kühn, da Luc. 6, 27f. die Sii.tze in anderer Ordnung stehen, Auslassungen aber durch die Homoiotelenta leicht eintreten konten. Aber das Fehlen beider Satze in den zwei altesten Codd. ist doch eine schwer ins Gewicht fallende Instanz, und die Einschiebnng beider Sii.tze aus dem parallelen Texte des Lukas warscheinlicher als das Ausfallen derselben durch Abschreiberversehen.
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Matth. V, 45. 46.
Herzens aufgedekt Mattb. 16, 3. 4. Job. 8, 44 und das Gericbt verkündigt Mttb. 10, 33. 11, 20ff. 12, 34. Eben so die Aposte!, vgl. Gal. 1, 8. 1 Kor. 5, 5. 2 Tim. 4, 14. 1 Job. 5, 16. 2 Job. v. 10. V. 45. Zu solcber Feindesliebe soll den Christen das Ziel seiner Berufung bewegen: ,,auf daB ihr Sobne eures bimmlischen Vaters werdet." Nicbt genau Vulg. u. Luth.: ,auf daB ibr - seid'; denn ylvea{fai ist nie = alvat (gegen Thol.). Unrichtig ist auch die Fassung des yl· vr¡affa als Futur, wonach die künftige Gottessobnscbaft, die Erlangung des künftigen Heils im Messiasreicb gemeint ware (Mey.), und willk,ürlich eingetragen die Unterscheidung von rixva 0-wv und vfol 0-wv, daB sie dxva O-. scbon sind, vfol aber erst durcb Liebe und Gebet werden sollen (Achel., s. dagg. unsere Bem. zu v. 9). Sohne des bimmIischen Vaters sind die, welche die Gesinnung der Liebe Gottes gegen die Menscben nachahmen (vgl. Ephes. 5, 1), in der Liebe Gott abnlich zu werden sich befieiBigen. Darauf weist der folgende Begründungssatz hin: ,,denn er Iallt seine Sonne aufgeben über Bose und Gute ... ", vgl. Act. 14, 17. rov ~2wv av'l'Ov: magnifica appeltatio, ipse et fecit solem et gubernat et habet in sua unius potestate. Beng. Sonnenschein und Regen, die unentbehrlicben Bedingungen für das Gedeihen des irdischen Lebens, sind aus der Erf:;i.hrung genommene Bilder der keinen, auch die Feinde nicbt ausscblieBenden Liebe Gottes, welcber die Jünger Jesu nachstreben sollen. DaB aber, wo diese Güte Gottes verkant und verachtet wird, Gott auch seinen Zorn in Strafgericbten offenbart, davon ist bier abgesehen. - In v. 46 f. wird das Gebot der Feindesliebe begründet durcb ein argumentum e contrario (Me.y.). Christus stelt der Lebre und Praxis der Pharisaer den Satz entgegen: Wenn ihr die liebet, welcbe euch Liebe erweisen, so stebt ihr sittlich nicbt bOher als Z1Hlner und Heiden. Man bat daher zu dyan~
Matth. V, 47. 48. VI, 1..
177
v. 47 hat aú.ná{;sú8'at grü/jen wie ofter auch bei den Klassikern den Nebenbegriff des freundlichen Entgegenkommens. Luther recht gut: ,sich freundlich zu thun'. Tovr; dac2rpovr; vµwv (nach 'l:tBIJZ u. a.), wofür Griesb. rpí2ovr; hat (nach EKLM u. a.), ist nicht auf Verwandte und Freunde (Thol.) zu beschranken, sondern befaBt auch die Volksgenossen mit, wie der Gegensatz oí s-lfvtxol zeigt. Die Ausdehnung des Begriffs düc2rpór; auch auf die Volksgenossen, womit Jesus dem jüdischen Volksparticularismus entgegentreten und Wolwollen auch gegen Heiden fordern würde, steht nicht - wie Thol. meint - in Widerspruch mit der 10, 5. Mrc. 7, 24. 28 von Christo beobachteten nationalen Grenzlinie. S. d~gg. zu 10, 5 u. 15, 24. Für oí sífvtxoí haben Elzev. u. A. nach EKLMS u. a. oí u2wvat (darnach Luth. die Zollner); offenbar aus v. 46 herübergenommen. - V. 48. Summarische SchluBfolgerung aus v. 44-4 7. ,,So solt ihr nun vollkommen sein (eúsú&c imperativisch), wie euer Vater im Himmel vollkommen ist." T/2swr; dem hebr. t:I~~~ entsprechend bezeichnet nicht die metaphysische, sondern die ethische Vollkommenheit; vgl. 19, 21. Rom. 12, 2 u. a. Passend verweisen Bl., ll'Iey. u. A. auf Jak. 1, 4: d2ctot, &v µr¡ücv't 2u:n:óµcvot in keinem Stücke dahinten bleibend. Uebrigens weist eGcúffc d2cl0l áJa.nc(J oder wr; ó :n:a7:~(J xr:l. auf ylvr¡affc Vlol 7:0V JW7:(JOr; vµ. v. 45 zurück, woraus sich ergibt, daB mit d2ctor; nicht die sittliche Vollkommenheit überhaupt, sondern nur in der in Rede stehenden Beziehung, namlich in Bezug auf die Liebe gegen den Nachsten gefordert wird. So schon die Kchvv. u. die meisten spateren Ausll., wogegen der Beziehung dieses SchluBsatzes auf den ganzen Abschnitt v. 20-4 7 (Beza, Calv., Olsh., Bl., Ew., welcher leztere sogar 7, 12 hieher versezt haben will, um an dieser Stelle alle Pfüchten gegen Menschen zusammenzufassen), nicht nur das entgegensteht, daB die Hinweisung auf das Vorbild Gottes wenigstens zu v. 27 ff. u. 31 ff. nicht passen würde, sondern auch der Umstand, da.B die antipharisaische Darlegung der Gerechtigkeit in c. 6, 1-18 noch fortgesezt wird, also ein die ganze Entwickelung der Ütxawavvr¡ zusammenfassender Schlull hier garnicht zu erwarten ist. roGXc(J (Tisch. wr;) bezieht sich dem Contexte gemaB nur auf die ,Gleichheit der sittlichen Modalitat', wie Luth. sagt: ,nach dem Exempel des himmlischen Vaters, der seine Liebe nicht stücket noch theilet', nicht dem Grade nach adaquat, worin die menschliche Liebe der gottlichen niemals gleichkomt, sondern ihr als dem Urbilde sich nur annahern kann. Cap. VI, 1-18 . .Die rechtschajfene und die scheinheilige Ausübung der Gerechtigkeit. Deber den Zusammenhang dieses Abschnitts mit dem vorhergehenden bemerkt Luth.: ,Bisher hat der Herr Christus gestrafet die falsche Lehre und Auslegung der Schrift - und hat dagegen den rechten Verstand der Schrift und Gesetzes gezeigt. Nu 'aber S. 723 sich ausdrükt - sprichwortlich geworden nicht blos in Judaa, sondern im ganzen (romischen) Reiche (Priedléinder Darstellungen aus der Sittengeschichte Roms in der Zeit von August bis zum Ausgang der Antonine. 2. Aufl. Lpz. 1865 ff. Il, 28 f.)'. K eil, Comm. z. Evangel. Matth. 12
Matth. VI, 1.
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greift er, nach der Lehre, auch das Leben an und strafet ihre gute Werk u. s. w.' Damit ist der sachliche Unterschied der beiden von der 6txawavvr¡ handelnden Abschnitte der Bergrede richtig angegeben, nur aber der formelle AnschluB des zweiten an den. ersten nicht mit in Betracht gezogen. - V 1. Nach :Jr()Oq,sxeu hat Tisch. aus '1!.LZ, Minusk. u. Verss. aufgenommen, welches in BPEK u. v. a. fehlt, aber wol nur entweder nach der Silbe u ausgefallen ist, oder weil man seine Beziehung nicht beachtete, weggelassen wurde. Hiernach hat Mey. die Verbindung richtig so gefaBt: ,Diesen Lehren und Vorschriften über die rechte 6txawavvr¡ muB ich aber (:rcQoq,sxeu os seid auf eurer Ílut) eine Warnung in Betreff der Ausübung (nornlv 1 Joh. 3, 7) hinzufügen'. Diese Warnung ist v. 1 allgemein hingestelt und wird von v. 2 an auf die Gerechtigkeitsübung, worauf die Pharisaer vor allem Gewicht legten, angewendet, namlich v. 2 auf das Almosen geben, v. 5 auf das Gebet und v. 16 auf das Fasten, und gegenüber der pharisaischen Scheinübung die rechte W eise der Frommigkeit dargelegt. Wie aber Christus in der Auslegung des Gesetzes (5, 21-48) nur einige Gebote, welche die pharisaische Gesetzesdeutung am starksten verfiacht hatte, beispielsweise bespricht, so hat er auch in der Warnung vor dem pharisaischen Scheinwesen nur die hauptsachlichsten AeuBerungen der jüdischen, bzw. pharisaischen Frommigkeit in Betracht gezogen, um an diesen Beispielen das Scheinwesen in jeder AeuBerung der Frommigkeit zu bekampfen und die rechte Beschaffenheit derselben zu lehren. Ti¡v 6txawovvr¡v (nach 'l!.BJ), Ital. Vulg.) ist unbedingt richtig, gegen die rec. é2er¡µoovvr¡v (nach EKL!VI. u. a.), welche Luth. in seiner Uebersetzung ausdrükt, und bedeutet auch hier: Rechtbeschaffenheit vor Gott (s. 5, 6), freilich nicht die dem heiligen Gotteswillen adaquate religiOs·sittliche Beschaffenheit, sondern die von den Menschen zu erstrebende sittliche Rechtbeschaffenheit, wie 5, 20, nicht: Wolthatigkeit oder Mildthatigkeit. Diese Bedeutung hat weder 6txawavvr¡ im N. T., auch in 2 Kor. 9, 10 nicht, noch Mf??~ im A. Test. t Das Thun, Ausüben dieser Gerechtigkeit soll nicht geschehen ~µ:rcQOuftw u:üv dvftQwxrov in conspectu hominum, mit der Absicht (.nQÓq,) von ihnen geschaut zu werden d. h. um sie vor den Leuten zur Schau zu tragen. Zu El oa µ1ye sed nisi quidem ist aus dem vorhergehenden Satze nQoq,sxe-rn µr¡ :rcornlv . . . in Gedanken zu suppliren: wenn ihr aber wenigstens
os
1) Auch nicht Dan. 4, 24 vgl. m. Comm. z. d. St., und in dem Spruche Mj??~ errettet vom Tode Prov. 10, 2. 11, 4, welcher in Tob. 4, 10. 12, 9: sl.Br¡µouÍJJ1r¡ sie {}avá7:ot! ~VEU
Matth. VI, 2-5.
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nicht darauf Acht habt, so ... ; im deutschen kurz: sonst oder widrigenfalls; vgl. Winer S. 543 u. Kuhner II, 987. Ueber den Lohn bei dem himmlischen Vater s. zu 5, 12. - Aus dieser allgemeinen Warnung werden von v. 2 an specielle Vorschriften über die besonderen Arten der Gerechtigkeitsübung folgerungsweise (o~v) abgeleitet. V. 2-4. Das Almosengeben. ,, Wenn du nun Alrnosen gibst, so posaune nicht vor dir her, wie die Heuchler thun in den Synagogen und auf den Gassen, auf daB. sie von den Leuten gepriesen werden." 'EJ..si¡µoavvr¡ urspr. Huld, Erbarmen, syn. mit éJ..sor;;, in LXX als Uebersetzung von '1t;1r:J Gen. 47, 29. Prov. 3, 3. 20, 28; sodann, und so immer im N. T., ·die Erweisung des éJ..sor;; durch Wolthun und Mitteilung von Gaben, wie das deutsche Almosen. Aus der ursprünglichen Bed. von 82sr¡µoú. erklart sich die Verbindung mit Jrotslv Barmherzigkeit thun (ausüben). M~ aa2xlúyr;; nicht eigentl.: blase nicht mit der Trompete, oder laB nicht vor dir die Trompeta blasen ( Calv., Calov. u. A., welche annahrnen, daB die Heuchler mit der Trompete die Armen zusammengerufen hatten), weil von einer solchen Sitte keine Spur nachweisbar ist und dazu auch 8v ralr;; avvayroyalr;; nicht passen würde; sondern bildlich wie unser ausposaunen in dem Sinne: Gerede und Aufsehen damit machen (Chrysost., Theophyl. u. die meisten Neueren). Hie¡m hat man Cícero epp. ad divers. XVI, 21: te buccinatorem (ore existimationis meae passend verglichen. S1UJC(JOúffÉV úOV erklart Sich aus dem Bilde, daB die Trompete mit ihrem Schalle der Person vorangeht . .2vvayroyal nicht Versammlungen von Menschen an o:ffentlichen Platzen, sondern jüdische Bethauser, in welchen an den Sahbaten Alrnosen für die Armen gesamrnelt wurden; vgl. Light(. hor. ad h. l. u. Vitringa, de Synag. vet. 111, 1, 13. "Axixovút rov µiaffov avrwv sie haben ihren Lohn weg, d. h. bereits empfangen durch den Ruhm oder das Lob, das sie von den Menschen dafür erhalten, also von Gott mit Nachkeine Vergeltung dafür mehr zu erwarten. - V. 3 . .2ov druck vorangestelt und den Heuchlern entgegengesezt. Die RA.: ,,die linke Hand soll nicht wissen, was die rechte thut", ist sprichwortlicher Ausdruck für eine Verborgenheit, durch welche jeder AnlaB zu Ostentation und Selbstruhm ausgeschlossen wird. V. 4. 'O {JU:n;rov 8v rqj X(JVJr'l'qJ der im Verborgenen sieht, ist allgemeine Bezeichnung der gottlichen Allwissenheit ( 8v rqj 'X(JVJr'l'qj steht nicht für ro 8v rq) 'X(JVJr'l'qj). dxooCÓúSt uot wird dir vergelten, nicht erst beim messianischen Gerichte (Mey.), sondern auch schon früher; vgl. Jes. 58, 7 ff. avrór;; vor dxooCÓúSt fehlt in ~BKL u. a.; eben so sv uf5 rpavs(Jp in ~BlJZ u. a., sowol hier als in v. 6; daher von Lchm., Tisch. u. A. gestrichen. V. 5-15. Die rechte Art zu beten. Beim Beten ist jede Ostentation (v. 5 u. 6) und das Viel-Worte-rnachen lV. 7 u. 8) zu vermeiden. Jene Untugend war bei den Juden, diese bei den Heiden sehr verbreitet. - V. 5 f. Für Jr(JOOSVX'IJ, oüx éar¡ haben Lchm. u. Tisch. nach ~BZ u. Verss. Jr(!Oú8'vxr¡affs, ovx Éúsúffs recipirt, da der Singular nur aus der Vergleichuug mit v. 4 u. v. 6 entstanden zu sein scheint. Das
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12*
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Matth. VI, 5-8.
Futur steht imperativisch wie 5, 48. Die Heuchler Iieben in den Synagogen und an den Stra.Benecken stehend zu beten, auf da6 sie den Menschen erscheinen d. h. ihnen in die Augen fallen. Éórwrsr;; gehOrt zu :TC(!Oósvxsaf>at, denn die Juden pflegten stehend zu beten; nur bei sehr inbrünstigem Gebete auch knieend und mit dem Haupte bis zur Erde gebeugt; vgl. m. bibl. Archaol. §. 72. Die Sitte, auf den StraBen stehen zu bleiben und zu beten, bildete sich aus der schon Ps. 55, 8 erwahnten Sitte, drei mal am Tage, wahrend der Darbringung des Morgenund des Abendopfers im Tempel und zur Mittagszeit, zu beten. Zu qiesen Gebetsstunden gingen die Einwohner Jerusalems gern in den Tempelvorhof, um dort ihr Gebet zu verrichten. Die Heuchler nun blieben, wenn sie zur Gebetsstunde sich auf der StraBe befanden,· dort stehen um das Gebet zu verrichten, suchten vielleicht es gar so einzurichten, daB sie zu dieser Stunde sich auf der StraBe befanden. Ueber die Gebete in den Synagogen vgl. Vitringa a. a. O. III, 2, 13 ff. und die rabbinischen Satzungen über Zeit, Ort und Inhalt der Gebete s. im Tractate Berachot der Mischna u. Gemara. Auszüge daraus gibt Schürer, Neutestl. Zeitgesch. S. 498 ff. - V. 6. Das rechte Gebet ist im Kammerlein zu verrichten, verborgen vor Menschen Augen, da Gott im Verborgenen sieht. raµl8lov richtiger wµslov ist jedes Gemach im Innern des Hauses, und dabei nicht notwendig oder gar ausschlieBlich an den Soller ro v:rcé(!
Matth. VI, 8. 9.
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Darlegung der Sache ausdrükt. Beispiele von Battologie sind das vom Morgen bis zum Mittag fortgesezte Rufen der Baalspriester: Baal erMre uns ! (1 Kg. 18, 26) und das zwei Stunden lang anhaltende Geschrei des ephesinischen Volks: GroS ist die Diana der Epheser (Act. 19, 34). 1 Die Heiden verfielen in Battologie, weil sie wahnten, durch vi ele W orte sich der Erhürung ihrer Gebete versichern zu müssen. Diese Meinnng war eine notwendige Folge. der Vielgotterei. Gibt es viele Gotter, so ist jeder einzelne mit Schwachheiten behaftet und keiner allmachtig und allwissend. Der Betende weiB daher Iiicht, ob er seine Bitte anden rechten Gott und in recht dringlicher Weise andenselben richte, und sucht durch die Dringlichkeit únd Menge der Worte den Mangel an Vertrauen auf die Macht und Einsicht der Gotter zu ersetzen. V. 8. So sollen es die Jünger Christi nicht machen, weil der Gott, zu dem sie beten, als der Allwissende ihre Bedürfnisse weiB, bevor sie ihn bitten, und als der himmlische Vater für seine Kinder sorgt. Mit diesen W orten erklart der Erloser nicht das Gebet und Bitten, auch nicht das anhaltende und wiederholte Beten für unnotig und über:flüssig, sondern nur die Meinung, da6 der Mensch durch das Beten Gott erst mit seinem Bedürfnisse bekant machen müsse. Richtig sagt schon Augustin ep. 130, 20 ad Probam: Absit a precatione multa lo-
cu tio, sed non desit multa precatio, si fervens perseveret intentio. Das Gebet ist der natürliche Ausdruck des personlichen Verkehrs der Seele mit Gott ihrem Schüpfer, Erhalter und Versorger, wodurch der Mensch sein Kindesverhaltnis zu Gott dem himmlischen Vater, dem Geber aller Güter bezeugt und anerkent. - Diese Bedeutung des Gebetes tritt uns entgegen in dem Gebete, welches der Erloser v. 9-13 als Anweisung zum rechten Beten mitteilt.
V. 9-13. Das Vater-Unser oder das Gebet des Herrn.2 ,W eil nun Christus solch falsch und vergeblich Gebet gestrafet und verworfen hat, führet er fort und stellet selbst eine feine kurze Form vor, wie und was wir beten sollen'. Luther. An dieser Stelle soll das folgende Gebet o:ffenbar ein Beispiel eines kurzen inhaltreichen Gebe1) Erstaunliches leisten darin die indischen und muhammedanischen Monche, die Stunden-, ja Tage lang dasselbe Wort, wie die heilige Sylbe Um oder Hua (Er!) oder Allah rufen. Belege gibt Thol. aus den Quellen. Derselbe weist noch darauf hin, dal1 der Heide zur Polylogie in seinen Gebeten auch durch die Menge seiner Gotter, deren Hesiod. (Opera et dies) 30,000 zahlt, und die Unzahl der enw11vµiai der Gotter, die bei feierlichen Gebeten aufgezahlt werden muMen, verleitet wurde, hat aber dabei auch zugleich bemerkt, dal1 es fraglich sei, ob die Polylogie der heidnischen Gebete von dieser Seite aus den J uden und dem Erloser selbst bekant gewesen sei. 2) Ueber die exegetische Literatur u. die homiletischen Bearbeitungen des V. U. vgl. Tholuck, d. Bergrede Christi S. 37 ff., wo nur die praktische Auslegung des V.U. von Hengstenberg, Ev. KZ. 1865. Nr. 63. 65. 68. 70. 71. 74 nachzutragen ist. Von wissenschaftlichen Commentaren verdient Beachtung: Ad. Hrm. Hnr. Kamphausen das Gebet des Herrn erklart. Elberf. 1866.
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Matth. VI, 9.
tes sein. OiJv also d. i. da ihr nicht wie die Heiden battologisch beten solt; oí5rwi;; und 'Úµsli;; haben den Nachdruck: ovrwi;; in solcher Weise wie folgt; vµs'li;; ihr, meine Jünger. 1 Das folgende Gebet findet sich auLler hier noch Luc. 11, 2-4, von Jesu seinen Jüngern auf ihre Bitte, sie beten zu lehren, wie Johannes seine Jünger beten gelehrt habe, mitgeteilt; dort aber nach dem kritisch berichtigten Texte in abgekürzter Form. Die Anrede Iautet da einfach néns(!; die dritte Bitte: ysvr¡ST¡r:w r:o s0.11µá O'ov iei-1.. fehlt, eben so die lezte Bitte: &1.1.a fvqca f¡µar; 1no r:ov nOP1)(!0V; in der vierten steht statt f¡µiv af¡µer¿ov, bei Luc.: oúfov f¡ µ'iv r:o xafJ' f¡µi¡;¿av; die fünfte Iautet bei Matth. xai acpe> f¡µ'fv r:a ocpetÁ~µaw f¡µwv w> xcd rí,usl¡; &cpfrµw ( oder acpf¡xaµsv) r:o'l¡;_ ocpsit.8-rnt> f¡µwv, bei Luk.:
ºº'
xcd Chpéq ~µlv
-,;aq &µa~T:ia~
i¡µWv, xo:i
yÚ(!
aVr:oi &piE·µEv ncorr:l OcpBi'Aozru.
Diese Stellung des Gebetes bei Luk. und die kürzere Form desselben wird nach dem Vorgcnge Schleiermacher's nicht nur von Kamphausen S. Sff., Hanne (Jahrbb. f. d. Theol. 1866 S. 507 ff. u. in Schenlc.' Bibellex. II, 346), Wittichen (Leben Jesu S. 215 ff.) Ew. u. A., sondern auch von JJfeyer (6. Aufi, d. Comm.) für ursprünglich ausgegeben. Hiefür macht iv!ey. geltend: ,1. an beiden Stellen, also zweimal kann das Gebet nicht gegeben sein; denn hat es J esus seine Jünger schon in der Bergrede gelehrt, so ist die Frage des Jüngers Luc. 11, 1 ungeschichtlich; ist diese aber geschichtlich, so kann das VU. nicht schon vom Berge her im .Jüngerkreise bekant gewesen sein; 2. bei Luk. spricht schon die charakterische Kürze, gegenüber der Fülle bei Matth., für die Ursprünglichkeit; es tritt aber auch hinzu, dal1 die geschichtliche Unterlage, welche das Gebet bei Luk. hat, durchaus keinen Verdacht sagenhafter Bildung darbietet, wahrend es sehr begreifiich ist, dal1 bei der Redaction unsers Matth. da, wo die Bergpredigt vor Battologie des Betens gewarnt hat, dem Herrn auch schon jenes Mustergebet in den Mund gelegt ward'. Aber die Bündigkeit dieser Schlüsse ist durchaus nicht einleuchtend. Erstlich ist nicht ausgemacht, da.C, der Jünger (d.; r:iiív µaSr¡rr!Jv avi:oií) bei Luk. ein Zuhorer der Bergpredigt gewesen und auch dies, wofür ein Beweis sich nicht liefern laLlt, angenommen, fragt es sich, ob die Zuhürer der Bergpredigt die Anweisung J esu über die rechte Art zu beten (das sog. VU.) als eine Gebetsformel, deren sie sich beim Beten bedienen solten, gefaL\t haben. Hielten sie dieselbe nicht dafür, so konte bei dem von Luk. erwahnten Anlasse ein Jünger sich eine Gebetsformel von Jesu erbitten, und Jesus konte jenes Gebet im Wesentliehen wiederholen. Sodann die Kürze des Gebetes bildet kein Kriterium der Ursprünglichkeit, so Iange nicht erwiesen ist, dal1 das Plus bei Matth. eine unnotige Erweiterung ist, was weder Kainph. zu behaupten gewagt hat, noch 1lfey. für warscheinlich erltehtet, da der materielle Vorzug der 1) ,Grade derjenige Mil1brauch des Gebetes, den Christus hier vorzugsweise vor Augen hat - bemerkt Thol. S. 345 - , hat in seiner eigenen Kirche das Bürgerrecht erhalten durch den Rosenkranz der katholischen Kirche, und gerade dasjenige Gebet, welches er der Battologie entgegengesezt, ist im Dienste derselben am Oftesten gemil1braucht worden. 150mal (oder 50- oder 63mal) wird das Ave Maria, und 15 mal (oder 7- oder 5mal) das Vaterunser (patriloquia, wie man es nante) nach dem Rosenkranze hergebetet. Vgl. die gelehrte Abhandlung gegen die Battologie in der christlichen Kirche: ,,De pseudo-precationibus, rosariis, litaniis etc." von Gisb. Voi!ti_us in Disput. sel. theol., tom. IIJ p.1022'.
Matth. VI, 9.
18s
:Matthausform dadurch nicht berührt werden soll. Wird alier, wie von Bl., Olsli., Neand. u. A., zulezt von Godet geschieht, der Inhalt des Gebetes bei Matth. für genuin oder genuiner als die Forro bei Luk. gehalten, dann gründet sich die Annahme, dal1 Luk. das Gebet des Herrn an seiner ursprünglichen Stelle mitteile, blos auf die schon in der Einleitung besprochene und als unrichtig erkante Hypothese, da!1 Luk. die Begebenheiten nach ihrer chronologischen Zeitfolge erziihlt habe. Aus der im Matth.-Ev. vo:i:waltenden Sachordnung folgt durchaus nicht, dal1 das Gebet in der Bergpredigt nicht ursprünglich sei.
Das Gebet enthlilt sechs oder sieben Bitten, je nachdem man das mit dem vorhergehenden ,u~ sla8VÉ7x17r; xTJ•. zu einer Bitte verbindet oder davon trennend als besondere Bitte faBt. Origenes, Chrys., Calv. und die reformirten Ausleger zli.hlen sechs, August., Luth. u. die luth. Kirche sieben Bitten. Die drei ersten sind nicht blos Gelübde (wzaí, Weizs., Hanne u. A.), sondern auch Bitten (ah:~µaw Phil. 4, 6), Gebetsanliegen und Wünsche; wie 26, 39. 42. Von den einzelnen Bitten beziehen sich die drei ersten auf die Forderung des Reiches Gottes, die übrigen auf das leibliche und geistige W olergehen des Menschen. Diese Gliederung tritt augenscheinlich hervor in dem aov der drei ersten Bitten und in dem f¡µ
a22a QVGat f¡,uár; a:no wv XOV'l}QOV
184
Matth. VI, 9.
dem neuhochdeutschen Sprachgebrauche gemaB (s. Rienacker in d. Theol. Stud. u. Krit. 1837 S. 328 ff.), wahrend er im Katechismus, Betbücblein u. Taufbüchlein: Pate1· noster, Vater unser sagt; ob nach dem Lateinischen, oder nach dem althochdeutschen (atar unsar, laBt sich nicht sicher entscheiden (vgl. Kamph. S. 30f.). - Die Anrede Gottes: ,unser Vater' :findet sich im A. T. nur Jes. 63, 16 u. 64, 7 in einem Gebete, und Deut. 32, 6 im Liede Mose's: ,,ist er nicht dein Vater", sowie etliche Male in den Apokryphen: xar:~(! ~µwv Tob. 13, 4, oder blos xár:B(! Sap. 14, 3. Sir. 23, 1 u. 51, 10 (falls xadQa XV(!lov µov a~s dem hebr. ~~,~, ~::i~ mein Vater und Herr entstanden ist) u. 3Mkk. 6, ·3. Die RA.: ,unser Vater im Himmel' :findet sich als Anrede erst bei Maimon. in Theph. und als Bezeichnung Gottes schon im Talmude. Man kann daher nicht sagen, da.B Christus diese Anrede aus damals gebrauchlichen jíidischen Gebeten genommen habe. Ware dies aber auch nachweisbar, so würde der Ausdruck doch im Munde des Herrn einen viel treferen Sinn haben. Schon im A. T. wird Gott Vater genant nur nach seinem Verhaltnisse zu Israel, nicht auch in Beziehung auf die Heiden als ScMpfer und Erhalter aller Menschen. Dieser Name drükt also die Adoption Israels zum Volke des Eigentums aus und gründet sich auf Israels Erwahlungº zum Sohne oder erstgeborenen Sohne Jahve's Exod. 4, 22. Aus der Bezeichnung Israels als erstgeborenen Sohnes Gottes aber la6t sich nicht mit Kamph. folgern, da.B die übrigen Volkér als von Gott geschaffen unter den weiteren Begriff der Gottessohnschaft fallen, sondern erstgeborener Sohn ist Israel in Bezug auf die VerheiBung, da.B der Segen Abrahams allen Volkern zuteil werden soll (Gen. 12, 3), die daher als die nachgeborenen zu betrachten sind. Diese heilsgeschichtliche Bedeu,tung des Vaternamens hat erst in Christo ihre Vollendung erhalten. Im A. T. ist Israel nur als Volk in seiner Gesamtheit der Sohn Gottes; und der Ausspruch: ,,Sohne seid ihr Jahve's eures Gottes" (Deut. 14, 1) ,ist nicht so zn verstehen, als ob jeder einzelne Israelit die Sohnschaft Gottes individuen auf sich zu beziehen hatte, sondern nur vermoge saines Einverleibtseins in die Gesamtheit des Volkes hat der Einzelne Anteil an der Gottessohnschaft' (Oehler Theol. d. A. T. I S. 272). Auch auf den Konig wird die Idee der Sohnschaft nur übertragen, sofern er der Reprasentant des Volkes ist, der Erstgeborene unter den. Konigen der Erde (2 Sam. 7, 14. Ps. 89, 27f.). In der Sohnschaft Gottes pragt sich zwar zunachst das Verhaltnis der Liebe und Treue aus, in welchem Gott zu den Fürsten seines Volkes steht; aber es liegt zugleich darin, daG der theokratische Konig in die; ser seiner Eigenschaft durch Jahve hervorgebracht ist (Ps. 2, 7), da.B seine Würde gottlichen Ursprungs, seine Majestat ein Abglanz gottlicher Herrlichkeit ist (vgl. Ps. 21, 4. 6). Oehler a. a. O. II S. 31 u. 3"4 f. u. Riehm die Messian. Wei.Bagung S. 65. Die Anrufung Gottes: ,unser Vater' fi.ndet sich im A. T. nur in Gebeten, die im Namen des Volks gesprochen sind (Jes. 63, 16. Ps. 64, 7 und auch Tob. 13, 4), niemals in Gebetsanrufungen Einzelner; wovon auch die Apokryphen keine Ausnahme machen, da Sap. 14, 3. Sir. 23, 1 u. 3 Mkk. 6, 3 blos
Matth. VI, 9.
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steht, und zwar in der abgeschwachten Bedeutung des Urhebers des Lebens, in Sir. 51, 10 aber die Lesart zweifelhaft ist. Auch beim VU. ist ~µrov zunachst gewahlt in Bezug darauf, da.B Christus seine Jünger, denen er diese Gebetsanweisung gibt, als eine Gemeinde oder Gemeinschaft denkt und, wie selbst dieRabbinen lehren, der Einzelne beim Gebete das Wol der ganzen Gemeinde im Auge haben soll (s. die Stellen bei Thol. S. 362 :ff.). Aber es tritt dabei doch der Unterschied ein, daB die Gemeinde Jesu Christi ihr Gemeinschaftsband nicht wie die israelitische in dem natürlichen Boden gemeinsamer Abstammung von einem Volke hat, sondere in der auf dem Glauben beruhenden geistigen Verbindung mit Christo. Wenn sonach die ZugehOrigkeit zu Christo Sache individueller Ueberzeugung und personlichen Entschlusses ist, so gewint dadurch auch die Gotteskindschaft, in die .wir durch die ZugehOrigkeit zu Christo gelangen, individuelle Gestalt, daB der Einzelne in ein personliches Verhaltnis zu Gott als seinem himmlischen Vater gesezt wird. Mit der Anrede: unser Vater bekent also der Betende nicht nur seine ZugehOrigkeit zu der von Christo gestifteten Gemeinde, sondern tritt auch in eine personliche Stellung zu Gott als dem himmlischen Vater, dem er mit kindlichem Vertrauen nahet, Rom. 8, 15. Der Vatername wekt in dem Herzen des Betenden das kindliche Vertrauen zur gottlichen Liebe, wie Luth. im kl. Katechismus sa·gt: ,Gott will uns damit locken, daB wir glauben, er sei unser rechter Vater und wir seine rechten Kinder'. - Der Zusatz TOlg ovQavolg ist nicht blos symbolischer Ausdruck der unendlichen Erhabenheit Gottes über allen irdischen Vatern, sondern der Himmel komt als Oertlichkeit in Betracht, wo Gott, obgleich allgegenwartig (1 Kg. 8, 27. 2 Chr. 2, 5. Ps. 139, 7 :ff. Jer. 23, 23), in seiner Herrlichkeit thront (Jes. 66, 1. Ps. 2, 4. 102, 19 u. a.). Gen Himmel fahrt Christus, um sich zur Rechten Gottes zu setzen (Mrc. 16, 19. Luc. 24, 51. Act. 1, 9 ff.); vom Bimmel komt der Geist Gottes (3, 16. Act. 2), die Stimme Gottes (3, 17. Joh. 12, 28). Im Himmel ist die olxla rov JWTQÓg mit ihren µovalg .no22alg Joh. 14, 2. Im Himmel ist der Christen wahres Vaterland Hebr. 11, 14 ff. Phil. 3, 20. Der Vater im Himmel ist der in der Herrlichkeit des Himmels Th.ronende, der seinen eingeborenen Sohn in die Welt gesandt hat, das Himmelreich auf Erden zu gründen, um denen die an ihn glauben das ewige Leben zu geben und sie dereinst in das Reich der Herrlichkeit aufzunehmen (25, 34). In dem Plur. rol'g OVQavol'g tritt die Idee der Gro.Be und UnermeBlichkeit des Himmels starker hervor als in dem Sing. rcp OVQav~o, vgl. den Ausdruck: Himmel der Himmel Deut. 10, 14. Ps. 148, 4. 1 Kg. 8, 27; der Plural ist also hier gewahlt, um die Majestat und Erhabenheit dessen, den wir unsern Vater nennen, auszudrücken. - Die erste Bitte lautet: Geheiligt werde dein Name. Der Name ist nach biblischem Sprachgebrauche Bezoichnung des Weseus; der Name Gottes der Inbegri:ff des gottlichen Weseus, wie es sich den Menschen geo:ffenbart hat. Sein Wesen offenbart Gott aber nicht blos in dem Werke der SchOpfung, Erhaltung und Regierung der Welt, sondern noch tiefer in seinem :nársQ
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Matth. VI, 10.
Worte, in welchem er seinen Liebesrath der ErlOsung und Beseligung der Menschheit kundgethan hat, und in der Ausführung dieses seines Gnadenrathes durch Sendung seines eingeborenen Sohnes, der uns den Namen seines Vaters geoffenbart hat (Joh. 17, 6), so daB wir in ihm die Herrlichkeit Gottes unsers himmlischen Vaters schauen konnen. 'Aywoft~uo ist nicht = 15osaoft~uo ( Chrys. u. A.), sondern áyuxbctv (l!i~'.JR1'! oder W:Jj.?) bed. das Unheilige heilig machen, dann das Heilige heilig behandeln; von dem Namen Gottes, der an' ihm selber heilig ist (Luth.) ausgesagt, also: heilig halten. Die Heiligkeit Gottes ist ein Fundamentalbegriff der alttestamentlichen Heilsoffenbarung. .,'\.Is der Heilige offenbart sich Gott zuerst Mosen in der Vision von dem brennenden, aber nicht verbrennenden Dornbusch Ex. 3, 5; und im Liede Mose's wird Jahve gepriesen als der, welcher durch die ErlOsung Israels aus Aegypten und die Vernichtung Pharao's sich in Heiligkeit verherrlicht hat (Ex. 15, 11). Weil Jahve der Heilige ist, hat er Israel aus den Volkern ausgeschieden, ihm eigen zu sein (Lev. 20, 26), hat er es zu einem heiligen Volke berufen (Ex. 19, 6), das ihn heiligen soll durch Haltung seiner Gebote, die er ihm gegeben, um es zu heiligen (Ex. 19, 6. Lev. 19, 2 :ff. 20, 8 ff.). Die Heiligkeit Gottes ist im A. T. diejenige Eigenschaft, vermoge welcher Gott der Urheber und Vollender der Heilsgeschichte ist. Alles Thun Gottes an und in Israel, sowol die Anstalten zur Erlosung und Entsündigung Israels als die Gerichte Gottes über das sündige Volk und über die Heiden, wird auf die Heiligkeit Gottes zurückgeführt; vgl. Oehler a. a. O. I §. 44. - Und wie Jahve die Sohne Israels aus den Volkern ausgesondert hat, um sie zu einem heiligen Volke zu machen, so hat Christus seine Jünger ausgewahlt, um ihnen den Namen seines Vaters kund zu thun und sie durch sein Wort in der Warheit zu heiligen, Joh. 17, 6. 11 f. 16 f. Demnach wird der Name Gottes gehéiligt, wenn Gott, so wie er sich in der Welt, in seinem W orte und in seinem eingeborenen Sohne Jesu Christo kundgegeben hat, in Gesinnung, W ort und W andel als heilig anerkant und mit Herz und Mund und Lebel). bekant wird; negativ durch Vermeidung jeder Art von MiBachtung und Entweihung des gottlichen Namens, positiv durch den rechten Gebrauch der von Christo gestifteten Gnadenmittel, um durch den im Wórte und in den Sakramenten wirkenden heiligen. Geist unser Herz von der Sünde reinigen und erneuern zu lassen. Kurz und bündig schon Beng el: Sanctificatur ergo ( JJei nomen), quando ita ut est, agnoscitur el colitur et celebratur. Die Heiligung des N amens Gottes ist demnach Grunderfordernis des Christenstandes und Christenwandels. V. 10. Die zweite Bitte: JJein Reich komme. Unter ~ {JaútÁEÍa oov hier einseitig und contextwidrig den Vollendungszustand des Messiasreichs, die Aufrichtung des Reiches der Herrlichkeit verstehen zu wollen (Tertull., Chrys., Fritzsche, 11'Jey., Achelis [das tausendjahrige Reich Apok. 20]), streitet mit den deutlichsten Aussprüchen Christi über das Kommen des Reiches Gottes, indem Jesus nicht nur bei seinem offentlichen Auftreten den Ausspruch des Taufers: ,,das Reich
Matth. VI, 10.
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Gottes ist nahe herbeigekommen" bestatigt (vgl. 5, 3 mit 3, 2), sondern auch in allen seinen Reden das Gekommensein desselben mit seinem offentlichen Auftret!Jn yora.¡¡ss~~t und bestimt lehrt, sowol in den Gleichnissen über das Reich Gottes (c. 13), als auch in der Antwort auf die Frage der Pharisaer: ,, wann das Reich Gottes komme", sagt: ovx ÉQXBTal µeca JWQaT:r¡Q~GeOJc;, sondern svroc; vµrov sodv (Luc. 17, 20 f.), und 11, 12 vgl. Luc. 16, 16 erklart, daB das Reich Gottes von den Tagen JohaÍme's des Taufers an gepredigt werde, und jeder slc; avn)v fltá~SWl oder {3taúWl áQ:ná!;ovúlV avnjv. - Richtig Luth. im gr. Katechismus: ,Gottes Reich zu uns kommen geschicht auf zweierlei Weise, einmal hie zeitlich durch das Wort und den Glauben, zum andern ewig durch die Offenbarung'. Ebenso Calv., der Heidelb. Katechismus, Chemnitz u. die meisten evangel. Theologen, wie es sich aus dem richtig erfaBten Begriffe des Reiches Gottes (s. zu 3, 2) mit Notwendigkeit ergibt. Die Bitte umfaBt also die ganze geschichtliche Entwickelung des Reiches Gottes auf Erden, die Ausbreitung desselben. unter allen VOlkern und das geistige Wacbstum desselben in ·den Herzen der Glaubigen, bis zu seiner Vollendung in Herrlichkeit mit der Wiederkunft unsers Herrn. - In demselben Umfange ist die dritte Bitte zu fassen: J)ein Wille geschehe 1vie im Himmel auch auf Erden. Im Himmel geschiebt der Wille Gottes von den Engeln, ,,die seinen Willen thun" Ps. 103, 21. Hebr. 1, 14, d. b. den heiligen Engeln, Mrc. 8, 38 vgl. Mtth. 21, 36. Mrc. 12, 25. Der Wille Gottes ist nicbt auf die voluntas praecipiens, den Inbegriff der gottlichen Gebote zu beschranken, sondern schlieBt auch den Gnaden- und Heilswillen Gottes (1 Tim. 2, 4) ein. Dagegen wendet zwar Achel. ein, da das Geschehen des Willens Gottes darin besteht, daB die Engel den Willen Gottes thun, dieser Wille also nicht an ihnen, sondern von ihnen gethan wird, so dürfe auch der Willo Gottes auf Erden nicht als der Wille gefaBt werden, welcher an den Menschen geschieht. Aber diese Folgerung ist nicht bündig, weil der gottliche Gnadenwille auf Erden nicht blos an den Menschen geschieht, sondern auch von den Menschen gethan werden muB, dadurch da.B sie die gottliche Gnade ergreifen, die ibnen zur ErlOsung gebotenen Mittel gebrauchen müssen, sich gegen die Züge der gottlichen Gnade nicht verstocken dürfen. Selbst die voluntas divina decernens ist nicht auszuschlieBen, wenn darunter nicht blos die unveranderliche GesetzmaBigkeit der Naturordnung, z. B. im Laufe der Gestirne, die hiebei nicht in Betracht komt, verstanden wird, sondern der Vollzug der gottlichen Gnadenordnung, das decretum divinum unserer Beseligung (nicht das decretum absolutum im Sinne der Pradestinatianer). Wie die Engel im Dienste Gottes ausgesandt werden, um derer willen, die das Heil ererben sollen, und sich frenen über einen Sünder der BuBe thut (Hebr. 1, 14. Luc. 15, 10), so sollen auch die Jünger Christi den auf die úwrr¡Qla aller Menschen bezüglichen Gotteswillen auszurichten sich befieiBigen. - Ueber das Verhaltnis dieser Bitte, die bei Luk. fehlt, zur vorigen bemerkt Mey. richtig, da.6 sie
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Matth. VI, 11.
nicht ,erklarend' (Kamph.) oder gar ,tautologisch' (Hanne) sei, ,sondern dem Beter um das Reich stelt sich die ganze sittliche Aufgabe dar, ohne deren Losung man des Reichw,. wenn,es_kommt, nicht teilhaftig werden kann'. V. 11. Die vierte Bitte: Unser taglich Brot gib uns heute. Mit dieser Bitte wendet sich das Gebet auf die menschliche Bedürftigkeit, und zwar zuerst auf das für das zeitliche Leben Erforderliche. Der Sinn dieser Bitte hangt von der Erklarung des rov
Matth. VI, 11.
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S:JrloQxor; 1 Tim. 1, 10, u. in andern von L. Meyer aus den Klassikern, aus Grammatikern und Inschriften gesammelten Beispielen; und die Reibehaltung des t in buovawr; offenbar aus einer Nachbildung von Jlé(>Wvawr; zu erklaren ist. Fraglich bleibt aber bei dieser Ableitung noch, ob s;¡¡;wvawr; unmittelbar von dem Participe s;¡¡;tÓvr: (s;¡¡;wvaa) oder von s;¡¡;í und dem nomen ovaía abgeleitet h;t. Für die directe AbIeitung vom Participe haben sich L. Meyer u. Kamph. entschieden und aus dem ,was &:!d ist, die Bedeutung: dazu (wozu denn?) gehOrig und den Begriff ausreichend oder notdürftig derivirt; eigentlich. mehr errathen als sprachlich gerechtfertigt. Ohne Künstelei IaBt sich diese Bedeutung des Worts nur durch Ableitung von s;¡¡;l und ovala: was zum Sein oder Dasein gehOrt, gewinnen. Denn ovala eigentl. das Seiende bedeutet das Sein, Dasein, die Existenz, woraus die Bedd. Vermogen, Reichtum, res familiaris (Hauswesen bei Sophocl. Trach. v. 911) geflossen sind, und im philosophischen Sprachgebrauche das W esen, die Wesenheit, Realitat. Gegen die Bed . .Dasein verschlagt der Einwand: ,ovala heiBt ja nicht Subsistenz, avaraatr;' (Mey.) gar nichts, weil avar:aatr; nicht Subsistenz, sondern Consistenz, Bestand bedeutet, und .Dasein und Bestand zwar verwandte aber nicht identische Begriffe sind. Mag auch di.e Bed. Dasein sich in der klassischen Gracitat nicht nachweisen lassen, so ist dieselbe doch nicht nur durch Porphyr. de abstin. 11, 34 belegt, und die Beweiskraft dieser Stelle (bei Thol. angeführt) nicht durch den Einwand ,einer modern gekünstelten Sprachweise' (L. Mey.) zu beseitigen, sondern auch von griechischen Kchvv., die doeh des Griechischen kundig waren, anerkant. So erklart Chrysost. áQTOV s;¡¡;wvawv durch: &;¡¡;), r:i¡v ovaíav T'OV awµar:or; &aflalvovra xal, avyx{>ar:i¡aat r:avr:r¡v ovváµwov; Gregor Nyss.: r:o :!lQOr; ri¡v avvnfr1r¡atv &sa(>XOVV r:i¡r; awµauxi¡r; ovalar;' und Theophyl.: ilQTOr; SJll ri,j ovaíc¡. xal, ava7:áaél ~,ucóv avr:á(Jxr¡r; d. h. das für unser Dasein und Bestehen ausreichende Brot. Diese Erklarung entspricht der Bitte Prov. 30, 8: ,,Armut und Reichtum gib mir nicht, laB mich verzehren "P!T".! t:ll'.)~ ,,mein bescheiden Teil Speise" (Luth.: entw. das mir beschiedene Teil, oder mein maBiges Teil; vgl. Kamph. S. 101), und steht im Einklange sowol mit v. 34, wo die Sorge um den morgenden Tag verboten, aber für den gegenw'artigen Tag gestattet wird, als auch mit dem 7:0 xaft' ~µé(>aV Luc. 11, 3: unser ausreichendes Brot gib uns taglich (Tag für Tag betreffend).1 - Auf die Bitte um die leibliche Notdurft folgen die Bitten um Forderung des geistlichen Lebens. 1) Luther's Uebersetzung: , unser taglich Brot' ruht auf der Vulgata, indem Hieron. in Matth. zwar panem nostrum s11persubsrantialem übersezte, in Luc. 11, 3 dagegen ;xmem n. cotidianum hat, wie die !tala auch in Matth. Ob dieser Uebersetzung die Ableitung des 8rrwvuwi; von f..rrwvua dies crastinus oder sequens zu Grunde liegt, oder ob sie nur wie die Erklarung lg;(¡µsr¿or; bei Chrysost., Suidas u. A. auf freier Wiedergabe des Sinnes beruht, Hí~t sich nicht entscheiden. So viel aber ist gewrn, da~ sie, wie auch Leo Meyer u. Kamph. S. 92 u. 99 f. anerkennen, sich durch ein den Sinn des griech. lruovutoi; genauer wiedergebendes deutsches Wort nicht leicht wird ersetzen lassen. - Nicht rechtfertigen lii~t si ch die Deutung: übernatürliches Brot, panis supersubstantialis, da
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]4:atth. VI, 12. 13.
V. 12. Die funfte Bitte: Und vergib uns unsere Sehulden, wie auch wir unseren Schuldigern vergeben haben. Für dcplsµsv des text. rec. haben Lchm., Tisch. nach '!:tBZ u. a. das perf. dcpñxaµsv vorgezogen, da dcplsµsv wol nur aus Luc. 11, 4 genommen sei. Nach dieser Lesart wird vorausgesezt, daB der Glaubige, welcher Gott um SchuldenerlaB bittet, bereits denen verziehen habe, welche sich gegen ihn verschuldet hatten, nach Luk., daB eres gleichzeitig thue (Mey.) od@r daB er versohnliche Gesinnung gegen den Schuldiger hege (Thol. Kamph.). Beide Texte geben einen passenden Sinn, so daB man nicht mit Kamph. den Aorist bei Matth. für eine Abschwachung des ursprünglichen Gedankens erklaren darf. Das Wort ocpsl2r¡µa (wie ocpsl2stv, ocpst2ñ, ocpst2hr¡r;) bezeichnet zunachst die Pflicht oder Schuldigkeit, das was lman zu thun verpflichtet ist, so z. B. Rom. 4, 4, sodann mit dem Gedanken, daB man der Verpflichtung nicht nachgekommen sei, verbunden, die Schuld; so ocpsllstv und ocpst2ñ von Geldschulden 18, 28. 30 u. a., und im ethischen Sinn: das Schuldigsein, als Verletzung der Pflicht, wddurch man dem Gericht und der Strafe verhaftet ist. In dieser Bedeutung kann ocpsllr¡,ua mit áµaQTÍa Sünde als Abweichung vom gottlichen Willen alternire~, da Sünde vor Gott schuldig macht und jede Schuld Sünde voraussezt. nicht im Sinne von o<1ov das Ma.B andeutend, nach welchem Sündenvergebung erbeten wird ( Chrys. Bg.Crus.), sondern wie das hinzugefügte xaí wie denn auch zeigt, das analoge Verhaltnis bezeichnend, in dem Sinne ei.ner ,vergleichenden Begründung - das Vorhandensein des dem gi:lttlichen Verzeihen von menschlicher Seite entsprechenden Verhaltens ausdrückend' tMey.). Die Worte enthalten die Bedingung, un ter der der Christ von Gott Vergebung seiner Schulden erbitten und erho:ffen darf; nicht blos ein ,Gelübde, wozu weder der Aorist dcpñxaµsv, der unser Vergeben a.Is einen Fall, der vorgekommen, sezt, noch das Pras. dcpís,usv bei Luk. paBt, da dieses nicht das Vergebenwollen, sondern das wirkliche Vergeben unserer gegen den Nachsten bewuBten Schuld ausdrükt. Diese 'Bedingung begründet jedoch kein Verd.ienst für den Betenden, sondern deutet nur das unerlaBliche Requisit von seiner Seite an; wie Luther im gr. Katechism. ausführt: ,Vergibst du nicht, so denke auch nicht, daB dir Gott vergeb~;· vergibst du aber, so hast du den Trost und Sicherheit, daB dir im Himmel vergeben wird, nicht um deines Vergebens willen; denn er thut es frei umsonst, aus lauter Gnade, weil er's verheiBen hat, wie das Evangelium lehret, sondern daB er uns solches zur Starke und zur Sicherheit als zum Wahrzeichen setze, neben der Verhei6ung, die mit diesem Gebote stimmet Luc. 6: Vergebet, so wird euch vergeben'. - An die Bitte um Vergebung der begangenen Sünden schlieBt sich v. 13 die Bitte um Bewahrung vor neuen Sündenfallen an. V. 13. Die sechste und siebente Bitte: ,,Und führe uns nicht in
ror;
6movuto> diese Bedeutµng nicht hat und auch ll(IT:O> im geistlichen Sinne nur von Christo, dem li(!T:O> T:i)> Croií> gebraucht wird. Damit wircl zugleich die bei
den ii.lteren Ausll. ziemlich verbreitete, und noch von Olsh. angenommene Verbindung von leiblichem und geistlichem Brote hinfii.llig.
Matth. VI, 13.
191
Versuchung, sondern erlOse uns von dem Uebel." Die Frage, ob die beiden Satze dieses V. eine oder zwei Bitten enthalten, hangt von der Erklarung des zweiten Satzes ab. IlctQaOµÓr; bezeichnet nach Analogie des Verb. Xct(>á{;,ct'/! im Allgemeinen Prüfung' so daB es von omaµaaía nicht wesentlich verschieden ist (1 Petr. 4, 12), gewohnlich aber den Zustand der Prüfung, wobei das Fallen nahe liegt, wo Luther es haufig durch Anfechtung (d. i. feindliche Bekampfung) übersezt (26, 41, Luc. 8; 13. 22, 28. 40, 46. Act. 20, 19. Gal. 4, 14. Jak. 1, 2. 12. 1 Petr. 1, 6), die Versuchung im üblen Sinne d. h. die Versetzung in Lebenslagen, in welchen die sinnliche Lust und Begierde erregt wird und zur Sünde verleitet; nirgends aber im. N.T. die innere Reizung der eigenen Begierde (e:ndtvµla). Versuchungen in diesem Sinne sind mit dem gegenwartigen Weltlaufe unabanderlich verknüpft (Joh. 17, 15 vgl. Act. 14, 22. Hi. 7, 1) und werden als Mittel bezeichnet, die zur Bewahrung des Glaubens dienen sollen, so daB Jakobus (1, 2) den Christen zuruft, sich zu freuen wenn sie in allerlei :nctQaOµol fallen (vgl. Rom. 5, 3. 1 Petr. 1, 6. 7). Diese versuchlichen d. h. zur Sünde AnlaB gebenden Lagen und Umstande führt Gott herbei, und in diesem Sinne führt er in Versuchung. W enn aber diese :nct(>aO,uol zur Bewahrung des Glaubenslebens notwendig sind, wie kann dann Christus seine Jünger beten lehren: Gott moge sie nicht in Versuchung führen? Diese Schwierigkeit hat man auf verschiedene Weise zu lOsen versucht. Entweder durch Erklarung des µi¡ slocvÉyxnr; von der gottlichen Zulassung: laB uns nicht hineingerathen (Euthym., Tertull., Melancht.), oder durch emphatische Deutung: laB uns von der Versuchung nicht verschlungen werden (xar:a:no{}~vat Theophyl.), oder: führe uns nicht so tief hinein, daB wir erliegen müBten (Luth. Auslegung 1518. Bd. 21 S. 220 u. im gr. Katechism. Grot. Stier), oder: in Versuchung mit bOsem Ausgange (ltamph.). Alle diese Deutungen sind gekünstelt und sprachwidrig. Zur Losung der Schwierigkeit reicht es auch nicht aus, mit Mey. zu sagen, daB in Jak. 1, 13 von der subjektiven inneren Versuchung die Rede ist; denn die Schwierigkeit liegt darin, daB wir Gott bitten, uns nicht in Versuchung zu führen, wahrend die Versuchung doch zur Bewahrung unsers Glaubens in diesem zeitlichen Leben notwendig ist. Die Losung dieses Widerspruches ist mit Chrysost., Thol. u. A. in der Schwachheit unserer Oá(>s zu suchen. Die Bitte ist Ausdruck des Gefühls unserer Ohnmacht und Versuchlichkeit, vermoge dessen die auferlegte Versuchung zwar nicht gefiohen, die nicht auferlegte aber auch nicht gesucht werden soll (Thol.). Weil wir nicht wissen, ob wir die Versuchung bestehen werden, sollen wir beten, daB Gott uns nicht in Versuchung führe. Richtig schon Corn. a Lap.: non solum ne vincamur petimus, sed etiam ne in certamen descendamus, ne forte vincamur. ,Was aber insbesondere die Aufforderung Jak. 1, 2 zur Freude über die zugestoBenen Versuchungen betrift, so kann die Seligpreisung der Verfolgten 5, 10 verglichen werden, durch welche nicht ausgeschlossen, wobei vielmehr geboten ist, der Verfolgung wo moglich sich zu entziehen, Mtth. 10, 23' (Thol.).
192
Matth. VI, 13.
Die lezte Bitte ist durch a22á an die vorhergehende angeknüpft. a22á im Unterschiede von ó's drükt nach Winer's Gramm. S. 411 den . eigentlichen und scharfen Gegensatz (ein Voriges aufhebend oder als nicht zu beachten bezeichnend) aus'. Diese Regel reicht für den vorliegenden Fall nicht hin, da das qvúat ~µar; xd. die Bitte µ~ cl
sx.
o
ro
Matth. VI, 13.
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das Reich Gottes wirkt. Hiernach bezeichnet ro xovr¡(JÓV in unserer Bitte wie in 1 Joh. 5, 19 das sittlich Bose in seinen unheilvollen Wirkungen. In diesem Sinne braucht Luther auch sonst das Wort Uebel von dem sittlich Bosen, Gen. 39, 5. Mtth. 5, 37. 27, 23. Demnach ist weder seine Uebersetzung: ,,erlose uns von dem Uebel", die sich übrigens schon bei Wul/Ua u. in allen alteren deutschen Vaterunsern :findet, als zu MiSverstandnissen verleitend (mit Kamph.) zu beanstanden, noch mit der zweideutigen reformirten Uebersetzung: ,von dem Bosen' zu vertauschen; auch die Luther. Erklarung dieser Bitte im kl. Katechismus nicht als fehlerhaft zu tadeln. Noch unbegründeter ist der weitere Vorwurf Kamph.'s S. 143, ,daS Luther, indem er die clausula als besondere Bitte faBt, in den alten Fehler verfüllt, daB er hier alle geistIiche und leibliche Not zusammengefaBt :findet und unbedingt um Irdisches bittet'. Alle diese Ausstellungen hangen bei Kamph. mit seiner irrtümlichen Fassung des JCEt(JaúµÓr; von Versuchung mit bOsem Ausgang zusammen. Denn versteht man JCH(JaúµÓr; dem Sprachgebrauche gemaB von jeder Versuchung, in welche Gott den Menschen führt, so bildet die Bitte um Errettung von dem Uebel oder Bosen (ro xovr¡(JÓV wie 5, 37) nicht den reinen Gegensatz zur Bitte um Bewahrung vor der Versuchung, und die clausula des Gebets ist dann nicht bloBe Erlauterung des µ~ dúwÉyxr¡r; xd., sondern fügt ein neues Moment hinzu, welches die Berechtigung dazu gibt, die clausula als besondere Bitte zu fassen, ohne daB sie damit vom Vorhergehenden losgerissen zu werden braucht. 1 Der doxologische SchluS: ou úov Súuv i¡ {faút2ela xal. ~ ovvaµtr; xal. i¡ oóga elr; wvr; alwvar; · dµ~v denn dein ist das Reich (d.. i. die Herschaft) u. s. w. ist nach überwiegenden kritischen Zeugen nicht ursprünglich, sondern ein uralter liturgischer Zusatz, welcher, nach Analogie der schon im A. T. bei Gemeindegebeten z. B. 1 Chr. 29, 11 üblichen Responsorien, für den Gebrauch des Gebetes beim Gottesdienste gemacht wurde. Denn dieser Epilog fehlt in den altesten Codd. r!.B [) (wahrend A u. O als hier lückenhaft nicht in Betracht kommen) und in der Vulg. nach Tertull. Cypr. u. Rieron. (der indeB das Amen hat). Auch Orig. u. Greg. Nyss. scheinen ihn im Texte des Matth. nicht gekant zu haben. Da nun ein Ausfallen oder eine Weglassung desselben in diesen Urkunden nicht anzunehmen ist, so haben schon Bengel, 111ill, Wetst. u. Griesb. und von den Ausll. bereits Zwingli, Oecol., Pellic., Bucer, llfelancht. u. fast alle neueren Erklarer (Stier u. Hngstb. ausgenommen) sich gegen die Ursprünglichkeit ausgesprochen. Nach in1) Auch B. Weis.~ (Matth.-Evang. S. 187), obwol er sich dahin ausspricht, daJ:i das Gebet nur zwei formen deutlich gesonderte Dreiheiten von Bitten (uov, uov, uov - f¡µwv, f¡µ'lv, f¡µii>) kenne, sagt doch: ,dies schlieJ:it nicht aus, daJ:i sich leicht und passend sieben Bitten zahlen lassen, wenn man die Brotbitte für sich nimt und nun die je drei Bitten um die Erlangung des hüchsten Gutes (des Gottesreiches) und um die Abwehr des hochsten Uebels (der Sünde) sich entsprechen laJ:it, da auch die zweite Dreiheit von der Voraussetzung alles Kampfes gegen die Sünde (der Sündenvergebung) zur Bewahrung davor fortschreitet und mit der endlichen Ueberwindung derselben schlieJW. Keil, Comm. z, Evangel. Matth, 13
Matth. VI, 14-16.
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neren Gründen konte diese Doxologie unter der Voraussetzung, daB Jesus in dem VU. seinen Jüngern habe eine bestimte Gebetsformel geben wollen, echt sein, da sie in tre:ffender Weise den Ho:ffnungsgrund ausspricht, auf welchen der Betende die zuversichtliche Erwarti:mg der Erhéirung stüzt und mit 8-u sehr passend an die Bitten, nicht blos zur Begründung der lezten, angeknüpft ist. 14 u. 15 bringen eine Erlauterung der lezten, durch xal und d.V,á verbundenen Bitten nach, die mit yáQ auf v. 12 zurückweist d. i. auf die fünfte Bitte, die einzige, welche auf eine Voraussetzung begründet war. Diese Voraussetzung, daB wir Vergebung unserer Sünden von Gott erwarten konnen, wenn wir den Menschen ihre Vergehungen vergeben, wird ihrer Wichtigkeit wegen hier noch positiv und negativ eingescharft. Der Gedanke selbst wird Ofter wiederholt z. B. 5, 24. Luc. 6, 37. Mtth. 18, 35; und diese Bedingung ist natürlich nicht so aufzufassen, daB andere Bedingungen der Sündenvergebung, wie Reueu. s. w. damit für unwesentlich oder gar unnotig erklart werden sollen. V. 16-18. IJie rechte Art des Fastens. - Fasten als AeuBerung der BuBtrauer über die Sünden und deren Folgen war im mos. Gesetze nur für die jahrliche Feier des groBen Versohnungstages vorgeschrieben, Lev. 16, 29. 23, 27; aber als Privatübung der Demütigung und Beugung des Herzens vor Gott bei Unglücksschlagen zur Abwendung des gottlichen Zornes und zur Erflehung der gottlichen Gnade in gefahrlichen Lebenslagen uralte Sitte, die nach dem Exile mehr und mehr in Aufnahme kam und von den Pharisaern zu einem regelrnaBigen Bestandteile der gesetzlichen Frommigkeit ausgebildet wurde, so daB dieselben arn zweiten und vierten Tage jeder Woche (vgl. Luc. 18, 12), zuro Andenken daran, daB nach der Ueberlieferung Mose an einem Donnerstage auf den Sinai gestiegen und an einern Montage wieder herabgekommen war, zu fasten pflegten; nur die Neumonde, Fest- und Freudentage Israels ausgenommen, wie denn auch am Sabbate nie gefastet wurde. Um den Schmerz über hereingebrochenes Unglück und die Rene über begangene Sünden zu verstarken, verband man mit dem Fasten noch andere Trauerzeichen, wie Unterlassung der Waschung und Salbung, Anlegung des harenen BuBgewandes, Bestreuung des Hauptes mit Asche (vgl. m. bibl. Archaol. §. 69). Dadurch erschien man úxV1tQOJJtÓ!; :finster, verdrieBlich oder traurig von Ansehen, Blick und Miene. Auf diese auBerlichen Zeichen legten die Heuchler groBes Gewicht. ,,Sie machen unscheinbar ihre Antlitze, damit ~ie scheinen vor den Menschen fastend." In a
v:
ro
Matth. VI, 17-19.
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erscheinen, sich zeigen als fastende. - V. 17 f. Dem auBeren Schein der Trauer stelt Christus entgegen das Salben des Hauptes und Waschen des Gesichts, als Zeichen der Munterkeit und Heiterkeit des ungetrübten taglichen Lebens, nicht des Schmuckes bei festlichen Gelegenheiten, da das Waschen des Gesichts Bedürfnis des taglichen Lebens war, um die Vermeidung jedes auBeren Scheines beim Fasten auszudrücken und dasselbe als rein innerliche Beugung des Herzens vor Gott darzustellen, die vor Menschen unsichtbar ist und allein Gotte, der im Verborgenen sieht, offenbar wird. Treffend Luther (Bd. 43 S. 194): ,Wenn du so fastest zwischen dir und deinem Vater allein, so hast du recht gefastet, daB es ihm gefüllet; doch nicht also, daB damit ein Verbot gestellt sei, daB man nicht dürfe auf ein Fastetag in geringen Kleidern oder ungewaschen gehen: sondern der Zusatz ist verworfen, daB mans umb Ruhms willen thut, und den Le uten mit solchen up XQV:JrTcj) sonderlichen Geberden die Augen aufsperret'. - Statt haben Lchm. u. Tisch. nach Codd. tt.B [) u. a. das seltenere rcj) XQVg;alcp aufgenommen, welches wol nur Abschreiber mit dem gewohnlichen ro/ XQV:nrcj) aus v. 4 u. 6 vertauscht haben. Mit v. 19 begint der zweite Hauptteil der Bergrede: die Darlegung der wichtigsten subjectiven Erfordernisse oder Bedingungen für die Erlangung der Gerechtigkeit des Himmelreiches. Auch dieser Teil zerfült in zwei Abschnitte: v. 19-34 und C. 7, 1-12. Beide sind formell ohne verbindende Uebergange andas Vorhergehende angereiht. Im ersten zeigt der Herr, wie man in rechter Weise nach dem Reiche und der Gerechtigkeit Gottes trachten soll. V. 19-34. lJas rechte Trachten nach dem Reiche und der Gerechtigkeit Gottes. Obschon die formelle Verknüpfung dieses Abschnittes mit dem vorhergehenden fehlt, so tritt doch der sachiiche Zusammenhang deutlich hervor in der Mahnung v. 33: zuerst nach dem Reiche und der Gerechtigkeit Gottes zu trachten, auf welche alle einzelnen Mahnungen und Warnungen des ganzen Abschnittes hinauslaufen. Die einzelnen Versuche, eine formelie Vermittelung des Uebergangs nachzuweisen, sind erkünstelt. So die Meinung, daB die Gedankenverknüpfung von v. 19 ff. mit dem Vorhergehenden in dem d:rwoo5asi
sv
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196
Matth. VI, 20-22.
Sorge um Nahrung und Kleidung erlautert wird. In v. 20 u. 21 wird nicht das Sammeln von Schii.tzen verboten, sondern gezeigt, welcherlei Schii.tze der Jünger Christi sammeln soll - nicht irdische, die verganglich und unsicher sind, sondern himmlische, die unzerstorbar und unentwendbar sind. Die irdischen Schii.tze werden als solche charakterisirt, die Motten und FraS vernichten und von Dieben gestohlen werden kllnnen, womit schon die Eitelkeit des Trachtens nach solchen Schii.tzen angedeutet ist. Richtig bemerkt daher Bengel zu o:nov: habet vim aetiologiae. Im Auge hatte Christus solche Schii.tze, welche den Re.ichtum der lsraeliten ausmachten; einerseits kostbare Kleider und aufgehii.ufte Früchte, andrerseits Silbar, Gold und Edelsteine.' Jene unterliegen der Vernichtung durch Motte und PQáí
Matth. VI, 23.
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Schatze abgeschnitten werden soll (v. 21), dem ganzen geistigen Leben das notwendige Licht raubt und es so in der Finsternis W eg und Ziel vollig verlieren laBt'. Diese Auffassung des Zusammenhangs, welche Weiss nach Andeutungen von Bleek gibt, erscheint richtiger als die von Thol. u. Mey. nach dem Vorgange Luthers angenommene Verknüpfung: behufs der Erfüllung der v. 19 u. 20 geforderten Pflicht vor der Verdunklung des geistigen Auges zu warnen. Implicite liegt diese W arnung allerdings in den W orten, aber sie tritt nicht so hervor, daB sie als das Bindeglied zu denken ware. ,,Die Leuchte des Leibes ist das Auge; wenn nun dein Auge einfaltig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein · wenn aber dein Auge schlimm ist, so wird dein ganzer Leib finster sein?'. In beiden Satzen ist Ó o
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Matth. VI, 24.
Erloser diesen Ueberrest des gottlichen Ebenbildes oder das in d.em gefallenen Menschen noch vorhandene Gottverwandte hier mit gxñr; 8v úoi gemeint habe. Er sprach ja nicht zu Heiden, sondern zu seinen Jüngern und zu dem Volke, welches ihm nachfolgte, also zu Horern, die unter dem Einflusse der gottlichen Heilsoffenbarung standen, deren vovr; ~chon Eindrücke des gottlichen Wortes und Geistes empfangen hatte. Dieser Umstand berechtigt jedoch nicht zu Deutungen des ro
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:M:atth. VI, 25.
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scheinlich aus ¡i~iq~ von i~"' absconditum contrahirt (Gesen. thes. p. 552), nicht von ¡~~ das worin der Mensch sein Vertrauen sezt, nach ])rus., Castel!. mit Bl. u. Thol. abzuleiten. Hier ist der Mamon als Qi:ilz!)p_er.aonificirt, dem man dienet (oov2svsi). Tre:ffend, Ly,Jf1i;,r (Bd. 43 S. 234): ,Geld und Gut, Weib, Kind, Haus und Hof haben ist nicht Sünde; allein daB du es nicht lassest deinen Herrn sein, sondern lassest's dir dienen, und sei du sein Herr'. V. 25-34. Pie Eitelkeit des Sorgens um den irdischen Lebensbedarf. V. 25. Die Mahnung: nicht zu sorgen um Nahrung und Kleidung ist mit ó'ta wv7:o an v. 24 angeknüpft. Deshalb, weil der Mensch nicht Gotte 11nd dem Mammon zugleich dienen kann, soll der Christ auch nicht sorgen -rfj -ipvxfí irLRückfilv4taµ(\].i{tSeeie, als das a11in,gtlJ~vh.eLel>E.J11,~ princi.p fii!'. g¡¡,~ ~~Q{l!l. ge,11ant, um die N ahrung, und hinsichtlich des Leibes um die Kleidung - ne forte, quamvis jam superflua non
quaerantur, propter ipsa necessaria cor duplicetur.
August.
Jesus untersagt hier nicht blos das angstliche und schwere Sorgen, sondern da§Jl~rrgen ..111'.11 gep. _!rdischen Lebensu¡:iterl;J,¡¡,lt iil>.eJ:h¡¡;¡u,it. Das W. µsr¿tµvav sorfJl~.?1 wird sensu bono und sensu malo gebraucht. Die Sorge oder Sorgfalt für die Bescha:ffung des Lebensbedarfs durch A,rbeit und trel1.e A,µsr!c4tµ;ng d,gs, irdisvh,ei;t)3erufes will Christus nicht verbieten, sondern nur das Be,&Q:i;gtsein, .ob und wie man das Notige für Nahrung und Kleidung erschwingen werde, d. i. ein Sornen aus :J\'Iaµgel an, Ye.r_tri:z11eµ a.J!f Gott, der für uns sorgt ( 1 Petr. 5, 7f.Wfe verkehrt dieses Sorgen sei, macht der ErlOser zuerst anschaulich durch ein argumentum a maio.rJJJiLtrdnU$: ,, Ist nicht das Leben mehr als die Nahrung und der Leib mehr als die Kleidung?" wobei vorausgesezt ist, da.B Gott das Leben gegeben und den Leib gescha:ffen hat. Hat Gott das Gro6ere - Leben und Leib gegeben, wird er nicht auch das Geringere - Nahrung und Kleidung geben? Alsdann führt er beide Punkte weiter aus und zeigt zuerst v. 26 u. 27, da.B das Sorgen um die Nahrung aus Mangel an Vertrauen auf Gottes vaterliche Fürsorge fl.ie.Be und doch nichts ausrichten konne. Den Mangel an Gottvertrauen dekt er auf durch den Hinweis auf die Vogel, die ihre Nahrung nicht selbst bescha:ffen und bereiten und doch von Gott ernahrt werden. Vogel des Himmels, im A. T. stehende Ausdruksweise, die am Himmel fliegen, in der weiten freien Luftregion leben. Saen, ernten und in die Scheuern sammeln bezeichnen die verschied.enen.Arb.eite,1i, durch welche der Mensch die Nahrungsmittel sich bescha:fft. otacpér¿stv durch µa22ov verstarkt: vieL~y:r;n::21!!Zliv~.t;~ ~~i:r!~ Die Anwendung ist folgende: Wenn die Vogel, die nicht saen u. s. w., von Gott ernahrt werden, um wie viel mehr ihr, die ihr saen .... konnet. Dagegen meint Achel.: die Voraussetzung: ,die ihr saet' liege nicht in dem Gleichnisse, sondern nur der Gedanke: ,wie die Vogel ohne zu saen ... ernahrt werden, so auch ihr ohne da.B ihr etwas für euren Lebensunterhalt thut'. Dies sucht er weiter damit zu begründen, da.B ja die Jünger in der Nachfolge Jesu daran gehindert seien, irgend etwas zur Erwerbung ihres Lebensunterhaltes zu thun, folglich auch in dieser Beziehung den
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Matth. VI, 26-29.
Vogeln gleich waren. Allein diese Begründu:qg wird schon durch die Thatsache wJQ~rigg!,Aª~· der Aposte! Paulus, ohne als Jünger Jesu seinen Beruf zu vernachlassigen, sich durch seiner Hande Arbeit seinen Lebensunterhalt erwarb. Die Argumentation selbst aber stüzt sich einerseits auf allzubuchstabliche Deutung des Saens, Erntens u. s. w., als ob der Ackerbau das einzige Mittel zur Beschaffung des Lebensunterhaltes sei, andrerseits auf contextwidrige Ausdeutung des Gleichnisses. Christus wiU n.ic.ht.das. Admiten beh11fsder Erlangung des Lebensunterhaltes, sondern ll11I' das glaubenslos() S9rgel), um Nll.hrnng .und Kleidung untersagen. Auch die Vogel des Himmels müssen sich·ihr Futter auf der Erde suchen und auflesen. Zu beachten ist noch der Ausdruck: eu.en himmlischer Va ter. Die Christen stehen zu Gott in einem andern Verhaltnisse als die Vogel. Gott ist nicht blos ihr Schi:ipfer, wie er der SchOpfer der Vogel ist, sondern istJ~I~i111111Hscher Va.te:r,.der..mit vaterlicher Liebe sie versorgt. - Dem Sorgen liegt aber nicht blos lJ)~glª1HPE:l zu Grunde, sondern auch "(fuye,JJlJ.filld. Mit allem Sorgen kann der Mensch seine Lebensdauer nicht um eine Elle verIangern. 1 'H2txía bed. sowol das L!.ll:ttmsalter, besonders das kraftige Alter, als die Ki.i.mergr-08.e, Statur (vgl. Luc. 19, 3). Die leztere Bedeutung: statura, Lange ( Vulg., Luth., Calv., Beza u. a.) pa6t hier nicht. Der Zusatz von einer Elle zur Leibesgro6e oder Korperlange würde eine au6erordentliche Vergro6erung ausdrücken, wahrend Christus mit :n;~xvv gva offenbar nur ein sehr geringes Ma6 bezeichnen will. Hier bed. ~2txía also das !,&hensalt.fü: o..der.die..Lebenslange, indem das Leben als ein Stadium gedacht ist, welches der Mensch zu durchlaufen hat; vgl. 2 Tim. 4, 7. Act. 20, 24. Hi. 9, 25 und Ps. 39, 6, wo die Lebensdauer mit einer Spanne verglichen ist. V. 28-30. Eben so eitel und nichtig ist das Sorgen um die Kleidung. Da Gott die Lilien des Feldes in eine Pracht kleidet, welche den hüchsten Glanz menschlicher Bekleidung übertrift, so kann und wird er auch für die notige Kleidung derer, die auf ihn vertrauen, sorgen. Km:aµá{}n;s lletrachtet; xaraµav{}ávctv eig. genau lernen, Kentnis, Einsicht bekommen oder nehmen; im N.T. J:l,!lr ..hier. K(!Ívov 1\tj~l!i die Lilie überhaupt, im Oriente haufiger r9th,. .orangenfarbig.und g\llll als weiJ3 , deren verschiedene Arten, darunter die Kaiserkrog!='J!·h..dJe s9:Q~l\~~e, im Oriente aµJ dem Felde (ro dy(!oi3) ohne~pflegende Menschenhand wachsen. Ilm~ rpie, wie anmutig und schOn sie empo:rwachsen (Mey.). ,,Sie arbeiten und spinnen auch nicht", d. h. konnen.n!cht selbst ihre Kleidung.sich.bereiten. Die Farbenpracht der Lilien wird als ihr Kleid betrachtet. Dieses übertrift die Herrlichkeit des Konigs 1) Die Partikel as steht metabatisch, zu einem anderen Punkte überleitend, nicht auf einen stillen Einwurf, namlich auf die Erwagung, da~ troz der schopferischen Fürsorge Gottes so viele Vogel des Himmels aus Mangel an Nahrung zu Grunde gehen, hindeutend (Achelis), worauf Jesus mit dem leidigen Troste: ,schüzt euch denn euer µe(?tµvav vor gleichem Geschicke?' antworten würde. - Ein dem Zusammenhange der Rede ganz fernliegender, und die Ermunterung zum Vertrauen auf die Fürsorge des Vaters abschwachender Gedanke.
Matth. VI, 30-34.
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Salomo in aller seiner Pracht. sv :náú'J] Tfj oÓs1J avwv geht nicht blos auf das Prachtkleid, sonderu auf den ganzen solennen apparatus des Konigs, von welchern die Kleidung nur einen Teil ausroachte. Ueber Salomo's sprichwortlich gewordenen Reichturo und kiiniglichen Glanz vgl. 1 Kiin. 10, 18 ff. 2 Chr. 9, 17. Pred. 2, 4 ff. - V. 30 gibt die Anwendung in Forro eines Schlusses a minori ad majus. Das Gras (o XÓ(!TO~) des Feldes ist genant als Ge~us; zu 'welchem auch die Lilien gehOren, um dieselben als geringfügig zu bezeichnen. Dies geschieht noch rnehr durch den Zusatz a1µsQOV ÓvTa xT2. das heute vorhanden ist und roorgen als verdorret in den Ofen geworfen wird. Dürres, vertrocknetes Gras wird im Morgenlande als Feuerungsmaterial verwendet. In der Anrede o2qÓJrtúTOl dekt der Herr den ge]:¡eirneI1 Hin~er grund .rler Nahrungssorgen.auf.. - Mit v. 31 u. 32 kehrt die Rede zu ihrem Ausgangspunkte, zu der Erroahnung v. 25 zurück, welcher weiter durch den Satz, da6 das Sorgen h_eidnisch ~ei, ~egründet wird. Das ráQ des ersten Sa!zes v. 32 begründet das µi¡ ovv µs(!tµv1úr¡TE, das zweite yá(! nach olasv ist explicativ, die Begründung erlauternd. Die Heiden sorgen um Nahrung und Kleidung, weil sie Gott den hirorolischen Vater nicht kennen. In v. 33 nent der Herr den Gegenstand, nach welchero seine Jünger JCQWTOV d. h. vor allero anderen trachten sollen. Zr¡rslTs tracht(lt, strebt darnach zu erlangen ri¡v {Jaút2síav xal, ri¡v &xawúvvhv avTOV. So lautet der Text nach Cod. ~; der Genitiv Tov -8-sov fehlt auch in Cod. Bu. einigen Verss. u. Kchvv., und ist o:ffenbar sp¡i,tere.ErBitII: zung, Nach der ursprünglichen Lesart gehiirt avTOv zu beiden Worten und weist auf ó :naTi¡Q vµwv ó OV(!ávw~ zurück: das Reich und die Gerechtigkeit eures hirorolischen Vaters. Dieses Reich ist das Hi:ounel~ reich, das durch Christuro gegründete l}!J!YJ! Q()t!eS. (s. zu 3, 2); ~ otxawúvvr¡ ist nicht die Gerechtigkeit aus dero Glauben (luth., Calv. u. A.), sondern die für den Eingang in das Himroelreich geforderte sittliche Rechtb.escha:IIenheit (5, 20), d. i. die von Paulus al¡¡ Er11cht der Glaubensgerechtigkeit geforderte Lebensgere~P:ti~lfe,it (Roro. 8, ·4. 5, 18. 21). Denen, die darnach trachten, wird TavTa návra d. i. Essen, Trinken, Kleidung dazu gegeben werden, womit nicht ein zweites Trachten überhaupt (Mey.), sondern nur das Sorgen uro Nahrung und Kleidung als zweites Trachten ausgeschlossen wird. Zur Sache vgl. 1 Tiro. 4, 8. Mrc. 10, 30 und als geschichtlichen Beleg die giittliche Antwort auf i}!!loroo's Gebet 1 Kg. 3,l ! ff. --- V. 34 SchluBermahnung, aus dem bisher -Geságtei gefolgert (ovv); nicht hinsichtlich des roorgenden Tages zu sorgen, roit der Begründung: der morgende Tag µc(!tµv~Oet fovT~~ (so - nicht de 8avTijg ist nach r::t.BGLSVu. a. zu lesen) ,,wir
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Matth. VI, 34. VII, 1.
welche den Begriff der Sorge ausdrücken, wie
Matth. VII, 2-6.
203
werden soll, erhellt schon daraus, daB die Rede nicht an die Obrigkeit und die Amtstrager, sondern an die Jünger Christi insgemein gerichtet ist. Auch die geistliche Mahnung und Warnung des Bruders, um ihn vor dem sittlichen Verderben zu bewahren und zu bessern, wird. nicht ausgeschlossen. Denn diese Mahnung wird zu einem Richten desselben nur, wenn sie nicht aus reiner Liebe für das Seelenheil des Bruders füe.Bt und ihr nicht die geistige Selbstzucht voran und zur Seite geht (vgl. v;4 u. 5). Wer ohne dazu berufen zu sein und ohne rechte Selbsterkentnis und ernste Selbstzucht Andere richtet, der wird gerichtet, namlich von Gott. Das X(!t{tij7:8 von Gerichtetwerden von Anderen zu verstehen (Erasm., Calv., Fritz. u. A.) ist gegen den Context, gegen v. 2, wo die Vergeltung als eine dem Richten aquivalente bezeichnet wird, was nur von dem gottlichen Gerichte gilt. 8v (v. 2) ist instrumental ( = ~) und bei µÉ7:(!0V an ein HohlmaB, Getreidema.B zu denken, wie Luc. 6, 38 zeigt. - V. 3--5 hangen mit v. 1 u. 2 eng zusammen. oé metabatisch. Die Verse erlautern, wie es sich mit dem Richten gewohnlich verhalt, namlich so, da.B man für die Fehler Anderer ein vial schiirfercs Auge als für die eigenen zu haben pfiegt. Durch die Fragform: 7:l {12é:Jrw; wird das Verwerfüche des Achtens auf die kleinen Fehler des Bruders, wenn man die eigenen groben Fehler nicht bemerkt, angedeutet. xá(!rpor; Splitter von Holz, Reisig oder Stroh Bild eines geringen sittlichen Fehlers; ooxó; Balken - Bild eines gro.Ben: Dieses Bild war sprichwortlich und findet sich nicht blos im Talmude, sondern auch bei den Arabern (s. die Belege bei Tkol.). Der Vergleichungspunkt ist aber nicht mit Tkol. auf das Schmerzhafte zu beziehen. Diese Beziehung liegt nicht nur ferne, sondern paSt auch nicht zu dem Satze: ,,den Balken in deinem Auge wirst du nicht gewahr." Die Vergleichung liegt blos in dem Gegensatze des Winzigkleinen und des GewaltiggroBen, und das Auge komt dabei in Betracht als das Leibesglied, auf welches sich der Blick zunachst richtet, wenn man mit jemand redet. In v. 3 ist das Bild nach einer andern Seite ausgeführt. Ilwr; B(!Blr; ,, wie darfst oder magst du sagen?" árpsr; 8x{Já2ro ,,IaB ich will herausziehen" (8x{Já2ro Conjunctiv der Ermunterung). v:n:OX(!tTá Heuchler. So nent der Herr einen solchen, weil er sich als fehlerfrei benimt, wahrend er mit viel groSeren Fehlern behaftet ist. TÓ7:8 &af12élpstr; ,,dann magst du zusehen" (das Futur concessiv oder potontial). - Aus v. 5 ergibt sich ganz klar, daB nicht überhaupt das Bestreben, scinen Bruder zu bessern getadelt, sondern nur gefordert wird, daS demselben das Ablegen der eigenen Fehler vorausgehen muS. Wer dies beherzigt und sein Auge für das Erkennen der eigenen Gebrechen schlirft, dem wird die Lust zum Splitterrichten des Nachsten sicherlich vergehen. V. 6. Ohne formelle Verknüpfung wird in der Weise gnomologischer Rede die Warnung, das Heilige nicht den Hunden zu geben, angereiht. Den Zusammenhang und Gedankenfortschritt hat Beng, richtig angedeutet: Extrema enim sunt, j'udicare nonjudicandos et canibus sancta dare. Die Gnome: ,,Gebet nicht das Heilige den Hunden und werfet
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Matth. VII, 6.
nicht eure Perlen vor die Sane, damit sie dieselben nicht zertreten mit ihren FüBen und sich wenden und euch zerreiBen", enthalt eine Warnung nicht vor allzugroBer Laxheit des Urteils ( Olsh., Stier), sondern vor verkehrtem Besserungs- oder Bekehrungseifer, welcher den Mangel der Empfanglichkeit am Andern übersieht (Mey., Achel., Weiss). Hunde und Schweine als unreine und verachtete Thiere (Prov. 11, 22. 26, 11. 2 Petr. 2, 22. 2 Sam. 3, 8. 9, 8. 2 Kg. 8, 13. Phil. 3, 2) sind Bilder profaner, in Sündenlust versunkener und für die gottliche Warheit unempfünglicher Menschen. Viele Ausll. fassen die beiden Thiere als Bilder zweier, verschiedener Menschenklassen. Chrysost. versteht unter den Hunden die Gottlosen (Heiden), unter den Schweinen die Lasterhaften; Hilar. unter jenen die Heiden, unter diesen die Haretiker; August. un ter jenen die oppugnatores veritatis, unter diesen die contemtores; Achelis will nach der Eigentümlichkeit der beiden Thiere Menschen verstehen, deren Hauptcharakterzug hündisch reizbare Schamlosigkeit oder Unverschamtheit und schweinische Fleischlichkeit und Gemeinheit ist. Für diese Distinction laBt sich anführen die Nennung verschiedener Dinge, die den Thieren zur Speise hingeworfen werden; dagegen aber spricht, daB in der Beschreibung des Verhaltens der Thiere gegen das ihnen Vorgeworfene zwischen beiden nicht unterschieden wird. Zwar hat man die Satze: ,,damit sie dieselben nicht zertreten und sich wendend euch zerreiBen, auch auf die beiden Thiere so verteilen wollen, daB das Zertreten sich auf die Schweine, das ZerreiBen auf die Hunde bezoge. Aber offenbar gekünstelt, da in diesem Falle von den Schweinen nur das Zertreten der Perlen, von den.Hunden nur deren Wut gegen die Menschen ausgesagt ware. Noch starker spricht gegen diese Unterscheidung die Bezeichnung der Gaben, welche den Thieren hingeworfen werden; den Hunden ro &ywv, den Sanen wv; µar¿yaQlw; vµwv eure Perlen. Da die Perlen einige Aehnlichkeit haben mit Erbsen und Eicheln, welche Schweine gerne fressen, so meinten Herm. v. d. Hardt, Paul. u. Thol. auch To &ywv von etwas verstehen zu müssen, was die Hunde fressen konnen, und haben an heiliges Opferfleisch gedacht. Aber diese Beziehung des nicht naher bestimten TO &ywv ist willkürlich, da man mit demselben Belieben auch an heiliges Brot (1 Sam. 21, 5) oder an jedes Speisopfer (Lev. 22, 2 f.) denken konte. Der Ausdruck ist in seiner Allgemeinheit ,,das Heilige" zu belassen. Hiernach kommen auch die Perlen nur als etwas hOchst Wertvolles in Betracht, das den Jüngern anvertraut ist (vµwv); und beide Worte bezeichnen dieselbe Sache nur nach verschiedener Beziehung. JJas Heilige ist die evangelische Warheit, die als ein kostbares Gut mit Perlen verglichen ist. - Mit dieser sprachgemaBen Erklarung des TO &ywv wird nicht nur die Unterscheidung der Hunde und Sane als Bilder verschiedener Menschenklassen hinfüllig, sondern auch jeder Versuch, die beiden mit µ¡j:TwTS eingeführten Satze auf die beiden Thiergattungen zu verteilen. Wenn aber TO &ywv überhaupt die evangelische Warheit ist, so scheint dieses Gebot Christi nicht erfült werden zu konnen, ohne die
lVIatth. VII, 7.
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Gefahr es zu übertreten. Wie konten die Apostel und wie konnen überhaupt die Verkündiger des Evangeliums wissen, ob unter denen, welchen sie dasselbe verkündigen, sich nicht freche Verachter befinden, die nicht allein die Warheit verlastern, sondern ihren Zorn sogar an den Ver kündigern derselben auszulassen suchen? Um dieses Bedenken zu beseitigen wolten Chr. Starke, Olsh. u. A. das Heilige von der eigentlichen Heilswarheit des Evangeliums und deren Mitteilung ohne vorhergegangene Gesetzespredigt verstehen. Aber diese Unterscheidung von Evangelium und Gesetz steht mit der Vorschrift c. 10, 27. Mrc. 16, 15. 2 Tim. 4, 3 in Widerspruch und ist auch für die Praxis von sehr zweifelhaftem W erte. Manches harte Menschenherz verstokt sich gegen die Predigt des Gesetzes und Ia6t sich durch die Predigt des Evangeliums von der Gnade Gottes gegen die verlorenen Sünder erweichen und bekehren. Hiezu komt, was Bleek hervorgehoben hat, da6 wir von keinem Menschen, wie stumpf und wie versunken er auch scheinen moge, wissen konnen, ob er nicht durch Gottes Gnade für die Heilslehre empfünglich und durch dieselbe bekehrt werden konne. Daher meinten Zmingli, Luther, Calv. u. A.: wer die Hunde und Schweine sind, das konne erst aus dem Erfolge beurteilt werden. Erst das Verhalten gegen die mitgeteilte gottliche Gnade und Heilswarheit konne klar machen, wer zu den xvvE~ und xol(>Ot gehOre. Daraus folgt aber unzweifelhaft, da.B dieser Ausspruch Christi nicht auf die Predigt des Evangeliums im Allgemeinen, sei es unter den Heiden oder in der Gemeinde, bezogen werden darf, sondern nur von der Mitteilung der gottlichen Heilswarheit an solche gilt, die ihre Verstoktheit gegen das Evangelium offen kundgegeben haben. So gefa6t steht diese Gnome im Einklange mit der Instruction, welche Christus c. 10, 12-14 den Aposteln erteilt, den Friedensgru6 auch dem Hause zu bringen, welches desselben nicht wert ist, und erst wenn ihre Rede nicht aufgenommen wird, ein solches Haus oder Stadt zu verlassen und den Staub von den Fü6en zu schütteln. Nach dieser Vorschrift verfuhr auch der Aposte! Paulus Act. 13, 14 und gab die namliche Anweisung dem Titus (Tít. 3, 11). 1 V. 7-11. Ermahnung zum Bittgebete. Diese Ermahnung ist nicht speciell als Anweisung zu fassen, wie die rechte Weisheit, das Gebot v. 6 zu erfüllen, erlangt werden konne ( Chrysost., August., Luth., Stier) - ein so enger Zusammenhang würde sicher irgendwie angedeutet sein; auch nicht blos als Anweisung, wie die Kraft zur Erfüllung der Nachsteupflichten (Thol.), sondern - wie die Kraft zur Uebung der Gerechtigkeit, welche Christus vou seinen Jüngern fordert, zu erlangen 1( Damit erledigt sich nicht nur das von Bl. erwahnte Bedenken, sondern fiilt auch der Anla11 weg zu der auf.ierst gezwungenen Annahme von Achelis, da11 Úi éiywv und ol µa(!ya(!iua nicht die evangelische Warheit als solche seien, sondern etwas, was seinen Ort lediglich unter solchen hat, welche brüderlich mit uns verbunden sind, niimlich die heilige Bruderpflicht der brüderlichen Bestrafung in Demut und Sanftmut, oder die personliche Tüchtigkeit, diese heilige Bruderpflicht zu üben, die niemand den Unempfiinglichen gegenüber üben solle.
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Matth. VII, 8.
sei. So gefaBt bilden diese Vv. ein, ohne engere Anknüpfung an das Vorhergehende eingeführtes, selbstandiges Glied der Rede und den passenden AbschluB der Darlegung der für das Eindringen in das Himmelreich unerlaBlichen Erfordernisse. Die W. ahslrc, t,r¡rclu, X(JOVB'TB bilden eine Klimax; t,r¡ulv bezeichnet das beharrliche Verlangen, wie lliif.~ Jer. 29, 13; X(JOVBtV das Beharren, auch wenn die Gewahrung versagt scheint, vgl. Luc. 13, 25 (Thol. nach Chrysost.), ,da6 er uns damit will desto starker ermahnen zum Beten' (Luth.). Die Aufforderung zum Bitten mit ihrer VerheiBung wird v. 8 durch eineallgemeineErfahrungswarheit begründet und die Gültigkeit dieser Warheit auf dem geistlichen Gebiete in v. 9-11 durch einen Schlu6 a minori ad majus aus dem Verhaltnisse des Vaters zu seinen Kindern erlautert. In Betreff des Sinnes ist zu beachten, daí3 die Zusage nicht lautet: dem Bittenden wird das Erbetene gegeben u. s. w., sondern: ihm wird gegeben (ohne Object); der Suchende findet. Der himmlische Vater erhOrt das Gebet seiner Kinder auch, wenn er ihnen statt des Erbetenen etwas anderes gibt. Aus eigener Lebenserfahrung, die er in seinen Confess. l. V c.15 mitteilt, sagt daher Augustin. c. 34 ad Paulin.: bonus autem ])ominus, qui non tribuit saepe quod volumus, ut quod mallemus tribuat~ Damit erledigt sich die von vielen Ausll. für notig erachtete Beschrankung des ahcln und t,r¡nlu auf das Bitten in der rechten Gesinnung und um die rechte Gabe. Die Ausdehnung der Gnome auf alles moglicheBitten wird schon durch den Context abgeschnitten; denn dieser führt nur auf Bitten um das, was der Jünger Christi für die Erfüllung seines christlichen Berufes bedarf oder notig zu haben meint, wozu jedoch nicht blos geistliche, sondern auch irdisch leibliche Gaben und Güter gehOren, wie die vierte Bitte des VU. lehrt. - In v. 9 ist &v&(Jm.nor.; nicht pleonastisch, sondern zugesezt, um den menschlichen Vater im Gegensatz zu Gott deutlich zu bezeichnen. Die Satze O'v eav ahñ
Ma.tth. VII, 12. 13.
207
ist blos drafJ.á wiederholt. Lukas hat 11, 13 dafür :n:vroµa éíytov gesezt - eine demCharakter seines Evangeliums (vgl. S. 5) entsprechende Naherbestimmung. V. 12. SchlieBlicheZusammenfassungaller bisherigen Ermahnungen in die Gnome: ,,Alfes was ihr irgend wollet, daB euch die Leute thun sollen, also thuet auch ihr ihnen", die durch ol.iv an das v. 1-11 besprochene Verhalten gegen den Nachsten angeknüpft ist, ihrem Inhalte nach aber alles zusammenfaJ3t, was in der ganzen Rede über die Pflichten gegen den Nachsten gesagt worden, und mit ihrem Schlusse: ,,Denn dies ist das Gesetz und die Propheten" d. h. darin ist die Summe des Gesetzes und der Propheten enthalten (vgl. 22, 37-40), auf c. 5, 17 zurückweist. So Luth., de W., Stier, Mey. Hinsichtlich des Sinnes dieser Sentenz ist zu beachten, erstlich daB dem :n:áv-r:a oaa nicht -ra'ÍJ-ra gegenübergestelt ist, sondern o&ro~, welches die Art und Weise des Thuns ausdrükt und auf die Gesinnung hinweist, welche wir in unserem Verhalten gegen den Nachsten bewahren sollen, sodann die positive Form des Spruches, durch welche das eigene Heilsbedürfnis zuro MaBstab für die Pflicht gegen den Nachsten gemacht ist. Dadurch unterscheidet sich dieser Spruch von allen aus Tob. 4, 16, den Rabbinen und heidnischen Klassikern als Parallelen beigebrachten Sprüchen, die samtlich auf den negativen Gedanken hinauskommen: Was du nicht wilst, daB dir geschehe, das thue auch Andern nicht. Eine Maxime des kalten Egoismus, der dem Andern kein Unrecht zufügt, um sich gegen Schaden und Nachteil zu sichern. - So richtig verstanden bedarf der Spruch auch keiner Verclausirung; denn der Christ, welcher will, daB die Menschen ihm thun sollen, so wie er gegen sie gesinnet ist, der kann Unrechtes oder Unsittliches Anderen weder zumuten noch thun wollen. V. 13-27. Epilog und Schluss der Rede. ,Er hat nun ausgepredigt, unser lieber Herr, und beschleuJ3t endlich dieselbige Predigt mit etlichen Warnungen, uns zu rüsten wider allerlei Hinderni6 und Aergerni.B, beide der Lehre und des Lebens, so uns unter Augen stoJ3en in der Welt' (Luther). - V. 13 f. Die Ermahnung: ,,Gehet ein durch die enge Pforte" knüpft offenbar an 5, 20 an. DaB der Eingang ins Himmelreich gemeint ist, versteht sich hiernach von selbst. Diese Ermahnung wird aber nicht blos e contrario, sondern durch. zwei mit o-r:t eingeführte Satze begründet, indem v. 14 auv~ statt -rl aumj der rec. zu lesen ist. 1 Diese beiden Satze sind coordinirt; o-r:t a-r:evf¡ xrA..
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1) Zwar :findet sich 7:Í in den meisten Codd. (B 3 EGKL u. a.) und Bu nur in aber es kann kaum zweifelhaft sein, daf1 llu die ursprüngliche Lesart war, die in 'Ci geandert wurde, weil man an dem doppelten Bu Anstof1 nahm oder weil man den Spruch v. 14 als selbstii.ndige Gnome zu gebrauchen gewohnt war. In Cod. B spricht gegen die Ursprünglichkeit des .,;i entscheidend das hinzugefügte rfé, das einen Fingerzeig für das richtige Verhii.ltnis der beiden Aussagen über die Pforte und den Weg liefert, indem es zeigt, daf1 man die beiden Aussagen als antithetisch coordinirt faf1te. Diese Coordination war rhetorisch durch Wiederholung des Bu ausgedrükt, wie im Griechischen hii.u:fig zwei Sii.tze mit rá(I auf einander folgen (vgl. Kühner U S. 856. Anm. 4). Diesen rhetorischen ~*B*X;
208
Matth. VII, 14. 15.
on
kann nicht den vorhergehenden Satz :rcJ..arsía xrJ... begründen, sondern führt einen zweiten Grund ein für die Ermahnung: durch die enge Pforte einzugehen, wofür in einfacher Rede xal oder os unmiBverstandlich gewesen ware. In beiden Satzen ist au6er ~ :rcvlr¡ noch ~ óoór; genant. 1 Da zuerst die Pforte, sodann der Weg genant ist, so meinen Beng., Lange, Mey., Achel., daB die Pforte am Anfange des Wegs zu denken sei, wie bei eingezaunten Gartenanlagen. Allein so sinnreich dabei auch Pforte und W eg si ch geistlich denten lassen, so ist doch diese Vorstellung schon darum nicht haltbar, weil dann innerhalb des Reiches Gottes zweierlei Wege, ein breiter und ein schmaler, angenommen werden müBten, da was innerhalb der Pforte liegt, unzweifelhaft zum Bereiche des von der Pforte eingeschlossenen Himmelreiches gehi:irt. Das Bild der Pforte ist in der Ausführung oder Begründung der Ermahnung zur Vorstellung von Pforte und Weg erweitert, um den Gegensatz der d:rccólsta und der f;w~ anschaulicher darzulegen, als es durch das Bild der Pforte geschehen konte. ,,Denn weit ist die Pforte und breit der Weg, der in das Verderben führt, und Viele sind die durch sie (die weite Pforte in die d:rccó2sia) eingehen; denn eng ist die Pforte und eingeengt (rsff2iµµsvr¡) ist der Weg, der zum Leben führt, und Wenige sind die ihn (diesen Weg mit der Pforte) finden." ~ a:rco52sta ist das ewige Verderben, die ewige Verdammnis; ~ f;w~ das ewige Leben, die ewige Seligkeit. W eite Pforte und breiter W eg ist Bild der Ungebundenheit der sinnlichen Lust. Die Pforte und der Weg zum Leben ist dagegen schmal und beengt, weil er Verleugnung der irdischen Lust und Begierden fordert. Damit steht nicht in Widerspruch, da6 der Herr in 11, 29 sein Joch sanft und leicht nent, denn dies gilt von den Gnadenerfahrungen, welche dem Wiedergeborenen die Nachfolge Christi leicht machen. V. 15-20. Warnung vor den falschen Propheten. Da der Weg zum Leben schwer zu finden ist, so darf man nicht jedem, der als Führer zum Leben auftritt, sich hingeben. Falsche Propheten sind alle, die ohne gottlichen Beruf als Lehrer des Heilswegs und als Führer auf diesem Wege auftreten. Der Begriff des 1:/)svoo:rcQO
Matth. Vlf, 16.
209
der des 1/Jl!Voo&óáuxaA.o~; er invol virt nicht blos die lrrlehre, sondern das Verkündigen selbsterdachter Lehren als gottlicher Offenbarungen. Oh der Erloser dabei an jüdische oder an christliche Pseudopropheten gedacht habe, darüber sind die Ausll. geteilter Meinung. Der Behauptung von Weiss, daB man aufjedes geschichtliche Verstii.ndnis der Bergrede verzichten müsse, wenn man meine, Christus habe hier an christliche Irrlehrer gedacht und seine Jünger für die Zukunft vor solchen gewarnt, liegt eine totale Verkennung des Zweckes und der Bedeutung der Bergrede zu Grunde. Diese hat Christus nicht blos für die damaligen ZuhOrer, sondern für alle Jünger in der Gegenwart und Zukunft gehalten. Die Alternative entweder jüdische oder christliche Lehrer ist durch nichts indicirt. Der Zusammenhang mit v. 21 ff. weist unfraglich auf christliche Irrlehrer und Pseudopropheten (Mtth. 24, 11. 24. 1 Joh. 4, 1. Apok. 16, 13. 19, 20) hin. Das Herr-Sagen paBt nicht auf Pharisaer (Tkol.) und Leute wie Judas den Galilaer (de W.); auch die Schilderung der Pseudopropheten als solcher, die in Schafskleidern kommen, eignet sich méhr für christliche als jüdische Verführer. Doch mochte mit Rücksicht auf die Verhii.ltnisse, unter welchen die Rede gehalten worden, die Beziehung auf die Pharisii.er, welche ihre Satzungen für gottliche Offenbarung ausgaben, nicht ganz auszuschlieBen sein ¡ jedenfalls aber ist sie ganz untergeordnet und vorzugsweise an Verführer zu denken, die sich auBerlich zu Christo bekennten. Die Charakterisirung derselben: sv svóvµautv XQO{lá?:wv ,,mit Schafskleidern angethan" drükt nicht , die scheinheilige Frommigkeit, wie sie Jesus 6, 1-18 abgemalt' (Weiss), sondern die Unschuld und Sanftmut des Auftretens dieser Menschen aus - vestibus ut si essent oves, sagt Beng. tre:ffend. An Schafpelze, wie sie etwa Propheten trugen, ist dabei nicht entfernt zu denken. ~oro1J.1Jv Of inwendig aber d. h. im Bilde: unter der Hülle des Schafkleides, sachlich: ihrem inneren Wesen nach sind sie lvxoi aQXa')'I!~; so bezeichnet in Bezug auf ihr seelenverderbliches Wirken, vgl. Act. 20, 29. Joh. 10, 12. - V. 16. Erkennen soll man diese Menschen an ihren Früchten. Die Früchte der Pseudopropheten sind das was sie mit ihrem Auftreten, Lehren und Wirken erzielen oder zuwegebringen, also weder ihre Lehre, wie nach Rieron. u. Calv. die meisten katholischen und protestantischen Ausll. meinen, noch ihr Lebenswandel, ihr sittliches Verhalten (Mey.), auch nicht Lehre und Wandel (Bucer und gewissermaBen auch Lutker, so fern er in den verschiedenen Auslegungen dieser Vv. einmal diese, ein ander Mal jene Beziehung hervorhebt). Lehre und Wandel sind Mittel ihres Wirkens, aber nicht Früchte, die sie mit ihrem Wirken hervorbringen. Früchte sind das Produkt ihrer Wirksamkeit. Daran wird die Unlauterkeit ihres Herzens offenbar werden, wahrend Lehre und Wandel kein sicheres Kriterium liefern, da richtige Lehre und ehrbarer Wandel mit Unlauterkeit des Herzens verbunden sein konnen. Der Hinweis auf die Früchte wird durch ein aus der Natur entnommenes Bild erlautert. ,,Liest man wol Trauben von Dornstrauchern oder Feigen von Disteln ?" In der Anwendung dieser Se:i¡tenz, in welcher indirect die PseudoKen, Comm. z. Evangel. Matth, 14
:r.rattb.
VII, 17-22.
210 pro h t it l)ol"nen und Disteln verglichen sind, wird uur das Bild d PB ªu:c:Íestgehalten und v. 17 u. 18 weiter ausgeführt. Ein Baum :ur Früchte tragen die seiner Naturbescha.ffenheit eutsprechen. cUvÓQOV dya{)·Óv ist ein gesund,er, unverdorbener Baum. Dies fordert der Gegensatz óévóeov aa:iCQOV ein moderiger, morsch gewordener, angefaultor Baum (aa.ir(!Ó~ was in Füulnis übergeht). Ein solcher Baum kann nur schlechte, unbrauchbare Früchte tragan ..In v. 19 deutet der Herr auf das Los hin, das einem solchen Baume bevorsteht, uro die Warnung vor den falschen Propheten zll verstárken. Den ~edanken hat schon der Taufer 3, 10 ausgesprochen. - In v. 20 wird der Hauptgodanke v. 16 wiederholt und dnrch o6v als das Ergebnis der ganzen Erlü.uterung eingeschü.rft. V. 21-23. Wamung voi· einem Bekentnisse zu Olzristo, dem der Lebenswandel nicltt entspricltt. Die Ansícht, daS unter den Herr-HerrSagenden die v. 15 erwahnten Pseudopropheten zu verstehen seien, die noch 1lfey. verteidigt, wircl dem Wortlaute des Textos nicht gerecht. Nachdem der Erlüser die lVfahnung, durch die enge Pforte einzugehen in v. 15-20 durch die Wamung, sich vor den falsehen Propheten in Acht zu nehmen, erlltuted hat, zeigt er nun (v. 21-23) noch, daS für den Eingang in das Himmelreich auch das Bekentnis mit dem Munde zu ihm nicht genüge. Die, welche Herr, liel'l' sagen d. h. sich mit dem Munde zu ihm als dem Herrn und Meister bekenuen, sind Christen insgemein, nicht blos Lehrer oder Propheten. Wenn dieselben aber nicht den Willen seines himmlischen Vaters tllun, so wird er sic am Tage des Gerichts nicht als sei~e Jüngcr anerkennen. Die Wiederholung des ~vote drükt das Angclegentliche der Rede aus. Der Wille des himmlischen Vaters enthü.lt dio sittlichen Forderungen Gottes, und zwar, wie dor .A.usdruck: mein Vater im Himmel lehrt, die sittliche Anforderung an die Menschen, welche Christus der Sohn Gottes als den Willen saines Vaters verkündigt (vgl. 12, 50), also die ethischen Erfordernisse zur Erlangung der für den Eingang in das Himmelreich notwendigen 01xat0avvr¡ (5, 20). xág nicl1tjeder,¡ vgl. Winer S. 161. Unrichtig Fritzscl1e: nullus. - V. 22 f. Der Gedanke, daB das Herr-Sagen an sich keine Bürgschaft für das Kommen ins Himmelreich gibt, wird seiner Wichtigkcit wegen weiter ausgcführt und dahi11 erweit.ert, daB selbst Viele, die mittelst des Namens Jesn geweiJ3agt, Diimonen ausgetrieben und Wunder verrichtot haben, am Tnge des Gerichts von dem I-Ierrn werden verworfen werden. ~r.EÍ.v1¡ 1/ ~µÉ(!ct ist der Tag des Gel'ichts. Die xoJ..lol sind nicht bloBe Nnmenchristen, die sich nur mit dem Munde zu Jesu bekennen, sondern die den Namen Christi zu anscheinend christlichen Werken für die Fürclerung des Christentums gebrauchen. Der Dativ 7:ro aro ovÓµa7:t steht nicht für ~v w) - ovoµ. in deinem Namen oder jÍ(SSl; et auctoritate tua, sondern instrumental: mittelst deines Namens d. h. dadurch da.6 sie sich des Jesus-Namens als einer geistige11 l\facht für ihr Thun bedient haben. IIoorpr¡?:eÚetv weiBagen, nicht blos Zuki.inftiges vorhersagen, sondern in lfraft prophetischen Geistes wirken. lJiimonen ausll:eibendurch Exorcismus, wie der
k:!n
Ov
Matth. VII, 23.
211
Jünger Mrc. 9, 38. óvv&µw; :nowlv Wunder thun¡ óvváµEig Krafte, dann Aeu.Gerungen oder Wirkungen gottlicher Kraft. Zu beachten ist die V01·anstellung des nfí a
wv
212
Matth. VII, 24-29.
zwischen dem gottlichen und dem dfünonischen Gebiet-e mit Sicberheit zu ziehen schwer fült. V. 24-27. Scl1luB der ganzcn Predigt; durch oliv als Folgerung an v. 21-23 angelmüpft. Da der Herr am Tage des Gerichts nach dom Thun des güttlichen Willens entscheiden wird, so hangt auch der Erfolg dieser Rede nicht von dem Hüren derselben ab, sondern von dom Thun dessen, was er in ihr als Ótr.awavv17 seiner Jüngei· gcfordert hnt. In v. 24 haben Lclmz. u. Tiscll. 8 nach NBZ, Minuskeln u. Kchv. óµouXJff~úErat aufgenommen statt der t'eC. Ó,U.OU:Óúro CCV7:ÓV, für die alle ü~ri gcn Uncialcodd. u. mehrere Verss. zeugen. Da in v. 26 ó¡wu.o1hjasrat steht, so Iiegt die Vermutnng nahe, da6 das in v. 24 überwiegend bezeugte ó,aouóam avróv nach v. 26 geandert worden, um die Anakoluthio dcr Satzbiklung zu beseitigen, die übrigens hier der Rede grollen Nachdruck gibt, indem mit óµou:óaro avróv der Herr selbst das Urteil ausspricltt. Das Futurmn óµounaro (v. 24) und ÓµowJfhj
Ma.tth. (VII, 29). Y-VII u. Luc. VI, 20-49.
213
vernommenen Lehre Jesu. ,,Denn er lehrte sie wie einer der Gewalt hat uncl nicht wie ihre Schriftgelehrten." tgo1J<;la ist nicht von der Reduermaeht oder der Eindringlicbkeit der Rede (Beng., Olslt. u. A.) zu verstehen, sondem bezeielmet die persünliche Macht~ die aus dem Inhalte der Lehren •hervorleuehtete. 125~ tgovalav ~xwv als einer der gottliche Vollmacl1t hatte. ,Sie erkanten in ihm den Propheten, ja uach Aussprüchen wie 5, 17. 7, 22. 23 den l\Iessi:tsprophoten 5 Mos. 18, 15' (Tlwl.). Der Gegensatz: ,,und nicht wie ihre Schriftgelehrten" besagt nichts weiter als da.B in den Lehren dieser von hüherer Vollmacht nichts zu spüren war. Ueber das Yerhaltnis der eben erklii.rten Bergrede zu der von Luk. c. 6, 20-49 mitgeteilten sind die Ausll. verschiedener Allsicbt. Die Localitii.t beider Reden fat dieselbe; der Umsta.nd, da.ll Je.sus nach Luc. 6, 12 u. 17 die Rede lni rJmov 11Et!tv11v des Berges hielt, a.uf dessen Gipfel er die Nacht vorher zugebracht hatte, na.ch lfatth. einfach auf dem Berge, den er bestiegen hatte, begründet keine erhebliebe Di:lfe1·enz; vgl. Godet zu Luir. S. 158. Nnch beiden Evangg. bega.b sich Jesns, als er die Rede gehalten hatte, nach Capel'llaum und heilte dort den sehwer kranken Kneel1t des heidnisc11en Ha.uptmanns (JUtth. 8, 5 :lf. u. Luc. 7, 1 :ff.). Geriehtet ist die Rede na.eh beiden Relationen an die µc•.Sr¡ud und die zu Jesu gekommenen Volkshaufen (s. die Erkl. zu 5, 2). Auch iiber den Zeit1mnkt, wann die Rede gehalten worden, gleicht sieh die scheillbare Diffe1·e11z, dal1 Luk. der.selben die Erwiihlung der 12 Aposte! unmittelbar voraufgehen lii.11t, Matth. a.her seine Berufung zum Aposte! erst nach derselben (9, 9 ff.) beriehtet, unsehwer aus, sobald man nur beachtet, daf~ Matth. das Wirlren Jesu na.ch sachlichen Gesiehtspunktell geo1·dnet ha.t und die Erwühlung der Zwülf zu .Aposteln überhaupt nicht erziihlt, soudern nur bei Gelegenheit ihrer ersteu Aussendung das Verzeiclmis iltrer Na.men gibt. Ferner zeigen die beiden Reden uicht um· in ihrnm eharakteriseheu Anfonge und Sehlusse, sondern a.uch im üb1igen Inhalte so grofie Uebereinstimmung, dall sie nieht (mit A111/1Ml., Em.~m., .d11rÍ1'. o.~irmrler u. v. A. bis uf Laut1e, Leben Jesu U, 2 S. 566 f. hernb) fíir zwei verschiedene Reden gehalten 'verdell künnen, sonclern nur für zwei verschiedene Rela.tionen einer und derselben Rede, wie na.ch dem Vorga.ngc vo11 Orif/· u. Clir!J·'º·•t. die meisten neueren Ausll. annehmen. - Die Rede bei Luk. ist im Ga11ze11 viel kürzer als die bei Mn.ttb. Der Eingang enthii.lt sta.tt der acllt Seligpreisungcu llUl' vier, denen vie1· Wehe gegenübergestelt sind. Sodann fehlt bei Luk. die ·Erklii.rung des Herrn über clie Ilestimmung seiner Jünger und die ganzc Erürtertmg über clie Stcllung Jesu zum A. Bunde und über die Gerecbtigkeit, der seine .Tüngcr sich befleilligen müsscn (.l\Itth. 5, 13- ·13 u. G, 1-18), clic Warnung vor dem Sa.mmeln irdischer Schii.tze, vor Zweiherrendienst und vor Sorgen um den Lebensunterhalt (6, 19-34), so wie mehrere Sprüche in .l\Itth. 7, namentlioh v. 6-11. 13-15 u. 2lh-23. Von diesen fehlellden Stüeken und Gnomen kommen mehrere bei Luk. an verschieclenell Stellen seines Ev. in gan¡.; a.Dderem Zusammenhange vor; so die Gnome vom Salze (l\'11."th. 5, 13) in Luc. 14, 34 vgl. Mrc. 9, 50; die lfalmung sieh mit dem Widersacher auszusolmen (5, 25 f.) in Luc. 12, 58 f.; Mtth. 5, 28b u. 32 in Luc. 16, 17 u. 18, das VU. (6, 9-13) ill Luo. 11, 1-3 in abgekürzter Form; von clen bei Mtth. o. 7 fehlenden die meisten in Luc. 12, 22-34. 11, 34-36 u. 16, 13. Dagegen das JI< Ttr
214
Ma.tth. V-VII u. Luk. VI, 20-49.
bei Luk. gibt sieh zum 'l'eil als weitere Ausführung zu erkennen; so die den }foka.rismen entsprechenden Wehe (v. 24-26), oder greift nicht in den Zusammenhang ein; so v. 38 u. 39. 4f). 46, oder findet sich augenscheinlich in dem rechten Zusammenhange bei Matth. 10, 24. 12, 35. 15, 14 vgl. mit Luc. 6, 40. 45 u. 39. Mit Recht ist daher die Ansicht von der Urspriingliehkeit der Rede bei Luk. (Sc1mec~·enb., OM1., Wi?ke, Holt;m., Scl1enkel, im wesentlichen aueh Bleek) gegenwartig fast allgemein a.ufgegeben, und wird nieht nur von Scl1leietm., Kern, de W., Tliol., Weizs., Weiss, Keim u. Acl1elis, sondern auch von J.lÍe11. u. Goc/el der Rede bei :Ma.tth. der Chamkter der genaueren, den geschichtlichen Ve1·Itiiltniseen entsprechenderen Ueberlieferung zuerkant; da - wie Jfey. bemerkt -',bei Luk. die Rede einen so unvollst:i.ndigen Charakter trñgt, da.ll man in ihr nur vereinzelte Glieder eines Ul'Spriinglich viel reichhll.ltiger gewesenen Vortmgs sieht, bei lfatth. hingegen reiche Ausfültrliehkeit und gnomologische Kü1·ze und Verbindungslosigkeit derma~en ncben einander l1ergehen, wie es einem wirklich gehaltenen, geistvoll improvisirten Vortrage hochst natlirlich, nicht abe1· der compilatorisoben Kunst eines einfa.chen Uebera.rbeite1·s angemessen ist'. Wir müseen diesem Urteile im Ganzen beistimmen und der von Mattb. liberlieferten Gestalt der Rede 11icht blos nach ihren Hauptbesta.ndteilen, sondern 11ach ihrem ganzen Umfange den Cha.rakter der wesentlicben UrspTünglicbkeit viudiciren; folglich die Annahme einer Erweiterung der von Christo gehaltenen Rede du1·ch Einwebung von Ausspriichen, die Christus bei ancleru Gelegenluiiten gethan, vonseiten des Evangelisten oder seiner Quelle, die a.uch Jfe!J. u. Godet für warscheinlich ha.lten, als unwa1·scheinliclt in Abrede stellen. So zu urteilen bestimt una 11icht irgend,vclche Ansicht von der Inspirntion der heil. Schrift, sondem allein teils die Besehafl'cnheit dcr Rede bei lla.tth. im Vergleich mit der bei Luk., teils die Sclnvache der Gründe, mit welchen man die Einschaltung dieser oder jener Stücke zu beweisen versucht ha.t. Die R
Matth. V-VII u. Luk. VI, 20--49.
215
holt', und dureh die Erinnerung daran, wie es mit dem Behalten solcher Reden zuging, dan namlich der teilnehmende Zuhiirer keineswegs blos auf sein eigenes Gediichtnis beschr1inkt war, sondern die eigenen Erinnernngen und Aufzeichnungen, die schon im Hinblicke auf das nol.l.oi Luc. 1, 1 nicht auszuschlie!Sen seien, durch die l\fitte\lungen von Freuuden ergiinzen konte. Auch mu.!Ste die Neuheit und Wichtigkeit des Inhnlts, so wie der klare Gedankengang und die durch leicht falHiche Gnomen und a.us dem Leben gcgriffcne Vergleiche bclebte Form der Rede viel dazu beitrngen, sie dem Gedachtnísse sich ticf und fest eínzupriigen. Das Bedenken aber, dan J}fat-thiius na.ch 9, 9 noch nicht unter den Zuhorern war (Jle¡¡.), würde auch dann, wenn dies aus der angef. Stclle sicher folgte, nicht viel zu bedeuten haben, da Matth. auch durch Ohrenzeugen einen trcuen Bericht über die Rede erhalten konte. Aber abgesehen davon, da.IS nach Luc. 6, 13 u. 20 die Wahl dcr zwolf Apostel der Bergpredigt vorangegangen ist, liegt es denn auBer den Grenzen der .Moglichkeit oder auch nur der Warscheinlichkeit, dan Matth. vor seiner Berufung zuro Apostel und zur stiindigen Nachfolge Jesu die Bergpredigt als ,u«Sr¡t(¡' angehort haben konne, da wir una doch seinen Zollamtsdienst nicht so vorzustellcn brauchen, dan cr nicht einen halben 1'ag sich von seiner Zollstiitte hiitte entfernen konnen. 2. Für die Ausscheidung einzelner Stücke aus der ganzen Rede fehlen feste Anhaltspunkte. Alle Versuche dieser Art sind sehr schwankend und widersprechend' und stützen sich blos auf individuelle Vorstellungen teils über die Anlage und Beschaffenheit des Lukas - Evangeliums, teila über den Charakter und Zweck der Bergrede bei Matthaus, deren Richtigkeit sehr zweifelhaft ist. So würde der Umstand, dan Lukas mebrere von Matth. der Bergrede einverleibte Aussprüche an anderen Orten und zum 'feil mit Angabe von geschichtlichen Anliissen bcrichtet, nur in dem Falle eine entscheidende Instanz gegen die Ursprünglichkeit der Bergrede bei !fatth. bilden, wenn einerseits Lukas die Begebenheiten in streng chronologischer Reihenfolge erziihlt hiitte, andreraeits eine Wiederholung von Gnomen und bildlichen Vergleichungcn bei verschiedenen Veranlassungen undenkbar wiire. Aber diese beiden Vorstellungen sind umichtig. Da11 Lukas keiuen rein historischen Zweek verfolgte, sondern den evangelischen Geschichtsstoff na.ch theologischen Gesichtspunkten ordnete, haben wir 1) Die Belege hiefür liefert die neuere Eva.ngelienkritik in Menge. So solum nur einige Beispiele aus den neuesten Schriften anzuführen - naeh ICeim (Geseh. Jes.3. Bearb. S.156) Mtth. 6, 19--34. 7, 1-5. 12. 24-27. 7, 6-11. 13-23 zusammenhangslose Einschiobsel sein; nach .Achcli.~ S. 430 ff. soll der Abschnitt 6, 19-7, 12 als ,llede an die Jünger' eingesehaltet sein und in diesem Zusammenhange die hehre Harmonie des Ganzen nur stüren, uud zwischen 6, 18 und 7, 13 sollen vermittelnde Glieder, die ursprünglich da gestanden haben, fchlen. Uodel (d. Luk.-Ev. S. 183) bczeichnet 5, 23-26. 5, 2U u. 30. 5, 31 f'. 6, 7-15. 6, 19. 7, 6-11 u. 13 f. 7, 15-20 u, 7, 22 als fremdartige in den Zusammenhang der Rede eingeschobene Eleme11te, weil sie teils den Zusammenhang der Rede unterbreehen, teils an :mderen Stellcn des Evangeliums wieder vorkommen, teils (7, 21 f.) auf Ereignisse nnspielen, welche au(ler dem Gesichtskreise dieser ersten Zeit lagen. Nach Wefas (.Matth.-Ev. S.136ff.) soll die Rede ursprünglich nur mit 4 Seligpreisungen begonnen haben, und 5, 5. 7-9, au~erdem 5, 13-16. 5, 25 f. 6, 7-15. 19-34. 7, 7-11 nicht ursprünglich zur Bergpredigt gehi.írt huben und selbst der Eingang des Epiloga 7, 13 nicht urspriinglicli sein. len -
216
Matth. V- VII u. Luk. VI, 20-49.
schon S. 5 f. gezeigt. Und da~ Jesus selbst manche Aussprüche Ull(l Gnomen mehnnals wiederholt hat, d:i.für liegen unverwerfliche Zeugnisse in den Evimgelien vor. So hn.t Lukas selbst das Bild von der Leuchte zweimn.l 8, 16 u. 11, 33. In Detreff des VU. a.her hn.ben wir schon S. 182 nachgewiesen, da~ durch Luk. 11, 2- 4 die Zugehorigkeit desselben zur Bergpredigt nieht zweifelhaft gemn.cht wird. 3. Wichtiger noch oder vielmehr entscheidend für die vorliegende Fmge ist die riehtige Auffossung des Charakters und Zweckes der Bergpredigt. Nach beiden Relationen ist die Bergpredigt nicht cine Composition von vielen einzelnen, bei verschiedenenVeranlassuugen vonJesu gethanen.Aussp1·üchen, wiénach Cal11. u. Scmler, Pott u. líuinéil noch Straus.~ u. der Sache nach a.uch Baur über die Rede bei l\Iatth. urteilen; auch nieht eine Zusammenatellung der frühesten Jüngerreden Jesu (Ifei111 S. 182), noch ein hervorragendes Beispiel der Lehrweise Jesu (Wei.•.~ S. 128 u. 130); und ihr Zweck ist wede1· blos eine polemische Auseinandersetzung mit der herschenden Gesetzeslehre und pha.1isiiischen Gereehtigkeitsübung, die Jesus nach den ersten gegensii.tzliehen Berührungen mit den gefeierten Autoritii.t.en des Yolks seinen Anhii.ngem schuldete ( Weis.~ S. 222), wozu sowol die M11karismen des Eingangs, a.ls aueh die Warnungen vor dem Sammeln irdischer Schi\tze, vor So1·gen um Nahrung und Kloidung u. a. mehr in gar lteiner Beziehung stehen. Noch soll sie - wie Ew., bibl. Ja.hrb. I, S. 129 meint - ,die Einweihungsrede Christi an die Zwlilf sein und die notwendigsten G.tundsii.tze des N. Bundes in einem gro~eren Zusammenhange darlegen'; denn sie ist weder blos an die Zwlilf gerichtet, noch in eine specielle Beziehung zur Wahl derselben gesezt. Solche Zweekbestimmungen der Bergrede zeigen nur, dan ihre Urheber den Gedankengang derselben und den Zusammenhang ihrer einzelnen Bestandteile entweder viillig verkant oder na.eh aprioristischcn Voraussctzungen, wie z. B. der, dall Jesus erst allmli.lig das Bewulltsein, der Messias zu sein, gewonnen ha.be, nur einzelue Partien der Rede ins Auge gefant und darnaeh über Anlage und Composition derselben abgeurteilt hnben. Wenn hingegen Christus, wie wir S. 130 f. angegeben ha.ben, in der Rede (bei Mtth.) die Grundzüge des durch ihu zu griindenclen Himmelreichs dargelegt hat, um seine Jünger und Anhii.nger über die Besehatfenheit dieses Reiches und die ethiscben Erfordemisse für den Eingang in dasselbe zu belehren, so entspricht sie durchweg nicht nur dem Zwecke, de11 Matth. bei Abfassung seines Evangeliums im Auge hatte, nii.mlich .Tesum als den Voliender des Reiches Gottes na.ch der Weillagung der Propheten :m schildem, sondern auch der gesehichtliehen Stellung, 'velche Jesus Chrissus na.eh sruntlichen Evangelien und allen Schriften des N. •rest. zur Oekonomie des A. B. wie zum pharisiiiscben Judentum einge.. nommen hat. Die abweiehende Form aber, in welcher Lukas die Bergpredigt gegeben, h!i.ngt mit der Bestimmung seines Evangeliums für Heidenchristen und mit dem dieser Bestimmung1 entspreehenden Plane desselbeu iusammen. Den Christen aus den Heidon war weder die Bedeutnng des mosaischen Gesetzes für das Volksleben, noch weniger dio pharisiiischeAuffassung und Behaudlung dieses Gesetzes als Lebensnor1n so bekant, da~ eine eingeheude Erorterung der Stellung Cbristi und seiner Ji.inger zur ph!Uisii.ischen Gesetzesübung von grundlegender l:!edeutuug für iltre Heilserkentnis und ihr Gla.ubensleben hatte werden konnen. Des-
l\fotth. VIII.
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]lalb beschrii.ukt Luir. sich, aus der antipharis1iischen Entwickluug der für den Eingang ins Himmelreich erforclerlichen Gerechtigkeit nur das Gebot der Liehe, cler Feindes- und der Bruderliebe, als dei1 Grundgedanken herauszuheben und diese Liebe in ihreu Grum1zügen als die Geistesart des neuen Gottesreiches darzulegen.
Cap. VIII. Heilung verschieclener Krank:er. Von Jesu Nachfolge. Stillung eles Seesturmes uncl Heilung der Besessenen zu Gergesa. A.uf die Bergpredigt Hil3t l\fatth. in c. 8 u. 9 eine Anzahl von Wundern folgen, welche Jesus nach seiner Herabkunft vom Berge teils in Capernaum und dessen Ni!.he, teils auf einer Fahrt über den See Genezaret und im jenseitigen Lande verrichtet und dadurch sich dem Yolke als den bezeugt liat, der nach der WeiBagung des Propheten unsere Schwachbeiten und Seuchen getragen (8, 17). Obglcich nun dieser vom Evangelisten selbst hervorgehobene Zweck der Heilungswunder die Annahme nahe legt, daB Matth. die in beiden Capp. erzü.blten zehn Wunderwerke auf die Predigt vom Reiche (4, 23) folgen lieB, als geschichtliche Belcge dafür, wie Jesus auch jede Krankbeit und Schwachheit im Volke heilte (4, 23), so sind doch diese Wunder nicht für eine Zusammenstellung von Heilungsgeschichten zu halten, die der Evangelist zur Erlü.uterung des zweiten Satzes jener allgemeinen Bemerkung c. 4, 23 gemacht habe (Bl., Weiss u. A.), sondern sind eine Auswahl von den Wundern, welcbe Jesus in der Zeit zwischen der Bergpredigt und der .Aussendung der Apostel (c. 10) verrichtet bat. Dies ergibt sich schon daraus, daB die beidcn Capp. nicht blos Wunderwerke Jesu enthaJten, sondern auch andere geschichtliche Vorgünge, wie die Yerhandlung mit dem Schriftgelehrten und einem andem Jünger über die Nachfolge Jesu 8, 18-22, die Berufung des Zollners Matthaus und das Gastmahl bei demselben 9, 9-13 und die Frage der Johannesjünger über das Fasten 9, 14-17, die so eng mit den Wundern verbunden sind, daB ihr zeitlicher Zusammenhang mit denselben nicht zweifelhaft erscheinen kann. In diesen Verhandlungen teils mit Personen, die ibm nachfclgen wollen, teils mit Zollnern, Pharisliern und Johannesjüngcrn envies sich Jesus eben so deutlich als den Menschensohn, weicher gekommen das Reich Gottes zu erneuern, wie er sich in den Krankenheilungen als den Heiland der Menschen, der auch die l\facht Sünde zu vergeben und die Dümonen zu bewitltigen besitze, und in der Stillung des Seesturmes als den Herm und Gebieter über die Mii.cbte der Natur kundgegeben hn.t. Demnach zeigt i\fatth. in diesen Capp., wie Jesus, nachdem er sich in der Bergrede dem Yolke als Yollender des Gesetzes und der Propheten angekündigt hatte, sofort auch durch wunderbare Thaten und Wortzeuguisse seine Vollmacht zur Ausführung der angekündigten Erneueruug und Vollendung des A. Bundes dargelegt und die Gründung des Himmelreiches in Angriff genommen hat. - Die meisten in diesen Capp. erzil.hlten Geschichten
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Jlifatth. VIII, 1-4.
finden sich auch in den Evangg. eles l\fark. u. Lukas, aber teils vor teils nach der Bergrede mitgeteilt und mebreren Teils ohne engere Ver~ lmüpfung mit dem Vorhergehcnden eingefübrt (vgl. Luc. 5, 12. 17. 27. 33), so d..'l.6 man sieht, wie Luk. nicht darauf ausgiug, die einzelnen Facta chronologisch nach der Zcitfolge zu erzü.hleu. V. 1-4. Heilung eines Aussatzigen. Vgl. Mrc. 1, 40-45 u. Luc. 5, 12-16, wo diese Heilungsgeschichte auBer zeitlichem Zusammenhange mit dem Vorhergehenden und Nachfolgenden vor der Bergrede steht¡ bei Mark. nach, bei Luk. vor der Heilung der Schwi~ger mutter des Petrus. Nach Matth. fiel die Geschichte vor, als Jesus· vom Berge herabgekommen war uud viel Volks ihm folgte (ozlot vgl. 4, 25). Die Construction r.am{Jáirct mh:cp mit Wiederholung des avT
l\fatth. VIII, 4.
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ist 11icht zu trennen von dem Gebotc: zum Priester zu gehen u. s. w.; beides hü.ngt zusammen und soll dienen élt; µa(!TV(!lOV av7:olc; zum Zcugnisse für sie. avrolc; kann nicht auf die Priester bezogen werden, denen der Geheilte entweder die Gesetzesachtung oder die erfolgte Heilung bezeugen solle. Diesen Zweck hatte das Opfer gar nicht. Das Opfer, 7:0 OWQOV bei I\frlr. u. Luk. durch .n-E(!t -.oii za19·aQUJµov für bcidencbristliche Leser verdeutlicbt, ist das Lev. 14, 10 ff. vorgeschriebene Reinigungsopfer. Dieses konte erst gebrn.cht werden, nacbdem der Geheilte besichtigt und dcr Priester sicli von der wirklich erfolgten Heilung überzeugt hatte, und hatte den Zweck, den GenesQnen von dem Banne, dem er durch den Aussatz verlmftet gewesen war, zu befreien und ihn wiedcr in die Gemeinscbaft scines Hauses und des Altares n.ufzunehmen; vgL über dieses Ü])fer u. seine Bedeutung m. bibl. .Archilol. §. 5 9. VermOge dieser Bedeutung des Opfers wurde seine Darbringung ein Zeugnis für die Gemeinde oder für die l\Ienschen__,_mit ''t'..elc~te..i.n...V..cdrnh1:...t1~t, daB er von seinem Aussatze gereinigt sei. Hiernach hat die Mahnung des Erlüsers den Sinn: nicht durch i;l;;r::lv, durch Reden von dem durch Jesum an ihm verrichteten Wunder, sondern durch den gesetzlich vorgeschriebenen Reinigungsact seine Heilung bezeugen und den Leuten kund werden zu lassen (de W., Jfiey., Weiss). Bei dieser richtigen Auffassung der Worte haben wir jedoch den Grund des Vcrbotes weder blos in der Absicht Jesu zu suchen, bei der Oeffentlichkeit seines Wirkens so viel au ihm selbst lag, dem Zusammenlaufen des Volks mit seinen schwürmerischeu I\fessiashoffnungen entgegenzuwirken (Cltrys., Ilfey. u. A.), nocb auch in dem Wunscho des Erlüsers, daB nicht clic Aufmerksamkeit der l\fonschen zu vorwiegend auf diese üuilerliche Seite seiner messianischen Wirksamkeit gerichtet und diese .zu sehr in .Anspruch genommen würde (Bl.}. Dfose...hcide)l. Momente sind nicltLnm:iclttjg, aber nicht erschOpfcud. Wfr müssen n och die R ück sich1..llllf.llfil1 S eel @ZllSÍll.nd._iks.Jicll..eil.tfill.lú.uzun ehm en, daB nfünlich Jesus denselbcu zugleich ermalmen wolte, die wunderbare Hilfe, die ihm zuteil geworden, still im Herzen zu er\Y.lig!fil. und nicht durch vieles Heden von dem Wunder den Eindruck, den es auf sein Gemüt machen solte, zu verwischen. l\forlms u. Luk. setzen hinzu, daB der l\'Iensch trozdem die Sache sebr verbreitete, so da6 Jesus genütigt wurde, sich vor dem Andrange des Volks, das Heilung bei ihm suchte, in die Einsamkeit zurückzuziehen. V. 5-13. Heihrng einesKnechtes des IIauptmanns zu Capernaum. Vgl. Luc. 7, 1-10. Der 8r.a7:01náQX.1Jt; cenilttiJJ war eiJLga~ boreper He:ide (v. 10), ein._Hanptmmrn im...M.iliWr des Herodes Antipris, aber ein gottesfürchtiger Mrum, der in dem Gottesdienste Israels Befriedigung der religiOsen Dedürfnisse seines Herzens suchte. Die Be· richte beider Evangg. stimmen in den Hauptpunkten überein; die Verscliiedenheiten in den Nebenumstünden rühren daher, daB l\fatth. sich nuf den Kern der Sache bescbrünkt, Luk. hingegen den ilu6ereu Hergang genauer und umstilndlicher erz!ihlt. Nicht zu identi:ficiren ist damit die Heilung des Sohnes eines küniglichen Beamten ({3aút2tr.Ói;;)
220
]ffatth. VIII, 5-10.
Joh. 4, 46ff. - V. 5 f. Bei dem Eintreten Jcsu in Capernaum wandto sich der Centurio an ihn mit der Bitte, seinen an Gliederliilunung schwer leidenden Diener zu 11eilen. Das :ñQO
trro
221
lfattb. VIII, Il-13.
künne, wenn er wolle (v. 2); aber eine solche auf die Hoheit seiner Person begründete Zuversicbt des Gfaubens an die Ilfacht seines Wot·tes hatte Jesus bei dem Bundesvolke nicht gefunden. Dieser Glaube eines fronunen heidnischen Kriegsmannes war für die Juden beschttmend. Zur Bcherzigu'!1g sezt daher der Erlüser das ernste Wort hinzu v. 11 f.: ,,Viele werden vom Aufgang und Niede1·gang kommen und mit Abraham, Isaak und Jakob zu Tische sitzen im Himmelreiche; die Sühne des Reichs aber werden hinausgestoBen werden in die ii.uBere Finsternis; dort wird sein Heulen und Zalmeknirschen." 'Avaro).al xcú ova,uol die Gegenden des Sonnenaufgangs und -Untergangs ist Umschreibung dcr fernen Liindcr der Erde, speciell der fernen Heidenwelt, vgl. Jes. 45, 6. 1\'Ial. 1, 11. dva~2foeafJm zu Tische liegen (sitzen) mit den Erzviitern ist BHd des Vollgenusses der Seligkeit des Himmelreichs. Von der Vorstellung aus, daB die Teilnahme an einem Gastmahle ein kostlicher LebensgenuB ist, erscheinen im A. T. die Opfermahlzeiten als Bilder der Sattigung mit Freuden vor Gottes Angesicht Ps. 36, 9. Unter diesem Bilde schildert der Prophet Jes. 25, 6 den VollgenuG der Seligkeit im vollendeten Gottesreiche als ein Mahl von Fettspeisen und alten Weinen, welches der Hel'l' allen Vülkern auf dem Berge Zion bereiten werde. Diese Anschammg liegt der von Christo gcbrauchten Vergleichuug der Seligkeit des Himmelreichs mit einem Gastrnahle oder Hochzeitsmahle zu Grunde, hier u. 22, 1 ff. Luc. 14, 16 ff. Apok. 19, 9. 17, die in den rabbin. Schriften weiter ausgemalt ist, vgl. ScMttgen ad l\fatth. 8, 11. Die drei Patriarchen des Volkes Gottes bilden den Stamm der Bürger des Himmelreichs, an deren Seligkeit alle teilhaben, die im Glau ben ihre Sohne geworrlen, Gal. 3, 7. Rüm. 4, 16 u. a. Die vfo1 r~i; {Jaa. Sohne (Angehorige) des Reichs sind die Juden, welche vermoge ibrer Abstammung von Abraham und ihrcr bürgerlichen Zugehürigkeit zum Bundesvolke das niichstc Anrecht auf die Güter des Himmelreichs habcn, aber von demselben ausgeschlossen wcrden, weun sic nicht an den verheiBenen Samen Abrahams (Gal. 3, 16), Jesum Cl1ristum glauben. Für tx(J21¡&~ao11rm hat Tisclt. 8 nach ~ tgeJ..evao11rat aufgenommen; aber dieser eine Cod. ist für die Ursprünglichlrnit dieser Lesart ciu zu scbwacher Zeuge. "t"O úr.Óro~ 7:0 l:gofrEQDl' die Finsternis, die auBerhalb des vom ewigen Lichte straIenden bimmlischen Zion (Jes 60, 1. Apok. 21, 11. 23. 22, 5) herscht. Dort wird sein Heulen, Ausdruck wehklagenden Scl1merzes, uud Ziihnelrnirschen, Geberde der Verzweifiung. Dcr Artikel x2aufJ-µ. u. {3(.IV'lfl, ,weist auf das xcc"t"' lsox~v bewuBte in der Hülle herschende Elend hin (13, 42. 50. ~2, 13. 24, 51. 25, 30)' (lWey.} Lukas hat diesen Ausspruch in der Parallelstelle nicht, sondern erst spater 13, 28 f. am Schlusse einer Errnalmuug, ernst nach dem Eingang in das Reich Gottes durch die enge Pforte zu ringen. Daraus folgt abe1~ keineswegs, daB dcr Ausspruch hier bci l\fotth. nicbt ursprünglich wiire. Denn diese für die Juden überaus wichtigc Warnung kann Christus in iihulicher Bildrede mehrmals ausgesprochen haben. - V. 13. Hierauf sagt der Erloser dem Ilauptmanne die Gewiihrung seiner Bitte zu: ,,Gehe hin,
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lfatth. VIII, 14-17.
wie du geglaubt hast, geschehe dir". Und sein Knecht ward gesund zur selbigen Stunde. Diesen SehluB der Erzühlung hn.t Luk. auders gewendet gemii.B seiner Darstellung, da.B der Centurio nicht in Person sondern dui:ch seine Freunde Jesum bewogen hat, nicht ins Hans zu ihm zu kommen, sondern durch ein Wort aus der Forne den Kranken zu heilen. V. 14-17. Heilung del' Schwiegermil.tter des Petrus und andere Krankenheilungen. Die Parallele zu diesem Abscbnitte findet sich Mark. 1, 29-34 u. Luk. 4, 38-41, wo diese Heilung an die Heilung des Damonischen in der Synagoge zu Capemaum angeschlossen ist, von wo Jesus sich in das Hans Simons begab. Diese Differenz über die Zeit diesas Vorfalles hitngt mit der verschiedenen Anardnung der Begebenbeiten bei Matth. einer- und bei M1·k u. Luk. andrerseits zusammen, wobei sich nicht ermitteln Hi.Bt, welche van beiden Angaben die richtige sei. Die Bohauptung, daB der Bericbt des l\fark der ursprilngliche sei, ist lrritische Hypathese, nicht ausgemachte Warheit. Darin stimmen alle drei Evangelisten überein, daB Jesus dieses Wunder verrichtete, als er nach seiner Ankunft in C:i.pernaum in das 1-faus des Petrus eintrat. Ob dios aber geschehen, als er von Kana her (Mrk. n. Luk.) oder vom Berge, wo er die Reichsprcdigt gehalten (Matth.) her naeh Capernaum gekommen war, das laBt sicb nicht entscheiden und ist für die Sache van keinem Belange. Das Haus bewohnten nach Mrc. 1, 29 die Brüder Simon und Andreas mit Simons Schwieger. Ob sie es gokn.uft ader nur gemiethet hatten, als sie van ihrem Geburtsart Bethsaida (Joh. 1, 45) nach Capernaum zogen, darüber fehlen Nachrichten. Die Schwiegermutter lag darnicder JrVQÉúaovaa hitziges Fieber habend. Als sic dies Jesu sagten (Mrk.), faBte sie Jesus bei der Hand und das Fieber verlieB sie, daB sie aufstehen und ihn ( av-uj) nach den krit. Zeugen statt avl"oi~ bei Mrk. u. Luk.) bedienen kante (&u~r.ov1flv bei Tische dienen, aufwarten, Luc. 10, 40. Job. 12, 2). Nach Luk. be· drohte Jesus das Fieber, worauf es wicb. Diesa Verschiedenheit gleicht sich durch die einfache Annahme aus, daB Jesns beim Erfassen der Hn.nd der Kranken mit einem Worte das Fieber vertrieb. V. 16 f. Als es Abend gewarden, braehten sie zu ihm viele Besessone und er trieb die bosen Geister aus i.óycp durchs Wort ohne andere Mittel, und l1eilte alle Kranken (-ra :iWf.ÍJµcrra = 't'a oatµÓvta, und Jr&vm~ a.lle die zu füm ka.man oder gebracht wurden). Der Zudrang des Volks mit sainen Kranken erfolgte erst am Abend (als die Sonne unterging, nach Mrk.), weil bis dabin das Geriicht va.n der wunderbaren Heilung der Schwiegermutter Simons sich im Orte verbreitet hatte. -An diese allgemeine Bemei·kung van Jesu Heilungsthü.tigkeit, die auch Mark. u. Luk. in diesem Zusammenhange haben, knüpft Matth. v. 17 die pragmatische Reflexion, daB dadurch der Ausspruch des Propheten Jes. 53, 4 über das erlosende Wirken des Messias erfült wurde. Die angeführten Worte: ,,er hat unsere Schwaehheiten hingenommen und dieKrankbeiten getragen" beziehen sich im Zusammenhang der prophctisehen Verkündigung auf das Erdulden der Ucbel als Folgen und Stra· fen der Sünde, welehes der Knecht dos He1·m ¡der l\icssias) an Stelle
Matth. VIII, 17-19.
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des sündigen Volks übernommen hat. Die W orte sind von Matth. frei aber treu nach dem Grundtexte griechisch wiedergegeben. 82.a{kv ist ist Uebersetzung von ~\:;? ferre und tollere, das im Parallelismus mit ;~l? {JcUJ7:á!;Etv tragen (eine Last oder Bürde) nur in der Bed. auf sich nohmen uud tragen gefa.Bt werden kann. Für ?:ag dafhvdar; 'l͵ó5v und oa\; vÓ
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Mn.tth. VIII, 20.
nachfolgen, wo du irgend hingehst. Die Anrede otóáar.aA.e entspricht dem hebr. Rabbi. EÍC: steht nicht für das unbestimte ?:lr;, sondern mit Rücksicht auf das v. 21 folgende gt'E()Qt;: ,Einer, ein Schriftgelehrter' (!lfey.). Da dieser Mann aus eigenem Entschlusse Jesu nachfolgen will, so mo.cht ihn der Erlüser auf die Entbehrungen aufmerksam, die seine Nachfolge mit sich bringe, indem er v. 20 ibm sagt: ,,Die Füchse baben Gruben und die Vogel des Himmels Nester, aber der Menschensohn hat nicht wo er sein Haupt hinlege." Kamaxr¡vwúEtr; bed. nicht speciell Nester, sondern Aufenthaltsstatteu, wo die Vügel wio in ihren Z'elten weilen kOnnen, vgl. 13, 32. Damit erklllrt Jesus dem Schriftgelehrten, daB wer ihm nachfolgen wolle, a.uf das für irdisches Lebensglück Unentbehrliche verzichten müsse. Wie derselbe diese Antwort aufgenommen, wird nicht erwii.hnt. Es komt dem Evangelisten nur auf den Ausspruch des Herrn an, da.B seine Nachfolge Verleugnung alles Irdischcn erheischc. Hier finden wir in unserem Evangelium zum ersten l\iale die Bezeichnung ó v10i;; wii ávffQoJJCov, welche Jesus von sich in den Evangg. 78 mal und die Parallelstellen abgerechnet 50 mal gebraucht. AuBerdem komt sie nur noch Act. 7, 56 im Munde des sterbenden Stephanus in würtlicher Bezugnahme auf den Ausspruch Christi Mtth. 26, 64 vor, sonst nicht weiter im N. Test., da in Apok. 1, 13 u. 14, 14 oµotav vfoj / ) / ·C C' > ' • av&Qw.JCov wl.irtlich unch dem coi; vwg av{J-(!wxov, ID21(S .,~!? Dan. 7, 13 gebildet ist. Auch in den Evangelien wird Christus weder von den Aposteln noch vom Volke jemals so genant, denn in Job. 12, 34: ,,was sagst du donn, der Menschensohn muB crhOhet werden? wer ist dieser l\fensehensohn ?" hat das Volk diese Bezeicbnung nur nus den W orten Jesu aufgenommen. Sehon hieraus ergibt sich, daB 6 ví.Or; -i-. &vO-. keine untcr den Juden gang und glibe Messiasbezeichnung war, wie vio¡; LlavlQ, sondern Jesus sclbst diesen Ausdruck zur Bezeichnung seiner messianischen Erseheinung ausgepriigt hat, und zwar aus der Wei.Bagung des A. Test.'s, wie allgemein anerkant wird. Aber weder aus Ps. 8, 5 noch aus der constanten Anrede des Propheten Ezechiel víli dv&QoJ3WV (Ez. 2, l. 3, 1 u. s. w.) vonseiten des sich ihm offenbarenden Gottes. Denn durch diese Anredo wird bei Ezech. der Abstand zwischen der menschlichen Sehwii.cbe seiner Natur und der gottlichen Kraft, die ihn zum Reden bcf1Lhigt und treibt, in einer W eise hervorgehoben (vgl. m. Comm. zu Ez. 2, 1), die für die Selbstbezeichnung Jesu sich nicht eignete. Selbst wenn J esus mit ,,der l\ienschensohn" sich hatte als den l\:Iessiaspropheteu darstellen wollen, würde diese Bezeichnung Ezechiels dafiir keinen Anknüpfungspunkt darbieten, wcil in den WeiBagungen Ezechiels das prophetische Amt des Messias nirgcnds hervorgehoben oder überhaupt nur erwahnt ist. - Für die Herleitung dieser Bezeichnung Jesu aus Ps. 8, 5: ,,was ist derMensch ci::;~~), daB du sein gedenkest und der Menschensohn (C?~ri~ vtOr; ávfJ·QCÓ:nov), daB du seincr dich annimst?" liiBt sich zwa1· geltend machen, daB dioso Stelle in Hebr. 2, 6-8 messianisch gefa6t und das v. 6 YOn dem schwachen MenschenAusgesagte: ,,clu hast ihn wenig Gottes ermangeln lassen
Ma.tth. VIII, 20.
und mit Herrlichkeit und Würde ihn gekront" auf Christi Ernicdrigung und ErhOhung bezogen ist. Allein gegcn diese Herleitung spricht einmo.l, daB dieser Psalm eigentlich von dem Menschen überhaupt, und zwar von der Stellun~, welche Gott ihm bci der Schüpfung angewiosen hat, handelt und nur in dem Sinne typisch a.uf Christum bezogen ist, als Christus auf Erden sich des Gottgleichseins entiLuBerte und die µoQ
15
226
Matth. Vil!, 20.
Wenn abor Jesus diese Selbstbezeichnung aus Dnn. 7, 13 entnommen hat, um sich als den zu bezeichueu, wclchen Daniel in Menschengestult mit den Wolken des Himmels kommend geschaut hat, so ist in dieser Benennung nicht blos die wirklicho Meuschheit Christi ausgesprochen, sonderu zugleich sein himmlischer Urspruug und der Zweck seínes Kommens in die Welt angedeutet. Der von Daniel in Menschengestalt Geschaute ist in Jesu Christo vom Himmel hernbgekommen, mn dns Reich, das Gott ihm verliehen, auf Erden zu grüuden. Diese Bedeutung des Namens ist schon in dcr ersten Stelle, wo Jesus dens~lben braucht, Joh. 1, 52 angedeutet. Die Worte: ,,Von nun au werdet ihr den Himmel offen sehen und die Engel hinauf und herabsteigen sehen auf den Menschonsohn", weisen auf die in der uuscheinbarenMenschengcstalt Cl1risti verborgene güttliche Hoheit hin. Der Menschensohn ist der nuf Erden wandelnde Gottessohn. Auch in den übrigcn Stellen, wo Jcsus sich don Menschensohn nent, gibt sich der in Niedrigkeit auf Erden wandelnde Mensch als der Konig dos Reiches Gottes zu erkennen. Der kein Lager für sein müdes Haupt hat, besizt die Macht, Sünden zu vergeben. Der nicht gekommen ist sich dienen zu lassen, sondern zu dienen, der dient der Welt so, daB er sein Lebeu zum Lüsegeld für ihre Slinden hingibt (20, 22). Der von den Oberstcn seines Volkes den Hciden Ueberantwortete uncl Getüdtete wird nicht nur am dritten ersfüch ist bei llaniel nkht, wic bei diesem Argumente vorausqesezt wird, der Himmel als iler Ort genant, wo Goti; das Gel"icht hii.lt, sodann fordert schon der Gegensatz zu dem Aufsteigen der 'l'hiere aus dem Meere, das Kommen dcr menschlichen Erscheinung mit oder auf den W olken des Himmels als ein Herabkommen vom Himmel zu deuken. Die W olken sind auch sonst die Hülle und ,das Gefiihr', auf welchem Gott vom Himmel l1erabkomt zum Gericht (Ps. 18, 10 ff. 97, 2-4. 104, 3. Jes.10, l. Nah. l, 3). Ferner ruhen die Aussprüche Christi über seine Wiederkunft in, mit oder auf den W olken des Himmels (Mttb. 24, 30. 26, 64. Mrc. rn, 26 v7I. mit Apok. l, 7 u. besonders dem 1.-rrl 't~ll J/Upi1.r¡v ;w{}~~uvov aµowv vlc¡í «Jll}(!W'IfOV Apok. 14, 14 so augenscheinlich aufDau. 7, 13, daf~ darüber gar kein Zweifel stattfinden kann, da~ Christus jene Vision als eiu vom Himmel herab Koromen verstanden hat, wabreucl Hofm. für seinc singullire, mit allcm 'vas die Schrift über diese Sache lehrt in 'Widerspruch stehende Deutung die Stelle 1 'l'hcss. 4, 17 nur mit volligem Absehen von dem Contexte v. 16 anführen konte. l\Iit dicscr exegetisch unmoglichen Deutung des Kommens mit den Wol1:cn des Himmels fült aber auch die Deutung des w> vlo> ,¡,,Qecó:rrov Geschauten von dem Volke Gottes, da von diesem nichtgesagt werden Jn1nn, es sei auf den Wolken vom llimmel herabgekommen; Dan. 7, 27 aber Iiefert hlefür aueh keinen Beweis, weil der Engel seine Aussage über das ewige Gottesreich (v. 27) nicht als Deutung des visiouii.ren Bildes v. 13 gibt, sondern nur einfach sagt, da~ na.ch Vernichtung des gottfoindlichen Bornes un
Matth. VIII, 20.
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Tage wieder aufersteben, sondern auch zur Rechten der Macbt Gottes erbohet werden und mit den Wolken des Himmels in der Herrlichkeit des Vnters kommen iu seinem Reiche (16, 27 f.) und die Welt richten. Indcm aber Jesus durch die Benennung VlOf; '"WV av{J.{J. sich als den von Daniel geweiBagten künftigen Konig des Reiches Gottes darstelt, tritt er damit eincrseits der politisch gefürbten jüdischen Envartnng des Messias, der als Sobn Davids ein weltliches Reich aufrichten werde, entgegen, andrerseits leitete er dndurch seine Jüngcr nn, über dns W esen seiner Person und die Beschaffenheit seines Reiches nachzudeuken, um in seiner unscheinbaren Menschengestalt den vom Himmel gekommenen Sohn Gottes zu erkennen, uud au seiner Erniedrigung bis zum Todo keinen AnstoB zu nehmcn.
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Iliernach sind alle Deutungen des 1i vlot; roii dvtJ(!., die von dcm Zusammenhange mit Dan. 7, 13 absehen, als willkürlich und uugeschichtlich abzuwcisen. So die in dem &lileiermacliei·schen Pantheismus wurzelnde und mit der paulinischen Idee des zweiteu Adam combinirte Ansicht, dar.. ovíO; rotí
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Matth. YIII, 20-24,
Jesus mit diesem Namen sieh a.Is ein Orgo.n Gottes bozeiehnen wolle, das nur in gewisser Beziohung Mcssias ist, in anderer aber wieder ea nicht ist, als den Messin.spropheten, der zur wn.hren Messi:mitiit d. h. himmlischen MessiasherrIichkoit zwa.1· bestimt, de¡¡ignirt ist, zuniicl1st aber noch .in nieclriger Erscheinung, doch schon o.u.sgerüstet mit clem inwohnenden Gottesgeiste, die geiBtige Gegemvart des Reiches Gottes durch den Samen seines Wortes p:llo.nzt, 'vogegen vloi; 'l:oii SEoii den Messias na.ch seiner theokra.tischen Würde un(l Machtstellung bezeichno. Denn obgleich der hiebei angenommene Zusammenhnng der Benennung ,,Menschensohn" mit der Idee des Himmelreiehs richtig ist, so steht .doch der zwiscl1en dem Meuschensohne und der geistig unsichtbaren Entfu.J.tung des Himmelreichs gezogenen Parallele der Umstand entgegen, da~ Jesus a.uch in den Reden von seiner Wiede1·kunft zur Aufricbtung des Reiehes der Herrlichkeit sich constant den Menschensohn nent. Wii.re Pfl.'s Ansicht richtig, so Mtte er sich in diesen Reden vlor; -roií Ssov nennen müssen. V. 21 u. 22. Der zweite Vorgang. Statt B1:1iQOr; ?:ÓÍv µafh¡1:rov ha.t Luk. blos hEQOV, abar mit dar Angabe, dall Jesus denselben aufforderto, ihm nachzufolgon, wodurch dieser nls Zuhürer Jesu charakterisirt wird, so dall von einer ,veründerten Gestalt der Ueberlieferung' (Jlfey.) nicht die Rede sein kann, da die Verschiedenheit nur in der Form des .A.usdrucks liegtl nieht die Sache betrift. Denn µafh¡r~r; ist ein Jünger im weiteren Sinne des Worts, der von Jesu Reden und 'rhaten sich augezogen fühlte, daB er sich dem engeren Kreise der Jesu begleitenden Jünger anschlieBen lvolte, aber vor Ausftihrung dieses Entschlusses sainen Vater bcgmben wolte. Ihm antwortet dei· Herr: ,,Folgo mir und laB die Todtcn ihre eigenen Todten begraben". In diesem Paradoxon bezeichuet das erste wvr; V8XQOVS dio geistig Todten, die todt in ihren Sünden (Eph. 2, 1) des geistigen, von Christo ausgehenden Lebens ermangeln. 'l:OVr; eam:rov Vli"..CQOVr; sind die leiblich Todten, ,die aus ihrem eigenen Kreise Gestorbenen' (il'ley.). Die nnscheinende Harte dieses Ausspruchs soll dem Jünger zum BewuBtsein bringen, da.B wer Christo nachfolgen will, mit der Welt brechen, alle irdischen Banda um Christi willen !Osen muB, vgl. 10, 37. Nach Luk. sezt Jesus hinzu: ,,Du aber gehe und verkündige das Reich Gottes", womit gesagt ist, daB das Interesse des Reiches Gott.es jeder irdischen Verpflichtung vorangehen solle. - Oh dieser Ji.inger der Aufforderung Jesu nachkam, l!tBt sicl1 nicht (mit i'lley.) atts dem dzoJ..ovO-u µot folgern. Haltlos sind alle Yersuehe, die Personen (v. 19 u. 21) naher zu bestimmen, und bei dem µafh]níc; an Pltilippus (nach Clem. Al.) oder an Bartltolomaeus ode1· Tlwmas oder Simon Zelotes zu denken. V. 23-27. Stillung des Seesturms. Vgl. :M:rc. 4, 36-41. Luc. s, 23-25. Als Jesus in das (zur Abführt bereite) Schiff stieg, folgten ilm1 saine Jünger (nicht blos die 12 Aposte!). Die Construct. l:µfláv'l:t aÚT:qj wie v. 1. V. 24. Wahrend der Fah1-t erhob sieh ein g1·ol3er Sturm (OwJµÓr; eig. Ersehtitterung, hier Sturm wie Jer. 23, 10. Nah. 1, 3 fllr n1~q; bei i\Irk. u. Luk. J.alJ..arp dvéµov Sturmwind), so da.B das Sehilf von den Wellcn bedekt wurde d. h. die Wellen darüber zusammenschlugcn. Ueber die Stürme und WindstoBe des von hüheren
Matth. VIll, 25-28.
229
Landstrichen tief eingeschlossenen Sees von Tibel'ias vgl. Robins. Pal. III, 571 f. u. Phys. Geogr. v. Pal. S. 199 f. Jesus aber schlief - in Ruhe, ohne von dem Sturme aufgeregt zu werden. Und soine Jünger wekten ihn mit den Worten: ,,Herr, rette, wir verderben". In dem Asyndeton spricht sfuh die .Angst aus. Diese .Angst und Fu1·cht vor dem Verderben verweist ihnen der Herr: ,,Wnrum seid ibr furchtsnm, Kleingfüubige?" 'O.i..iró.ma~ot schilt er sic, weil sie kein Vertrnuen zu seiner Person zeigten', nicht bedachten, da.O sie in seiner Gemeinschaft nicht untergehen kOnnen. Dann stand er auf, bedrohte die Winde und das l\Ieer und es entstand groBe l\feeresstille. Diese wunderbare Macht des Wortcs Jesu auf den Meeressturm sezte die Menschen in Erstaunen. (Ot µafJr¡ml sind nicht die µa{}r¡w't a&ov v. 23, sondern die Lente a.uf dem Schiffe insgemein, worunter die µa{}r¡·ra't nur mitbegriffen sind, alle .Augenzeugen des Wunders. .Auch die Jünger, welche schon manches Wunder Christi gesehen hatten, wurden durch diese Offenbarung der .Allmacht Ohristi über die empürten Naturgewalten in Staunen gesezt. - Die Versuche der Rationalisten und Neuprotestanten, das wunderbare Ereignis durch Umdeutung zu beseitigen oder als Produkt übertreibender Sage darzustellen ( Paulus, Scltleierm., Hase, Strauss, Scltenk., Weizs., J[eim u. A.) sind nicht dazu angetban, das Wunder zweifelhaft zu machen. War Jesus in Warheit Sohn Gottes, so konte er auch vermoge der ihm imvohnenden güttlichen Energie (Luc. 11, 2) eben so leicht durch eine MachfüuBerung seines Willens den Meeressturm stillen, a.Is Wunder auf dem somatischen und psychischen Gebiete verrichten, Kranke und Besessene heilen und Todte erwecken. V. 28-34. Heilung de1• Besessenen zu Gergesa.. Vgl. Mrc. 5, 1-20. Luc. 8, 26-39, wo der Zustand des Kranken vor, wiLhreml und na.ch der Heilung eingehender und anschaulicher bescbrieben ist o.Is bei Matth., der sich auch hie1· auf den Kern dieses Heilungswunders beschrünkt. Sachlich di:fferiren die Berichte dal"in, daB i\fatth. von z1vei Dü.monischen redct, Mrk. u. Luk. nur von einem. Diese Verschicdenheit kann, wenn man sie auch fltr unausgleichlich h!Llt, die Geschichtlichkeit des Wunders nicht zweifelhaft machen, sie lli.Bt sich aber durch die naheliegende Annahme ausgleichen, daB lVfrk. u. Luk. nur den einen erwlihnen, dessen Raserei vor der des a.ndern bervortrat, dessen Heilung daher in der von Mark. u. Luk. benuzten Quelle a.llein überliefert war. 1 Der Ort dieser Begebenheit ist in den Hdschr. xa5Qa -,;rov I'EQrear¡vrov oder .,;rov I'eQaar¡vrov oder "twv I'aóaer¡vrov genant und zwnr so, daH in den 3 Evangelien jede dieser Lesarten mebr oder weni1) Denn daraus, da~ dio apostolische Quelle nachhe1· von einer Mehrheit von Diimonen redet ( Wei.rs u. A.), liint sich die Erwii.hnnng von zwei Besessenen eben so wenig erklli.ren, a.Is durch die Annahme von S11·au.,s, Kcim u. A., dan man durch die Umsetzung der Zweizahl in den Singular das .A.u~erordentliche des Besessenscins von so vielen Dii.monen gesteigert ha.be. Dan übrigcns zwei Dii.monische, die im ZustD.D.de wütender Raserei Sich befanden, mit einander an einem Orte verweilt und {remeinsehaftlich gehandelt ha.ben, ist nicht so umvarscheinlich, wie Bleek es s1eh vorgestelt hat.
230
Mo.tth. VIII, 28.
ger bezeugt ist. t Von denselben beruht die I'EQa
g~zeigt
:iverde. ~ Seine W!Irte
fauten: rt(?yEuet, rtt:p fJi;' ª' rB(?fEO'atOt 1 110Í\l!: «(!tctU' 1íE(!L 't'i}P JIVJI xalovµtPf/JI' Ttpcelccr!c: /.Íf1:V1/,,P1 1EE(?i ¡.;,, XQJ¡µv'a¡; naeweeiµevo¡; 't'ij Aiµ11fí, árp' aÜ rJeúeJIV'/;ctL 't'Ot•r zol(?OV!: {¡1EO 't'WJI' rJa1µ6J1(1JJI xcc1;a¡Jef1i\ij110c:t. Opera P. l p. 239 ecl. Lommatz.,cl1. ~
Matth. VIII, 28.
231
do.8 Jesus auf dem Sehiffe d~ 7:0 ;¡cfr¡av fuhr, der Annahme entgegen, daB das Sehiff, statt von Capernaum aus über den Sce hiniiber; dem Ufer entlang no.eh dcm Südende des See's gefahren sei und dort, wo üstlich vom Ausflusse des Jordan aus dem See sich weder eine Bucht noeh ein Hafen :findet, gelandet sei. Drittens macht die Erzühlung nicht den Eindruck, da8 die Stadt, ín dcren die Geschichte sicb ereignete, 1 %geogr. Meilen vom Seeufer entfe.rnt lag, da die Schweinehirten na.ch dem Sturz ihrer Thiere ins Meer in die Stadt eilten und die Eimvohner alsbald herauskommend Jesum noch dort getroffen ha.ben. Dazu komt, da.B der I:Iohenzug, an oder o.uf welchem die Sehweine bei dieser .Annahme gcweidet Mttcn, nicht dicht am Meere sieh hinzieht, daB die Thiere von der Hohe herab sofort in den Sea stürzen konten. Viertens aber nent Orig. l. c. I'er¡yeaá als cine alte Stadt am See Tiberias, bci der ein Abhang o.m Seeufer sieh finde. Diese Angabe wird zwar dureh den Einwand verdüehtigt, da8 die Lesart I'EQ"fE
zrocm
1) Der Besitz eine1· Irerde von ohngef'ii.hr 2000 Schweinen (Mrc. 5, 13) berechtigt nur zu dem Schlusse, da.ll der Ort nicht ga.nz unbedeutend war. Von einem ga.nz kleincn Orte würden sich a.uch Dieht Ruinen bis a.uf unscre Tagc erha.lten ha.ben. Auch der weitere Einwnnd, da.ll ,von eincm Gel'f¡esa weder a.Is Sta.dt ( Orip.: nÓAtr; c~Qztda) noeh als Dorf cine Spur sieh findet, ja Josepl1. Antt. I, 6, 2 a.usdrücklich berichtct, dall von den alten I'sqyru1«io1r; (Gen. 15, 21. 10, 16. Deut. 7, 1. Jos. 24, 11) nur die Nnmen iibrig geblieben seien' (il.fuy.), ist teils
232
Matth. VIII, 29.
Der jetzigo Nnme Gersa kann leicht ans dem alten von Orig. erwil.hn· ten Namen T'EQrEaá contrahh't sein, und aus diesem erkli.i.rt sich ohno Schwierigkoit die Variante I'E(!a617vc0v stattI'EQrEa17vrov, wli.hrend die Lesart I'a&cQ1¡vrov wql in einem de1· evangelischen Berichte ursprüng· lich sein mag und so zu erkl!Lron ist, daB die Gegend, wo die Gescl1ichte vorgefallen, nach der viel bekanteren I:Iauptstadt Gadara bezoiehnet war. Die Damonischen hausten in den dort be:findlichen Grabstfltten (µV1JllEÍOli; naUirlichen Grotten oder künstlichen Felsenhülungen), und waren zaJ.E:;roi J.lav sebr bOse oder schlimm, so daB niema.nd jenen Weg gehen konte, se. obne von ihnen in ihrer Wut angefallen oder bellistigt zu werden. Nach Mrk. u. Luk. ze1Tissen sie in ihrer Tobsucbt die Ketton, mit donen man sie hatte fesseln wollen, und rissen ibre Kleidor vom Leibe. - V. 29. Jesu entgegenkommend schrieen sie: -rl r}µ'lv xal. aol ,,was ha.ben wir mit dil' zu schaffen, du Sohn Gottes ?" Nach Mrk. u. Luk. batte Jesns den unsaube1·en Geistern geboten, aus den Menschen auszufahren; daher die Rede -rl rjµzv "'Z"l., welche die Di.~monen aus den Besessenen heraus s¡nncheu. Sie erkennen Jesum und nennen ihn Sohn Gottes, wie Beng. sagt: cum tt-emo1·e vgl. Jak. 2, 19, weil sie wissen, cl.'l.8 sie vor seiner Macht weicben m1lssen. Da.her sprechen sie weiter: ,,Du bist bieher gekommen vor der Zeit uns zu peinigen (na.ch Mrk.: ich beschwore dich bei Gott, nach Luk. milder: ich bitte dich, mich uicht zu peinigen). Mit {Ja
unrichtig, da ja nicht nur Orig. u. Euseb. sondern aueh die noeh vorhanclenen Ruinen die einstige Exiatenz desseH}en bezeugen, teils unbegründet, da der Name Gcrgcsa nicht notwendig mit dem alten Volke der Girgasiter zusammenznhiingen braueht, dazu noel1 die Angabe des Joseplt. einen solehen Zusrunmenhang nieht nussr:hlie.llt.
Ma.tth. VIII, 29-31.
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angefilhrten Züge des Gebahrens der Dil.monischen, als Zerteiilen der ihnen nngelegten Fesseln, der Kleider vom Leibe, das sich Aufhnlten in Rolen und das Ueberfüllen derer die ihnen nahe kommen, entsprechen dem, was als natürliche Krankheit Tobsucht mit Unstatigkeit genant wird. In dem 'Zuge aber na.ch den Griibern und wllsten Orten (Luc. v. 29 vgl. Mtth. 12, 43) bekundet 'die Unstlttigkeit schon ihren d!Lmonischen Charakter¡ das vollendete Besessensein von einem Diimon aber tritt darin hervor, daS die Dlimonen (oder der Damon) mit günzlicher Verdriingung der Selbstmacht des Menschen unmittelbar a.us ihm sprechen, und das Ausgesprochene einen über den Erkentnisgrad der damaligen l\:Ienschen hina.usgehenden hellseherischen Einbliek in Jesu Person und Werk verriLtb, und da3 sie nichts mit Jesu zu schafi'en ha.ben wollen und seine Nahe die Raserei der Besessenen steigert. Sie erkennen Jesum nicht nm· als Sohn Gottes sondern aueh als ihren künftigen Richter. Zu diesen Erscheinungen finden sich schwache Ana.logien in den magnetischen Zustünden, in welchen der Magnetisirte auch als scblechthin willenloses Werkzeug des Magnetiseurs e1·scheint und Besitzung und Bindung einer Psyche dureh eine andera sich zeigt, welche die Moglichkeit d!lmonischen Besessenseins begreiflieh mncht. 1 ·V. 30 f. Da aber in einiger Entfernung eine Herde Schweine am Berge weidete (statt µaxQcw dn' a&wv ha.ben Mrk. u. Lnk. i-xel, was bei der Dehnbarkeit des Begriffs feme von ilmen und dort in der Gegend keine Differonz begründet), so baten die Dü.monen Jesum: wenn er sie austreibe, sie in die Herde Schweine fahren zu lassen. Die Bitte: sie nicht in den Abgrund zu schicken oder nuch l\Irk. v. 10: sie nicht aus der Gegcnd hinauszuschicken, e1·klii.rt sich uus dcm Bewu.Btsein der Damonen, da8 sie durch Austreibung aus den Menschen die St!ttte ihrer Wirksamkeit verlieren, und dem Wunsche, ihr bisheriges Treibcn noch Jii.nger fortsetzen zu konncn. Die Bitte aber, sic in die Herde Schweino fal1ren zu lassen, ist veranlafit durch den Blick auf die in der Nahc be:findJichen Thiere, uud den Wunsch, wenigstens in einem lebendigen Organismus bleiben zu dürfen, um Raum für ihr Wirkcn auf der Erde zu beht\lten. - Jesus antwortet v. 32: V:JtáyE?:E gellet (fahret) liin. Dies ist nicht a.Is Befehl, aus den Menschen fortzugehen, zu fassen, sondern, wie Mrk. n. Luk. liehtig angeben, als Erlaubnis, in die Kürper der Sii.ue zu fo.bren. Und ~gEA:O·Óv?:t:c; á~J..ltov Ele; -r. xolt,JOVc; ,,ausgegangen (gewichen aus den Besessenen) fubren sie in die (Korper der) 1) ,Aua dicser dynamischen Besitzung cinor Menschenseolc durch dio andcre - bemerkt Delü:::.~cli, Syatem der bíbl. Paychologie S. 303 d. 2, Aufi. ki:inncn wir una eine Vorstellung von der substantiellen Besitzung einer Menschcnseelo durch einen Diimon bilden. In jenem Falle ist die Besitzung nur dynamisch, weil die Menschenseele an ihrcn Leib gebunden ist; in dic.sem Falle ist sio substn.ntiell, obwol illocal, wcil der Damon kra.ft seines rein geistigon Wcsens in den Wesensbestand des Menschen eindringcn kann, ohne dessen lebendige Einheit zu zerklüfton. In beiden FBilen abor sind die Krafte der Seele bis auf die geistigen Wurzcln des Inncnlebens unter den unnatürlichen Zw:r.ng ciner fremden Macht gcrathon und zu unfreiwilligen Formen oines a.ufgedrungenen Inhalts geworden'.
234
Mn.tth. VIII, 32. 83.
Schweinc". Warum aber gewiihrte ihnen Jesus diese Bitte? warum ver-wies er sic nicht sofort in die Holle? Er that lezteres nieht, aus demselben Grunde, aus welchem nach dar in der güttlichen Weisheit begründeten Weltordnung die ganzliehe .Aufhebung der Macht der bosen Geister erst mit dcm Endgerichte erfolgen wird, und die Erlüsung der Menschen von allem Büsen sÚccesive vor sich geht, um einei;seits dem Büsen Raum zu geben, sich ganz zu entwickeln und für das Gericht der Verdammnis auszureifen, andrerseits den Mensehen wie Frist zur Bu.Be und Bckehruug so aueh Antrieb zur Entwicklung des neue:i¡. Lebens im Glauben nnd in der Heiligung zu bieten, daB sie im Kampfe widcr die Versuchungen des Büscn den Glauben bewlihren. Durch die Erlaubnis, in die Schweine zu fahren, verbannt Jesus die Dlimonen aus dem Gebiete des mensclilichcn Organismus und treibt sie in dn.s Gebiet der unvernlinftigen Crentur zurück, womit cr sich als ErlOser der vom Satnn gebundenen Menschheit und als Zerstorcr des Reichs des Satans innerhalb diescr oifenbnrt. - Ueber den Vorgang selbst, das d:il1jJ.ffov (oder ElaijJ.0-ov M1·k. u. Luk.) slr;; 1:0-Ur;; xol~ovr;; l!LBt sich nur so viel sagen, da8 das Eingehen cines Diimons in ein Thier oder eine Thierseele a priori als unmoglich zu leugnen, zu den AnmaBungen beschrltnkten Menschcnverstandes gehOrt, wenn dieses Eingehen auch nur in einem Eindrucke dü.monischer Macht auf das pbysische Seeleuleben des Thieres bcstehen mag und sich dadurch nicht blos graducll, sondern substantiell von der Bescssenheit des Menschen unterscheidet. Dicser Untcrschicd tl'itt im vorliegenden Falle deutlich zu To.ge. ,,Siehe da stilrzte die ganze Herde voro .Abhange herab in. das Meer und kam im Wasser um". Diese Worte so zu denten, daB die Besessenen auf die Herde losstürzten und diese so in Schreck sezten, daB sic vom Abhange herab ins Meer stürzte, ist mit dem dxijJ.O·ov oder Elr;;~J.0-ov der Erziihlung unvereinbar. Diese Worte notigen zu der Annahme, daB die Schweine durch cine Einwirkung der d!tmonischeu Geistcsmacht in unl1eimliche .Angst versczt wurden, daB sie in blinder Raserci den Abgrund hinn.bstürzten, obschon wir uns von der .Art und Weise diese1· Einwirkung keine deutliche Vorstellung machen konnen. Durch das Ertrinken der Thiere im Wasser wurdc übl'igens der Wunsch dar Diimonen, in jener Gegend cine Bleibstil.tte in einem lebendigen Organismos zu behalten, vereitelt. Da8 sic aber mit den Sü.uen in den See gestlirzt sind und, wie }{eim den Vorgang carrikirt, ,durch das Wasser abwlirts in die Rolle fallen müssen', ist willkürlich eingetragen. V. 33 f. Dio Folgen dieses Ereignisses. Die Hirten flohen und meldeten in der Stadt :lf<Í.VT:a xat 't'a T:cDV óatµov~oµtvcov ,, alles Geschehene und na.mentlieh das mit den Dti.monischen Vorgegangcnc". Da kam die ganze Stadt d. h. die Einwohnersehaft, wobei :;ra
M~tth.
vm, M.
235
und Jesum bnten, ihr Gebiet zn verlassen, der geheilte Kranke aber, nls Jesus in das Schi:fl' einstieg, ibn bat, bei ihm sein (bleiben) zu dürfen, Jesus aber diese Bitte ihm abschlug und ihm gebot, zu den Seinigen nach Hause zu gehen und ihnen zu verkündigen, was der Herr nn ilun gethan habe. - Der HauptanstoB nn dieser Gesehiehte coneentrirt sich in dem Bedenken 1lber die Sittliehkeit der Jlandlung Jesu und in der Frage nach dem Rechte, den Gergesenern ihre Schweine zu -vernichten, worüber nuch JUetJ. nicht himvegzukommen wei.B. Dieses Bedenken lllBt sich freilich nicht bcseitigen durch Auslmnftsmittel wie die, daB der Untergang der Schweine nicht eine That Jesu, sondern der DiLmonischen gewesen sei, oder daB die Dilmonen den Untergo.ng der Thiere verursachten, den Jesus nicbt voraus so.h. Denn war Jesus der Sohn Gottes, so sah er auch die Folgen voraus, welche seine den Dii.monen gegebene Erlaubnis nach sich ziehen werde. Die Frage aber, wie Jesus habe die Ungerechtigkeit begehen Mnnen, den Leuten 2000 Schweine zu vernicbten, ist - wie schon H. Olslwusen treffend bemerkt hat- ,vollig der albernen Bemerkung parallel, wie Gott so ungerecht sein künne, bie und da Viehsterben eintreten zu lassen. Die einfache Antwort ist, daB wo das Vieh stirbt die Menschen lebendig werden sallen, um zu lernen, daB ein Gott ist und daB eben alles, was er thut, das Rechte ist'. Ob die Schweine den heidnischen Einwohnern Gergesa's gehOrtcn oder Juden, die aus Gewinnsucht diese Thiere zogen, ist für die Sache von keinem Belange, und aueh der Untergang dieser Thiere hat für den Gesichtspunkt der Evangelisten nur unte1,geordnete Bedeutung. Die Hauptsache ist das Wunder der Rettung einc1· Seele aus der Gewalt des Satans. Diese Wunderthat solte eine Botschaft an die Bevólketung jener Gegend sein. Dieser in dom xat· 'l:a T:wv ocuµovi{:,0µ{11ow des Mntth. nur angedeutete Gesichtspunkt tritt in der Relation des Mrk. u. Luk. deutlich hervor. Denn ~ wie ·lüostermann, das Markusevangelium nach s. Quellenwerthe f. die ev. Geschichte. Gott. 1867. S. 109 ft'. durch sorgfaltige Erorterung des ausführlichen Berichtes des Mark. (u. Luk.) tlberzeugend nacl1gewiesen a.Is auf die Nachricbt von dem Untergange der I:Ierde die Bewolmer der Stadt herauskommen, soben sie den Bcsessenen, der bisher die Stra8e unsicber gemacht hatte und von Niemand gebandigt werdon konte, ruhig, angekleidet und ganz bei Vernunft zu Jesu FüSen sitzen. Darüber kam sio Furcht an; denn sie erkenuen an der wundel'baren Ye1·ttnderung dieses Menschen, daB von Jcsu cine Wirkung gOttlicher Macht und Gnade ausgegaugen ist. ,Als Selbstanbietung des Erlosers aus Satans Gewalt und als Forderung eines Sinues, dem nichts zu theuer ist2 um es fill' das Gut del' ErlOsung vom Satnn hinzugeben, hat die That Jesu eine die ganze BevOlkerung umspannende Bedeutung' (Klost.). Für dieses Anerbieten hnben diese Menschen aber keinen Sinn. Die Sorge vol' weiterer Beschlldigung ihres irdischen Gutes veranla8t sie, Jesum zu bitteu, er moge ih1·e Gegend verlassen. Und er kehrt auf dem Schift'e nach Galilll.a zurltck, gestattet abar dem Genesenen nicht, bei ihm zu bleiben, sondern hieB ihn in sein Haus zu den Seinigen zurUck-
236
MBtth. IX, l.
zukehren und zu erzü.blen, was ihm Gott gethan habe. ,Denn die Stadt
soll nicht blos.in dem Verluste ihre1· Herde ein Denkmal der Anwesenhcit Jesu in ihrem Gebiete haben, was ja der vollen Warheit nicht entsprechen würde, sondern das W eilen des genesenen :Menschen in ihrer Mitte soll ihr zugleich ein fortwli.hrendes Zeugnis des Heils und der gOttlichen Gnadenmaeht sein, welehe mit und in Jesu einst auch ihr genaht ist' (l{lost. S. 110 f.). An dieser Begebenheit hat nicht allein der Unglaube aller Zeiten, sondern auch die neuere Tbeologie, welche die Existenz des Teufels und der Dfummen nur für jüdischen Volks- und Aberglauben hiilt, groe.en AnstoC. génommen. Keim (U S. 458 fl'.) ergeht sieh mit Witz und Spott iiber diese Geschichte und ihre Ausleger, um zu zeigen, daC. ,die Umdeutung (des Beriehts) keinerlei Bezeugung, die buchstiibliche Deutung aber aul1er den Qucllen keine Vernunft, sondern nur den jüdiscben Volksgfauben oder Aberglauben zum Secnndanten bat' (S. 461); will a.her trozclem nicht mit St1·a11ss die gnnze Gcschichte als ein ,,PrachtstUck dcr Sagenwelt" preisgeben, sondem einen ,geS-Ohichtlichcn Kern, wenn auch kleinsten Umfüngs' a.Is Gruncllage fcsthalten, da.e. niimlich Jesus im Gebietc von Gadarn zwei Bcsessene geheilt (el. h. von ihrer Damonomanic befreit) ha.be, und du.B der unheimliebe Wunderthiiter von den Gadarenern hinweggebeten uncl gegen seinen Willcn aufa Schiff zw·üekgetrieben wurde. ,Die Zuthat der Vierfül1lcr hn.t die Sage gemacht, indem sie die HeilWlg aus dem Leben eommentiren und die Ausweisung durcb salzigenJudenspott erkliiren und riichen wolte' (S. 462 f.). - Ohno die Anerkennung der Rea.litat boser Geister und der Moglichkeit ibrer Einwirlcung auf die Menschen lli.Bt sich freilich diese Begebenheit wcder begreifcn noch rechtfertigen. Wird a.her die Miigliehkeit damODiscber Krnnkheiten mierlmnt, da zur Lcugnung derselben vernünftige Gründe fehlen, so orscheinon aueh die Sch\vierigkeiten, welebe die vorliegcnde Geschiehto darbiot.et, nicht unlüsbar, obwol in diesem psyehologisch noch sehr wenig aufgehellten Gebicto manche Punktc nur un.ch VermutUJ1g erkfürt werdcn konnen.
Cap. IX. Heilung eines Gichtbrüchigen. Berufüng des Matthaus und Zollnergastmahl. Vom Fasten. Todtenerweclmng und Krankenheilungen. Die drei ersten Vorgange (v. 1-17) hnben in derselben Reihenfolge Mark. (2, 1-22) u. Luk. (5, 17-39) an die Bergpredigt und die Heilung des .Aussil.tzigen (Mtth. 8, 2-4) angerciht, jedoch chronologisch nicht cng mit dieser Heilung verknüpft. Die Wunder del'.A.ufcrweckung der Tochter des Jairus und der Heilung des blutfl.üssigen Weibes stohen bei Mark. (5, 22-43) und Luk. (8, 41-56) nnch der Heilung der dli.monischen Gergesener, als in die Zeit fallend, da Jesus bei der Rükkehr aus Perli.a das Sehifl' verlassen hatte und sich wieder viele Volkshaufen um ihn versammelten. Die beiden Heilungen v. 24-37 fehlcn bei lfark. u. Lukas. V. 1-8. Die Heilung des Gichtbrüchigen. Vgl. l\lrc. 2, 1-12 u. Luc. 5, 18- 26. .A.Is Jesus na.ch der Rttckfah1·t über den See wieder
Matth. IX, 1-6.
23'1
nach Oapernaum (t'~V loíav :;rÓ).ev s. zu 4, 13) gekommen war, braehte man einen Paralytischen d. i. einen an den FüBon Gelü.hmten, auf einem Tragbette liegend zu ihm. Da Jesus ihren (des Paralytischen und seiner Trüger) Glauben snh, sprach er zu dem Giehtbrüchigen: ,.Sei getrost, mein Sohn, deine Sünden sind dir vergeben" (átp{rovrai nach Suidas dorische Form des per[. injin. pass., vgl. Wine1· Gr. S. 77, wofü1· 1:1.B átplEvrat bieton). No.ch Mrk. u. Luk. brachten die Leute, da sie wegen des gro.Ben Andrangs des Volks nicht durch die Thür des Ha.uses zu Jesum gela.ngen konten, den Kranken auf das (flacho) Dach (des Hauscs), dekten dasselbo auf und He.Ben ihn auf dem Tragbette in das Zimmer hinab yor Jesum hin. Diese .Anstrengung, den Kranken zu Jesum zu liringen, war ein Zeichen ihres Glaubens an seine Macht zu helfe11. Doch ist lórov nieht hierauf zu beziehen, sondern ihren Glauben sub Jesus, indem er nis Herzenskündiger ihr Inneres durchschautc, sowie er na.ch v. 4 die Gedanken del' Schriftgelehrten sah (lcfrov) d. h. durchschautc. Vermóge seines Blickes in das Innere der Menschen (Job. 2, 25) erkante or auch, daB die Paralysis dieses Kranken ihren Ursprung und Grund in besonderen Sünden desselben hatte, und versicherte ihn del' Vergebung seiner Sünden als der sittlichen Bedingung del' leibliehen Heilung, nicht a.Is eines Mittcls, durch psychisehe Einwirkung auf den Organismus die Heilung zu erzielen. Die .A.nrede ·dr.vov ist .Ausdruck vlitcrlicher Liebe. - V. 3 :lf. Ueber diesen .A.usspruch Christi urteilten einige der anwesenden Pharisli.el' /;v fovrol¡;; iu ihrem Innern: olS-ro¡;; /]l.aarp17µ1ll ,,dieser {Jesus) Uistert Gott", indem er die Gott allein zustehende Macht, Sünden zu vergeben, sich anma.Bt und dadurch Gott die gebürende Ehre entzieht. Dieses Urteil wiire begründet gewesen, wenn Jesus, wofür die Phnrisaer ihn hielten, blo8er l\Iensch gewesen wl.i.re. Um sie dieses lrrtums zn überführcn dekt ihnen Jesus die Gedanken ihrer Herzen auf und erweist sich ihnen dadurch als HerzenskUndiger. ,, Warum denket ihr Boses in euren Herzen ?" Jlovr¡Qá sind die Gedanken, daB Jesus Gott lttstcre. Vor /;vl>vµElaO·s bieten sel1r Yiele Codd. 'Óµsl¡;;, welches Tisc/1. 8 wol mit Unrecht getilgt hat. Denn durch vµEl¡;; werden diese Leute dem Kranken und seinen Trilgern, die in vollem Vertrauen zu Jesu gekommen waren, scharf entgegengesezt. ,,Denn was ist leiel1ter zu sagen: deine Sünden sind vergeben1 oder zu sagen: stehe auf und wandle?" Die Anknüpfung durch ráf! zeigt, daB mit dieser Fraga der Vorwurf, daB sie blise Gedanken über Jesum hegten, begründet werden soll. DerSinn der Fraga ist: Das leztere ist eben so leicht und eben so schwer zu sagen wio das erstere. Zu dem Einen gehOrt nicht weniger Macht a.Is zum Andern. V. 6. ,,Damit ihr aber sehet, da.B des Mensehen Sohn Macht (lgovafo gottliche Vollmacht) hat, auf Erden Sünden zu vergeben (die Sündenvergebung nicht blos zu Yerlründen, sondern zu vollziehen), da spricht e1· zu dem Gichtbrüchigen: Stehe auf, nimm dein Bett und gehe in dein Haus". fal ?:ijs rifa ist nicht mit JJ/ey. von aíplÉ.Vctt &µ. zu trennen. Die Stindenvergebung a.Is Prilrogative Gottcs geschieht im Himmel; der Menschensohn übt sie auf der Erde. Die Einführung des Nachsatzes mit
238
Mn.tth. IX, 7-10.
TÓl'e U7et entspricht formen nicht dem Vordel'satze, sondern solte formgerecht lauten: ,so sage ich nun auch zu dem Kranken: Stehe auf u. s. w. Statt desscn ist die Aufi'orderung an den Kranken: 6yi:Q{hilt; :;ct'l. mit .,;Órn 2syu angefilgt, nach einer der inconcinnen müudlichen Ausdrucksweise nachgebildcten Brcviloquenz. Die W orte 'iÓU 28yu -c:q} 1r:aQal.. sind daher nicht in Parenthese zu setzen. 'EyE'l(JCU und 8¡eQ8-elt; sind intransitiv gebraucht, wie im Griechischen viele Activverba nebcn dcr transitiven auch die intransitivo Eedeutung ha.ben; namentlich Verba der Eewegung; vgl. f{ülmer Gr. II S. 81ff. - V. 7 f. Der sofortige Erfolg dieses Wortes, womit Jesus seinen Gegnern bewies, daB er als der l\fenschensohn die 1\Iacht besitze, Sünden zu vergeben, machte auf die Volksscharen éinen machtigen Eindruck. 'Ecpofhj{h¡aav sie erschraken. Diese von Lclmz. u. Tisc!i. nach ~BlJ n. Minusk. aufgenommene Lesart besagt mehr als das /;f}avµaaav der rec., welches troz der starken Bezeugung wol nur Glosse ist. Die sichtbare Offenbarung gottlicher lsovala erfülte die Gemüter mit Furcht vor der Nahe Gottes und trieb sio zuro Preise Gottes, der solche Macht den Menschen gegeben. wlt; áv{JQoJJCOlt; ist nicht Plural der Kategorie (vgL 2, 20), so daB nur Jesus gemeint w!ire (I{eim), sondern stebt generisch: dom menschlichen Geschlecbte. Sie ahnen, daB in der Person des Monschensolms diese Mncht als cine neue Gabe Gottes der :Menschheit vorliehen sei, weshalb sie Gott preisen. V. 9-13. Die Berufung des Zollners Matthaus und das Zollnergnstmahl. Ygl. i\frc. 2, 13-17 u. Luc. 5, 27-32. Dieses Ereignis, welches alle drei Evangelisten an die H~lun_s_ª-~~ Gichtbrüchigf)n angereiht haben, weil es in die Zeit fiel, in welcher Jesus, nicht lange nach seinem offentlichen Auftreten. am U fer des Sees Genezaret dem heilsbedUl'ftigen Volke das Evangélimn predigte und Kranke heilte, wird von Matth. weniger deshalb berichtet, um seine Berufung zum Aposte! zu erwühncn, als hauptsiichlich wegen des Vorfalls bei dem damit zusammenhiingenden Gastmahle, namlich wegen der Verantwortung Jesu gegen die Pbarislíer, die an seinem Essen mit den Züllnern nnd Sündern AnstoB nahmen. V. 9. ,,Vorübergehend von dort her sah Jesus eincn Mcnschen an der Zollstilttc sitzen, Namens Matthaus." 'Exr;l{Jw von dort her, wo er den ~:u:alyJ.isch.en_gehcilt Mtte; Jr:aQá.roJJ' bed. nicht: weiter gehend, sondern Y1)..r.iihergchmul (vgl. 20, 30. :Mrc. 1, 1G u. a.), nümlich an dem Orto, wo die Zollstütte war. Dcr Name Mattlweus ist hior proleptisch gebraucht, denn vor seiner Berufung zum Aposte! hieil er Le11j, s. oben S. 14 f. Auf den Ruf Jesu, ihm nachzufolgen, stand Matth. auf und folgte ihm nach, seinen Zollamtsdienst aufgebend. Olmo Zweifel hatte Matth. schon Yo.rhe.r.Jesum .ken-. nen gelernt, oder wenigstcns von seiner Predigt und s.ein.en-Wundcr~ j ¡t,b.~t,e1JYielgehürt, und clen Gedanken, sich ihm anzuschlieBen, in sei1nem Innern bewegt, so daB der hier berichtctc RtJf Jesu_111JLJQjnen ~zru.:_.Rfilfc__Ju:ruilite. V. 10 f . .AlS-..eL.(~.tfu.)-dru.:auLZll Tisch(LJ_ag, umL.rj_cle-Zollnei:...und.-Sü~!f QD1.!!1fill.JY.<'lm~JI!lJLmit J.gsu und_sei1W1LJí\ngQrp,_~1,!_'llschn..1ageJl, ~rach~_.llie ~lJ,JltisiLer.zu
l
Mntth. IX, 10-12.
239
~ngm:n: ,,~!!\-1,'Um,jsset euer Meister-mitZfillnern nnrl Siindern 2" Der AnstoB, den die Pharislier an Jesu Tischgemeinsehnft mit den Zollnern nahmen und Jesu Verantwortung ist dem Evangelisten so sehr die Hauptsacha, daB er das Gastmahl selbst nur iu einem Participialsatze crwahnt, in welchem; vom Zusammenbauge abgesehen, mlwv dva"Et¡dvov eben so leicht auf Jesum als auf Matthii.us bezogen wcrden kann. Dagegen berichtet Luk. v. 39 f. deutlich, daB Levi !Matth!l.ns) ein gro.Bes Gastmahl in seinem !fo.use ausrichtete, an welchem ein groBer Haufe von Zéillnern mit Jesu und seinen Jüngern teilnahm, worunch avwv (bei l\ltth. u. Mrk.) sich auf Matth:i.us bezicht. Aber auch von Luk. abgesehen wil'd diese Beziehung schon durch das bci Mtth. folgende 7:cp 'b¡aov gefordert, welches zeigt, daG Jf!.~U! nicbt aJ~_fü¡.J>ject. des Satzes anzunehmen ist. Auch ~v 7:fí ol-xla (v. 10) führt nicht ~fil das Ifaus Jcsu iD Ciq>et!m\.Um. Solte wol Jesus, der nicht hatte wo er! sein Haupt hinlegte, in Capernaum ein Haus besessen und Gastmü.hler/ gegebcm habcn? Auch bei Mark. ist es ldar, daB ol"la av"tov L~ ~ist¡ vgl. J{losterm. l\fa.rk.-Ev. S. 43 u. Godet zu Luc. 5, 29. An das I:Iaus Jesu lil.Bt sich nur denken, wenn man mit Mey. u. A. ávaaTa; 1}xoJ.ovfh¡ar:v avt'qj buchstliblich und sinnwidrig so faGt, daB l\la.tth. auf den Ruf Jesu sfoh von seinem Sitze an der Zollstatte erhob und Jesu nachging, und dabei willkürlich ergiLnzt, daB Jesus von dort no.ch Ha.use gegangen sei, wahrend 1Jr.0J.ovlh7aev nur das Einti:cte11-in-dieJ.Y.ng.e_i:~l.efilL.aussagt. Dieses Nachfolgen schlieBt nicht aus, d.aB l\fatthiLus beim Aufgeben seines bisherigen Berufs seinen Freunden ein ~l gab, warscheinlich in dem Zollhause, das er bis dahin bewohnt hat. Ueber die Zusammenstellung T:EJ.rovat xal aµcc(!T:WÍ.OÍ ,,~nt Sünrler" d. h. Menschen m.11üblem..Rufu, s. die Bem. zu 5, •16. - Die PharisiLer (dcr Artikcl ol steht gcnerisch, der Sache nach cinige Pharisiier) sind fil~.l!.t.JJ.ls...Tcilncl1mm:"_ª-.1ª. Gast~!'IJ!l.e zu denkcn. Wie sic Jcsum mit den Zollncrn zu Tische sitzcn saben, HlBt sich aus dem lOóvrli; nicht erkennen, laGt sich aber auf vcrschiedeno W eiso denken. DaB sie zuflillig oder absichtlich dazu gekommen sein solten, ist zwar moglich aber nicht warscheinlich. Und dies auch angenommen, ist es kaum denkbar, daB sie sofort ihre Verwunderung darüber gegen die Jünger so geauBert ha.ben salten, daB Jesus es hOrte. Dies geschah offenbar erst, als die Gaste, folglich auch Jesus und seine Jünger nach Beendigung des Mahles das Haus verlassen hatten. V. 12 f. Die Antwort Jesu: ,,Die Gefillndnn (o! l
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Matth. IX, 13.
viduen dersolbon zu treffen, und erMlt die Beziehung auf die welche sich für gcsund und krank hiolten durch die Anwendung auf den vorliegenden concreten Fall. Wio ni.chLqJl~ einzelnen Phai:isii.CJ; G.egnm .Irum waren, so zeigten auch nicht alle einzelnen Zollner Yerlrulgen, .Iesu. na¡:hzufolgen. - Um abcr den Pharisaern den Grund ibres Vertrauens a.uf Gerechtigkeit aufzudecken und sie zur Selbstprüfung zu veranlassen, fügt der Herr einen zweiten Spruch hinzu: ,,Gehet hin und Iernet was es heiBt: ]3ar.mhe1·iigkelt-lY.UJ. ich und.nichLO.p.feJ."'. Damit sagt cr ihnen rückhaltlos, daB sie und ihre Schriftgelehrten (o~ 7Qaµµa:¡:slt;, ai3trov Luc. v. 30) Gottes Wort nicht verstehen, ibr AnstoB an seinem Verhaltcn gegen die Sünder seine~tieferen GruruUn Mangel n.n Ver: stltndnis der S.chrift un.d. Erkentnis des gottlichen Heilsrathes haba. lloQEvf>{vut;, ·óe µáf>87:8 -eñtspricílt-dé1:·¡.ál)l)in. FormePii:i~~-~{ ,geh fort tmd lerne', mit der man Eincn abwies, damit er über die Sache weiter nachdenke oder Belehrung darüber suche; vgl. Scllóttgen ad 11. l. Tí ~úTw was (das angeführte Wort) dem Sinne nach ist d. h. welche.u Inhalt unq_filnll...C!ilu:ilie. Der angezogene Spmch steht Hos. 61 6.(LXX) und besagt: Gott will Erbarmen statt Opfer, nicht Opfer statt Erbarmens. elt:og !_s_!..bar1!1herzige. Liebe. 1 Das Opfer als Hauptbestandteil der Gottesverehrung und Betbli.tigung der Frümmigkeit ist genant als pa1~s1mriQto, &.tatt eles gesamten levitischen...Go.ttosdfonstcs. Die Friim!ll:ig!reit. der J?h~risft.er bestand iD-!lllnktlicher JMQ!gnng der Ritt1rugeboJ1:t.c:les G:es(l~1,:()J3. Darein sezten sie i~chtigkeit vor Gott u.nd ttbersahen da.bei nicht n~-1". den etbischen Kern_c!es _Qe_s~, sondern auch, da8 das Wesen der Gesetzeserfüllung in d_ca:._L.iebEtGott_Qs und -ª'~~ Nlichsten bestehe (vgl. 22, 37-40. Luc. 10, 27). Damit zeigtéii lsie ihren Mangel all.Schriftverstandnis, indem sie nicht einsahen, da8 alles was Gott für und an Israel getban, Bezeugung seiner Gnade und ¡Liebe zu den Sündern war. Zwar bezeiehnet !Jlso; in dar á.ngef. Stelle, wie .,~~ des Grundtextes die Liebe des Menschen zu den Elenden und Unglücklichen oder die mitleidigeNiichstenliebe; abm:._Liehe_und..Bar.m_herzig!r(li~_@g!ln de11 N..iichs.ten lrnnn nur üben, wer d1e.Liebe_uncl..Barmp(ll'?!!gl;:(l!LGot.t~L,.fil:~i;_~rnt ...YruLi:m _eigQ.1rnJLHID.'ZeJLe.rfah:cen....ha.t. Der SchluBsatz: ,,c[~~?U~-~.!>i_~--~lc,!1~ m~I~9.!D.,~ ~ll:!'.!!Í~.!l~~~ht~ondern_ ~finder", begründet nicht )Jlos das XO(JEVl>EVTt!t;, 1tal>ETE (llfey. u. A.), sondern die beiden Sa.tze, da.8 die Pharisii.er, weil sie sich für gel'echt halten, an Jesn Umgang mit den Züllnern und Sündern Ansto.B nehmen, nnd da.8 dieser .Ansto.B in UI!,keJlt.nis der__.ffohrift seinen Grand haJ.w.; und schliellt sich an den aus diesen Satzen sieh ergebenden Gedanken an: '!!!i:c:let ihr euch .nic,ht...für gerecht halten uncLwiirJlet ibr G-0ttes
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1) Dieser zweite· Spruch fehlt hier u. 12, 9 wo ihn Ma.tthii.us noehmals ba.t, in den Pa.rallclstcllen des Mrk. u. Luk. ; ist a.her kein Zusa.tz des Ma.tth., sondern von l\Irk. u. Luk. nur weggclnssen, weil das richtige Verstandnis dcssclben cine Kentnis des A. Test. voraussezt, die bei Heideneliristen nicht zu erwartcn wa.r. Hu.ben doeh selbst Ewal
Ilfatth. IX, 14-16.
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W..or.t in cler Sc11rjft vershilicn, -ªQ...J'l1ll:_clet ihr auclLnuJi11e..S.teUuug...zu.. de.u Züll.n.m:n begr.eifen, denn ich. bin nicht gekommen u. s. w. KaJ.Elv
absolut gebraucht hei.Bt: z.um Eintritt~.rnglreiclunfi>n orlor
einlrul.m1. Der Zusatz El~ µ,,-dwoucv im itlteren text. 1·ec. ist nur aus Luc. 5, 32 hereingekClmmen. V. 14-17. Vom Fasten. Vgl. Mrc. 2, 18-22 u. Luc. 5, 33-39 . .Aus dem 7:Ó7:e folgt nicht, dail die Johannesjüngcr sofort nach Zurechtweisung der Pha.ris!l.er die Frago wegen des Fastens an Jesum richteten, sondem nur dalles in ds.maliger Zeit geschah. Der Frage: ,,warum fasten wh' und die Pharisaer, deine Jünger aber fas ten nicht ?" Iiegt die Voraussetzung zu Grunde, dall das vr¡
16
l\fatth. IX, 16. 17.
erklart, weshalb seine Jünger keinen Á.nlaB zur Befolgung der Sitte des Fastens haben und damit implicite die Verschiedenheit seines Borufs von dem Berufe ihres Meisters, des Taufors angedeutet. Um ihnen aber diese Vc1·schiedenheit deutlich zu machen, belehrt cr sie wciter in zwei Gleichnissen über die Unvereinbarkeit der pharisii.isch gesetzlichen Frümmigkeit mit dem Gcistc des Evangeliums und dem neuen Lebenselemente, welcbes er in die Welt einführe, und gibt ihnen damit zu verstchen, da6 ihre Frage aus Verkennung des Wesens sowol der alttestamcntlichen Religionsanstalt als des von ihm zu gründenden Gottosreiphes hervorgegangen sei. ,,Niemand fliekt einen Flieken ungewa.lkten Zeuges auf ein altes Kleid; denn seinc Ausfüllung reiBt von dem Kleide los und der RiB wird arger. .Auch thut man nieht neuen Wein in alto Sehlüuche; sonst (el ó8 µ~"¡'8 wie 6, 1) zerreiBen die Sehlü.uche und der Wein wird verschüttet; sondern man thutneuenWeininneue Schlü.uche, so werden beide crhalten". Qár.og bed. an sich nicht Zeug, sondern (von Q1ffVVf.lt) ein abgerissenes Stück Zeug, einen Lappen, den man zum Flicken verwenden kann. TO :nJ.~Qroµa die .Ausfüllung des alten Kleides d. i. der aufgesezto Flicken. a'iQH fh' atlwü nimt weg, rei6t ab (ein Stück) vom al ten Kleide, nü.mlich wenn der ungewalkte Lappon nafi wird und das Zeug sich zusammenzieht. l\íau braucht dabei zu al Qf.t nicht 7:Í zu suppliren, sondern die Vorstellung ist: ,maeht cine Losreifiung' (lJiey.). - Den Sinn dieser Gleichnisse anlangond ist so vicl klru:, clnB das alte Kleid und dio alten Schlü.uche Bilder der alttcst::i.mentliehen Weise dor Frümmigkeit sind, der Lappen von ungewalktem d. i. neuem Zeuge und der neuo Weiu Bilder der neuon, durch Christum begründeten Heilsordnuug. Doch sind die beiden Gleiehnisse nicht tnutologisch, sondern unterschciden sich zunaehst so, daB im erston Teil und Ganzes, im zweiten Inhalt und Form einander gegenübergestclt sind. Im e1·sten sind die religiOsen Formen des Judentums mit eincm Gewando verglichen, in welches das religioso Leben des Volks gekleidet ist, das aber alt geworden der Erneuerung bedürftig crscheint. Die Erneuerung la6t sich nicht dadureh bewirken, da.B man ein einzelncs Stück neuen religiüsen Lebens demselben aufsezt. Dadurch würde das· alte Kleid nur einen noch i.irgeren RiB bekommen. Die neue Lcbensform der Jünger Christi, die sich in der Lossagung von dcr ·gesotzlichen Fnstcnübung zeigt, ist mit der Gesetzesform der alttestamentlichen Religion unvertrü.glich. Wolte Jesus seinen durch ibren AnschluB an ihn in eine ueuc Sphiire des religiüsen Lebens eingetretenen Jüngern die Beobaehtung cler jlidischen Fasten aufel'legen, so wlire dies eben so verkehrt, als wenn man mit einem neuen Lappen ein rutes Kleid ausbcsscrn wolte, mn es noch HLnger zu erhalten. Doch nicht blos ncuc Formen des religiüsen Lebens will Jesus cinführcn, sondcm ein nenes Lebensprincip in seiner Gemeinde pflanzen, für welches die Formen des alttestamentlichen Gesetzes nicht passen. Dics lehrt clas zweite Gleichnis. Der ncue Wein bezeichnet einen ncuen Lcbensgeist. Wie neuer Wein, in a.lte Sehlauche gefült, beim .Abgahren die Schfüuche zersprengt, womit Wein und Schlüuche verdorben wer-
avi-ov
1
Ilfatth. IX, li.
243
den, so IaBt sich der Geist des Evangeliums nicht in die alten Schlauclie der jüdischen Weise der Gottesverehrung eingiellen. Wie neuer Wein, wenn er erhalten werden soll, neue Schlauche erfordert, so bedarf das von Christo in die Menschheit eingeführte neue Lebenselement neue Formen für seinen Bestand. Damit ist angedeutet, dall die alttestamentliche Weiso der F1·ommigkeit fallen wird, und die welche an die ewige Dauer derselben glauben, Geist und W esen des Evitngeliums verkennen. Die vorstehende Auffassuug des ersten Gleicbnisses wil'd nicht getroffen von dem Einw11nde, welchen Will. Beysc1t1ag (die Gleichnisrellen Jesu Mtth. !l, 14-17. !!re. 2, 18-22. Luc. 5, 33-3!l krit., exeg. u. bibl. theol. eréil'tert. Osterprogr. der Univers. Halle-Wittenberg. Halle 1875. S. l!l) gegen Stias iihnlichc, aber unklare Deutung erhoben hat, namlich da6 man Jesum, da er ja scine Jüuger das mos. Ritualgesetz ruhig fortbeachten lieli, eher dessen hii.tte zeihen konnen, was er hier als Thorheit zurückweist, da!~ er ein altcs Kleid mit ncuem Zeuge flicke. Dieser Einwurf hat aber überhaupt wenig zu bedeutun, wie Beyscltl. selbst zehn Seíten spii.ter (S. 2!l ff.) gezeigt hat, wo er gegen den von Neander u. Weüs erhobenen Einwand, da& die gangbare Auslegung unserer Gleichnisse mit dem sonstigen Verbalten Jesu und seiner Jünger nicht stimme, indem Jesus allerdings bei den Aposteln den neuen Wein in die alten Sehliiuche des Judentums ocler der jüdischen Lebensform gegossen l1abe, recht gut ausfiihrt, da~ Jesus zu keiner Zeit scines offentlicl1cn Lebens verknnnt ha.be, dali die mosaisch-traditionellen religfüsen Formen hinfallen würden vor dem sich entfaltcnden Gottesdienst im Geist und cler Warheit (Joh. 4, 23). Es üt m1i· Sc11cin, wcmi man aus diesem odcr .fenem Zuge .9eine.9 Lebcns das Gegentcilfo1gcrt. Er hat den Tempel scines Vn.ters Haus genant und mit dem Versucbc begonnen ihn zu reinigen und so zu erhalten (?) - aber als Bctlwus, nicht als Opforhaus, von dem im Gegentcil der Vieh- und Gcldmarld unzertrcnnlieh war; cr hnt clic Feste Ismels bcsucht, aber nieht um an Opfern toilzunehmen, sonclern um ::i.ls Prophet zu allem Volke zu reden; er hat mit den Seinen Passah gefeicrt, aber um Gott zu preisen und Liebesgemeinschaft zu feiern, níeht um Sühne mit zu geniefien, die er vielmehr schlielilich in seiuem eigenen Blute den Seinigcn darbot zur Besiegelung eines neuen Bundes; er hat wol die einstweilige Fo1·tdauer der Opfer vorausgesezt (Mtth. 5, 24), auch wol eineu geheilten Aussiitzigen zum Bringen des Reinigungsopfers angehalten (Mtth. 8, 4); aber diese .Anscbmiegungen an den noch wiihrenden Stand des Uebergangs und cler Unmün
Matth. IX, 17. dadu1·ch moglich gema.cht, da.Jl man die Fragenden für von den Johannesjüngern verschiedene Pe1·sonen lililt, wclche Jesus sowol über das Fasten der Johannesjünger als über das Nie.htfnsten seiner Jünger belehrt hl\tte. Diese Anua.lime steht aber nicht nur mit .cler uuzweideutigen Angabe v. 14, da.n die Johannesjünge1· die Frage an Jesum richteten, in Widersprueh, sondem ha.t aueh a.u dom Texte des Mark. u. Luk. keine hnltbare Stütze; 1 uud der nene Deutungsversuch eles Gleichnieses unterliegt selbst gewichtigen exegetischen Bed!)nken. Denn zugegeben, da.6 die Frage: , warum fasten die J oha.nnesjünger oft und deiue Jünger fnsten nicht?' eine Doppelfrage sei, die eine doppelte Beantwortung verl¡;mge, uncl da~ das erstc Gleichnis auf die erste Frage die .A.ntwort gebe: sic thun von ihrem religiéisen Standpunkte aus ganz recht daran; denn da dieser Standpunkt noeh der nlttestamentliehe ist, so würde ein einzelnes Stück der dem neuen Buncle entsprechenden Lcbensordnu11g nur ihr altes jüdisches Frommigkeitsgewand zerfetzcn (Bcy ..cltl. S. 22 f) - dies alles zugegeben, konte doch Jesue das Verfahren dcr Joh&nnesjünger ni~ht mit dem Grunde reehtfertigen wollen, dal:I sie mit dem Aufgebcn der Fastensitte die Lebensordnung des alten Bnndes sclilidigen würden, olme damit zugleich den Fortbestand der alten Bundcsordnu11g fiir berechtigt zu erkliiren und den Pharisiiern eine Hnndhabe zu bieten, scin Auftreten oder wenigstens das von seinen Jüngern beobnchtete Verfuhren als cine uubcrechtigte Ne11erung zu verurtcilen. Noch wenigcr bltbar ist die Deutung des C!wys. u. Tlieoplq¡l., welche bei dcm alten Kleide und den altcn Schliiuchen an die Jünger Jesu denken und bei dem nouen Lappcu und dem nenen Weine an die christliche Fastenübung, wornach Jesus mit dem Gleichnisse sagen wolle, seine Jünger seien noch zuschwaeh, um die strenge Disciplin ·des N. Bundes zu ertmgen, und mlillten dazu erst clurch den heiligen Geist bereitet werden. Diese Auffassung hat Neande,. do.hin modificirt, daB das alte Kleid und die alten Schl5.uehe des Menschen nlte Nntur bedcuten, die man nicht von aullen her durch a.ufgezwungene Fasten und~ Gebetsiibungen umbilden konne. Hiernaeh hatte Jesus in einem Athemzuge seine Jün!¡er als die Genossen des Neuen, des messianisehen Hochzeitsfestes bezeichnet uncl als noch im Kleide des alten Menschen steckend den Johannesjüngern uud 1 harisiiern gleichgestelt. - Riehtig hat übrigens schon Mey. bemerkt, dan im Sinne .Tesu nnd cler Entwickelung der apostolisehen Kirche (Kol. 2, 20 :il'.)
1) Na.ch Be11sd1l. soll die Anga.be des Matth. aus einem l\liGverstandnissc der von dcm Verf. dieses Evang. benuzten Quelle entstanden sein, und der riehtige und ursprüngliche Bericht uns noch im Ev. des l\Ia.rl..-us vorliegen. Allein in l\lrc. 2, 18 mül.ite das Subject zu lfezovira lmi Uyovu111 :msdriicldich genant sein, wenn es ein anclcres a.ls die vorher genanten frn{}niial 'l<11ÚJ•i•ov xcti. ol if?e1c11qaíot seiu solte. I,uJms aber, bei tlem ol dnov al erdiugs nur die v. 30 erwlibuMil Plrn.risii.er uml ihre Seh1·ift~elehrte11 sein konncn, hat dio beiden Vorgiinge (das 1\furrcn dcr Phal'isiier filler Jesu Essen mit den ZOllnern und die l•'rage lil.ier e.las Nichtfasten cler Jünger Jcsul in einer Weise mit einander vcrlmiípft, die nieht urspriinglich seiu kanu.
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Mii.tth. IX, 18-20.
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V. 18-26. Auferweckung de1• Tochter des Jairus und HeiIung eines blut:flüssigen Weibes. Vgl. Mrc. 5, 22-43 u. Luc. 8, 41-56. Diese beiden Wunderwerke hangen zeitlich zusammen. Die Beilung des blutflüssigen W eibes erfolgte wiihrend des Ganges Jesu zu Jairus, um dessen gestorbene Tochter aufzuerwecken. So nach allen drei Evangelien, deren Berichte auch in allen wesentlichcn Punkten mit einander übereinstimmen, obwol l\fark. u. Luk. die ilufieren Umstii.nde ausführlicher mitteilen als l\fotth., der sich auch hicr auf dio Jfauptsache boschrankt hat. - Den Vater des gestorbenen Miidchens nent Matth. einfach ªQXOJV Vorsteher; nach Mark. u. Luk. war er Synagogenvorsteher und hiefi Jai1'Us. Dieser sprach Jesum um Hilfc an -raiírn avwv J..aJ..oiívi-os avwis d. h. als Jcsus die Johannesjünger über das Nichtfasten seiner Jünger belehrte. Diese Yerknüpfung dcr Ereignisse fehlt bei Mark. u. Luk. , weil beide die überlieferten evangelischen Thatsachen nach anderen Gesichtspunkten geordnet haben. Nach Illey. soll Jairus seine Bitte Jesu vorgetragen haben, als derselbe noch mit den Züllnern zu Tische sa6; dies soll sich aus dcm 8¡t:p&sís v. 19 ergeben. Allein l¡sr¿-8-ds besagt nur, da6 Jesus sitzend mit den Johannesjüngern geredet hatte. Wo oder in welchem Hause er sich aber beíand, bleibt unbestimt, selbst wenn man mit Tisclt. 8 u. /IIey. ác;ixrov slasUJ·cóv (v. 18) nach N.CIJEilf u. a. für die ursprüngliche Lesart hil.lt. Allein der ursprüngliche Text lautete wol nach ~l>B áQXOJV ds m¿oael{)·cóv, da daraus sich die verschiedenen Varianten, namentlich durch Weglassung des .n(JOt;; sowol daEJ..fJ·cóv als EÍS V.8-aív, erklliren. Die Aussage: ,,meine Tochter ist eben gesto1·ben" lautet bei l\fark.: ,,mein Tüchterlein laxáuoi;; Hzu liegt in don lczten Zügen odcr im Sterbeu", bei Luk. referirend xal. cdJn¡ aJC{fJ·m¡ar.w. Nach beiden starb das Müdchen erst, .als der Vater Jcsu llilfe angcsprochen hatte und Jesus auf dem Wege zu ihm war und mit dem blutfütssigen Weibe redete. Da kam ein Diener des Vorstehers und mcldctc den cingotrctenen Tod, mit dem Hinzufügen: er müge den Meistcr nicht wciter bemühen. Diese Divergenz ist weder durch sprachwidrigc Deutung des &Qrt fr13}.rvu7aw: jam moritur oder morti est p1·oxima (Olear. J[uin.) noch durnh die Annahme auszuglcichen, da6 der Yatcr seine Tochtor im Sterben vcrlassen, und als er zu Jesmn kam in der Meinung, daB der Tod bereits erfolgt sei, gesagt habe: sie sei eben gestorben. Die Verschiedenheit rührt einfach daher, daB Matth. don Hergang kurz zusammenfassend den Vater gleich den Tod melden HLBt, da das l\füclchen doch gestorben war, ehe Jesus hinkam. Der Vater bat, Jesus müge kommen und seine Hand auf die Tochter legen, so werde sie leben d. h. wieder ins Leben kommen (stjan:at hebraisirend wie n;t¡t.l) - die Hancl für das Organ haltend, welches die von J esn nusgehende, Leben wirkende Gotteskraft vermittolt. - V. 19. Jesus folgte dom Manne und seíne Jünger; µafhrr:al die Anhtinger Jesu insgemein; nach l\Irk. o¡:).oq .7rolvq viel Volks, nach Luk. o[ ozlot die Volkshaufen, die sich um Jesum geschart hatten. Y. 20 ff. Uuter dícsem Gefolge Jesu befand sieh cin Weib, das
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Mo.tth. IX, 21-23.
12 Jabre Iang am Blutfiussc gclitten (cclµovéoofoa an einem krankhaften Dlutflusse Ieidcnd;. nliher laBt sich das Leiden nicht bestimmen). Ivfark. u. Luk. berichten, da8 sie ihr Vermügen verbraucht habe, um von den Aerzten Heilung zu el"langen, das Uebel aber schlimmer geworden sei. Im festen Gfauben, daB Jesus auch diese Krankheit heilen l~ünne, tmt sie von hinten, also schüchtern, herzu und faSte den Zipfel seines Kleides an, um dadurch die wunderbare Heilkraft Jesu auf sich xQáG.7C8oov in Num. 15, 38 (LXX) für n-.~-.~ die überzuleiten. Quastc, welche die Juden an jedem der vier Zipfel des Obergewandes t.ragen solten zur Erinnerung an die Gebote Gottes, s. m. Comm. zu -Num. 15, 37 ff. - V. 22. Jesus aber wandte sich um und sagte zu ihr Iiebevoll: ,,Sei getrost, Tochter, dein Glaube hat dir geholfen". Nicht. die korperliche Berührung des Saumes seines Gewandes hatte Jesus gcspürt, sondern vermoge seines Mheren Wissens erkante er sowol die Berührung als auch das Motiv, welches das Weib zum .Anrühren seines Kleides bewogen hatte, und den darin sich kundgebenden Glauben 1111 ihn, als Heiland und Erfüser von allem Uebel. In diesem Sinne sprach er zu der Frau, da8 ihr Glaube ihr Heilung gewahrt habe, um aberglii.ubischen Vorstellungcn von einer magischen Wirkung seines Gewancles oder Korpers vorzubeugen. Mark. u. Luk. erzii.hlen umstü.ndlicher, Jesus habe gemerkt, daB eine Kraft von ihm ausgegangen sei, und sich umgewandt, fragend: wer ihn anger1ihrt habe; worauf die Jünger verwundert sagen: ,,du siehst das dich umdrlingende Volk", wie kann man da wissen, wer dich berüh1·t hat. Da aber Jesu dessen ungeachtet umherblikte, um zu erfahren, wer es gethan, da erkante das Weib, daS sie ihre That vor ihm nicht verhehlen konne, und trat furchtsam und zitt-ernd herzu, vor ihm niederfallend, und bekante die ganze Warheit, d. h. nicht blos da.B sie ihn angerührt, sondern auch in welchcr Absicht sie es gethan hatte; worauf Jesus das angeführte T1·ost· wort ihr zusprach, und ihre Heilung von Stund an erfolgte. - Nach dem Ev. Nicodemi bei Tllilo I p. 561 soll die Frau Veronica geheiBen habe11 und cine Heidin aus Paneas gewesen sein, wo man nach Euseb. h. e. VII, 17 eine Statue zeigte, die sie zum A.ndenken an ihre Heilung dort habe errichten lnssen. Eine Legende, die an eine dort befindliche Statue (vgl. Robins. N. bibl. Forsch. S. 537) geknüpft wurde. V. 23 ff. Hierauf begab sich Jesus in das Hnus des Vorstehers, wohin cr (nach Mrk. u. Luk.) nur Petrus und die Sohne des Zebedii.ns, Johannes und Jakobus, und den Vater des Mi1dchens folgen lieB. Im Hause fünd er die Flotcnspieler und die lli.rmende Menge der Klageweiber vor, welche die 1ibliche Todtenklage anstellten (vgl. m. bibl. Arcl1üol. S. 572 f. u. Fr. lm. Grundt, die Trauergebrauche der Hebrl.i.er. Lpz. 1868. S. 23 f .. Zu diesen spraeh er: dvaxro(JEí'l'E ,,gehet fort (hie1· bedarf man eucr nicht), denn das MUgdlein ist nicht gestorben, sondern schlüft", d. h. sic ist nicht dem Todo für immer verfallcn, sondern ihr Tod ist nm· ein Schlaf, aus dem sie durch Gottes Wundermncht wieder erwaehen wird. Nachdem dns klagende Volk, das Jesum verlacbtc (Mrk. u. Luk.), hinnusgetrieben war, ging er mit den Eltern des Kindes
To
Matth. IX, 23-33.
247
und den drei Jüngern in das Gemach, wo die Todtc lag, erfaBte ihte Uand mit dem Worte: ,,Mildcben, stehe auf!" und das M!l.dchen richtete sich alsbald auf. - Das Wort Jesu: ovx dn{fJ·avs 't"O zoQáuwv, dV.a r.a&svÜH berechtigt nicht zur Annahme eines Scheintodes (Paul., Schleierm., Schenk..., Ew., Weizs. u. selbst Olsliausen); denn Jesus be:zeichnet nur im Hinblick auf die vorzunehmende Auferweckung ihren Tod als Schlaf, wie J oh. 11, 11 vgl. mit v. 4 den Tod des Laza.rus. Die Annahme eines Scheintodes hnt auch J{eim abgewiescn, ist aber dabei stehen geblieben, die Geschichtlichkeit des Factunis in Zweifel zu ziehen und das Wunder mit Strauss ins Gebiet der dichtenden Sage zu verweisen. , V. 27-34. An diese Wunder hat l\fatth. noch zwei Wunderheilungen angereiht, die bei Mrk. u. Luk. fehlen, vielleicht nur um seine Darstellung der Wunderwerke Jesu mit der bedeutsamen Zehnzahl abzurunden. - V. 27-31. Die Heilung zweier .Blinder. Als Jesus von dort (vom Hause des Jairus) nach Hause ging, folgten ihm zwei Blinde, an denen er vorübergegangen war (:;raeáyovn v. 27 wie v. 9), nach mit dem lauten Rufe: ,,Erbarme dich unser, Sohn Davids" (d. i. Messias), bis in das Haus hinein, in welchem er zu Capernaum wohnte. Dort fragte Jesus sie: ,,Glaubet ihr, da.B ich dies thun kann (euch dns Augen· Iicht wiedergeben)?" und Tührte nach Bejahung seincr Frage ihre Augen an mit dem Worte: ,,Gemü.B eurcm Glaubeu geschehe euch"; worauf ibre Augen geoffnet d. h. wicder seheud wurden. - V. 30. Ka't lvE{J(>t¡affh¡ ~rJ.. ,,und sie anzürnend sprach Jesus zu ilmen: Sehet zu, Niemand solls wissen". Die gemessene Form des Verbots cntspricht dem Affecte dcr Rede. lft{JQL/táúfJai eig. darein schnauben, c. 't"tvl Zorn oder Unmut an jem. auslnssen, daher zürnend verbieten, so hicr u. Mrc. 1, 43, oder sich unmutig oder zürnend über etwas auslasscn, so l\Irc. 14, ó von den Jüngern ausgesagt, endlich Joh. 11, 33. 38 von dem Unmute odcr Zorne, den Jesus im Geiste empfindet. Das zürnende Verbieten HiBt sich nicht mit Jlley. ,aus dem Gefühl der zu besorgenden Erfolglosigkeit' erklaren; denn in diesem Fall würde Matth. lµ{JQtµaaO·ai wol Oftcr gebraucht haben, sondern hüngt hier wol darnit zusammen, da.B die Blinden auf dcr StraBe Jesum als ,,Sohn Davids" anschrieen, also ihn offentlich als Messins anriefen. Um diesem unzeitigen Rufen als Messins vonseiten solcher, die ihn nur seiner Wunder wegen dafür hielten, vorzubeugen, untersagte ihnen Jesus mit Zornesunwillen, die Heilung zu verbreiten. V. 31. Aber vor groBer Freude über die ihnen widerfahrene Gnade konnen sie nicht anders als ihrem Herzen Luft machen durch Verkündiguug dessen, was der Herr nn ihnen gethan hat. V. 32 f. Heilung eines damonisch Stummen. Wü.hrend jene binausgingen, br:tehte man ZU Jesu áv{JQOJ3r0V ZW(fJOV oaiµovt{;.ÓµSVOV einen Menschen, dessen Stumrnheit nicht von pbysischen Ursachen berrübrte, sondern von einem Damon, der den Gebrauch der Sprachorgane gebunden hatte. Als daher Jesus den D1imon ausgetrieben bntte, redete der Stumme, war der Bann, der aufihm lastete, gehoben. Darüberstaunte
Matth. IX, 33-38.
248
die Volksmenge, nil.mlich als sie von dieser Heilung Kunde erhielt, denn .Augenzeugen derselben konten dio ozlot nicht gewesen sein, da sie Jesus in seincr Wohnung verrichtet hatte. Das Volk sprach: ,,Niemals ist es so geschehen in Israel". OÍÍ?:rot;; steht nieht für wiíro oder 'l'Otoiíró n so ctwas; sóndern üpá.vr¡ ist unpersOnlich gebraucht, wobei es als Subject zu denken und die nithere Bestimmung des Subjects aus dem Vorbergehenden zn cntnebmen ist; hier: das Austi;eiben der Dlí.monen - dies ist niemals unter den Israeliten auf so herl'liche Weise zur Erscheinung gekommen (111ey.). V. 34. Ganz anders urteilten. die Pharisi.ter: Jesus tiicbe clie Dlimonen a.ns durch den Obersten der Dlimonen Trj} llQX,OV'l:t kraft des Obersten, vgl. Mrc. 3, 22). Ueber diese büswillige Beschuldigung s. das Nll.here zu 12, 34 ff., wo die Pha1·islier sie wiederholen und Jesus ihnen antwortet. V. 35-38. Der Inho.lt dieser Verse vermittelt den Uebergang zu der in c. 10 folgenden Verordnung und Ausrüstung von zwolf Jüngern zu .Aposteln, womit Jesus den Grund zur Stiftung einer Gemeinschaft der Bckenner seines Namens (~r.r.l.7Júla) logte, in welcher das Reich Gottes sichtbnre und dauernde Gestalt für seine Entwickelung auf Erden gewinnen solte, und gewonnen hat. In v. 35 ist das bisherige Wirken Jesu in einen allgemeinen Ueberblick zusammcngefailt, wie 4, 23, um die mit 4, 23 eingeleitete Beschreibung dcsselben abzurunden und daran die Erzilhlung seiner weitercn Wirksamkeit anzuknüpfen. V. 36. Da c1· die Volkshaufen sa.h, die zu ihm kamen, um die Predigt des Evangeliums zt1 hüren und ihre Kranken von ihm heilen zu lassen, empfand er l\füleiden oder Erbarmen in Bezug auf sie (saJCJ.arxvlafh¡ .íl"EQL ai.h:rov treffend Lútller: es jammerte ihn derselbigen), ,,weil sie geplagt uud hingeworfen waren, wie Schafe, die keinen Hirten ha.ben". Statt der rec. lr.J.EJ.uµ{vot, na.ch welcher Lutlter ,, verschmachtet" übersezt, ist naeb ~BCDE u. den meisteu Uncialcodd. for.vl,utivot zu lesen, in der Vulg. vexati übersezt. ar.VJ.lro bed. zerzausen, zerzerren, zel'l'eiGen, hier im Bilde einer hirtenlosen Hei·de schutzlos dem Elende prcisgogeben; ÉQll.tµlvoi (Tisclt. QE(Jtµµtivot Le/un., rec. lMtµµt!vot hingoworfen, wie marodo Schafe, die nicht mehr fortkonnen, hingestrckt. Dieses geistige Elend des Volks erregte Jesu Erbarmen, daB er zn seinen Jüngem (¡ta&7]rcd im weiteren Sinne) sprn.ch: ,,die Emte ist grofi, aber der Arbeiter sind wenige''. Die Emte ist Bild der Einsammlung der Seelen in das Reich Gottes. Die Welt ist vergliehen mit einem Ackerfelde, auf wolchem die Menschen gesaet sind, daB sie wachseu uud für das Himmelreich reif werden sollen, vgl. Joh. 4, 35 f. und die Parabel Mtth. 13, 24-30 mit ihrer Deutung v. 37-43. ,,Bittct also den Herrn der Erute, daB er Arbeiter hinausthue in seine Ernte". Der ::.::tÍQLOt;; 'l'OV {}eQtaµoü ist Gott als Herr der Welt, dem der .Acker gehürt, von dem gcerntet werden soll. fa{:l&í.?J hinaustriebe - ein starker Ausdruek im Gefühl des drangenden Bedilrfnisses (11/ey.) Obwol die Jünger als Arbeiter in Aussicht genommen sind, heiBt Jesus sie docb Gott um Arbeiter bitten, weil in dieser Bitte sich das Gefühl aus~ spricht, dail nur Gott die Tüchtigkeit zu solcher Arbeit verleihen kann,
av
Ma.tth. X, 1. 2.
249
dieses Gefühl a.her die notwendige Bedingung filr erfolgreiches Wirken int Reiche Gottes ist.
Cap. X. V erordnung und Ausrüstung von zwolf Jüngern · zu Aposteln. V. 1. Nicht die Wahl oder Berufung, sondern die Bestallung von zwülf Jüngern zu .Apostcln wird hier und in den Parallelstcllen Mrc. 6, 7 ff. u. Luc. 9, 1 ff. berichtet. Die Wnhl der Zwülfe ist in unserem Evangelium übergangcn, und nur die Berufung der beiden Brüderpaare 4, 18 ff. und gelegcntlich in 9, 9 die des Matthüus erwll.hnt; sie wn:d aber in :/C(!OGr.aleaáµEVot;; TOVt;; ocóosr.a µa{}r¡dr.t;; ruh-ov ,,zu sich rufend seine zwolf Jünge1·" (v. 1} a.Is eine den Gemeinden bekante Thatsache vorausgesezt, und nur das Verzeichnis ihrer Namen mitgeteilt. Selbst die Aussendung dieser Zwülf ist in v. 3 nur kurz a.ngedeutet, um die folgende Instruction zu motiviren, nicht aber, wie bei Mrk. u. Luk. zu lesen, berichtct, daB sie ausgingen und das Eva.ngelium predigten, weU diese erste .A.ussendung nur den Zweck hattc, die Jünger für ihren ktinftigen Bernf practisch auszubilden, nur eine Probemission war, in der sie durch practische .Anwendung der ihnen verliehenen Gabe ihre Befahigung für denselben versuchen solten. Diesen Zwülf gab Jesus Vollmacht ttber unreine Geister d. h. Dii.monen cEtn:e /;r.{Jál.J.stv a1Ji-á epexegetisch: ,,sie auszutreiben", und Macht jegliehe Krankheit zu heilen (í>EQaHEVEtV hltngt nicht von dJaT:e, sondern von ligov
250
Matth. X, 2.
sich in allen '\'for Verzeichnissen darin gleich, daB Petrus an der Spitze, Judas Iskariot am Ende steht und die Aufzü.hlung in drei Gruppon von je Vieren gegliedert ist, deren Spitzen Petrus, Philippus und Jakobus {Alphü.i Sohn) bilden.1 · Daraus erhcllt klar, da8 die Zwlilf in ihrer Stcllung zu Jesu drei conccntrischc Krcise stufenweis abnehmender Nahe bildeten. Ferner sind bei Matth. und in Act. 1, 13 die füüderpaare Petrus und Andreas, Jakobus und Johaunes durch das vor jedem Namen wiederholte "ªí zu einer Vierzahl verbunden; so nach Tiscleencl. 8, wo xal auch vor 'Já-x.rofJo~ nach rt..*B u. Syr. aufgenommen ist; ,die tlbrigen acht sind paarweise aufgezil.hlt. Wahrend aber bei Matth. und eben SQ in Luc. 6, 14 die Brüder aufeina.nder folgen: Petrus und Andreas, Jakobus und Jobannes, hat in Mrc. 3, 18 u. Act. 1, 13 Andreas die vierte Stelle erhalten, 'vas sich bei Mark. daraus erklü.rt, da8 er die drei, welehen Jesus bedeutsame Namen gab (Simon-Petrus, dem Joliannes und Jakobus den Namen Boanerges) zuerst nennen wolte; in Act. 1, 13 aber durch die Reihenfolge Petrus, Johannes, Jakobus und Andreas die rangmll8ige Stellung der Genannten in dem Apostelcollegium angedeutet ist. - In der zweitcn Vierzahl hat l\fatthll.us im Mttb.Ev. und in Act. die vierte, bei Mark. und Luk. die dritte Stelle, und Thomas bei Mtth. die dritte, bei Mrk. u. Luk. die vierte, in Act. 1 die zweite Stelle erhalten. In der dritten Tesserade i1:1t nur Lebbaus (Thaddü.us) bei Mtth. u. Mrk. vor Simon Zelot., bei Luk. u. in Act. no.ch demselben genant. Die paarweise Aufzü.blung der lezten acht bei Mtth. und teihveise nnch in Act. 1, 13 hü.ngt wol damit zusammen, da.B Jesus sie je zwei zusammen aussandte. - llQW7:0~ 2ínach Mrc. 6, 7 µrov Ente,. Simon. Mit .7r(JW'tOf; wird die Z!Lhlung eingeleitet, aber das Weiterzü.hlen ist unterlassen, um die Zahlung nach Paaren durchzuführen. Wenn biernach auch .7r(JWW; nur Zahlwort sein soll, in der Bed. erstens, so ist doch die Voranstellung des Petrus in allen Verzeichnissen weder zufüllig, noch daraus zu erkl!i.ren, da8 er und sein Bruder Andreas' als :!rQCO'tÓxJ.r¡wt galten (Mttb. 4, 18), weil mit der gleichzeitigen Berufung Petl'US nicht der erstberufene wurde, zumal nach Job. 1, 41 f. Andreas Jesum frühe1· kennen gelernt hatte, als Petrus. Die Voraristellung des Petrus hü.ngt vielmehr mit dem Vorrange zusammen, welchen Petrus unter den Aposteln als p1·imus in(er pat•es hatte und welcher von Jesus selbst anerkant wurde (16, 1611'.). Ueber Simon genant Petrus und Andreas und über die Sohne des Zebedaus Jakobus und Jollannes s. zu 4, 18 u. 21. And1·eas wird im Evang. Job. auBer 1, 35-43 noch 6, 8 u. 12, 22, auBerdem Mrc. 13, 3, sonst in der evangelischen Geschichte nicht weiter erw!ihnt. Jakobus und Johannes gehOrten mit Petrus zu den vertrautesten Jungern Jesu (vgl. :M:rc. 5, 37. Luc. 8, 51) und waren Zeugen seiner Verklü.rung
ovo óvo
1) Sehon Bengel bemerkt: Unive1·,,e ordine,, liabent ti·es quatemione.,, guorum nullus cuni alio quicguain pe1·mutat: tum, in primo sempe1· primus est Petrus: in secundo Pltilipptts, eff. Joh. 1, 42. 44.12, 22; in tertio Jacobus Alpl1aei; in singu· lis cetel'i apostoli loca p1wmutant. Proditor se11per extre1nus.
Matth. X,
a.
251
(l\ftth. 17, 1). Jakobus wurde schon im J. 43 oder 44 auf Béfehl des Herodes Agrippa enthauptet Act. 12, 2. V. 3. Von den tibrigen wa.r Pltilippus aus Bethsaida gebürtig (Job. 1, 44 ff.) und ist noch Joh. 6, 5 ff. 12, 21 ff. u. 14, 8 in Berührungen mit Jesu erwii.hnt. · - BaQfJoJ,oµaror; d. i. ""3~t' ~ Sohn des Tolmai (vgl. 8o2µí 2 Sam. 13, 37 LXX). Sein eigentlicher Name war Natltanael, a.us Kana in Galilüa gebürtig, der nach Job. 21, 2 zu den Aposteln gehOrte, unter diesem Na.men aber in den Apostelverzeichnissen nicht vorkomt, sondern nur unter dem Zunamen Ba1·tltolomaeus, in Verbindung mit Pltilippus, welcher nncb Joh. 1, 46 ff. den Na.thanael auf Jesum als den Messia.s aufmerksam gemacht und zu ihm geführt hatte. Gleich bei dieser ersten Begegnung wurde er von Jesu als ein echter Israelit ohne Falsch bezeichnet. Die beiden Namen verbalten sich wie Simon und Bar Jona zu einander. - ecoµar; d. i. et.ti¡ Zwilling, L1lóvµor; (Job. 11, 16. 201 24), vermutlich von der Art seiner Geburt so genant, und gehürte nach Job. 21, 2 zu den ga.lilitiscben Fischera.posteln. - Ueber 1lfattl1aus den Zollner s. zu 9, 9. - 'I&xro(Jor; ó T:oÜ ~J.cpaíov Sohn des Alpliaeus ist hüchst wa.rscheinlich eine Person mit Jakobus minor (Ó µtxQÓr; Mrc. 15, 40). Dies ergibt sich da.ra.us, daB sein Va" ter :41..paZ'or; = "~~l'.l mit Kl..áfaar; dem Manne der Maria, ~ &osl~ der Mutter Jesu (Job. 19, 25) identisch ist, welche Mrc. 15, 40 die :Mutter des Jakobus des Kleinen und des Joses genant wil'd. - AefJf1aZ'0<; heiBt bei ~frc. 3, 18 eaooaZ'or; und bei Luk. c. 6, 16 u. Act. 1, 13 'loúó'a; Iaxw{Jov. Der Zusatz Ó ~:7ltxl17f>str;; eaooaZ'o¡; im Texte eles :Mo.tth. ist zwar wol nur eine aus Mrc. 3, 18 geschOpfte Glosse, und deshalb von Tiscllend. 8 weggelassen, a.ber die Identitat der Persou ist nicllt zweifelho.ft. Denn AE{J{JaZ'or;; d. i. 'I~? von :i?, der Beherzte ist ein' Beiname, und eaooalor;; = "1:t'"ln komt im Talmud als Name verschiedener :Mlinner vor; vgl. Liglitf., Scllottg. u. Wetst. ad Ji. l. 1 A.uch die Identitlit des Lebbaeus Tl1addaeus mit dem bei Luk. sta.tt seiner genanten Judas Jakobi muB o.ngenommen werden, wenn man nicht 13
=
1) Dagegen sezt zwar der glossemn.tiael1e Zusatz & emltl.r¡-l>sir ©crcfüaro~ voraus, da.IS Lebbaeu.v der eigentliche Na.me, Thaddaeus nur ein Zuname war. Da.für lii.ilt sich noeh anführen, d:ill na.eh den apoltryphischen, aber alten .Acta des Lebbaeu.v (s. bei Tische11d. Acta apo.~lol. apocrypl1. p. 261.v.v.) Lebboeus den Namen ©aütl'alor a.ngenommen ha.be, nis er von Johannes dem Tliufer getauft wurde, und vorher .As{J{Jciior gehiellen ha.be, und dall die Bezeichnung 11 dmxh¡l>Eir @rcüó'rcio~· auch in den C'onstitutt. apost. 6, 14, 1. 8, 25 vorkomt, wodurch, wie Jlley. meint, zugleich dio Angabe des n.postolisehen Namens bei Mn.rk. vor der bei Matth. bevorzugt werde. Allein diese a.pokryphischen An~n ben beweisen weiter nichts, als da.Jl die Glosse b i1wcl.. ©mJ'. schon sehr a.lt ISt. Dessen ungeaehtet lmnn sie doch blos da.raus entstandcn sein, dl\A schon in alter Zeit.der Na.me A•{J{Jc1io,, welchen der apostolische Verf. des ersten Evangeliums hat, für ursprünglich, dagegen der von dcm Apostelschüler 1\farl.."118 gegebene Name ®rcrfrfoiar für ein Zunn.me geho.lten wurde. Ma.tthlius aber kaun den Beinn.men Aspprlio' vorgezogen haben, weil derselbe verbreiteter ode1· bekanter ale ©crcTürcior war. Lukas a.her gibt nur den eigentliehen Namen Judm: dcs1ak·obus Bruder a.n, weil dieser Jünger in den heidenchristlichen Gemeinden nur untor dicsem Namen bckant sein mochte.
252
Mo.tth. X, 4.
.Aposte! erhalten will, und Utilt sicb aucb recbtfertigen. Da.B nlLmlich Juden zwei Namen batten, einen von der Geburt oder Beschneidung her, den andern von einem merkwürdigen Lebensereignisse erbalten, dafür finden sich im .A.·11. N. Testamente vicie Belege. Und bei der herschenden Sitte, Beinnmen zu geben, konte jemand auch wol zwei Heinamen erhalten. Sodann komt in Job. 14, 22 ein .Aposte! Namens Judas vor, der ausdriicldich von dem Iskarioten unterschieden wird. 'ToMa~ 1a"có{1ov erglLnzt man gewohnlicb durcb aoeA.
o
o
Matth. X, 5.
253
des gcfaBt und griechisch 'Iúr:o5{J geschrieben haben, woraús Josepli. einen Künig '1 ar: Ó{Jo v 8voµa gebildet hat. Auch Ewald (Gr. §. 2 73b) hült :ii~ ~ ..~ 2 Sam. 10, 6 für eincn Eigennamen, und meint, dn.B dcr Fttrst des Landes Tob so heiBc; aber ohne diese Meinung durch AnaIogicn belegen zu künnen. In den mit ~.,~ gebildctcn hebr. Namen hat das zweitc Wort dcr Oomposition in der Regcl appellative Bedeutung, wie '"lint?-.~ Mann des Glanzes 1 Obr. 7, 18, nebcn '"l~H"~~ Vater des Glanzes l Chr. 8, 3; "\~ni!/~ Freimann (1 Chr. 4, 5) neben "l~n Frei Ex. 17, 10; t'l~:l1l?"~ 2 Sam. 2, 8 ff., wovon auch ;~"11%/~ l\fann d. i. Anhiínger Baals nur cine scheinbarc Ausnahme macht, da ;:!.!~ Herr, Eigentii.mer eigentlich Appellativum und nur mit dem Artikel ~~~lJ zum Eigennamcn geworden ist. Hiernnch w!irde 1axcq¡to5r: entweder Stüdtemann (i,:a(lto5r: von n;;i'.?) oder Mann des feindlichcn Entgegenkommens (von ""'!R Lev. 26, 21 ff.) bedeuten, wobei noch fraglich bleibt, ob erst Judas den Beinamen 'Iaxar¡to5n¡r; erhalten oder, fülls in Joh. 6, 71 u. 13, 26 nach den liltesten Oodd. 'l:tBC u. v. a. "Iaxa(!lOÍrov die ursprüngliche Lcsart ist, schon sein Vater Símon denselben geführt hat. - Der Beisatz ó xcú JW(la<5ovi; mJróv der ihn auch .überlieferte (nicht verrietlt, was .?rf!OÓovi; heiBen müfite, vgl. :JCf!OÓÓu7i; lytvsr:o Luc. 6, 16) dient zur Oharakteristik dieses Jüngers, indem er auf das tragische Ende seiner Berufung zum Apostel hinweist. V. 5-42. JJie Instrucfion der Aposte!. Dieselbe enthalt a. die Anweisung, wo und wie sie ihren Beruf ausrichten sollen {v. 5-15}, b. eine Belehrung übe1· ihre Stellung zu dcr Christo feindlichen W elt (v. lG-39} U2.,d schHeBt mit ein~m_kuFen Hi!WW-~1uf _~LEhn,1_ welchen die Aufoabmc cler Jünger aes Herrn bringen wird (v. 40-42}. - Ueber die Parallelen bei Mark. u. Luk. s. am SchluB der ErkHirung. V. 5. Bci der Ausscndung gebot Jesus den Zwülfen; ,,Auf den Weg dcr Heiden geht nicht ab und in cine Sfndt der Samariter geht nicht hinein". 'Oúoi; Mh:ó5v Weg der zu Heiden f!ihrt, vgl. Act. 2, 28. 16, 14 u. Óóoi; ~1Lrv.71:r:ov Jer. 2, 18; nicht ,cine StraBe im Heidenlande, ( Weiss). Jlo}.1i; .'2aµa(!stnoz1 cine Stadt ( nicht die Hauptsto.dt) der Samariter. Die Samariter, welche nach der Zerstürung des Zehnstilmmcreicbs aus der Vermischung dcr nach Samaria verpflanzten heidnischen Kolonisten mit den Ueberresten dar bei der Wegfübrung der Ephraimiten im Lande zurückgebliebenen Israeliten entstanden waren, wurden trozdem, daB sie im Laufe der Zeit den groben Gotzendienst aufgegeben und einen monotheistischen Cultus nach dem mos. Gesetze in einem auf dem Garizim erbauten Tempel eiageführt hatten, doch den Heiden gleich geachtet, teils wegen der bitteren Feindschaft, die zwischcn ihnen und den Juden bestand, teils auch weil ihre mono~ 1) Verfehlt sind jcdenfalls dio von Li(fhlt: lw. ad Alaltl1. tO vorgeschlagcncn Ableitungen von ~.,~"tipo~ Scl1urefell oder von ~.,=o~ Erdrosselung, wie :utch die Erkfürung von l::l"".'i1i:? U).,~ ( Pmil., Hny.~tb. ), weil sie weder sprncblich nahe liegen, noch auch die Voraussefamng, dafj Judas diesen Beinamen erst nach dem Verrathe Jesu orhalten habe, dem geschichtlicben Charakter der
Apostelverzeichnisse entspricht.
254
l'rfatth. X, 6,
theistische Gottesverehrung, von der gottlichen Offenbarung losgcHlst, der im A. Test. durch die Propheten fortentwickelten und in Christo vollendeten Offenbarung Gottes fast eben so ferne stand als das Heidentum. - Das Gebot nber: nicht zu den Heiden und den Samaritern zu geben, ist nicht unbcdingt, sondern relativ zu fassen. Dies ergibt sich schon aus dem Gegensatze: ,,geht abe1· vielmeh1· (ÓE µiilJ.ov) zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel", und noch deutlieher aus dem weiteren Contexte, namentlich aus dem Worte v. 23: ,,ihr werdet die Stiidte Israels (d. h. eure l\fission in clen St!Ldten Israels) nicht vollendet haben, bis der Menschensohn gekommen sein wird". Hieraus erhellt klar, cla8 die Aposte! nicht zu den Heiden und den Samaritern gehen, sondern vielmelw d. h. zuvorderst und zunlichst dem Yolke Israel das Evangelium verkündigen sollen, weil sie bis zum Kommcn des Menschensohncs mit diesem .Arbeitsfülde nicht werden zu Ende gekommen sein. In dieser Vorschrift liegt weder jüdischer Particularismus, noch ist dieselbe blos auf die erste Aussendung dor ~<\.poste! zur Erprobuug ihrer Befü.higung für den apostolischen Beruf zu beschr!J.nkeu, was mit dem übrigen, ganz allgemein gehaltenonCharakter der Instruetion streiten würde. Die relativo Fassung dieser Vorschrift entspricht vielmehr der durch die ganze Schrift durchgehenden Anscbauung, da8 das Reich Gottes in Israel gegründet wird und von Israel aus zu den übl'igen VOIkern gelangen soll. Christus schlie.Bt damit den Aposteln das Gebiet der Heiden nnd Samnriter weder überhanpt nocb auch nur für Jezt zu, sondern weist sie nur an, das Missionswerk in Israel zu beginuen und so lange fortzusetzen, bis da kein Raum für sie mehr scin wercle. So verfubr der Erlüser selb'st. Er beschr!tnkte seino Wirksamkcit :mf das Volk Israel. Er reiste zwar von Jerusalem na.ch Galfü.i.a durch Samaria und zog sich einmal auch in die Gebietsteile von: Tyrus und Sidon zurück (Joh. 4, 4. Mtth. 15, 21); nirgends aber lesen wir, daB er in Samaria oder im Gebiete von Tyrus und Sidon das Evangelium gepredigt und Wunder gethan habe wie in Galilaa. und Judlia, sondern nur, daB er am Jakobsbrunnen bei Sichem mit dem samaritischen Weibe in ein Gesprüch sich einlie.6 und, weil cr hier einen empfünglichen Boden für die .Aufnahme des Evangeliums fand, sich dem Weibe und den aus der Stadt zu ihm gekommenen Samaritern a.Is Heiland offenbnrte und zwei Tage dort blieb, dann aber wieder nach Gnlilü.a zog (Joh. 4, 40. <13), und da.6 e1· im phünizischen Gebiete dem cananii.ischen Weibe, nachdem er derselben erklll.rt hatte, daB er nur zu den verlorenen Schafen vom Hause Israel gesandt sei, um ihres g1·open Glaubens willen die erbetene Hilfe gewilhrte. Aehnlich verfuhr auch der .Aposte! Paulus, welchen der Herr doch sich zu einem Rüstzeug erwahlt hatte, daB er seinen Namcn vor Heiden und Künigen und vor den Sohnen Israels trago (Act. 9, 12). Allentbalben verkündigte er das Evangelium zu01·st den Juden, und erst, wenn die Juden sich dagegen verstokten, den Heiden. Der Befehl Christi an die Apostel nach seiner Auferstehung, das Evangelium allen Volkern zu verkündigen, ist nicht eino Erhebung des apostolischen Berufs zum Universalismus im Gegensatz
Matth. X, 7-10._
255
zu dem Particularismus der vol"liegendcn Instruction, sondérn nur die offene Erklü.rung über die tmiverselle Bcstirnmung des Evangeliums, die implicite sowol in dem Verhalten Jesu gegen Samariter und Heiden, als auch in der nur rclativen Beschrl!.nkung der apostolischen Mission auf Israel in unserem Verse schon enthalten war. :iTQÓfJm:a á¡ioJ.mA.óm die ohne Hirten in der Irre gehenden Schafc, dcr Sache nacb: die vom Wege des Heils abgekommenen Glieder desBundesvolks; vgl. für dieses Bild Jes. 53, 6. Jer. 50, 6. Ez. 34, 5. Haus d. i. Familia Jsraels im A. T. stchende Bezeichnung des Bundesvolks nach. seiner gerneinsa.men .A.bstammung von Jakob-Isrn.el. Y. 7 u. 8. Das Wirken der Aposte! ist als Fortsetzung der Tbatigkeit Jesu bezeichnet: Yerkündigung des Evangeliums und Heilung der Kranken, vgl. 4, 17 u. 23. Zu i•Er.(JOV~ lyEÍQEt:E vgl. 9; 25 u . .A.et. 9, 37-41. 20, 9:ff.1 Llco(Jt:av liJ.á(JEt:E - óÓ'r:r: bezieht sich nicht blos auf dio Wundergabe, sondern auch auf die Verkündigung des.Evangeliums, auf alles was dio Aposte! bringcn. Dcnn kontcn dio .A.poste! von dcneu, welchen sic das Evaugelium predigten, ihren Lebensunterhalt bean~ spruchen (v. 10 vgl. l Kor. 9, 4 ff.), so lag es auch nicht ferne, dafür Geld oder Geschenke a,nzunehmen. - V. 9 u. 10. JJJ~ r.-c~a17aO·s kann boiJlen: sebaffet euch nicbt an, namlich zur Reise, versorgt euch nicht clamit, oder nolite possidere ( Vttlg.), lasset euch kein Geld geben ( Wilke, Urcvangel. S. 355). Für die zweite .A.uffassung scheint das ÓOJQéáv zu sprechen ¡ allein na.ch v. 10 kann nur die erste richtig sein, da in diesem Verse unzweifelhaft vom Anschaffon des Reisebedarfs die Redo ist, beide Verso aber nur ein Verbum haben (gegen Weiss). Wie sic keinc Tasche fnr die Roise (Elg óóóv) sich anscha:lfen sollen, so anch nicht Gold oder Silbor oder Kupfer d. h. keinerlei Art von Geld, in ibre Gürtel, welehe die Orientalen für die Aufbewahrung des Geldes benutzen. :il~Qa El~ Óó'Óv eine über die Sclmlter gcbüngte Reisetasche. Auch nicht zwei Untcrkleidcr (xtuovag), nicht um beide übcr einander anzuzichen, sondern um damit zn wechseln. So ist auch µ~ foóvú7Júl>-e avo Xtt:. bei Mark. zu vcrstehen. Auch nicht Schuhe (v:n:oo~~tat:a d. h. Sandalen, die unter die Fll.Bsohlen gebunden wurden); auch nicht einen Stab se. solt ihr euch für dio Reise anschaffen, auBer den Sandalen und dem Stabe, die ihr bereits im Gebrauche habt. So bebt sich einfaeh cler scheinbare Widerspruch, da.8 sie nach Mrc. 8, 9 au.Ber einem Sta.be allcin, weder Ta.sebe, noch Brot ... mitnehmen (aYQro'1tv), sondern Sa.ndalen a.n den Fü.Ben ha.ben, und nicht zwei Kleidel' a.nzichon sollen. Die Begriindnng dieser Vorschrift: ,,denn der .A.rbeiter ist seinerSpeise
Ta
-ra
1) Diese Wol'te fehlen zwar in C3 Efi'Gf(L u. v. a., und siud desha.lb von vielcn Kritikem angefoehten wordcn, nber schon von Griesb. gut verteidigt und von Lclim. u. Tiscl1end. 8 nach ~BC*D u. a.. recipil't und na.ch {)r-;q"neveie gestelt worden, wii.hrend Fritz~cl1e siena.ch PLi hinter ixpáAAn:e sezte. Dio Zeugen für die Auslassung sind meist spii.te1·e, welche den ii.lteren nicht die Wage halten. ,Die Auslassung scheint dadurch veranlallt zu sein, dall von Todtenerweckungen der Apostel weder in v. 1 noch Luc. 9, 6, noch Mnrc. 6, Hl, sondcrn erst Act. 9, 36 ff. die R
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Ilfatth. X, 11-14.
wert" ist ein splichwürtlicher Satz, dessen .A.nwendung sich von selbst ergab, vgl. Luc. 10, 6. . V. 11-14. lh1• Verhalten bei Verkündigung des Evangoliums. V. 11. In welche Stadt 'aber oder Flecken ibr etwa (av) eingetreten scin müget, erforschet wer in ihr würdig ist¡ dort bleibet bis ihr fortgehet (namlich aus dem Orte). 8si:T:áaaT:E erforschet teils durch Nachfrage, teils durch eigene Warnehmung beim Eintreten (v. 13). aglog würdig, um bei ihm zn herbergen. Sic sollen nicht willkürlich die Herberge wechseln, uro nicht den Sehein zu erwecken, als gingen sie darauf aus, Tag für Tag gut bewirtet zu werden, und wol auch um dio Dewohner des Hauses erfolgreich für das Evangelium zu gewinnen. Dagegen Iiegt in diesen Worten nicht, wns Jley. darin sucht, daB sie nur die hli.usliche Mission pflegen, nicht in den Synagogen, nicht auf den l\fll.rkten auftreten solten. - V. 12. In das Hans eintretend grü6t dasselbe. slg -r~v ol;r.lav nicht in das Haus, in dem ihr anlanget, sondern das man bei der Nacbfrage euch als würdig bezeichnet hat. Das GrüBen (aa.:n:ási;af>"cct) bestand in Anwünschung von Heil oder Fricden. Dcr GruB ln.utete ':j~ ci~ vgl. Gen. 40, 23. Richt. 19, 20. Luc. 10, 5 und salte im Munde dcr Jünger Jesu nicht inhaltsleere conventionelle Formel sein. V. 13. ,, Und wenn das Haus ist ein würdiges, so soll cuer Friede auf dasselbe kommen¡ wenn es aber nicht ist ein würdigcs, soll euer Friede zu eueh zurtikkchren". asía wie in v. 11 würdig euch aufzunehmen. Diese Würcligkeit zeigt sich in der Empfiinglichkeit seincr Bewohner für die Aufnahmc eles Evangelinms, was Luk. in 10, G so ausged1·ükt hat: wcnn dort vl{)g ElQ1jv1¡i; ein für den Frieden Empfli.nglicher ist. Die Impcrative tlf}frm und dvaaT:(Jetcp~7:0J stehen nicht für das Futurum, noch conjunctivisch: so mogc kommen - zurükkehren (Bl., de Tf:), sondern befehlend: das im GruBe angebotene lieil soll kommen vermüge der von Christo ihnen verliehenen Geistesmacht, als eine rcale geistige Ki·aft, die, wenn sie von dem Ha.use nicht a.ngenommen wird, wieder zu den Aposteln zurükkehrt, so dall sie, wie Eutllym. bemerkt, beim W eggehen den Frieden mit sich fortnehmen. V.14. Das Hans aber, welches, oder die Stadt, welche die Boten des Iforrn nicht aufnimt, auch ihre Worte nicht hüd, von dort sallen sie weggehen und den Staub von ihren Füllen scbütteln. · Die Satzbildung in v. 14 ist anakoluthisch, indem der den Nominativ absolutus umschreibende Relativsatz mit Nachdruck an die Spitze gestelt und bei 8s an das Haus oder die Stn.dt gedacht ist, dessen oder deren Bewohner sich durch Nichtaufnahme der Boten des Friedens als unwürdig gezeigt ha.ben. Das 8gro, welches Lclmi. u. Tisclt. 8 nach ~BlJ aufgenommen habcn, soll no.ch Mey. die im N. T. seltene Construction des lM~xsaO-at mit blo.Bem Genitiv (Act. 16, 39) glossiren. Aber dazu würde t~ ausgereicht hnben. Das Abschütteln des Staubes von den FüBen ist nicht blos Zeichen dcr verclienten Verachtung, mit der man Solche den Heiden gleichsezt, de1·en Staub beflekt (111ey.). Denn aus der Satzung spiitcrer Rabbinen, daB der Staub von heidnischem Lande uni·ein sei (vgl. Ligltt{. ad Ji. /.), folgt keineswegs, da6 durch diese Handlung das
lUatth. X, 15. lG.
257
unempfüngliche Haus für unrein erkHtrt worden sei. Die siunbildliche Handlung ist eiu drastisches Zeichen des .Abbrechens jeder Gerneiuschaft, eine RealerklUrung, daB man mit solchem Hause oder Orte nicht das l\Iindeste gemeiu haben wolle, nicht aus Furcht vor Verunreinigung, sondern um dem Gerichte zu entgehen, dem eine solche Stadt durch .A.bweisung der Boten des Friedens verfiel. Dies wird bestlttigt durch die feierliche Erklilrung Christi v. 15: ,,warlich ich sage euch, es wird dem Lande der Sodomer und Gomorrer ertritglicher ergehen am Gerichtstage als jener Stadt". Die Umkehrung von Sodom und Gomorra durch einen Feuer- und Schwefelregen (Gen. 19, 24 ff.) bildet schou im A. T. ein stehendes Exempel des gilttlichen Vertilgungsgerichts, das die Gottlosen treffen wird, vgl. Deut. 29, 22. Jes. 13, 19. Jer. 49, 18. Das Land von Sod. u. Gom. ist als der :n:Ó2tt;; txdvr¡ correspoudircmd genant statt der Bewohner. Da das Land von Sodom u. Gomorra mit seinen Bewohnern llingst von der Erde verschwnnden war, so sezt dieser Ausspruch die Auferstehuug der Gottlosen zum Gericht voraus (Joh. 5, 29); wogegen der Einwand: daB auch die in den Gottesgerichten der Verg:mgenheit Umgekommenen, deren Seelen sich in dem provisorischen Strafort des Hades befinden, immer noch ihr definitives Urteil am messianischen Gerichtstage zu erw:n·ten ha.ben ( Weiss), nicbts verschliigt, weil die Distinction: nur die Seelen, nicht aber die Personen werden ihr Endurteil empfangen, schriftwidrig eingetragen ist. Die Drobung selbst, welche Jesus im. klaren SelbstbewuBtsein des Weltrichters ausspricht, beruht auf dem Grundgesetze der sittlichen Weltordnung, daB die Schuld um so grüBer wird, je vülliger der Wille Gottes, dem man widerstrebt, kundgothan war, vgl. 11, 20 ff. Luc. 12, 47. Von v. 16 nu richtet der Herr seinen Blick auf die Zukunft der Apostel und sagt ihnen nicht nur die Verfolgungen voraus, die sie vonseiten der feindlichen W elt werden auszustehen haben, sondern verheiBt ihnen zugleich auBerordentlichen Beistand des güttlichen Geistes für diese schwierigeu Verhiiltnisse, um sie für die ihnen bevorstehenden Leiden zu sW.rken, daB sie sich dadurch nicht sollen an ihrem Berufe irre machen lassen. Vorbereitet ist die Ankündigung der Verfolgungcm durch den Gedanken v. 14 u. 15, daB nicht jede Stadt die Jünger aufnehmen werde, und eingeleitot wird sio v. 16 durch den Ausspruch: ,,siehe ich sende euch wie Schafo mitten unter Wülfen", durch den im Allgemeinen ihre Stellung in der gottfeindlichen W elt charakterisirt wird, mn daran eine Regel für ihr Verhalten in dieser schwierigen dient hier wic immer, um auf etwas Nenes Stellung zu Irnüpfen. hinzuweisen. Auch lycó hat wie immer (vgl. Winer Gr. §. 22, 6) Nachdruck. Jclt der Menschensohn, der erschienen ist, das Himmelreich zu gründen und die Herschaft des Fürsten diesor W elt zu zerstüren. i\'.Iit tyo) betont oJso Jesus seine Stellung zu der im Argen liegcnden W elt und ruft clamit den Jüngern alles ins Gedüchtnis, was er ihnen bisher über seiuc Person und sein Komman in die W elt gesagt hatte. Die , Verbindung d~s d:noúd22cl) mit µiacp 2v.icroP ist pragnant (vgl.
'Ivov
sv
K eil, Comm. z. Evangel. ilfatth.
17
258
Ma.tth. X, 17. 18.
Winer §. 50, 4) und besagt: ich sendo euch wie Schafc unter Wülfe, so daB euro Stollung bei Ausrichtung meiner Botschaft nn die Welt der Stellung von Schafen gleichen wird, die sich mitten unter Wülfen befinden, d. h. ihr werdet dabei in steter Lebensgcfübr schweben. Verhrutet euch also in diesen gefahrvollen .Verhaltnissen ,,klug wio die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben". Die Schlange ist na.ch Gen. 3, 1 Bild der Klugheit, und die Taube Bild argloser sittlicher Lauterkeit. Klugheit sollen die Jiinger zeigen in dem Erkennen der Gefahr und in der Wahl der techten Mittel dagegen. ctr.É(>atOg un,gemischt, in ethisehem Sinne: lauter in Gesimmng und Handlungsweise, ohne Falsch in Bezug a.uf die Wahl der Mittel zur Erreiclmng des Zweckes, vgl. Phil. 2, 15. Rüm. 16, 19. Die Vcreinigang dieser beiden Eigenschaften ist sehr schwierig. V. 17 f. IIQOúÉXt-.T:E ól nehmt eueh aber in Acht, ist nicht nahere Bestimmung der Klugheit (de FV. u. .A.), sondern weitere .Ausführung der Mahnung zur Klugheitund Taubencinfalt(Llley.). dxo w)v dv{}QOÍ-' xrov vor den Menschen. Der Artikel steht generisch: vor den i\fenschen insgemein, niimlich iu ihrem natürlichen Zustande und Zusammcnhange mit der gottentfremdeten Welt. Als solche werden sie die Boten des Evangeliums hassen und ve1·folgen; sie werden sie den Synedricu überliefern und in ihren Synagogen geiBeln. 1a úmJÉOQut (Plur.) bezeichnet nicht das sogon. groBe Synedrium, sondern die sogen. klcinen Sanlledrin d. h. die Ortsgcrichte in grüBeren und kleineren StiLdten, über deren Zusammensetzung und Competenz die talmudischen Angaben mit den Nachricbten des Josepll. nicht übereinstimmen; vgl. m. bibl. Arch1i.ol. §. 149. Anm. 6 u. Ley1·er in Herz.'s Realencykl. XV S. 324 f. Die Synagogen kommen hier in Bezug auf die Befug11is, Disciplinnrstrafen zu verhii.ngen, in Betracht. Die GeiBelung als cine Synagogenstrafe ist durch das N. Test. aaBer Zweifel gesezt, vgl. Act. 22, 19. 26, 11. 2 Kor. 11, 24, laBt sich aber aus der !Uteren rabbinischen Literatur nicht belegen, vgl. Vitringa, de Synagoga vet. lll, 1 c. 11 u. 1f'iner RW. II S. 571. - V. 18. Und nicht blos den jiidischen Gerichten werdcn si~ überliefert, sondern auch vor heidnische Obrigkeiten und Künige werden sic geführt werden. Die Verbindung xal - cU in ei1:J.em Satze ist steigernd, wie et-ve1·0 ,und aach' (Winer S. 412 f.), eigontl. und andrcrseits, hinwiederum, vgl. f{ülmer Gr. II S. 796, 3. i}¡sµÓvar;; Machthaber begreift tlie dreierlei rümischen Oberver\valter der Provinzen: Propraetores, Procommles und Procurafores, in sich; vgl. Fisclte1· de vitiis Lexic. A~ T. p. 432 ss. fJa6tJ.eir;; Künigc, z. B. Agl'ippa, bier Bezeichntmg aller selbstü.ndigen Regenten. c-.lr;; µafrr:úQWV - - Mveatv zum Zeugnisse ihnen (den Juden) und den Heidcn d. h. daB ihnen ein Zeugnis über mich, oder was dnsselbe ist, über das Evangelium durch euer Bekentnis gegeben werde. Diese ni.l.here Ilestimmung des Zeugnisses ergibt sich aus dem rvsxsv f.µov. Untichtig wird gewohnlich (noch von Bg.-Crus., Bl. u. Weiss) av7:olt; auf 1/¡eµói•ar; bezogen, wozu sc11on die U11terscheidung von ~ai T:Olr;; M·vsvt11 11icht paBt, da ja die Statthalter und Künigo auch !leiden waron.
Matth. X, 19-22.
'259
Hiezu komt, daB alles von JlCiQaúroaovCíti-• an in eine Kategorie fült, welche eine Bestimmung hat, und schon aus diesem Gruncle el<;; /líXQ7:1.;_ (!tOV xd. nicht blos zur zweiten HiUfte dieser .Aussage gehOren kann, sondern auf beide Siitze sicb beziehen muB, folglich aüi-ol<;; auf die in :;raQarJroaovatv und. 1taai-qroaovatv handelnclen Subjecte d. h. a.uf die Jnden zurückweist, wie schon JJfaldon., Beng., Lcmge, Hilgf u. 111ey. richtig erkant ha.ben. V. 19 u. 20. Fiir diese FtLlle sichert der Herr ihnen zum Trost den Beistand des güttlichen Geistes zu. ,,Wenn sie euch abet• übel'liefern, solt ihr nicht sorgen, wie oder was ihr reden sollet". 1uo<;; ~ i-l wie oder was. Durch das disjunctive ~ werden die beiden }fomente, das Wie und das Was, stü.rker hervorgehoben. Im folgenden wird nur i-l weiter erw!ihnt, weil mit dem i-l zugleich das Jtro<;; gegeben ist. ,,Es wird euch gegeben werden in jener Stunde", da illr euch zu verantworten und Zeugnis abzulegen haben werdet, namlich von dem Geiste Gottes (laut v. 20). t ,,Denn nicht ihr seid die Redeuden, sondern der Geist eures Vaters ist der Redende in euch". Mit foi-{ (praes.) ist die künftige La.ge vergegenwlirtigt. Der Gegensatz von und d2J..á ist absolut hingestelt, um die Bestimtheit der Zusage zu betonen. Der Sache nach ist der Geist Gottes nur der intellectuelle Urheber dessen, was sie reden werden. V. 21 f. Na.ch diesem Trostworte schildert der Erlüser noch weiter dio Feindschaft gegen die Bekeuner seines Namens und erkllirt, da8 dieselbe nicht blos von den Judcn und Heiden ausgehcn, sondern auch in die innigsten Familienverhliltnisse eindringen werde. Ein Bruder werde den andern, ein Va.ter das Kind dem Tode überliefern; Kinder werden gegen Eltem auftreten, um sie zum Tode zu bringen. :raQaoroaet d<;; 1J·ch.iai-ov zum Todo überliefern d. h. die T:Iinrichtung veranlassen. facwa'17:1ja01nat werdcn aufstehen, auftreten teils als .Anklü· ger, teils als Zeugen vor Gericht. lJ·avcimvv ums Leben bringen durch Anklage, nicht geradezu todtschlagen. Dieser Schildemng (Y. 21) liegt die Stelle Mich. 7, 6 zu Grunde, wo der Prophet mit ü.hnlichen Wor· ten die furchtbare Hühe des sittlichen Verderbens schildert, welches beim Anbrnche des Gerichts in Israel sich zeigen werde. Dio Beziehung dieser Worte auf die Verfolgung der Apostel liegt im Contexte unserer St-elle und ist v. 22 ldar ausgesprochen: ,,Ihr werdet soin geha8t von
ov
1) In v.19variirt clieLesart zwischcn;rnf!«d'íd'ro11tv(nach OE2F'KMSUJTC1l.), 'lrnr¿r,rfc!Juo11<1tv (Gl'ic.~b.nach DGLXC11.) uncl 1rnqre•Fió11w(Tiscl1.8 nnch'IS.BE* cel.).
Das aro schwiíchsten bezeugte Futur na.eh 8·mv ist scltcn, aber für cinige Stellen ausreichend bezeugt (vgl. JVille!· S. 280 f.), doch hier vielleicht nur aus v. 17 herübergenommen. Das Prñseus ist ganz passend, ,ctwas an sich Zukünftigee schlechthln als Thatsaehe hinstellcnd' ( Winer); und dcr Aol'ist vielloicht mu· durch .A.uslassung der Mittelsilbe beim Absehreibcn entstanden. - Fcrner hat 7'i.~c71. 8 auch am Ende des Verses 7:Í M1'-~<1i¡is nach 'IS.BOJJPG al. aufgcnommen statt -ri J.re.1.~une ( Gi·iesb. u. A. naoh KMS U al.). .AuBerdem fehlt der &tz tfoO-qo-e'l:«t bis lalf,11He in DL. l\Iinusk u. Kchvv. uml ist desha.lb von Lacltm. eingeldn.mmert wo1·den, n.bo1· sicher nur infolgc des Homoiotelouton beim Absebrciben ausgelassen worden. 17*
260
Matth. X, 22-25.
Allen um meines Namens willen (den ihr bekennet, vgl. rver.Ev ltLOV 5 11)· wcr aber beharrct bis zu Ende, der wird gerettet (d. h. selig) w~rde~". ~:;coµslvELV beliarren im Bekentnisse des Namens Jesu. di; -rlilor; (ohne Artikel) bis -zu Ende d. i. nicbt das Lebensende, sondern das Ende der Verfolgungen, welches mit der Erschcinung des Herrn zuro Gericht eintritt, vgl. v. 23 u. 24, 13 f. - V. 23. Das.Ausho.rren aber wird den Aposteln dadurch moglich, daB sie, wenn in einer Stadt verfolgt~ in eine andere füehen konncn (wtÍX?J und h-fQav sind ornGrtr.có~ gebraucht). Denn dos Gebiet ihrer Mission ist so groB, do.6 ¡¡ie die Stü.dte Israels nicht werden vollendet d. h. ihre Mission in allen werdeu o.usgerichtet ha.ben, bis des Mcnschen Sobn gekommen sein wird. -rÉlsw consumma1·e, zu Ende bringen, wobei die .:7eÓlH~ a.Is die Orte ihrer Wirksamkcit genant sind statt des Werkes, das in ihnen n.uszuricbten ist. Der Zusatz -roü '.IaQa~J., wodurch der apostolische Beruf auf Israel begrenzt wird, entspricht der Anweisung in v. 6. Das Kommen des lVIenschensohnes bezieht sich auf die Parusie Christi in Herrlicbkeit zum Gericht (c. 24 u. 25), über deren hier und 16, 28 24, 34 nngekündigte Nahe die Erürterung zu c. 2-i zu vergleichen. Abzuweisen sind sowol die Beziehungen teils a.uf das Kommen Christi durch den heiligen Geist (Calv., Grot., Bl.}, teils auf cin unbestimtes Nnch- oder Zuhilfekommen Ohristi ( Clu·ys., Eutl1ym. Tlleopliyl., Beza u. A.), als auch die nllegoriscbe Deutung vom Siege der Sache Christi (Bg.-C1·us.) . ..,.... Von v. 24 an folgen weitere Ermutigungsgründe. 24 f. Der .Ausspr.11Ch,...rlDJL.die-gei· lrein hcsseres I.os zn er~nhen.,_n.Js .Iesns ihr-I:.eh1:et nnd Hru:r. Die Sü.tze v. 24 u. 25ª sind sprichwortlicbe Gnomon, deren ~uwenduns v 252 bringt. Der Jünger ist nicbt über dem Lehrer, der Knecht nicht über seinem Herrn, d. b. er steht nicht hiiber, §Q daB ~r a:uf bessere Bel1andhmg reclmen ki.inte. áQxE?:OV r.ú. genttgend ist dem Jilnger, daB er werde wie sein Lehrer. 1va rfvrrr:at dfil! ihm geschehe, es ihm ergehe wie seinem Lebrer; ttber den Gebraucb von Yva vgl. Winer Gr. §. 44, 8 S. 316. xat ó ó'oiílos ist !J.ttrabirt fttr x. To/ oovlcp, !va rlvr¡rat ros, vgl. Winet· S. 583. ,,WenJi sie den Hausherrn B.ruilzeb.ul nanten, um wie viel mebr scine Ilausge11ossen ?" DaB Jesus mit olr.oóeú.;rÓ?:1JV sich selbst und mit olxtaxov~ cw?:oii seine Jttnger meinte, ist ldar; aber die Be-· zeichnung olxoóeax. nicl1t ,mit Beziehung auf die Bedeutung des BEelsi:fJovJ. Herr der Wohnung gewllhlt' (Mey.}, sondern den IJa.nsJ1ro·rn n~nt sir.Ji .Tesus..a.ls...dcn-Gl'ürule:r eles lgeistlichen) Ha11ses Israels oder des Ilimmelreiches. Statt faálsaav ( Griesb.) hat Tiscll-:S · nach 'lf.CBCEFG cet. l.7r:t:r.álwav recipirt: (ihn) zubenanten, ihm den Beioder Zunamen gnben. Diese bosbafte Benennung Jesu ist zwar in den EvangeJien nicbt anderweitig berichtet, hing aber mit der Beschuldi· gung 9, 34 u. 12, 34 zusammen. Besls1;{JoúJ. hier u. 12, 24. 27 u. im N. T. überhaupt die ursprüngliche Lesart statt. ReEl!;13{Joú{J, in 12, 24 durch llQXWV 'l'WJ' oat~wvlcov erkliLrt, ist Name_des Tenfels, welchen die Juden aus dem Nnmen des ekronitischen Gotzen Beelzebub d. i. filkgenhru!J. gebildet l!atten, ~g_!les..l¿jnJ-ans dom
-r-v.
11fatth. X, 26-31.
261
Fliegengotte einen °!i~:l"! ;~~ Mi,st- orler Dreckgott zn machen; vgl. m. bibl. Archii.ol. S. 463.1 V. 26-28. 03v da ihr als meine Jünger gleich mir dem Hasse der l\fenschen uicht entgehen künnet, so fürchtet euch nicht vor ihnen; denn d~ Eyangeliuro, das ih1· der Welt bringet, nu1.R vm· oJ.Ier Weli offenbar werden. Dies ist der Sinn von V.· 26b u. 27. Die Gnome: ,,ajchtsJ.st ~lit, das njcht enthnl!t ~vme.n.,. und (nichts) verborsen, was nicht ~d erlmnt werdeJl", erhtnt ihre Beziehung auf die evangelische Predigt der Aposte! durch v. 27: ,, was ich euch in der Finsternis sage,I das saget im Lichte, und was ihr ins Ohr horet, verkündiget auf den 1 Iliiusern". azo-rfo Einsternis und IJ>t'.Üg ;LM!t sind BjlJler der Yerbor-J @llheit un~ceit. ,Ins Ohr hüren' ist llild .wrtnmlich~e. .Auf den Hüusern = auf den flachen Diichern der Hiiuser s. v. a. i.n voller Oeft'entlichkeit. Diese Sprliche zeigen deutlich, da.G dcr El"loser schou in v. 26 ~Verlriindigung des E:vIDlgelin.msim Sinne hatte, nicht die sinceritas oder Unschuld der Apostel(Ch1·ys., Theopltyl., Beza, Grot. u. A.), noch die Verantwortung der Jiinger vor Gericht (Hilgenf.). Der AnschluB der Aufforderung zum üft'entlichen x1¡r¿vaaruv durch ráQ an µ~ oliv
262
Jtfo.tth. X, 32-34.
kaufen kann, fült keiner ohne Gottes Willen todt auf die E1·de.
úTQOV-
fJ·ía übel'hnupt kleine Vügel, hier eine specielle Art, etwn $p~ daadcnov Ass, a.nfangs ein Zelmtel, do.un ein Sechszehntel des Dena.rs, ohney:f1;hr ? Pfonmge; vgl. 111. bibl. ArchiLol. S. 613. Beachte -roi3 :n:a-
vµrov: Gott, ohne dessen Willen kein Sperling a.uf die Erde fült, ist der h.iJDmlische VateJ: der .Tongm:,.,s!flsu;. und seine Fürsorge für sie erstrekt sich so weit, da3 alle ihre Ro.are a.uf dem Kopfe gezahlt si11d, also d.!l§Jier.ingfu.gigste am l\fonschen unter güttlieher Yorsehnn~t. Wie @Bt]iar jst also ihr Lehen vor Got.t geaehtet. Darum sollen sie sich nieht vor l\ienschen, wol nbe.r yor Gott clero Riilllt.er fürchten (v. 28). Von ihm, nicht von 1"Ienschen hü.ngt also euer Leben oder euer Tod ab. Diese SchluBfolgf.llmg (olm v. 32) faRt Jesus in einen nllgemeinen A1u;spruclUl,b.er ..dio .stellung seiner .Jiingm· z!!ll!m, v. 32 u. 33. Jedcr der micilbekennen wird vor den Menschen, bekennen werde auch ich ihn vor meinem Va.ter im Himmel; wer aber mich verleugnen wird vor den l\fonschen, verleugnen werde auch ich ibn vor meinem Vater im Himmcl". fliir; olív oú7:l~ .•• ist absolut voraufgestelter Nomina.tiv, wie v. 14. óµoJ.oytl1' ist mit ~v ~¡ioí construirt, 5ofern das Beken.!lllli...3Jl. Ü)m bnftet, auf ilm sjeh g.riindet. Na.ch dcm Bekennen der Ji.inger zu Jesu wird sich soin Bekenneu zu ihnen vor seinem himmlischen Vater ricbten, n¡&mlici¡ n.n1 Toge des .llber Leben und Tod eutsc!J.eiclend.cn Geti!ilif.s. Dabei ist G.ott; dm· Va.ter nis Riehter_ge.cfacht, aber die richterlichc Eutschcidung a.bhüngig von dem Urteile, welches Jesus, der Meuschensohn, vor seinem himmlischen Vater über das Yerhalten j eder Menscbcuseele zu seiner Person fallen wird. Uebrigens sezt uicht nur das Bekenuen, sondem · auch das Verleugnen Jesu vonseiten der Menschen Kentnis von seiner Persou uud seinem W erke voraus. -lIn v. 34-42 weist Jesus noch a.uf den innern notwendige:h Zusammenliang der seinen Jüngern bevorstehenden Verfolgungen mit seinem Kommen in die Welt hin (v. 34-36), um ihnen die l\.fahnung zur lluBct·sten Sclbstverleugnung a.ns Herz zu legen (v. 37-39), undscblie6t mit der VerheiBung des Scgens, welchen die Aufnalune seiner Jünger jedem bringcn wcrde (v. 40-42). - V. 34. ,,1"Ieinct nicht, dnB ich gekommcn bin, Friedcn a.uf die Erde zu werfen, ich bin nicl1t gekommen, Friedon zu wcrfen, sondern Schwert". .llb) 11oµlú1JTE wie 5, 17. {fal..f.li• werfen steht uicht für b1·ingen, sondern drükt das plützliche, unvcrmittelte und unerwnrtetc Bringen aus: wfo mit einem Wurfe herbeiführcn. Schwert ist Werkzeug und Bild des Kriegs. Der Endzweck des Ifommens Christi in die Welt ist die Herstellung des Friedens dcr l\"lenschen mit Gott und unter einander. .Aber dieses Endziel lü.3t sich nicht mit einem Schfage herstcllen, sondern kann nur durch .Aufhebung der Sünde und ihrer Folgcn erreicht werden. Die Aufhebung aber der Sünde und der 1"Iacht des Bosen, unter welche die Menschen durch dio Sünde gern.theu sind, erregt Streit und Krieg, der bis in die innerste_n Familienvcrhilltnisse eindringt, indero es gilt, sich für oder wider Christum zu entscheiden, den Dienst der Sünde fortzusetzen odor sich von der Knechtschnft derselben erfüsen zu lassen. In dieser Hinsicht hat TQOr;
Matth. X, 35-·10.
263
Christus mit seinem Kommen nicht Frieden, sondern Krieg auf die Erde geworfen. Denn (v. 35f.) er ist gekommen, átxávai zu entzweien, in trennende Parteifeindschaft zu setzen, einen Menschen wider seinen Yater, eine Tochter wider ibre Mutter u. s. w. VVffffJ?J nicht Braut, sondern junge Frau (oft bei den Klassilrnrn), insbesondere Schwiegertochter (LXX). ,,Und Feinde des,Menschen werden seiue Hausgenossen sein" (tzlh,>ol ist Prii.dicat). Die Schilderung dieses Kampfos erinnert an l\'lich. 7, 5. u. 6. Die von dem Propheten geschilderte furchtbare Sittenvorderbnis wird erst recht offenbar, wenn durch das Evangeliurn der Kampf wider die Sünde und den alten bOsen Feind erregt wírd. - V. 37. Diescr Kampf erfordert Lossagung von alleu irdischen l3nnden, die wider Christum streiten. Wer Vater odcr l\fotter, Sohn oder Tochter mehr liebt als mich, mlx fou1• flOV &gwi; ist uicht wert, daB ich ihn als meínen Jünger annehme, ihm mein Heil gewahre. Der Erlüscr will damit nicht die geheiligten Bande der Familienliebe auflüsen, sondern verwirft nur die sündliche Ausartung, welche Eltern-, Kinder- und Ges ch wisterlicbe hüher schilzt als die Liebe zu Cbristo, unserem Heilande uud Erlüser, durch den auch die Familienliebe erst ihre rcchte Weihe empfüngt. - V. 38. Weiter fordert das Bekentnis zu Christo Verzicht auf die Freudcn diescr Erde. ,, Wer nicht sein Kreuz nimt und folget mir nach, ist mein nicht wert". Dei Ausdruck ist hergenommen von der Sitte, daB die Verurteiltcn ihr Kreuz selbst zur Richtstiitte tragen mullten (vgl. 27, 32 u. Parall.). -r:ov
~~~u~!ie~·~l~~~!\~;~~·~{lª~~~r!i:·.s.ii}l:li~~~i:~füt~C~I:.~;f :f Christum auf, uncl wer Clínstum aufü1mt, dei· mmt Gott auf, der 1hn
1.fatth. X, 41. 42.
264
gesandt hat, vgl. J~I~~ _1_8, ~p. I?.!~~~1:.3:.~!l!l~.filW,l.4.JJ.~!IP.J.:W}.!J..J~,tTI\x~.!! f:. ~~.~:~.~--1~E~1.g!~Jrn,~ge,p... m.JJ§~1·~rt. ,, Wer emen Propheten ~~fmmt E~\: ovo~m :Jr(!Orp1J
#
l'rfatth. X, 42.
265
welche seine Jünger um seinetwillen treffen 'verde, hieherstelte, um die Einleitung zu dem Tcile seines Evangcliums zu bilden, welcher die Unempfünglichkeit und Feindschaft, die Jesus selbst fand, schilclern soll' ( Wei ....). Denn die , Annahme, daü Matth. mit dieser Rede die Schilderung seiner Kampfo mit den \Pharisaern und den Ol~eren des jüdisehen Volkes einleiten wolle, stimt nicht zu ~er Einleitung, mit welcher der Evangelist in.1:., 35-:-:::3§~fil!.!l1~§~119~1!fL~!!-'. ~P~S.~~~. .!:!:19,°H,Yji;t. Aus der an sich richtigen Bemerhng abcr, da.IS die Instruc'tionsrede sich nicht a.uf die erste Probemission, sondem auf die gesamte Mission der Aposte! beziehe, folgt durchaus nicht, da.IS diese Rede nur cine von dem Evangelisten herrührende Zusammenfassung a.Hes dessen sei, , was J esus im Lauf seiner ganzen Thlitigkeit zu verschiedenen Zeiten und bis zu1· lezten Zeit seincn Jüngern mitgegeben hat', wie Keini II S. 321 na.eh dem Vorgange von Bleel•, Holtzm., Ew., Hilge11f u. A. meiut, oder wie Godet, Luk. S. 224 sich ausdrükt, nur ,ein didactischer Aufsatz über einen bestimten Gegenstand, in welchem Fragmell~~~:r:1~~º~J>logisch gefal.\t sehr verschiedenen Reden in ei11 Ganzes vereinigt wo1·den siñd'. Zu clieser Anuahme berechtigt weder die Vergleichung der parallelen Berichte des Mark. u. Luk., noch Form und Inhalt der von l'rfotth. mitgeteilten Instruetionsrecté: Vergl'éicht man namlich die parallelen Berichte, so ersieht man, da!.\ Mark. 6, 7-11 nur eiue kurze Anweisung über die Ausrüstung der Aposte! für die Reise und über ihr Verlmlten gegen die, welche sie aufnehmeu oder nicht aufnehmen, gibt, wahrend Ll!k. in 9, 1-4 noch kürzer ist und einen Teil dieser ku1·zen Anweisung erst bei der Instroétfon der íO Jünger c. LO nachbringt, den Kern der lnstruction aber, namlich das Verhalten der Jünger gegenüber de1· Feindsehaft der Welt (v.16-36), in der Redecomposition c. 12, 2-9 u. 51-53 beibringt, welche cle1· nicht cbronologisch, sondem nach sachlicheu Gesichtspuukten geordneten Sammlung von Reden, Aussprücbeu und Gleichnissen angehOrt, die in den Rahmen der Reisc Jesu von Galilfür. na.ch Jerusalem gefa!lt ist. Dicser liul.\crst dürftigen Anweisung gegenüber gibt sich die ausführliche Instruction bei l!la.tth. nieht als cine Zusammenstellung von Auss¡>rücben verschiedener Zeiten zu erkennen, sondern in formeller Ilinsicht a.Is einheitliches und wolgeordnetes Ganzcs, dessen einzelne Teile eng zusrunmenhlingen und sich passend an cinander schliel.\en, olme Fugen zu zeigen, wie /(eim S. 323 in de1· Mcinung, da.~ v.,l.fl.!.1:,.~,~J!:1..~-~~8-~!.1.~:i!:~D.:!11~~~~:!\lll.lg,1._1i_c!~~~~,en (s. dagg. dieErkl. dieser Vv.), solche in v. 16. 17. 24. 34 u. ·iO fmdet. Ebcn so wenig bietet der Inhalt clicser Instruction begründeten .A.nlaí:. zur Bezweiflung ihrer ursprünglichcn Einheit. Zwar :findet es Weiss (Ma.tth.-Ev. S. 268) unbegreiflich, wie Jesus bei ihrer da.maligen .A.ussendung die Jünger von lebensgeführlicher Feindscha.ft bedroht gedacht haben solte, hat dabei aber nicht bedacht, wio dieser Gcdnnke Jesu gar nicht ferne liegcn konte, wenu er sich nur andas erinnertc, was ibm selber na.ch Luc. ·i, 29 bei seinem Auftreten in der Synagoge zu Nazarct widerführen war, wo seine Rede die Dürger seiuer Vaterstadt derma.llen in Zorn brachte, daG sie ihn aus tler Stadt hinauswa.rfon und von einem Felsa.bhange hinabstürzen wolten, wo or nur durch ein Wunder dem Todc entging. Untl wcnn Keim S. 321 meint: ,die trüben Anschauungen, welehe sich schon mit y. 16 erofl'nen, die Vergleichung der Jünger mit Schafen, welche zu den WiHfen gcben, der IIinweis auf die Entzweiung, welehe Jesus auf Erden stiftet, a.uf
266
Matth. XJ 42.
l?runilicnrissc und Verfolgungcn, welche er herbeifüln:t, auf den allgemeinen Hnn, auf dio JHiRhandlungen iu den Synagogcn, :mf die Verl!Ore vor Statthaltem und Konigcn, a.uf Kreuz und Todesstra.fe, encllich dio strengen finstcrn Dl'ohungen gegen die Widerstrebenden widersp1·echen zu sichtlich der wescntlich günstigen und frohen Stimmung, aus welche1· die Aussendung hervorging, und zeigen dafür die Physiognomie der spiite1·en blutigcn Kfünpfe und der lezten Absehicusredcn', so wird dies iilles so lange nichts beweisen, al.B,die vcrmeintlichc, glin.yiiye umifi·olw Stimmu11g, aus der die Aussendung hervorgegangen sci, nur behnuptet, nber nicht geschichtlich belcgt ist, a.unerdem aber die Aussp1·üche, welche troz dcr den Jüngern in Aussicht gcstelten Verfolgungen doeh den endliehen Sieg des Evangeliums Uber a.lle Feindschaft ldar und bestimt verküncligen (vgl. v. 19. 20. 26. 2i. 29-31), bei der Beurteilung der Rede n.uner Aeht gelassen werden. Der :mgeführte Einwand hat überhaupt nur Bedeutung fiir die neuprotestantische Vorstclhmg, dan J csus selbst erst bei der sí ch steigernden Opposítion der Pharislier uncljüdischen Volksoberen gegeu sein Wirken zu der Ueberzeugung gekommon sei, dan er das begonncnc Werk nur mit Da1·ansctzung scines Lebens wcrde durchfiihren konneu. Nur von dieser Vorstellung aus lmnn man in dieser Rede Jesu die Riicksichtnahmo auf Zeiten befremdlieh finden, ,wo Er gar nicht mchr auf Erclen ist, wo die Aposte! nls seine Naehfolger vor den Miiclitigen dcr Erde auf sieh selbst und auf Gottes Hilfo gestellt sind, wo er sehlie!Hich wiederlmmmend die Seinigeu bekennt vor dem Richte1·stuhlo Gottes'. Wem1 n.be1· Kcim wciter ,donen die a.Hes moglich finden, hicr cloch ein Nachdenken darü.ber zu empfehlen' für notig befindet: .ob .Jesus, auch wenn er a.lles schon wunte, wa.s nur immor im Sellan der Zeiten s.ich verbarg, seinen Anhiingcrn, die er sonst so bedachtig uud so 1veise führte, gleieh zwn Anfo.ng alles sagen munte ocler durfte•, so mun hier wieder keckes Urteilen (lcu Mangcl an bistorischer Begründung ersetzen. Hat denn Jesus seinen Jüngern nicht von Anfang an vieles gesagt, was sie zur Zeit nocb gar nieht füssen konten und woran sie sognr Anstoli uahmen? Aunerclem ist für die richtige Beurteilung der Instructionsredc noch zweierlei in Bctracht zu ziehen. Erstens dais dcr Gedanke an Ha{) und Verfolgung, welche die Jünger bei der .Ausübung ihrcs Berufs erführen wi.irdcn, fi\r nlle die mit cler Gescliichte der alttestamentlichcn Pro¡ihcten belmnt waren, gar nichts so unerhort Ncues war, dan Jesus ihn nicht selbst vor Aufüugern hii.tte ausspreehen lconnen. Auf clic Verfolgilng, wclehc die Propheten erfnhreu habcn, weist er ja schon im Eingange cler Bergpredigt (5, 12} hin, um scinen Jüngem zu zeigcn, dan sie kein besseres Los vonseiten der Welt zu envarten hii.tten. Zweitens a.her beabsichtigt J csus roit allcm, was er den Aposteln iiber die Verfolgungen sagt, die sie ])ei der Verkündigung des Evangeliums zu erdulden haben würden, gar nieht, cleuselben diese ibnen bevorstehendcn Drangsale zu \\CiGngen, sondem erwlihnt dieselben nur, um ihnen den aulierordentlichen gottlichen Beistand zuzusichern, dessen sic sich alsclann würden getrosten konnen, so dan sie nicht unterliegen, sondem ihr Werk eiegl'eich durchführen, und selbst wenn sie dabei das irdische Leben verliercn salten, cloeh das ewige Leben gewinnen würden. Man ka.un Absieht und Zweek dieses Teils der lnstruction nicht gründlicher verkeunen, a.Is wenn man, wie noeh JVeig,, S. 269ff. thut, denselben als Wemo.gnng fo!lt, die wenn sic auch
267
Matth. XI, l. 2.
ihre Stelle nicht in der Po.rusierede ha.be, doch zu den lezten Eroffnungen Jesu nu seine Jünger gehüre.
Sachlich triftige Gründe stehen demnach der Anerkennung der ursprüngIichen Einheit der Instructions1-ede in der von Matth. überlieferten Gcstalt nicht entgegen. Die kürzero Gesfalt, in weleher Mark. und Luk. diese. Instruction geben, erkliirt sich einfaeh daraus, daB beide Evangelisten nur die Puncte der Iustruction mitteilen, die für die erste Probemission der Apostel Bedeutung ho.tten, den übrigen lnhalt derselben o.her in andere Reden Jesu cingefügt ha.ben. Mag daher auch diese kürzere Gestalt der Instruction ,eine wirldicbe Elementarvorschrift für Anfünger' sein, so liefert doch diese Beschaffenheit derselben keinen sicheren Beweis do.flir, do.B Jesus den Zwiilfen bei Gelcgenheit ihrer ersten Aussendung nu1· diese kurze Anweisung gegeben, alles weitcre nber, was er fünen lür ihren künftigen Missionsberuf zu so.gen hatte, erst spii.ter mitgeteilt ha.be. Obne dara.uf Ge\Vicht legcn zu wollen, daB - wie selbst Kcbli S. 923 bemerkt - Lukas und noch mehr Markus llie Rede an die Zwolfe sichtlich nur n.uszugsweise geben, indem sie nicht einmo.l das Wort Jesu über das Wichtigste, die Reichsverkündigung und den Heilungsberuf ordentlich mitteilcn, müssen wir doch den Umsta.nd betonen, da.B die lnstructionsrede bci Matth. a.Hes enthii.lt, Wll.S den Apostelu über ihren ganzen Beruf zu eroffnen D~B iíher Jesus dies nicht schon bei der ersten Aussendung derselben zur Erprobung ihrer Begabung für den Missionsberuf, sondem erst spii.ter bei anderen zufülligeu Anliissen getha.n ha.ben solte, fü1· diese Aunalune feblen zureichende Gründe.
wa{·':
iiün
Cap. XI. Die Botschaft Johannis des Taufers. Ausspriiche Jesu tiber den Taufer und seine Zeitgenossen. Rtickblicke. V. 1 vcrmittelt den Uebergang zu den folgcnden Bcgebenheiten. Naeh der Verordnung der zwolf Jünger zu Aposteln fubr Jesus fort, in den Stlidten Galillia's das Evangelium zu predigen. i11er:f{Jr¡ lxElfh!v von dort, wo die Verordnung der Apostel geschehen war - genant ist der Ort nicht, aber nach 9, 35 íf. war es ein Ort in Galillia - begab sich Jesus hinweg, um in ihren (dcr Galilaer) Stii.dten zu Ichren und zu verkündigen (av.,;rov weist zurtick auf die Studte Galifüa's 9, 35 ff.). - Zunüchst wird ilun ein Ereignis berichtet, welches einen Ueberblick über den Erfolg der bisherigen messianischen Wirksamkeit Jesu gewührt und Jesum veranlaBte, sich über das Verhalten des Volks zur neuen Gottesoffenbarung und Uber die Fortsetzung seiues Wirkens auszusprechen, so da.6 die in diesem Cap. erziiblten V01·gitnge cineu Wendepunkt in dem gnlilliischen Wirken Christi anzeigen. V. 2-19. Die Botschaft Johannes des Tü.ufers und J"esu Zeugnis ilber den Tii.ufer und sainen Beruf. Vgl. Lun. 7, 18-35, wo diese Geschichte an einer früheren Stelle, vor der .A.ussendung der Apostel, an die Erzühlung von Jesu Wunderthaten angereiht ist.1 1) Vgl. B. Gadema11n übcr dns Verhii.ltnie Johannes des Taufers zum Herrn nach aen evangel. Berichten, in d. Ztschr. f. luth. Theol. u. Kirchc 1852, IV S. 635 ff. u. die instructive gescllichtliche Uebersicht dcr verschiedenen Aus-
268
Ma.tth. XI, 2-5.
V. 2 f. Im Kerkei· auf dem Bcrgkastellc J1facllaet:l!S.. (in den Ruinen lJikaur erhalten) nahe am südlichcn Ufer des ZerknW:l.\faein, !lQfü.!l::. filQ.!t.J.am toclten Meere cutfemt (s. zu 14, 3), hürte Joh:mnes der Tü.ufer von den Thaten Ch1•isti, nümlich dm·ch seine Jünger, die Zutritt zu ihm hatten (vgl. Luc. 7, 18). 1tl: ~Qrª TOV XQtúTOV sind - da. XQtú?:Ói; in den Evangclien nirgends als einfacher Name Jesu vorkomt dio Werke, welche Jesus ~ d. i. ¡¡J.s Messias. verrichtete, seine Wunder mit EinschluB der Wirkungen, welche die Prcdigt des Evangeliums auf die Hürer seines Wort~s ausübte (vgl. v. 5). l;>ie Kunde von diesen i\.fachtthaten veranla.Bte ihu, J esu durch Seudung zweier Jünger zu ihm die Frage vorzulegen: ,,Bfa.t du der KnmllWlll~ (d. i. der erwnr.tete-1\tessia.s), oder sollen wir cines anderen wnrten ?" llftt'lfJai; Ola 'l'cOV µafJ1'¡UOV Ebrw sendend durch seine Jünger ~.B e,r ihm sagcn. ~dµtpai; ó'tá, wie nach ~BC*lJ u. a. zu lesen, cntspricht dem hebr. .,~~ n?~ ein Botschnft durch jem. schiclrnn. Gegen die Wortstellung will llfey. ?:<Üv µafJ. mfr. zu Elxev ziehcn; nuf odc 'l'WV µafJ·. liegt gar kein Nachdruck, welcher die Stcllung von Ebr8V rechtfertigen küntc.
avrov
ota
iiibt
legungen von v. 2-10 von L. 6'1·ote ebdst. 185i III. S. 518 :!f.; au~erdem Hc11f/.•1<-11bm¡, Christologie des A. T. III, 1 S. 66'1 ff. und Tfold. Scl1midt. dio Chl'istologie johnnnis eles Tii.ufers, in d. Jn.b1·bb. f. D. Theol. XIV (1860) S. 027 tr.
269
1\latth. XI, ti.
und nicht mit de W., J{eim, Wittich. unter Berufung auf den bildlíchen Charakter der Prophetenstellen spiritualisirend umzudeuten und für symbolische Bezeichnungen seiner geistig erlüsenden Wirksamkeit zu erkliiren. IIrroxoí sind hier weder blos geistlich, noch blos leiblich .Arme (s. zu 5, 3), sondern Armselige, lJ.Jlg:lückJiche..J.UlJ!_El.end1Lim. Volk~ sachlich betrachtet ~ ganze VOík in seinem~~ti.g_unc!Jeib Jich gee; dngegen hnlten es fast alle neueren Ausll. für unzweifolhaft, daB Johnnnes selb$i..in....G.cfnhr stand, an Jesu me~= schem Wirken irre z~d.en. - W_as...den 'L'li 11 for h~ng, die Frafill an Jesum: o]l er d.er Kommende sei, zu richten, li.Hlt sich wede1· aus der Frage selbst, noch nus der Antwort Jesu sicher erkcnnen. Aus dem Umstande, daB cr in seinem Gefüngnisse nur durch Reine .Tlingm- Kunde von den Wcrken Christi crhiclt, dnrfman mit Sicherheit schlieBen, daB das messia11ischc Wirken Jesu Gegenstand cines Gespril.ches zwiscben ihm uud seinen Jüngern war. Da nun seinc Jünger schon frülier, als er noch am Jord:m taufte, Eiforsucht und Neid übe1· das Steigen des Ansehens Jesu bei dem Volke zeigten, so daB er sie an sein Zeugnis, daB er nicht Christus sei, sondern nur vor ihm hergesandt, ihm den Weg zu bereiten, erinnern mufite (Job. 3, 22 ff.): so werden diese Jttnger jezt, rfa ihr Meister dnrch cine G.e.\"M.ltthat des Tuti:arGh.o.n-IlN'Odes. i!L.dfill]ifil:km:.ge.IDUÍen war, das messinnische Wirkcm .Jesn DQCh \Yroll1rnr begci.ffen....haben, weil es den jüdischen Erwartungen von der Aufrichtung des messianischen Rciches nicl1t entspracb. :[alis mm .IohanMS die Zweifcl seiner Jünger an der Mcssianitü,t Jesu in seinem Gefüngnisse nicht edo!greich niederzuschlagen vermocbte, konte er, um diesen Zweifeln ein Ende za machen, sich bewogen fühlen, ~ ~'l,llgcgchenen..Fraga..zu..senden, ~bt garm1 z:weifclte., daB Jesus der Messius sei. Hatten aber die abgesanclten Jüngcr im Auftrage ihres Mcisters Jcsu die Frage vorgelegt, so konte auch Jesus seinen Bescheid nur ihm melden lassen, ohne mit der hinzugefügtcn Warnung den Tiiufer selbst im Auge zu haben. Für die Behauptung, daB das Wort des Herm: Júú, µar..ác.nót; l:.ar:tv 8c; :;cz-J.. wenn nicht auf den Johannes bezogen, vollig context- und haltlos ins l3laue fült, lmt Gademann a. a. O. S. 669 einen stichbaltigen Eeweis
av
270
1\fotth. XI, 6.
nieht geliefert. Diese Auffassung des Vorganges ist müglich, aber damit noch nicht als warscheinlich oder richtig dargethan. Hiefür genügt auch der Hinweis darauf nicbt, daB der Tü.ufer die Frage Jesu zur Entscheidung vorlegen Iü.Bt. Denn darans fnlgt. nnr, daJ} er nicht vüllig an ihm irre gewordcn wnr. Ein Auftauchen von Zweifeln über das messianische Wirken Jesu in seiner Seele wird dadurch nicht aus-¡ geschlossen. Ganz..u.m:i.chjg ist es aber, den Zweifel des Johnnnes ,aus der volkstümlicheu Gestalt seiner messfanischen Reichserwartung erklaren ~u wollen (tlley. u. A.), da hiefür geschichtliche Belege fehlen. Aus dem, 1was die Evangelien über die Predigt und Taufe des Johannes berichten (l\itth. 3, 1-12 u. Parall.), erhellt vielmehr, da.B er nicht nq.r die µ~7:áv0ta als unerlii.Blieh für den Eintritt in das nahe herbeigekommene Himmelreich forderte, sondern auch den pharisliischen und volkstümlichen Wahn, daB die .Abstammung von Abraham ein .Anreeht hiefür gebe, energiseh bekampfte, und daJ3 er seine Taufe für eine Taufe zur µerávota erklürte und der Sinnesanderung entsprechenden Lebenswandel als die Bedingung, dem Zorngerichte zu entgehen, lehrte. Denn der naeh ihm Koromende, dem er den Weg bereite, werde mit dem heiligen Geiste und mit Feuer ta.ufcn, d. h. dfili BuBfertigen den heiJigQD,, Qs:ist._-rerleihe:n, clic !JnbuBfertige:n aber clem Eener dei:..Gehenna...ühm:geben. Diese Scheidung und Lauterung begint mit der Erseheinung des l\fossias; aber der Tl!g sciner Erscheinung ist nicht der gro!le Getir.J1tstng selbst. Das Taufen mit dem heiligen Geiste sezt eine aJlmillige Entwickelung voraus und das Gericht ist als ein fm:.t,gehendes gedacht. 1Die Axt ist zwar schon den Baumen an die Wurzel gelegt, aber abge~ hauen wird der Baum erst, wenn er nieht Frucht tr!Lgt. Das aus der BuBpredigt des Tilufers sieh ergebende Christusbild ist, wie W. Scltmidt a. a. O. t1·effend nachgewiesen, ,nicbt blos frei vom Wahne jüdischer :Zeitvorstellungen, sondern dessen ohne Zweifel würdig, welcher mehr ~denn ein Prophct gewesen ist (11, 9)', s. S. 635 f. Aucb darüber, da8 der Messias in der Pcrson Jesu erscbienen sei, hatte Johannes eine güttliche Oifenbarni:ts in Bezug anf das Zeichen erhalten, an welchem er Jcs.um-~aufe 1mfehlbar nis den erkennen solteJ der mit dem heiligen Geiste taufe11 werde, und ihn auch erkant hat, so daB er Jesum fgrtan soinen Jüngern al5, das Ltimm fíat.tea, welches der Welt Sünde tr!igt, bezeichnen konte (Joh. 1, 29-36). Vermuge dieser Erkentnis Jesu nls I:Ieiland der Menschen hat er auch sp!Lter den Unwillen seiner Jünger über die Zunahme des Ansehens Jesu mit dem Ausspruche: l~ervov
I
1tfatth. XI, 7.
271
daB er teils zur Starkung des eigenen :z;ngenden !Ierzens, teils zur Be~¡ sclnvicbtigung ~mi.-.ltingru:n..geiinRerteu Zwcifel nn M1!J4es-¡ sianit-lit Jcsu, eine Botschaft an ihn senden konte, um ihn fragen zu· iassen, ob er wirklich der erwartete lVIessins sei. Eine solche llln.ui:e Anfechtung- Hi6t sich nsvRholog.isch begreifen und mit dem prophetiscben Zcugnisse, das er früher von Jesu abgelegt hatte, unschwer vercinigen, da das Geistesleben anclerer Gottcsmü.nner, s~ uruLIDias, .A.n.í!!Qgien hi~fü.1:.JJ.ufweist. - Für die nahere Destimmung des l\foti'l's dieser Bot.schaft ergibt sich aber sowol aus der o.n Jesum gerichteten Frage als aus dem Bescheide Jesu nur soyjel lrln:i:, das Johnnnes das Wirken Jesu mit der güttlichen Offenbarung, die er über ihn bci sciner Taufc cmpfüngen hatte, nicht zusammenzurcimen vermochte, wciLim:..EIÍ!llg_Jl.Q~elben den gehcgten Erwo.rt1mgmLJ1,icht entsprach. 1 Dagegen bei:ech.tigt njchts ilWlcL...Amul.hmc, da6 ~ Ungfillllld, weil cr dJ!!·~~ ein!l wuudcrbare That Jesu in Freiheit'"ge.sez.t zu werdcn hoffte (Eb1·. Wiss. Krit. S. 442), zu Jesum gesaudt ha.be, so daB seine Frage eine inclirecte 4nffru:derung zn un:rerzügerter Erric.h_tung des Messiasreichesenthielte (Liglil(., Jlicll., lútbi., Fritzsclie u. A.) oder einen Vorwurf und eine Au:ffordcl'Ung einschlüsse - ,eincn Yor¡Y.J].J!f um deswillc11, wgiLJ.e.sús des_ gefüngenen Frcnnclcs anscheinend vergessen hattc, und eine Aufforderung l).lln...b_fild t])._n.tkl:iiftige Hilfe zu bringen' (1V. Sclmii
272
!IIatth. XI, S.
scbaft über seinen Charakter und sein Zeugnis von Christo gezogen werden mochten, vorzubeugen, als hauptsü.ehlieh, um das Yolk darttbor Z.!l.!..~!lhtzuw.eis.en, da8 es sicJi die Zcit, die mit clero Auftretcu des Johanncs angebrochen sei, so wenig zn .llnt.ze gemo.cht habe. Darauf zielt schon der Eingang der Rede, die in der Wiederholung der Frage: was sie in der Wüste liaben soben wollen, liegende Emphase hin. Wenn der ErlOser mit solchem Nachdrucke dem Volke vorhillt, da.Bes beim Hinausgehen in die Wüste zu Jobannes in dem Taufer weder ein s~nlrnnrles...Rohr, noch einen Weichling, son~n ejnen Pro))heten zu finden gedaeht bat, und dann fefe'rlich erklart, dall dersel~e noch mehr n.ls ein Praphet, daB er der von Gott gesandt.e Ba.bnb~Gher...des.. ~ \var und vgn seinem..Auftreten an das Himmel.J!eicli.hecliclge~ kommen sei, so hat er ohne Zweifel dabei schon das Yerhalten des Yolkes zu den Gottesgesandten im Auge, welehes er v.16 ff. rügt. - ,,Was seid ihr hinausgegangen in die Wüste zu schauen? Ein Rohr vom Wincle.. hin und Jrnr hmvegt?" D. h. woltet ihr, als ihr zu Johannes binous in die Wttste am Jordan zoget, einen wankelmüti en und u .1• • .n Menschen sehen? So die meisten Aus ., wogegen Reza, Gi·ot., de W., l/JJ/iJJ.. u. A. die Worte e~assen, r.áJ.aµoi; iron dem am .IorcJanyfer wachsendcn..Scb.ilfl:ahre vcrstehen. .A.her dann wü1•e die Fraga ziemlich bedcmtungslos, um nicht zu sn.gen triYiaJ.; denn daG sie, a.Is Johannes in der Wüste aufgetreten war, dortbin gezogen seien, um das am Jordan wacl1sende Sehilfrohr anzusehen, das konte Jesus doch nicht voraussetzen urid den Volkshaufen vorha.lten. In der Frage liegt übrigens, auch wenn r.c!.A.aµoi;; V:!C' dvɵov í1aJ.1JVÓtllJVOt;; ;eild Cines wo.n!rnll)liltigeu..Men•n ist, durchaus nicbt angedeutet, da.B Johannes sich jezt als ein schwankendes Rohr gezeigt babe (E1v., Wicliellt.), ~ nur der Gedanke, d~ einen sol¡;ben gewi6 njchLau.fgos11c11t ba~ würden. Dies fordert dieEinführung der zweite11Fragemit c~J..M: ,,ahm" (w..fill.ll-Cla.s..ni@t) was seid ihr hinausgegange..!U'Jl..SehJm.? ~ schen_!!!. wfil~he Stoffe gcl;leide~?'' Gewi8 auch das nicht; denn ,,die ,'VercJíe weiche Kleider tragen sind in den Hausern der Künige" - . µaJ.ax& sel. J.~ welcbes einige Codd. als nieht hl der Wüste. Glosse bieten, sb.ld Kleider aus wejchem Stoffi.:l s. v. a. fuin.e, ...kosthru;e.. ~ Das Tragen soleher Kleidcr ist Bild weichliclier, den irfüschen Genüssen ergebener iVfenfillhen. Dieses Bild war nabo gelegt alaJlesm:i: satz zu
.,;a
l\fatth. XI, O. 10.
273
berechtigt aber nicht zu der Annahme von Oppenr. a. a. O., da13 die Absichtssiitze als rhetorischer Ausdruck des Erfolgs zu fassen seien, die Fragen nach der Erwartung also das, was sie dort gefundon haben, ausdrücken würden. - V. 9. Was für einen Mann sio in der Wüste suchten, deutet erst uie dritte Frage an: ,,Aber (wenn auch dies nicht) wae scid ihr hinausgegangen? Einen-1i1!0.pheten zu sefum_? " (Hier ist ;it Tisch. 8 nach ~· BZ :JCQO
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Mntth. Xl, 11. 12.
himmlische Reich del' Seligkeit ( 2 Tim. 4, 18), sondern rlns dl!J'ch. Christum nuf E.rdnn._gcgti.i.filW.taJ1irnm,cll:ci; und der .Ausspruch bezieht sich nur auf die Stellung, welche Johannes als der lezte Pro1Jhet des A. Bundes zu diesem eingcnommen hat. .A.Is solcher gchlkt cr dcm Himmclreiche nicht an, und zwar nicht deshalb, , weil er noch uach dem Erw11rteten fragt (r. 3) uml noch in Gefahr steht, an Jesu irre zu wcrden' ( lf'eiss), soudel:n-weil er dan vouJTntt ihm nugrutlesencn Bw:uf, ®DLG:rüp,_der....dos.JI.immelreiehs-den..l1leg...zn hohne.n,nich.t.. eigeuwjJJjg verlassen durfte. Ucbcr das Gottesreich des .A. :Sundes, dessen lQzter und grl>flter Prophot Jobnnnes war, ist aber das von Christo gcgründeto llimmcfreich so erliaben, daB der Kleinerc im llimmelreich groBer als Johannes ist, wcil die Gonosscn des Himmelrcichs in den. Gnadcnstand der Gotteskindschaft eingetretcn und der oro-r:r¡QÍCI tcilhaftig geworden sind, na.ch welcher die Propheten, die von dcrselbcn weiBagtcn, noch gesucht und geforscht haben (1 Petr. 1, 10 ff.). Fragt man abe1-, warum Johanues; nnchdem Gott ihm Jesum als Ileifand und Erlüser offenbnrt hntto, daf3 er von ihm als dom Lamme Gottes zeugcn lcontc, und nachdem Jesus clic Gründung des Hiuunelreichs in Angriff genommen hatte, sich ihm, dem :Messias nicbt als Jünger auschlofi, sond<:>rn neben der Geistesta.nfe Cl1risti noch die Wassertaufo zur BuBc fortsczte, so ist clic Antwort bereits in dcr obigen Bemerkuug gegebcn, dníl er ohne besondere gottliche Weisung den ihm zugewicsenen Hcroldsberuf nicht aufgebon durfte, sondern auf dcm Posten, auf welchon Gott ilm gestelt hatte, ausznharren hatte, bis Gott ihn von dcmselben abrief - was mit seiner Gefangennahmc geschah. Uebrigens ist der Ausspruch Ó & fll7.(JÓ"U(JOr; ;rr.i... weder blos ,beilü.ufige Bemerkung' (11Jey.), noch ,der notwendige .Absclllu6 des Urteils Uber den Tilufers, um ibn gegcn den Vorwurf cines Wankelmütigen oder Weichlings in Schutz zu nehmen' (Weiss), vgl. dagegen v.14, wo crst das Endurteil über Johanues folgt, sondern dient zur Vermitteltmg dos Ueborgangs von dem Zeugnisse Jesu über die Stellung des Tü.ufers zum Reicho Gottes zu dcr v. 12 folgcndeu Aussage über das Himmelreiclt. V. 12. ,,Von.dcn Tagen Johnnnes des Tüufcrs aócr bis jezt loidet" das Himmelreich Gcwalt m11.l Gewaltbrauchcmde reiBen es an sich".. Das ótl ist wedcr unpasscnd (Bl.) noch blos metnbatisch, wic Jlfey. sagt, aber es im Sinne von r
lfatth. XI, 12. 13.
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berein' (Beny., Stie1·, Baiw), oder: greift mit Gewalt um sich, breitet sich mitchtig aus (O. v. Gerl.) odei·: es bahnt sicb unaufhaltsam selbst die Bahn (E111.). Die mediale Fassung paBt nicht zu dom folgenden Satz, wo [:Jiaawí die sind, welche das [:Juér,ea8-at wirken. Auch liegt in pcá[,wfl-at nicht der Begriif gewaltiger Aufregung, ungestümen VerIangens nnch dem Reiche Gottes (de W.) oder des begierigen, alle Hindernisse überwilltigenden Trachtens nach dem nahen :Messiasreiche (JJ!ey. nach Clwysost. u. A.), sondern nur der Gedanke, da6 das Himmelreich mit Gewalt1lbung cingenommen werden kann, vgl. Oppem·. S. 429 tf. In diesem Sinne hat auch Lutller seine Uebersetzung: leidet Gewalt in der Randglosse gedeutet: ,die Gewissen, wenn sie das Evangelium vernehmen, dringen sie hinzu, da6 ihnen Niemand wehren kann'. Der Gedanke ist dieser: :Mit dem Auftreten Johannes des Taufers ist die Zeit gekommen, da6 man in das Himmelreich eingehen kann, aber das Eingehen in dasselbe, das Gewinnen des Himmelreichs erfordert ernste Anstrengung¡ es wird mit Anwendung voller Kraft erobert (vgl. xag slg av'l'~v {:Jtá{;emt (Luc. 16, 16). Nur die welche Gewalt brauchen (flucu't'aÍ) reiBen es an sich, erlangen es als Kampfesbeute. Anwendung von Gewalt ist namlich notig, weil µe'l'ávoux Sinnesilnderung, BuBe und ernstes Strebcn nach Gerechtigkeit, und zwar einor Gerechtigkeit, die besser ist als die der Pharisli.er und Schriftgelehrten, nnerlü.Bliche Erfordernisse für den Eingang in dasselbe sind, und wer nicht der BuBe würdige Frucht schaffet, gleich dem unfruchtbaren Baume abgehauen und ins Feuer geworfen wird (vgl. 3, 2-11. 5, 20:lf.). Die Anforderungen, welche Christus in der Bergpredigt an saine Jünger stelt, sind nicht leichter, sondern eher noch schwerer als die von dem TUufer geforderte µs'l'ávota. Ganzlich verfehlt hat noch Weiss den Sinn dieser Worte und den Gedankengang der Rede Jesn bei der Behauptung, da6 {Jiá{;eaO·cu auf das Gottesreich angewandt nur einen tadelnden Sinn ha.ben künne, und daB Jesus damit das von dem Tliufer angeregte Verlangen, ,welches die Verwirklichung des Gottesreiches in der Form der nationalen Theokratie und damit die Erfüllung aller VerheiBung gleichsam mit Gewalt herbeizwingen wolte, und die langsamen Wege, a.uf denen Jesus jenes Ziel herbeizuführen strebte, perhorrescire'. Diese Auffassung hiingt mit der irrigan Deutnng des {Jtá{;,E'l'at ~ [:Jaa • ... OV(J. von einem stürm.ischen Verlangen nnch dem Gottesreiche zusammen, und ist nicht nur mit dem folgenden Ausspruche Christi, daB Johannes der Elias sei, der kommen solle (v. 14), sondern auch mit der durch oÉ v. 16 eingeführten Rüge des Verhaltens des Volks sowol gegen den Tilufer als gegen ihn, den Menschensohn unver~ einbar. Nicht stürmisches, durch den Tii.ufer angeregtes Verlangen nach dem Gottesreiche tadelt der Herr v. 16-19 an der rweá seiner Zeit, sondern Leichtsinn und launenhaften Eigensinn, dem weder der BuBernst des Ti.i.ufers noch die Sünderliebe Jesn zusagt. In V. 13 f. bogründet Jesus den Gedanken, daB seit dem Auftreten des Taufers das Himmelreich gewonnen werden kann. ,,Denn alle Propheten und das Gesetz weiBagten bis auf Johannes, und wenn ih1·'s 18*
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1tfatth. XI, 1·1-lli.
aufnehmen wollet, Er ist der Elins, welcher kommensoll". Alle WeiBa~ gung des A. T. von der Vollendung des Gottesreiches reicht bis nuf Johanues. Sein Auftreten bildet den Endtermin aller Wei6nguug; mit ihm begint die Erfüllung derselben; denn er ist der Elias, welcher dem Kommen des Henn (des Messias) zur Vollendung des Gottesreiches durch das Gericht unmittelbnr voraufgehen soll, ñfal. 3, l. 23. Nebeu .;rám:t:g ol .:rtQO
:M:n.tth. XI, 1i-19.
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g!?.genüber sitzend gedacht, woLei die eine Partei die andere (-roíi; hlQOt<;) auffordert, in die voll ihr in Vorschlag gebrachten Spiele cinzu-
stimmen, diese aber es nicht thun wollcn. Die Flüte wnr ein sebr beJiebtes musikalisches Instrument, welches zu Freuden- und Trauergesü.ngen (vgl. 9, 13) geblaseu wurde¡ vgl. m. bibl. Architol. §. 137, 3. r..Ó.n-reMJ-at sich schlagen für wehklagen, weil man bei schmerzlicber Trauer sich an die Brust scblug, s. zu Nali. 2, 8. Dafi das Volk solchen eigensinnigcn Kindern gleicht, beweist der Ilcrr (ya() v. 18) nus srinem Verhalten zu den bciden Gottcsgesnndten. ,,Johannes (der Tü.ufer) lmm (trnt auf) nicbt essend und nicht trinkend" - hypcrbolische Bezeichnung dcr Askese des Tü.ufers (vgl. 3, 4) ,,und sie sagcn: Er hat einen Dan:ion (Teufel)" d. h. er ist von einem finstern D!imon beseelt, der ihn verführt, sich der ordentlichcn Nahrung zu enthalten. ,,Der i\llenschensohn kam essend und trinkend" d. h. sich keinerlei aslrntische Enthaltungen aufiegend und an Gastmllbler1i teilnehmcnd; 11und sic sngen: siehe cin l\fonsch, der ein Fresser und WeinsiLufer, ein Züllner- und Sünderfreund ist". Dieser Vorwurf gründcte sich teils auf die Teilnnhme Jesu an dem Gastmahle, welches der Züllner Matthüus gegcben batte (9, 10 ff.), teils darauf, daB Jesus seine Jüngcr von der phnrisfüschen Fastcnübung entbunden hatte (9, 14 fi'.), und Uberhaupt auf seincn Umgang mit den von den Pharisiiern veracbtetcn Züllnern und in üblem Rufo stehenden Sündern. - Dieser Nachweis, daB das Volk Ia.unonbaften Kindern gleicho, legt die Annahme nabo, daB in dem Gleichnisse beí der einen Partei der spielenden Kinder an den Tiiufer und an Jesum zn denken sei. ,Die Spitzo des Gleichnisses - sagt noch OJJpenr. S. •132 - liegt ofl'cnbar darin, daB ein Toil der Kinder den andern thatsiichlich ganz Entgegengeseztes vorgeschlngen, und nichts Anklnng gofundcu, auf nichts eingegangen worden. Die besondere Deutuug der beiden Parteicn von Kindern auf die Juden einerseíts und Johannes und Jesus andrerseits ist durch die weitcren Worte des Ilerrn (v. 18 f.) so nahc gelegt., da6 man sie nicht ilmgehcn kann'. Demnach hat die Meln·zahl der alten und neuen Ausll. in den Kindern, welche die Freuden- und Trauerspiele nnstimmen, Jesum und Johannes, in den wiclerspeustigen Kindern die Jnden abgcbildet gefunden, wührend de W., lange, Bl., f{eim mcinen, daB unter den ;;ratóloL~ die Juden, unter den Í;TÍQOL<; Jesus und Johannes abgebildet seien. Aber bcide Annahmen sind unhaltbar. Wenn Jesus das Gcschlecht seiuer Zeit d. h. das jüdische Volk mit spielendeu uud launcnhaftcn Kindcrn verglcicht, tmd zur Bcgründnng dicscr Vergleichung das Verhaltcn dieses Gcscblechts zu dem Tü.ufer und dom :M:enschensohn (el. i. Jesus) anfübrt, so kann er nicht zugleich den Tiiufer und sich selbst der einen oder anderen Partei dieser launenhnften Kinder gleicbstcllcn, wie schon Olsh. u. f)iicllsel richtig eingesehen habcn. Die Teilung der Kinder in zwei Parteien gebürt nur zur Einkleidung des Gedankens, zur Veranschanlichung der Warheit, dail dt1s Volk nicht weiB, was es eigentlicb will. Wcil die Einen dios, die Anderen jenes wollen uud jeder eigensinnig nach soiner Launc dnhin lebt, so fi.ndet bei diesem Gcschleehte weder Johnnnes
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Matth. XI, 19.
mit der Strenge seiner BuBforderung und BuBilbung, noch Christus mit der milden Form seines Auftretens Anklang. Sehr verschieden wird der folgende Ausspruch gedeutet, in welchem Jesus ohne Zweifel das SchluBurteil in Bezug a.uf die verkehrte Beurteilung, welche Johannes und Er von den Juden erfahren haben, fil.llt (Mey.): xai Mixcurofh¡ ~)•• ,,und gerechtfertigt worden ist die Weisheit vonseiten ihrer Kinder". Statt T:8xvrov hat Tisclt. 8 Mtnrov aufge-. nommen, aber nm· nach ~B* u. etlichen Codd. des Rieron. und Verss., wogegen alle anderen Uncialcodd., Ita.la u. A. 7:Éxvcvv haben, wie L_uc. 7, 35 mit dem Zusatze ;;rávT:rov, so daB ~c>rrov nur für ein verfehltes Interpretament gehalten werden kann; jedo ch nicht vom Eva.ngelisten herrtthrend, der an derErwü.hnung der Kinder derWeisheit (Luc. 7, 35) AnstoB genommen und den Gedanken dahin geil.ndert haba, daB die gottliche Weisheit schlieBlich durch den Erfolg ihrer Wege (-ra HQ'Yª at1rij~) als die richtige bewilhrt und erkllirt sei, wie Weiss meint. ~
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llfatth XI, 20. 21.
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der Sünde oder Schuld der Kinder. Die /{inde1· der Weislleit sind die Jünger Jesu, nur nicht blos die zwülf"Apostef;"'iíoñéfe~~·~üe;·'éííé'síCI1 téilS'durch den TiLufer zu Jesu, teils durch die ¡:i~·e4igt}e:sµ zttlll (il~u ben an ihn als IIeiland'leiteíilieBen: Rfohti¡fhífoiéífü IJ1ey.: diese Verehrer der Weisheit sind dieselben, von welchen v. 12 das {Jtá{;stv 7:~1' paatlt:lcm nusgesagt 'lst. Seitens dieser (dxó) ist die güttliche Weisheit gerechtfertigt worden, d. h. in ihren Ordnungen und Wegen nis die recbte erkant und anerk:mt worden. Der Aorist MixatCÓ{h] steht wecler für das Pril.sens, noch hat er die Bed. des Pflegens, sondern sezt die Rechtfcrtigung als Facturo, das bereits vorgekommen ist-, und davon absehend, da8 diese Falle sich wiederholen. Endlich r.aí steht in der Bedeutung aber mit Nachdruck, den auch die Voranstellung des Verbums hat. V. 20-24. Welte1·uf itber die Stlidte, die siclt durclt Jesu Wunderwerke nicltt hatten zur Bu/Je leiten las.~en. Diesen Abschuitt hat Luk. in die Instructionsrede der siebzig Jiinger (10, 13-15) eingefügt, wo er uicht ursprünglich seiu lmnn. 7~1:1: damals, a.Is Jesus die Unempfünglichkeit des Volkes rügte. ovetoÍ{;Etv schelten, mit Worten strafen. óvváµH~ TufachtauGerungen, nicht blos Wunderthaten, sonderu auch Enveise güttlicher Macht in Reden¡ µs-cwó17aav weil sie inicht Sinnesii.nderung gezeigt, nicht BuBe gethan hatten. - V. 21 ff. iiGenant sind Cltorazin und Betllsaida und (v. 23) Capernaum. Wun~erwerke Jesu in Chorazin und Bethsaida sind in den Evaugelien nicht ferzablt, weil llie Evangelisten nicht darauf o.usgingen, alle Thaten Jesu •zu berichten; vgl. Joh. 20, 30. Capcrnaum hatte Jesus zu seinem l'Vohnorte erwilhlt, von wo nus er seine Wauderungen in Gnliliia unternahm, s. zu 4, 13. Die beiden andercn Stü.dte lagen nicht weit davon, auch am Ufer des Genezaret-See's, nach dem Zeugnisse des St. Willibald im 8. Jahrlt. nürdlich von Capernn.um. Die genauere Bestimmung ib1·er Lage ist aber nocb streitig, wie die von Capernaum. Cllorazin wird vo11 Weser in Riehm's Hdwb. der bibl. Altertsk. I S. 2:35 übercinstimmend mit Wilson in dcr Ruinenstü.tte f{erazelt, eine Reisestunde nordüstlich von Tell Cltihn gesucht, wil.hrend Robins. (N. bibl. Forsch. S. 471 f.) bei seiner Annahme, daH die Lage in Tell Cltí'mi zu suchen sei, stehen blieb, weil zu dieser Oertlichkeit die Angabo des Rieron., da6 os am Seeufer liege, besser palit. - Betltsaitla (d. i. Fischhausen, Ort des Fischfangs) sucht F1wre1· (in Sc/leuk. Bibcllex. I S. 429) mit Seetzen u. Ritter bei Citan illinifelt am Fu8e des Dergs, dessen steil ins Wasser hinausragende Felsen von Norden her den Zug::mg zu der schünen Ebene el Glm1veir nbschlie8en, weil Bellts. nach 1\-farc. 6, 53 in der Landschaft Gennezm· d. i. der Ebene Gltu1veir lag. Dagegen Robins. a. a. O. S. 470 f. sucht es bei Ain el Tilbiglta, 20 Minuten weiter nordlicb, wo der das Ufergel!i.nde einfasscnde Bergzug sich zu uiedrigen Hügeln senkt, überaus starke Quellen mit salzigcm Wasser dem See zustrümen, und ein um die Hauptquelle solid gebauter achteckiger rümischer Wasserbehll.lter auf eine alte Ortscbaft schlieBen HWt. Von di escm B etllsaida am W os tu fer ist ein anderes im Norden des
on ov
Ma.tth. XI, 21-24.
280
See's, üstlich vom Ufer des in denselben einfileBenden Jordan zu unterscheiden, wo jezt in der fruchtbaren Ebene Baticlta noch umfangreiche Ruinen vorhanden sind. Dieses Betl1saida, ursprünglich cin Dorf wurde erst unter Tiberius von dem Tetrarchen Philippus zur Stadt ausgebaut, und zu Ehren der Tochter des Augustus Julia, Gemahli11 des Tiberius, Jielias genant. In der Nahe dieses Bethsaida Julias fand nach Luc. 9, 10 die Speisung der Fünftausend statt, wie au,ch d~e merkwürdige Blindenheilung l\frc. 8, 22 ff. - Clto1·azin und Betltsaida stelt Jesus mit den Seesti.i.dten Tyrus und Sidon in Parallele, als am galiltlischen Meere gelegene Handelsstadte, sofern ihre Bewohner gleich denen jcner üppigen heidnischen Haudelsstü.dte so tief in irdischen Mammonsdienst versunken waren, dafi sie alle Empfii.nglichkeit für religiOse Warheit verloren hatten. Selbst jene lo.sterhaften heidnischen Stadte, denen die Propheten das güttliche Gericht wegen ihrer Sünden gedroht hatten (vgl. Jes. 23 u. Ezech. 26 u. 27), würden, wenn solche l\llo.chtthaten wie zu Ohorazin und Bethsaida in ihnen geschehen wü.ren, lü.ngst in Sack und Asche Bulle getban haben. Ueber diese Zeichen : eruster BuBtro.uer, Anlegen des sackithnlichen hfu.•enen Gewandes und lAschestreuen auf das Haupt oder sich auf Asche setzen, vgl. Jon. 3, 5 lu. 6 u. m. Comm. z. d. St. ,Die l\fachtthaten, welche die gottlichc Sen\dung Jesu vor ihnen beglaubigt hatten, waren also g1·0B genug, um ;selbst bei den tiefgesunkensten Heiden seiner BuBpredigt Nachachtung ~u erzwingen' (Tf'eiss), hatten aber - dies liegt in dem Wehe - diese f\Virknng nicht erzielt. JlJ..~v ilb1'igens oder doclt im Sinnc von cetehan, um nichts weiteres l1inzuzufüge11. So richtig Jlfey.; vgl. über die~en Gebrauch vón :n:J..rjv, wobei der Gedanke zu Grunde liegt: doch um (las Gesagte nicht weiter zu vcrfolgen, bei den Klassikern vgl. Passow Hdwb. II, 1 S. 955. - V. 23. Capenzaum wird Sodom gleichgestelt, welches ltingst schon durch ein Gottcsgerícht vom Erdboden vertilgt war. Bis in den Himmel erhOht wurde Capern. nicht durch seinen Wolstand, den es durch Handel, Fischerei u. dgl. erlangt hatte (Grot., /{uin., F1·itzscl1e), sondern dadurch, daB Jesus der Sohn Gottes es zum Mittelpunktc seines crlüscnrten Wirkens gemacht und durch seine Wundcr hoch verherrlicht hatte.1 Weil Oapern. diese gottliche Gnadenheimsuchung nicht beachtet hat, soll sie bis in den Hades (die Hülle) hinabgesto.Ben werden (r.m:a~1paa1hjau ist durch ~CEPG al. plur. o.Is die ríchtigc Lesart, die Variante ~aw¡':Jrjau nu1· durch BIJ. !tal. bezeugt). Im lezten Satze ist lµetvw &v zu lesen und ll.v richtig gebraucht, da die Vordersü.tze nur einen gedachten Fall setzen. - Zu v. 24 vgl. 10, 15. 1) Stn.tt der 1·cc. 1} - -
fJ1pco.'>Eiaa (na.ch EFGSU al.) haben Lclm1. u. - l·1J!cob1íau nach l!.BCDL a.ufgenommen; aber µr¡ entstand wol nur durch cloppelte Schreibung des Endbuchsfo.bens von lfocpcteNto'i1µ, wek-hes dann die Aenuerun~ des l-1/nó{J-r¡r in til/lw.9-{¡ay nach sich zog. µ~ - vljJw{}. gibt keincn passenden 8mn, da die Reflexion: doch nieht bis in den Himmel biet du erhobeu? dem Gegensatze: bis in
Tiscl1. 8 ¡tri -
t; ....
Matth. XI, 25.
281
V. 25- 30. Edcliit"uno Jesu ilber die t•iitllselltafte Tltatsaclte der Unempfü.nglicltkeit des Volks im GroJlen und Ganzen für die Aufnahme des Evaugeliums, in einem nn Gott seinen himmlischen Vater gericbteten Gebete v. 25 -27 nusgesprochen, vgl. Luc. 10, 21 u. 22 1: Der AufschluB, welchen .Per ErHiser in dicsem Gebete über den Erfolg saines bisherigen Wirkens gibt, bildet einen passenden SchluB des Berichts ttber die erste Hü.Ifte seiner galilaisehen Wirksamkeit, und gewiihrt gegenüber der Drohung des Gerichts v. 20-24 einen Einblick in das Geheirnnis der Entwickelung des Reiches Gottcs, welcher zm· Fortsetzung des begonnenen Wérkes ermutigt. Durch lv l:-xeívcp 7:cp XatQ
282
Mntth. XI, 25-27.
cher der l\lensch nicht durch Tugend und Gerechtigkeit sei11e Seligkeit schaffen kann, sondcrn das in Christo geoffcnbarte Heil glii.ubig nnnehmen, durch Erkentnis der Sünde und Glauben an Ohristum, den Heila.nd der Sünder sich el'loscn und bcseligen lnssen mull. Dieses Geheimnis der güttlichcn Licbe, da6 Gott seinen eingeborenen Solm sendct, auf daB alle die an ihn glauben, das ewigc Leben empfangen, ·verhüllt Gott vor Weisen und Einsichtigen, d. h. allen denen, die durch ihre menschliche Weisheit und Einsicht den Weg zum Leben finden zu künnen meinen, den Phnrisliern samt dem ihnen anhangenden Volke¡ offenbart es dagegen den vrprlou; d. h. Unmündigen (V~JrtO~ hier ,\·ie Rom. 2, 10 dem I1ebr. C"1:$t;l~ Ps. 19, 8. 116, 6 entsprechend) d. h. nicht dem einfültigen und arglosen Volke (f{eim), sondern den auf cigene Weisheit verzichtenden Jüngern, die in Glaubenseinfalt das ihnen von Christo dargebotene Heil ergreifen. Vgl. zur Sache 1 Kor. 1, 26-29. Na(, :;ranjQ bekrü.ftigende Wiederholung, wozu wieder igo,uoJ.oyovµaí aot hinzuznde11ke11. Das folgende nicht denn, sondern da/J. ofh-ro~ Etlóozla ly. so (und nicht anders) gesehah Wolgefallcn vor dir d. h. was vor deinem Angesichte wolgefüllig ist (Etlaoxla Gegenstnnd des Wolgefallens), d. i. nieht ,was dir wolgefü.lliger Anbliclc ist' (lJfey.), sondern: was zum Wolgefallen vor Gott gereicht, dem Wolgefallen d. i. dem Liebesrathe Gottes entspricht. Nur dureh diese güttliche Heilsordnung wird allen Mensehen der Zugang zuro Heilc, die Erlangung des ewigen Lebens müglich, wllbrend, wenn dazu besondere menschIiche Weisheit und Einsicht erfordert würde, der Zugang dem grüBten Teile der :&fonschen verschlossen wii.re. V. 27. Diese preiswü1·dige güttliche Ordnung besteht darin, daB der Va.ter dem Sohne Alles übergcben hat und der Vater nnr von denen erkant wird, welchen der Sohn, der allein den Vater erkent, es offenbaren will. So schlieBt sich dieser Vers an den Preis Gottes an. Die Anbetnng wird zur anbetenden Betrachtung, die gleich dem Lobpreise vor dem anwesendcn Volke lant ausgesprochen zu denken ist. llávr:a bezieht sich dem Contexto zufolge auf alles, was zur Ausführnng dos gottlichen Liebesrathschlusses gehürt, alle die dazu erforderlicbe Macht und Gewalt im Hhi1mol und auf Erden (28, 18). Diese Beschrankung fordei-t die folgende Erkfürung Jesu über sein Verhü.ltnis zuro Va.ter. Jesus ist der Sohn, welchen niemand erkent aulier der Vater. bctyt21ro
o
on
Matth. XI, 28. 29.
283
nicht müglich ist. Einseitig ist es,
284
Matth. XI, 30.
tige Wesen der Gesetzesleh1·er uud Pharisü.er (11iey.), sondern nur die Gcsinnung ausgesproclien, welche Christi Jünger von ihrem Meistcr lcrnen sollen, vgl. 5, 5. Eine Gesinnung des sanften, in Gott gelassenen Duldens, in \Velcher Christus sein Leben für die Siinder dahin gegeben ha.t, um sie von dem Verderben zu erretten. - Durch Eintreten in die Zucht Jesu und durch Aneignuug sciner Gesinnung finden wir die Erquickung für unsere Seelen, die auf dem Wcge des Gesetzes nicht erlo.ngt wird, weil durch des Gesetzes Werke niemand vor Gott gerecht wird. V. 30. ,,Deim - sezt der Herr ermunternd hinzu mein Joch ist sanft und meine Last ist leicht". Zvyó~ µov das von mir meinen Jüngern auferlegte Joch. wr¡01:ó~ von Lutlw· nach dem suave der Vulg. sanft übersezt, heiBt eig. gütig, freundlich (vgl. Lnc. 6, 35¡, und ist von dem {;1.1¡Ó(; ausgesagt, weil dieses sinnbildlicher Ausdruck für die Leitung Jesu ist, in welchcr Liebe und Erbarmen waltet. -ro fJIOQ-r:lov, die Last, die cr aufiegt, ist leicht, weil er uur gliiubige Hingabe an scine Person verlangt und die zur Selbstverlcugnung und zum Kreuztragen in seiner Nachfolge erforderliche Kraft durch seineu Geist verleiht.
Das galilaisohe Wirken Jesu Christi. Zweite llalfte. Cap. XII-XVIII. Die in c. 11 berichteten Thatsachen bereiteu den Wendepuukt für das fernere messianische Wirken Jesu in Galiliia vor. Als Jesus in der Bergrede sich dem Volke als Erfüller des Alten Bundes und Gründer des Himmelreichs angekündigt, sodann durch Wunder undMachtthaten seines Wortes als den verheiBenen Messias bezeugt und hierauf seine Jünger mit der Macht ausgerüstct lmtte, als seine Apostel durch Gründung einer Gcmeinde seiner Bekenner das Himmelreich auf Erden zu bauen, hntte er dem Volke Israel das Reich Gottes so no.he gebracht, daB es sich für oder wider den ihnen erüffneten Weg znm Eingehen in dasselbe entscheiden mu.Bte. Damit war die Krisis hcrheigeführt, daB wol eine kleine Zahl von heilsbegiel'igen Seelen sich glüubig ihm als Heila.nd und Erlüser anschloB, aber die irdisch gesinnte Masse des Yolks an den ernsten Forderungen seiner Heilspredigt AnstoB nahm, weil dieselbe ihren sinnlichen und fleischlichen Erwartungen vom Messio.s und seinem Reiche nicht entsprach, und daB die geistlichen Führer des Volks, die Pharisüer und Scbriftgelehrten, feindselig gegen Jesum aufzutreten begannen. - Diese Krisis weiter zu vollziehen und dio Gnade und Warheit Gottes zum Siege hinauszuführen, diese Absicl1t tritt in der zweiten Hii.Ifte der Wirksamkeit Jesu in Galilaa deutlich zu Tage.
Ma.tth. Xll.
285
Die Schildcrung derselben in c. 12-18 ist nach den einzelnen Wauderungen Jesu in Galifüa und im Nordosten dieser Landschaft so geordnct, daB sich vier Gruppen geschichtlicher Vorgü.nge unterscheiden lassen. 1. Eine Reihe von Ereiguisscn, welche zeigeu, wie sowol die Fcindschaft der Pharisaer gegen den Erlüser sich steigert, als auch die Uncmpfü.nglichkeit des fleischlich gesinnteu Volks gegen die Predigt des Evangeliums zunimt, so daB Jesus nieht nur seinen büswilligen Widcrsachern ihrc Vcrstockung gcgen den hoiligeu Geist aufdecken muB (c. 12), sondern aucb das Volk nur nocl1 in Gleichuissen über das Ilimmclreich belehren, und auch in seiner Vaterstadt um ihrcs Ungla.ubens willen uicht viel Zeichen thun knnn (c. 13). 2. Eine durcb die Nachricht von dcr Enthauptung des Tü.ufers veranlaBte Fahrt über das galilü.isehe JI.leer, um sich in eiue Wüste Peráa's zurückzuziehen, wo er die Volksmenge, die ibm dahin naebgezogen war, wunderbar speiste, und die Rükkehr ins Land Genezaret, wo alsbald Pharistler und Schriftgelellrtc wiedcrum scino Jünger der Uebertrctung der iiberlieferten Satzungen beschuldigten, da13 Jesus die Heuchelei dieser Volksführer rügen muB (c. 14, 1-15, 20). 3. Eine Wanderung in die Gegend von Tyrus und Sidon, wo Jesus dem cananaischen Weíbe um ihres Glaubens willen die crbetene Heilung ihrcr kranken Toehter gewü.hrt, und die Rükkehr in die Nahe des galilaisehen Moeres, wo er die Kt·an-. kon des bei ihm Hilfe suchenden Volkes heilt und die Volksscharcn, die in der Step¡>e drei Tage bei ihm ausgcharrct hatten, wiederum wunderbar speist, nach Entlassung des Volks aber auf der weiteren Wanderung in Galilüa die Pharisü.er und Sadduci~er, die ein Zeicben vom llimmel von ihm verlangten, auf das Zcichen des Propheten Jonas verwcist, und seinc Jünger vor dem Sauerteige dieser l\fonschon warnt, sodann in der NUhe von Casarca Philip¡>i den Jüngern die Frage vorlcgt, was die Lente und sic selber von ihm urteilten und, als Petrus das Bekentnis, er sei Christus der Sohn des lebendigen Gottes, abgelegt hat, ihnon verbot, ihn als Ch1·istus dem Volke bckantzumnchen und anfing, sein in Jerusalem bevorstohendes Leiden und Stcrben mit seiner Aufcrstehung am dritten Tage ihncn zu verkflndigen (c. 15, 21-16, 28). 4. Die VerkHtrung Jesu, Heilung eines mondsüchtigen Knaben, den seine Jtiuger nicht hatten bailen konnen, Entrichtung des Zinsgrosehens (c. 17) und Belehrung seiner Jünger über die Gro13e im Himmelreiche mul über die Pflicht, Versündigungeu des Bruders zu vergeben (c. 18). Obglcich nun in diesem Abschnitte unsers Evangcliums die Erztthlung von dcr messianischen Bezeugung Jesu im Ganzen an den chronologischen Faden seiucr Wanderungen durcb die verschiedenen Teile Galillla's geknüpft ist, so tritt doch auch hier die Rücksichtnahme auf dio Zeitf'olge der einzelnen Bcgcbenheiten so zurück, da13 nur eine chronologisehe .A.ngabe vorkomt (17, 1) und durehweg der hlfüere Gesichtspunkt vorwaltet, dio weitere Entwickelung der Krisis zur Anschauung zu bringen. lndcm der Erlüser einerseits den Pharisaern immm· rilclrhnltsloser den Widersprnch ihrer Satzungen mit den Geboten Gottes, illl'en l\'.langel an Verstiindnis der Schrift und des güttlichcn
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Matth. XII, l.
I:Ieilsrathes uud die boseu Gedankcn ihrer Herzen anfdekt, andererseits sich den Volksseharen dureh Verltündigung des I:Iimmelreichs, dureh Heilung ihrer Kranken und durch wunderbare Speisung als Heiland und Helfer in jeglieher Not kundgibt, der gekommen ist, die verlorenen Schafe vom Ha use Israel zu retten: sucht er insbesondcre seine Jiinger durch Belehrung über das Wesen und die Entwiekelung des Himmelreichs in der Erkentnis des Heils zu fordern und durch Erweise seiner güttlichen Machtvollkommenheit im Glauben an ihn als den Sohn des lebendigen Gottes festzugründen, mn sie alsdann durch die Vora,ttsverkündigung seines Todes und seiner .Auferstehung uud durch das Wundcrzeichon seiner Verkllirung auf den Ausgang seines irdischen Lebcns vorzubereiten, damit sie nicht, wenn dieses alle irdischen Vorstellungen vom Messias und seincm Reiche erschütternde und niederschlagende Ereignis eintrete, im Glauben an seine Gottessohnsehaft und seinen Sieg über die Welt und den Ftlrsten dieser Welt irre werden mochten.
Cap. XII. Verantwortung Jesu wicler die Pharisi:i.er wegen Sabbati.ibertretlmg uncl iiber die Beschuldigung der Damonenaustreibung durch Beelzebul. Abweisung des Verlangcns nach einem Zeichen. Erklii.rung Jesu über seine V erwandten. Durch iv lxElv~o ~
l
Matth. XII, :!-5.
287
Sabbate zu vorriehten nicht erlaubt, in dem Sabbatgebote Ex. 20, 10 11• 16, 22 ff. mit verboten sei; vgl. Light(. u. ScMttgen z. d. St Durch brt:ívaaav wird das Ael1renpfiücken als ein Werk der Not gekennzeichnet. 1 Dara.uf bezieht sich die Antwort Jesu, indem er v. 3 1f. den Pharis!iem einen tthnlichen Fall aus d~m Leben Davids entgegenhiilt. Ovx cévi-yPco'iE habt ihr nicht gclesen, in der Schrift 1 Sam. 21, wns Da·vid gethan, als ihn und seine Gefü.hrten hungerte, wie er in das Got-. tesbaus - die Stiftshütte, damals zn Nob stehend - ging und die Schaubrote aB, welchc 111.\r die Priester essen durftcn. al aQr:Ot rijr; Jr(!OfHaeroi; dem l1ebr. !'1~?~'-l!t:! ci:¡? Brot der Aufiegung 1 Obr. 9, 32. 2;;, 29 u. a., der spltteren Bezeiclmung filr C'l~~l'.:! cr:¡? Brot des Angesichts entsprechend, hieBen 12 Brotkuchen, die in geordneten Reihen als Opfer vonsciten der Stümme Israels im Heiligtume auf einem vergoldeten Tische vor dem Angesichte des Herrn lagen, von einem Snbbate bis zum andern, nlsdann durch nene ersezt wurden, wornuf die abgenommenen als Hochheiliges allein von den Priestcrn gegcssen werden salten¡ vgl. m. bibl. Archü.ol. S. 100 f. u.120. Das Neutrnm 8 bezeichnet die Katcgorie: tvas d. i. welche Art von Speise; vgl. /{itlmer Gr. II S. 55 (11fey.). Die Erinnerung an diese Uebertretung einer gcsetzlichen Vorschrift aus Not war insowcit trcffend, als David der Mann nach dem 1-Ierzen Gottes mit seinen Begleitern zur Stillung des 1Iungers dnzu gezwungen worden war, wobei als bekant vorausgcsezt wfrd, daB der Hohepriester selber in Ermnngelung gewühnlichen Brotes David die heiligen Brote ausgchltndigt hatte, und die Sache in dar Schrift nicht als Unrecht getadelt wird. Doch konte man dagegen cinwenden, do.B teils in diesem Ftille keine Uobertretnng des Sabbatgebotes, dessen besondere Hciligkeit schon aus seiner wie
288
l\h.tth. XII, 6- 9.
das Unschuldigsein ist ein Oxymoron, welches den Gegnern die Ungereimtheit ihrer Satzung, welche jedes Gesch!lft am Sabbate für oine Entweihung des Ruhetags crkHLrt, in schlagender Weise aufdekt. Sind die Priester trozdem, do.B sic am Sabbttte Arbeiten verrichten, wie das Schlachtcn und Zurichtcn der Opfer, dvccfrtot schuldfrei, weil sie ja nur thun was das Gesetz vorschreibt, so kann nicht jede Verrichtung am Sabbate unerlaubt sein. - Darauf konte man a.her noch e1·widern: diese Verrichtungen der Priester fordere das Gesetz im Dienste des Tcmpels, wobei es sich von selbst verstche, daB dem Dienste des Tempels, der hoiligen Wohnung Gottes, in Collisionsflillen jede andere heiligc Ordnung weichen müsse. Aus den Opferverrichtungen der Priester am Sabbate folge also nicht die Berechtigung der Jünger, das Gebot der Sabbate zu brechen. Diesem Einwande komt der Erlüser zuvor durch den Ausspruch v. 6: ,,Ich so.ge euch aber, ein GroBeres als der Tempel ist hier". Das Neutr. µEl!;,oi• no.ch fast sü.mtlichen Uncialcodd, statt der t·ec. ltEÍf;rov, die sich nur in LL1 u. vielen Oodd. der !tala u. Vulg. findet, ist unbedingt als ursp1·üngliche Lesart vorzuziehen. Das Neutrum ist gewichtiger als das Masculinum (JJ!ey.). Mit ,uEl!;,ov -rov lt:Qov meint aber ·Jesus weder das messianische Geschii.ft der Jünger (Ji't•itzsclte, de W., Bg.-Grus.), noch weniger das Wolsein der Jüngor (Paul., lútin.), sondern seine den Tempel an Heiligkeit und Würdo übertreffende Erscheinung und Person, in welcher Gott in viel hüherem Sinne zu seinem Volke gekommen ist und unter ihm wohnt o.Is im Tempel, vgl. Job. 1, 14. 2, 19. Wenn also schon die Priester durch ihren Dienst im Tempel den Sabbat nicht brechen, so kann noch weniger meine Jünger darüber ein Vorwurf treffen, daB sie in meinem Dienste in die Lago gekommen sind, aus Not am Sabbate Aehren zu pfliicken. Damit gibt der I:Ierr den Pharisiiern zu verstehen, daB sie gar nicht befugt seien, das Thun seiner Jünger zu beurteilen. - Endlich aber dekt er ihnen in v. 7 f. noch die Lieblosigkeit auf, die ihrem Tadel zu Grunde liege. ,,Wenn ihr erkant hattet, was das Wort: Ich will Barmherzigkeit und nicht Opfer (Hos. 6, 6) besagt, so würdet ihr die Schuldfl'eien nicht verurt.eilt haben''. Ihr Urteil über das Thun der Jünger Jcsu zeigte, daB ihnen nicht nur erbarmende Liebe fehlt, sondern daB sic auch die Schrift, filr deren AutoritiLt sie eifern, nicht versteheu. Die Erorterung über das angeführte Prophetenwort s. zu 9, 13. V. 8. Seine Jünger ?:OV~ dvat?:lovc; zu nennen, dazu ist Jesus vollkommen befugt, denn als der Menschensohn ist er Herr des Sabbats, und hat o.llein zu bestimmen, wo.s seine Jü11g01· thun und nicht thun dürfen. Mit clicsem SchluBworte nimt der Erlüser nicht blos das Verbalten seiner Jünger in Schutz, sondern er spl'icht auch den Pharisü.ern die Ilefugnis ab, sein uud seiner Jünger Thun nach ihrem mangelhafieu Schriftverstü.ndnissc zu beurteilen. V. 9-14. Reilung einer verdorrten Hand am Sabbat. Vgl. Mrc. 3, 1-6. Luc. 6, 6-11. In allen drei Evangelien folgt diese Heilung nach dem Conflicte Jesu mit den Pharisil.ern wegen des Aehrenpflückens seiner Jünger; aber nach Luk. fiel sie nicht an demselbcn,
289
Mtitth. XII, 10. 11.
sondern an einem andern Sabbate vor, und auch bei Mrk. ist sie nicht zeitlich mit dem Vorhergehenden verknüpft, Die Anreihung derselben bei Mtth : ,,Und von dort fortgegangen kam er in ihre Synagoge" kann so verstanden werden, da6 Jesus an dem ntlmlichen Sabbate, an welchem er mit seinen Jtingern durch die Kornfelder gegangen war, noch in die Synngoge sich begab; aber notwendig ist diese Auffnssung (von ¡Jfey., Weiss u. A.) nicht, weil die Zeit nicht nliher angegeben ist. 2vvaymy~ ist nicht eine Synagoge der Phnrisüer, denn Synagogen hatten nicht die Pharisü.er, sondem die Juden. cnlu.óv ist hicr cben so unbestimt gebraucilt wie 11, 1 beí :nÓl.Wtv avnov, daB die nahere Bestimmung aus der Sache entnommen werden muB. Zwar meiuen 11Jey. u. Weiss, daB lm¡(Jron¡vav etc. v. 10 diese ungenaue Beziehung verbiete, weil das Subject von ~JCJ}Q· durch v. 14 als o¿
avuov
K e il, <:omm. z. Evnngel. l\fotth.
19
290
l\fotth. XII, 12-17.
ist Zahlwort: ein einziges Schaf, das für ihn um so g1·üBcren Wort hal {1óóvi•oi;; Verticfung, tiefe Grube, nicht speciell Cisterna. Der Plu\'. Toli;; aá¡'Jf]aat stcht in unbestimter Allgemeinhoit, nur die Qualitil.t des Tages bezeichnend. DaB in vorkommendem Falle jeder dies thun werde, nimt Jesus als nicht fraglich an, und argumentirt ex concessis: ,,um wieviel nun ist ein Mensch vorzüglicher als ein Schaf¡ also ist es erlaubt an den Sabbaten ~ale.Vi;; 3COU/lv 1·ecte agere recht zu thun" (vgl. Act. 10, 33. 1 Kor. 7, 37 f. Jak. 2, 8. 19 u. a.)¡ nicht gleich E·v:JrotElv wolthun (de W., Bl.), wie r.alwi;; xoielv Luc. 6, 20 u. r.alo:JrOtEiv 2 Thess. 3, 13 vorkomt, hier aber weniger paBt. Es wird dadurch, nach der richtigen Bemerkung von lffey., das ffeQa:ilEVEtv in dio Kategorie der Pflicht gestelt und damit die moralische Ungercimtheit der Frage v. 10 aufgedekt. Damit ist der SehluB Jesu gegen allen Widcrspruch gesichert, und die von
i\fotth. XII, 17-20.
2!Jl
Jcsu, dafi cr dom Strcitc scincr Widersachcr auswich und mit Vermcidung o.Hes Aufsehens das Ifeil der Vülker gründen wolte, crblikt der Evangelist einen Beleg dnfür, daB diese stille gerüuschlose Wirlcsnmkeit Jesu dcr WeiBo.gung von dom Wirken des Messias entsprach. Dies der Sinn der B_pmerknng: ,,auf daG erfüllet würde der .A.usspruch dm·ch den Propheten Jesnja: ,,Siehe mein Knecht u. s. w." Das angeführte P1·ophetenwort stelit Jes. 42, 1-4 und ist gedü.chtuismaBig nach dem hebr. Grundtexte griechisch wiedergegeben, abweichend von der LXX, an welche nur dcr lezte Satz: ~al ?:
ov
=
19*
292
Matth. XII, 21.
ihneu uoch mehr zu reizen, sondern Hmeu aus dem Wcge gchend das Werk der Rettung des hilfsbcdürftigen Volks ger!Luschlos fortzusetzen, dom von Josaja geweiBagten stillen, sanftmütigen und domütigen Wirken des 1\fossins entsprach, also Jesus nuch hiedurch sich nis den vo1·heiBenen Messins kundgethan hat. Zur ElTeichung dieser .Absicht hü.tto aber die .Anführung nur der dieses stille und friedfertige Wirken des Knechtes des Herrn schildernden Stttze und Verse hingereicht, w!lhrend doch in dem angeführt.en Prophetenworto der Gedanke, daB der Herr seinen Knecht mit seinem Geiste ausgcrüstet bat, um das Recht oder Gericht den Heidenvolkern zu bringen, und daB derselbe nicht erníatten und erlahmen werdc, bis er das Recht zum Siege hinausgcführt habo, einen Grundzug, um nicht zu sagen den Grundgedanken dieser prophetischen Verkündigung bildet, wio llie lezten Worte, daB auf seine Lehre oder seinen Numen die Heiden barren, unverkennbar zeigen. Da mm l\fatth., obwol er in v. 20 die Worto des Propheten gekürzt und das Nichtermatten des Knechtes Gottes weggelassen hat, doch die Verkündigung des Hinausbringens der XQÍúu; zu den Heiden uud des I:Iarrens der I:Ieiden auf seinen Namen nicht unterdrükt., son· dern durch 8x{1áJ.y d; i1rxo; noch stli.rker hervorgehoben hat, so dt\rfen wir die Bemerkung von 1Jley., daB bei l!i.ngeren Citaten aus dem .A. T. nicht jeder Bcstandteil ein erfülltes l\.foment sein soll, sondern nur dasjenige, woraufes nach dem Zusammenhange eben ankomt, auf den vorliegenden Fall nicht anwenden und das Moment der Erfülltmg lediglich in der Schilderung der gerü.uschloseu sanften und mildeu Wirksamkeit Ohristi suchen. Wir müssen vielmehr die I:Iervorhebung des Gedankens, daB der l\.fessias gemi.i.B dom in jener WeiSagung ausgesprochenen gottlichen Rathschlusse die -XQlúu; siegreich zu den I:Ieiden hinausbringen werde, als cine Hindeutung darauf fassen, da.B die Feindschaft der Pharislier gegen Jesum seine rettende und erlüseudo Wfrksamkeit nicht hemmen, sondern uur dazu beitragen werde, den Heiden das Evangelium zu bringen, die a.uf die Erscheinung des Heilancles mit Schnsucht barren. So auch Weiss, der freilich in dem Cítate .n.ullerdem nocl1 die Andeutung findet: da.B wenn die Wei.Bagung dom Messfas die Ge1ichtsverküncligu11g wider die Hoiden als seine Feinde übertrnge, darin um so mehr für Jesum das Recht liege, seinen Feinden, dio er, wie dieser Abschnitt zeigt, bercits unter seinem Volke findct, mit strengcr Gerichtsdrohtmg entgegenzutreten. Diescr Gcdanke licgt nicht in dem Cítate. Von Gerichtsverkündigung wider die Heidcn ist iA:4,er angef. WeiBagung nicht die Rede, weder na.eh dem Grundtexto, \VO~Jur.,r.QlGt~ ~~~'/.? steht, noch no.ch dem Wortlaute boí Mattll., wo XQÍGw T.Ol) M·vfatv chcw¡rr;J.er, den Heiden die r-Qlat~ ankttndigeu, nicht von einer Gerichtsdrohung wider clie Heiden verstanden wcrden kanu, da die I:Ieiden ja solche sind, die auf seinen No.roen haneu. Und nuch davon abgesehen, daB in dem Cítate XQÍGt; für das hebr. ~Dli'l;l steht, bedeutet XQlat~ im N. T. nicht Strafverkündigung, auch nicht, wie lli/ey. sagt, ,das messinnische Gericht, welches Jesus durch seine ganze Wírksamkcit vorbercitet und schlieBlich am jUngsten Tngc yoll·
~fatth.
XII, 22-24.
293
zieht~ sondern Gelicht im Sinne der Entscheidung, die der Messins herbeiführt, da.B die l\lenschcn sich für oder wider die güttliche Warheit der evangelischen Predigt erklUren müssen und demgemall entweder vou dem Verderbcn der Süude gerettet und beseligt oder verworfen und verdammet werden. Das jüngste Gericht ist nur der Abschlull der X(!Í
1) Aus der Aehnlichkeit dieser Erzablung mit der 9, 32ff. berichtctcu:'H~Í~ lung cines Damoniseh-Stummen hat die 11euere Kritik gefolgert, ~ali, dieselbe nur cine Doublette jenes Vorfülls sci (Strauss, de lV., Keim), odcr-sich nur auf Vermischung versehiedencr '.l'hatsachen, n.'tmlieh der 9, 27-34 erziihlten Heilung zweier Blinder und cines diimoniseh Stummeu gründe (&lmeckenb., lllaf:), oder, da Luk. c. 11, U nur dns Stummsei11 des Diimonischen erwiihnt, cine Umgestn.ltung der in der a.postolise.hcn 1.-iuclle berichteten Heilung des DiimonischStummen zeige, veranlo.11t dureh eine R-eminiscenz aus de1· in der (lnelle ihr unmittelbai· voraufgehenden Erziihlung von der Hcilung der beiden Blinden
9, 27-31 ( Wciss S. 320. Note). Dagegen hat a.her schon illc11. l'ichtig bemerkt, dal~ zwei verschieclerni El'eignisse zn Grmule líegen uud I,uk. nu1· einer wcniger
'294
lfotth. XII, 25-27.
weist der Erlüser zurtick, imlcm cr crstlich clie Widersinnigkeit dieser Beschuldigung zeigt (v. 25 f.), sodam1 durch ein m·gumentum e con~ cessis die Unlnuterkcit und Bosheit il1rcs Vorwurfs aufdekt (v. 27), endlich den l'ichtigen Schlu.G nus dcm vorliegenden Fnctum zieht (v. 28). - V. 25. Ihrc Geda11lrnn erschauend (1ilórog wie loofo 9, 4), sagte er ilmen: ,,Jedes Reich gegen sich selbst zcrteilt) wird verüdet, und jedes Stadt- oder Hauswesen gegen sich selbst zerteilt, IVird nicht bestchen". ¡te(ltúfrt:l
miígen.
l\fatth. XII, 28-29.
295
deshalb d. h. wegen dieser Anschuldigung. Treffend schon Liglttf. ltorae ltebr. ad ll. l.: Quodsi discipuli vesf1"i daemonia ejiciunt, vos Beelzebuli non attribuitis - sed opus ali iis pt·aestitum applauditis: illi ergo possunt lwc in re ju dices vestri esse, vos ex vit·ulentia atque animi veneno ltaec de actionibus meis prommtiare. - V. 28. ,,Wenn aber in Kraft des Geistes Gottes ich die Dll.monen austreibe, so ist demnach das Reich Gottcs zu euch gelangt". Zur Diimonenaustreibung reicht blos menschliche Kraft nicht aus. Dies sezt Jesus als von seinen Gegnem anerkant voraus. Wenn aber die Macht hiezu nieht vom Sata.n herrühren kann, so kann sie nur von Gott kommen. Te1·tiuni non datur. b1 :!tVd,uan {)·wv steht vor lrcó, \Veil darauf der Nachdruck liegt; anders in v. 27, wo l¡có und der Gegensatz ot vfol, iJµrov betont sind.
296
Matth. XII, 30-32.
,,Wer nicht mit mir ist, der ist witler micb, und wer nicht mit mir sammelt, der zerstrcut", cinfach an; einerseits dn.s Urteil über die Pharisiier enthaltend, dnB sic niebt mit Jesu sammcln d. h. das Reich Gottes mit ihm bauen, sondern die Ausbreitung desselben hindern, andrcrseits cine Aufforderung :m die oxlot involvirend, sich für Jesum zu entscheiden und sich durcll das feindselige Auftreten der Pharisiier gegcn ihn im Gfoubcn an seinc Person und sein hcilbringendes Wirken nicht irre machen zu lassen . .An diese Zurecbtweisung der Phnrisiier knüpft der ErlOser noch die ernste Warnung 11or der Sünde 1vider den lteiligen Geist an. 1 V. 31 f. Au'c -rofrro weist a.uf alles Vorige von v. 25 an zurück. ,,/Jarum - weil cure Bcschuldigung gegen mich eine aus Feindschaft flieBende Verleumdung ist - sage ich euch: Jede Sünde und Liisterung wird den Menschen vergeben wcrden, aber des Geistes Lü.sterung wird nicht vergeben werden. Und wer irgend ein W ort redet wider den Mcnschcnsohu, vergebcn wird ihm worden; wer aber irgend redet wider den heiligen Gcist, nicht wird ihm vergeben werden weder in dieser Weltzeit, noch in der zukünftigen". '.Aµa(!'r:Ía und f,J.aú
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o
1) Diese zweitc Hiílfte der Rede Jesu (v. 81-37} fchlt bei Luk., wcil er wic Wt·i.~.~ richtig bcmerkt - die Para.bel von der Wiederkehr des bOsen Gcistes (v. 43-·:lú), die ihm in die Rede von den DarnonenmIBtreibuugen zu gehüren schien, hler anknü¡1fte !11, 24-26) und damit den Anknüpfungspunkt für alles Folgeudc verlor. Nur den Spruch von der Gottesllisternng hat Luk. in verkürzter Form in cine S¡ll'uchreihe verwebt (12, 10), in die er na.eh dem Zeugnissc des Ma.tth. 10, 17-33 nicht hineingeliOl't, woraus man siellt, da~ füescr Ausspl'Uclt Ohristi in der von ihm bc11uzte11 Quelle stand.
Matth. XII, 32.
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Christo Vergebung der Sümlcu edaugt haben, sich noch im jenseitigen Zustande bekehren künnen und Gnadc finden werden: so komt für den einzelnen Christen die Zeit zwischen dem Tode und dem jüngsten Gcrichte nicht in Betracht. - Hinsichtlich der Bestimmung der als unvergcbbar bezeiclmeten Llisterung des heil. Geistes im Untersehiede von dcr Lü.stcrung des l\lensehensohnes ist zunlicl1st ins Auge zu fassen, daB Jesus den Pharis!i.crn nicht ausdrücklich erklil.rt, daB sic mit ihrer büswilligen Beschuldigung der Damonenaustreibung durch Beelzebul diese Sündc bcreits begangcn haben, sondern sic vor dieser Sünde nur warnt und ilmen vorhii.lt, daB sie nahe daran seien, sie zu begehen, und wem1 sie ihre Beschuldigung festhalten, sie wirklich begehen werden. Daraus folgt, da.B diese Sünde nicht notwendig die Wiedergeburt voraussezt und ctwa blos in dem Hebr. 6, 4-6 beschriebenen Abfalle vom Christentum besteht, sondern daB a.uch Solche in diese Sünde fallen künnen, welche die in dem Werke Christi oder in der Vcrkündigung des Evangeliums evident sich bezeugende Offenbaruug des heil. Geistes bOswillig abweisen und mit Bewu8tsein sich gegcn die Eindrücke der in Christo wirkenden Geistesmacht verharten. - Von der L!isterung des Sohnes aber unterscheidet sich die L!i.sterung des Geistes so, daB jcne statt:findet, wo man über der Niedrigkcit der irdischen Erscheinung Christi seine specifisch güttliche Würde verkennt und schmaht, diese da, wo der Unglaube den sittlichen Eindruck des Güttlichen in Christo, dem er sich nicht entziehen kann, mit bewuBter Entsehlossenheit in die Lüge seines Widerspiels verkehrt (v. llo(m. Schriftbew. II, 2 S. :343). So hat z. B. Paulus Cl1ristum geHistert und seine Jünger verfolgt (1 Tim. 1, 13), ohne den heil. Gcist zu lü.stem, weil ihm in Jesu Person und Wirken die Kraft des Geistes Gottes noch nicht zum BewuBtsein gekommen war. Eincn solchcn Zustand der Uuwissenheit sezt Jesus auch voraus, wenn er für dfojenigen, die ihn krcuzigten, Fürbitte bci seinem himmlischen Vater einlegt Luc. 23, 34, wobei nur fraglich ist, wie wcit diese Fürbitte sich nicht blos auf die unmittelbaren Werkzeuge, sondern auch auf die Urhcber sciner Kreuzigung bezieht. Aber jede Lü.sterung des Sohnes kann zur Lü.sterung des heil. Geistes führen, wenn der Mensch sich beharrlich gegen die ihm nahetretende Gotteskraft der in Cbristo geoft"enba1-ten Heilsgnade verstokt. -- Im Christenleben ist zwar jedes unsittliche Reden ein Betrüben des heil. Geistes (Eph. 4, 30), aber zur Blasphemie des Geistes wird erst das bewu8te und beha.rrliche Widerstreben gcgen die Einwirkungen des heil. Geistes. Nicbt vergeben wird die Lilsterung des heiligen Geistes, weil je lünger der Süiulcr der ihm nahegebrachten Gnade Gottes widerstrebt, desto schwcrer die Umkebr zur Bu8e wird, und die anclauernde Verhlirtuug zum Gerichte der Verstockuug fül1rt, da.B er endlich nicht mebr sich bckehren ka.nn, weil die Gnadenfrist für ihn abgelaufeu ist. Wann dieser J.Vfoment für den Einzelnen eintritt, das ist für Menschenaugen verborgen und nur dem Herzenskündiger oft"enbar. So lange a.ber ein Sünder noch fühig ist, aufrichtige und ernstliche Rene über scinen Unglnubt'n und S<.'in Widerstrt'\ben gegen das ihm nahegebrachte Evange-
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ltfatth. XII, 32. 33.
lium von der in Christo erschienenen gottlichen Gnade zu fühlcn, so lange hat er der Lilsterung des 11eil. Geistes, die nicht vergeben wh'd, sich nicht schuldig gemacht, und noch nicht cine Sünde zum 'l'ode (1 Joh. 5, 16) begangen. Wenn übrigens der Herr sagt, da6 jede Sünde und jede Lü.sterung (mit Ausnahme der Lüsterung des Geistes) den Menschen vergeben wird, so sezt er dabei die für die Vergebung unerllí.Bliche Bedingung der Reue und Bu6e als selbstverstündlich voraus. Wo diese Bedingung fehlt) da wird auch die Liisterung des Sohnos oder das hartnltckige Widerstreben gegen Christum und sein Wort zm· Todsünde. Mehr über die schwie1ige Frage der Sünde wider den heiligen Geist a. bei l'Ml. Scliqf, die Silnde wider den heil. Geist. Halle 1841 ; Al. v. Oettingcn, De peccato in Spfritu111 11., q11a cwn es.:l1atologia clwi.,lia11a contir1eatt11"· 2·a1ione, Disput, Dol'p. 1856, wo man die altere Literatur und eine Beurteilung der ver-
sehicdenen Ansichten findet; FJ1111. Wds.~, Sünde wider den heil. Geist, in Her::.s Realencykl. XXI S.182 ff. und Deli1z11cl1 im Comm. z. Brief an die Hebr. (lS&i) S. 231 ff. - D~l. gelangt zu dem riehtigen Ergebnisse, daG die Blasphemio des heiligen Geistes a) ein Gattungsbegriff ist, der weil sie sowol von blos Berufcncn als von Bekehrten begangcn werden ka.nn, zwei Arlen dieser Sünde unter sich begreift; b) dan sie selbst nur eine Art der 1~¡.meria 7t(lo> (}Úvc
In v. 33-35 dekt der I-Ierr den Phnristlern noch den verborgenen Grund ihrer gegen ilm ausgesprochenen Verleumdung nuf, da.B nlimlicb dieselbe aus ihrem büsen Herzen komme. V. 33. ,,Entweder machet den Baum gut und seine Frucht gut, odor machet den Bnum fa.ulig und seinc Frucht faulíg; denn aus der Frueht wird der Baum erkant". IlotE'lv in declarativem Sinne, von dem Urteile, wie Joh. 5, 18. 8, 63. 10, 33 u. a. So sehon die griech. Kchvv. Der V. enthült die allgemeine Warheit, do.6 der Besehaffenheit des Baumes auch die Beschaffenhcit sciner Frucht entspricht; die Anwendung dieser Warheit auf die Phari· slier folgt v. ,34. Da.her llL6t sich, wie schon Weiss bemerkt hat, dcr Sinn nicht mit 1Jley. so bestimmen: ,Urteilt nicht so ungereimt, wio ihr in eurem Urtcile gegen mich thatet, wo ihr den Baum schlecht gemacht (miclt für ein Werkzeug des Teufels erklil.rt) und ibm gute Frucht (die
Mn.ttb. XII, 33-88.
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Damonenaustreibuugj lrnigcl1Jgt lmbt:t', weil davon, daB sie Jesum für schlecht, für ein W erkzeug des Teufels, und seine Wirkung für gut erli:lll.rt haben, in v. 3,1 nicht die Rede ist. Der Uebergang von v. 32 zu v. 33 f. ist vielmehr mit Etv. u. Weiss so zu fassen: Meinet nicht, eure Rede sei ein bloBes Wort, welches nicbt für eine unverzeihliche Sünde gehalten werden dürfei denn die Worte kommen a.ns dem Herzen, und aus ihnen lii.Bt sich die Beschaffenbeit des Herzens eben so sicher erkennen, wie aus den Früchten die Beschaffenheit des Baumes. - V. 34. ,,Ihr Otternbrut, wie künnet ihr Gutes reden, da ihr büse seid? Denn aus dem heraus, wovon das Herz UeberfluB hat, redet der Mund". Ueber die Anrede ywv~µm:a ~xuJvwv s. zu 3, 5. Ilw~ ovvaa{}s drükt dio moralische Unmoglichkeit aus, die aus der Schlechtigkeit des Her:>.ens folgt, ohne daB damit die Müglichkeit einer Herzeus!i.nderung ausgeschlossen wird. Zu :n:ovr¡Qo'i l>vng vgl. 7, 11. - Dieser Gedanke wil'd in v. 35 weiter explicirt. ,,Der gute Mensch bringt aus dem guten Schatze das Gute hervor, und der büse l\'lensch bringt aus dem biisen Schntze Boses hervor". Der Zusatz .,;~~ xapóla~ des ülteren text. 1·ec. foblt fast in sü.mtlichen Uncialcodd. und ist cine sachlich richtige Glosse. Vor dyafM hat Tiscll. 8 den Artikel Tá na.eh N-OLULJ al. aufgenommen. Das Herz als Centrum des geistig seelischen und sittlíchen Lebens (vgl. JJel. bibl. Psychol. S. 249 f.) ist als Schatz- oder Vorrathslmmmer gedacht; vgl. Luc. 6, 45). Zu faf)állEt vgl. 9, 38. - In v. 36 u. 37 weist der H01·r zum Scblusse noch auf die Rechenschaft hin, welche die l\fouschen am Tage des Gerichts werden ablegen mllSsen. 'l.'IJ/la dpyó1' ein sittlich unnützes Wort. Diese1· negativo Ausdruck ist für den Gedanken stürkcr als xov1¡QÓV. Die Cónstruction v. 36 ist gleich der in 10, 14. 32. Denn aus den Worten (oder Reden) wird deine Recbtfertigung und deine Verurtcilung hervorgehen. Die Reden zu nennen forderte der Zusammenhang. Da. dieselben aber AcuBcrung dcr Gcsinnung sind, so wird mit dcr Zurechnung der Reden das ganze Verhalten des Menschen gegen Gott oder seine Glaubensstellung gerichtet. V. 38-45. Die Zeichenforderung. Vgl. Luc. 11, 29-31 u. 2'1- 26, wo v. 43-46 zur Rede von der Damonenaustreibung gezogen (s. die .A.nm. zu v. 32) und dadurch der Zusammenhang der Zeiehenforderung mit der weiteren Rede aufgehobcn ist. l\fatth. führt die Zeichenforderung nis .A.ntwort etlichcr Sehriftgelehrten und Pharisaer a.uf die Verantwortung Jesu wider die pharisll.ische Verleumdung ein. Da Jesus die Verstoktheit der Pharisller scharf gerügt hat, so versuehten cinige Schriftgelehrtc und Pharisaer sich wegcn ihrer ablehnenden Stcllung zu Jcsu zu rechtfcrtigen durch die Fordcrung, sich durch ein Zcichen nis Messia.s zu legitimiren, womit sie zu verstehcn gabcn, daB sie ihn bislter nur desha.lb nicht als Messias anerkant hli.tten, weil er sich nicht hinreichend als solcher legitimirt habc. Der zeitlichc Zusammenhang dieser Zeichenforderung mit dem Yorhergehe11den erhellt, von TÓTE dm:r.r¡ífh¡aav abgesehen, nus dem Scblusse der Antwort v. 43-45, wo Jesus auf die Dilmonenaustreibung zurükkomt. DaB der Bericht bei l\fotth. m·sprünglicllC'r ist. als bfli J.uk. 11, 16, wird auch von 1lfey. anerkant.
300
Mattlt. XII, 39. 40.
,,1.\foist-er, wir wollen von dir ein Zeichen sehen". LluJáGr.allJ Lehrer = '1:1¡':!¡ GTJµf.iov eine Wuuderthat, die seine gi.ittliche Sendung oder scino Messianitat crweise. Die Dümoncnaustreibung eraehteten sie hiefü1· nicht für zureichend, da ja laut v. 27 auch ihre Schüler dergleichcn thaten. Die Forderung eines Zeichens war aber nur ein Vorwand zur Rechtfertigung ihres Unglaubens; darum antwortet der Erlüser seharf v. 39: ,,Ein büses uud ehebrecherisches Gesehlecht fordert ein Zeichen, und ein Zeiclien wird ihm nicht gcgeben werden auBer dem Zeichen des Propheten Jonas". 1J'Iotza2íf; ehebrecherisch s. v. a. abtrünnig, trculos gegen Gott, no.ch der alttestamentlichen Anschauung der Gemeinschaft Israels mit seinem Gotte unter dom Bilde eines Ehebundes, wornach der Abfall des Volks von Gott als Ehebruch bezeichnet wird. ,,Das Zcichen Jonas' des Propheten" ist das Wunder, das er erlebt hat oder das an seiner Person geschehen ist, dall er namlich ins Meer gcworfen, von einem Meerungeheuer verschlungen und nach drei Tagen wieder lebendig ans Land gespieen worden, Jon. 2, 1. Jesus mcint mit dero Jonaszeichen, das dom ungfüubigen Geschleellte der Juden gegeben werden solle, sainen Tod und seine Auferweckung am dritten Tnge. Zwar sagt er v. 40 nnr: ,,Wie nümlich Jonas in dem Bauche des Seefisches drci Tage und drei Nüchte war, also wird der Menschensohn im Herzen der Erde drei Tage und drei Nii.chte sein"; aber er sezt das Erlebnis des Jonas aus dem A. 1'. als bekant voraus; und in der .Angabe, daB sein Aufenthalt im Herzen der Erde drei Tage dauern werde, war jo. implicite gesagt, daB er nach dieser Zeitfrist aus der Erde wieder hervorgehen werde. Kijrog jedes groBe Seethier oder Meerungebeuer, in LXX für !ii"I? !I~ Jon. 2, l; Lutlte1·: Walfisch; richtiger Haifisch, canis carclia1·ias oder squalus ca1·cltat·ias L., der im mittellüudischen Meere sehr hliufig ist und einen so groBen Rachen hat, daB er ganze i\lenschen lebendig verschlingen kann, s. m. Comm. zu Jon. 2, 1. "ªQóla Ti¡g yijf; nach º,"!l~ ::i~~ Jon. 2, 4, vgl. Exod. 15, 8 gebildet, bezeichnet das Innere oder die Tfofe im Innern der Erde, und ist nicht auf das Liegen Jesu im Grabe, sondern auf seinen Aufenthalt im Hades oder Todtenreiche zu beziehen !Tertul., Jren., Theopltyl. u. v. a.) Wenn der Erlüser in diesem Ausspruehe dns wunderba1·e Erlebnis des Prophetcn Jonas ein aruteiov nent und als cinen Typus auf seinen Tod und seine .Auferstehung bezeiehnet, so sezt er dieses Erlebnis des Propheten als cin gesehiehtliches Factum voraus, wie es im .A. T. erzithlt ist. Denn nur eine i·eale Thatsaehe, nicht eine Dichtung oder cin Mythus konte die Thatsache saines Todes und seiner Aufe1·stehu11g vorbilden. Saine Auferstehung von den Todten aber nent er als das Zeichen, welches das abtrünnige Geschlccht erhalten soll, nicht um anzudeuten, da8 infolge dieses wuuderbaren Erweises seiner güttlicben Natur sich alle bekehren würden, sondern nls cine für das Verhalten des ganzen Volkes zu ihm entscheidende Thatsache, die den Glü.ubigen Segen bringen, die Unglü.ubigen 'für das Gericht reif machen werde. Ganz verfehlt ist die Folge1·m1g, welche Ra.tiona.listen und Neuprotestantcn aus den Worten 11111.uiov o¡, üo:J~uEr:ra cctltf¡ ziehen, da.~ uii.mlicl1 Jesus keino
Matth. XII, 40.
301
Wunder gethan ha.be. Denn dabei ist ganz aul)er Acht gelassen, dan Jesus nul' der rE11ea non¡f!c'< ;ml ~1oixetl.í; das verlangte Wunder abschfügt und sic auf das Wunderzeichen des P:ropheten Jonns verweist, weil dieser reN1á die Wunder nieht genügten, durch die er sich a.Is Messias bezeugte. Man hat dnhe:r nuch nicht mit Me,lf. das Wort ar¡µEiov zu pressen und von einem Wunder im eminenten Sinne zu cleuten, sondem den Grund del' Verweigerung des begel1rten Zeichens einf:J.ch dal'in zu suelten, dan das Verlangen aus unlauterem Horzcn kam, nicht aus Heilsverlangen ent.sprang, sondern mtr ein Vorw::md zur Vcrdeckung des Unglnubens war. Fiir die aufriehtig na.ch dem Heile Verlnngenden tha.t Jesus Wunder, uro sieh ihnen als Edoser zu crweisen (vgl. Joh.11, 41 f_); aber die Unglii.ubigen sollen kcin anderes Zeiehen erhalten, a.Is das Jonaszciehen. Dieses Zeiehen aber haben Paul., Schleierm., da W., Blcek, Nea11dc1·, Ifrabbe u. A. nicht von der Auferstehung Jesu, sondern von seiner Precligt und seiner gnnzeu Erscheinung verstehen wollen; und lfrim crkiiirt den 40. Y. für einen ungeschild;en Zusatz cler spiiteren Zeit, iu wclchem Jcsu eine irrigo Deutung in den Jl1und geiegt sei. Allein diese Deutung verdankt ihre Entstehung weniger der Parallele Luc.11, 30: ,,denn wie Jonas den Nineviten ein Zeicheu war, aJso wircl auch der Mcnschensohn es diesem Geschlechte sein", auf' die man sich dafü:r beruft, als vieimeh1· dem Anstone, den cler Rationalismus an dem von Jonas bel'ichteten und von Jesu als Thatsache bezeugten Wunder genommen hat. Denu wenn es bei Luk. hefüt: ,, wie Jonas den Nineviten ein Zeichen wurde (syií111Jio), so wird es der Menschensohn diesem Geschlechte sein (l!cn:m), so wird schon cladurch clic Beziehtmg des Zeichens a.uf die Precligt Jesu als unl'ichtig c1·wiesen, da lJci dieser Beziehung in den Worten der Gedanke Hige: wie die Nineviteu auf die Predigt des Jonas hin Bur.e thaten, so werdc aueh dieses Geschlceht auf Jesu Predigt hin Bulle thun Ein ebenso contextwidriger nls an sich irriger Gedanke; woraus binfünglieh sieh ergibt, dall wedor Luk. in v. SO noch Matth. im 39. V. m1 clic Bull¡iredigt des Jonns gcclacht bat. Lukas hat clns J onaszeichen nur nicht niihcr bestimt. Die Griinde abe1', wclche gegen elle Richtigkeit der in v. •10 des ;\fatth. gegebcncn Erklii.rung eles Jonaszeichcns angefilhrt werden, sincl überaus schwach. Wenn z. B. Blcdc dagegen einwendet: ,daB der Er!Oser seine Aufcrstehung a.Is ein Zeichen für dns Gc1Jchlecht, zu dem er bier redet, bezeichnet ha.ben solte, sei sehwierig, da Jesus sich dem ungfüul>igen Yolke no.ch seiner Auferstehung nicht da.1·stelltG', so genügt zur Beseitigung dieses Bedenkens der Hinweis a.uf die Thatsache, daB die apostolische Verkündigung der .A.uferstehung Ohristi, deren Zeugen die Aposte! waren, schon am ersten Pfingstfeste 3000 Horer, dcrselben zum Glauben an Ohristum bekchrt lmt, uud iibcrhaupt Ohristus dmch seinc A.uferstehuug von den Todten der Eckstein geworden ist für llen Bnu seines Reiches a.uf Erden. Die weitere Behauptimg: tlail uie Nineviten nieht Zeugen rlcs an Jonas geschehenen Wunílers waren und in clem B. Jonas selbst nicht cntfernt angedeutet wercle, da() der Prophet sich in seincr Precligt a.uf tlieses Ereignis berufen hatte, ve:rliert dadurch a.lle Be
302
Matth. XII, ;10-43.
p1·ophotisch hingcwicscn hat, aber nur auf verhüllto Weisc in A11deutuugc11, doren Sinu und Beziohung solbst clie Jünger erst nach erfolgte1· Auferstohw1g rocht fü~tcn, nicbt abcr in bcstimtcn Worten, wie hier würdo geschchcn sein•, trii.gt in den Tcxtmebr oin als Jeaus gesagt hat. Von seiner Aufcrstehung redct 'Jesus a.uch hier nicht in bestimten Worteu, aondern nu1· audcutend, wie Joh. 2, 19. l\lit Recht ha.ben daher nueh .Mr!J. u. lf'eiss die eben besprochenc Deutung des Jonaszeieheus n.bgelehnt. V. 41 bringt nicht cine Erklü.rung des Jonn.szeichen~ - fllr dio
Zeiehenforderer soltc dio Hindeutung auf dieses Zeiehen genügen sondern handelt von der BuBpredigt des Jonas, um den Frngenden zu bedenkcu zu geben, daB, wenn sic nur glauben wolten, schon soin bisheriges Wirken und seinc Predigt ihnen genügen künne, und ihnen das Gerieht, welches sic durch ihron Unglauben sich zuziehen, anzukündigen. ,,Leuto vo11 Ninive werden aufstehen im Geriehte mit diesem Goschlechte und es verurteilen, weil sie BuBe thaten auf die Predigt des Jonns; und siche hier ist mehr als Jonas". dvaar~aov-rcu nicht: auf~ erstebon aus dem Tode, sondern: auftreten beim Gerichte als Zeugen. µErá mit d. i. zugleieh mit den unglilubigen Israeliten. ~ XQlcJt; ist hier do.s Gericht der Entscheidung am jüngstcn Tage. xa-cctr.QÍVW' verurteilcn dureh ihr Erseheinen und das Urteil, das sic empfangen worden. JJ,:1; ips01'U1n co11ipm·atione isti merito damnabunt1u-. August. Vgl. zur Sache Rüm. 2, 27. Zu :1tlElo11 - cJóE vgl. v. 6. - .Abe1· nicht nur gegen dio BuBpredigt ist das bOse Geschleeht unempfünglich, sondorn gogen die Warheit übel'l1aupt. Dies htllt der Herr seinen Gegnern in dom Vergleiche v. 42 vor. ,,Eine Konigin des Siidens {d. i. dio Konigin von Sabiin. im südlichen .Aro.bien, 1 Kün. 10, 1 ff.) wird im Gorichte mit diesem Geschlechtc aufstehen und es verurtoilen; dcnn sic kam von den Grenzen der Erde, um die Weisheit Salomo's zu hürcn; und siehe hier ist mehr denn Salomo". Dieses Gesehlecht hürt nicht auf die hühere Weisheit dessen, der mehr als Salomo ist. lx 't'WV :;rnoc(rrov -e~; r~; rhetorisebe Hyperbel zur Bezeichnung des im fernston Süden gelegeuen Sab!i.a. V. 43-45. Da aber dieses bOse Geschleeht keine Empfitnglichkeit für die ihm angebotene Erli.isung zeigt, so wird es noch mehr dcr Gcwnlt des büsen Feindes anheimfüllen. Dies ist der Sinu der Bildrcde von dcm Ilesessenen, in welehen der Dl.Lmon, nachdem or ausgefahren war, mit siebon anderen noch sehlimmeren Damonen zurükkehrt. Dor parabolischo Charakter dieser Rede wird allgemeiu anerkant, aber Absicht und Bedeutung von Weiss u. 11fey. verkaut, indem sic den Znsammcnhang mit dem Vorhergehenden so füssen, dail Jesus mit diesem Gleichnisse den Grund oder die Ursa.cho der traurigen Erscheinung der Unempfünglichkeit des Volks aufdecke. Dazu paBt weder das überlcitendo ÓIÍ v. ·13 noch die Anwendung der· Bildrede v. 45. - Die Wahl dieses Glcichnissos war dureh den zeitlichen uud sachlichen Zusammenhang der ganzen Rede mit der.Heilung des Diimonischen (v. 22) nabo gelegt, wodurch Luk. 11, 24 ff. veraula6t wurde, dieselbe der Vcrantwortung Jesu gegon die Beschuldigung, da6 er die Damonen durch
Mntth. XU, ·14-46.
303
Beelzebul austreibo, unmittclbar anzuroihen. ,, W 01111 dcr unrcino Gcist ansgeht aus dem l\:Ienschen (in welehem er gehaust hat), durchwandcrt cr wasserlosc Orto (d. h. Wüsteneicn, die nach altem Volksglauben a.Is Aufonthalt der Damonen galten, vgl. 'l'ob. S, 3. Dar. 4, 35. Apok. 18, 2 u. Deutsche morgenl. Ztschr. XXI, 609), Ruhe suchend und findet sie nicht"; da bescbliellt er in das !fans, aus dem er ausgegangen, zurilckzukehren, und dasselbe leer und geschmükt findend, komt er mit sieben anderen scblimmeren Geistorn und nimt dru·in Wohnnng. Das Hans ist die l\fonschenseele, aus welcher der Damon ausgegangen ist und wohin er zurükkehren will. azolásovw von einem Orte prli.dicirt, bed. lcerstehcnd, wo jemand nicht mehr th!l.tig ist. G8úa(!mµÉvo11 z. xE-x.o
304
!fatth. XII, 47-50.
wortote Jesus: ,,Wer ist meine Mutter und wer sind meine Brlider?" und sprach, die Ifand über seine Jünger ausstreckend: ,,Siehe da meine Mutter und meine Brüder; denn wcr den Willen meincs Vatcrs im Himmel gethan ha.ben wird, der ist mein Brudcr und Schwester und l\fotter". Die µa{h¡r:al sind nicht blos die Aposte!, sondern allc, die sich glü.ubig Jesu angeschlossen hatten und iu nitchster Nühe um ihu standen, und von den óxlolg, die ihn auBerdem umgaben, µm seine Reden zu hüren, zu unterseheiden. - In- Bezug auf die scheinbare Htirte dieser .Antwort bemerkt schon Beng. treffend: non spernit matrem sed anteponit Patrem. Jesus betbatigt hier, wns er 10, 37 von sehi.en A.posteln fordert: um des Reiehes Gottes willcn Vater, Mutter, Sohn und Tochter zu verleuguen; nicht um - wie Weizs. S. 400 meint sich von seinon leibliehen Anverwandten loszusagen, weil sie no ch nicht zu den Glü.ubigen gehürten, was von der Mutter kaum anzunehmen ist, sondern um seine Jünger und das Volk thatsitchlich zu belehren, daB im Reiche Gottes die geistliche Verwandtschaft mehr gilt als die leibliche A.ngehórigkeit. Wir sind daher nicht berechtigt anzunehmen, daB Jesus damit seine Mutter und seine Brüder abgmviesen, oder nach Be· cndigung der Rede zum Volko nicht vor sich gelo.ssen habe, weil dio Evangelisten die Untm·haltung mit ihnen nicht beriehten. Nur in seinem messianischen Wirken wolte er durch ihre Ankunft sich nicht unterbrechen lassen; und den Evangelisten kam es für den Zweek ihror Sehriften 11ur darauf an, den A.ussprueh Jesu mitzuteilen, daB die leibliche Vcrwandtschnft der geistlichen Gemeinschaft mít ihm unterzuordncn sei. Ueber die dóEJ.pot 'I1JúOv Brüder Jesu sincl seit ii.ltester Zeit dio Ansichten goteilt, indem die Einen sie für Brüder Jesu halten, cntwcdcr Slie/brilíler d. h. nachgeborcne Sühne der Maria und Josephs, oder Halbb1·üder d. h. Sohnc Josephs aus einer orsten Ehe, die Andero, dtJEJ.rpoi wie tl~rJ~ von nahen Verwandten verstehend, für Vettern, namlich Sohne des Klopas, cines Bruders Josephs und der Maria, welchc Joh. 19, 25 Weíb des Klopas und cCóeJ.rptj d. i. Sehwi.Lgerin der Muttcr Jesu, in Luc. 24, 10 Mutter des Ja.kobus, Mrc. 15, 40 Muttcr des Jakobus und Joses, v. 47 Mutter eles Joses u. 16, 1 ~ 'Iar.có{Jov genant wird. Dazu ist in ncuester Zeit noch eine dritte Ansicht gekommen, da8 bei ácfoJ.g¡ol. 'It¡aov zu uuterscheiden scien solchc, die es nls Sühnc Joscphs, und andere, die es als Sülmc des Klopas oder .Alphiius waren (v. Hofmann, d. lieil. Sehrift des N. T. VII, 2 Einleit. z. Br. Judi~ S. 151). In cler cva11gelisebe11 Geschichte kommen sic vor auBer hier 12, M.i ff. Mre. 3, 31 ff. Lue. B, 19 :n:, wo die Muttor Jesu mit ihnen komt und Jesum zu sprechen wi\nscht uud wo ]}fark. auch schon al dcki.rpcd erwühnt, noch in Mtth. 13, 55 f. vgl. l\frc. 6, 3, wo die Judcn an dem Auftreten _Jcsu in scincr Vnterstadt AnstoB nchmend sagen: ,,Ist dicscr nicht cler Zimmormanns Sohil? HeiBt nicht seine Mutter Mnria und seine Brüde1! Jakobus und Joses uncl Simon und Judas? und scíno Schwcstern (ceÓE}.rpai) sind sic nicht alle bci uns?" (Namcn dcr
wv
Matth. XII, 46 -50.
305
dr5Elrpaí werden im N.T. nicht gcnant); ferner Job. 2, 12, wo Jesus von IDma nnch Ca.pernaum hinabzog: ,,Er und seine Mutter und seinc dcJEJ.rpol und seine µafh¡wl"; sodann Job. 7, 3 ff. vor dor lezten Reisc Jcsu zum Laubhüttenfeste, wo saine &aelrpol ihn aufforderten, sich nufzumachen und nach Judlia zu ziehen und dort seinon Jüngern sich zn o:ffenbaren, Jesus aber erkliirt, daB seine Zeit nicht erfüllet sei und zunachst in Galil1la blieb, w!Lhrcnd seine Brüder naeh Jerusalem gingcn, worüber Johannes v. 5 bemerkt: ,, denn auch seine Brüdcr glaubten nicht an ihn''. Endlich wird Act. 1 nnch der namentlichen Aufz!Lhlung dcr Apostel (v. 13) bemerkt: ,,diese alle waren stets ciµmütig nnhaltcnd im Gebet, samt den Weibom und Maria der Mutter Jesu und seinen Brüdern ", woraus sich ergibt, da.B die dMJ.
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K e il, Comm.
:.1,
Evnngcl. Mattb.
20
i\fatth. XII, 46-50.
806
sclben Ka11itels. Noch haltlose1· ist 2. die Bomerkuug, daB Paulus in Gal. 1, 19 Jakobus durch die Nü.herbezeichnung 7:0V dóEJ..pov Tov KvQloV vo11 Jo.kobus Alplwei, der einer dcr Zwülf wo.r, untorscheido. Deuu 1lfey. hat hiebei vergessen, do.B zu joner Zeit, vo11 welcher Pau1us Gal. l, 19 redet, nlimlich der Zeit von Apostelgesch. c. 9, noch zwei Aposte! des Namens Jnkobus lebten, und die Nü.herbezcichnung dessen, den er meinte, nütig war, um denselben von Jakobus, dem Druder des Johannes zu unterschciden. Dafi abor Paulus nicht diesen, soudern den Sohn des AlpbiLus meinte, ergibt sich aus der Vergleichung yon Gal. 1, 19 mit Gal. 2, 9 u. 12. Da es nli.mlich einen drfüen Aposte! des Namens Jakobus nicht gab, so lmn11 der Jakobus, welcher nach der Hinrichtung des Zebedaiden Jakobus (Act. 12, 2) in Jerusalcm neben Petrus und Johannes zu den Saulcn der Gemeinde gezahlt wurdo (Gal. 2, 9), kcin nnderer gewesen sein, nls der Sohn des Alphaus. Dfo. sen Mtte zwnr Paulus auch einfach nach seinem Vatersnamen bezcicbnen künnen, aber offenbar bewog ihn die Rücksicht auf die Gemeindcn, die Bezeichnung ó d
wv
Ma.tth. XII, 4fi--ü0,
807
MaQla ~ 'lcoaiíw~ (Mutter des Josas) und 16, 1 ~ 'Iaxcó(Jov so wio Lite. 24, 10. Wnr demnach die Mutter des Jakobus minor das Weib des Klopas, so war /{[opas, dessen Identitli.t mit "m!>n Alpliaeus allgemoin anerkant wird, der Vater sowol des Jakobus, welchen Paulus Gal. 1, 19 dósJ.q;ov 'l'OV KvQÍOV nent, als auch des Jakobus und Joses, welehe l\1atth. 13, 55 u. Mre. 6, 3 als cMe2
avwv
1) Gegen diese gewi.ilmlichc Auffassung von Joh.19, 25 ho.ben zwar neucre Kritiker geltcnd gcma.cl1t, da~ Joha.nnes 11ieht drci, somlcrn vier Frauen nenne, nrunlich au~er clor l\Iutter Jcsu noch die drei, wclche naeh Mtth. u. Mark. in der Nahe des Kreuzes Jesu stnnclen: die Schwestcr seiner l\lutter el. i. die Salome, die Maria des Klopas d. i. die l\Iuttcr des Ja.kobus und Joses, und die Mil.ria. Il:lagdalene. Allcin in diescm Falle clül'fte vor Maefo 1í ioii lCl.6Jnu cin ud oder -ri nfoht fchlen, schon um clcr ldontificirung clor l\laifa des Klopns mit der Schwester der i\Iuttcr Jcsu (Salome) vorzubeugen. Vollends ausgeschlossen wircl aber diese Deutung der Stellc dadmch, cla~, wenn Salome, clie Mutter des Johannes uncl Jakobus, eine Schwcstcr der Mutter .Jesu gewcsen wii.re, diese beiclan Jünger von müttcdicher Seitc her leibliche Vettern Jesu sein würdcn. Aber von einer Vetterscha.ft des Joha.nncs oder Jnkobus Zebedai Sohn mit Jesu füllt sich weder in der ernngelisehen Geschichte des N.T. noch in der kirchlichcn Ueberlieferung irgend eine Spur ontdeekcn. 20*
:M:n.tth. XII, 5ll. XIII.
308
dio Erwilhnung der d&J.rpoí in Verbinduug mit der Mutter Jesu, sowol in unserer Erzitlilung 12, 46 ff. und in c. 13, 55f. u. den Parallelcn des llfrk. u. Lnk., als auch' in Joh. 2, 12 u. Act. 1, 1-i Hifit sich durch die ciufache Annahmc erklareu, daB nach dom Tode Joscphs, der wol schon vor Jesu messianischem Auftrctcn gestorben wnr, da er seit Luc. 2, 41-51 nicht weiter crwühnt wird, oder auch nach dem offcntlichcu Auftreten Jesu in seinem 30. Lebeusjahre, seinc Mutter Maria nls Witwe ihren eigcnen Hausstand anfgegcben hattc und zu ihrcm Schwagcr gezogen war. Wohnte sie aber im Hausc ihrcs Schwagers KIQ1)as mit ihm und sciner Familie zusammen in Nnzaret, so konten auch die Naznretaner über Jesum urteilen: Ist diescr nicht der Zimmcrmanns Sohn? uud seinc :Mutter heifit sic nicht :Maria, und seinc ceofl.q;oí (hcifien sic nicht) Jakobus u. s. w.? und seinc clVE2g;al siud sic nicht alle bei uns? (13, 55 f.) auch wcnn die CÍvE2rpoí und acklq;cd nicl1t lciblichc Geschwister Jcsu, sondern nur seinc Vcttcrn und Cousinen waren, da es ihnen ja nur darum zu thun war, ihre gcnauo Dckantschaft mit der ganzen leiblichen Ve.rwandtschaft J csu anzugebcn; wobei man übrigens daraus, da.B sic wol Jesum den Zimmermannssohn nonuen uncl don Namon seincr J\:Iutter, abcr nicht den Namcn dos Vaters, Josepb, mit Rccht schliel3en do.rf, daB Josoph damals nicht mcln· am Leben war. Nach dom Allem müssen wir die Ansicht, daB die c(&lrpo( '1t1aov VettN'n Jesu warcn, für vicl warschcinlichcr l1alten als die Mcinuug, daB sic seinc Sticf- oder Halbbrüder gcwcsen seion, welche sich nm· durch gekünstclte Doutung dor Aussagen des Apostols Paulus übcr Jako7ms dvel.cp(w rov Júy¿íov notdiirftig vertoidigen Iü.Bt. t
ro1,
Cap. XIII. Gleichnis1·eden vom Himmelreiche. Verachtung Jesu in Nazaret. Nachclem dcr Erlüser in c. 12 den Pharisüorn crkHírt hat, daB, wenn er in Iüaft des Geistcs Gottes Dilmonen austroibe, ja das Reich Gottes zu ihnen gelangt sei (v. 28), uucl sic vor Verstockung gegen den heiligen Geist gewarnt hat, belchrt cr in c. 13 das Volk in Parahcln über die Gründung und Entwickeluug des Himmclreichs von uuscheinbarcn Anfüngcn an bis zu sciner Vollendung. Dieses Ca¡). enthült sicben Gleichnisse, von welchen die vier crsten vor dem Volke (v. 3-35 }, die drei lozten nach Entlassung des Volks zu den Jüngern gcsprochcn sind (v. 36-52). Im ersten (vom Silemaun) wird die Grundlegung dos Himmelreichs mittelst des Wortes (v. 3-9 u. 18-23), im zweiten (vom 1) Die Literntur über diese von Origen es' und Hicl'on¡¡m.'s Zeiten an strci--·-····-~·····
tige uncl viclbcsp1·ochene Frage gibt am vollstiindigsten H'i11er im Eibl. RW. l S. f>6fl f. und S. 525 ff. (unter Jacobus). AuC•erdem vgl. Wieselo· in d. 'l'licol. Stud. u. Krit. HH2 S. 71 ff. u. im Comment. zu Gal. J, 19; Pliil. Scliqfiibcr dns Verhiiltnili des Jakob11s, Bruders des Herrn, zu Jakobus Alphlii. Borl. 18'12; Laurcut, Neutestamentl. Stuclien 1866. S. 153 ff, und unter den Ausll. JVie.~h15¡n· zu~ Bricf Judii. {Einleit.), Hutlar, Brief Jakobi (Einl.), llimg.~trnbcry, Ernug. Jolmnms zu Job. 2, 12, 1i. Jlnfmann :t. a. O. u. m1dere von 11le!JCI' zu u. Absclm. erwii.hnte Schriften u. Abhandlungeu.
l\la.tt11. XIII, 1-3.
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Loleh unter dem Waizen} die seiuem wahren Wesen 11ieht eutspreehcnde Miselmng von Guten und Büseu wilhrend seinei· irdiscbzeitlichen Entwiekelung (v. 24-30 u. 36-43); im dritten (vom Senfkorn) seine Entwickclung von den unscheinbarsten Anfüngen zu einer W cltmacht, welche den Vülkern eine Zufiuchtsstlittc gewahrt (v. 31u.32), im vfortcn (vom Sauerteig) die unsichtbar und siegroich wirkende Kraft des· selben (v. 33) veranschaulicht; im füuften (dem Schatze im Acker) wird das I-limmelreich a.Is ein vor dem Illicke der groBen Menge verborgenes Geschenk güttlicher Gnade (v. 'H), im sechsten (von dcr Perle) als die vollkommene Befriedigung allcs menschlichcn Suchens und Sehnens (v. 45 u. 46) geschildcrt; endlich im siebentcn (vom Netze) das der· cinstige Aufhüren cler Mischung von Guten und Düsen oder die schlie.Gliclie ewige Scheidung wahrer und falscher Reichsgeuossen in Aussicht gestelt (v. 4 7-50). - Alle diese Gleichnisse sind sehr oinfach und crscheinen uns leicht verstandlich, waren 11.be1· dem Volke wie den Jün· gern dunkel, so daB der Hcrr selbst auf die Fragc dcr Jünger: warum redest du zu dcm Yolke in Glcichnissen? antwortet: Euch ist gegeben, die Gcbcinmisse des Himmelreichs zu verstehen, jenen (den Yolks· scharen) aber ist es nicht gcgeben, und dann seincn Jüngern dio beiden erstcn Gleichnisse (leutet. Die Dunkelhcit lag in der darin vorgetragencn neucn Lel1re vom Himmelreiche, und zwar in dcm Grundgedanken der Glcichnisse, d:i.B das J:limmclrcich nh:bt erst in der Zukunft bovor· steht, sondern. in dcr unmittclbarcn Gcgenwart als eine wcltemeuernde Geistcsmucht schon vorbanden ist, in dieser vor Menschenaugen unschcinbnren Gestalt aber seinem wahren Wesen nicht cntspricht, nur dcr Anfang der Yerwirltlichung ist, welchem crst uach lilngerer geistiger Entwickelung am Ende dcr gcgcmwllrtige11 Wcltzeit die Yollendung durch die Schcitlung der Büscn von den Guton und die damit eint.retendc Vcrwandlung des gegenwürtigcn Weltzustan.ds in eine hüherc Ortlnung der Dinge folgen wird. Dieser Geclankc wiu· der allgcmein jüdischeu Ansicht vom Mcssiasreiche go.nz frcmd, dal3 das Volk ihn nicht fassen konte. ,Der Glaube au dio innerliche Gegenwart des auBerlich noch bevorstchenden Himmelreichs ist - nach der iichtigen Bcmerkuug von P[leiderer, .die Relig. II S. 421 f. - das ,,Geheimnis" au jenen Parabeln, das nicht von Jcdermann gefal.lt wird, weil es mu· denen üllerhaupt fa.Gbar ist, die es in innerer Erfahrung erlebt haben, die in der Ge1·echtigkeit des Himmelreichs dessen Gcgenwart besitzcn'. V. 1-52. Die Gleichnisreden vom Hi1nmelreiche. V. 1-!Jª. .Aus dem Ifause gchend sczte sich Jesus an das (galilüisehe) l\foer. Da aber viele Volksscharen sich um ihu vcrsammclten, trat er in ein Schifl', wiLhrcnd das Volk am Ufor hin stand, und redete zu demselben in Glcichnissen. :JCJ.olo11 das dort eben befindliche Schiíf. Doch fehlt der .Artikel TÓ in it.BCLZ al. und ist von Tisch. 8 weggelassen. l.nl. TOV cclymJ.óv über das Ufor hin (vgl. Winer S. 380); die Ausbreitung der Volksmenge malerisch andeutend. IJo).J.a ~v :JCaQa{JoJ.arq. ,vieles in Ptl.L'abeln' sezt voraus, daB Jesus eine l\.iehrzahl von Gleichnissen vortrug. Auch Mrk. sagt: er lehrte sie lv nciQa{JoJ..ari; (4, 2 vgl. v. 32),
To
310
Mntth. XIII, 3-9.
hat aber nm· zwci, und ein drittes ihm eigentümliches mitgeteilt. Nur Luk. hat an dieser Stolle blos das eine Gleichnis vom Saemanu. -flaQaíJo11í dns Nobeneinanderstellen, bes. das vorgleichende, die Vcrglcichung, das Gleichnis, im bibl. Sprachgebrauche dem hebr. !>~'9 entsprechend, ist clie Erzilhlung cines erdichteten, jedoch dem Berciche natürlichor Vorgiingc angehürenden Ereignisses, um eine Lebre oder hühere Warheit zu versinnlichen. Das Wort wil'd aber auch im wcitcren Sinnc von jeder Bildrede gebraucht, 15, 15. 24, 32. l\'Irc. 3, 2:.l. ,J, 30 u. a., wic :;cccQOt,ufo bei Johannes, z. B. 10, 6. Von der Fabol untcrscheidet sich die Pnrabel cladurch, daB in der Fabel nuch Tliiere, Baume u. dgl. redend aufgeführt werclen 1md dio crzü.hlten Vorg!ingc nicht der Wirldichkeit entsprechen. Eine Fa.bel erziihlte Jot.bam Richt. 9, 8 ff. Im N. T. kommcn Faboln nicht vor, sondern auller den Parabeln nur Bildreden und Allcgorien. Die Parabel aber bietet die Warheit, die sie veranschaulicht, doch in einer Yerhüllung, die nicht für jedermann durchsichtig ist. Das Glcichnis - sngt O. v. Gerl. - ,ist illmlicb einer Schale, welche clen k0stlicl1en Kcm cbensoschr füt· die Fleifügen als vor den Trügen bewahrt'. Es hat die doppelte Eigenscbaft, clio Warheit dem Geiste dessen, der sie unter dem sic darstcllendcn Bildo zu erfassen versteht, unauslOschlich einzuprligen, uncl sio dem unnchtsamen Hürer, cler durch die Hülle nicht einzudringen ver~ mag, zu verhüllcn. V. 3u_9, [)as Gleiclmis vom Siiemann und dem verscltieclenen Erfolge seiner Aussaat. Vgl. l\irc. 4-, 1-20 u. Luc. 8, 4-15. 'O axElQOW (substantivisch) der Sitemann. Der Artikel drükt die Gattung oder die durch cinen Einzclnen verwirklichtc Idee aus ( Winer S. 101). Das Gleichnis stelt dar, was dem Sii.cmann in seinem Berufe immer begcgnet. Deim SiLen fiolen Kürner ::;caQir. 7:1}1,.. Oóóv anden (den .Acker bcgronzenden) Wcg hin, so daB sie 11icht in dio Ackererde eingceggt wurden, sondern auf dcm harten Boden uubcdekt liegen blieben und von den Vügeln aufgefrcssen wurden. - Anderos fiel BJl'L 'l'a :nc'l'QOÍÓ1¡ o.uf felsige Stellen des Ackers, die nur mit einer dünnen Erdscbicbt übcrdckt wnren. Es sprofito do.her bald auf¡ als nbe1· die Sonne anfging, wurdc es versengt und verdorrte, weil es nicht Wurzel hatte, d. h. keinc tieforen und sllirkercn Wurzeln bilden konte. - Anderos fiel brl Tai; dxái,•fJcu; auf clic im Acker befindliehen Dornenwurzeln, die dnnn aufschossen (dJ,•tJP11acm in die Hühe gingen) und die aufgehende Saat erstikten. - Anderes fiel auf das guto Land und gab (tl'Ug) Frueht; eins hundert, anderos sechzig, nnderes dreiBig (Kürner); entspreehend der nuBerordentlichon Fruchtbarkcit des Morgenlandes, vgl. JJ oug ta e i Analccta ss. JI, 15 ss., f{oster, Erlauterungen der heil. Schr. S. 171; besonders Gnliliia's, vgl. v. Raumer Pafüst. S. 92 f. Ueber hundertfaltigen Ertrag vgl. Gen. 26, 12 u. m. Comm. z. d. St. ¡ in den fl'Uchtbnrstcn Tcilen der Syrischen Ebenc, der Ru(tbe, noch jczt vorkommend, vgl. Tf'ctzstein Reisebericht über Hauran S. 30. - Dem Gleiclmisso liegt die allgemeine Erfalu·ungswarhcit zu Grunde, daB das Gedeihen des ausgcstreuten Samens von der Beschaífenheit des Bodens nbh!i.ngt.
Matth. XIII, 10-14.
811
Wie in dieser Nnlurordnung der Erfolg des Wirkens im Reiche Gottes vorgebildet ist, dies zeigt die Deutung des Gleichnissos v. 19-23. Ueber die Malmung v. 9 s. zu 11, 15. V. 10-17. Nach dem Vortrage diescr Paro.bel traten die Jünger zu Jesu hin und fragtcn ilm: warmn er zu dem Volke (ml?"ol~) in Parabeln rede? Nach Mrk. fragtcn sic ihn um die Parabeln (7:a~ :;ra
Ta
1) Giinzlich verfehlt, ~o. ins Gcgenteil verwandelt h:i.t Melf. den Sinn dieser Vv., indcm er a.us dem s¡mchwortlichen Sa.tze v. 12 die .A.nwendung zieht: ,lllr mit der euch bereita geworcloncn Erkentnis clringet immer tiefer und vUlliger in
312
Mntth. XIII, 14. 15.
nicht, nnd Mnrk. hat es in die Rede Jesu verwebt. Daher haben beide den Ausspruch Jesu: (JJ.1faovur; "d. v. 13 durch Umsetzung des Bu in (im damit sie sehend nicht seheu u. s. w. verdeutlicht. V. 1,1 f. ,,Und erfüllet wird ihnen die WeiGagung Jesaja's, welche Iautet: Mit Gehür wcrdet ihr hüren und nicht verstehen, und sehend werdet ihr sehen und nicht einsehen. Denn fühllos gemacht ist das, Herz dieses Volks¡ sie hüren schwer mit ihren Obren, und ihre Augen haben sie zugemacht, damit sie nicht dereinst mit den Augen sehen und mit den Ohren hüren und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich sie heilen werde". Diese Worte stehen in Jes. 6, 9 u. 10 und sind nach der LXX wiedergegeben. Im hebr. Grundtexte lauten sie als Auftrug Gottes an den Propheten: ,,Gch hin und sage diesem Volke: Hüret nur immer zu und verstehet nicht, und sehet nur immer und erkennet nicht. l\fache fühllos das Herz dieses Volks und seine Obren schwerhürig und seine Augen überklebe, daB es nicht sehe mit seinen Augen .... und man ihm Heilung schaffo". Hiernach siud die Futura dxovGéí& und f,l..thpén imperativisch gemeint, und ov µ~ avvijn uud ov ¡a) 'íOr¡u den beabsichtigten Erfolg ausdrückend; und in l;¡¡;axvv{)11 ist die passive Bedeutung festzuhalten, eig. fettgemacht worden ist das Ilerz. .naxvvco braucben auch die Griechen vom Herzen für stumpf, fübllos machen. 'A2,.a.n}.1¡(!ovuu ist starker als das Simplex: und mit Bedacbt gewü.blt. avrolc,; ist Datív der Beziehung: ,die Erfüllung widerführt ihnen' (1Jley.). Im lezten Satze ist láao,ucu nach 1:J.BC.DE
ou
die \• crhiiltnissc des Gottesl'eiches ein, das Volk aber witi-de sán ge1·i11ge.~ Vcl'stlindnfa der güllliclten Warheit vüll(r¡ ve1·lie1·en, wenn iclt nicllt d"rclt pai-abo1isclte Versiunlicliung scin~r fí'assrmgsscltwliclw :tt Hilfc ldime', und dann in v. 14 vor dvmrÍ.l)Qo<,ua den fremdartigcn Gedanken einschiebt: ,so giinzlich nicht sind sie schon dem reinen gleichnislosen Vortrag der güttlichen Warheit gewachscu'. Hiernach rcdct Jesus (nach Mn.ttb.) zu cler Volksmenge in Parabeln, weil ,die bildlose Rede sie uicht anzieheu und nicht zur Bekehrung führen würde, welcher eben ihre Stumpfheit entgegenstrebt'. Dngegen dnchte de Wette sich die Snche so: Jesus trug das Gleicbnis vor, um durch eiuen lebhnften Eindruck die Wrnbcgicrdc zu errcgen, und sein Zweck war, daf; die dadurch Angercgteu kommen und ihn fragcn solten. Dicjenigeu die es thaten, hieJlen v. 10 Jilnger, uud ibneu gab er die gewünschto Erkliirung, wogegen er die unenegbare Menge, die dics nicht that, bedauerte und die Stelle des J csaja n.uf sie anwn.udte. lJiescr Verfa.uf der Sache sci von unsercm Evnngclisten, wofoher die jcsajauische Stellc und die darin liegende Schicksalsidee zu bcstimt ins Auge fal~te, nicbt ganz in der Orilnung dargestelt und so die Ansicbt veranlaJlt worilen, als trage Jesus den Unfühigeu etwas vor, das sie nicht fühig seicu zu fassen, womit er etwns Zweckloses gethan haben würde. - Noch deutlicher ncut es Keiin II S. 442 eiu ,grobes Misverst1indnis, dafi Matth., Mnrk. u. Luk. die Verhüllung der Warheit vor dem Volko als den Zweck der Parabelrede angeben, damit die DrauJlenstcheuden sebeml uicht seben und hOrend uicht hOren', weil dieser Kritiker gleiehfalls den Zweck dieser Lehrweise darin sucht, ,dem Volke die geistige W arheit nicht mehr nui· in einzelnen Bilderu und Zügeu, welche das Uebersinnliche a.usmalcn, sondern durchweg bis zur Unsichtbarkeit der hühereu Seele in einc sinuliche Korpenvelt ei~zukleiden, wie der gemeine lVIaun sie betasten, fassen, verstehen kouto' (8 . .J,3í). - Einer Widerlegung bedürfen diese Versuche, den Sinn dcr vorliegcndcn Ílerichte wegzudeuten, nicht, da sie den Stempel der Verlegenheit a.u cler Stirn trngen.
Matth. XIII, 15-18.
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u. a. als die ursprüngliche Lesart dem láaroµai vol'zuziehen. Abor auch das Futur Activ. hii.llgt noch von µ~:FCO'rt! ab (vgl. Wine1· S. 468) und ist nicht mit Fritzsclte in dem Sinne: und ich will sie heilcn, zu fassen. - Die Erfüllnng dieses Ausspruches ist nicht, wic viole altere und neucre Ausll. mcinen, consecutiv zu fassen, vom Erfolge: so da¡¡ sie dnreh ihre Verblondung und ihren Stumpfsinn nicht zur Erkentnis der Warheit kommen und nicht umkehren und zum Heilc gelangen. Dieser Auffassung steht das µ~x07:E des Nachsatzes, wclehes die Absicht, nieht den Erfolg ausdrükt, entgegen. Der Gedanke ist vielmelu· folgender: Dadurch daB Jesus infolge güttlicher Ordnung zu dem Volke in der bildliehen, die Warheit verhüllenden Form der Gleichnisse redet, vollzieht sich nn demselben das von Jesaja geweiBagto Gerieht der Verstocku11g, daB es J:il.it sehenden Augen und hOrendcn Obren nicht zur Erkentnis der Warheit komt, damit es nicht dereinst sich bekehre und das Heil erlange. Wie der Prophet Jesaja durch saine Vei·kündigung die Stumpfheit des Volkes wirken soll, daB es sich nicht bekehre, so redete Jesus zu den Volkshaufen seiner Zeit in Gleichnissen, damit sie die in diese Form eingekleidete Warheit nicht erkennen und des Hciles verlustig gehen. Hiedurch erhielt die WeiBagung Jesaja's an dem jüdischen Volke zu Christi Zeiten ihre volle Erfüllung. Dies ist ein Gesetz der gottlichen Gnadenordnu11g, da.B, obwol Gott will, daB .A.lle zur Erkentuis dcr Warheit und zum Heile gelangen, doch donen, die durch Gcringachtung oder Veraehtung seines Wortes der ihnen angebotenen Heilsgnade widerstreben, die Predigt des Heils selbst zum Gerichte der Vcrstockung in der Weise gereicht, dall dieselbe das Herz nur noch mehr •·erhü.rtet, damit die Ungliiubigen das Ma.6 ihres sündlichen Widerstrebons voll machen und für die Verdammnis reif werden. V. 16. Ganz an(lers steht es mit den Jüngern Christi. ,,Euro Augen aber sind selig zu preiscn, da.6 sie sehen, und euro Obren, da.B sic Mren". vµrEv ist mit Nachdruck vorangestelt, gegouüber dom ver{JlhcovútV blendeteu Volke. µaxá(ILOt wie 6, 3 als .Aussage. Das und dxotÍovaiv bezeichnet kraft des Contextos das Erkenncn und Verstehen der Geheimnissc eles Gottesrcichcs infolge ihrer Empfü.nglichkeit für die gottliche Heilswarheit. Weshalb sie selig zn preisen sind, sagt v. 17, weil sic sehen und hOren, wns vielc Propheten und Gorechto {des A. Bundes) zu sehen und zu Mren begehrt, aber nicht gesehen und gchOrt habcn. Dieser Gedanke wird durch das feierliche aµ1]v wm·liclt noch mehr gehobon, um die das im A. Bunde geoffenbarte Hcil weit überragende Herrlichkeit der in Christo erschienoneu Gnade und Warheit Gottes den Jüngern nns Iforz zu legen. Vgl. zur Sache 11, 39 f. 1 Petr. 1, 10-12. V. 18-23. Die Deutuno des Gleiclmisses. ,, Ihr (ÓµEic; mit Nachdruck) nun hOret das Glcichnis vom Süemann", d. h. was das Gleichnis besagt, welchen Sinn es hat. V. 19. ,,Ein Jeglicher, so er das Wort vom Reiche hórt und nicht versteht, so komt der Arge und raubt dns in seinem Herzen Gesilete. Dieser ist der, l1ei dem am Wege gesii.et ist". Wer der Saemann ist u11d was der Same bedeutet, gibt Matth.
on
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Mn.ttb. XIII, 19-24.
uicht ausdrücklich an, indem er sich wie immer a.uf die Angabe der Ilnn1ltmomente beschrlinkt, uud beides a.ns dcr folgc11de11 Erkliirung dcutlich wfrd. Der So.me ist das Wort, die Predigt vom Himmelrciche, folglich der Silemann Christus, der das Evangelium vom Reiche vcrkündigt ('i, 23). Die Construction des V. ist a.nakoluthisch. Bei dct• Voranstellung des ;;cavror; clxol.Íovrnr; solt.e der Satz nach aumún:or; mit lx .,;~e; xa(loí.ar; dQ;ráhEt .,;o lasraQ1dvov fortgesezt.werdcn: Bei jedom der das Wort hürt und nicht versteht, komt der Büse ... Das avvttfirror; haben i\frk. u. Luk. nicht. Es ist ti.her bei der A.nlo.ge des Satzes mit xavróc; für don Sinn uneutbehrlich, da xcwró; ohno diese Boschrltnkung unpa.sscnd wlirc, und den Gedanken richtig verdeutlichend, da das Wort, das nicht verstanden wird, nicht ins Herz eiudringt, gleichwie dio auf den harten Weg gefallenen Saatkürnor nicbt in das Erdreich eingesuet werden, so daB der Teufel es leicht dem Herzen rauben !rn.nn. •o :1rovr¡(!Ór; ó ,}:a.,;a¡,•ac; (Mrk.) oder ó otáfJoJ.oc; (Luk.). Ovrói;; la.,;tv ó ....
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lfotth. XIII, 25-30.
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Die Yergleichung des Himmelreichs mit einem Silemann ist nicht so gemeint, daB das Reich in dcr Person des Sliemanns abgcbildet sei, sondern bczieht sich auf seiu Siien und auf allcs was an und mit der Saat geschieht. Nicht nur bei diesem, sondern bei allcn Gleichnissen Iicgt der Vergleichungspunkt in dem ganzen dargestelten Vorgange. V. 25. Das Schlafen der Mcnschen ist nicht blofie Umschreibung der Nachtzeit, so dafi díeser Zug nur zum Schmucke des Bildes und nicht zur Auslegung bestimt wilre (,1/ey.). Dies folgt aus dem Umstande, daB Jesus deuselben nicht auslegt, keineswegs. Denn in der Ausleguug sind uur die Hauptpunkte erklart. Freilich darf man bei wv~ áv:J·QCÓJrOV¡;; wcder an Feldwilchter (Beng.), noch an die .Arbeitslente (11/iclt., Paul.) denlrnn; denn ein e ben besaetes Feld wird nicht bewacht, und At•beitsleute würden andcrs, etwa durch óoií2ot bezeichnet sein. Dio :M:enschen als solche sind nicht zu denten, sondern das Scblo.fen der Menschen ist Bild der Sorglosigkeit und Gleichgültigkeit gegen Gottos Wort, oder des Zustandes gcistlicher Trügheit. Da kam scin (des Silemanns d. i. Christi) Feind d. i. dcr Teufol, und s!iete Lolch unter den Waizen. sisávwv lolium tremulentum, Tollkorn, welches auch im Oriente hü.ufig unter Waizen wilchst und, bevor die Aehre sich entwickelt, demselben sehr ahnlich sieht. Aber die Aehren sind verschiedcn und die Kürner schwarz und kleiner nls die Wnizenkümer, so do.B der Waizen durch Sieben von ihnen gereinigt werden kann; vgl. Furrer in Scllenk.'s Bibellex. IV, 57. Statt ea.netQW hat Tiscl1. 8 uach t!.**B, ltal., Vulg. u. otlichcn Kchvv. bda:n:EtQW aufgenommcu, was für den Sinn sehr passend, o.her zu schwach bezcugt ist. J{a't dmj1{)w vern.nschaulicht die Hcimlichkoit des Verfahrcns des Feindes. Y. 26. Als aber das Waizengros aufspro.Bte und Frucht d. h. Achren anscztc, da kam auch der Lolch zum Yorschein, wilhrend man bis dahin die Halme von clen Waizcnhalrnen nicht hatte untcrscheidon künnon. - V. 27 ff. A.uf die Frage der Knechte, woher der mit gutem Samcn besaetc A.cker den Lolch habe, erklarte der Hausherr: das hat der Fcind gethan; und auf die weitcre Frage: ob sie den Lolch zusammenlesen salten (avV.lgwµw deliberativ: sollen wir zusammenlesen), erwiderte er: ,,Noin, damit ihr nicht den Lolch zusammenlesend zugleich mit ihm den Waizen entwui-zelt". Denn die Wurzeln beider sind in einander verschlungon, so daB mit dcm Ansrcifien des Unkrauts die Wurzeln der Waizenhalme gelockert und beschüdigt werden. V. 30. ,,Lasset beidcs zusammen wachsen bis zm· Erute und zur Erntezeit will ich den Schnittern so.gen: Sammolt zucrst den Lolch und bindet ilm in 13ündel, um ihn zu verbrennen, den Waizen aber führt in meino Scheuer ein". Wührend da~ vorige Gleiclmis die geistig innerliche Entwickelung des Ilimmelreichs clarstelt, veranscbaulicht dieses zweite seine irdisch sichtbare Gcstaltung in der gegenwi.i.rtigen W eltzeit bis zuro W eltgerichte. 1 Die Deu1) Na.ch dcm Vorgu.ngc von Ifollzm. u. Ew. hat Wciss mit unbedcutenden Gründen die Ursprünglichkcit dieses Glcichnisses in Ab1·ede gcstclt und dfl.rzuthun versucht, dal~ die Angabc v. 2!í wie das Unkraut unter den Waizen gekommen sei, ursprüoglich dem Gleichnisse nicht augehürt !in.be, somlcrn erst von
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Mo.tth. XIII, 31-33.
tung gibt der Herr den Jüngern erst v. 37-·:13, nachdem er die Volksscbaren entlasscn hattc und no.ch Hause gegangen war. In v. 31-33 folgen noeh zwci kurze Gleichnisse; v. 31 f. die Ferg/eicltung des Himmelreicl1s mit einem Senfkorne, welches im Volksmunde als der kleinstc So.me galt (vgl. 17, 20 u. Lighlf. ltor. ad lt. l.) obwol es noch kleinerc Samcnarten gibt, aber zu einer baumartige~ Staude. aufwlichst, auf deren Zweigen Yogel ausruhen. 2íva:ilt der Scnf wird teils von einem Staudengewü.chse, teils von eincm Baume, der salvadora persica, gewonnen. Der Baum erreicht cine Hohe v-0n 10-25 Fu8, mit vielen Aesten nnd gesticlten ovalen Bl1Lttern, aus doren Achseln gelblicl1grüne Rispenb11i.tter mit cinsamigcn Beerchen von senfürtigem Geschmaekc hervorwaehsen. Man hat den Baum nm Ufer des todten Meeres 'gcfundcn; hli.ufiger komt crin Aegypten vor. Die Senfstaude wurde in G!i.rton gezogen, naeh talm. flfaaserot 11'~ 6; und d¡QÓ; bezeiehnet nieht blos das Ackerfeld sondern aueh das Gartenland Da in dem Glciehnisse das Senfkorn zu eincr· Pfinnze orwiie!i.st, die an Grü6e alle nudcren lázava GcmUsepflanzen übertrift; so hat man nicht an den Scnfbaum, sondcrn an dio Senfstaude zu denken, die bei uns nur einige Fu6 hoch wird, in Syricn aber üftcr S-12 Fu6 Hohe erreicht. Seharen von klcinen Vogeln setzen sich auf die schmnlen zUhen Zwcigc, um die Samenkorner wegzupieken; vgl. Fiwrer im Bibellex. V, 280 f. r.caaax1¡vovv sieh aufhalten, nicht: nisten; s. zn 8, 20. - Dioses Gleichnis veranschaulicht treffcnd die i·iiumliche Ausbreitung des Reiches Gottes von geringen An:fángen aus über die Erde zu einer Stii.tte der Ruhe und des Friedens für die Vülker. - V. 33. Dcr rii.umlichen Ausbreitung in der Welt geht zur Seite die intensivo welterneuernde Kraft des Himmolreiches. Diese veransehaulieht das Gleiclmis vom Sauerteige, den ein Weib in d1·ei Ma6 Mehl verbarg d. h. einmengte, bis alles durehsii.uert war. 2d1:01J das hebr. h~t?, dor dritte Toil des Epha, war das gewühnliche Quantum Mehl zur Bereitnng der Brotkuchen für eine reiehliche Mahlzeit, Gen. 18, 6. Richt. 6, 19. 1 Sam. 1, 24. Die Bestimmung des Raumgehaltes des Ephn ist noeh streitig; vgl. m. bibl. Archli.ol. S. 605 f. ·- Der Verdem Evangelisten um der Deutung v. 89 willen hinzu~fügt sei, niimlich zur Erkliirung dcr 'fhatsachc, wic immer wicdcr dn.s Biise JDS Gottcs1·eicl1 sich eiuschloichcn ko.nn. Wie es ein NaturverhaltDis sei, welches immer und überall wiederkehrt, dal.i auf dem mit gutem Wnizen besilcten Acker über Nacht auch Afterwaizen aufwiichst, so sei es ebenso eine allgemeine Erführung, da./.i im Gottesreicbe, das seiner Natur na.ch nur Gerechtc enthalten soll, im La.ufo der Entwiekelung unverseheDs o.ueh solehe hineinkommen, welehe sieh spater a.Is únechte Glieder ausweisen. Hiernach sci es für die Pointe des Gleichnisscs vollig gleich~ltig, a.uf welche Weise das Unkraut in den Waizen gekommen. Denn die Pomte liege eben uur in dem Gedanken, da/.i elle Scheidung der Gottloscn von den F1·ommen erst am Abschlusse dieser Weltzeit erfolgen soll, weil sic wiihrentl der Eutwickelung doch nie mit Sicherheit vollzogen werden kfümc . .Allcin diese ,Pointc• würde den in Frage gestelten Zug des Gleicbnisscs doch nur in dem Fallo überflüssig machen, wei:n das Bose zum Wesen der geschaffenen Welt gehOrte, nnr eine dem Guten anhaftencle Unvollkommenheit odcr cin ,,Naturverhii.ltnis" der menschheitliclten Entwickelung wiire.
Mattb. XIII, 34-36.
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glelchungspuukt licgt in der Wirkung, welche dcr Sauerteig auf das l\fohl d. h. die zu Teig bereiteto l\fehlmasse nusübt, daG cr diesen Teig vcrmüge der Durchs!iuerung zu schmackhaftom, das Leben nil.hrendem Droto macht. Dor Saucrteig ist Bild der unsichtbar wirkendcn Kraft des in dem Himmelreiche dcr Welt und Menschheit mitgeteilten geistigen Lebcnsolemcntes. In der Dreizahl eles MaBes Hindeutuugen auf die Gricchcn, Juden und Samaritcr (Tlteod. Jlops.) odcr auf He1·z, Scclc und Gcist (August., i1lelancllt.) suchcn zu wollen, ist allegorisches Spiel, das dem Texte feme liegt. In v. 3,i. f. weist der Evangelist darauf hin, daB das Reden Jcsu in Glcichnisseu dcr im .A. T. vorgebildeten Verkündigung dcr güttlichcm Ilcilswege mit Israel cntsprach, Jesus also auch durch diese Lehrwcise sich als Vollcndcr des Reichcs Gottes zu erkennen gab. '.l'i:tiiu' 3Uh'u' alle diese (von v. 3 an vorgetragenen) Lc:>hrei;i übcr das Himmckeich. Dio Antithcse: ,,ohne Gleichnis rodete er uichts Zll den oxJ.0ti;" ist uach dom Contexto auf dio damalige Zcit zu bcziehen, wie schon Eutll. Zi!J. bcmerkt hat. Dio Wortc in unbeschrilnktcr Allgcmeinheit zu füsscn, wic Bg.-Crus. u. Ill{f{. wollen, würc na.ch der richtigen Bomerkung von Mey. die gro6te Ungereimtheit. Auch ist gar nicht abzusehen, wie daraus, daB hcrnach noch andero Parnbeln folgcn, die Nicl1tursprünglichkeit dieser Reflexion an diesor Stclle (Weiss) sich ergcbcn soll. ct).nroi; xl17(>0Jf>?i sczt nieht eine dirccte, sondern nur einc typisehc WciBagung nuf Christum vora.us. Der citirto Ausspruch ist aus Ps. 78, 2, cinem Lehrgcdichte Asap11s, welehes /Jelitzsclt im Comment. ,ein Warnungsspiegcl clcr Geschichte von Moso bis David' übersehrieben ho.t, indcm Asaph die Gcschichte dcr ViLter siunspruch- und rlithselartig vortrügt, dafi sic zu einer Po.rabel d. i. Lehrgeschichte für die Zcitgenosscn wird. Diése Bclehrung des Volks in parabolischer und riLthsolartiger Form bctrachtct i\fatth. als cincn vom Gcistc Gottes intendirten Typus auf die Lehrwcise Jesu, den o.xJ.oc~ die Gehcimnisso dos Ilimmelreichs in parabolischer Hüllc vorzutragcn. .Asnph hoiBt 2 Chr. 29, 30 n~h und· wil'd demgcmaB von Matth. :JrQOffJ~'t1J<; genant. Das von Tisclt. 8 nach ~*, 5 i\Iinusk. u. etlichen Codd. der !tala aufgenommene 'Huatov ist cinc schr altc Glosse, die schon in den llomil. Clem. 18, 15, sowie von Porpltyr., Euseb. u. Hiet·on. erw!l.hnt wird. Das Citnt ist ged!t.chtnismiLSig nach der LXX: ávolsw tv ;caQa{JoJ.ai<; (hcbr. :.~~~) 't'o m:óp.a µov,
ro
318
Matth. XIII, 36-41.
Waizcn. .Als Jesus die Volkshaufen entlassen hatte, ging e1· iu dns Haus, von welchcm aus er nach v. 1 sich an das Meor begebe11 hnttc, um vom Schiftb aus zum Volke in Parabeln zu reden, und erklttrto den Jüngern auf ihre Bitte die Para.bel TWV ?;tbavlrov i-oií ªYQOV von dcm Lolche des Ackors. Durch diese BezeiChnung der Para.bel ist augedeutet, daB das Unkraut unter dem mit Wnizeu beslieten Acker dio Spitze dieses Gleichnisses bildet. P(J
l\fatth. XIII, 42-4!i,
319
V. 42. ,,Und wcrden sie in den Fcuerofcn wcrfen". Der Fouerofen (Dan. 3, 6) ist Bild der Hollenstrafon, vgl. Apok. 20, 15. ixa llau.u ó xJ.. wie 8, 12. - V. 43. ,,Alsdann (nach Ausschei
avwv
320
Ma.tth. XIII, 47-52.
V. 47-50. JJie Vergleicllunu
Ma.tth. XIII, 53.
321
tische Besehrü.nktmg und will xcuva x . .7Wl..má durchaus nicht auf ctwas Einzelnes beschríinken, sondern darunter nach Inhalt und Form bisher Unbekantcs und scbon Bekantes verstehon, z. B. die prophetische WeiBngung zum Alten, den Nachweis ihrer Erfüllung zum Neuen; die Gebote desGcsetzes zum Alten, ihro Weiterführung und Vollenduug, wio sie Christus in der Bergpredigt c. 5 gegeben hat, zum Neuen, die Form bereits gebrii.uchlicl1er Parabeln und Bilder zum Alten, die mes· sianische Lchre, .wolche darin gekleidct wird, zum Neuen rechnen. Dagegcn denkt Weiss bei dem Neuen an die neuen Warheiten über das Wescn des Gottesreichs und bei dem Alten an die altbekanten Ord· nungen der Natur und des Menschenlcbens, denen, wie die Parabeln gezeigt haben, die ewigen Ordnungen des Gottesreiches entspreehen. Allc diese Naberbestimmungen des Neuen und Alten onthnlten l\foment~ dar Wnrheit, ~ie sich mit einander vereinigen lassen, so daB keine nus· zuschlieBen sein müchtc. V. 53-58. Verachtung Jesu in Naza.ret. Vgl. Mrc. 61 1-6.1 Nach Beendigung der Gleichnisreden begab sich Jesus von dort, wo er am galiliiischen Meero diese Rede gehnlten, in seine Vnterstadt Nazaret und lehrte in ihrcr Synagoge so, daG sic (die Bewohnor Nnzarets) darüber vor Erstaunen auBer sich geriothen (lx¡rl..1Í<1úEa8-m s. zu 7, 28) und spmchen: ,,Woher diesein diese Weisheit und die Macbtwirkungen?" llm:Ql<; Vaterland, spitter aueh Vaterstadt, hior Nazaret, wo Je· sus aufgewachscn war 2, 23: av1Jet¡royi¡ mh·ro:¡.• ihre .(der Nazaretaner) Synagoge. llÓ{hv 1:0vi-cp ~l.. fragen sich dio Lente, weil sio dio Herlmnft und den liu6eren Bildungsgang Jesu Imnten, vgl. Joh. 6, 41 f. 7, 15. -rofr> ist verachtlich. ovvá,uw; Erweisungen übernatürlicher Ifrafte, Wundorthntcn, vgl. 7, 22. Nach ihror Meinung ist Jcsus ja 1) Diese Geschicht-e wird seit Scl1lticrmaclu:I' von du IV., Baw·, Bleek, Kü.911., Bull::.111., lúiin u. A. mit dem I,uc. 4, lG-30 berichteten Vorfüllo in Na.zaret identificirt, dngegen nicht nur von Ston", f'a11T., Wie.~clcr (chronol. Synopse S. 284), Ebranl und (Jodet, sondern auch von Ew. u. Mt:t/· fth· eine Begebenheit geba.l· ten, die sich bei cinem spii.teren Besuche Jesu in Nazaret zugetmgen ha.t. Für clic ldentitii.t spricht weiter nichts, als dal1 Jesus beide l\fole in der Syuago~e und am Sa.bbate auftra.t uud da - al1er freilich in sehr ve1·scbiedenem Mn~e Widersprucb fünd, sowie da(;. er beide Ma.le das Sprichwort von dem Pro1iheten (v. 57 vgl. Mrc, O, 4 u. Luc. 4, 34) auf sich anwendet. Alles Uebrige ist gn.uz verschieden. Bci Luk. gerathen die Nazaretancr über die Verküudigung Jesu dermal!en iu Zorn, da.¡;, sie ihn aus der Stadt stienen uud von einem Felsa.blmuge llembstüt·zen wolten, so da~. Jesus uur durcb cin Wuntler dem Tode cntginl¡I'. Dei Matth. u. Mark. verlii.uft allcs fricdlich; Jesus vel"liillt dio Stadt uur, wc1l er um des Unglnubeus ihre1· Biirger willen (lort nicltt viel wirkcn kann. Wenn nucll das von Luk. erziihlte Fa.etum niebt in den ersten Anfüng des mcssia.nisclLen Auftretcns Jesu fiel, so kann doch Jcsus immerhiu wiilLrend seiner galilii.i.· schen Wirksamkeit zweimal nnch Na.zaret gekommen sein, und na.ch der Feindseligkeit, tlie er dort dns erste l\fal (unch Luk.) erfahren hntt-e, spii.ter noch einen Yersuch, die Predigt des Evmteliums dort zu erneuern, gemacht ha.ben. ,Wie oft ist Jesus nieht nach Jerusalem gegangen, wo die Geführ doch unencl· lich groller war' ( Wie.•eler). Eine Wiederholung des Sprfohworts über die Nichtachtung des Propheten in seincr Vaterstndt aber bei iilmlicher Vera.nlnssung ha.t ga1· irlchts Auifüllendea. Reil, Qomm. z. EvnugoJ, l\lRtth. 21
322
Matth. XIII, 51·-58. XIV.
des Zimmcrmnnus (Josephl Sohn. Nnch Mrc. G, 3 11en11eu sic Jcsun1 sclbst ó dr.:r:ow, weil cr vor scinem mcssinnischeu Auftrctcn sich au dcm Handwcrko scincs Pflcgevnters beteiligt babcn mocbtc..Auch kou11en sic seine l\fotter und alle scine Ycrwnndten. Ueber die düeJ.rpol tmd c!ói:l..rpal Jcsu s. zu 12, 46 ff. Der Name des cinen Brudcrs lautot nnch der von Le/un. u. Tiscll. 8 nnch N 2BC, ctlicbcn l\Iiuusk., Vcrss. u. Kcbvv. (Orig., Eus., Híeron.) aufgcnommcucn Lcsart.!Iroa1j
Cap. XIV. Enthauptung Johannes des Taufers; Speisung der Fünftausend und Jesu vVancleln auf dem Meere. Durch ~v tr..dv
:ilfatth. XIV, 1. 2.
323
sprünglicher als clic bci Matth. zu balten, wcil die Erztihlung der Gefangensetzung und Enthauptung des Tüufers bei Mark. wie bei Matth. an dieser Stellc nur nnchtriiglich eingeschaltet ist, um das Urteil des Hc1·odes über Jesu Wirken zn motiviren. V. 1-13. Des Tetrnrchen Herodes Urteil übe1• Jesum und verführen gegen Johnnnes den Titufer. Vgl. i\frc. 6, 14-29. Luc. 9, 7-9 u. 3, 19 u. 20. - V. 1 u. 2. Herodes dor Tetrarch (bei 1.fark. ungenau {Ja
21 *
324
l\fattll. XIV, 3. 4.
Kaiser entthront und nnch Lyon in Gnllien verbannt wurde mit seiner Gattin, die ilm im Unglückc nicllt verlassen wolte, und hernach in Spnnien stnrb (Jos. Antl. XVIII, 7, 1 u. 2. l>ell.jud. JI, 9, 6). Die in y, 6 orwahnte Tochter der llcrodins, die TiLnzerin, wnr in der Ehe mit Herodes Pbilippus goboren und von dcr Mutter dem Herodes Anti- , pas zugebracht worden. Sic heimtete spi.\.ter den Tetrarchen Philippus, den Stiefbruder ihres Vn.ters (Jos. Ant. XVII!, 5, 4). Vgl. Winer RW. I, 484, Gerlaclt, die Familie des Herodes im N. Test. (in d. Ztschr. f. Iutb. Theol. 1869 S. 32 ff.) u. Scltü1·er, neutostl. Zeitgesch. S. 232 ff. Der genuBsüchtige Tetrarch Antipas mochte bisher von dem Rabbi und Wunderthü.ter Jesus keino Kunde erlialteu habcn, weil cr mit Aretas in Krieg verwickelt und von seiner Residenz Tiberias oft abwesend wnr, wol auch um religiOsc Dinge sich wenig bekümmcrte, so dnB er erst bei Rükkehr in seine Residenz von dem imrner mehr Aufsehen im ganzen Lande maehenden Wirken Jcsu hürte ( ?:1}v clr.0~1' 'lr¡aov wio 4, 24). Das ibm z:ugekommeuc Gerücht versezte ihn in Furcht, so da8 cr zu seinen xai&E~ Sklaven, worunter seine Hofbeamten zu verstchen sind, spraeh: ,,Diescr ist Johanncs dcr Tiiufer; Er ist von den Todtcn auferwekt wordcn; dcshnlb wirken die Wunderkriifte in ihm" (óu( 'l'Ovro dcsbalb, wcil er kein sterblicher l\fonsch, sondern von don Todten auferstanden ist). Aus dieser AcuBeru11g des Herodes folgt nicht, daB Herodes wirklich an die Auferstelmng dcr Todtcu glaubte, sondern nur, daB ihm der pharisiUsche Glaubc an dio Todte11auferstebung bekant war. Doch lil.Bt sich aucb aus Mrc. 8, 15 vgl. l\:rtth. 16, 6 nicht mit Welst. u. Beng. folger11, daB Herodes cin Saddueacr war. Dureh die vcrschiedcncn im Volke über die nuBerordentliche Erscheinung Jesu umlaufendcn Meinungen wurde sein schuldbeladcncs Gewissen so nufgl'regt, daB aberglliubisehe Fureht ihm den Gedanken eingab, der gro.Be Wunderthü.ter Jesus mücl1te der aus dem Hades wieder leibhaftig ins Leben zurückgekehrte T!Lufer Johannes sein. Da8 diese Meinung ihm nur von der Stimme des büson Gewissons eingegeben war, ersieht man deutlich aus der ausführlichoren Erzü.hlung Luc. 9, 2 ff., nach wekber Herodes, a.Is or von Jesu wunderbaren Thaten hOrtc, in groBc Verlcgenlrnit gorietl!, da etliche sagteu: Johanncs ist von den Todten nuferstnndcn; etlichc: Elins ist erschicmen¡ nnderc: eincr der alten Prophetcn ist aufgetreten ¡ Herodes aber sagte: den Johanncs 11nbe ich küpfen fassen, wer ist denn dieser? In dicser Vorlegcnheit mochte er auch dio erstere Meinung momentnn für glaublich hnltcn, welehe Mntth. u. Mnrk. nis seino Aussage erwilhnen. V. 3-12. Um diese AeuBerung des Herodes zu e1·ld!i.ren, berichtet l\fatth. nachtrüglicl1 das Lebensendo Johannes des Tü.ufcrs, welehes Luk. scbou 3, 19 f. mitgeteilt bat-. Herodes hatte nümlich Johannes greifen lasscn, gebunden uncl ius Gefü.ngnis gesezt wegen der Herodias, des Weibes seines Bruders Philippus, weil - wie v. 4 erliluternd weitcr bomerkt wird - Johannes ihm gesagt hatte: ,,Es ist dir nicbt crlaubt sie zu haben", ni.imlich als dein Weib. Der Tiiufer hatte demnnch dio Ehelichung cler Herodias nls gesetzwiclrig (Lev. 18, 16. 20, 21) gerügt.
lfatth. XIV, 4.
325
Die Aoristo in v. 3 u. 4 sind im Sinne des Plusquamperfects gebraucht, weil die SiLtze nachtragliche Angaben enthalten; vgl. Winer Gr. S. 258.1 - Den Ort, wohin Herodes den Tiíufer gefangen setzen lieG, nent J.g§f,pk ( Antt. XVIII, 5, 2) J}foxmQ.of;.r;, ein auf einem hohen, nach allen vier Seiten in tiefe Tbaler steil abfallenden Berge gelegenes Kastell, am südlichen ~es .Zt::rll':_a lVfa..filR; von Alexander Jannüus erbaut, von Gabinius zerstürt, aber von Herodes d. Gr. zum Schutze gegén die .A.rnbcr .an der Grenzc wiederl1ergestelt, indem er eine Stadt von bct1·achtlichem Umfange anlegtc und mit starken Mauern und Thürmen umgab, aus der man in dio Festung hinaufging, und das SchloB auf dem Gipfel des Bergs mit einer starken l\fa.uer und Eckthürmen von 160 FuB Hohe versah und in der l\:litte einen gerilumigen prachtvollen Palast erbauen lieB (Jos. bel!. jud. Vil, 6, 2 f.). Ruinen die· ses Orts untcr dom Namen 11J'kcdh· hat Seetzen (Reise II S. 331) entclckt auf dem hohen Gipfel des langcn Berges Attarus, und zwar an dessen Nordende, nahc am Südufor des Zerktt 1Jlaein. -- Ueber die Zeit der Gefüngensetzung des Tüufers haben wir schon S. 122 bemerkt, daB sie sich nicht genau bestimmen lassc. .A.Is Grund der Einkerkerung gibt Jos. ( Antt. .XVIII, 5, 2) an, Herodes habe getürchtet, Johannes müchte bei dem groBen Ansehen, das er im Volke genoB, einen Aufstand erregen. Diese Befürchtung halten viele neuere Ausll. für die eigentliche Ursa.che, und die von den Evangelistcn erwii.hnte Rüge der blutscMnderischen Ehe des Tetrarchen nur für einen von ihm benuzten Vorwand. Allein der Bericht des Josepl1. über dieses Factum ist so dürftig gehalten, daB wir die von ihm angegebenc Ursa.che der Einkerkerung des Johanncs für nichts weitcr als eino subjective Reflexion dieses den Bcgebenheiten forn stehenden Historikers halten künnen. Die Geführ, daB Johannes eincn Aufstand des Volks hii.ttc erregcn künnen, wnr µurch seinc EinschlieBung in dem un der Grenze Arabiens liegcndcn Bergscblosse beseitigt. Warum lieB Herodes ilm denn spüter tüdten, wie .Tos. doch auch berichtet, aber olme einen Grund für diese l\faBregel zu nenncn. Die TOdtung des Eingekerkerteu erwühnt Jos. nur, um zu bemcrken, daB das Volk die Nicderlage des Herodes im Kriege gegen A retas als cine gottlieho Stra.fe für die TO
326
Mn.ttl1. XIV, 5. 6.
~BOEGJ{LM al. geschüzt, so daB man nicht berechtigt ist, ihnfür eine aus Mrc. 6, 17 hereingekommene Glosse zu halten. Uober diesen Philippus s. oben S. 223. V. 5. ,,Und obwol er ihn toclten wolte, fürchtete er doch das Volk, weil sie ihn für einen Prophetcn hielten" d. h. als solchen achteten. vgl. 21, 26. Mrc. 11, 32. sxew ni•a eineu ha.ben, hn.lten wie hei.Bt; ihn dafür halton uncl achten. Die Einwendungen von lfley. gegen diese Auffassung laufen auf bloBen Wortstreit hinaus. Wenn die Griechen sagen: einen wie sein Kind ha.ben, so heiBt dies nicht blos: zu ihm ,:\'de zu seinem Kinde stehen, sondern auch ihn für sein Kind halten und achten. JUark. hat dies v. 19 f. so ausgeführt, daB die Herodias ihn todten wolte, alJer nicht konte, weil Herodes den Johannes fürchtcte und ihn als gorechten und heiligen Mann erkant hubend, violes that, was er von ihm gehürt hatte, und ihn gerne Mrto. Mit dieser Ausführung will l\fark. offenbar deutlich machen, wie Herodes nach der Enthnuptuug des Johannes darauf verfollen konte, bei der Kunde von Jesu wunderbaren Thaten in ihm den wieder nuferstandenen Taufer zu vermuten. Die Sache betreffend aber ist es wol müglich, daB Herodes, wenn er in seinem Pala.ste zu 1.Vfachii.rus residirte, aucli zuweilen den dort gefangen gebaltenen Johannes vor sich kommen lieB und sich mit dem vom Volke fUr eiuen Propheten geacbteten strengen Sittenprediger unterhielt, auch manches Wort von ihm beaehtete, weil er sich des Eindruckes, eincn gereehten uud heiligen Maun vor sich zu ha.ben, nicht erwehren koute. Aber ihn wieder frei zu lassen, dnzu konte er bci seiner Charakte1·schwii.che sich nicht entschliellen, weil sein Weib Herodins wegcn des Tadels ihrer ehebrccherischeu Verbindung mit Herodes tüdtlichen HaB gegen den rücksichtslosen BuB1,rediger im Herzen hegte. Dei· Widerspruch dieser Relation des Mark. aber mit dcr kurzen Angabe des Matth., dnB Herodes den Tliufer tüdten wolte, aber durch Schou vor dem Volke davon zurückgehalten wurde, HLBt sich aus dem Charakter dieses Tetrarcl1en einfach so erkliiren, daB er im crsten Aergcr über den Tadel seiner Ehe mit der Herodias ihn tüdten wolte, S})iiter aber einer besonncren Ueberlegung Raum gab. Eine Bcstittigung hiefür liefcrt v. 9, wornach der ihm durch Schlauheit dcr Iforodfas allgc~rungeno Befohl zur Tüdtung dessolben ihn betrübte. V. 6 ff. Als nümlieh bei der Fcier seincs Gcburtsta.gs die Tochter des Herodes vor den versammelten Gasten tanzte, ge:fiel ihm dieselbe so, dn.6 er eidlich versprach, ihr alles zu gewühren, was sie immer bitten würde ¡ nach :M:ark. mit der Beschrilnkung: bis zur Hülft-0 seiues Künigreichs. Da fordertc diese auf Antrieb ihrer Mutter, daB das Haupt Johannes des Tilufers auf einer Scl1üssel ihr gebracht würde. I'w{auc Geburtstagsfcicr; bei ])iod. Sic. 47, 18, Piiilo u. Josepll., wührend es Herod. IV, 20 von dcr jilhrliehen Erinncrungsfeier an Gestorbeno vorkomt., abcr nur in Bczug auf ihr Leben und ihre Geburt. Die Bed. Fcier des Regierungsa.ntritts (Grot., Wiesel. u. A.) ist sprachlich nicht zu crbil.rtcn. Uebcr den Gebrauch des Dativs ¡a•Ealot~ ¡woµl11ou; {nach ~BDLZ) von dor Zcit s. Winer §. 31, 9 (8. 265). Die Tochter
rog
Ma.tth. XIV, 7-12.
327
dcr Herodias und ihres crsten Mannes Pbilippus hiefi Salome, s. S. 324.
lv -r:qi µáaw in der l\füte des Festsaales, wo die Guste versammelt waren. Iht• Tanz war ohne Zweifel mimisch, und die Sitte, daB l\füdchcn bei Fcstgelngeu tanzten, von den Griechen angenommen. oµolo¡sl'v eig. eingestch<.'n, zugcben, danu auc_!l: versprechen. :JrQO{JtfJá~siv fürdern, wozu briugen odcr vcrmügcn. o.lúe bier im Snale, also sof'ort, ohno Verzug. - ..tlv:;n¡fhlc; bctrübt, nicht blos übcr die plützliche und blutige Wendun~, die ihm schmerzlich aufs Hcrz fiel (1}fey.), sondern auch darüber, daB er wider seinen Willen den als Propheten hoch ge{/aatJ.svc;), un1 achteten ilfanu hinopfern soltc, befahl dcr Herscher der Eidschwüre uncl dcr Giiste willcn, es Zll gcben. ó'ta 'íOt!I; ocnwvc; weil er das Versprechen nüt mc11reron Schwürcn gegeben hatte, und vor clen anwesenden Gasten nicht cidbrüchig erscheincn wolte. War schon das Versprechen unüberlogt und lcichtsinníg gegcbcn worden, deim das l\'.füdchcn Mttc ja auch etwas an sich zwar nicht Unsittliches, aber doch ganz Ungezicmencles bittcn künnen, was er ohnc Schü.digung sciuer Herscherstellung nicht gewü.hrcn durftc, so war das Haltcn dieses Eides mu der Gaste willcm cin Frevcl gegcn Gott, desscn heiliger Namc eutweiht uud gemiBbraucht wird, wenn man aus Menschengefülligkeit oder aus Scheu vor dem Urtcile der Menschcn cin Unrecht odor oine büsc That mit ihm dccken will. - V. 10 f. Die sofortige Erfüllung der Bittc des l\füdchens in der ungegebencn W eise war nur müglich, wenn das Festgelage im Palastc zu Machilrus gehalten wurde; nicht abcr, falls es in Tibcrias, der gewohnlichen Residcmz des Antipas, wie Gro!., Bg.-Cr. u. A. mcinten, odcr in Julias Pcrita's, wic Wi.esel. moint, stattgcfundcn Mtte. Deun von Tiberias war Machü.rus als südliche Grcnzfcstung zwischen Pcriia und dem Gcbiete des Aretas so weit entfernt, dafi für die Hin- und I:Iersendung mehrerc Tagc erforderlich wa.rcn; und auch Julias (odcr Livias) lag gegcn 3 geogr. Meilen von l\fachltrns entfernt, daB selbst mit Zuhilfenchmcn von Eilbotcn die Sache nicht an einem Tagc abgemacht werdcn konte. 1 - V. 12. Den Leich-
(o
1) Der .Annn.bme, dan die Festfeicr in Ma.chii.rus statthntte, stel1t auch gnr keiu triftiger Grund im Wego. Aus dem Berichte des Jo.~epl1. Antt. XVIII,;;, 1 über die Reiso der von Herodes verschmii.hten.ersten Gattin naeh lfoehams, um zu ihrem Va.ter Aretns zurückzulrnhren, lii.~t sich nicht clnrthun, daG diese Grenzfestung dama.Is zum Reiche des Aretns gehorte. Denn Jos. sagt l. c. nur, clall sie demselben tributpflichtig war (Ímou.l.ri•), woraus nur etwa folgt, da!; Aretas dort eine kleine Besatzuug zur Eíntreibung des Tributs l1ielt, 11icltt aber, dafS sie .zu seinem Reiehe gchürte. Aueh erzlihlt Jo.~. (XVllI, 5, 2) selbcr, da!; .Herodes Johannes den 'l'iiufcr zu Machlims eingekerlrnrt hntte, und gfüt damit deutlich· zu verstehen, da!; diese Festung nicltt im Besitze des Aretns, sondam des Herodes war (vgl. Uerl«ch a. a. O. S. 50 ff.). Hiezu komt, daG (.fo.
328
Matth. XIV, 12. 13.
nnm des Johnnnes besta.tteten seinc Schüler und kamen zu Jesu, dns Vorgefallene ihm zu melden. V. 13 . .A.uf diese Nuchricht hin entwich Jesus von dort, wo er sich damnls aufhielt, zu Schiffe an einen wüsten Ort, na.ch Luc. 9, 10 vgl. mit Joh. 6, l. 16 f. bei Bethsnida Julins in Ga.ulonitis, dem Gebiete des Tctrarchen Philippus (s. zu 11, 21). r.a"C, lólav allein, nemine assumiQ nisi discipulis. So riehtig Bengel, da 'Xm/ lólav den Gcgensatz zu o! oxlot bildet, die ihm zu EuBe d. h. zu uov xóJ.ww von den Stü.dten Lande den See umgebend folgten; Galilüa's her. - Streitig ist die Beziehung des cir.oíaa¡;;. Da unmittelbar vorher r.at bl-l>Ó1n:E¡;; &mí17ulav ?:e¡) 'Ir¡oov gesa.gt ist, so meint noch 11Jey. mit Dieron., Aug., .Eutltym., E1·asm., de W., Ew., f{eim u . .A.., daB das ohne andcrwcite Bcstimmung gesczte r.. dr.ovacu,; nicht anders a.Is auf jcnes ch~r1ulm' bezogen wertlcn konne. .Allein dabei ist ganz übersehcn, daB v. 12 noch zu der nachtritglichen Erzühlung von dem Lebensende des Taufers gellOrt, die zm· Erlü.uterung des v. 2 crwühnten Urt.eils des Herodes über die Aufseben errcgenden Wundcrwerke Jesu ei11geschaltet ist, und v. 13 die sachliche Eortsetzung von v. 1 u. 2 bildct. Denmach kann dr.ovaa~ nur, wie seit Chrysost. von den meisten .A.usll. gescbieht, nuf v. 1 u. 2 zurückbezogen werden. Nicht die Nacbt·icht von dcr Enthauptung des Tii.ufers, welche dessen Schülcr Jesu überbrachtcn, sondcm die Kunde, da.B Herodes a.uf das au.Bcrordcntlichc Wirkcn Jcsu nufmerksam geworden, ihn für den wiederauforstandcnen Tii.ufer zu halten geneigt war, veranlaBte Jesum, sich nn cinen wüstcn Ort bei Detbsaida im Gebietc des Tetrarchen Philippus zurückzuzichcn; aber nicht, wie mit de W., Renan u. .A. auch ,?ley. annimt, um müglichen Nachstcllungcn des Herodes Antipas zu entgebcn, denn wie würdc or dcmn gleich nm folgenden Tnge wieder nach Capernnum, in das Gcbiet dieses Fürsten zurückgelrehrt sein (vgl. v. 3·1 mit l\'Irk. u. Joh.}?, sondern um sich und seinen Jüngern einc Zeit der Sammlung und vertrnulicher Unterhnltung zu vcrschaffen (Godet zu Luk.). Da.ro.uf deutet sowol Johnnnes llin mit der Bemcrkung 6, 3 f., daB Jesus nuf einen Berg ging und sich mit seinen Jüngern dort niederscztc, und das Pascha das Fcst der Juden nahe war, nls auch die Bemerkung bei Mtth. v. 23, daB Jesus nnch der Speisung und Entlo.ssung des Volks, als die Jüngcr bereits die Rückfahrt angetl'etcn hatten, allein auf don Derg stieg, um zu boten. - Withrend die J obannesjünger die Enthauptung ihrcs i\leisters durch Herodes Jcsu mcldeten, überbrachten viellcicht bald darnuf die .Aposte! bei ihrer Rükkebr von ihrer Aussendung die Nachlicht von dem Eindrucke, welchon die Kunde von Jesu Wunderwcrken a.uf das bose Gewissen dieses Tetrarcben gcmncht bli.tte (v. 1 u. 2). Durch diese Mitteilungen wurde Jesus wol an die Nühc seines cigcncn Todcs erinnert, den cr am Pascha. des nü.chston Jnhres erleidcnsolte, wiemanaus 17,12 schlieBenkann, woJesusselhst auf den inneren Zusammenhang seines Todes mit dem Endgeschicke des Tttufers hinweist. IIiczn kam, daB Jesus auch seinen Jüngern, die nach Mark. u. Luk. von ihrer .Ansscndung zurückgekommcn waren, einige Erholm1g gonnen wolte, um vom Volke ungestürt mit ihnen übcr ihre
axo
l\fotth. XIV, 14-18.
329
:Mission zu sprechcn. So vcreinigcu sich die verschiedeuen Relationen der oinzelnen Evangclistcn, ohne daB es künstlicher und unnatürlicher llypotl.icsen bedarf. 1 V. 1'1-21. Die Speisung der Fünftausend. Vgl. Mrc. 6, i.10-4•!. Luc. 9, 10-17 u. Joh. 6, 1-15. - Aus dcm Evang. des Johannes, welches in diesem und dem folgendcn Abschnitte mit den syno¡>tischen Berichten zusammentrift, ergibt sich, dafi diese Begobe11heit in die Tliitte der galilli.ischen Wirksamkeit Jesu fült, kurz vor dem Pascha (v. 4), d. i. ein J:í.hr vor seinem Todesleiden. - V.14. llcrvorgehend aus dem einsamen Aufonthaltsorte sah Jesus viel Volk, empfand Mitleiden mit ibm und heiltc ibm Kranken. Mark. sagt statt dcsscn: er fing an sic vicies zu lehren. Das Einc schlicfit das Andero nicht aus; daher Luk. beidcs crwiihnt. - V. 15. Als es Abend gcworden - gemeint ist dcr erste Abend, die Zcit von 3 Uhr Nachmittags bis Sonnenuntergang (da dcr Tag sich zu neigcn bC'gann. Luk.), vgl. v. 23 wo vom zweiten .A.beud, der Zeit nach Sonnenuntergang dio Rede - spracheu die Jünger zu Jesu: ,, wüste (d. h. unbewohnt) ist der Ort und die Zeit schon vergangen. Entlafi also die Volkshaufon, dal3 sie in die Flecken gehen und sich Spoise kaufcn". ~ dÍ(Ja ist die Tageszeit, nicht die Esseuszeit (G1·ot., Weiss) oder die Zeit zu lohren und zu heilcn (Fritzsche u. A.). Sinu: die Zeit ist vorüber; es wird schon Abend. In den sav1:0tg liegt offenbar, daB die Jünget nichts für sic haben. Die angebliche Differenz, daB uach Job. v. 5 Jesus, als er viel Volks kommen sah, die Brotfrage aufwirft, nach den synopt. Evangelien erst am Nachmittagc, crkfürt sich cinfach daraus, dafi Johanncs nur die Hauptsachc, namlich die Offeubarung der Herrlichkcit Jesu in der wundcrbaren Speisung ins Auge fafit und das Nebeusltchlichc übcrgcht, wobei cr als sclbstversutndlich voraussezt, daG cine Volksmcnge von fünftausend :Manneru nicht auf einmal zusammengctroten war, und Jcsus die Zeit, w!ihrcnd welcher immer mehr Volkslrn.ufen herbcikamen, nicht untMtig zugebracht haben wird. Dagcgen ist Johanucs genauer in der Darstellung der Verhandlung Jesu mit seincn Jüngcrn übcr die Speisuug des Volkes v. G-9. - Die Antwort Jesu v. 16: ,,Sic haben nicht notig fortzugehen; gebt ihr ihncn zu csscn ", dcutet schon darauf hin, daB Er dem Mangel abhelfen konne. Als sic v. 17 orwidcrn; ,, wir haben nur füuf Brote und zwei Fischc (gerostete als Zukost zum Brote zu essen), 1) Wie die Verteidiger dcr Urma.rkushypothese sie haben erdenken müssen. So soll - um von der unbedachten und confusen Weisc, wie na.ch Wilkc und IJoltzuuwn l\fatth. den Mm'k. benuzt haben soll, zu sclnveigen - auch nach mi.<-< (Matth.-Ev. S. 3G9 f.) schon 11.fark. den Ilückzug Jcsu anders, als na.ch der Uebereiustimmung von Luc. U, 10 u. 11 mit Matth. 14, 13 anzunehmcn sci, motivirt ha.ben; Matth. aber soll die Botschaft der rükkehrenden Zwolf, die er nicht bringen konte, in cine Botschaft dcr J olmnnesjüuger verwandelt haben, die Jesum bewo~ zu cntweichen, um nicht durch füugeres Verweilen in seinem gewiilmlichen Wirkungskrcise die Aufmerksamkcit des schon furchtsam und argwohnisch gewordeneu Herodes a.uf sich zu ziehen; dabei aber soll cr in seiner Darstellung gernde das, worauf es in seinem Pragmatismus :mlca.m, nicht bervorgehoben und den Ausdruck bei M:i.rk. nn mel!reren Stellen in hOchst ungeschlckter Weise umgedeutet haben.
330
l\fatth. XIV, 19 -·21.
bieB er diesclben herbeibringen und gcbot dem Volk sicl1 über das Gras hin zu lagern. l.ict c. acc. wie 13, 2. Statt s:nl TOVg XÓQ'l"OVg habcn Lclun. u. Tisch. nach ~BC hl -roü J.ÓQ1:0v auf dem Graso recipirt. V. 19f. Dann nahm Jesus die fünf Brote und zwei Fiscbo, S}lrnch gen Bimmol aufblickencl den Segen (13-ÚJ.Óy1¡ai;), brach dio (kuchenfürmigen) Ilrote, gab sie den Jüngcrn nnd diese wciter den Volkshn.ufon ¡ desglcicben auch die Fische. Und alle a.Ben und wurden gcsiittigt, und hobcn die übriggebliebenen Brocken auf, zwülf Korbc voll, wtihrend der Esscmden doch gegen 5000 Miinncr waren ohnc W eiber und Kindlein. EvJ.óy17aE den Segen spraeh Jesus als Ilausva.ter; Luk. hnt EvJ..óyr¡a1311 mh:oLg er scgnete die Brote, auf die wunderbare Segnuug des Brotes hindeutend; Jobanncs: n~xacnar1jaccg da das Lobgcbct wcsentlich Dank für die Gottesgabe_war; vgl. 26, 26 u. 27, wo i;vJ.071/accg mit :;'ÚXet(.nanjaag a.lternirt. f;QctV sic nahmen auf von dcr Erdc, wo mait gcgesscn hattc. -có 3rt:Qt6GEVoV i-rov xJ.aa,u&-i:ow das Ucbriggebliebone von den gebrochenen Brotstücken. drocfoxa xo
Matth. XIV, 2~-26.
331
gespeist, dall sie dnrüber das Esson und Trinlren vergcs.~fm ltlittc, dazu aber nocb ihre mitgcbraehten oder in der Eile herbeigeschafften l\fonclvorriithe and:ichtig geweiht ha.be; teils du1·ch die Annahme eines aus alttesta.m~tlicben Vorbildem und messio.nischen Volkserwartungcn gebildeten Mythus (Stra11.~.~}, oder einer ideo.len Sage von symbolischer Bcdeutung (Hase, de W., Ewald). - .Alle diese Versuche scheitern schon an der Eiilstimmigkeit dcr vier evangelischen Berichte, und vollends an der Rede Jesu Job. 6, 26 :ff., welche die wundcrbare physischc Speisuug zur geschiehtlichcn Grundlagc hat und die Thatsiiehlichkeit des Wunders bezeugt. ·
V. 22-33. Das Wandeln Jesu a.uf dem Meare. Vgl. Mrc. 6, 45-52 11. Joh. 6, 16-21. Lukas hat diese Begebenheit nicht¡ und Matth. allein erwiihnt v. 28-31 den Versuch des Petrus, Jesu a.uf dem Meere entgegcnzugehen. - V. 22. Alsbald nnch der Speisung des Volks notigte Jesus die Jünger, in das Schiff zu steigen und voraus hinübel' in das jenseitigeLand zu fahren, bis er das Volk entlassen haben würde; worin lag, daB er daun nachkommen wolle, wobei die Jünger nur annehmen konten, daB er auf deh1 Landwege, der von Bethsaida Julias am Ufor hin nicht viel weiter als der Seeweg war, zurükkehron wolle. Der .Ausdrnck ~váyxmiEv zeigt, daB die Jünger lieber bei Jesu bleiben wolten. t"O ;¡¡;J.olov das Schiff, entweder dasjenige, a.uf welchem sie hinübergeführen waren, oder das dort zur .Abfahrt bereitliegende Schiff. i;lg :JCÉ(JaV wfrd von Mrk. v. 45 durch :iCQO<; Br¡fJ-aa'ióáv, bei Job. v. 17 durch dg [{a;;céQi•aotÍ/l nü.her bestimt. Da das galilii.ische Bethso.ida t nicht weit von Capernaum entfcrnt war, so ist die Differenz unorheblicb. - V. 23. Nfl.Ch Entlassung des Volks begab sich Jesus o.uf den (dort befindlichen) Berg, um zu beteu. Dies war offenbar schon seine Absicht, als e1· die Jüuger zum Abfahren nütigte. No.ch Job. v. 15 zog sich Josus auf den Borg zuriick, weil er merkte, daB das durch die wuudcrbnre Speisung fíir ihu begeisterte Volk ihn zum Konige machen d. h. als politischen Mcssias proclamiren wolte. Dieser Beweggrund schlicBt die Absicht Jcsu, sich i"n der Einsamkeit dui·ch Gebetsverkehr mit seinem himmlischen Va.ter für die Fortsetzung seincs \Verkcs zu stiirken, nicht aus, sondern HU3t sich damit Ieicht vereinigen, und ist von den Synoptikern nur übergnngen, wcil die Absicht des Volks nicht zur Ausführung kam. - V. 23h-25. Dort blicb Jesus bis zum Abend d. i. dem Spü.tnbcnd no.ch Sonnenuntei·gang, s. zu v. 15 . .Als nbcr das Schiff, auf dom die Jünger o.bgefahren, schon auf der Mítte des See's war und von den Wogen gequiUt wurde, weil der Wind entgegen war, kam Jesus in dcr vierten Nachtwachc zu ihnen, auf dcm l\ieere wand<.>lnd. Die vierte Nachtwache ist die Zeit frühmorgens von 3- 6 Uhr.
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1) Wieselcl"'.~ Annahme (Cbronol. Synopsc S. 274), da& dns am üstlichcn Ufer des See's gelegene Bethsaida Julias gemcint sei, als Mittelstn.tion, bis zu welcher die Jünger vorauffübren solten, hat schon Mey. als mit v. 24 (Mtth.) u. Joh. ti, 17 vgl. mit v. 21 u. 2<1, so wie auch schon mit els- ~o nieav v. 22 unvercinbar abgewiesen. Da nii.mlich die Speisung an einem üden Orte in der Nii.he von Betbsaida ,Julias stattgefundcu hatte, so konten füe Jiinger kaum nnderswo n.ls liei Uicscm Ileths•\ida das Schifl' besteigcn.
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Mattb. XIV, 26-31.
Die Einteiluug der Naeht in viel' dreistündige Vigilien hatten die Jnden von den Rumern angenommen. Früher teilten sic clieselbe in drei vierstündige Naehtwachen; vgl. Winer RW. unter Nachtwaehe u. m. llibl. Archliol. S. 367. chijJ.-IJ-e xQor; amovg besagt: er knm vom Berge weg zu ihnen. Le/un. u. Tisch. 8 haben dafüt• na.ch ~BC2 u. a. ~2-{}e x. a. aufgenommen. fal -,;~v {)·á2aaaav ( Lcllm. u. Tisclt nach ::t.B PJ'c¿je) über das Meer hin wandelnd, ist bezeichnender als die rec. l.irl. -,;ijg -{)·al&aa11r;, die wol nur aus v. 26 herübergenommen ist, wo ,,auf dem Meerc wandelnd" dem Gedanken mehr entspricht. Dal3 übrigens nach beiden Lesarten von einem wunderbarcn Gehen unf dem Wasser die Rede ist, nicht aber nach der wnnderscheuen Exegese von Paul., Gfr. u. Schenkel von einem Gehen am Seeufcr, kann nach dem Coutexte nicht zweifelhaft sein. - V. 26 f. Als di_e Jünger ihn auf dem Meerc wandeln saben, erschracken sie und sprachen: ,,Es ist
Mn.tth. XlV, 32. 33.
333
Iichen Beleg für den Nachweis lieferte, wie der Herr bcmüht war, seine Jüngcr nicht nur in die Gehcimnisse des Himmelreichs einzuführcn, sondern sie auch im rechten Gfaubcn an seine Gottheit zu befcstigen. Die andcrcn Evangclisten haben sic übergangcn, weil sie für die besouderen Gesichtspunkte ihrer cvangelischen Darstcllungen rninder wichtig erschien. Y. 32. Als sio (Jesus und Petrus) hieraufins Schiff gestiegen w:.iren, wurde der Wind stille. Johmmes berichtet v. 21: ,, Sic wolten ibn (Jesum) in das Schiff aufnehmen, und alsbo.ld gelangte das Schiff ans Land (wohin sic fuhren). Diese Verschiedenhcit ist mit Lutltardt daraus zu crkliiren, daB bci Joh. auch das sofortige Ankommen des Scbiffcs ans Land als ein wunderbarer Vorgang gefaBt ist, und lilBt sich so ausgleichen, daB Jesus schon seinen FuB auf das Schiff gesezt hatte, aber noch nicht in die Mitte seiner Jttnger eingetreten war, als das Sclliff schon am Lande anknm. Aus der Relation des Matth. u. Mark. liiBt sich nicht erkennen, wie weit das Schiff uoch vom Lande entfernt war, als Jesus und Petrus in dasselbe cinstiegen. Aus der .Angabe v. 24: ,,als das Schift' scbon mitten a.uf dem l\'leere war'', lüBt sich nicl1t, wie gewülmlich angenommcn wird, schlie.Ben, da.B damals schon Jesus nuf dem Meere wandelnd uachkam. Dies geschah Iaut v. 25 erst in der vierten Nachtwaehe, wo das Schiff troz des contraren Windcs dem Ziole der Fahrt schon nahe gekommen sein mochtc. - V. 33. Auf die Lente im Schiffc nmchte das wunderbarc Wandeln Jesu auf dem Meere und das Aufhürcn des Sturmes mit seinem Eintrcten in das Scbiff einen so mf~chtigen Eindruck, daB sie anbetend sprnchen: ,,Du bist in Warheit Gottes Sohn". Ol h• Ycfj ;;rl.olrp sind von TOVg µaO·r¡<ág (v. 22) zu untcrscheiden, do ch nicht als Gegensatz dazu zu fasscn. Es sind die Schiffsleute samt den Jüngern und andcrn Passagieren. ewv vió~ ohne Artikel ist nicht der Sohn Gottes im eigentlichsten Sinne, son~ dern nur Ausdruck dcr Anerkennung gütt.Iicller Mn.chtvollkommenheit, die freilich zur vallen Erkentnis seincr Gottheit führen kann, und cine viel hühere Vorstellung als die gn.ngbare l\.fossiasbozeichnung: Sohn Davids involvirt, aber doch nur cine Vorstufe des Glaub1ms an ihn als den eingeborcnBn Sohn Gottes bildet. Vgl. 16, 16. - Im Ev. des Matth. ist dies der erstc Fall, dafl Jesus von ;Jfensclum als Gottes Sohn bekannt wird. Die früheren Bekeutnisse sind "von dem Vcrsucher (4, 3 ff.) uud von Dü.moncm (8, 28) ausgesprochen worden. Nach Joh. 1, 50 nent schon Nathanael Jesum als Messias vlOr; TOV 1'hov. Iñ dicsem Bekentnisse der Augenzeugen diosos Wundcrs, welches übrigens imr l\fatth. bcrichtet, wiihrend l\fark. nur dn.s Stnunen und Entsetzen der l,eute erwithnt und die Verhfrrtung ihres Herzeus rügt (v. 51 f.), ist auf die Bedeutung dieser V01·gange hingewiescn. Das Eintreten der Wintlstillo nach dem Eintreten Jesu in das Schiff erinnert an die wunderbare Stillung des lieeressturmes durch Jesu Machtwort bei einer früheren Fn.hrt über den See (8, 24ff.), ist aber im vorliegen~ den FaUe nur ein untergeordnetes Moment, wo das wunderbare w~n deln Jesu n.nf den Mecreswogen den Kern der Geschichte bildet. So
o
334
Matth. XIV, 34. 35. XV, l.
langa die Jttnger ohne Jesum auf dem Meero fahren, sind sic von Wind und Wogen bedrangt. In dieser Bedriingnis komt Jcsus ihnen uncrwart-et und unerkant zu Hilfe auf cine Weise, welche einen tiefen Eindruck von seiner .Allmacht und Herschaft ttber alle feindlichen Gewalten diesor Welt aufihrc Secle machen mufite. Daraus solten sie lornen, daB er, wenn auch sichtbar und Ieiblich von íhncn getrennt, do ch mit seiner Geistesmacht ihnen na.he ist und a.lle Hindernisse auf íbrem Wege zu überwinden vcrmag. Sturmwinde und Wasserwogen sind ím A. T. Bilder der TrO.bsalo und Leiden, welche auf die schwachen Ste~b lichen einstürmen (vgl. Bngstb., Ev. Job. l. S. 355). Aber Ohristus wandclt den Sturm in Stille und ist den Seinen nahe, auch wenn sio íhn nicht sehcn oder in der Vcrzagtheit ihres Herzens nieht erkcnncn. Darin lag eine RealweiBagung auf seinc hilfroicbc NiLhc, dcren die Jünger nach sciner Himmelfahrt in der Ausrichtung ihres Berufes, und dio Gemeinde Jesu Ohristi aller Zeiten in den über sic hereinbréchen~ den Anfecbtnngen und Trübsalen sich getrosten konnen. Um aber dicser Hilfc tcilhaftig :rn werden, dazu ist volliges Vertrauen auf seinc gottliche llfachtvollkommenheit uncrlii.Blicbo Bedingung; dies solte dcr Vorgang mit Petrus lehrcn. V. 34 u. 35. Vgl.1\frc. 6, 53-56. Als sie nach der Ueberfahrt ins Land Genezaret kamcn und die Nacbricht von Jesu .Ankunft sieh verbreitete, brnchto man aus der ganzen Umgegend alle Kranken zu ihm, welche baten, nur scines Klcides Saum anrührcn zu dürfeni und die dieses thaten, wurden geheilt. Eine summarische Bemerlmng, ii.hnlich der in 4, 24, wclcbe zu dem weiteren Berichte seiner messianischeu , Selbstbezeugung c. 15 ff. überleitet. I'i¡ I'wvr¡GaQb: ist die nnnmtige und sehr frucbtbare Ebene, die sich an 30 Stadien lang und 20 Stadien \ breit am Westufer des galilli.iscben Moeres hinzicht ( Josepll. bel. jiul. 111, 10, 8), jezt el Ghwveir d. i. das kleine Ghór genant. S. Furrer in Scl1enk.'s Bibellcx. nr, 328. Ueber den Namen I'8VV1}úaQÉ:1: s. ZU ~.-iS- Statt der rec. ele; T1¡i1 ;~v I'evm¡a. hnt Tiscli. 8 nach ~BCJ)T"LI lxl tjv 71jv de; I'ev1,1r¡a. ,andas Land nach Genezaret' aufgcnommcn, was ursprünglichcrsoin mng, da clic Rec. nur vereinfachendo Zusammenzichung zu sein scheint. ébn:w{}m wií r.Qaú:rdóov wio 9, 21. - ÓÚiúCÓfJr¡aw.1 sic wurdcn durchgcrcttct, so daB sic ithnlich dem blutflüssigcn Weibe sofort yon ibrcr Krankhcit ganz gebeilt wurden.
Cap. XV. Handewaschen und Menscheusatzungen. Das cananaisch~ W eib. Speisuug cler Viertausend. V. 1-10. Hündewaschen und Menschensntzungen. Vgl. l\Irc. 7, 1-23. - V. 1 f. '.'l'ÓTE damals, als Jcsus im Lande Genc:mret weiltc, traten Pbarisüer und Schriftgelehrto von Jerusalem 1 zu ibm hcrnn mit 1) ln
V.
1 fautet der herkfüumlichO '.l.'ext: ol
ano 'JE(!OtI. ')f(!rtµµm:r/ir "f
cJ>aetar
wofür Lcl!.m. u. Tisclt. 8 nach
~BD,
/(iil111l'r II S. 4i3 tf.), einigen Minusk., Verss. u. Kchvv. &mi
335
.Matth. XV, 2-4.
dcr Frage: ,, Warum übertrcten deino Jünger die Ueberlieferung der Aeltcstcn? dcnn sic waschen nicht die Hü.ndc, wenn sie Brot essen" (tl. h. VOl' der_.'MMlz.cii; dcnn c((líOV fo8.fov Cl'J~ ~;l-$ ist S. V. a. l\fohlzeit baltcn). - IIaoáVo
=
'Tf(!otr. if>a(!tlf(ttot
7.. r(,la,u,u(lut~
(ohne den Artikel) aufgenommen haben: von
J crusitlcm gckommene Pharisiiei· u. Schriftgclehrtc. Da nun Mark. sn.gt: ol P«Qt
336
Mntth. XV, 5. 6.
ten, verilchtlich behaudcln, schmilhen, flucheu. ,,~prechet:
Ws.r
trg~µ_<,l...ikm....Yª1rx.íl.d.cx-.dcr..J.\1utt~t-haJ!fill..JY.ir.d : O.pJ..QL.J§.L~, ~!ltirg~.YOUJU.ir wm Nutz.en-gohabt-hahen.. wiirckst, sQlLfillÍll..C.ll VJ!,ter und seino 1'1Il!ttcr wirklich nicht..ehr.en". Jm(>0i• entspricht dom
·hebr. W")~ O.Ef@:~mli~, welchcs iVIark. bcibehaltcn und für griechiscbe Leser durch erkl!irt llat. Gemeint ist ein durch Gelübde fur Gott oder den Tempel bestimtes Weihge.s.c..he.nl;:. se. ion ist t .,. ,:¡ fi I dt:tn o" ccm '' .. mrpE,..r¡v·w;; ' ' 'a .....-n¡n¡' P ra.. d.ica_?J.1..-1.+fJ!!...~en un d m1't ov' ,m¡ ~t der dem ó~ entsprechende Nachsatz. rorpEJ.Ecó{foÍ -r:t É!x nvo; ~Y.im jem. zum Nutze.nJ1cziehen, wic Tlmcyd. VI, 12, 2. Das xccl vor µrj des Nachsatzes haben Lclnn, u. Tiselt. 8 nach t:i.BOJJTc, l\Iinusk., Verss. u. Kchvv. weggelassen. Solte es ursprünglich sein, so würdc es den Nnchsatz mit Nachdruck cinführcn: r.ctl. wJ auch wirklich nicht. Das Futur. n,wjan ist durch 1:1.BC!JETal. so stark bezeugt, daB es der auf E*FG /{L¡Jf al. sich grüude11den rcc. nµ1]ú?l vorgezogen werden muB; kann aber nicht mit Grot., Beng., Olsh, Bl. (vgl. Winer S. 558): ,er braucht nicht zu ehren' übersezt werden, da diese Bcd. dern Futur. fremd ist, sond~rn nur entweder: ,er JVird sicherlich nicht ehre11' (Mey.), oder i.u!Perativisch: ,ro:...s.nlllviJ•klich nicht eb.reu' (Ew. u, ffo{Jn. Schriftbew. JI. 2,Jllll). Die Entschcidung zwischcn diesen beidcn sprachlich statthaften .Auffassungcn hilngt da von ab, ob dcr Sntz zur Rede dc1· Pharisller gcbürt oder als Ui1eil Jcsu über doren Redo zu fassen ist. Im lcztcren Falle muB man cine Aposiopesc der Rede annehmcn: ,,.lY.fLZ~ ••. spricht: Qnfm:g~.....I1:as..du..=,.,,_z.U, Nutzcn beziehcn küntrst'' se. !lfil:.._t)mt wol rli.u:au, oder: der ist fi:.ci V2_!1 ieu~rn Gelwte und an seinen Ko.rluln-geb.nn..dcm. Eine solche Aposiopese findet bei l\:Iark. wirklích statt; abcr dort ist der nachfolgende Satz anders gewendet und deshalb die Markusstelle für unsern V. nicht maBgebend. Gegen die Bcziehung des oti µJJ n,u. zm· Rede der Pharisaer hat lffey. ei11gewandt, dn.B cin dircctes Vcrbot aus dom Munde dol.• schlnuen Ileuchler weit weniger denkbar sei als die klügliche Aposio·pcso. Aber dieser Eiuwand erledigt sich durch die naheliegendc Annahme, daB Jcsus nicht ipsissima verba der Pho.ris[icr, sonil.fil.!L.dQJ.1 ilu:m:.JtcclQ.._:l:lL.G.tnn.d..c.1.icgende.n.....G:.eril~l!sgesproc~e11 hnbe. Wir ziehcn dahcr die Fassung diC5Cl' Worte als Nachsatz zu oc; Ctl.' rJ;q¡ vor, wcil Aposiopescn nur da anzunehmen sind, wo der Gedankenzusammcnho.ng sie notwendig macht. 1 Das Urteil Jesu über diese pharisü.ische Satzung folgt in v. 6: ,,llJlcl so habt ilu: d
uwoov
ocüoov
ov
ov
1) ~in seiner Ueberaetzuug: , Wenn ichs opfere, so ist es dir vicl nützer, dor thut wol', folgt der Vi1lg.: 111111111.• quodcmu¡ue ex me, til>i prodibit, mit Ergiinzung dcr Aposiopeae; wobei ov ,u~ ganz ignorirt ist.
Mn.tth. XV, 1-11.
337
wihen, solten nach dem mos. Gesetze durchaus Acte freien Entschlus-, ses sein, aber wenn sie ausgesprochen waren, gewissenhaft erfült werdcn. Da das Gesetz das Gcloben nicht vorschrieb und ausdrücklich erkliirte Deut. 23, 23, da.B die Unterlassung des Gelobens nicht Sünde' sei (vgl. m. bibl. Archliol. §, 66), so durfte cler lnhalt des Gelübdes natürlich nicht die Yernachlü.ssigtmg oder gar Uebertretung einer von Gott gebotenen Pflicht zur Folge haben oder in sich schlie.Ben. Dies \ gescbah aber, wenn jemand das, was er zum Unterhnlte seiner Eltern brauchte, durch ein Gelübde dem Tempcl weihte. DaB solche Gelübde )wirklich vorkamen, ersieht man aus Tr. Nedar. V, 5; R. Elieser hielt dD.S Gehot. des...Ebrens dID!-El.tol'a-:v-iel..JliJher o.ls alle GeJnhcle, aber die Weisen erkltirten auch Gelübde gcgen dieses Gebot für verbindlich· (IX, 1); vgl. rvetst. 1, p. -120. V. 7- 9. Nachdem der Herr seinen Gegnern den Widerspruch ihrcr Satzung gegen Gottes Gesetz nachgewiesen, dekt er ihnen noch die Unlaute1·keit ihrer JJwensgesinnu.n~ nuf, indem er sie HeuclllBJ· nent, und die W ei6agung des Propheten Jesa.j-0. von dem !Jnp~ifillst!l.. des Volks auf sie anwendet. Heuchlcr sintl sie, weil sie mit ibrem Dringen auf pünktliche Erfüllung der traditionellen Satzungen nur den Schein der Frommigkeit im Auge batten, aber das Wesen der Gottseligkeit verleugneten. Ka2wc.; WiWi d. h. tre1fllilh hat von euch Jesaja c. 29, 13 geweiBa.gt. Die citirten Worte: ,,dieses Yolk ehret mich mit den Lippen, aber sein Herz bii.lt sich ferne von mir¡ vergeblich verehren sie mich, indem sie Lebren (die) l\fonschensatzungon (sind) lchren", sind gedii.cbtnism!i.Big na@ der LXX angtlülu•t, wobei dns zweite Hemistich, welches im Grundtcxte lautet: ,, und ihr Mich-Fürchten ist gelernte Menschensntzung gewol'(leu", in freier Weise durch pán¡v cl'E at!povrnt r.i:l. wiedergegeben ist. Diese Weridung des Gedo.nkcns ontsp1icht dem Zweckc rler Anfülirung besser als der Wortlaut des Grundtextes. Jesus wolte seinen Gegnern dnmit zu verstehen geben, daB sie mit ihrem Eiforn für ihre Sclmlsatzungen nicht blos Gott nicht von Herzen verehren, sondern nuch da.8 diese Art Gott zu verehren..cin..eit:le1~{)ttesdianst sei (µár:caor; 1Jcn¡axEía Jak. 1, 26). µán¡v frusl1·a, Dhtl.c-fü:.µcht für He.rz unrl Leheu ( vgl. 2 Mkk. 7, 18); nicht temere (Yulg.) umsonst, d. h. ohne einen be.wegenden Grund im Ilerzen (Jley.). V. 10 f. Damit sind die Pharisaer abgewiesen, und Jesus wcndet sich zum Volke, dns bei der Verhandlung mit densclben im Hinter· grunde gestanden, ruft es hcrbei, UlJl..CS.Jih.Cl' cli~ in Red~§!ºbQ!l.Jilll.t..fil. D.igungfillatzn.ng zn heJelmm. ,,Hüret und verstehet ( dafi ihr versteht, Einsicht erlnngt) ! Nicht was in den Muncl eingeht (ii:g.end..ein.e mil- nu~gefaBte-Speise) verunreinigt den Menschen, sondern was aus dem l\Iunde ausgeht (d. h. unsiilliche-Reden, vgl. v.10), das verunreinigt den l\'Ienscbcn" (:r.otvol im LXX den '!i~r, entsprechend: macht gemein, profon, 1J,D.roin.). Jesus fa8t den gcsctzlichen Degriff von Rein und Unrein in seinor schriftmaBigen ~hischen.Bedetttung, welche \'Oll den Pharisüern günzlich verknnt wurde, ml.d..e1~kli.LJ±..Sp.eiruLuru,l Inwlt an rmd ffir i:;ich fl!J:••ein...A.diaphru:on, ohne da.mit die mos. Speisc-
l
=
icon, Comm. z. :Evongcl. Motth.
22
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Mntth. XV, 11-14.
gesetze aufzuheben, da diese auf ethischer Grundlage ruhten, obwol aus seinem .Ausspruche sich crgab, daB nur die denselben zu Gru11de liegende etJ¡isch-religiese....Idea.elv.Ig.e Be!lentungJiat, ihre Form nber mit der ganzen Institution des A. B. einer Wandelung unterliegen .kann. - V. 12 IT. Als hierauf die Jünger ihm sagen, daB die Phnrisü.er an diesem Worte Anstoil genommen, erwiderte er: ,,Jegliche Pflanze, die mein himmlischer Vater nicht gepfianzt hat, wird ausgerottet werclcn. Lasset sie; sie sind blinde Wegführer der Blinden; wenn aber cin Blinder einen Blinden führt, werdeu beide in die Gmbe fallen" . .1ov ló¡ov (v. 12) ist wol mit Eutll. Zig., de Tf·:, Bl., Bg. Crus., ¡1Jey., Weiss nur auf den .A.usspruch v. 11 zu beziehen, der nicht blos dio. pl1arisüische Erweiterung des Gesetzes, sondern auch die Bestimmuugen des Gesetzes über Rain und Unrein aufzuheben scl1ien'; nicht auf die Rede v. 3-7, welche clirect an die Pharisfier gerichtet war, untl die ihnen sicherlich nicht blos anstüBig wnr, sondern sie erbittert babeu wird, weil dje Argnmentatiqn...Jesu zn schlagend war. Aber zn klug, uro darüber sich zu i¡uBern, hielten sie si ch blos an den Ausspruch v. 11, welchen sie als Verachtuug oder Verwcrfung des mos. Gesetzcs fassen und zur Verdü.chtigung Jesu bei dem Volke benutzon konton. Dartiber mochten sie ~Ji:e.u., daB die Jüngor es hurten und Josu 1iberbrachten. - Die Bildrede wn dm· Pflanzc wnr unmifiversW.ndlich
Mntth. XV, 15-23.
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bOse Gedanken, Morde, Ehebrüche" u. s. w. Die Plurale rpóvoi, µoix. bezeiclmen die verschiedenen Fiille von Mord, Ehebruch u. s. w. (JJ.aorp¡µlat auf Liisterungen gegen den Ni.i.chsten zu beziehen, liegt kein Grund vor. - Wie der Herr in der Erklli.rung v. 13 f. die Gewi6hcit des Sieges über seine Widersacher ausspricht, so zeigt auch die Schürfe, mit der cr sic v. 3-9 abgewiesen, dnG er ihre Feindschaft nicht filrchtet, weil er wei6, daB sein Tod der W elt das Leben bringen wird. Y. 21-28. rie1• Glauhe des cnnanitischen Weibes. Vgl. Mrc. 7, 24-30. - Von dort a.usgehend zog sich Jesus in die Gebietsteile (/lÉQr¡ s. zu 2, 22) von Tyrus und Sidon zurück; aber schwerlich, um den Nachstelhmgen der Phu.risii.er zu entgehen. Zu dieser Annahme liegt hier kein Grund vor. &vaxroQt:lv bed. nur: sich zurückziehen von dem eigentlichen Schauplatze seines Wirkens. Nach Mrk. v. 2•1 wolte Jesus dort unerkant verweilen, woraus man schlieBen knnn, daB er mit sainen Jüngern sicb in jene Gegend begab, um sich dem Andrange des ihn stets umlagernden Volks zeitweilig zu entzieben; vgl. die Bem. zu µt:OÓQta die Grcnzgegenden von 14, 13. - Für Ttt µtQr¡ hat Mrk. Tyrus und Sidon d. h. Phi.lniziens. Der Streit der Ausll., ob Jesus nur bis an die Grenze Galilaa's gegangen sei, ocler die Grenze überschritten und phünizisches Gebiet botreten habe, Ui.Bt sich wedor aus dem I<'olgenden noch aus l\'lrc. 7, 31 sicher entscheiden. Die Angabe, dafi das cana.n. Weib dJZo -cw1.• ooíow ~~slvcov ~gsJ.ftovacc ihn um Hilfe anrief, ist so weitschichtig, dall das Weib eben so gut von diesseits als von jenseits der Grenze gekommen sein kann. In l\'lrc. 7, 31 aber ist die Lesa1·t streitig und nicht ausgemacht, da8 Jesus den Rückwog an das galilüische Meer übor Sidon genommen habe. Da die Bevülkerung der Grenzgebiete aus Juden und Heideu gemischt war, so hatte die genauere Angabc dos Orts für den heilsgeschichtlichen Gesichtspunkt der Evaugelisten gar kcine Bedeutung. - V. 22. Xetvm,ara cine Ca.nanaerin d. h. den in jener Gegend wohnendcn Canaanitern angehürig. Die Bewohner von Tyrus und Sidon gehorten zu den Canaanitel'll, deren Gebiet von den Is1·aeliten nicht erobert wurde, so daB clic canaanitische Ilevüllrnrung hier sich ei'hielt. Mark. bezeichnet die Frau, welcho Jesu Hilfe ansprach, als 'EJ.).1711ír; Griechin d. h. Heidin, und Iti(!O
r.a
22"'
340
Matth. XV, 24-27.
denn sie schreiet uns no.ch". Zu dieser Bitte bewog die Jttnger weniger die Zudringlicbkeit der' Frau (11/ey.), a.Is hauptsüchlich die Absicht, dus .A.ufsehen, welches ihr Nachschreien erregen mul3te, als dem Sinne ihres l\'feisters nicht entsprechend abzuwehren ( Weiss). V. 24. Jesus antwortete: ,,Ich bin nicht gesandt auBer zu den verloronen Schafen des Hauses Israel". Diese Antwort entspricht der Iustruction, welche Je sus seinen J üugern für ihre Miss ion erteilt hatte ( 1O, Gf.), so daB von ihr das zu jener Stelle (8. 2f>4 f.J Bcmerkte gilt. Dcr nilchste Zweck der Sendung Jesu auf Erdeu war die Rettm1g des VoJkes Israel vom Verderben, durch Erneuerung des israelitischc11 Gottesreiches. Erst nachdem er dieses von seinem Vater ihm,aufgetrageue Werk vollbrncht hatte, solte das in Israel begrüudete Heil durch seine Jünger allen Vülkern gebracht und die glilubige Heidenwelt dem Reicltc Gottes einverleibt werden (Job. 10, 16. Eph. 2, 17). Diesem güttlicltcn Rathschlusse entsprecbend schwieg Jesus auf die Bitte des Weibes und erinnerte seine Jünger an den Zweck seiner güttlicben Sendung. Ob das Weib diese .A.ntwort Jesu vernommen hat (TYeiss) oder nicht, geht aus dem Berichte uicht deutlich hervor. - V. 25 f. Sie ll.i.llt sich aber nicht abhalten, ~ii.her zu kommen und vor Jesu 11iederfallend ihre I3itto zu wiederholen; erhalt aber die .A.ntwort: ,,Es ist nicht gesta.ttet, das Brot den Kindern zu nehmen und den Hündlein hinzuwerfen (J.atltlJJ nehmen - vera11sclw.ulichende Schilderung - nicht: wegnehmen). Die Ausdrucksweise ist proverbien und der Volksrede entnommen, ab01· durch das Diminutivum xwa(JÍOtg gemildert. Ex communi gentis to-
que/a potius quam ex sensu suo pltrasiologia leac utitur Servator, cui Gentiles non tam e;).~osi, et cuí in more fuit loqui cum vulgo. Light¡; ad h. l. Dabei zeigt übrigens das dimin. r.vvCÍ(Jtei, dafl der Erlüser dio Ileiden nicht im Sinne des pharisiLischen Judeutums mit Hunden als unreinen Thieren vergleichen wolte. Der Si11n ist nur der: Da mein er11.isendes Wirken dem Volke Israel angehürt, so ist nicht gestattet, es den Heiden zuzuwenden. - :Mit diesem troz des mildernden :;wva(>lotc; doch das Weib tief demütigell(len Bescheide wolte der Erlüser die Ileidin nicht blos veranlassen, ihren Glauben zu offenbnren ( Oltrys., Tlwopltyl., Luth. u. A.J, sondern wolte ihren Glaubeu auch auf die Pro be stellen. Darin lng nicht, wie iJley. meint, eine dem sittlichen Gefühle widerstehcnde scheinbare llilrte, die mit quü.lender Absichtlicl1keit cinc verstellte Rolle spielt. Der Ausspruch war crnstlich gemeint uml die darin liegende Ifürte ohne Zweifel uotwendig, um den Gluuben der Heidin zu Htutern. Das Herz der Frau beugte sich unter das demütigende W ort. Sie sprach v. 2 7: ,,Ja, Herr ! denn auch die Hi.indlein essen von den Brosamen, die von den Tischen ibrer Berren fallen". Mit val, XVQlé bestiltigt sic die Rede des I:lerrn. Dazu scheint aber das folgende begründende xat ráQ denn auch nicbt zu passen, welches daher die meisten .A.usll. von Clwysost. an in dem Siune vou dJ.la xal aber docli gefaBt haben. So auch Lutller. Da dies aber sprachlich unstatthaft ist, so wolten Fritzsclte u. Bl. val 11icht als Bestittigu11g der Retle Jesu fassen, sondern als Behauptung, daB es sich doch nicht 'so
Ma.tth. XV, 28-80-.
841
verhalte, wie der Herr gesagt habe; in dem Sinne: ja, Herr, es ist allerdings nicht Unrecht, den Hündchen das Brot zu geben, denn sie essen ja . . . Zur Widerlegung dicser Deutung genügt die Bemerkung, dnl\ sie im Grunde das .la in Nein umsezt. Der Sinn der .Antwort des Weibes ist vielmchr folgender: Ja, Herr, du hast Recht; de1m das den Kindern gehünmde Brot den Hündlein zu geben ist nicht Recht oder nicht übliche Sitte; dcnn die Hündlein unter dem Tische bekommen ja nur die Brosamr,n, die von den Tischen der Herren abfallen. Den Kindern Israels will ich von dem ihnen bestimten Heile nichts entziehen, hoffe aber von der Fülle dieses Heils ein Brückleiu zu erhalten, gleich den Brosamen, die von dem Brote des Familientisches den Hiindlein unter dem Tische zufallen. So in der Hauptsache schon Mey. u. Weiss. - V. 28. In dieser demütigen Beugung unter das Wort des Herrn und dem vallen Vertrauen auf den Reichtum der gottlichen Gnade bewiihrte die Heidin einen Glnuben, welchen der Herr gro/J nent uud dem er seine hilfreiche Gnade nicht verso.gen kann. Mit dem W orte: ,,Dir gescbehe wie du wilst", gewü.hrte er ihr die erbetene Hilfe, daB ihre Tochter von Stund an geheilt wurde¡ ü.hnlich wie 8, 13 der Knecht des Hnuptmannes. Zu d;;ro -r~r:; wQar:; fa. vgl. 9, 22. Nur dieses eine Wunder hat Matth. von · Jesu Wirken auf seiner Wanderung in das nordwestliche Grenzgebiet Galilüa's berichtet, als einen Ileleg für die Empfüuglichkeit der Heiden für das in Christo geoffen barte Heil, von weillageuder Bedeutung für die Zukunft, ~aran die Jüugcr crkenncn solten, da6, wenn Israel sich mehr und mehr gegen das Evangelium verstoeke, die Heidenwelt einen fruchtbaren Boden für die Verkündigung dcsselben bieten werde. V. 29-39. Die Speisung der Viertausend. Vgl. Mrc. 7, 31 u. 8, 1-10. - V. :!9. Von der phünizischen Grenze weggehend kam Jesus an das galilllischc 1\leer hin und stieg o.uf einen Berg ('to ooor:; wie 14, 2H) und sezte sich daselbst. IfaQC~ -rl¡11 lMJ.aaaav an das Meor hin (vgl. FViner S. 377). Gmneint ist nach Mrc. 7, 31 das üstliche Ufer, wo das Gebiet der Dekapolis lag.1 - V. 30. Da Jesus sich schon frii.her in jci:ier Gegend · durch Krankenheilungen und eine wunderbare Speisung des Volks als Heiland kundgegeben, so kamen jezt bei seiner 1) Ohue cincn ha.ltbnren Gruud beha.uptet !Veis.~, da.n na.eh dem Zusnmmcnlmnge unseres Evangcliums nur andas Westufer gecfacht we1·den konne, da wetler eine Ueberf'ahrt wie 14, 13, noch die Umgehung des See's wie JUrc. 7, 31 heríchtct sei, uncl vcrmng dnnn nicht zu begreii"en, wie die in v. 31 f. gcschildcrten Heilungeu in ciner Gegcnd, wo Jesus so Ia.nge gewirkt, noch bewirken konten, cla.li die Lcute sich wunclerten, als sie Ta.ubstumme reclend, Contra.etc gcsuncl, Lahme gchencl uncl Blinde sehend sa.hen. Aber wnr tlcnn für die Wa.nderuug von den Grenzen von Tyrus Ull(l Sidon na.ch Perlia. ein.c Ueberfahrt tibcr do.s galilaische Meer ode1· eine Umgehuug desselben erforderlich? Ga.b es nicht einen ge1·aderen und ni\hereu Weg unch der Ostseite dieses Sce's? - Im Ostcn des galiliiischen l\Iceres aher hatte Jesus na.ch den cvangelischen Berichtcu a.u~er dem frühercu kurzen Aufeuthalte zu Gergesa. (S, 2Sff.) bisher nur eincn 'l'ag gewirkt (14, 13 ff.), so dan die Heilungen, die er jezt bei Hingerem Verweileu dnselbst verricht.ete, den Lonten wol Anfa!l zum Preise des Gottes Israels gebcn konten.
342
Matth. XV, 30-38.
Wiederkehr die Volksscharen zu ihm mit ihren Krankeu, die sie ihm zu FüGen warfcn uud die er dann heilte. Kv).lovg Krüppel, eig. Gekrünuntc, Contructe, teils von den Hilnden, teils von den FüBen gebruucht. Das SQ(~npa¡,o hinwerfen mnlt nicht das sorglose Vertt-aueu auf die Hilfe des Herrn (de W., Bl.), sondern die Eile der Leute bei der Menge ihrer Krnukeu (J1fey., Weiss). -- Ob dieser wunderbnren Heilungen der au den verschiedensten Gebrecben Leidenden prics das Volk den Gott Israels, der durch Jesum seinem Volke so wunderbare Hilfe gebracht hatte. Die Bezeichnung: Gott Israels erklart si ch, aus dem Bcwufitseius des Vorzugs vor den in der fülhe wohncnden Heideu (i11ey.). - V. i.l2 ll Aber auch den Gesuuden erwies sich Jesus als mitlcidsvoller Erbarmer. Da das Volk drei Tagc bei ihm ausgeharrt und in dieser Zeit den mitgebrachten l\'Iuudvorrntb aufgezehrt hatte, ricf er seine Jüuger herbd und sprach zu ihnen: 1\Iich jammert des Volks, weil sie - schon sind es drei Tage (vgl. über diese elliptische Einschaltung der Zeitbestimmung im Nominativo JFiner S. 52iJ) - bei mir ausbarren un
Matth. XV, 39. XVI.•
343
rügen mur.., daCi sie nicht an die beiden wunderbarcn Speisungcn gedacht lrnben 16, S ff. Durch diesen Hinweis Jesu auf beide Speisungcn wird die Thatsiieh-
lichkeit bddcr auC.er Zweifel gesezt. - .U11d warum soll dcnn cine Wicderholung dieses Wuuders ungfaublich sein? Doch wol 11icht deshalb, weil Jesus ein solches Wuuder 11ur ciumal hiitte thun ko11neu? Oder weil er dns zweite Mal 1uit mebr Broten we11iger Menschen nls das ersk Mal speiste und satt machte". Oder vielleicht weil beide Speisungen in einer wüsten Gegencl des Ostj ordanlaudes stattfandcn? Abcr auf dcr Wcstscitc des galiliiischen Meeres war das Laud so angebaut und so bevolkert, dali die J esu nachfolgeude Volksmeuge nicht leicht in die Lago, Ilunger zu leiden, kommen konte. - Für die Wirklichkeit der zwciten Volksspeisuug spricht auch schon der zwiefache Umstancl, erstlich daf> das Wuucler aullerlich betrncbtet verringert erncheint - 7 Brote für 4000 Menschen und 7 Korbe übriggebliebcner Brocken, gcgenüber den 5 Brotan für 5000 l\Ienschen und 12 Korben geso.mmelter Brocken; sodnnn das Fehlen jeglieher Bemcrkung über den Eindruck, welchen dieses Wunder auf die Volksroenge gemacht bat. Die Sage pflegt bekantlich wunderbare Ereiguisse uicht zu verkleinern, sondern cher zu ve1·gr0Ciern, und die Wunderthi\ter moglichst zu verherrlichen.
v.
39. Nach Entlnssung des Volks stieg Jesus in das Schiff (selbstverstilndlich 1ücht allein, sondern mit seinen Jüngern) und kam in die Gegend vou illagadan. Den Namen Naraóáv haben Lchm. u. Tisclt. 8 nach ~BJJ. Ital., Syr. u. a. aufgenommen statt der rec. illayó'alá nnch CLiJlX u. a. Dor Ort wird aber nicht weiter erwilhnt, und lag vielleicht in der Niihe von J1lagdala. Dieses hat sich in dem Dorfe 11leclsclulel am Westufer des galil. lVIeeres, 1 '12 Stunden nordlich von Tiberias erhalteu ¡ vgL Roúins. Palüst. IlI S. 530f. - Mnrk. (8, 10) hat statt dessen den Naruen Lfo2¡1avov&-á, welches L. Porter in der Trümmerst!Ltte '.Ain el Barideft (die kalte Quclle), cine halbe Stunde südlich von Magdala sucht, wosclbst sich am Encle ciner engen Schlucht in der Nahe zahlreicher Quellen, welche vou altero 1\fauerwerk eingefo.Gt sind, auch die Trümmer eiuer kleinen Ortschaft findeu (s. ¡JJültlau in Rieftms Ildwqrtb. I S. 251). Ist diese Anuahme begründet, so muB nuch 1Jfag11dan in der Nithe von Magdal:.i. gclegen haben. Dcr Einfall von Emalcl, daG iYiagadau mit der bekauten Stadt 11!egiddo tief im Südwesten des Landes klentisch sei, bedarf kei11er Widerlegung.
Cap. XVI. Die Zeichenfonlenmg der Pharisaer und Sadcluci.ier. Das Bekontnis eles Petrus und Jesu Verküncligung van seinem Toüe und seiner Auferstehung. Die drei in ,diesem Cap. berichteten Vorgü.nge denten schon darauf hin, dnB das messianischc Wirken Jesu in Gnliliia seinem Ende nahe. Die Pharisaer vereinigen sieh mit den Sadduciicrn, um von Jesu ein Zeichen vom Ilimmel zu fordern, wodurch er sich als MessiD..s legitimiren solte. In dcr Antwort auf die Frage Jesu über das Urteil dcr Mcnschen und seiner Jünger i.lber seine Person tritt die Frucht soines er~
34.4
l'ifo.tth. XVI, 1.
lüsenden Wirkens in Gnlilüa zu Tage, und mit der auf das Bekentnis des Petrus folgenden Verkündigung seines Leidens und Sterbens in Jcrusalem weist Jesus scbon auf den Ausgang seines irdischen Lebeus hin. Wie diese Verkündigung, so dient alles Weitere, was in c. 17 u. 18 nocb vou seiner Wirksamkeit in Galilaa bericbtet wird, nur dazu, seine Jünger im Glauben an ihn als den Christ den Sohn Gottes fest zu gründen. V. 1-12. Die Zeichenforderung der Pharisae1· und Sadcluc!ier. Vgl. l\frc. S, 1-11. - V. 1. SobaldJcsus wieder in GaliHla angel:mgt ist, treten ihm auch die Pharislter wieder entgegcn, und zwar dies Mal im Dundo mit den Sadducaern, um ilm durch die Forderung eines Zeichens vom Himmel zu vcrsuchcn. 'Exr¡Qro·u¡úav (Var. hr¡QroTrov) sic forderten, nach hellenistischcm Sprachgebrauche; vgl. Ps. 137 (136), 3, wo !:>~uj durch hu¡QC07:av übersezt ist, und zwar in der Bcd. fordern, indcm da an cine Aufforderung iu befragendct• Weise nicht zu denken ist (gcgcn Fritzsch. u. 11fey., wclchen diesen Sprachgebrauch mit Unrecht in Abrede gestelt haben). Die Vereinigung der Pharisiler und Sadduciier haben de W., Strauss, TVeiss, Schollen u. A. für uugeschichtliclr ausgegeben, wril es durchaus unwarscheinlich sei, da.13 die Anhtlnger so vrrschicdener Parteien gerneinschaftliche Sache gemacht uud dfo ung!Uubigen Sadducüer ein Zcichcn vom llimmel begehrt habcu solteu. Abcr das crnte Bedenken hat schon Euth. Zig. durch die Brmrrlmng cntkraftrt, da.13 obgleich beidc in den Dogmen nicht übereinstimten, sic doch in der Feindscbaft gegen Jesum zusammengingen. Und haben nicht Pharisaer und Sadducii.er im Synedrinm gescssrn und Jesum zum Todc verurteílt? Das andere Bedenken aber crledigt sich durch die Erwügung, da.13 die Sadduciier troz ihrer Leug~ nung dcr Todtrnauferstehuug und der Existenz der Engcl und Geister doch von Jesu, um ihn auf die Probe zn stellcn, ein Zeichen vom Himmel fordern konten, weil diese Fordcrung den Glauben an Engel und Geister nicht notwcndig voranssezt. Noch weniger Grund hat die Behauptung von Sir., de W., Sclmeckenb., TFeizs. u. A., da.13 die vorliegende Erzahlung cin blos uus dl•r Sage geflossenes Duplicat der c. 12, 38 berichteten Zeichcnforderung sei. Denn in c. 12 fordern die Pharisaer überhau¡)t nur ein 01¡wrov von Jesu, und zwar in der Absicht, um ihm die Berechtigung zu der ihncn gehultcnen Strafpredigt abzusprechen; hicr dagegen fordcrn sic cin ar¡µfclov tr.. wií miQm1ov ein Zeichen, das vom Himmel ausgehe, wodurch er sich ihnen als dcr gottgesandte l\tfossias erweisen solte, um damit anzudeuten, daB sic bisher nur deshalb nicht an ihn glauben künten, weil er seine i\'Iessfanitat nicht in genü~ gender Weise documentirt habe. In diesem Vorwande, mit dem sie ihren Unglanben zu verdecken suchten, lag das Versucherische ihrer Forderung. - Ein vom Himmel ausgehendes Wunderzeichen war das AeuJ3erste der messianischen Zeichenerwartung, woraus man ersieht, claB die Widersachcr Jesu mit dieser Forderung die Frage über seine Bcrechtigung zum messianiRchen Auftreten zur Entschei<.lung bringen woltcn. Zu dem Ende hatten sich die Pharisaer mit ihrcn Antipoden,
l\fotth. XVI, 2--4.'
345
den Sadducüern, verbuuden, um Jesum, wenn er, wie sie voraussezten, die verlangte Probe seiner Messianitü.t nicht J.iefern künte, a.Is Pseudopropheten oder Pseudomessins verwerfen zu konnen. Dieses Vorgehen der Feinde zeigt mithin, da.B der Conflict sich schon de.rmaBen gesteigert hatte, da8 die Katn.strophe nicht lange mehr ausbleiben konte. V. 2 ff. Diesmal beschrünkt sich Jesus auch nicht, wie frllher c.12, 39, darauf, seine Widersacher nur auf das Jonaszeichen zu verweisen (v. 4), sondern motivirt diese Verweisung in v. 2 u. u. 3 durch die Entgegnung, da.B sie ein solches Zeichen von ihm zu verlangen nicht notig hütten, wenn sic nur die Zeichen de1· Zeit zu beurteilen verstü.nden. Diese Entgegnung von: Olplat;; bis óvvaai?·E (v. 3) fehlt zwar in r:tB V.XI', etlichen Minusk. u. Verss., und ist deshalb von Tisclt. 8 in Klammern gesezt; aber die Weglassung rührt offenbar nur da.her, daB in der Parallelstelle des l\fark. ein .A.usspruch dieses Inhalts fehlt. ,,Wenn es Abend geworden, sprecht ibr: Heiteres Wctter (gibts)¡ denn feurig roth ist der Himmel¡ und früh morgens (sprecht ihr): Heute (gibts) Sturmwetter, denn feurigroth sich verdüstcrnd ist der Himmel. Das Angesicht des Himmcls versteht ihr zu beurteilen, aber die Zeichen der Zeiten vermüget ihr nicht {zu beurteilen)". Die Worte EVóla und a~µEQOV xstµwv sind wie beim ge1Vohnlichen S¡n·echen elliptisch gebraucht, wozu lfo7:at zu suppliren. 'X,Etµrov im Gegensatz zu stMia bed. nicht: Winter, sondern Regen- und Sturmwetter. Ta ar¡µEra 7:WV r.m(lro1.,1 die Zeichen der Zciten sind bedeutsame Erscheinungen, welche diese oder jene Zeit charakt.erisiren. Der Plur. ""'(JWV verbietet den Ausspruch blos auf die damalige Zeit zu beziehen. Es ist cine allgemeine Sentenz, von welcher die Anwendung auf di· Erscheinungen und charakteristischen Merkmale der gegenwfütigen Zcit gemacht werden soll. Zu den Zeichen des gcgenwlirtigen zcetQÓg gebOrcn nicht blos die Wunderthaten Jesu, sondern alles was a.uf die Erscheinung des Messias hinwies, wie das Auftreten Johannes des Taufers, die messianische Erregung im Volke und die in dem Wirken des Tliufers und Jesu sich kundgebende Erfüllung der alttestamentlichen WeiBagung. Dieses Wort Jesu enthielt den Vorwurf geistigen Stumpfsinnes, welcher durch die Frageform der Anwendung auf die Gegner noch verstiirkt wurde. Wenn sie die Wetterzeichen zu deuteu wissen, solten sie billig anch die geistige Signatur der Gegenwart beurteilen künnen. Vor 7:0 µl:v :!CQÓao.nrov bietot der ültere text. 1·ec. die Anrede 'Ú:;cor.Qccccl ihr Eleuchler (nach EFGH11l u. a.), welche in N.O* JJLL:J u. a. fehlt, uud deshalb von Lcltm. u. Tisch. 8 getilgt, und w.ol nur aus der Parallelstelle Luc. 12, 56 hieher gekommen ist. Diese Parallele (Luc. 12, ú4-ó6) berechtigt übrigens nicht dazu, den .A.usspruch nur in dem einen Evangelium (nach de "fiV. bei Matth., na.ch Scltleie1·m., Holzm., Weiss bei Luc.) für ursprünglich, in dem andern für secundür d. h. aus dem früheren Belichte entlehnt zu halten. Denn Jesus kann füglich bei ü.hnlicher Vemnlassung diese Warheit wiederholt ausgesprochen haben. - Nach dieser Rüge verweist Jesus (v. 4) seine Gegner noch auf das Zeichen des P1·opheten Jonas, wie 12, 39 (s. die Erkl. z. jener St.), und lli.Bt sie
rw.
ov
346
l\fotth. XVI, 5. 6.
dann stehcn und geht davon. Nach l\irc. v. 13 bestieg er wiederum das Schiff und fuhr nach Perila hiniibcr. V. 5-12. Waniunu der Jilnger vor dem Sauerteige der Pllarisiier. Vgl. Mrc. 8, 15-21. - Die Angabe v. 5: ,,Und die Jünger, gokommen in das jenseitigc Land, hatten vergessen Brote mitzunehmcn'\ ist für sieh betrachtet nieht ganz deutlich, indem Matth. auch hier sich auf den Kern der Sache (die Warnung der Jünger) beschritnkt hat. Ganz deutlich sagt aber Mark., daB Jesus, nachdem er seine Widersacher stehen gelassen hatt9, mit den Jüngern über das Meer hinüb.crgefahren sei. 1 Der .Aorist t:m:J.cé8-ov1:0 ist im Sinue des Plusquamperfects gebraucht, da die .Aussage des V. eine das folgende Gespriich Jesu mit seinen Jüngern motivirende tempoi·elle ncbensützliche Bestimmuug enthü.lt; vgl. Winer S. 258. 2 - V. 6 ff. Als Jesus nun, noch in frischer Erinnerung an jenen .Auftritt mit den Pharisüern und Sadducil.ern die Jünger warnte: ,,Sehet zu nnd hütet auch vor dem Sauerteige der Pharisiter und Sadducüer"; vcrsta11dcn dieselbe11 diese Warnung so wenig, daB sie auf den Gednnken kamen, er wolle sic warnen, von den Pharisüern und Sadduciiern Brot zu nehmen. 'J f,v,m¡ der Snuerteig, welcher den Teig in Glihrung sezt, ist hicr Bild sittlicher Corruption, wie 1 Cor. 5, 6 ff. Gal. 5, 9 u. aucb bei den Rnbbinen¡ vgl. Buxt. Lexic. talm. p. 2303 u. Lig lt tf. ad ll. l. - úu;J.oylt;ovro lv ~avrot~ küntc 1) Unerweislieh ist die :i.us der Urm:i.rkushypothese gefolgerte Annahme von JV~i.~.~ S. 3S9, da!:> Mo.tth. bier das NacH0111me11 der Jünger auf dus iistliehe Ufor berichte, weil er, um die beidcu Reisen l\frc. 8, 10. 13 in eine zusammenzuziehen und dus scheinbo.r unmotivil'te Hin- und Herfahreu zu vermeiden, in 15, 39 Jesum alleiu hn.tte vorn.nfoh1·eu Iassen. Diese schon \•on F'rilz11clw vo1·getragene Ansicht füüt sich weder dureh das schwiichliehe argume11tum a .~ilentif>, do.U wie 15, 39 die Jünger, so hier (v. 5) Jesua uicht ausdiiicldich mit erwiihnt iat, noch viel weuiger durch die (scho11 bei 15, 29 bcsprochcne) irrtümliche gcographísehe Voraussetzung, da~ man, um vou Sidon nacll der Ostseite des gnlifüisehen ~Ieeres zu gelangen, entweder über das Meer hiuübersehiffen oder um den ::ice herumgehen müsse, plausibel m:i.chen. 2) ;lle,11•·r bestreitet híer wiederum diesen Sprnehgebrn.uch und faBt den V. ao: ,Na.chdem die Jünger o.uf die iistliche Seite gckommen waren, va9fl1:.~e11 sic (behufs dcr Wciterreise) sich mit Broten zu versehen', und beruft sieh hiefür auf den bier ursprünglicheren 11Iarkus (8, 14if.), nach welchem tlie folgemle Unterredung nicht nuf das :::cbHf zu verlegen sci (Kdm, H't·i,q«), soudern n.uf dfo Weiterrcisc no.ch dcr Lnndung. Allcin crstlich folgt dies nicht aus Mark.. sodann wü1·de auch, wenn dies \Virldich boi. Mark. zu Iesen wii.re, daraus uicht das Mindcste gcgen die Auft'a.ssung des lmUc{Jo..ro als Plusquamperfect sich ergcben. Mark. sagt aber ausdrücklieh das Gegenteil v. 14: sie vergn.Ben (incúí-Dono} oder lmtten vergessen Brote mitzuuehmen und hallen 111lyov) rlic/11 me111· als ein Brof bci ,qicJ1 im SddJTe. Damit ist ganz dcutlich gesagt, daB sic o.uf dem Schift'e Brote mitzunehmen verga~eu oder vcrgesscn hatten. -· Ob die folgeude Warnung der Jünger vor dem Sauerteige der Pharisiier \Vi\hrend der Ucberfahrt oder erat na.eh der Landung auf der Weiterreise sta.ttho.tte, füBt sieh wcder aus Ma.tth. noch aus Mark. deutlich erkennen und ist für tlie Sache von lceinem Belange. Noch wenigcr lü.!lt sicb die plusquampcrfoctische Fassung des úrdéc.{)ono rechtfertigen dureh die von H'ei,,,q proponirte Deutung dcr \'V orte 6U1ó11m; - - buJ.á{)ov~o. da!) die Jünger bei cler .11..breise a.uf dns Ostufor (iUfóvni;) die Vel'gcsslicltkeit begi11ge11, da tiUJ.iiv ~k nimmermchr ,wohin abreisen' bcdeutet.
Matth. XVI, 7-13.
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an sich wol bedeuten: ,sie überlegten bei sich selbst, indem sie dachten', vgl. :M:rc. 2, 8; allein notwendig ist diese Auffassung nicht und fü6t sich auch mit der angef. Stellc des Mark. nicht begründcn, weil dort ÚJ 8avrolc; nur ein kurzer Ausdruck für Í:,v •ale; xa1.;1ólcm;; ffvnov v. 6 u. 8 ist. In unserer Stelle hat l\fark. : ó1d.07i{;,ov1:0 :JtQOc; dJ,.J.?j1ovc; 11;7. (8, 16: ,,sie überlegten mit einander sprechend" d. h. ,sie sprachen ihre Ueberlegungen in ihrem eigenen Jireise, ohnc i\iitteilung an Jesus, aus' (Bl. u. JIJey. gegen Weiss). "On ist uicht recitireud, sondern causal: ,,weil wir nicht Brote mitgenommen haben" se. sagt er das. - V. 8 ff. Da Jesus ibre Gedanken durchschauend merkt, was sie unter sich überlegt ha ben, spricht er tadelnd: ,, Warum überlegt ihr uuter euch, ihr Kleiuglaubigen, da6 (ou) ihr nicbt Brote genommen habt? Habt ibr noch keine Einsicht und erinnert ihr euch nicht an dio fünf Brote u. s. w. ?" Sinn: Habt ih1· no ch so wenig Verstandnis und habt ibr auch schon die beiden wundcrbarcn S1)cisungen vergessen, daB ihr meinen künnet, ich habe von den Broten gesprocben Die Wiederholung des ov JJOél7:e mit dem verwundernden JtWt; {v. 11 vgl. mit v. 9) verscbarft den Ta.del: wie ist es moglich, dall ihr nicht einsehet? 1\fit JtQoc;{zs-ce ó8 z7:}•. wiederholt Jesus seine Warnung. V. 12. Da begriffen sie, da6 er sie nicht vor dem Sauerteige d. h. dem gesauerten Brotteige, sondern vor der Lehre der Phar. u. Sadd. warnte. f¡ &óaz1} ist nicht diese oder jene Sonderlebre der genanten Parteien, sondern ihre ganze rein aul3erliche Auffassung und ErkHirung der Schrift, wodurch sie dem Volke die Erkentnís des Heils verdunkelten. c!Jto 7:~<; ~Úl.11); roií aQ7:0V ist in v. 12 wol die ursprüngliche Lesart, und der Plural 7:WV Ó.Q7:0J1' Conformation nach v. 11 ; die Lesart á;co r~r; {;;vw¡c; -r:o3JJ Pe<(Jtv. x • .2aóó. !Tisch. 8 na.ch ~, aa. Syr.) aber zu schwach bezeugt. V. 13-20. Das Bekentnis des Petrus. Vgl. Mrc. 8, 27-30. Luc. 9, 18- 21. 1 - Von dem jenseitigen Ufer des galili.l.ischen Meeres begab sich Jesus in die Gebietsteile (-r:a µ{r¿1¡ wie 15, 21 u. 2, 22) von Ctisarea Pllílippi. Diese Stadt dnrch den Zusatz Pt2l:;r;;;rov von der gleichnamigen Küstenstadt aro mittelHindischen 1\'.Ict•re zwischen Jo11pc und Dora (Act. 8, 40. 9, 30 u. o.) unterschieden, lag in Gaulonitis am FuGe des Libanon, und I1ieB ursprünglich Paneas, in der Nilhe einer, Panion genanten Grotte, aus welcher der BanJas, einer der Quellflüsse des Jordan, hervorkomt. Ueber der Grotte haute Herodes d. Gr. dem Augustns zu Ehren einen Tempel, und sein Sohn Philippus , zn dessen Tetrarchie auch Pancas gehl.lrte, baute den Ort aus zu einer Stadt und benante sie zu Ehren des Ciisar Tiberh1s Caes are a, womach sic zur Unterscheidung von der Hafenstadt dieses Namens gewohnlich Caesarea 1) Vgl. B. Gademann, das Jüngerbekenntnrn bei Casarea Philippi und die dri.ran geknüpften Folgerungen, in d. Ztschr. f. die luth. Theol. u. Kirche 1856. S. !l4!:í-667; Hrn·. i. Alircris, das Amt der Schlüssel. Hnnnov. 186! u. die Recensionen dieser Schrift in der Erlnnger Ztschr. 1865. 3 S. 137 ff. u. von Diisterdiccl" in d. Theol. Stud. u. Krit. 1865 S. 743 ff.; G. L. S!eitz, der neutestamentl. Begriff der Schlüsselgewalt, ebendas. 1866 S. 435ff. u . .ful. Mitller Dogmat. Abhandll. Bremen 1870. S. 496 lf.
348
Mn.tth. XVI, 13-15.
Pllilippi hiefl. Doch hat sich der alte Nrune noch in dem heutigen auf ihrer Stiittc stchendcn Dorfe Banias erhalten. Die La.ge entspricht deni alttcstamentlichen Baalgad ode1· Baal-l:lermon im Thale des Lii>anou, Jos. 11, 17. 12, 7. 13, 5 u. Richt. 3, 3. Vgl. Robins. Palü.st. III S. 626ff. u. N. bibl. Forsch. S. 532 if. - Hier, nach Mrk. unterwegs, fragte Je. sus seine Jünger, für wen die Lente ihn, den Menschensohn, hielten. 7:011 vMv dvffQ. ist Appositio11 zu µ8. Das µé hintcr TÍ?Jet fehlt zwnr in ~B, mehrern Verss. u. Kchvv., wiihrend es C hinter Uyovao1 hat, weshalb es von Lcllm. cingcklammert, von Fritzsclle u. Tisch. 8 gestrichen worden, ist n.ber hOchst warscbeinlich ccbt uud in den angelf. Zeugen nur weggelassen, weil es bei dem nachfolgenden t:ov vMv i:. dvfh¡. überflüssig oder un1>assend crschien (tl/ey.). Jesus hatte sich oft· mals den vlO~ wv dvUQcáJtov genant und damit o.Is den geweiilagten Gründer des Himmelrcichs bezeichnet; s. zu 8, 20). Da abcr diese Bcnennung keine untcr dem Volk gang und gl.i.be Messiasbezeichnung war, so fragt er die Jünger, wofür die Leute ihn halten. Die Jünger antworten v. 14: Einige hielten ihn für Johanncs den Tüufer (im Sinne von 14, 2); Andero für Jeremías oder für einen der Propheten, der auferstanden sei. Die Erwartung des Wiedererschcinens des Jeremías hing mit der 2 Makk. 2, 4-8 erwlihnten Legenda zusammen, daB Jeremías zufolge güttlicher Offenbarung vor der Zerstürung Jerusalems das heilige Zclt, die Bundeslade und den Rauchopferaltar auf dcm Berge l\fose's in einer Hole vcrborgen habe bis auf die Zeit der Sammlung des Volks (dureh den Messias), und mit der 2 l\fkk. 15, 13-16 erwiihnten Erscheinung des Jeremias, welche der Hohepriester Onias im Traume crlebt hatte. Alle diese verscbiedenen l\feinungen stimtcn übrigens dariu zusammen, da.B das Volk Jesum nur für einen Vorliiufer des l\fossias hielt, nicht aber für den l\fossias selbst, weil er die politischcn Erwar· tungen von der Aufrichtuug des Davidischen Künigtums nicht erfülte. V. 15. .Als sodann Jesus die Jünger naeh ihrem Urteile über seine Person fragte, antwortete Petrus: ,,Du bist der Christ, der Sohn des lebendigen Gottes". Bei Mark. (v. 29) lautet die Antwort: ,,Du bist der Christ", bei Luk. (v. 20): ,,Der Christ Gottes". Diese Verschiedenheit des Wortlautes bcgründet keine sachliche Differenz. Denn, wie Steitz a. a. O. S. 455 richtig bemerkt, ,nicht scine Sohnesherrlichkeit, sondern soine messianischc Würde ist der Schwerpunkt dieses Be· kenutnisses'. Im Gegensatze zu der Meinung des Volks, wclchcs in Jesu nur einen Propheten erkaute, bekennt Petrus ihn als deu l\Iessias, als den geweiflagten Gcsalbten Gottes, und zwar mit dem, die gangbaren jüdisehen Vorstellungen vom Messias berichtigenden Zusatze: der Sohn des lebendigen Gottes. Wie i:oii ffwii durcb das Pritdicat i:ov !;rov•o~ von den todten Gottern der Heiden untcrsehieden untl nis der allein wahre Gott bezeichnet wird, so wird die Vorstellung des Gott.essohnes (D-eov uló~ vgl.14, 33) durch den Artikel ó v1. -coii fhov zum Begriffe des einzigen, wesenhaften Sohnes Gottes erhoben. Für die Behauptung: ,diescr Zusatz bezeichuet auch hier nicht ein meta~ physisches Wesensverhi.í.ltnis, sondern nur das einzigartige Liebesver·
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Matth. XVI, 16-18.
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bitltnis, in welchem der Messias zu Jehova steht', ist Weiss den Beweis scbuldig geblieben. Nur soviel liiílt sich mit llley. annebmen, daB der bübere, nicht blos theokratische Sinn dem Aposte! jezt nur noch dun_Irnl vorschweben und erst nach der Auferstehung Christi zur vollen Klarheit des Bewulltseins kommen mochte. - In diesem Bekentnisse ist das Werk und das Wesen des crwarteten ErlOsers erkant und ausgesprochen. ,Beides zusammen macht die Summe des chl'istlichen Bekcntnisses für damals und immer; vgl. 26, 63. Joh. 11, 27. 20, 31. Phil. 2, 11. 1 Joh. 2, 22 f.'. - V. 17. Die Bedeutung dieses Bekentnisses würdigend antwortete Jesus: ,, Selig bist du, Simon Barjona, denn Fleisch und Blut hat dir's nicht offenbart, sondern mein Yater im Himmel". Die umst!indliehe Anrede: Simon Barjona (n~i, '1=! Sohn des Jono.s, vgl. Joh. 1, 43. 21, 15) entspricht dem feierliehen Charakter des folgenden Aussprucbes. In der Bezeichnung Simons nach dem Va.ter liegt kein Gegensatz gegen dio folgende Petrus-Benennung (de W.), sondern nur die stn.rkere Hervorhebung der Person im Unterschiede von anderen gleichnamigen Personen. 2c'tf!s r.al aiµa ist umschreibende Bezeichnung des .Ivlenschen nach der sinnlicben Seite seines Wesens im Gegensatze :mm geistigen Wesen Gottes, vgl. Sir. 1'1, 18 7EVEa aacncog r.al. af:Uaw; von menschlichem Geschlechte, wie b':' ..,~~ bei den Rabbinen, vgl Liglttf. ad 11. l.; sodann der irdisch hinfillligen Natur des l\fonschen im Gegensatze zu dem aus Gott stammenden :HVEVµa, vgl. Hebr. 2, 14. 1 Kor. 15, 50. So hier in Bezug a.uf die natürliche Erkentnis und Gesinnung desselben gebraucht, wie Gal. 1, 16. Eph. 6, 12. Streitig ist, oh hier an die irdiseh sinnliche Natur nur des Apostels odcr auch andcrer l\lenschen zu deuken sei. Offenbar ist zunachst die eigene Natur des Apostels gemeint: dieses Bekentnis hast du uicht aus dir selbst, aus deiner natüdichen Einsieht und Vernunft gewinnen künneu ( Calv., Reza u. A.)¡ doch lro.nn man bei der Allgemeinbeit des .Ausdrucks mit Bl. zugleich an die Erkentuis und Mitteilung anderer I\'Ienschen mil dcnkeu: Dieses Bekentuis von meiner Person hast du nicht aus menschlicher Erkentnis und Vernunft gowonnen, sondern durch gottliche Erleuchtung, indem mein himmlischer Va.ter dein Herz zu mir gezogen, das rechte Verlangen na.ch einem Erlüser in deiner Seele gewirkt und mein eigentliches Wesen deinem Geistc erschlossen hat. Uebrigens wird ,damit die psychologische Entwickelung dieser Erkcntnis nicht ttufgehoben, sondern nur constatirt, daB sie nnter unmittelbarer Erregung und Erleuchtung von Oben zum Abschlu.B gckommen ist' (Steitz S. 456). Das Object zu dsu:r.áJ.·mpw ist aus dem Contexto zu crgiinzen: der in dcm Bckentnisse ausgesprochene Glaube an Jesum den Christ und Sohn Gottes. Unrichtig hat i1ley. dxsr.álvIJ'l·1' zum Objecte gemacht: ,hat tlir cine Offenbarung gegeben'. Denn selig iireist Jesus den Simon nicht um der Thatsache willen, da.B er cine Offenbarung empfangen, sondern um des lebcndigen Glaubens willcn, den er sooben bekant h!lt. - Y. 18. ,,Auch ich aber sage dir". Der in xd7co cU angedcutete Gegensatz HLBt sicb nicht mit Weiss a.uf das bezieheu, was Jesus v.17 von seinem Va.ter ausgesagt hat, sondcrn
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Ma.tth. XVI, 18.
weist a.uf das Bekent11is des Peti·us von Christo v. 16 hin. Diesem Bekentnisse entspricht die VerheiBung, die Jesus seinerseits dem Petl'US erteilt. ,,Du bist Petrus (d. i. ein Fels) und a.uf diesem Felsen will ich meine Gemeinde baucn, und die Pforten del' Hülle werdcn nicht Uebermacht 'vider sie haben". llfroor; ist nicht reines Appellativum: ein Fels, sondern die appellative Bedeutung des Wortes betonende Benennung Simons, in dem Sinne: du bist ein Felsenmann. Daraus erklürt sich die Unterscheidung zwischen dem masculinen :n:fr(>or; und dem folgenden Füminine nrÚi-?J i-ü JE{CQC}, nicht aber aus dem unterschiedlichen Gebrauche von xér:Qor; und xb:(la im Griechischen. El lll.T.QOr; ist auch nicht gleichbedeutend mit ~).178'~<1?/ IlfrQor; Joh. 1, 43. Den Name,11 PetrU$ legt der Ilerr nicht erst hier dem Simon bei, sondern bezeichnet diesen Jünger nur mit dem Beina.men, den er demselben gleich anfangs gegeben ha.tte (s. zu 4, 18), um die ihmjezt zu erteilende Vcrhei.Bung a.uf diesen Beinamen zu gt•ünden. In brl wúq¡ 'C?l :1rfr(!~~ hat wÚ'q¡ den Nachdruck: auf diese in der Person des mit dem Namen Petrus charakterisirten Apostels dastebende Felsennatur werde ieh bauen µov TY¡i1 tr.r.l17üíav meine Ge~einde. ~ Ar.r.i.17ala ist die griech. Uebersetzung von ;ry¡; die gemeindliche Versnmmlung des Volkes Israel Deut. 18, 16. Richt. 21, 8, und m:-i, ;.'m lr.r.l17ala [{vQlov die theokratisch verfafite d. h. im Bunde mit Jehova stehende Gemeinde Isracls Deut. 23, 1 ff. (LXX). Dieser stelt Jesus in µov ?:i¡v ~r.r.i.17a. die Gemeinschaft seiner Jünger gegenüber als eine auf dem Felsen des Petrusbekeutnisses zu erbauende Gemeinde; untet• dem Bilde eines Baues, dessen Baumeister Er ist und dessen Grund der ihn als Sohn Gottes bekennende Petrus ist, auf welchem das GeMude unzerstorbnr (vgl. 7, 24 f.) sich erheben soll. Dieses von den A11osteln nach dem Vorgange Ohristi mehrfüch gebrauchte Bild ist a.ns dem A. Test. entnommen, wo Zion rnit dem Tempel und der Künigsburg als Centrum des isra.elitischen Gottesreiches teils Bild und Symbol der alttestamentlicl1en Gottcsgeroeinde ist, teils metonymisch für dieselbe gebraucht wil'd. Da6 der aufzuführende Bau als eine feste Burg gedacht ist, ergibt siclt aus dom folgenden Satze. Dem Ausdrucke: .11:vlat tlóov dio Pforten der Hülle, wie Jes. 38, 10 (LXX). Sap. 16, 13. 31\Ikk. 5, 51 constnnt ohne Artikel, der hierfehlen kann, vgl. Winer S. 118f. (nicht: ,Hades-Pforten' als Bild des Festesten. Weiss) liegt die Vorstelhmg des Hades als eincr mit 1\fouern und festen Thoren umgebenen Burg oder Stndt zu Grunde, vgl. Jes. 38, 10. ~ar.wzvELv seq. genit. bed. die Oberhand haben oder gewinnen, überlegen sein, obsicgen wide1·1 überwaltigen. Dio leztere Bed., von Lutlie1· vorgezogen, pa.Bt nicht zu dem Bilde der Pforten oder Thore, die nicht angreifend gedacht werdcn künnen, sondern zuro Schutze aer Burg dienen, sowol das Eintlringen in die Festung hemmen, als auch das Herauskommen der darin Befindlichen verhindern. Da nun der Hades (das Todtenreich) alle Menschen aufnimt, nbor keinen wieder herauslii.Bt, so künnen die Pforten desselben nur Bild d.er Starke sein, welche dem Feinde, der die Macht des Todtenrcichs zerstfü'en woltc, trotzen. Der Gedanke ist also folgendcr:
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Jtfatth. XVI, 19.
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Der auf dem Felsen des Petrusbekeutuisses zu gründende Gemeindebau wird so fest und stark sein, dafi die Thore des Hades ihm nicht dauemden Widerstand werden leisten künnen, daB der Hades ihm gegenüber seine Macht verlieren und die in seinem Verschlusse gehaltenen Todten wird herausgeben müssen; vgl. 1 Kor. 15, 26. 55. V. 19. Weiter gibt der llerr an, wie er seine Gemeinde aufdiesem Felsen bauen werde. ,,Und ich werde dir die Schlüssel des Ilimmelreichs geben und was du irgend binden wirst auf der Erde, wird im Himmel gebunden sein, und was du irgend lüsen wirst auf der Erde, wird im Himmel gel/.íst sein". Die Schlüssel des Himmelreichs sind Bikl dcr Vollmacht, den Eingang in das Himmelreich zu gestatten und zu versagen. Dem Bilde liegt die WeiBagung Jesaj. 22, 20 ff. von der Uebertragung des Amtes des i?.b olr.ovó¡w¡; über das Haus Davids von Sebna auf Eljakim zu Grunde, in welcher es v. 21 f. heiBt: ,,Deine (d. i. Sebna's) Herschaft gebe ich in seine Hand und er wird werden zum Va.ter für die Bewobner Jerusalems und für das Haus Juda; und ich gebe den Schlüssel des Hauses Davids áuf seine Schulter und wo er aufthut, schlie6t niern:rnd zu, und wo er zuschliefit, thut niemand auf'. Durch Beachtung dieser Grundstelle wird die niedere Vorstellung van cinem Pfürtner abgewiescn. Den Schlüssel erhu.lt der ~ausmeister oder Hausvcrweser, clem die Verwaltung des ganzen Ilnuses und Hauswesens, nicbt blos die Verwahrung der Schiltze und Vorrathe obliegt, und clero die Macbt über die Dienerschaft (Luc. 12, -12) verliehen ist. Das Bild der Schlüssel entspricht dem Dilde der tr.xb7ala als einem Gebaude odor Ha use, clessen Thürcn durch Schlüsse.l geoffnet und gcschlossen werden. Wie dieser Bau im vorigen V. dern Bau des Hades gegenübergestelt ist, so hier dem Hause Davids, der Künigsburg des alttestamentlichon Gottesreiches, welches von Christo wiederaufgericl1tct oder vielmehr neu gcgründct wirtl. Als Künig dieses Reiches hnt Christus den Schlüssel Davids, der aufthut und niemand zuschliefit, der zuscbliellt und niemand aufthut (Apok. 3, 7), und zugleich den Schlüssel der Ifolle und des Todes (Apok. 1, 18). Diese Schlüssel will er dom Petrus geben. Das Futur
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Jlfatth. XVI, 19.
wir aber die Parallelstelle 18, 18, wo der Herr die in unserem V. dem Petrus verhei6ene Vollmncht mit denselben W orten allen Aposteln verleiht, so bezieht sich dort das Recht zu binden und zu lüsen naeh dem Contexte auf das Verhalten der Jünger gegen einen sündigenden Bruder, der von dem Jünger zurechtgewiesen werden soll, um ihn zu ge~ winnen, wenn er aber auf die Zurechtweisung weder des Einzelneu, noch Zweier oder Dreier, noch auch auf die Mahnung vor der ganzen Gemeinde hort, fü1· einen Heiden und Zollner gehalien, d. h. von der. Gemeinde nicht mehr als christlicher Bruder, oder als Glied derselben angesehen wcrden soll. Wenn der Herr zu dieser Anweisung, wie seine Jünger mit einem sündigcnden Bruder verfahren sollen, hinzufügt: ,,warlich ich sage euch: nllcs was ihr a.uf Erden binden werdet u. s. w., so ist klar, daB er dieses Verfahren gegen den Sünder als Binden und Losen seiner Sünde betrachtet. Daraus ergibt sieb, daB die .A.usschlie.Bung des Bruders aus der Gemeinde, wenn d¡¡rselbe seine Sünde nicht auerkent und aufgibt, dem Binden, und die ihn zum .A.ufgebeu seiner Sünde bewegende Vermahnung dem Lüsen entspricht, also die Ausübung der Schlüsselgewalt in der Vollmacht besteht, durch Richten über die Sünde dem Sünder die Aufnahme in das Himmelreich zu versagen und zu gestatt-011. Da dieses aber durch die Verkündigung des Evangeliums geschieht, welches die ihm inwohnende Gotteskraft so erweist, daB es denen, die ihre Sünde erkennen und die in Ohristo geoft'enbarte Gnade Gotles gHlubig aufnehmen, ein Gel'Uch des Lebens zum Leben, denen aber, welche fü ihrer Sünde beharren und sich nicht bekehren lassen, ein Geruch des Todes zuro Tode wird: so erteilt der Herr mit der l\facht zu binden und zu lüsen, hier dem Petrus und in c. 18, 18 allen Aposteln die Vollmacht, das Evangelium nach der ihm inbii.rirenden Kraft, Vergebung der Sünde den Glaubigen zu gewilhren und den Unglaubigen zu versagen, so zu verkündigen, daB diese Verkiindigung nicht nur für die Gemeinde in ihrer irdisch-zcitlicheu Entwickelung, sondern auch für den Himmel d. h. über Leben und Tod in der Ewigkeit entscheidende Kraft und Wirkung haben soll. Hiernacb bildet die Verhei.Bung, welche der Herr nnch 'seiner Auferstehung den Aposteln Joh. 20, 23 erteilt, nur cine Erneueruug der hier ihnen verliehenen Schlüsselgcwalt, in specieller .Applicntion nuf Eínzelne. - U ebrigens zeigt dio Vergleicbung unserer Stelle mit c. 18, 18, wenn es noch eines besondel'en Beweises bedurfte, ganz unzweifelbaft, da8 dein Petrus hier nicht eine Prlil'ogative vor den andern .Aposteln eingeraumt wird, sondorn die VerheiBung nur an seine Person gerichtet ist, weil er als ,der l\fond del' Aposte!', wie Clwysost. sich ausdrükte, Jesu Frnge, wofür sie ihn hieltcn, mit voller Glaubensfreudigkeit beantwortet hat. Diese Auifassung unserer Stelle und der angef. Para.llele von clem Behalten nnd Vergeben der Sünden finden wir sehon bei 1'ertull. de pudicit. c. 21 nnd. bereits einige Jabre früher in dem Briefe der Gallischen Gemeinden an die Klcinasiatiseben unter Veros, welehen Euseb. h. eccl. V, 2 mitteilt, und bei den Kirehenviitorn und Scholastikern a.Is die herschende, nur mit dom Unterschicdc,·
Matth. XVI, Hl-21.
da6 die alteren Seholastiker dio Gewalt der Schlüssel von dem richtonden Urteilc der Kirche verstehen, Ulld erst die Schola.stilrer des 15. Jahrh. die Lehrc von den Schlüsseln n.ls eine gesetzgebende Gewalt fasseu; ferner bei Lul71cr, Zwiri.gli u. Caluin, in den symbolischen Büchern der lutherischeu und reformirten Kirche gelehrt, und noch in neuester Zeit von de w:, Olslt., '1.'hol., .Neander, Bleek, so wic von Diisterdicck (a. a. O.) und von Jul. lt:Ellller (a. a. O.) verteidigt. S. die Belege hiefür in der Ktlrze bei J. Jl.füllci· S. 509 :lf. u. ausführlichor in den Anmerkk. der oben angef. Schr. von Ah1·e11s. - Dagegen ha.ben Liglltf. Tioi-. talm. ad lt. l., Schüttgen /1. ebr. el talm. u. Vit1·inga (de Synag. cet. p. 754 s.) tmd a.uf die von de¡¡¡¡elben beigebrachten Belege sich stützend, in neuerer Zeit F'ritzscl1e u. .1.lfeye1· in den Comment., Al1re11.~ u. Steitz (in den oben genanten .A.bhdll.), Wcizs., Keim u. A.m. t!ü111 imi Mm11 aus dom ra.bbinisch-t.-ilmudiBchen Sprachgebm.uche von "112~ und "l"f'.111 in dem Sinne von vei·bieten und erlauben zu erkliiren versueht. Allein dieser talmudische Sprachgebra.uch, dom gegonüber JJcy. jede andere Erklaruug als willkürlich und sprachwidrig bezeichnet, füC.t sich weder aus dem alten noch a.ue dcm neuen Test.· erhiirten. Er hii.ngt mit dem Geiste der ra.bbinischen Gesetzescleutung zusa.mmen und liillt .sich auf den in Frage steheuden Ausspruch Christi nur mittelBt willkürlicher Annahmen a.nwenden, indem man entweder das Binden und Losen a.Is ein zweites zu der Schlüsselgewalt hinzukommendes Moment. fül1t und zur Erkliiruug dieser .A.us" drücke die dem A. und N. Tcstamente fremde Sitte, Gefülle wertvollen Inhalts zuzubinden, n.us dem llome1· herbeizieht (Ahi·ens), oder in das Bild des olnovóµo> den Begriff der gesetzgebenden und richterlichen Gewalt eintfiigt (Slcitz), wic Diistc1·cl. u. Jul. Müll. überzougend nachgewiesen hnben. V. 20. Da sezte Jesus den Jürigern bestimt auseinander, da.B sie niemandem sagen solten, dail er der Christ sei, um nitmlich das Volk nicht in seine.u irdisch politischen Messiasboffnungen zu bestii.rken. ótaa-i-t!J.2EafJat n.useinandersetzen, bestimmen; vgl. Mrc. 5,43. 7,36 u. a. V. 21-28. Jesu Verkündigung von seinem Leiden und Tode u:i:J.d seiner Auferstehung, und Aergernis des Petrus. Vgl. Mrc. 8, 31-9, l. Luc. 9, 22-27. - V. 21. Von der Zeit an begannJesus seinen Jüngern zu zeigen, da.B er nach Jerusalem hinauf gehen müsse und viel leiden und getodtet werden und am dritten Tnge auferwekt wcrden. Mit ·d:n:o ?:Ó-i-s wird die Leidensverkttndigung Jesu zeitlich an das Petrusbekentnis angeknüpft, zugleich aber, · wie im Rückblick auf 4, 17, diese Verkündigung als ein epochemacbendes Ereignis in der messianischen Selbstbezeugung Jesu markirt. 1 Das ?JQsa-i-o - OEt~vtÍEtV er fing an - zu zeigen sezt wiederholte Verkündigungen voraus, wic sic 17, 12. 22 f. 20, 18 f. folgen. An das Bckentnis des Petrus knüpft der Herr die erste Verkündigung seines Leidens und Todcs an, um die Jünger vor eitlen Illusionen über die weitcre Entwickelung seines mes1) Statt 'l71uoi•• oder ó 'lr.uoiír; hat der Elzei'Íl'sche Text nach ~* B* Copt. u. a. 'Ir¡aoií• ó X@ta-ck Diesen Text verteidigt Hhis.~ rus ursprünglich, wogogen
Jlc!f. ilm im Zusa.mmenhang unpnssend :findet urid für durch den Mechanismus des Absehreibers (aus v. 20) hercingekommen erklart. Diese Ansicht hat viel groBere W:uscheinliehkeit aJ.s die von W<'i.•.•, zumo.! in ~*C'u. a. dom~ X@iur;Ós; in v. 20 das dort sinnlose 'lr¡uoiir; vo1·gcsczt ist. K e il, Comm. "· .l!lv11ngol. lllnttl1. 23
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Mntth. XVI, 21.
sianisehen Wirkens zu bewahren und sic tiefer in das Yerstü.ndnis des Erlüsungswerkes einzuführen. Hiefür war der in dem Bekentuisse des Petrus ausgesprochene Glaube, daB Jesus selbcr der Messias ist, nicht blos ein Yorlüufer desselben, wofür das Volk ihn hielt, eine notwendige V01·bedingung. In owcvvetv 8n oel xd. (den Jüngern) zu zeigen, daB e1· naeh Jerusalem gehen und dort viel leiden müsse, liegt, daB es sich nicbt blos um ein Yoraussagen seines Todes und seiner Auferstehung handelte, sondern um den Nacbweis, wie das Jesu in Jerusalem bevorstehende Schicksal im güttliehen Rathschlusse als für die Erli.isung der Mensehheit notwendig, begründet sei. In weleher Weise Jesus den Jüngern den gottgeordneten Zusammenhang seines Todesleidens mit der Ausführung se.ínes Werkes aufgezeigt hat, ist nicht naher angegeben, l!LBt sich aber d01· Lue. 24, 44 ff. berichteten Einführung der Jünger in das Verstil.ndnis der WeiBagung von seinem Leiden in der Sehrift analog, d. h. der damaligen Fassungskraft der Jtt1mer angepaBt, denken. a:;ceJ.f>·slv slr;; 'lEQoG. scblieilt, wie 11fey. richtig gegen Hilgf. bemerkt hat, ,weil mit xat xo.lla :;raO-erv etc. znsammenhl.tngend, frühere Reiseu Jesu nach Jerusalem, welehe Johannes erzil.hlt, nicht aus'; vgl. 23, 27. chó von Seiten, wie 11, 19 u. ü. Die Nennung der Aeltesten uud Hohenpriester und Schriftgelehrten ist eine effectvolle Umschreibung des Synedriums, der obersten Geriehtsbchorde des jüdisehen Yolks; s. zu 2, 4. - &.xoxT:a1,fhjvai wird erst 20, 19 nll.her als Tod am Kreuze bcstimt. Die für die Auferweckung bestimte Zeitfrist: ,am dritten '.l.'ago' braucht man nicht als unvermittelt iibernatürlicbe Prll.dietion zu fnssen; sie lüBt sich psychologisch vermittelt denken teils dureh die Erfa.hrungsthatsache, da.O am dritten Ta.ge 11ach dem Verscheiden sich Spuren der eintretenden Verwesung zeigen, also wenn die Verwesung nicht eintreten soll, die Auferweckung aus dem Tode spü.testens an dicsem Tage zu erwarten steht; teils durch den schon früher erwü.hnten Hinweis a.uf das a17µerov des Propheten Jona.s, das an ibm sieh erfüllcn solte (16, 4 u. 12, 39). Die neuere Kritik findet ,mit dieser so kln.ren und bestimten Vorhersagung unvoreinhar, dan dio Jünger durch don Tod ihres Herm entmutigt, soine Erweckung gin nicht erwarton, da.her den Loichna.m mit S¡>ccereien hcstll.tten, ..:.... dan sic die Gruft mit schwcrem Stein vcrsehlieaen, koine Hoffnung blickon Inssen, das leere Grab sieh nieht zu douton wisson, und die Nnchrieht von der Auferstohung und dor Erseheinung des Auferstandenen nls ungln.ublmft lJetraehton und teilweise selhst an seiner Person Zwoifel hegen; ferner dan dor Auferstandene selhst zwar auf die prophetisehe (Luc. 24, 25), a.her nieht nuf seine eigouo Wefüagung sieh beruft, wie aueh Joha.nnes don Gedanken an die Aufel'Stchuug, der bei ihm und Petrus erst clurch den Augenschein im leoron Gl"abe cintrat, lediglich (?) aus dem hisherigen Niehtverstii.ndnisse der Scl1rift erkfürt (Job. 20, 9)'. Aus diesen Gründen nimt noeh Mey. an, dall Jesus seine Auferstehung nur in dunklerer, unbestimterer Weiso, die noeh nicht in ihrem wahren Sinne gefo~t wurdo, angedeutet, und da~ erst ex eventu die Ida.re und bestimte Forni¡ in welcher die Auferstehungsweillagung vol'liegt, in der Ueberlicforung sich nusgeprii.gt ha.be'. Diese Bedenken Iassen sieh allerdings durch die Bomerk1mg,,
}fotth. XVI, 21.
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dn.n die Jünger die Vorhersagung Jesu nicht versto.nden hñtten Mrc. 9, B2, nieht genügend el"ledigen; doch ist der Behauptung, dn.fi eine Vorhersaguug so.einfüch und unumwunden ausgesprochen, auch verstande:ú>werden muüte (:lfey.), die allgemeine Erfa.hmng entgegenzuhalten, ,daü das Verstandnia eines Vorganges bcdingt ist von der Stellung des Herzens zu demselben. Eine Erkfüruug, die dem Wünschcn und dem Wollen unsers Herzens entspricht, geht dem Mensehen gar viel leichter eiu a.Is einc, die ihm das o.Is vorhanden beweisen will, von dem er wünscht, daB es nicht vorhanden oder wh:klieh sein moehte' (Sum.mer). Was Jesus von scinem Tode und seiner Auferstehungsagte, lief aber den Vorstellungeu uucl Erwartungen dcr Jü11ger von Christo schnurstraks entgegen. Einen leidenden und sterbeuden Messias konten sic sich nfoht denkeu. Noch weniger vermochten sie sich eine Vorstellung von Jesu Auferstehung zn machon. Die Auferweckungen der Tochter des Jairus und des Jünglings zu Nain, dio Jesus vollbracht hatte, waren nur Erweekungen eben Gestorbener zur Rükkehr in das irdische Leben, die den Tod uicht für immer aufhoben. Au~erdem war fünen ja nur der Gl:i.ube a.n die allgemeine Auferstehuug der Todten nm jüngstcn 1'age zum ewigen Leben bekant. ,Wns Wunder a.Iso, daü de1· schrcckliche Eindruck
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Matth. XVI, 22-21>.
V. 22 f. Wie unfü.hig die Jünger noch wnren, das Leiden und den Tod Christi zu fassen, ersieht mnn aus dem Eindrucke, den die Verkündigung desselbeii' auf Petrus maehte. ,,Jesum zu sich (d. h. beiseits) nehmend fing eran ihn zu bedrohen: Gott bewahre dich! Herr, nimmermehr soll dir solches gesehehen". ~:1m:iµiiv dem hebr. .,~~ entsprechend, bed. schelten, bedrohen¡ im Griech. auch: Vorwürfe machen. Das Drohende lag in dem Tone der Rede. Lutlie1·s Uebersetzung: ,er fuhr ihn an', drükt den Sinn von bm:tµii.v gut aus, nur ist dabei das ~Qscrro auiler Acht gelassen. ~'lsmr;
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herstellung desselben zu verkiinden (Godet). Die Yora.ussage seines Leidens und Todes o.her in Abrode zu stellon haben selbst Hose, Weiz.v., Jíeim, Wilticlun nieht unternommon, trozdem da~ sie in Widerspruch mit dem Zeugnisso der ovangel. Gesehichte (vgl. O, 11>. 10, 38. 12, 40 u. Joh. 1, 29. 2, 19. 3, 14. 6, 51 u. a.) behaupten, da.~ erst um diese Zeit die Erkentnis saines Leidons und Todes Jesu zum Bew~tsein gekommon sei.
Mo.tth. XVI, 26-28.
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dagegen die .Aufopferung des irdischen Lebens um Christi willen, d. h. in seiner Nachfolge und in seinem Dienste, den Gewinn des ewigen Lebens einbringen wird. - V. 26. Um diesen Gedanken weiter zu begründen, macht er aufmerksam nuf den unersetzlichen Schaden, welchen der Verlust der Seele d. i. des ewigen Lebens bringt. ,,Denn was wird ein Mensch für Nutzen haben, wenn er die ganze Welt gewonnen, seine Seele aber eingebttBt haben wird? Oder was wird ein Mensch geben als Entgeld für seineSeele?" Statt olrpslEí'r:at (nach CDZI'iJ.II al.) hat Tisck 8 wrpEJ.TjfhíOE.'UCl na.ch ~BL al. _aufgenommen. Das Prasens hat auch Luk., l\fark. dagegen das Futur a3rps21jat:t. Das Prasens vergegenwil.rtigt die znkünftige Sachlage, wie sie am Tage des Geriehts stattfindet (lliey.}. s17µtw8-ü (-i-~v tpvmv) das Gegenteil von "EQó1jar¡ heiilt nicht: au der Seele Schaden leiden (Lutlter), sondern die Seele einbüBen, verlieren; vgl. He1·od. VII, 39. Richtig Vnlg.: animae suae detrimentum patiatur. 1j ode1· se. würde er Nutzen davon haben'? Nein - denn er hat keinen Preis zu geben, für den er die verlorene Seele d. h. das ewige Leben, das er eingebünt hat, eintauschen k6nte. Non sufjicit 1mmdus. Beng. dvnfJ.lcqµa entspricht nicht, wie Ritsclll (Jahrbb. f. D. Theol. 1863 S. 234) meint, dem hebr. "'l~!i l~•QOV. Im. N. T. komt es nur hier u. in der Parallelstelle des Mark. vor, und in der LXX für n1~r.iry Tausch (Ruth 4, 7) und .,~r:i~ Kaufpreis Jer. 15, 13 oder .Aequivalent Hiob 28, 16. 1 Kon. 21, 2, und bedeutet auch im Griech. nur Tausch, Tauschmittel, nicht: Sühne oder Sühnmittel. V. 27. Das über den Verlust der Seele Gesagte bestlitigepd (ráQ) fügt der Herr hinzu; ,, Denu es steht in Begriff der Menschensohn zu kommen in tler Herrlichkeit seines Vaters mit seinen Engeln, und alsdann wird er vergelten einem Jeglichen nach seinem Thun". 1j CJóga 'toií xa-i-Qos av-i-. ist die dem Va.ter eigene Herrlichkeit, welche der Sohn als Abglanz seines Wesens vor Grundlegung der Welt besaB. Im Stande seiner Erniedrigung hat Christns sich derselben entli.uBert, aber bei seiner Erhühung zur Rechten des Vaters sie wieder erlangt (Joh. 17, 5), und wird dann in derselben sich als Weltrichter o:ffenbaren. xa-i-a -i-·1}v :il(.liigiv avi:ov nach ihrem Thun d. h. nach ihrem gesa.mten Verhalteu auf Erden, insonderheit ihrer Treue im Glanben und in der Nachfolge Jesu (v. 24 f.). - V. 28. Die Wiederkunft zum Geiichte aber - sezt der Herr init feierlicher Versicherung hinzu, wird bald eintreten. ,,Warlich ich sage euch, es sind Einige der hier Stehenden, welche den Tod nicht schmecken werden, bis sie gesehen haben werden den Menschensohn kommend in seinem Reiehe". t:lúlv 'ttVES r.rl. geht auf alle Anwesenden, besagt aber, da.6 die Meisten vorher sterben werden. j'EVEú1fm ltavái:ov den Tod scbmecken, vgl. Job. 8, 52. Hebr. 2, 9, ist .Aramaismus, ~'?~~ º:l.!'? in den Targums für das hebr. TI~~ n~? den Tod sehen d. h. erfü.hren, gebrüuchlich. l:v -i-fí flaatl. steht nicht für Els n)v flcca., sondern; kommcnd in seinem Reiche, welches er durch das Gericht berrlich nufrichten und vollenden wird. Mark. hat 9, 1 dafür: ,,bis sie das Reich Gottes in Macht gekommen sehen werden". Dies istin der Sache nicht verscbieden, wie Bl. meint; denn die fJaúU.ela in l\facht
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Matth. XVI, 28. XVII, l.
komt nicht olme den {JaatlHÍt,;. Das Kommcn Cbristi in de1· Herrlichkeit seines Vnters zum Gericht ist da.her nicht auf die Aufrichtung der Kirche am Pfingstfcste zu beziehen, noeh viel weniger mit Clwys., Deda, Vatabl., C. a Lap. a.uf die gleich folgende Verklü.rungsgeschichte. Von beiden konte Jesus nicht sagen, daB nur etliche der Anwesenden sic erleben werden. Gemeint ist das Kommen in He1·rlichkeit zum Gericht über die Welt. Diese herrliehe Zukunft Christi tritt aber nicht erst am jüngsten Tage naeh Ablauf der gegenwitrtigen Weltzeit ein, sondern begint schon mit dem Gerichte über Jerusnlem. Dieses Gerieht ,ist dcr Anbruch des künigliehen Kommens Christi, freilich erst der .Anbrueh, aber doeh schon das Vorspiel des jüngsten Ta.ges, das noch von vielen Zcitgenossen der Apostcl erlcbt wurde'. So trcffend Sommer; s. die weitcre Begrúndung dicser Auffnssung der Verkündigung Jesu von seiner Wiederkunft zu c. 24. - Uebrigeils beabsichtigt Jesus mit dem Hinweise auf seine baldigc Zukunft zum Gerichte nicbt blos seinc Jünger vor den ernsten Folgen des l\fangels an selbstvel'leugnender Treue in sciner Nachfolgc zu warnen, soudern cr will sie zugleich zu willigem und freudigem Aufnehmen und Tragen des Kreuzes ermuntern dtu·ch die Aussicht, daB die Zeit der Leiden nicbt lange wahren soll, und íhre Erlüsung nahe bevorsteho (Luc. 21, 28).
Cap. XVII. Verk.larung Jesu. Heilung eines mondsiichtigen I{nabeu. Die Tempelsteuer. V. 1-13. Die Verklitrung Jesu. Vgl. Mrc. 9, 2-13. Luc. 9, 28-36. ;_ V. 1. Durcb die Zeitangabe: ,,nach sechs Tagen" (cbenso Mark., dagegen bei Luk. weniger genau ,,ungcfü.hr [cóai:í] acht Tage") wird die Yerklitrungsgeschichte mit dem Bekentnisse des Petrus und der ersten Verli:ündigung Jesu von seinem Todesleiden (c. 16) zcitlich verknüpft, um den innerlichcn Zusammenhang dieser Ereignisse anzudeuten. Die Yerkliirung Jesu solte die Jünger im Glaubon an Christum den Sohn Gottes stürken, solte ihnen zoigcn, da8 Jesus ungcachtet des ihm bevorstehcndcn Leidens und Todos doch dcr Solm des lebendigen Got.tes sei, der naeh Vollendung seincs Werkes auf Erden zur Henlicltkoit seines himmlisehcu Vatcrs wcrde crhi.lhet werden. Als Zeugen ,dieser Pr!lformation seiner Verherrlichung nahm Jcsus den Petrus und das Brüderpaar Jakobus und Johannes mit sich auf einen hohen Berg xa?:' lOlav allein, Luther: beiseits d. h. so daB sie dort mit ihm allcin waren. Diese droi Aposte! waren schon bei der Auferwccku\.1g der Toehter des Jairus Zeugen von Jesu Wundcrmaeht über den Tod (Mre. 5, 37. Luc. 8, 51) und spiLter auch allein .Augenzeugcn seines Seelenkampfes in Gethsemane (26, 32), weil sie vermüge ihrer geistigen .Anlage am meisten befühigt waren, das Geheimnis der gottmensehliehmr Nntur des Erlüscrs und seines Wcrkes im Glauben zu edassen, um dann nach Christi Erhühung von der Erdc davon zu zeugen und zu predigcn ¡ vgl. 2 Petr. 11 Hi ff. Der Loho Berg ist in den Evangelien
Matth. XVII, 1-3.
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nicht nilher bestimt, und seine geographische Lage Ui.lJt sich nicht sicher bestimmen. Sechs Tage vorher war Jesus in der Gegend von Citsaren Philippi am Fufie des Hermon (16, 13); wie lange er aber dort sich aufgehalten, ist nirgends angedeutet¡ spttter wandelt er wieder in Galiliia umher und komt nach Capemaum tMrc. 9, 20. Mtth.17, 22-2•1), so daB für die Annahme, die Yerklllrung habe auf einer Kup11e des nordüstlich von Ciisarea be:findlichen Gebil·gsstocks des Hermon stattgefunden, feste Anhaltspuukte fehlen. Die kirchliche Ueberlieferung seit dem vierten Jahrh., bei Cyrill von Jerus. und Hieronymus, verlegt die YerkHi.ruug auf den Berg Tabo1·, der z\vei Wegstunden üstlich von Nazaret sich in der Form eines abgestumpften Kegels gegeu 1000 FuB über die Ebene erhebt und auf seiner platten Oberflü.che eine weite A.ussicht na.ch allen Seiten bietet. Aber abgesehen davon, daB Eusebius von dieser Tradition noch niehts weiB, kann der Tabor auch schon desbalb uicht in Betracht kommeu, weil auf seinem platten Gipfül schon früher und auch spiLtor noch eine kleine befestigte Stadt lag. S. mehr hierüber bei Robins. Paliist. III S. 452 ff. Nach Luc. v. 28 begab sich Jesus mfü den genanten Jüngern auf den Berg, um zu beten, und na.ch der Angabe v. 37, daH sie av 7:Ü is'Í}i; ~µÉQ~t. vom Berge herabgekommen, scheint Jesus auf dem Bergo die Nacht im Gebet zugebracht zu haben und die Verklü1·ungsscene in der Nacht erfolgt zu sein. - Y. 2. Wü.hrend Jesus betete wÚrdo das An sehen seines Angesichts ein andares (nach Luk.), wl.Lhrend Matth. u. Madr. einfach sagen: µs-r:sµoQrpCÓfh¡ ~W'Q· mlr. er wurde umgestaltet, lransfigiwatus est (Yulg.J d. h. das Ansehen seiner Gestalt veriindert, vor ihnen d. h. vor den Augen der d1·ei Jünger, und, wie Matth. diese Umgestaltung nil.her beschreibt, ,,sein Angesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden wem wie das Licht ", stralend in wei.Bem Lichtglanze. In diesem leuchtenden Glnnze seines Angesichtes und dem lichtweiBen Schimmcr seiner Gowil.nder trat die gottliche oóga, welche Jesus als der eingeborcne Sohn Gottes von Ewigkeit her bei seincm Yater besessen, aber bei seiner Menschwerdung mit der Knechtsgestalt des irdischen Leibes vertauscht hatte, in sinnenfüJliger Weise für das Auge der Jünger hervor, zum Zeiclien, do.B er dieselbo bei seiner Rükkehr zum Yater nach Vollendung des Edüsungswerkes wieder erhalten werde (vgl. Job. 12, 16. 23. 17, 5). - Y. 3. ,,Und siehe es erschienen ihnen Moses und Elias mit ihm rcdend". Moses, dcr Mittler der Gesetzesanstalt des A. Test., und Elias, der für die Ehre des Herrn und seines Bundes mit Israel eifernde Prophet, erschienen als die Repriisenta11ten des a.uf Gesetz und Verhei6ung (WeiBagung) begründeten Alten Bnndes, und zwar mkoíg d. i. den drci Jüngern, nach Luk. l,·v oÓs?J in Herl'lichkeit d. h. i11 überirdischer Glorie, ü.hnlich der verltlü.rten Gestalt Jesu. Woran die Jüngcr die Beiden als Moses und Elias erkanten, ist nicht erwlihnt. Sicher nicht aus dem Inhalte des Gespr!i.ehs oder aus nacbheriger Erüffnung Jesu (Bl. u. A.), sondern unmittelbar ail den einzelnen Zügen ihrer Gestalten, welche der Vorstel1ung, die man sich über die Persünlichkeit Beider aus den Schriften
360
llfatth. XVII, 3.
des A. T. gebildet hatte, entsprachen. Von Elias war auch der Gln.ubc an sein Wiedererscheinen vor der Ankunft des Messias auf Grund der WeiBagung i\faleachi's c. 3 unter dem Volke verbreitet, aber von einer Erwartung der Wiederkunft Moses' ist zu Christi Zeiten nichts bekant. t Fraglich ist weiter, wie das Erscheinen Beider in Herrlichkeit zu denken sei. Alt und sehr verbreitet ist die Meinung, daB sie in verkl!trten Leibern erschienen. Bei Elias hat diese Annahme insofern keiue Schwierigkeit, als er nicht durch den Tod aus dem irdischen Leben geschieden, sondern durch wunderbare Entrückung von der Erde in.dcm Himmel aufgenommen worden, so daB er durch Gottesmacht sein Leben in Verklltrungsgestalt fortsetzen und in verkliirter Leiblichkeit den Jüngern erscheinen konte. Anders verbü.lt es sich mit l\fose, von dem ausdrücklich bezeugt ist, da.B er starb und se"íu Leib begraben wurde, und zwar von Gi>tt selbst, so daB niemand sein Grab gesehen hat (Deut. 34, 5 f.). Daraus hat man gefolgert, da.B, wie Elias durch seine Auffahrt von der gewaltsnmen Aufl.üsung durch den Tod bewahrt, so Moses bei dem geheimnisvollen Verschwinden seines Leibes durch besondere gottliche Fürsorge der Verwesuug im Grabe entzogen worden sei, und daB mit diesem auBerordeutlichen Ausgange des irdischen Lebens Beider ibr Wiedererscheinen bei der Verklürung Jesu in Verbindung stehe.2 .Allein eine Bewahrung des Leichnams Moses' vor der Verwesung dm·ch au!lerordentliche gottliche Fürnorgc lil.Bt sich aus seiner Bestattung durch Gottes Hand nicbt folgern. Hat Moses wegen seincr Vcrsündiguug beim Haderwasser nicht in das Land der VerheiBnng eingehen 1) Weder in Apokal. 11, 3 ff. no ch in den von Keim II S. 591 N ot. 2 angeführtcn Stellen 4 Esr. 6, 26. 7, 28. 13, 52 u. Joseplt. Anti. IV, 8, 48 findet sich diese Erwartung ausgcsprochen. Denn dal1 cinervon den zwei Zcugen (Apok. l. c.) Moses sei, Hi.J1t sich durchaus nicht begründcn; Josepli. l. c. berichtet über das Ende Moses': vÉrpovt; airpvíc!iov {mi(! avTOU ar&:vto>' 1:rp«vi~E1:(
Mo.tth. XVII, 4.
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dürfen, sondern als ein Exempel des Ernstes der gtlttlichen Gercchtigkeit den Tod, welchen die Sünde nach sich zieht, erleiden müssen, so fehlt jeder Grund für die Annahme, daB Moses zwar gestorben, aber der Macht des Todes sofort wieder entnommen, nur ins Grab gelegt, aber der Verwesu11g im Grabe alsbald wieder entzogen worden sei. Das Erschei11e11 sowol des Elias als des Moses sezt weder die .A.uferweckung noch die Verklarung der Leiber vor der Aufcrstehung Christi voraus, da ja auch Samuel, ohne a.uferweckt zu sein, leibhaftig erschicnen ist (1 Sam. 28, 12 ff.) . .Auch die Engel <;irscheinen bald in materiellen menschlichen, bald in geisterhaften Leibern mit glünzenden Gewii.ndern, ohne daB sie materielle ode1· geistige verklli.rte Leiber, wie die .Auferstandenen, besitzen oder menschliche Leibe1· angezogen haben.1 - "Pi/foses und Elias redete11 mit Jesu nach Lnc. v. 31 von dem .A.usgange, den er in Jerusalem erfüllen solte. Hgoóoi; Ausgang des irdischen Lebens, bezeichnet hier nicht blos den Tod, wie 2 Petr. 1, 15, sondern scblieBt bei Jesu Tod und Erhühung durch .Auferstehung und Himmelfahrt in sich. Diesen Ausgang seines Lebens auf Erden solte Jesus e1füllen d. h. nach gUttlicher Vorherbestimmung vollendcn. Y. 4. ,,Petrus aber autwortete und sprach zu Jesu: Herr, es ist gut, daB wir hier sind¡ wenn du wilst, so will ich hier drei Hütten machen, für dich eine, und für .Moses eine und für Eljas &ine". Nach Luc. v. 32 f. waren die Jünge1· vom Schlafe beschwert; als sic a.ber dazwischcn erwachten, saben sie Jesu Herrlichkeit und die beiden bei ihm stehenden l\Ianner¡ und als diese von ihm zu seheiden in Begriff waren, spro.ch Petrus die angeführten Worte, nicht wissond was er redete. Die Schllifrigkeit der Jünger wird meist so erkmrt, daB sie wiihrend des Betens Jesu in dcr Nacht vom Schlafe überwilltigt wurden. Da sic aber beim Erwachcn die verkUirten Gestaltcn vor sicb saben, so kann auch dieser Anblick einen so überwitltigenden Eindruck auf sie gemacht haben, da.B Petrus die Klarheit des BewuBtseins verlor und den angegebenen Yorschlag machte. Die Worte xa2óv fo·rn· ~¡uf.; cJóe Elvm, die Luthe1· mit AuBerachtlassung des 1jµai; ungenau: ,hier ist gut sein' übersezt hat, gewinuen einen verschiedcmen Sinn, je nachdem man ~µar;, nur auf die drei Jünger, oder zugleich mit auf Jesum bezieht. Im lezteren Falle we1·den sie so erklart: Es ist gut, daB wfr hier sind an einem so anmutigen Orte, in solcher Gesellsehaft (Ft"ilzsclle, Bl., f{eim), odcr: an cinem so sicheren Orte unter dem Schutze der beiden Himmlischen (Clwys., Tlieopliyl. u. A.), oder: es ist hier so scl1ün, deshalb wollen wir uns hier bleibend nicdcrlassen (Baur). Allein da Petrus 1íµai; (nicht ~µrv) und blos slJJat (nicht µÍ1Jt:.tv) sagt, und da er, wie das folgende t:l fttf2l!lr;, etc. zeigt, Jesu zu einem Htngereu Zusammen1) VgL Delitz.~cli, System dcr bibl. Psyehologie S. 426 ff., wo die Ansicht, da.n das Wicdererscheinen Abgeschiedener nicht ohne Auferstebung moglich sei, mit triftigen G1·ünden bestritten wird, wenngleich der Versuch, die Erscheinungen Todter damus zu erklii.ren, da.n die Seelen oder Geister der Abgescbiedenen nicht ohne phi\nomenelle Leibesgesta.lt seien, sich als unbefriedigcnd herausstellen solte.
362
Ma.tth. XVII, li.
sein mit l\foses und Elias behilflích zu sein wünscht, so ist ~µCu; offenbar (Paul., Bg.-C1'.~ Weiss, f{losterm., Mey., Godet~ Sommer) nur von den Jüngern zu verstehen und der Sinn so zu fassen: es ist gut (oder trift sich gut), da6 wir (Jünger) hier sind; wenn du wilst,. so will ich fü1· euch zu füngerem Aufenthalte dl"Ci Hütten (aus Gestrauch und Laubwerk) herrichten. Petrus bedachte dabei nicht, daB die zu himmlischer Kla1·heit Gelangten auf der unter dem Fluch der Sünde und des Todes liegenden Ercle nicht dauernd weilen konnen, auch keines gegen Sonne und Wetter schützenclen Obdaches bedürfen. Es war also cine unüberlegte Rede, auf die Jesus nicht antwortet. - V. 5. ,,Wahrend er noch redcte, siehe da ilberschattete sie eine lichte Wolke, und siehe eine Stimme aus der Wolke, welche sprach: Dieser ist mein geliebter Sohn, au dem ich Wolgefallen habe; hüret ihn". Mit lOov - r.al lóov werden zwei nene bedeutsame l\'Iomente des wunderbaren Vorgangs eingeführt. Die varpÉi.1J
llf¡i.tth. XVII, 6-9.
363
V. 6. ,,Als die Jünger das hürten, fielen sie auf ihr Angesicht und erschrnken sehr". Durch die aus der Wolke ertoncnde Stimme wurde Hrnen erst die Gegenwart des allmi.i.chtigen und heiligen Gottes zum BewuGtseiu gebracht, daG sie im Gefühlc ihrcr Nichtigkeit und Unheiligkcit vor der unmittelbaren Na.he Gottes erschraken und vor groBer Furcht auf ihr Augesicht nieclerfielen, wie Daniel (Dan. 10, 7-9) und Johannes (Apok. 1, 17) bei Uhnlichen Gottesoffenbarungen. - V. 7 f. Dn trat Jesus herzu, rührte sie nn und sprach: ,,Stehet auf und fürchtet euch nicht''. Als sic aber ihre Augen aufhoben, saben sie niemand, denu Jesum allein. Moses und Elio.s warcn ·verschwunden, und Jesus stand vor ihnen, nicht mehr in himmlischer Glorio leuchtcnd, sondern wieder in seinei· irdischen Knechtsgestalt, wie vor jener Erscheinung und nachher noch bis zu seinem Tode. - V. 9. Als sie vom Berge hernbgingen, gebot ilmen Jesus: ,,Saget niemand das Gesehene (-ro or.wµa), bis der Menschensobn wird von den Todten nufersfanden sein". Deber die constante Weglassung des Artikels bei ÉyEÍQEü&at lv Vf!'Y.(!WV s. Winer S. 117. Der Grund des Verbotes ist derselbe wie bei 16, 20. Solte schon tlus Bekentnis, daB Jesus der Christ uud der·Sohn Gottes sei, nicht verbreitet werden, um den irdischeu Messiasho:ffuungen des Volks keinen Vorschub zu leisten, so noch weniger der wuuderbare Act der Verklarung, weil dadurch das Volk noch viel mehr in der Erwartung des baldigen Hervortretens Jesu in clcr Glorie des messianischen Künigs Mtte bestürkt werden künnen. w¡ósví niemandem, auch den übrigen Jüngern nicht. Die Beziehung des w¡osvl auf Andero d. h. solche, die aul3erhalb des Jüugerkreises stehen (Sommer), ist willkürlich. Dieser Act der Verklllrung Jesu ist cin Wunder der güttlichen Allmncht, von dessen geheimnisvollem llergange es schwer ist, cine deutliche Vorstellung sich zu machen. So viel erhcllt aber unzweifelhaft aus der ganzen Erzilhlung, daB die wunderbnro Vertinderung tler Gestalt Jesu lrnine bloBe Vision war, welche die Jünger scho.uten, sondern Wirklichkeit, d. h. ein objectivei· Vorgang von realer Bedeutung nicht nur für die Jünger, sondern auch für Jesum selbst. Da jedoch Jesus nach dicser Erscheinung noch oder wicderum unverilndert wie zuvor die Natur unsers Fleisches und Blutes an sich triigt uud den 'l'od erlcidet, so kann diescr Vorgang nicbt eine wirkliche Verkliirung seines Leibes gewescn sein, wie sie nach seiner Auferstehung von den Todten eintrat, sondem nur eine wunderbar gcwirkte Vorbildung derselbcn, an welcher die Jünger die zukünftige himmlische Herrlichkeit des Solmes Gottes mit Augen schauen solten; nur ein seinc zukitnftige Verklli.rung veranschaulichendes Unterpfand und Zeichen der óóga l9-Wv, in welche er nach Vollendung des Erlüsungswerkcs a.uf Erden durch Tod uml Auferstehung bei der Himmelfahrt cingehen solte; nur ein O(}aµa (v. 9) der JlO(!
wv
364
Ma.f.1ih. XVII, 9.
des Moses und Elias vorzustellen; auch nicht blos als subj ective d. h. nur von den Jüngcrn im Geiste geschaute Vision, sondern als eine von Gott gewirkte objective Erscheinu11g derselben in der Gestalt überirdischer Herrlichkeit, die jedoch wcder eine Auferweclmng ihrer Leiber ad tempus, no ch die eingetretene Yerk!ii.rung derselben voraussezt, sondern analog der Erscheinung der Engel zu denken ist, welche den zum Grabe Jesu gekommenen Frauen und Jüngern die Auferstehung Christi verkündigten. - Was aber den Zweck dieses Phií.nomens betrift, so wird allgemein ancrlmnt, da8 die Jünger durch dieses Scbauen der Jesu inwohnenden gOttlichen Herrlichkeit im Glauben an ihn a.Is Christ und Sohn Gottes gekriiftigt werden solten, damit sie bei seinem Todesleiden nicht an ihm irre werden müchten. Aber auch für Jesum nach seiner menschlichen Persünlichkeit hatte dieser Vorgang ohne Zweifel eine reale Bedeutung. Dies mu8 inan schon daraus schliefien, cla8 Moses und Elias mit ihm von seinem Ausgange in Jerusalem rcdcten, ohne Zweifel von dem Werke der Erlüsung, welches er nai:h güttlicher Vorherbest.immung durch Tod und Anferstehung vollbringen solte. Zur Vollführung dieses Werkes durch Leiden nnd Tod bedurfte auch Jesus, nachdcm er Fleisch und Blut angenommen, um den Tod für jedermann zu schmecken, der güttlichen Starkung, wie sein Seelenkampf in Getbsemane zeigt; uud diese Starkung solte ihm durch diese vorbildliche Vcrklii.rung zutcil werden, in der seine menschliche Natur einen Yorschmack empfing von der Herrlichkeit, zu welcher sie durch Leiden und Tod hindurch würde geführt werden. - Endlich auch das Erscheinen des Moses und Elias hatte don Zweck, nicht nur den Jüngern, sondem auch der Seele Jesu den gottgeordneten Zusammenhang des A. und N. Bundes thatsü.chlich zu bezeugen und Jesu Lebensausgang als die Vollendung der gottlichen lleilso:tfenbarung darzustellen. Die neuere, im Natura.lis.mus befangene Kritik hat diesen wunderba.ren Vorgang im Leben de.s Erliisers auf verschiedene Weise aus der evangelischeu Gesehiehte zu eliminiren versucht. /{eim (Il, S. 586) bemerkt darüber: ,Eine Verwandlung der Leiblichkeit Jcsu bis zum Sonncnglanz des Antlitzes, bis zur Verkliirung der Kleidcr und na.ch der Verwandlung eine Rückverwandlung zur grobercn Enlcngestalt hebt doch wol den Charaktcr saines menschlichen irdischen Lcben.s auf, ist cin reim•s Wunder Gottcs am Menschen oder das Wunder cines wandelnden Gottes im Schein der Mcnsehengestalt'. Schon diese Darstcl~ lung der Begebenheit zeigt, da6 man zur Entstellung eles Sachverha.ltes seine Zuflncht nehmen mu~, um dns Factura Lestreiten zu J¡ünncn, weil wissenschaftIiehe Gründe hicfür fehlen. Von v~noundlu11g der Leiblichkeit Jesu, von VcrkUinmg seiner Kleider und Rackverroandlung zur grüberen Erdengestalt ist in den evangelischen Berichten nichts zu lesen. Denn ,un«p.o~cpoi:u:Ja1 ist bekantlieh nicht gleichbedeutend mit rl.Uá•~eabra verwandelt werden (1 Kor. 15, ti2); und das Glñnzen der Kleider in leuchtendem Wein sezt keine Verklií.rung dcrselben voraus. Die Unmiigliehkeit geschichtlieher Gotteso:lfenbarungen und dc1· Erseheinungen -himmlischer Geister a priori behaupten kiinnen nur diojenigen, wclche das Walten des persünlicllen Gottes in der Heilsgesehichte und dio
Ma.ttb. XVII, !J. 10.
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Existenz boherer Geistwesen überha.upt leugnen. - W enn aber Kei1n weiter bebauptet: ,die Gcschiehte ist sonst nie bezeugt, und sie ist offenba.r nieht alt, sondern jung' (S. 586 u. 588), so genügt es für das Gegenteil auf 2 Petr. 1, 16ff. zu verweisen. Denn fülls auch dieser Drief nicht von dem .Apostel Petrus verfül)t wii.re, wofür ein bündiger Beweis bisher nicht erbru.cht ist, würde diese Stelle doeh, wie Mcy. treffend bemerkt, ,grolle Wiehtigkeit hu.ben teils als immerhin sehr altes Zeugnis der Sache selbst und dor Bedeutsamkeit, die man ihr als geschichtliehen Vorgang beilegte, teils für den telischen Gesichtspnnkt, unter welchen dns Ereignis zu stellen ist, nii.mlieh als P1·il.formation dor bevorstehenden· ó'ófo des Herrn, in welcher er wiederkommen wird, und in welche den vertrautesten Jüngern vor seinem Leiden diese wunderbare Perspeetive geoffnet werden soltc zur Krii.ftiguug in der .Ausführung der sehweren .Aufgabe, die ihrer Arbeit naeh dem nahen Hingí\nge des Herm gestelt war'. - Mit dieser Da.rlegung des Zweckes des wunderbaren Vorgangs, a.uf den wir sehon in der Auslegung hingcwiesen, ist der woitere Eínwurf, dar.· nii.mlieh der Zweck dieses Wunders schwer zu verstehen sei, ausreicbend beseitigt. Dagegen sind die Vcrsuche der Gegner, die Entstehung des evaogelischen Berichts wnrscheinlich zu machen, sei es dureh rationalistisehe Umdeutuog der wunderba.ren Züge der Geschiehte in Na.turphii.nomene, Gewitter, atmospharische Beleuchtuog, und geheime Zusn.mmenkunft mit Z\vei Unbekannteo oder geheimen Anhlingern (Paul., Sclileierm., .Ammon, Theile, Ha.~e u . .A.), sei es dureh Verwnudlung der Geschichte in :M:ythus (Slraus.•, Sc71olte11, Keim u. A.) oder Tra.umgesieht (Kuinol·l, Neandfr u. A.), so besehaffen, dal1 ihre .Annahme stii.rkoren Glauben erfordert, als die Anerkennung der evangelischen Tha.tsnehe.
V. 10--13. Das Erscheinen des Elfas bei Jesu Verklarung ve.ranlaBt die drei Jünger nuf dem Rückwege vom Berge, die Frage an Jesum zu richten, wio os sic:h also mit der Lehrc der Schriftgeleh1'ten, do.ll Elias zuvor kommen solle, verhalte. Ilowwv zuerst d. h. vor dcr Offenbarung des Messias oder vor der Aufrichtung des messianischen Reiches. Der Sinn, w9lchen sie mit dieser Frage verbanden, hil.ngt von dem rückweisenden ovv ah. Dieses bezieht Jlley. auf das vorhergehende Verbot Jesu, in dem Sinne: ,Mit welchem Grunde sngen denn also, da wir die geschehene Erscheinung des Elias niemauden mitteilen sollcn-, die Sc:hriftlehrer, Elias müsse zuvor (vor dem sein Reich aufric:htenden Messias) auftreten? Folgt nicht aus dem Verbote, daB dieser Lehrsatz dei· Schriftlehrer irrig sein muB?' Allein aus jenem Verbote kéinte hOchstens folgen, daB die Erscheinung des Elias auf dem Berge nicht die erwarteto Elias-Ersc:heinung war; und auch das nicht einmal, da ja auch aus dem Verbote 16, 20 nicht folgte, da.B Jesus nicht dar Messias sei ( Weiss). Das oi5v kann nur auf die Erscheinung des Elias auf dem Berge zurückweisen, mit wclcher die Gcdanken der Junger sich noch beschü.ftigten. Da sie uamlich durc:h die VerkHirungssc:ene in dem Glauben, dall Jesus der Messias sei, sehr bestarkt worden 'varen, dabei aber den Elias in vcrkHlrter oder himmlischer Gcstalt hatten erscheinen sehen, so wuBten sie damit die Lehre, dafi Elias zuvor (denn auf .trQro·rnv liegt der Nachdi·uck ihrer Frage) kommen salle, nicht zusammenzureimen, und ri.chteten deshalb die gonante Frage an Jesum, um
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Afotth. XVII, 11-14.
zu erfahren, ob der auf dem Bergc erschíonene und bald wiedcr verschwundene Elfos noch vor der Aufrichtung des messianischen Reichcs in Herrlichlrnit erscheinen werde. Das Erscheinen des Elias hatto sic an der frühercn Belehrung Jesu, daB Jobannes der Titufer der Elias sei, irrc gemncht, indem dasselbc anzudeuten schien, daB Elias noch in Person erscbcincn werde, um der W eiílagung eles Prophoten l\faleachi gemaB das Herz der V!iter zu den Sülmen und der Sühnc zu den Vatcrn zurückzufübren (Mal. 3, 23 f.), in welchem Falle die Aufrichtung des Reiches Christi nicht sobald würde crfolgen künnen. Darnuf antwortet Jesus v. 11 f.: Es verhiílt sich allerdings so, wie die SchriftgelelÍrten sagon: ,,Elías komt 1 und wird alles herstellen; aber ich sage euch : Elias ist schon gckommen - nlimlich in der Person des T!ittfers, vgl. 11, 14 - abor sic (die Schriftgelchrten) haben ihn nicht erkant, sondern a11 ihm gothan was sie wolten". '.A.noxm:aa.-~OEt ist aus Mal. 3, 23 (LXX 4, 15) und aus dieser WciBagung aucb das Futurum zu crkliíren. l\Iit .návw ist die von Malcachi gewoiBagte Zurltckfübrung des Herze11s dor Viiter u. s. w. d. h. der rcchten Gesinnung des Volks im Groficn und Ganzcn, als restitutio des gesamten theokratischen Vorh!iltnisses für die Aufnahme des l\fossias gefa1lt. Dics hat Johannes der Tü.ufer gewirkt; und wenn cr nicht eine Bckebrung des ganzen Volks zu der gfüubigen Gesinnung dcr Vil.ter zu Stande gebracbt bat, so liegt der Grund hievon darin, daB die Schriftgelehrten ilm nicht als den von Gott gesandtcn Elias erlrnnt, sondern nnch ihrer Willkür, in die güttliche Absicht seincr Sendung vereitelnde.r Weise (vgl. Luc. 7, 30) behanclelt ha ben. ,, Ebenso steht auch dem Menschcnsohne bevor von ihnen zt1 leiden". Mit dieser Erkfürung, daB die Sünde und Feindschaft dcr Schriftgelehrten ihm ein iihnliches Gcschick wie dom Taufer bereiten werden, will Jesus seinen Jüngern nicht blos die Wahrbcit seiner Verkündigung des íhm bevorstehenden Leidens und Todes J.iestti.tigen, sondcrn zugleich dem Bedeuken, das aus seínem Leiden und Sterben in ihrer Seele gegen seine Messianitat auftauchen künte, vorbeugcn. W enn die Verschm!ihung des Tü.ufers vonseiten der Schriftgelehrten und sogar seine Tüdtung den gottgeordneten Zweck soiner Sendung nicht vereitelt hat, so wird auch das Leiden und die Tüdtung Christi die Aufrichtung und Vollondung des Reiches Gottes nicht hindern künnen. - V. 13. ,,Da verstanden die Jünger, daB er von Johannes dom Titufer zu ihnen redete", d. h. sic verstanden mm, daB er die W ciBagung von dom Erscheinen des Elias durch das Auftreten und Wirken Johannes des T!iufers als crfült botrachte, und ein Wiederkommen des Elias vor der Offenbarung Christi in Herrlichkeit zur .Aufrichtung saines Reiches nicht zu erwarten stehe. V. 14-21. Heilung eines mondsi.i.chtigen Knnben. Vgl. l\frc. 9, 14-29. Luc. 9, 37-,13. Diese Begebenheit lassen alle drei Evau1) Das ne1i.rrov hiuter E'eX!WI im tc.1:t. i·ec. nach CZI'dllal. haben Fritwdie,
Lclim. u. Tí.
Matth. XVII, 14-18.
367
gelisten auf die Verkfürungsgesehicbte folgen. V. 14 ff. Als sie (Jesus und die drei Jünger) vom Berge zu den ttbrigen Jüngern und dem Yolke kamen, nach Luk. am Tagc nach der Verklti.rung, trat ein Mann zu Jcsu hin, fiel vor ihm auf die Kniee und sprach: ,,Herr, erbarme díeh meines Sohnes; denn cr ist mondsüchtig und schlimm leidend, denn oft fü.lt er ins Fener und oft ins Wasser; und ich habc ihn zu deínen Jüngern gebracbt und sie konten ihn nicht heilen". Das Leiden des Knaben rürte laut v.18 von Besessensein durch einen Dü.mon her und trat in beftigen epileptischen Zufü.Uen in die Erscheinung, die dem Einfiusse des Mondes zugeschrieben wurden (s. zu 4, 24). Nacll der umsfündlichoren Relatiou des Mark. hatte die an die Jünger gerichtctc Bitte des Vaters, seinen kranken Sohn zu heilen, cine Menge Volks um dieselben versammelt-, darunter auch Pharisüer, die mit den Jüngem in Wortwechsel begriffen waren, als Jesus herzukam, ohne Zweifel darüber, daB diese die Heilung des Kranken versucht hatten, aber nicht zu bewirlrnn vermochten. - V. 17. Als der Vater seino Bitte ausgesprochen, antwortete Jesus: ,,O du ungliiubigcs und verkchrtes Geschlecht! wie lange soll ich bei euch sein ! wie. lange soll ich euch ertragen!" Mit der Anrede: revea &:n:iaw~ r.a{ ornar:(J
368
Ma.tth. XVII, 19-21.
(so wie 15, 28). Zu lixsTlµr¡
Mntth. XVII, 22. 23.
369
sehon aus der umstandlichen Beschreibung, wie er den Knaben peinigte, selbstnoch vor u. bei seinem Ausführen aus demselben (bei Mre. v. 20 - 27), zu schlieBen, auBerordentlich schwer auszutreiben war. lr,,,¡¡;O(JliVli'Wt vom Diimon gebraucht wie Act. 19, 12, correspondirt dem lx{JaJ..Elv v. 19; daher nicht mit Etv. an eine solche JJ!enscltenart gedacht werden kann. Gebet und Fasten kommen als Mittel zu1• Stii.rkung des Glaubens in Betracht, und zwar des Heilenden, nicht auch des Patienten, wie Olu-ys., Tlteopliyt. u. Eutltym. meinten. 1
V. 22 u. 23. Z1veite Ve1·kiindigung Jesi' von seinem Leiden, Sterben und Aufe1·stelten. Vgl. Mre. 9, 30-32. Luc. 9, 43-45. Alle drei Evangelisten haben diese wiederholte Leidensverkündigung in nahe zeitliche Verbindung mit der Verklü.rungsgescbichte gesezt¡ Matth. in loser Anreihung an die Heilung des mondsüchtigen Knaben, Mark. u. Luk. durch engere Verknüpfung mit derselben, indem :Mark. sagt: .A.Is sie von dort, wo Jesus nach seiner Herabkunft vom Berge den mondsüchtigen Knaben geheilt hatte, fortgegangen Galilita durchwandelten, belehrte Jesus seine Jünger u. s. w. Luk.: Als aber a.lle sich über alles was Jesus that verwunderten, sprach er u. s. w. Matth. s:igt blos: Als sie in Galilaa umherzogen ( dvaa-rQe
370
llfa.tth. XVII, 24.
verkündigung einen niederschlagenden Eindruck. ,, Sie wurden sc1n• betrübt", weil sie nur seinen 'fod ins Auge faBten, die Auferstehungsverkündigung ihnen ein unbegreifliches Rüthsel blieb¡ s. zu 16, 21. Mark. u. Luk. berichten, dn.B das Wort ihneu unverstiindlfoh, vor ihrcu Augen verborgeu war, und da.B sie sich scheuten, Jesum darüber zu fragen. V. 2•1-27. Von der Tempelsteuel'. Diese Geschichte hat nnr l\fatth. aufbebalten. Sic trug sich zu, als Jesus mit den Jüngern auf seiner lezten Wandcrung durch Galilüa wieder nach Capernaum gekommen war (v. 24 vgl. i\.frc. 9, B3J. Da traten die Einnehmer der Doppeldrachmen d. i. der Tempelsteuer zu Petrus heran fragerid: ,,Erlegt euer Lebrer (Meister) nicht die Doppeldrachmen?" (von Lutltei· populür verstandlich mit Zinsgrosclten verdeutscht). ot J.a11fJcí21ovn1; substantiv. die Einnehmer. L1lóQaxµo11 die attische Doppcldrachme d. i. die FliUfte des Staters (ú'l"eti1ÍQ v. 27) war die .Abgabe, welchc in damaligcr Zeit jeder miinnlichc Jude vom zwanzigsten Lcbensjahre ab jührlich an den Tempcl zu entrichten liatte, auf Grund von Exod. 30, 12, wo bei der Musterung des Volks von jedem 20jiLhrigen Israeliten ein halber Sekel als iui~~ .,~:r; Sühngeld für den Bau der Stifts~Uttc erhoben wurdc, vgl. mit 2 Chr. 2•1, 6, wo dieselbe Abgabe als Stcuer Mose's durch den Künig Joas für die Reparatur des Tempcls vom Volke cingefordert wurtle, und Nch. 10, 3'3, wo der Lnndpflcger Nehcmia dio Gemeinde zur jührlicl1en Entrichtung dieser Stcuer, aber mit Rüksicht auf die Armut des Volks auf ein Drittel des Sekels ermiifügt, verpflichtete. In der Folgezcit wurde sie, wiederum im Betragc eines halben Sekels (nach Ex. 30, 12) von der ganzen jüdischen Nation in Pnlllstiirn. und in der Diaspora erhoben. Vgl. Joseplt. Antt...ITIII, 9 u. die Notiz bel!. Jud. T'll, 6, 6, daR der romische Kaiser nach der Zerstürung Je-. rusalems und des Tempels den Juden die Entrichtuug dieser Steuer an das Capitolium auferlegt habe. Da der hebr. Sekel nach Joseph. Antt. lll, 8, 2 vier attische Drachmen entJiielt, so betrug diese Steuer ftir den einzelnen Israclitcn 2 Drachmen, daher schon Aquila in Ex. 38, 26 ;j';)~l".! n•~q'9 mit viúciaxftOV übersczt. Der halbe Sekel 2 attischcn Drachmon hatto den Wert von 11\:lrk. 25 Pf. Vgl. über den zu vcrsc.biedenen Zeiten sehr verschiedenen \V ert der Drachmo 111. Bibl. Archü.ol. S. 612. Nach dcm talmud. Tr. Schelcal. 1, 3. 11, 7 erging dio Aufforderung zur Entricl1tu11g dieser Steuer im Mono.to .A.dar des Jahros und die Einziebnng dcrselbcn solte vom 15-25 . .A.dar d. i. gcgcn 4 Wochen VOl' dem Pascha erfolgen. 1 Der Phu·. olúQaXfW bczcich-
=
•a
1) Naeh dem Vorgange Aelterer, wie Selden, Oalov u. A. (s. Wolt; c11;·at). hat in neuerer Zeit Wie.,e1er, Chronol. Synopse S. 265 ff. u. Beitrr. S. 108 1t: diese Erzii.hlung nicht von der Tem:pelsteuer, sonderu von der Kopfstouer, dio an die R-Omcr ocler a.n den Konig Antipns gezahlt wordcn, verstehen wollen uml .·. dafiir geltend gcmacht, da~ für die Yempelsteuer keine besoudereu Eiuncluncr: bestelt wareu, weil diese von den Steuerpilichtigen zum 'l'empel gebracht wnrllo und nicht in Diclrachmen, sondern in 8ekeln am Pascba entrichtet werden solto. · Allein die Unricbtigkeit dieser Behauptungen ergibt sieh aus den von Li!Jlt!f;, ad ilJatt11. 21, 12 mitgeteilten Stellen r,us Mctimon. Sd1ckal. J u. 'folii1. Sdu;,
Matth. XVII, 25. 26.
371
net die vielen Didrachmen, die durch Erhebung der Steuer von dem Yolke eingesammelt wurden, und in der Frage der Steuereinnehmer die j!l.hrliche Wiederholung dcr Abgabe. Die Frage, welche die Steuereinnehmer an Petrus l'ichteten, solte wol nur eine humane Erinnernng znr Entrichtung der Steuer sein, nicht einen Zweifel, ob Jesus sie zahlen wolle, ausdrücken. Die Vermutung, daB sie bei Jesus clen Anspruch nuf Gleichstellung mit den Priestern (die nach Tr. Selle/cal. J, .J zur Tempelsteuer nicht verpflichtct zu sein lll'ülendirten), voraussetzen mochten, da ihnen sein messianischer Ruf gewi6 nicht unbekant geblieben war (ilfetJ.), entbehrt aller Warscheinlichkeit, da schoi:r die Bczeichnuug Jesu ótóáaxaJ.or; schlieBen Iü.Bt, da.B sie ihn nur für einen in bohem Rufe stebenden Rabbi hielten. Aus diesem Grunde mügen sie vielleicht die Frage nicht an Jesum selbst, sondern an einen seiner Jünger gerichtet haben; weshalb aber gerade an Petrus, das kann in zufiilligeu Umstlinden bernhen oder damit zusammenhangen, daB Petrus unter den Aposteln das Wort zu führen pftegte, wurde a.her na.ch giittlicher Fügung für Petrus zu einer Glaubensprüfung. - V. 25. Ohne Bedenken antwortet er: Ja¡ sei es weil ihm bekant wa:i:, daB Jesus sie in frliheren Jahren gezahlt hatte, oder weil er nach dem allgemeiuen Verhalten Jesu zu den theokratischen Ordnungen daran ·nicht im mindesten zweifelte. Als er aber dann ins Haus eingetreten war, kam ihm Jesus zuvor mit der l<'rage: ,,Was dünket dich, Simon? Die Künige der Erde, von wem nehmen sie Zolle oder Steuer? von ihren Sühnen oder von den Fremden?" In :JC(IOÉcpfJaaw U¡rov liegt' daB Petrus die an ihn gerichtete Frage der Stenereinnehmer Jesu mitteilen wolte, Jcsus abe1· vermoge seiner unmittelbaren Kentnis der Gedankeu Anderer die Sache schon wuBte. Ol ¡1aa1J.Elt; -rfír; ytjr; sind die irdischen Konige überhaupt, im Gegensatz gegen den Künig des Himmels. -r{J.r¡ Zulle auf Waaren; r.:;¡vaor; Stener auf Personen und Grundstücke, Kopf- und Grundsteuer. - V. 26 . .A.us der richtigen Antwort Simons: ,,von,,den.Fremde11", zieht Jesus den Schlu6: ,,also sind p.och frei die
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avi-ov
kal. f: Primo die mensis .Adar p11bl. pracconium edidcmnt de liisce sicli.~, ut in p1·omtu lrabeat unmquisque liemfaiclum suum. - Decimo quinto 1mius 1mmsi.t .te1lel'unt 11·apc::.itae (Cl")M!:iill.iri) in unaquaquc L"Ívitate, pacatc numum lmnc exigentes; a dante receprrl'u11t, non danttm mm crmipulel'Unt. Die 112e11.,, 1:ice.timo quinto sedernnt et Jam coegcrunl, tll darc11t et ab eo qui non dm·et piynu.t cxtor11e1·u11t vel ip.q
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gebra.uchen, die erforderliehe Münzsorte nber von den Wechslern gegen griechisches Geld eingewecbsclt werden konte. Dngegen fohlen geschichtliche Zeugnisse da.rüber, .dal.i die riimische Kopfsteuer für die Peraon zwei Drachmen betragen babe, ru1d IVie.•da's Vermutungen da1'ilbe1· (lleitrr. S. l09IT.) sind eben so wenig gceignet, diese .Annnbme wn.rscheinlich zu machen, als seine Erklii.rung der (JacuJ.EZ'i; tijr ,,~, von dem &natus po¡mlw1quc Romanu.~ oder dem den orbi.• ten·m·um damals behcrsch,mden romischen Volke, nnd der vloi dieser {J((utAEZ'G von allen romischen Bürgern, samt der Behnuptung, dan Jesus sich mit den Romem zu dem Geschlechte der Herscher cler Ei·de zusnmmenfasse (S. 119 -122), derselben zur Jilmpfehluug gereichen wir(l. ;(µrw
24*
372
Mattb. XVII, 27.
Sühne (der K()nige)"; woraus sich die Anwendung auf den vorliegenden Fall von selbst ergab. Die Amvendung ist aber nicht mit Paul., Olslt., E1u., Lange, Hofm. (Schriftbew. II, 1 S. 131), Gess, /{eim u. A. so zu denken: Wenn die irdischen Künigssohne von Steuern freí sind, so sind auch wir (ich u11d du oder Jesus und seine .A.postel) als Sühne Gottes des himmlischen Künigs, von der Steuer, die demselben für den Tempel geleistet wird, frei; sondern so: dann bin ich als Sohn Gottes davon befreit. Gcgen die Uebertragung des Plur. vlol auf die Anwendung spricbt der Umstand, daB Jesus allein Sohn Gottes im eigentlichen Sinne de"s Wortes ist und durch Ausdehnung des Begriffs vfoí auf die Jlingcr Jesu die Folgerichtigkeit der Anwendung in Frage gestelt würde, da in der .A.rgumentation Jesu der Obersatz nm· von eigentlichen Künigssühnen allgemeine Gtiltigkeit hat. Eben so wenig darf man den Gedanken, daB mit der .Ausscheidung der Jünger Christi aus dem Verbande der jüdischen Gemeinde die Verbindlichkeit zur Entrichtung der Tempelsteuer für sie aufhürte, Z'lll' Rechtfertigung der fraglichcn Deutung herbeiziehen wollen - weil dieser Gedanke dem Zusammenhange ferne liegt. Nicht darüber wolte Jesus don Petrus zunü.chst oder hauptsü.chlich belehren, wie die Apostel und Jünger sich in der Zukunft zuro jüdischen Tempeldienst zu stellen haben - diese Frage wurde ja durch die Zerstürung des Tempels und die Auflüsung des Tempelcultus thatsilchlich gelüst - , sondern das wolte er ihm zu bedenken geben, dall er bei seiner raschen und zuversiehtlichen Bejahung der Frage der Steuereinnehmer sein früher abgelegtes Bekentnis, daB Jesus der Sohn des lebendigen Gottes sei, auBer Acht gelassen habe. - V. 27. Nach dieser Zurechtweisung des Petrus unterzieht sich Jesus der noch bostehenden gesetzlichen Ordnung, indem er weiter sagt: ,,Damit wir aber ihneu (den Steuercinnehmern} nicht AnstoB geben, so gehe hin ans Meer, wirf eine Angel aus und bebe den aufgesticgenen erstcn Fiscl1 herauf (a.ns Land); und wenn du seinen Mund geüffnet, wirst du einen Stater finden; den nimm und gib ihnen für mich und dicq:'. Principiell ist Jesus als Solm Gottes von der Tempelsteuer frei, gleichwie er als solcher nicht zur Beobachtnng des levitischen Gesetzes verpflichtet war. Da er aber bei seiner Menschwerdung des Gottgleichseins sich entauBert hatte und unter das Gesetz gekommen war (Phil. 2, 6 f. Gal. 4, -:!.), so unterzog er sich damit zugleich der Erfüllung aller Ordnungen des mos. Gesetzes, und machte nur, wo er es mit seincn Widersacbern zu thun batte, erforderlichen Falls scine messinnische Würde, vermüge welcher er ein Herr auch des Sabbats war, geltend (s. zu 12, 8). Den Steuereinnehmern gegenüber lag aber hiezu kein Anln6 vor. In Iva µ~ axavoaJ.i~ro,uev bedient sich Jesus der communicativen Redeweise, nicht weil er auch den Petrus für steuerfrei hiclt oder um die Frciheit der Seinigen überhaupt vom Tempel voranzudeuten, sondern weil auch Petrus, der in Capernaum wohnte (8, 14), dfo Steuer noch nicht bezablt hatte (1lley.). 'l:OV dva{Jám:a xQro"tOv lxlhív den Fiseh der aus der Ticf~ zuerst aufgestiegen sein und an dcr Angel angebissen haben wird áQOV hebe (ihn mit der Angel) herauf ans
Ma.tth. XVII, 27.
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Land. EVQ~OH~ <17:m:ijQcc íinde11 einen Stater d. i. ein Vierdrachmenstück, namlich im l\iunde des Fisches. av·d. i.µov r.al. aov eig. ansta.tt meiner und deiuer. Die Praposition dv7:l, für Tausch und Wechsel gebrü.uehlieh, wo eines an Stelle des andern hingegeben wird, ist gewü.hlt mit Rüeksieht auf die im Gesetze genante Bestimmung der Tempelsteuer, dail sie als 2VTQa -rijr; 1pvzijr; (Ex. 30, 12 LXX) gezahlt werden solte; vgl. 20, 28. So richtig 1ffey., wogegen die Deutung von Weiss: ,der Stater solte gegeben werden, anstatt da.B Jesus eine besondere Didrachme bezahlte und Petrus dio seine', als zu trivial keiner Widerlegung bedarf. - Die Ausführung dieser' Weisung Jesu ist als selbstverstündlich nicht besonders berichtet. Den Zweck dieses Wunders haben wir nicht in der Rüeksicht auf die Steuereinnehmer, denen Jesus nicht durch Verweigerung der Abgabe Anstoil geben wolte, zu suehen, denn den geringen Betrag dieser Steuer hli.tte er in Capernaum gewiB auch ohne ein Wunder herbeiscbaffen künnen; sondern Jesu Absehen ging dabei auf Petrus, der ihn zwar bereits als Sohn Gottes erkant und bekant hatte, sich aber diese 1Erkentnis immer wieder durch Fleiseh und Blut trüben •JieB. lhm solte \dieser Vorgang die güttliche Würde und Allmacht des.Sohnes Gottes pefer zum Bewuiltsein bringen. Wie Jesus sehon durch das Zuvorkom:teen mit der Frage: von wem die Konige der Erde Steuern erheben, .ch ihm :ils Gottessohn, dem nichts verborgen ist, zu erkennen gab, so weist er sich dadurch, da.B Petrus auf sein W ort hin unter den vielen ischen des See's gerade denjenigen mit der Angel heraufaieht, welcher einen Stater verschlukt hatte, als den Herrn der Natur, der alle Dinge wei.B und mit gottlicher Machtvollkommenheít über die Oreatur gebietet, daB sie mit ihrem Besitze zm· Fürderung der Zwecke saines Reiches dienen muB. Wiihreud er auf die ihm :ils Sohn des himmlischen Konigs zustehende Freiheit von der írdischen Tempelsteuer verzicht.et, um denen, die ihn noch nicht a.Is Sohn Gottes erkant habeu, keiu Aergernis zu geben, o:ffenbart er seinen Jüngern seine güttliche Herrlichkeit und seine M:acht, ihnen alles zu gewahren, was sie bei Erfüllung ihres Berufes in ihrer Stellung zu den írdischen Ordnungen brauchen werden. - Dáneben aber dient der ganze Vorgang (nicht blos d:is Wunder), dazu, Petrus und die anderen Aposte! über die Stellung nufzuklüren, die sie iu Zukunft zu den Ordnungen des alttestamentlichen Gottesreiches zu nehmen haben. Eine Verpflichtung zur Beobachtung derselben besteht für sie als Jünger Ohristi nicht; aber so lauge sie innerhalb dieser Ordnungen ihren apostolischen Beruf nusüben, sellen sic nach seinem Vorbilde um der Schwnchen willen auf die Ausübung dieser Freiheit verzichten, so weit dies nü.mlich ohne Beeintraehtigung ihres n.postolischen Berufes geschehen ka.un. Yon dicser Bedeutung clieses Wunderzeichens hnt die neuere Kritik keine Ahnung. Indem sie nur clic Erlanguug von vier Drachmen zur Entrichtung der Tempelsteuer a.Is 1\Iotiv des Wunders ius Auge fa.»t, findet sie dassclbe in keiucm Verhiiltnisse zu diesem Zwecke stehend und nieht nur der Würde Jesu nicht entsprechend, sondern a.uch iw sich so befremdlicli, da» sie verschiedene Wege
t
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374
Matth. XVII, 27. XVIII.
eingesehlagen h:i.t, cfasselbe aus der evangelischep Gescbichte wegzuschaífcn. Der Versuch von Paul. u. Ammon, die Erziihlung so umzudeuten, dan c
Cap. X VIII. V on der Grosse im Himmekeiche, dem Aergernisgeben, dem Verhalten gegen V ersüncligungen des Bruders und vom Schalkslmechte. In diescm Cap. ha.t Matth. die lezten Belehrungen zusammengefaBt, we1che Jesus in Galilaa vor dcm .Aufbrucbe nuch Jernsnlem seinen Jüngcm über die rechte Gesinuung und clns rechtc Verhalten gegen die Brüder als Grundbedingungen für dns Gcmeinschaftslcben im Gottes~ rciche erteilt bat, so da.G man dem Cap. mit Olslt. die Ueberscbrift: ,vom Chnrakter der Kinder des Reicbs' geben konte. Den Anlnll zu dieser Belehrung gab nnch Mrc. 9, 33 tf. ein Wortwechsel übcr den Vorrang hu Rcicbe Gottcs, welchen die Jünger auf dcm W ege uach Ca¡lemaum geführt hatten. Diescr Streit war olme Zweifol angeregt worden durch 1.lie Auszeicbnungen, welcbe Petrus na.ch Ablegung seiues Bekcntnisses von Ohristo (16, 17 ff.), sodann bei der Vcrklürung Jesu, dnfi er mit den beiden Zebcdaiden allein Augenzeuge derselbeu sein durfte (17, 1ff.) undjüngst wieder dadu1·ch, daB Jesus die Tempelsteucl'
Matth. XVIII, 1-4.
375
für ihn mitbezahlt hatte (17, 27), vouseiteu Jesu erfahren hatte. Dal'in mochten die Jünger cine Bcvorzugung des eiuen vor dem andern erl.ilicken, die für ihre Stellung im messianischen Reiche, dessen Auf:. richtung sie buld erwarteten, einfiuBreiche Folgen haben künte. V. 1-5. Von der Grosse im Himmelreiche. Vgl. Mrc. 9, 33 -il7 u. Luc. 9, 46-•18. - V. l. ,,In jener Stunde", niimlich als Jesus nacl1 der Anlmnft in Capernaum mit Petrus über tlie Tem1rnlsteuer geredet hatte (17, 24) und die muleren Jünger auch ins;Haus eingetreten waren (l\frc. 9, 33 f.), da fragte Jesus die Jünger über das Gesprl~ch, welches sie unterwegs geführt hatteu. Diese niihere l\'litteilung über den Anlafi zu der folgenden Belehrung übergeht Matth. und lidit die Jünger die Frage an Jesum richten: ,,Wer also ist grüBer im Hímmelreiche ?" 'l'íc; éJ. Qce quis i g itio· knüpft die Frage an cine besondere Veranlassung an, die in den angeführten Umsta.nden gegebcn war. Der Frage lag Ehrgeiz und Verkennung der geistigen Beschaffenheit des Himmelreichs zu Grunde, falls die Jünger damit auch etwa nur crfahreu wolten, was dazu gehüre, um einen Vorrang vor anderu im llimmelreiche zu erlangen. - Y. 2. Jesus beantwortete die Frage damit, dafi er ein Kindlein zu sich rief, es mittcn unter sie stelte und aann feierlich sprach: ,,Warlich ich sage euch, wenn ihr nicht umkehre.t und werdet wie die Kindlein, so werdet ihr gar nicht (ov µ~) ins Hirnmelreich eingehen". Das Kind soll nach spiiterer Ueberlieferung bei 1Vicep!torus, lt. eccl. 2, 35 dcr heil. Ignatius gewesen sein. An dem Kindlein (.iratulov) sollen die Jünger die Eigenschaften erkennen, die von den Glicdcrn des Reichcs Gottes gefordert werden. Gemeint ist natürlich nicht die kindliche Unschuld, die, wenn es überhaupt bei den in Sünde geborenen :Menschcnkindern cine solche gil.be, doch Mi Erwachsenen in keincr Weise wicderhergestelt wcrden künte, sondern die .-\ns¡Jruchslosigkeit, Einfalt und Dcmut des Rindes; dcnn Ehrgeiz, Hoffürt und Neid ist dem in den ersten Lebensjahrcn stehenden Rinde fremd. Darin sallen die Jünger Jesu den Kindcrn gleich werden und, um diesen Kindersinn sich anzueign_!3n, sich umwenden d. h. umkehren oder sich hekehren, Ehrgeiz und Hoffart aufgeben und Kindeseinfalt und Demut zu gewinncn sti·eben. Wie dies geschehen ka.un, namlich nicht durch eigene Kraft, sondern durch Wicdergeburt und Erneuerung durch den heiligen Geist (Joh. 3, 3 ff.), davon sieht der Herr hier o.b, wo es nur darauf ankam, die für den Eingang ins Reich Gottes erforderliche Gesinnung anzugeben. Uebrigens will Jesus damit nicht leuguen, dafi die Jünger dem Himmelreiche angehi.íren, sondern nur aussprechen, da6 sie mit solchen Aeu.Berungen des Ehrgeizes und des Eigendünkels die Gesinnung verleugnen, welche die Bedingung der Teilnahmc am Himmelreiche ist (Tf'eiss). - V. 4. ,,Wer sich mm eruiedrigen wird wic dieses Kindlein", d. h. wer jeden ehrgeizigen und hoffürtigen Anspruch auf eine hohe Stellung im Himmelreiche uufgibt und in anspruchsloser Demut dem Kinde gleich wird, ,,der ist der grü6ere im Himmelreich". - Damit war die Frage der Jünger beantwortet. Da n.ber ihre Frage gezeigt hatte, wie fremd ihren Iler:Zen dieser Kindessinn noch war, so
376
Ma.tth. XVIII, 5. 6.
erklart er in v. 5 ihnen noch, wie der Kindessinn sieh im Leben bewahren müsse. ,, Und wer irgend ein solches Kind aufnimt in meinem Namen, nimt mich :i.uf". flcmJlo11 7:0t0vr:ov verstehen Beng., de W., Bl., Weiss von einem wirklichen Kinde dem Alter nacb, wofttr man sich auf wvr:o TO scatólov Luc. 9, 48 beruft. .A.ber de1· Bericht des Luk. über dieses Gesprüch Jesu mit seinen Jüngern ist so abgekürzt und ungenil.u, dail derselbe nicht ma~gebend für den Beri(lht des Ma.ttb. sein kann¡ und "Z"Owvwv ein solches oder derartiges, würde bei dieser Auífussung nur dann passend erscbeinen, wenn das in die Mitte gestelte Kincl sich durch besondere Eigenschaften vor anderen kleinen Kindern unterschieden hlitte - eine Annahme, für welebe jede Andeutung im Texte fehlt. stcmJ. 1:0t0vr:. ist demnaeh ein Mensch von der Gesinnung - Einfnlt, Demut und .A.nspruchslosigkeit - des in die Mitte gestelten Kindes (Clwys., Calv.~ G1·ot., Olsli., .Bg.-Cr., Etv., ilfey., Wicllellt., Sommer u. A.). í:v ein einziges - solchen Wert hat der anspruchslose Kindersinn. l.nl. 7:cp óvóµml µov auf Grund meines Namens (vgl. 24, 5) bezieht sicl1 nicht auf den Glnuben des Aufnehmenden, entweder um seines Glaubens an mich willen oder auf Grund meiner Autorittit (de W., Weiss), sondern auf das aufzuuehmende Kind, weil dieses Jesu Namen bekennt, :m Jesum glaubt, vgl. v. 6 mit 10, 40 u. 42. cJlgr¡r:at ist nicht das Aufnehmen in die christliche Gemeinschaft, sondern die líebevolle Fürsorge für das leibliehe und geístliche Wol (Bl.). Dies fordert der Context (der Gegensatz in v. 6) und die Parallele 10, 40. V. 6-13. Vom Aergernisgeben. Vgl. Mrc. 9, 42·-48. Um die Wichtigkeit dieser Lehre den Jüngern noch mehr einzuscharfen, entwickelt der Erlüser noeh die unseligen Folgen, welche das I1Temachen der Kleincn am Glauben no.ch sich zieht (v. 6-11). - V. 6. ,,Wer irgend aber einen dieser Kleinen, die an mich glauben, geii.rgert haben wird, ihm frommt es, da6 ein Eselmühlstein an seinen Hals gehiingt und er in die Tiefe des I\leeres versenkt würde". axavcJaJ.lau das Gegenteil von Mgr¡·rnt bezeichnet AnstoB zum Irrewerden im Glauben an Jesum geben; vgl. 5, 29. 11, 6. Aus gva rrov µt-xQó5V TOVI". einem dieser Kleinen, die an miclt (Jlauben, erhellt deutlich, daS Jesus nicht von kleinen Kindern redet. Denn wenn sich kleinen Kindem auch Glaube an Jesum nicht absprechen lü.flt, so ist doch bei dem den Jüngern zum Vorbildc hingestelten :;cauJlov der Glaube an Jesum weder hervorgehoben noch angedeutet¡ und ol µt'XQOÍ ist nicht gleichbedoutend mit Ta :rccmJla, sondern µtr.Qol sind alle, die in ihrer .Anspruchslosigkeit und Demut als geringe Leute vor der Welt erseheinen, und verkant und miBachtet werden. Tovr:wv ist wie -r:owih:ov in v. 5 zu fassen. Uebcr avµ
Ma.tth. XVIII, 7-10.
377
nen. - Aber so schwere Strafe auch das Irremachen der Geringen am Glanben nach sich zieht, so sind do ch in diese1· W elt der Sünde Aergernisse nicht zu vermeiden. Dieser Gedanke veranlaBt den ErlOser, die Warnung vor dem Aergernisgeben weiter auszuführen. V. 7. ,,Wehe der Welt von wegen der Aergernisse! Denn es ist notwendig, daB die Aergernisse kommen; doch wehe dem Menschen, durch welchen das Aergernis komt". 'O xóaµo~ ist die gottentfremdete, unerlOste Menschheit. a;¡¡;Ó von wegen, die Ursii.chlichkeit ausdrückend, wie 13, 44. ?:ci>v ar.avoálwv nieht die Aergernisse, welche die Welt erleidet.(lJfey.), sondern die, welche sie gibt, die von ihr ausgehen. Das zeigt die Begründung. Die Notwendigkeit des Kommens der Aergernisse liegt in der sittlichen Verderbtheit der Welt, und beruht in de1· gottlichen Weltordnung, daB die Sünde offenbar werden muB, um durch Gericht und Gnade überwunden we1·den zu konuen. Diese Notwendigkeit hebt claher die sittliche Freiheit und Verantwortlichkeit dessen, der Aergernis gibt, nicht auf, sondern - wie der Herr hinzusezt, bringt Wehe dem Menschen d. h. jedem, durch welchen im einzelnen Falle das Aergernis komt. 7:cp &vO·Qa5:1tcp ist in seiner .A.llgemeinheit zu belassen; denn nicht nur die Nichtchristen, sondern auch die Chl'isten oder Glii.ubigen, soweit sie noch mit der Sünde zu kltmpfen haben und das Fleisch wider den Geist gelüstet, geben ihren schwachen Mitbrüdern AnstoB zum Irrewerden im Glauben. Diesen Ieztcren Fall hat Jcsus ha.uptsüchlich im Auge und wiederholt daher in v. 8 u. 9 die schon in der Bergrede 5, 29 f. für den Eingang ins Himmeb•eich aufgestelte Forderung der strengsten Selbstvel'leugnung, mit geringfügigen formellen Abweichungen in der Ausführung der sprichwürtlichen Gnomen, durch welche der Gedanke veranschaulicht wird. Zur Sache vgl. die Erkl. bei 5, 29 f. KaJ.óv aoí lauv tdgt:).0-slv r.i;J.. ,,es ist dir besser ins Leben (der ewigen SeligkeitJ verstümmelt oder lahm einzugehcn, a.Is zwei Han.de oder zwei FüBe habend ins ewige Feuer gewol'fen zu werden". Ueber den Gebra.uch des Positivs (xaJ.óv) mit nachfolgcndem ~in dem Sinne des Comparativs, a.uch bei Olassikern, hi.i.ufig aber in der LXX, vgl. Wine1· Gr. S. 226, welcher denselben dara.us erkllirt, daB man sich gewl.lhnt hatte (von der Comparativconstruction her) 1j als Proportionswort anzusehen, welcbes eine Vergleichung voraussezt oder mitsezt. Diese Erklii.rung ist einfacher a.Is die aus der Vermengung zweier Oonstructionen bei F1·itzsclte u. 11/ey. xvJ..J..ói; verstümmelt (s. 15, 30) geht hier a.uf die Hand und xroJ..ó~ Iahm auf den Fu.B. 7:0 :itVQ TO alafowv sachlich = dem JWQI, dv{3sv7:cp 3, 12, und ri1svva ?:oii .:ii:vQÓ~ (v. 9) wie 5, 22. V. 10 f. Na.ch der Ausführung des Gedankens, welches Wehe das den Kleinen .Ansto.6geben zur Folge hat, kehrt der Herr znm Ha.uptgedanken seiner Rede zurück und schlieBt sie mit der Mahnung ab, die Kleinen oder Geringen nicht zu verachten. ,,Sehet zu, dail ihr nicht einen dieser Kleinen verachtet; denn ich sage euch, da8 ihre Engel im Himmel allezeit sehen das Angesicht meines Vaters im Himmel". ~voi; -r:o)v µtxQWV 1:0vr. wie v. 6 nicht von Kindern, sondern von kindlich
378
Ilfatth. XVIII, 11 -13.
gosinnten Glüubigen. Dn.s Motiv für diese Malmnng ist recht geeignet, dieselbe mehr oinzuscMrfeu. ,,Ihre Engel im Himmcl" sind Schutzengel. Diese n.uch in Act. 1~, 16 :rngcdeutete Lehre des spitteren Judentums wird durch diesen .Ausspruch des Herrn als Warheit anerkant. Sie schaueu dns Angesicht Gottes heiBt: sie befinden sich in dor unmittelbarsten Nü.he Gottes, als seine vro.'trauten Diener (vgl. Lnc. 1, rn. 2 Kün. 25, 19), und itertreten bei Gott das Recht dei'. ihrem Schutze befohlenen Frommen, so dnB wer die ,wr.QOÚr; schlidigt;
r.a
1) Wciss dagegen, welcher ol µrneoi in v. 6 u. 11 von Kindern vel'steht, Ul'teilt, dal.\ die Darstellung der suchenden Hirtentreue für dfo Beziehu11g :iuf die Kinder gar keine Anwenclung biete, clero Origin:ilsinnc dei· P:ir:ibel offe11bur fremd und nur durch den Zusammenha.ng mit v. lU ihr aufgedriingt sei. Jn dor apostolischcn Quelle, in welcher lifatth. díesclbc vorgefundcn, h:i6e sic clen natürliehen Ucberg:ing zu der Erm:ihnung o.u die Jünger gebildet, alles zu tlmn, um den sliudigendcn Bruuer zur Umliehr zu bewegen (vgl. v. 15 if. ~ Luc. 17, U. •1). Aber diese Hypothese hat an der Deutung der µ1xeoi von eige11tliehc11 Kindem einen vicl zu schwo.cheu Halt, um auuehmba.r zu orscheinen.
Matth. XVIII, 14-16.
379
freut er sich über dasselbe mehr als über die neunundneunzig, die nicht verirret waren. So viel Jiegt ihm an jedem einzelnen. Daraus ergibt sich die Anwendung v. 14: ,,Also ist es nicht Wille vor dem himmlischen Yo.ter (d. h. nach seinem Urteile), daB einer von diesen Kleinen welches Lchm. u. Tisch. 8 nach verloreu gehe". Das neutr. '(:t.B])*LJ}f al. aufgenommen, statt i:lc; der rec., weist nicht auf die :n:au)la v. 2-5 zurück (Weiss), sondern hüngt mit der Vergleichung der µtr..Qol mit :ir(JÓ{jar:a zusammen, die dor Evangelist noch im Sinne hat. :;::. V. 15-20. Ueber das Verhalten gegen Versündigungen eines Bruders Diese Belehrung 'Steht mit der vorhergehenden in engem Zusammenhange. Wie der Jünger Christi jeden .A.nstoB vermeiden soll, wodurch ein geringerer Mitbruder im Glauben irre gemacht wcrden konte, so soll er auch einen in Süncle gefallenen Brnder wo ¡niiglich yon scincr Soude..zu-ühel!fii.hr.¡;n und zu gcwiunen suchcn, IDll. i!m von dem Verrler"Qen zn retteu Doch hüngt die genaucre Bestimmung des Inhaltes diesei• Belebrung von der Richtigkeit dcr Lesart ah, die in v. 15 streitig ist. 1 Wir halten lav d8 á¡w(.n:~au ohne dg a~ für ~ (mit i'l'itzsclt. Weiss u. A.), weil in der Vorschrift, welche Jesus hierüber gibt, nichts auf personliche Beleidigung vonseiten des Bruders hin weist, dieselbe auch gar nicht zweckmii.Big erscheint, da der Beleidigte in der Regel bekantlich am wenigsten geeignet ist, die objectivc sittliche Verwerflichkeit der Beleidigung mit gerechtem Urteilc ( abzuscMtzen. - V. 16. ,,Wenn dein Bruder sündiget, so gehe hin und weise ihn zurecht zwischen dir nnd ihm o.llein; wenn er dich horet, so hast du deineu Bruder gewonuen". átiaQUÍú?J ist nicht das Sündigen im allgemeinen, wie es auch im gefürderten Christenlcben noch tilglich vorkommen kann, son~ge.n-0de1'-dM~ einer Sünde, wclclic .di'ts G!auheusleben in Frage stfilt, das ewige Hcil dcS Sünders _ID!ftihxdot. Klsy$oJJ überführe ilJ.n_ (seincr Sündei O.i:yXW' dem 1'1"!?~n entsprechend) zwischen dir und ihm allcin d. h. ~ U!lr Augen, oJrne einen anderen znzuziehcn. dr..oÚO?J hOrt d. h. seiue Sünde einsieht, h.emn1 und !lJlfuiht, uud__ili!.s..llw:e.c.ht, das §ie_gcgen an~n-siah..s.chJ.ieBt, wi~me:ehtm4~ h:d(ltit¡am; so h~st du (ihn) gjilY.OUDen nicht zum persünlichen l
rv,
1) Der überlicferte text. i·cccpt. lautct v. Hi: láv Ji ttfU
in uusern Vers hineingekommen scin müchte.
380
Mo.tth. XVIII, 17.18.
.Admonition. Mitnehmen soll er Einen oder Zwei, JJicht-b~ gen der Ve~hcn-ihm nnd
ge=
1) Gegen die Bemerkung von Ahrcns: ,Weder wird der hartnñckige Schuldige durch einen Beschlu6 der Gemeinde für einen Heiden und Zollner erkliirt., noeh werdcn aile Gliedcr der Gcmeinde, wenn er auf das Urteil der Gerneindc nicht o.chtet, verpflichtct, ipso jure ihn so zu betrachten und zu beha.ndeln', hnt M JEill., dogm. Abhdll. S. 518 mit vollem Rechte erwidert: ,Aher wio witi·e es denlcba.r, da~ Jesus seine~Jiinger ha.be auweisen 'vallen, den, a.Is Heide11 uncl Ziíllner zu betro.cbten, den die Gemeinde fort und fort zu den ihrigcn rcchnet ·~ Und wenn dem einzelnen Jünger der Verhi!.rtete da.mm, weil er auch auf die Gemeinde nicht hort, sein soll wie der Heide und Zollner, soll er es der Gemei11do selbst nicht ebenso sein ?'
l\fatth. XVIII, 19. ~,...lYÍJ.:d.gelmnrlen
381
scin im HLmmel, und_.W1.s-irg-0ndi,lu:Jlli.Í cle.r Erde...geliisJ- lmlien werdet> wird im Himmel gelüst sein~. Dieser Ausspruch, den wir schon zu 16, 19 (S. 351) erkfürt haben, bezíeht sich ~unilchst auf das Verfahren mit dem in Siinde_gefa.lle~' und besagt, daR dasselbe nicht blos für das zeitliche Lebcn auf dieser Erde, so~e'.YJg~_1ajJeJ;¡.jm JiimmeL Gültigkeit hnben soll. Wird der sündigende Bruder durch die vorgeschriebene Admonition von seincr Sünde überführt, dail er sie Hl.Bt und sich bekehrt, fil1 ist seine Seelc für das zeitliche,_ill}.d__ro'lige.J.eb.en..gg:~; verharrt er aber in seiner Sünde, daB die Gemeinde ihn aus ibrer Gemeinschaft ausschlieBen muB, so ist er fij_r Zeit und Ewigkeit .ai1s clem Himmelreiche 1.rnsgescb)ossen In dieser rJ.ex-G.e.meinde-v.er.fulhencn Mocht, Silnde zu yergeb~umd zu hehalten.liegt nicht nur für den Sünder die ernsteste Mahnung, den Zuspruch der Brüder und der Gemeinde zu seinem Heile zu beachten, sondern auch für die Jünger und die ganze Gemeinde ein krHftiger Antrieb, durch brüderliche Zurechtweisung das Seelenhcil dcr irrenden Brüder sich angelegen seíu zu lassen, um dieselben vor dem Verderben zu retten. Gcrichtet ist zwar dieser Ausspruch, so wie die Ilelehrung in dem ganzen Cap. an ~al..JcsJJ im engeren SiJJUe..(vgl. v. 1) d. h. die Apostcl, so daB ~ Macht zu binden· und zu Hisen, welche der Herr in c. 16 dem Apostel Petrus infolge seines Bekentnisses zugesprochcn hat, ~ Anostelu e¡teiJ1; w.ir.d. Da aber bei dem Verfahren gegen den in Sünde gefo.Uenen Bruder die lezte, über die Zukunft desselben cntscheidende Admonition der Gemeinde übertra.gen ist, so ergibt sich hieraus ganz zweifellos, da6 die Mncht zu binden nncl zu-lUsen nicht r]en Apas.tfiln, ª1.B ojn besonrleres Prlirog(lJiy crteilt, !ill.ll@rn der /.-¿zJ..t.¡¡¡Ja der G.e.: meind.e. d. i. der Versarnrnlung der eiue Ortsgemeinde bildendeu Glü.ubigen zuerkant, die selbstversHindlich als von Aposteln und in deren Abwesenheit oder na.ch ihrern Ableben als von Vorstehern geleitet und organisch gegliedert gedacht ist. In solcher Weisc hat auch der Aposte! Paulus die Excommunication des BJutschiinders in der korintJiischen Jl~meinde vallzogen, 1 Kor. 5, 4 f. V. 19. Mit der zweiten VerheiBung erteilt der Herr seinen Jüngern die Zusicherung, da.B auch ihr gemeinsames Gebet im Himmel erhürt und ratificirt werden soll. ,, Wiederum warlich snge ich euch, wenn zwei eins werden von euch auf der Erde über irgendeine Sache, die sie erbitten wcrden, so wird sie ihnen zuteil wcrden von meinem Vater im Himmel". IIá2tv wie 13, 45. 4 7 in der Bed. abermals, um einen zweiten ahnlichen Ausspruch oder Gegenstand einzuführen, s. zn ·1, 7. Nach xá2w steht in BJXJI al. CÍ(.l7J1', das für urs1)rünglich zu halten, und von Tisch. 7 aufgenommen, dagegen in ed. 8 wieder weggelassen ist, weil es in ~DLJJI'Ll al. fehlt. Die Zeugen pro et contra halten sich die Wage, und die Weglassung ist wol nur durch den .Anstofi an der ungewohnlichen Verbindung von Jrá2w dµ~v veranlaBt. Die Stellung des avµrpwv1joovatv vor lg ilµwv zeigt, daB der Nachdruck auf dem 6v¡1
Matth. XVIII, 20-22.
382
dcr Inhalt dieser Verhcillung gilt den_ Jüngern Christi allcr Zeiten. In .1l"EQl ;;uwtoq. :Jr(Ur.yµm;o; 015 steht OV iufolge einer .A.ttrnction für
s¡
vielleicht nber ist auch ;;un•i-Ó; zum Hauptsatze gehl.irend in attrnc~ tionsartiger Verschrünkung des Adjectivs mit dem Relativsatze ver' - o<' l:av \ cm:r¡arovT:m, > ' bun d en, so d D.D,., d er satz: :JrEQt\ :JCQayµcffog, :nav rw~aewi avT:of; lauten solte. Vgl. k-ülme1· II S. 925f. Die Erhüruug des Gebets ist an die Bedingung geknüpft, da6 beide in Bezug auf die Bitte übereinstimmen, uncl zwar .ohne Beschrankung auf das Gebet um die Erfüllung der VerheiBung in v. 18. Zu der Beschrü.nkung des gemeinsamen Gcbets auf die Ausübung der Scl1lüsselgewalt (Steitz a. a. O. S. 468) liegt im Contexto kein nütigender Grund vor. Vielmehr fugt der Ilerr cÍer v. 18 ihnen verliehenen Macht, in für den Himmel gültiger Weise zu binden und zu lüsen, in dieser zweiten Verhei6uug nocli die Kraft des gemeiusnmen Gebetes hinzu, um die Macht seiner Gemcinde, mag sic irgendwo auch nur aus zwei oder drei in seinem Namen vereinigten Menschen bestehen, noch weiter zu erweisen (1Vitzscll S. 520). - Nur cine Beschrünkung ist in dem Beg1·ünduugssatze v. 20: ,,Denn wo zwei oder drei anf meinen Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen", erwiLhnt; namlich die, daB die Bctenden de; -ro l3voµcc Jesu vereinigt sind, d. h. uicht: auf sainen Befehl, sondcrn so daB das Bekennen des Nnmens Jesu, also die Fürderung saines Reiches Zweclc der Vereinigung zum Gebete ist. Statt z1vei (v. 19), der geringsten Zahl oinor Gemeinschaft, sind hier z1vei odet· drci genant, anzudcuteu dn3 es auf die geringere oder grüBere Zahl nicht ankomt1 sondern zwei oder drei schon eine Jüngergemeindo bilden künnen, in deren Mitto Jesus im Geiste gegenwilrtig ist. .A.uf der Gegenwart Jesu in der Vcreinigung beruht die Erhürung des Gebetes, indem Jesus dasselbc bei seinem Vu.ter im Himrnel vermittelt. V. 21-36. Von der Versohnlichkeit und dem Schalksknechte. Die Warnung Jesu vor dem Aergernisgeben und die An· weisuug über clns Verhalten der Jüngcr gegen einen in Sünde gefalle· nen Bruder schlossen den Gedauken in sich, daB jeder Jünger auch bereit sein müsse, Sünden des Bruders, durch welche der Einzelno be· leidigt oder verlczt wird, zu vergeben. .A.her die Bereitwilligkeit zu vergeben mu8 doch ihre Grenze haben, sonst kann sie miBbraucht wcrden. Diese Erwagung veranlaBte den Petrus, aus dem Jüngerkreisc zu Jesu heranzutreten und ihn zu fragen: ,,Herr, wie oft wird mein Bru· der gegen mich sündigen und werde ich ihm ve1·gebe11? Bis siebenmnl 'i'" Die beiden Futura sind nach hebr. Art coordinirt, in dem Sinno: wio oft darf es vorkommen, daB ich mcinem Bruder, der gegen mich sündiget, vergeben soll? Petrus nent Siebenmnl, nicht blos als cine hoho Zahl, im Vcrgleich mit der talmud. Satzung /Jabyl. .loma f. 86, 2, dnB dreimal vergeben worden künne, nicht üfter, sondorn als heilige Zahl na.ch ihrer symbolischen Bedeutung nis Zahl der Werko Gottcs. V. 22. Aber Jesus ent.geguet: ,,Nicht, sage ich dk, bis siebenmal, sondern bis siebcnzigmal sieben". Die Erklitrung von ~(Joow¡xovnl:x.U; bi-rá ist streitig. Na.ch dem Vorgange von Rieron., Tlu:upliyl. erkltti·on
zu
lfatth. XVIII, 23-25.
383
Lutllcr, Gro t., de TV., Bleek, f{amplt.: siebeuzig mal siebenmal = 490 mal. Da aber nicht ~m:áxt;; wiederholt, sondorn daf'ür hTá gesezt ist, so erkHiren Orig., August., Bcng., E1v., 11/ey., Hlg(., f{eim: bis 77mal, unter Verweisung auf Gen. 4, 24, wo M~::¡~'l tl~:J!::il?? d. i. siebenzig und sieben = 77mal in der LL\: mit l(Jóowi%ó1n:á~u; hTá übersezt ist. Denn nach dem griechischen Gebrauche der Adverbialzahlen müBte dios durch [%u'i xal ~(Joow¡xovuír.u; oder durch E{3oo,ut}xovw bn:áxlg ausgedrükt sein. Abor auch in clcr angef. Stelle der LXX ist die Erkfürung noch streitig uud Luthers Uebei·setzung in unserem V. noch keineswegs als unrichtig dargethan. 1 Füt· den Sinn unseres V. ist die Differenz nicht von erheblicher Becleutung, da die Zahl 77 oder 70 7 (mal) nur den Gedanken: unzlihlige Malo ausdrücken soll. So oft dein Bruder gegen dich sündigt und um Vergebung bittct, solst du ihm vergeben, wie schon Tlleopllyl. richtig erklürt hat. V. 23-35. JJas Gleiclmis vom Schalkslmecltte. Um die unbcgrenzte Willígkeit zum Vcrgebcm den Jüngeru recht cinzuprilgen, erlliutert Jesus die dem Petrus gegebcne Antwort durch cin Gleichnis. óul wvw verknüpft die folgende Parabel mit diescr Antw ort; und wird von Sommer treffoud so erlil.utert: ,Darum weil die unbegrenzte Willigkeit zuro Vergeben Pflicht ist, hat sich das Himmclreich so gestaltet, du.6 dcrcinst für sich keine Vergebung fiuden wird, wer nicilt willig gewesen ist, seinem lVIitbruder zu vergeben'. Ueber OJfWlrofh¡ 1/ {klú. -r. OV(l. s. zu 13, 24. Das Himmelreich ist gleich gewordcn einem mcnschlichen Konige, der mit seiuen Knechten abrechnen woltc. ovvaÍ(iEw J.Óyov ralionem conferre, Rechenschaft halten, abrcclmen; auBer hier noch 25, 19, sonst uicht weiter vorkommend. Dcr KIJnig ist in der Parabcl als (h•8·Qwnoc; bczcichnet, weil mit ihm der Konig des Ilimmclreichs, Gott dcr himmlischc Vater verglíchcn wird. Dor Kouig hat seino Güter Kncchten zur Verwaltung übcrgoben, worüber sie zur bestimten Zeit Rechnung abzulegen und den Ertrag ihm zu entrichten hatten. - V. 24. Als die Abrochnuug begann, wurdc vor ihn geführt Einer, der ihm 10,000 Talento schuldig war. Eine unerschwingliche Summe, da. die Schuld, wenn hebr. Talento gemeint sind, über 75 Il'Iillionen Mark, wenn attischc, über 45 Millionen i\fark betrug. So viel war i;Íg einer ihm schuldig. - V. 25. Da er aber nicht hatte
X
1) Hie1·on1¡mus übersezt Gen. •1, :?4: .•cptriar1ic~ .w¡•tic.•, was nicht füglich 77 mal, sondem nur 7U X 7 mal bedeuten lrn.nn. Diese Bcdeutung hat Thierscl1, de H:1dat. Fe1w. Afr:i:. p. 91 .<. auch für t¡~rfoµ1¡xon<;xt~ inuí durch ciuon Belcg aus dcr ueugrfoch. Schrift llirrw; ( Venct. 17M) warscheinlich gemacht. Auch Kamplwt1~e11 (das Gebet des Herm S. 111. Anm.) hii.lt mit Bl. f'ür sicher, daf) der griech. Ausdruck 70 mal 7mal bedeute, obwol cr da i.iber seine in der Abhdl. über einige Stellen des •i. Cap. dcr Genes. in den Theol. Studien u. Krit. 181\l S. 121 f. vorsuchte Erldi:inmg des ¡i~.:iltl~ c•~::il?i 70 mal uncl zwar sieben d. i. 7 mal 70 urteilt, dal1 boi derselbcn die 'schwie1:igkcit des i unleugbar sei; doch mochte er auch c1ie Uebersetzung der LXX uicht für fülsch erklaren, da zur l?eststellung des hebr. Sprachgebrauch~ gcnügeudc Beispiele nicht vorliegeu. Wns Ewald in Lehrb. clcr hcbr. S1ir. §. ::l69b u. Bibl. Jahrb. XI S. 108 darüber lchrt, reicht zui· Entscheidung der streitigen Frage nicht aus.
384
Matth. XVIII, 26-32.
zu bezahlen, befahl der Herr, da6 er mit Weib uud Kiudern uud nller soiuer Habe verkauft und daB bezablt würde. Der Befehl entsprieht dem mosaischen Reebte, Ex. 22, 2. Lev. 25, 39. 4ó. Vgl. m. Bibl. Archüol. §. 112. Not. 1 u.§. 154 (S. 728). Das xal. &noooOijvqt drükt den Wortlaut des Befehls aus, wobei davon abgesehen ist, da.B der Erlüs" von· dem Verkaufen zur Tilgnng der Schuld nicht hinreichen würde, weil es uur darauf ankam zu zeigeu, wie der minig seiu Recht fordert. - V. 26. Da fiel der Knecht vor dem Künige nieder und bat: nHabe Geduld mit mir und ich will dir alles bezahlen". In seiner Hel':zensangst verspricht er mehr als er zu Ieisten vermag. - V. 27. Der Rerr aber hatte Erbarmen mit dem Kneehte und lieB ihn los; und die Schuld erlie.B er ihm. &m!J.vat:v mir. er lieB ihn los, statt ihn als Sklaven festnehmeu und verltaufen zu Iassen. ?:O ó&vawv das Darlehen, hier die Sehuldsumme, sofern sie in Geld und Gut bestand, das der Konig ihm zur Verwaltung anvertraut hatte. - V. 28. Diese ihm zuteil gewordene Gnade des Konigs hatte den Knecht zum Mitleide gegen a.lle seine :Mitknechte stimmen sollen. Aber als er vom Künige weggegangeu war, fünd er einen seiner Mitknechte, der ihm hundert Denare sehuldig war, etwa 70 Mark - eine im Vergleiche mit der ihm erlassenen Schuld hüehst geringfügige Summe, die ar dem Sehuldner hii.tte erlassen sollen. Aber er war hartherzig, nahm den :Mitknecht fest (XQITT~6a(;), würgte ihn und sprach: ,,Bezahle, wenn du was schuldig bist". bvqw eig. erstikte ihn, steht hier wie IJ.rxuv bei den Griechen: würgte ihn, indem er ihn bei der Gurgel packte, um ihn vor Gericht zu schleppen. Er 7:t (no.ch t:1.BC.f) al. die ursprüngliche Lesart, statt des nur von l\finusk. bezeugten 8 n) ist nicht gleicbbedeutend mit 8 7:t, auch nieht wie das bedingende si quid Ausdrnck griechischel" Urbanitlit (Fritzsclte, Olsll., de W.), die hier ganz ungehürig würe, oder der Ungewi8heit über den Betl"ag der Schuld, was gegen den Context würe, sondern Ausdruck rücksichtsloser Strenge oder ,unbarmherziger Logik' eines Mensehen, der ohue Rücksicht auf den besonderen Fa.U nur sein Recht verlangt, wobei auf dem dnó0010 der Nachdruck liegt: Bist du was schuldig (und das ist der Fall), so mufit du bezahlen (Mey., Weiss). - V. 29 f. Der Mitknecht bat seinen GH.i.ubiger i.i.hnlich, wie dicser den Künig um Nachsicht und Geduld gebeten hatte; aber derselbe woltc nicht, sondern ging fort, warf den Scbulduer ins Gefüngnis, bis er die Schuld bezahlt haben würde. - V. 31. Ueber dieses Vcrfahren wurden die Mitknechtc, die es gesehen batten, sehr betrübt, und zeigten die Sache ihrem Herrn {dem Konige) an. V. 32fl'. Da lie.B der Herr den hartherzigen Knecht vor siel1 kommen, hielt ihm vor, wie er, naehdem ihm so grofie Barmherzigkeit widerfahren sei, auch gegen seinen Mitknecht Barmherzigkeit hlltte üben und die Schuld ihm erlassen sollen, und IieB dann im Zorne ihn den Peinigern übergeben, bis er seine ganze Schuld ihm bezahlt ha.ben werde, wobei nicht weiter in Bctracht gezogen wird, ob ihm dics a.uch moglich sein wiirde. Bei wt~ ¡'~aaavt ót"al(; den Foltcrern (41\fakk. 6, 11) hat man nicht blos a.n die Kcrkermeister zu denkeu, die ihn ins Gefi1ngnis setzen solteu ( G1·ot., de W.),
Matth. X V1II, 33-85.
385
sondern der Ausdruck ist gewühlt, um anzudeuten, daB der hartherzigc Schuldner durch Folterqual zum Bezahlen gezwungen werdon soll, zunii.chst als Ausdruck des unbarmherzigen Geriehts ( Weiss), dann aber auch als Hindeutung auf den {Maavor; der Gehenna, welchem det• Unba.rml1erzige anheimftl.lt (Dley.). ·In v. 35 gibt Jesus selbst clic Anwendung: ,,Also wird auch mein himmliseher Va.ter ench thun, wenn ihr nicht vergebet ein jeglicher seinem Bruder von Herzen". r.aQÓtrov von euren llerzen her d. h. so, daB euer Herz im Gefühle der empfangenen gottlichen Barmherzigkeit bewogen und getrieben wird, dem Bruder seine Fehler und Sünden zu vergeben. In dieser Anwendung ist nur der Grundgodanke der Parnbel, wie sehwere Strafe derjenige sieh zuzieht., der nieht von Herzen bereit ist, seinem Bruder zu vergeben, hervorgehoben, damit aber der volle Inhalt derselben nicht erschOpft. Denn in der Ausführung des Gleichnisses tritt daneben noch deutlich der Gedanke hervor, daB jede Schuld, die wir dem Bruder vergeben sollen, gegenüber der unendlich groBen Schuld, welche der himmlische Vater uns erlassen, nur eine Kleinigkeit ist. - Der Konig, der mit seinen Kueeliten Abrecbnung hitlt, ist Gott; seine Knechte sind im Allgemeinen a.lle Mensehen, insonderheit aber die Christen, die nicht nur alle Güter und Gaben, die sic besitzen, von ihm empfangen, sondern auch dnrch die ErHisung, so durch Christum geschehen, unendliche Barmherzigkeit erfahren haben. Der Tag der Abrechuung ist die Zeit des jüngsten Gerichts, an welehem a.lle Menschen über die Verwcndtmg der em1ifangenen Güter Rechenschaft werden ablegen müssen und vor Gott als Sclmldner gestelt werden. Die Schuld, die wir als Sünder auf uns geladen haben, ist· so groS, daB lrniner sie bezahlen kann. Woltc Gott mit uns na.ch dom strengen Rechte handeln, so würdo jedermann mit Leib nnd Leben der ewigen Pein verhaftet sein. Aber Gott ist barmherzig. Er erll.i.St die Schuld jedem, der ihn nm Gnacle anfleht. Diese Gnade, die Gott uns erzeigt, soll aber unse1· llerz rühren, dnB wir Mitleid und Erbarmen gegen unsere Brüder üben. Wcr hingegen hnrtherzig gegen seinen Mitmenschen verfii.brt, der empfüngt am Tage des Gerichts von Gott keine Gnade, sondern zieht sich das Zorngericht dcr owigen Pein zu, da er die ganze Schuld (beaehte Jrifocw 'C~V 6rpt:t2~v und :!Ciiv o
aao -rwv
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Keil, Co1nm. z. Evangel. M11Uh.
25
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Matth. XIX-XXV.
Jesu Wirken in Judaa und Je1•usalem und die Vollendung seines Werkes durch Leiden, Tod und Auferstehung. Cap. XIX-xxvm. Nachdem Jesus in Galiliia sich durch Lehren und Thaten so mil.ehtig als Heiland und ErlOser Israels bezengt hatte, daB nicht nur seine Jünger ihn als den Christ, den Sohn des lebendigen Gottes erkn.nt und bekant hattcm, sondern aucb das o.uf den Trost Isro.els harrende Volk ihn als den erwarteten Messias erkennen konte, brach er mit seinen Jüngern von Galilaa a.uf und zog nach Judii.a, um inJerusalem durch Leiden, Sterben und Auferstehung das Werk der Erlosung zu vollbringen. Der Bericht, welchen Matth. nach dem S. 11 ff. aufgezeigten Plo.ne seines Evangeliums über die messianische Bezougung Jesu in Judüa und Jeruso.lem durch Lehren, Thun und Leiden gibt, zerfiilt dem geschiehtlichen Yerlaufe der Ereignisse entsprechend in zwei Abschnitte: 1. einc übersichtliche Zusammeustelhmg der Vorgü.nge und Lehren, wodureh Jesns sich auf dem Wege na.ch Judila und dann in Jerusalem als den verheiBenon Konig des Himmelreichs kundgab; 2. eine Gesehichte des Leidens und Sterbens u11d der Auferstehung Jesu, in welcher die l\fomonte hervorgehoben sind, durch welche er sich in seiner tiefsten Erniedrigung vor allem Volke als Gottes Sohn envíes und von soincm himmlischen Vater erwiesen wurde. L Jesu Reise nacb Judlia und messianisches Auftrete11 in Jel'usalem. Cap. XIX-XXV. So deutlieh aueh in c. 19, 1 der Aufbruch Jesu von Gn.lfüla, um durch Peraa naeh Judn.a zu gehen, beriehtet wird, so wird doeh übe1· die Reise selbst nichts erzil.hlt, und bis zu seiner Ankunft in Jericho kurz vor dem Pascha (20, 20) nur ein Gesprach mit den Pharis!i.crn über die Ehescbeidung, die Segnung der zu Jesu gebrachten Kindlcin, das Gespritcll mit dem reichen Jüngling über das Gute, die den Aposteln erteilte Verhei8ung über den Lohn sciner Nachfolge (19, 3-30), das Gleichnis von den Arbeitem im Weinberge (20, 1-16), die noebmalige Verkündignug eles in Jerusalem ihm bovorstehenden Todos und seincr Auferstehung ( 20, 1 7-19), die Bitte der Zebedil.iden um den Ehrenplatz im messianischen Reiche mit der Antwort Jesu (20, 20-28) und die Heilung zweier Blinder bei Jericho (20, 29- 34) mitgetcilt. Diese Vorg!inge und Lehren Jesu sind auch von Mark. (c.10) und Luk. (e. 18, 15-43) in gleicher Aufeinanderfolge aus der Zeit seiner Reiso nach Jerusalem zuro Todesleiden erzü.hlt, nur mit Weglassung des Gleichnisses von den Arbeitern im Weinberge, welches beide nicht haben, und des Gespr!iches mit den Pharisaern über die Ehescheiduug, sowie der Bitte der Zebediliden, welche blos Luk. übergangen bat. Hiernaeh scl10n kann es nicht zw,eifelbaft sein, daB dieselben nach t.reuer geschicl1tlicher Erinnerung in diese Zeit vcrlegt sin d. Damit steht
Matih. XIX, 1 2.
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auch der Lehtgehalt dieser Vorgilnge und Gesprilche in scMnstem Einklange. Denn sie zielen silmtlich darauf ab, dio Jünger über die wesentlichen Erfordernisse zur erfolgreichen .Ausrichtung ihres a11ostolischen Berufs zu belehren, ihre volkstümlichen Erwartungen von dor baldigen Aufrichtung des messinnischen Herrlichkeitsreiches zu bcrichtigen und sie für den ihnen noch unbegreifiichen Ausgang des irdischen Lebens Jesu durch Leiden und Tod zur Auferstehung in Herrlichkeit geistig zu rfisten. - Ueber das messianische .Auftreten uncl Wirken Jesu in Jerusalem s. das Nü.here in den Vorbemerkungen zu c. 21.
Cap. XIX. Gesprach über Ehescheidung und Ehe; Segnung der Kinder; der reiche Jiingling; der Lohn der Nachfolge Jesu. In v. 1. u. 2 (vgl. Mrc. 10, 1) leitet Matth. mit der ibm gelü.ufigon Formel xat. l7Évt:.,;o O'Cli háleaev xt'l. (vgl. 7, 28. 11, l. 13, 53) den Be1icht von der Reise Jesu nacb Judii.a zur Vollendung seines Werkos auf Erden durch Leiden, Tod uud Auferstehung ein. Von Galilii.a sich wegbegebend zog Jesus in die Grenzen Judii.a's, jenseit des Jordans. IllQav 'l0Qoávo1J gehort nicht zu iovoalar; a.Is nii.here Bestimmung der Oertlichkeit in Judii.a, wohin Jesus zog, sondern zu ~l.lJ·w, den Weg nngcbend, welchen Jesus von Galilii.a nach Judii.a einschlug. Er reiste nicbt auf dem geraden und nilchsten Wege dnrch Samaria, •. sontlern auf der Ostseite des Jordan, durch Peraa in das Gebfot von Judlia. Da 1\fatth. für Leser seines Evangelinms schrieb, die._mit.. den geographischen Verhaltnissen Pal!istina's bekant wai·en, so koute or sicb, ohno MiBverstii.ndnisse zu beftlrchten, ungenau ausdrüeken. Diese Ungenauigkeit der Ausdrucksweise berechtigt daher nicht zu der Folgerung ( von JJelitzsclt, N. Unterss. S. 51), da8 ~nser (griechisches) Evangelium im Ostjordanlande abgefa8t sei¡ da f¡J.{J-Ev ja nicht blos kommen, sondern auch ge/ten bedeutet, im Griechischen wie im Hellenistischen, wo es dom hebr. ~i.:ll entspricht. 1 V. 2. Wie allenthalben
wv
1) Unbegründet ist auch die Meinung von Me!f., daG sich die Erzahlung des l\ta.tth. und Mark. weder mit Luc. 9, 51 u. 17, 11, wornach .Jesus diesseit des Jordan reiste, vereinigen Iasae, noch mit dem Berichte des Johanncs, nach welchem er 10, 2'! nicht nach Jerusalem i·ei.•1, sondern daselbst it1t und v. 40 einen kurzcn Aufenthalt in Periia von Jerusa.lem aus nimt. Dcnn Luk. bcrichtet in keiner der angeführten Stellcn, dan J esus die Reise nach J erusalem zu seincm 'fodesleiden aiesscit des Jordan gemacht habe, sondern sagt in 9, ól ft'. nur, daC. Jesus. ala er scin Angcsicht darauf gel'ichtct, nach Jerusalcm zu gehen, Boten vor sich her in eincn Flccken der Samal'itcr sanclte, ihm Herberge zu bestellen, die Samariter aber ihn nicht aufna.hmen, so da.A sie in einen a.ndern Fleckcn zogen; und in 17, 11, daG Jesus wiihrend des Reisens nach Jerusalem durch die Mitte von Samm·in. und Galiliia d. h. zwischen beiden Landschaften auf der Grenze durehzog, woro.us Jfe,11. schlo~, daC. Jesus auf der Grenze von Samaria und Galilii.a. querdurch ostwñrts bi., an den .Tordan gerei.~t -und dann am Joi·dan 1terttnte1· naclt Jericlio gelangt sei. Aber zu de1· Ergiinzung: bis crn den Jo1·dan u. s. w. fehlt im 'l'cxte jede Bereehtigung, da Luk. zwar das Ueber25 *
388
Matth. XlX, 3.
folgtcn Jesu auch auf dem Wege jenseit des Jordan viele
l
schreiten des Jorda.ns nicht nusdrücklieh erwahnt, nber ebcn so weníg sngt, daG Jesus diesseit des Jordan, namlieh im Jordanthale hin gereist sei. Ueber den Wog, weleben Jesus von cler Grenze Samo.ria's und Galiliia's nb na.ch Judiio. einschlug, sagt Luk. gar niehts aus, und der vermeintlicho Widerspruch seincs. Berichts mit dem des Matth. u. Mo.rk. ist nur dureh willkürlic.he Bestimmuug der Roiseroute von den Auslegern in den Text eingetragen. Ebonso wcnig ist in der Angabe Joh. 10, 22, da.r:. Jesus. am Tempelweihfeste (d~n 23.Kislev) d. i. fast •i volle .l\fonate vor dem Paseha in Jeruso.lem wn.r und m der Halle Salomo's lehrend auftrat, irgend,etwas enthalten, was mit dem Berichte des l\fatth. tibor Jesu Aufbruch von Galilao. und seine Reise na.ch Jorusalem unvereinbar ware, fa.lis man nur nieht unter gi\nzlicher Verkenuung der Anlage des Mattl1.-Ev. sieh einbildet, daG Jesus bis etwa. 10 oder 141'age vor dem Pa~icha in Galiliia. geblieben und do.nn olme Aufenthnlt na.eh Jerieho und von da weitcr na.ch Jerusalcm gezogen wii.re.
:M:atth. XIX, 4-6.
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d. h. wurde g~s.filZ}iche.....Ei:n."í.is und wird auch von Josepk und Pltilo vorgetrngen. S. die Belege hiefür bei Bzextor( fil. JJe sponsalibus et divort. p. 88 ss., Selden, Uxo1· ebr. 1// c. 18 u. 20 pag. 312 s. u. 328 ss., Light(. lwr. ed 1Jlattl1 ..!'>, 31 u. Tleoluck, die Bergrede, zu Matth. 5, 31. Diese Ansicht liegt auch dem xai-a xaaav ali-lav der Frnge der Pharisü.er zu Grunde, welche damit Jesum versuchen wolten, indem sie voraussezten, dail er nach sainen ernsten sittlichen Grundsü.tzen für die beim Yolke nicht beliebte..J.kfillgere Anffü.ssung._des.. Gesetzes entschfil.®n..lY.eJ.:d.e. l\:latth. hat übrigens, wic .illey. richtig gegen Weiss u. J{eim bemerkt, die Frage in ihre1· ursprünglichen Form aufbehalten und llfark. sie, mit Rücksicht auf die hoidenchristlicheu Leser seines Evang., die mit den rn.bbinischen Schulsatzungeu unbekant waren, durch Weglassung des r.ar:cf. Jraúav alr:lav verallgemeinert und demgemlLB den Hin weis der Pbarisii.er auf das mos. Gesetz vorangestelt, um den .Ausspruch Jesu über die gottliche Ordnung der Ehe im Zusammenhange mitzuteilen. In der allgemeinen Form der Relation des Mark. wii.re die Erage für Jesum gar nicht versuchlich gewesen, da. die Pharisl.\er nicht erwarten konten, da.B er cine dem mosaischen Gesctze widersprechende .Antwort geben würde. - Y. 4 f. .A.uf die rabbi~, nischen Schulansichten lieB sich Jesus nicht ein, sondern belehrte seine Gegner ans der S~lu:ift.: ,,Habt ihr nicht gelesen, da8 der Schilpfer von Anbeginn sie (die Menscll!fil) als Mannlein und Frii.ulein geschaffon hat,I und gesprochen: Darum wird cin Mensch den Yo.ter und die Muttcr verlassen und scinem Weibe anhangen, und die Zwei werden ein¡ Fleisch sein ?" Auf die Erscha:ftung der Menschen ztuiickgohend rief er seinen Gegnern die Aussprüche der Schiift darüber ins Gedaehtnis. Nil.mlich ilsln.- 1, 27_.. daB Gott die Menschen als Mil.nnliches und Weibliches d. h. a.~ geschlec~JJii;.hes,~geschaffcn hat (zu ó JWt~aar; ist das naeh hob7aev foigende m!ro.úi;_ hinzuzudenken und avi-oú~ nicbt nü.hcr bestimt, weil jedQr schriftkundige Horer wuBte, daB die angeführten Wortc von der Mfilzscl!ensgfung__hª.!!.deln). Damit vcrband der Herr (v. !)) aus der Erziihlung von der Erschaffung des Wcibes !,!en. 2,JU..ff, die Worte v. 24: ,,darum wird ein Mann (1tb~ jeder) seinen Vater ... verlassen'' u. s. w., die er, obgleich von Adam gesprochen, doch mit r.al. t:brEv ,,und.er (d. i. Gott) sprach" als Wortc Got· tes anführt, weil sie in der von Gott inspirirten Schrift stehen, wie sie auch 1 Kor. 6, 16 vom Aposte! angeführt sind. ivexsv (oder fvexa uach '!i'.BLZ) -rovrov beziebt sieh in ('um.....:?~ auf die Bilduug des Weibes aus der Rippe des Mannes. oI óvo dio beiden genanten Personen: l\fann uud Weib, fchlt im Grundtexte, istaber schon in der LXX zur Verdeutlichung eingescbobcn. foovuu slr,; a&(>xa µlav zu einem Fleische werden bezeiehnet fil~ Verl;linc!~. ~fo vermüge der ges~~tlichen Gemeinschaft zu Sta.nde komt .JJ~ YQD Gott dureh die SchOpfung begtillldot-ist. V. 6. Aus dieser Schriftlehre zieht Jesus den SehluB: ,,Also sind sic nicht mehr zwei, sondern ein Fleisch", und weiter in Bezug auf das Wesen der Ehe dio Folgc.>rung: ,,Was mm Gotl.zJ.lc¡:imrnengefitgt hnt,_anll..ciILM!mscll-1ueh-t.
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Matth. XIX, 7-9.
§.C..heiden.". -
V. 7. Dagegen wandten die Pharisü.er ein: ,,Wie nun hat denn Moses geboten, einen Scheidebrief Z_!l geben und zu seheiden ?" (a.;rolvaat gªiL:W.eih....z.1L.Cntlasse11~. Ovv eine Folgerung aus dem Vorhergehenden ausdrückend: Wenn es sich nun so verhlilt, da.O Gott Mann und Weib zusammengefügt hat, wie konte dann Moses ..• befe11k11; Dieser Einwurf ist aus ~.ut-2A.,..1. entnommen, wo l\foses das Sc11reiben eines Scheidebriefes und das Entlassen des W!libes, a.Is zum Vollzuge der Seheidung erfo1·derlich erwü.hnt, aber weder die Aus..: stellung eines Scheidebricfes noch die Entlnssung des Weibes geboten tihat. V. 8. Jesus erwiderte daher: ,,Moses hat in Hinsicht auf euro /Hartherzigk~it ?uch. ge§tª~tet (lxú:QE1/JW), eure_Weiber z~ en:lass~n". ¡¡ax.l..1¡QOXaQÓta ist die Gesmnung oder Iierzensstimmung, d1_6Jl.!.Cb mcht /l~l!!"MJlcle, Nachsicht und Y-ªr§ühnlic.hkeitJJ.r.egenJU.B.t. ,, Von Anfang (von der Schopfung her) ist es nicht also gesehehen". o{Jrro; also, niimlich da.B die Frau mittelst Scheidebriefs entlassen werden durfte. Mehr als cine G~§.tattung_9.erJ!ihe¡¡cheidung ist auch in der angezogenen Stelle des Deut. nicht entbalten; dcrii1 Mases erwáhnt dort die Scheidung nur, um durch eine_g~_etzliche..Yru:s.ch~·ifUil:ie.r...rli!l Rü!.I•e,!ir des entlassenen Weibes zu ihrcm c1·sten l\fanne der Icichtfertigen Ehescheidung zu steuern; vgl. m. Comm. z. d. St. JeM...nmnfiLuglWte...G.o.t!~.§.9!1!!l.1llfÜ~.Lii,!~!Uh!!'.tl4_J~i~s.cn..nicht~'\.ufgeho.ben, wenn er wegen der )sittlichen Verhürtung des Volkes d,Jc."ZlLS..~-ºLZ.eiUlb.lichaEn.tlassung !4es Weibes..mittelst..Schcidcbri-0fes-zulfoB. Y. 9. Nach Abweisung des aus Deut. 24, 1 f. gefolgerten Rechtes zur Eheseheidung beantwortet Jesus die illm (v. a) vorgelegte Frage dahin: ,,Ich aber sage euch: ~filu. Weib entl~1JtJlB.er...a.uf..Grnnd YQ)l_Hu1·E11'.ei,J,l!ld_freiet eine...!l:.udere~ derJu.iQhJ_{ija.Ehe". So hatte er sich über die Ehescheidung bereits in der Bergrede .f!~ausgespro chen, wo wir diesen Aussprueh sehon el'ldárt baben. Statt µ~ l.7tt .7l:OQVEl
o
l\fatth. XIX, 10. 11.
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V. 10-12. Der ernste Ausspruch Jesu über die 'Qrul.ufll.islichke.it (l_µ,rch. dic...8ch.üpfnng begi:.ündeten...Or.d.. J!Yl).g_macht den Jüngern das Eingehen der Ehe bedenklich, und veranlafit sie - ohne Zweifcl privatim nach dem Weggange der Pharisiier - das Bedenken gegen ihn auszusprechen: ,, Wjin.n es sich...nlso verhiilt mit e Rechtssache des Menschen mit seinem W eibe, so [!:Q....mmt-Cs nicbt zu-hcir..aten". 'I/ a na ei8t Grund, Ur~-. cau.ro ab~ im Sinnc vou res= Sache odcr Verhfiltnis - diese Bedeutung des Wortes ist nicht naehweislich - sondern in dem Sinne von Jkcht!!Sache odcr Recbtshandel, da hier der in v. 9 erwli.bntc einzige Grund (t:d-r:la) zur Scheidung gemeint ist. Wenn der Mann - wollen die Jünger sagen - so mit seinem Weibe verhunden ist, cfo.B er aus keinem anderen Grunde als weg§._E.h.e.bmcl!. sich von ihr scheiden und, ohne Ehebruch zu begellelí, eine andere nehmen darf, so ist es nicht zut1·aglieh zu heiraten, um _sj_ch...nicht der_.füiführ....ausznsetzen, lebenslfil!glich fill eiD Weih gelmndru!..IDL.seiJl~cle11u.mm1üyht g]Jt.!lk:lich undj~e11....Jeben .lrnnn. Darauf antwortet der Herr v. 11: ,,Nicbt a.lle fasscn dieses Wort, sondern die, denen gegeben ist" se. es zu fassen. XWQElv fa.ssen d. h. gfil§tig_n.ufnehmen, nicht blos ,mit dcr Intelligenz', sonqern !J.lJ.Ch-im...~n sicb ancigrum,.als Maximc-t'W:..d.as. t.ellen. Die Entgegensetzung von Urteil und Maxime ( Weiss) liegt weder in dem W orte, noch im Contexto. 1.'ov J..óyov wvi-ov bezieht sieh nicht auf das folgende Wort Jesu (Beng., de W., Bleelc), da dieses ja mit yáQ als das Gesagte begründend eingeführt wird¡ aber auch nicht, wie die meisten Ausll. annehmen, auf das Wort der Jünger: avµ
ov
dem des Mark. würde sich aus dem n.ngegebenen Grunde die Weglnssung des fraglichen Zusatzes bei Matth. hinreichend erklii.ren. Abe1· die Grünclc, welche Wei.~s und zura Teil auch Me11. czu v. 7 J für die Ursprünglichkeit der Rela.tiou des Ma.rk. geltend gcmacht, sind nicht da.zu a.ngethan, der Urmarkushypothese eíne haltba.re Stütze zu leihen. Die Umstellung des Hergauges des Gesprii.chs Jesu mit den Pharis¡¡ern bei Ma.rk., wornach Jesus a.uf die Frage cler Pharisii.er, ob es dem Manne erlaubt sei, sein Weib zu entlassen, mit der Gegenfrnge ,,was hat Moses euch geboten" (ivsuílmo)? nntwortet, und die Phnrisiier dann sagen: ,,Moses hat uns gestattet (smÍt(>lll/111), einen Scbeiclebrief zu geben", darauf aber Jesus entgegnet: ,,In Bezug a.uf eure Hartnackigkeit ho.t Afoses euch dieses Gebot geschrieben; von Anfnng der SchOpfung a.her hn.t Gott aie a.Is Mfümlein und Frii.uleiu geschaffen u. s. w." - diese Umstellung mit der Abweiehung, do.IS die Pharisiier das Schreiben des Scheidebricfes als ein Gcstatton (s1ln:(>é1mv) bczeichnen, Jesus a.her von einer inoJ.rj redet, hiingt dn.mit zusammcn, clall es Jrfark. nicht dara.uf anknm, zu zeigen, wie Jesus die pharisfüsche Rechtfertigung der Ehescheidung widerlegte, sondern nur dara.uf, den Ileidenchristen cleutlich zu machen, dail im mos. Gesetze die Eheseheiduug um der Ilerzcnshii.rtigkeit eles Volkes willen gestattet war, na.ch dem in der Mensche1ischO~fung a.usgesprochenen Gotteswillen aber ~flosl~I.! l!oll. Aus diesem Grunde lief~ Mark. auch dan Bescheid J esu mit der Frage nach uem mosa.ischen Gebote a.nheben, uud Jesum a.uf das lmfr:(>61/Jli der Pharisaer keine Rücksicht nehmen.
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Matth. XIX, 12.
es von Gott gegeben ist. Sondern Jcsus meint seinen Ausspruch tlber die Ehe, ihre gütjJj,i;Jrn.Jl~inaetz.llllLU:!!!d Un)jjmrk.ei.t., , welchem zum Zwecke der Berichtigung des Eiudruckes, den er auf die Jünger gemacht bnt, die v. 12 folgende Erlauternng gilt' (v. Hofm. Scbriftbew. II, 2 S. 410 f.). Bedenklich ware namlich das Ehelichwerden nur unter dcr Voraussetzung, welche die Jüngcr hegten, daB die Ehe, weil in dem Schüpferwillen Gottes als unaufloslich begründet, das hOc)J.ste Ziel des irdischen Lebens sei, oder daB jeder Mann eine Ehe einge1ien solle und unchclich zu bleiben an sich oder untcr allen Umsfünden wider Gottes Willen sei. Diese Voraussetzung zu widerlegen ist der Zweck des mit ráQ eingeführten Satzes, in welchem ausgesprochen wird, da.6 es auch ~t, diJ;)..t-ºilS-.llllS..lÜly.siSchen..Ursachen sich der Ehe enthalten müssen, t
Matth. XIX, 13-15.
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ligen Verzicht auf die Ehe um des Himmelreiches wHlen vorschreiben, noch auch damit sagen, da.B ,nur denen gegeben ist, der schriftgemü.Ben J,ehre von der Unlüsbarkeit der Ehe bei sich Raum zu geben, welche sich selbst verschnitten haben um des Himmelreichs willen' (Hofm. a. a. 0.). Denn durch freiwilliges oder unfreiwilliges Verzichten auf die Ehe wird die Unlosbarkeit derselben weder theoretisch noch i>ractisch erkant. Und der Satz, daB es solche gibt, die sich um des Himmelreicbes willen verschnitten haben, enthü.lt kein Gebot der Ehelosigkeit. Noch viel weniger fü.Bt sich daraus der CillihaJ; als ein wesentIiches Erfordernis für den geistlichen Stand oder gar als ein Vorrecb.t desselben herleiten. Wie das Wort des Herrn tiber die Ehe und die Ehelosigkeit richtig zu verstehen und practisch auszufflhren sei, dazu gibt der .Aposte! Paulus in l J\or 7, 1-9.-17-19. 26-38 vgl. mit 1 Kor. 9, 5 die erforderliche Anleitung. V. 13-15. Die Segnung der Kindlein. Vgl. Mrc. 10, 13-16. Luc. 18, 15-17. Mit einem cinfüchen "Z"Ó•e wird die folgende Begebenheit angereibt, welche den Jüngern die Stellung. de1· Kinder zum Himmelreiche ldar machen soll. Kleine Kinder wurden Jesu zugeführt, damit er die Hü.nde auf sie lege und bete, d. h. durch Handauftegnng und Gebet ihnen gottlichen Segen zuwende. Das Gebet des Mannes, der so staunenswel'te Wunder verrichtete und vielen Elenden und Hilfsbcdürftigen wunderbar in ihrer Not geholfen batte, hielt man für besonders wirksam (Joh. 9, 31), so daB Eltern den Segen desselben ihrcn Kindern zuwenden wolten. Die Handauilegung aber war uralter Gebraucli .als Mittel der Ueberti·agung erbeteten Segens, vgl. Gen. 48, 14. Act. 6, 6. Die Jünger hingegen meinten wol, dall kleine Kinder von dem Gebete Jesu, das sie nicht verstanden, keinen Nutzen haben konten, und erblikten in diesem Begehren der Lente eine unnutze Behellignng ihres Meisters und Stürung seiner Lehr- und Heilthli.iigkeit, und bedrobten oder schalt ,n daher die Lente (mÍ'rol(; ist ad sensum auf das in :JrQO(;r¡VÉX{h¡aav entbaltene Subject bezogen). - V. 14. Aber Jesus sagte ihnen: ,,Lasset die J.ündloin-und...hindert...sie...nicllLzu-mir !uJtammen,. denn solcbei• jst da.s..HimmeJ.r.oiGli!'. Tow·v•wv sind nicht die J esu zugeführten Kinder, sondern Menschen, welche kindlichen Sinn und Charakter haben; vgl. 18, 3. Wenn demnach die kindliche Gesinnung ein wesentliches Erfordel'Ilis ist, um des Himmelreiches teilhaftig zu werden, so kann der ErlOser auch die Kinder nicht blos als Vorbilder seiner Reichsgenossen betrachten, denen er das Gebet, welA ches ihrer Lebensentwickelung den crsten Segen zuführe, nicht entziehen konne, wie !11ey. die Wortc deutet, sondern Jesus erklü.rt damít die Kinder für bofllbigt, dem Reiche Gottes zugefiihrt zu werden und die Heilsgüter desselben zu empfangen. In diesem Ausspruche des Herrn ist die Berechtigung für die Kindertaufe gegeben. Mrk. u. Luk. ha.ben noch einen Spruch Jesu angeführt, den Matth. nicht hat, weil er den darin enthaltenen Gedankcn schon 18, 3 mitgcteilt hat. - V. 15. Darauf legte Jesus den Kindlein die Hllnde auf, um ihnen seinen Segen zu erteilen.
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:M:n.tth. XIX, 16, 17.
V. 16-26. Der reiche Jüngling. Vgl. Mrc. 10, 17-27. Luc. 18, 18-27. Diese Gesehichte zeigt, wic dcr Reiehtum ein Hindernis :mm Eingehen in das Himmelreich wfrd, wenn das Herz daran büngt. V. 16. Einer (i:Íg einer aus den Jesu nachfolgenden oxJ.ot, vgl. v. 2) trat zu Jesu heran mit dcr Frage: ,,Meistm· (Lelu:er),ielclies Gute..s.aU ~ thun._drunit. ich..ew,igos-l,.el>en erlang_e?" Den Fragenden bezeiehnet l\fatth. in v. 20 als veavlar.o~ Jüngling; Luk. v. 16 als ll.(tX,rov Vorsteher (einer Synagoge). Diese Verscbiedenhcit berubt nieht, wic 11/ey, glaubt, auf versehiedener Tradition, sondern erledigt sich -durch,die einfache Thatsache, daB au!}.h ein jun~AfonnléQ~ _§ynago.ga_sein_Ironte_ Der Jüngling hatte sich - dies zeigt seine - befiei8igt, das Gute zu thun, um das ewigc Leben zu gewin1Frage nen, war abcr unsicher darüber, ob sein bisheriges Thun hiefür aus)reiche, und wolte daher von Jesu erfahren, welches Gute er noch zu 1thun habe, um des Zieles seines Strebens sicher.zu werden. Beaehte \übrigens ~an}v alrovtov ohne Artikel: ewiges Leben nach unklarer 'Vorstellung des Jtlnglings vom ewigen Leben. - V. 17. Die Antwort Jesu la.utet in den drei Evnngelien verscbiedcn. Bei Mark. u. Luk.: ,,Wn.s neast. cln mich gnt.'a Niemancl ist gut a.u.Ber Einer." (d.~). Damit wolte Jesus selbstverstll.ndlich nicht sich selber das Gutsein absprechen, wic die neuprotestantiscben Kritiker meinen, sondern nur den Jttngling auf die Qb.er.flilchliehkeit seiner Vorstellung von dem Gu·. .ten aufmerksam machen. Wü.re Jesus nichts weiter gewesen als ein 'ótoáaxaJ.og cin angeselienei· Rnhhi, wofür der Jiingling seiner Anrede ~olge ihn hmlt, sUfilrilrie-ihm..a.nch das Prüdicat aut nicllt,.4~il..dn.a s.@1_1Lllll!' GQtt zulrnmt. Dagegen lautet die Antwort Jesu nach ~BJ)L, Minusk. u. !tala, wo schon bei ouYáaxal.ll in der Frage des Jttnglings v. 16 das Prildicat dym9·cífehlt: rí µe lQro•~g .nEQt 1:0ii dyaD·oií; Eir; sarhJ dra&Óg ,,was fragst du mjch nnch dem Guten..? Einer-ist..dGJ.! Gute". Diese Lesartlíahen G1·iesb., Le/mi. u. Tisclt. mit Recht der mit :M:ark. u. Luk. übereinstimmenden 1·ec. des alteren Mntth.-Textes vor.: gezogen, weil leztere offenbar nur nus diesen Parallelstellen in unser Evangelium gekommen ist durch Leser oder Abschreibe1·, dencn 7:Í ,ue. ÉQW7:~tg .7lEQt 'l'Oií dyafJ-oií mit dem folge11den Úg tla-dv drafJór; nicht zu stimmen sehien. 1 Die Frage TÍ µE l:(!ro7:(¡.r; "7:1. ist nicht mit Nemul. so zu fussen: was fragst du micll nnch dem was gut ist? Dazu paBt nieht das enclitische µi:., wofür lµé gesagt sein müBte¡ sondern: fül.S. /i:JuM,t dn mich Dll ch dem-G.ute.n? deine Fragc ist iib.erfüissig, da mu· E~d. i. G.Qlt) der Gutejst., das Guto also nur in der Befolgung sei-
o
o
1) Wir kiinnen da.mm aueh nicht mit Bl., llolt;;m., Me.11., Wl-i.~s, ScT1c11kd u. A. dem Marlr. die Ursprünglichkeit zusprechen, sondern die Abweiebung des Mrk. u. Luk. von Matth. nur dnraus erklli.ren, do.!.\ der allen drei Evangclien ge· meinsa.me Aussprueh Jesu: ,,Einer ist gut" (nii.mlieh Gott) von Manelien so gefüf.\t wurde, a.Is habe Jesus dnmit sieh gemeint. Diese irrige l\leiunug vcrm1la!;te dann nieht nur den Zusatz clya:Jli in v. 16, sondern auch die Aenderung, des ri f'_8 dpCtJUf' 1il(!i roii ciyr,o-oii in 'Ei µe lG}'
Mo.tth. XIX, 18-21.
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nes Willens bestehen kann. ,,Wenn du abel' zum Leben (-r~v {;roqv das wahre Leben im neutestamentlichen Sinne d. h. das ewige I&he.n) eingehen wilst, so ha.Ita die Gobote". V. 18. Da der Jüngling der Meinung war, die einfáchen Gebote des Gesetzes bisher schon beobachtet zu ha.ben, so fragt er: ,, Welche?" Da nent ihm Jesus beispielsweise Gebote der zweiten Ta.fül des Dekalogs, anhebend mit den Fet·boten: ,,du solst nicht tüdten, nicht ebebrechen, nicht stehlen, nicht fü.Isch Zeugnis reden", dann übergehend zu dem Gebote: ,,Ehre den Yater und die Mutter", und schlielUich aUe Pflichten gegen den Nachsten in das Gebot: den Nü.chsten zu Iieben wie sich selbst (Lev, 19, 18) zusammenfassend. Mit •Ó das vor ov ¡eoix. werden die einzelnen Gebote als bekante Si.i.tze eingeführt. Das Gebot der Nilchstenliebe ha.ben Mark. u. Luk. weggelassen, sieher nur deshalb, weil es im Dekalogc nicht mit genant ist, wü.hrend die Anführung dieses principiellen Gebotes (s. zu 22, 39) gerade die Spitze der Argumentation Jesu bildete, durch welches dem Jüngling die Mangelhaftigkeit seiner Gesetzeserfttllung zum BewuBtsein gebracht werden solte. - V. 20. Aber im selbstgerechten Gefühle seiner pflichtmi.i.Bigen Gesetzesbeobachtung antwortete er: ,, ies alles habe ich von Jugend an beobachtet. Was mangelt mir !!QQh,?" 8r. vEoTr¡r:oi; µov ha en clim. u. Tiscll. 8 weggelassen, weil es in 1:1.•BL u. einigen Minusk. u. Kchvv. fehlt¡ aber diese Zeugen sind doch zu schwach, um die Unechtheit zu erhitrten, zumal auch [) t" vEÓrr¡TO<;, nur ohne µov hat. - V. 21. Hiera.uf dekt der Erlüser ihm auf, wo1·an es ibm noch fehlt. ,,~1uil1 ein Y..ollkommene1:..s.ain..-w.i]§t, so @he hin 1md verkruif.e.....deine Güter und_gib_ru¡ rlen Armen: !llld...!111 wirst einen Schatz im !;limmel lrn.b.en.,...J.IDcl. komm her nD(L.fulga..mir ~"· 'J'ÉJ.Eto<; ein Y.o.ll!romlnener, dElm_zur E!:!Angan[ des ewigen Leben nichts mangelt. Diese .A.ufforderung Jesu sagte dem Jttnglinge indirect, aber dcutlich genug, daB es das Gebot: den Nilchsten zu lieben wie sich selbst, nicht erfült habe. Sie hat aber ilicbt den Sinn: wilst du ein besonderes d7a{}Óv, ein über das Gesetz hinausgeheudes verdienstliches Werk thun, wie katholisclrn Ausll. diese Worte füssen, um darauf das a.onsililmi ei1aug.e.li.cJ.!JJi der Armut als OJ1JJS-SUPC1:e.t:fJ.[J{!1Llfil!ll zu griinden, s.,ondern gibt nur aD, worin die zum Eingehen in das¡ ewige Leben erf'orderliche Vollkommenheit in Bezug auf die Niichstenliebe (vgl. 5, 48) besteht, n!imlich darin, daB man das Ilerz von dem¡ Hangen an irdischen Gütern frei macht und auf die Welt mit ihren Gütern verzichtend dem Herrn treu nachfolgt. Der Erlóser wolte die J Bereitschaft des JUnglings alles zu leistcn, was zur Gewinnung des ewigen Lebens gefo1·dert werde, auf eine Probe stellen, die gceignet war, ihm seine sittliche Schwil.cbe zum BewuStsein zu bringen; er wolte ihm den Gotzen zeigen, in dessen Dienst sein Ilerz gefangen lag. Darum verlangto er von ihm, sein Herz yon dem Mrunmon losznmacll@, seine irdischen Güter zu opfern, um einen Scbatz im Himmcl zu haben. fir¡aavpov lv oi3('aVcjj ein Schatz, der im Himmel ihm aufbewahrt ist, s. zu 5, 12. ,Dem Geiste nach, nicht der ii.uBeren That nach, ist diese Forderung für alle gültig, die ins Himmelreich kommen wollen. Es
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Matth. XIX, 28-26.
gilt, sich loszumachen von allem was die Seliglrnit hindert¡ und wenn ein Reicher sein Herz nicht anders losroachen kann von der Liebe zum Geld als durch Verschenkuug, so muB er es thun, wenn das Himmelreich ihm übe.t· alles geht' (Sommer). t - V. 22. Der Jtingling bestand diese Prüfung nicht. Als er dieses Wort hürte, ging er betrübt davon; denn er war im Bcsitze (~v - Hxwv) vieler Güter. K-r:qµcn:a erworbone Güter. Der irdische Besitz war das Ziel seines Strcbens gewesen ¡ davon mochte sein Herz sich nich't trennen. V. 23-26. Dieser Vorfall veranlafitc Jesum, seine Jünger übe1~ die Gefohren des Reichtums zu belehren. V. 23. ,,Warlich ich sage euch: Ein Reicher wird schwer ins Himmelreich eingehen". óvar.Ó.i..w~ sc/11ver, weil das sündige J\fenschenherz an den irdischeu Gütern zu Mugen pflegt. Um diese Warheit dem Gedil.chtnisse der Jünger noch tiefer einzupragen fügt der Erlüser v. 24 hinzu: ,,Wiederum aber sage ich euch: es ist Ieichter, dafi ein Kameel durch ein Nadelür cingehe o.Is ein Reicher in das Himmch·eich". Den Vergleichungspunkt dicser sprichwürtlichen Sentenz bildet clns menschlichenveisc Unmügliche. Der .A.usdruck hat etwas Hyperbolisches. Das Kameel, das groBtc Thicr, welches die Israeliten hatten; das NadeH>r die kleinste Oeífnung. Ganz vcrfehlt war der Versuch, aus dem Kameele (xáµ'l}i..O~) ein Ankertau (xáµt.i..o;) zu machen (Casll&l., Calv., .Drus., Ew.), da das Wort xáµtJ..og bei keinem alten griechischen Schriftsteller zu finden ist, sonclern crst bci Suidas u. Scl1ol. zu Arist. Vesp. p. 1030 vorkomt.2 Dagegcn findet sich die sprichwürtliche Vergleichung mit einem Kameele auch 23, 24 und bei den Rabbinen die iihnliche Vergleichung mit einem Eleplmnten, vgl. Buxt. Lex. cllal!l. taltn. p. 1722 u. Liglitf. llor. zu u. V. V. 25. Ueber diesen Ausspruch des Herrn entsezten sich die Jüngcr und sprachen: ,,Wer kann dcmnach (rl~ CCQa) gercttet werden" d. h. die Seligkeit des ewigen Lebens erlangen? 'l'í~ welcher Mensch überhaupt, nicht welcher Rciche (Eutlt. Zi[J. u. Weiss). Die Jünger zogen den Schlufi: wcnn ein Reicher unmoglich selig werdcn kann, wer kann es dann überhaupt., da doch jeder Mcnsch mehr oder weniger am irtlischcn Gute hüngt. -- V. 26. Aber Jesus blikte sie an, um sic durch diesen bedeutsamen Blick o.n das zu crinnern, was Gott an ihnen gethan, und sprach dann: ,,Bei i\fonschen ist dics (das awfh}vai) unmüglicb, aber bei Gott ist nlles müglich". Der Mensch knnn aus eigencr 1) Als Realpm:a.llcle wird .1lt!1Jda Sarn f. 6·1:, 1: Vendile omnia quae l1a, betis, et porro oportet ut jic1tfa prose111ti, von Me11. a.ngeführt. Aber wic grundvei·schicden von dieser Sentenz die Fordcrnng Christi ist, zeigt die von D
ren Umnoglichkeit suchte.
Jifatth. XIX, 2i. 28.
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Kraft sein Hcrz nicht umwandeln, da8 es nicht mehr am irdischen Gut~ b[tugt, sondcrn um des Reiches Gottcs willen alles Irdische hingibt; aber dio Allmacht der Gnade Gottes kann auch das Herz des l\fonschen erneuern, daB er statt nach irdischen Schü.tzen nach dem Schatze im Himmel trachtet. Solche Reiche waren Zakchaus Luc. 19, 1 ft. und der Kammercr aus Mohrenland A.et. 8, 27 ff. - l\fü diescr Antwort ernmtigte der Herr seinc Jünger zum Ycrtra.uen auf dio güttliche Gnade, da.6 sic nicht den Reichtum als ein unüberwindliches Hindornis der Rettung der Seelen für das Himmelreich ansehen solten. V. 27-30. Der Lohn de1• selbstverleugnenden Nachfolge Jesu. Vgl. Mrc. 10, 28-31. Luc. 18, 28-30. Durch -rórs á;;roX(lt{)-EÍi; wird die folgendo Frage des Petrus mit dom Verhaltcn des reichen Jünglings in Verbindung gesezt. Der reiche Jüngling war, als Jesus ihn aufforderte, seine Gil.ter zu verkaufen und das Geld den Armen zu geben und ihm imchzufolgen, betrübt davon gega.ngen. Weil sein Herz sich von den vicien Gütern nicht trennen konte, verzichtete er auf das Gut des Himmelreichs. Die Jünger hingegen hatten nlles verlassen, Gewerbe, Hab und Gut, und folgten Jesu nnch. Petrus sagte daher zu Jesu: ,,Siehe wir haben alles verlassen und sind dir nachgefolgt; was wird nun uns werden?" d. h. was werden wir für das Aufgeben des irdischen Besitzes empfangen? Der Frage lag die Erwartung cines besonderen Lohnes zu Grunde. Bei l\1ark. u. Luk. feblt zwar die Frage: -rl Ü.Qa Vawt 1]µ'lv; sie liegt aber bei ihnen unausgesprocben im Contexte, namentlich in der Antwort Jesu. - V. 28. Jesus antwortete: ,,Wnrlich ich sage euch, ihr die ihr mir nachgefolgt seid, bei der Wie· dcrgeburt, wenn der Menschensolm sitzen wird auf dem Throne seiner Herrlichkeit, werdet auch ihr sitzen auf zwülf Thronen richtend die zwülf Geschlechter Israels". Der Herr verheiBt ihnen also cine besondere Ve1·geltung für das Vcrlassen der irdischen Güter in seiner Nachfolge, die ihnen bei dcr Wclterneuerung zutcil worden soll. ~ :;ralwywwla die Wiedcrgeburt ist die Erneuerung der Welt.zur ursprünglichen Vollkommenheit, in der sic aus der Hand des Schüpfers hervorgega11ge11 war und vor dem Sündenfülle sich befaml: 1Vova erit genesis, cui praeerit Adamus secundus - bemerkt hiezu Bengel. Die Wiedergeburt der infolgo der Sünde Adams der rpfJ-oQá anheimgefallenen Welt (Rüm. 8, 19 ff.) begint zwar sehon mit der Gründung des llimmelreichs durch das erlüsende Wirken Cbristi auf Erden. So lange aber Christus selbst in Knechtsgestalt unter seinen Jüngern wandeltc, war nuch das Himmelreich noch nicht in die Erscheinung gctreteu. Diese unsc11einbare Gcstalt behli.lt das Reich Gottes auch, so langa es durch die Jünger Christi auf Erden verkündigt und ausgebreitet wird und mit der Sünde der Menschen und der Feindschaft der Weltreiche zu kümpfen hat, d. h. bis zur Wiederkunft des Herrn Jesn in der Hen·lichkoit seines himmlischen Vate1·s, um mit dem Weltgerichte das Werk der Er!Osuug zu vollenden. Alsdann werden alle Todtcn auferwekt und vor seincn Richterstuhl gcstelt werden. Nach dem Gerichte, wenn a.lle feindliche Gewalt und IIerschaft wird vernichtet und der leztc
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!tfatth. XIX, 28.
Feind, der Tod wird aufgehoben sein (1 Kor.15, 25f.), wird diejetzige W elt vcrgehen; ein neuer Himmel und eine neue Erde wird geschaffen werden (Jes. 65, 17. 2 Petr. 3, 12 f.), und mit der Gründung des himmlischen Jerusalem auf der neuen Erde wird die Palin(Jenesie der Welt bergestelt und vollbracht sein. Mit der glorreichen Wiederkunft Christi begint der Vollzug der JtaJ.tvywwla, von welcher Jesus hier redet¡ ihren Abschlu.B erreicht sie in der Aufrichtung des himn,ilischen Jerusalems a.uf der erneuten Erde. -· Das Sitzen des Menscheusohnes auf dem Throne seiner Herrlichkeit bezieht sich zwar zunlichst auf das Gericht, vgl. 25, 31 u. Apok. 20, 11. ~~n Chri.fil.QJ.ollen-aucb..d.iº / !p~tel nu!~'YJ!.l!'._~votg Thronsesseln sitzen d. h. !txLOhrisH He~ ! lichkeit teilnehmen und mit ilim die zwolf St!!.mme Israels richten. 1 Alier das Sitzen nüíTlironen und das Rlchten Cb.risti und der Apostel , ~ht auf den AcLd~&_-W:..
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4J!9st~bn..für.ihnu.iill2!>tverlougnende ~acbfolgeJJ.icht-hlasdie
\ Teilname an dem Aete de!_~!lltgerifili.túusagt, s_o_l!!l!!rn..ilh.er.haupt die· l ~eilnahme a~--iierdichkeit und ~e!'.sc):!eJ::@..W.!!!tim...yJ:>J.lendetel)._ · J:t_E)Jche Gottes, w10 Grot., Neander, Bleek, Sommer u. A. diese Verheillung richtig gefa6t haben. - Viel zu sehr verallgemeinert bat Weiss die Worte, indem er die Riehterthrone nur als symbolischen Ausdruck für ihre Erhebung zm· hüehsten Würdestellung neben dom Messias fn6t, und das Richten so deutet, da6 die Aposte!, wie sie den zwülf St!i.mmen das Heil verkündet haben, so denselben aueh das Urteil sprechen werden, je nachdem sie sich annehmend oder ablehnend zu dieser Heilsverkündigung vcrl1alten haben. UnYJ.r..den..zlY.ült'Stij.:i:r.t" ~ ist wJJ.d!ir das ungHiubige Israel (Mey.), nileh das gesamtejüdischo Volk ( Weiss) zu verstehen. Das von Christo bei seiner glorreichen. Parusie zu haltende Gericht erstrekt sich weder blos auf das u1.1glaubige Israel noch blos auf die gesamte jüdisehe Nation, SO_!!d,ern_a..u.Lª.!19. Vülker. Israel ist genant a}s das Ynlk de$...heilsgesclJichtHchen Jlcru~ fes, acm Jesus und seine Jünger angehüren; und die zwülf Stammo sind genant mit Beziehung auf die zwülf Apostel. Die alttestnmentliche VerheiBung lautete dahin, daB mit der Erscheinung des Messias Israel d. i. das Volk Gottes in den Besitz der Weltherschnft golange, das Reich Gottes über die ganze Erde ausgebreitet werden und allo
l\1 atth. XIX, 28-30.
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VOlker in sich aufnehmen werde. :Q.iesus_a]Je._JTJJ.lk.eLumfussende..mess~Jillich.Jneinten die A.~l,_llis__sie..J.esnm_v.m:.Jler Rimmclfahrt fragten, ob er in dieser Zeit das Reich Israel aufrichten werde (Act. 1, 6 ). In diegun_&iche..:retlieill_t_JeSJ1s...JlIDL.~'Olf 4..nosteln !las Richten der zwülf stJiJDmc Isrrulli>, d. i . .des__nfüiiestnm.entlicheR.Yol:: kes Gotti;is, i!_er ruw_allen Volker1l_gQsamJnelten_Cbrwellhfilt. Die Beziehung der Worte nur a.uLd.as..jüd.i.sche..Yolk wird auch schon dadurch ~unhaltbaLei:.IYie.aen.,[email protected].~, 30 dieselhe_ Yerliei Bnng Jesu berichtet, wo an jüdisc.bfillh:cticularism.u.s.....nach...dmu.JJh.1.mltlei.: dieses Eyange!iums nichLzn...d.@lmnJst. Uebrigens gilt die VerheiBung Úur den zwülf Aposteln, welche ibrem apostolischen Berufe treu bliebeu; der Ve~'.rlithei:_.Judas__hatte _a,IB_o_keinen TE'J.Lan ihi:. V. 29. Aber nicht nur in jener Welt erst, sondern nuch schon in dieser Welt sallen die Jünger für das Verlassen des Irdischen um Jesu willeu reichen Ersatz erhalten. ,, Und jeder, welcher Brüder oder Schwestern oder Vater oder Mutter oder Weib oder Kinder oder Aecker oder Iliiuser verlassen hat um meines Namens willen, wird hundertfültig empfangen und ewiges Leben ererben". Diese VerheiBung gilt nicht blos den Aposteln sondern allen Gliiubigen. Statt h:m:ovrn:n:J.cwlova J.11W· nach '1:1.CJJX al. haben Lcltm. u. Tisch. 8 :¡wJ.).aJrJ..a
400
Mo.tth. XIX, So. XX, 1.
welcher 3CQW7:0t und foxaTOt auf die .frühere oder sp!l.tol'e' Zeit des Eintritts in die Gemeinschaft Jesu beziebt und den Sinn so bestimt: ,Nicht die Anciennitü.t ist das RichtmaB des Lohnes bei der nahen Reichscrrichtung: Viele, die zuerst eingetreteu sind, werden denen gleichgestelt sein, welche zulezt meine Naehfolger geworden, und umgekohrt'. Diese a.nch von Bl. für warscheinlich gehaltene Deutung ist nur aus dem folgenden Gleichnisse (20, 1 ff.) nach einseitiger Erkllirung, in die vorliegende Gnome eingetragen. G!i.nzlich verfehlt ist aber die Auffassung von Weiss, welcher cJ¡} als Gegensatz ,zu den v. 21 genannten' faBt und in der Gnome ausgesprochen findet, ,da.6 viele welche Erste sind, weil sie ihre Güter nicht verlassen ha.ben, Lezte sein werden, wenn sie im messianiscl1en Reiche des Hoils verlustig gehen, w!i.hrend solchc, wclche durch Aufopferung von 4.llem Lezte geworden sind, Erste sein werden, indem sie zui· hi.ichsten Seligkeit gela.ngen'. Aber solche, die um Christi willen sich van ihren irdischen Gütern nicht trennen künncn, Erste zu nennen, widerspricht allem, was Jesus je gelehtt hat, so da3 dieser Gedanke in seinem l\funde unerhi.irt gena.nt werden mu3. Die Gnome steht ohne Widerrede in Be:dehung zur Frage des Petrus und der Antwort Jesu (v. 27-29). Petrus hatte abar seine Frage nicht mit Berufung dara.uf, daB die Aposte! von Anfang an, früher a.Is andere, sieh Jcsu angescblossen hatten, begründet: sondern mit den Worten, da3 sie alles verlassen haben und Jesu nachgefolgt seien; und Jesus hat in v. 28 nur ihr Nachfolgen und in v. 29 das Aufgeben aller irdischon Güter hervorgehoben. Hiedurch waren die Aposte! im Kreise der Jünger Erste geworden, nicht der Zeit sondern dem Range nach, denen Jesus bei der Palingenesia die hi.ichste Ehrenstellung im Reiche Gottes verhei3t. Aber - dies liegt in dex hinzugefügten Gnome - dieser Stellung werden sie verlustig gehen oder Lezte werden, wenn sie, statt die ibnen verheiBene Vergeltnng als eine Gabe der gottlichen Gnade hinzunehmen, Ansprüche auf Lohn erheben. Die Gnome enth!Llt cine Warnung vor ehrgeizigem Streben na.ch Ehre nnd Verdienst in dem Wirken für das Reieh Gottes. Die Richtigkeit dicser Erkl!1rung wird durch das folgende Gleichnis bestli.tigt.
Cap. XX. V on den Arbeitern im W einberge uncl von der N',achfolge J esu auf dem Leidenswege. Heilung zweier Blinder bei Jericho. V. 1-16. Das Gleichnis von den A1•beitern im Weinberge. Dieses Gleichnis, welchQ.s ].1J!.tfü....nllein..Jui,t, ist durch die Partikel rá(> andas Vorhergehende angeknüpft und damit a.Is ll'!r]auternng d.9.r:.Sentenz 19, 30 bezeichnet. - V. 1 f. Das Himmelreieíí'-íSfgfofoh einem Hiusbei;i11;· der mit dem frühen Morgen ausging, .Arbciter in seinen \Veinberg zu miethen, und nachdem er mit denselben O.her einen Donar Tagelohn eins geworden, sie zur .A.rbeit in den Weinberg schikte. avf>(Jro:Jt'P vor olxocfoa:JtÓTll steht wie in 13, 24. 18, 23, um den Ha.us-
M11.tth. XX, 2-16.
401
herrn des Gle.iéhnisses a.Is Menschen zu bezeichnen. aµa :JrQWt gleich mit der Frühe (des Tags), um die Arbeiter für_denganzen Tag zu dingen. elg 7:1JV aµxeJ..rova avrOV in seinen d. h. den ihm gehüreuden Weinberg. Bei lx or¡vaQÍOV bezeichnet l.x den Punkt, vou dem aus man zur Vereinbarung lmm, also lx or¡v. de!l y()rnhredeten Arbeit~~ loJm, T~v ~,t1fQav hi.!1sic;htlich dl.)s Tags (accus. der nüheren Bestimmung): in Gemallheit eines Denars Lobn fü:r den Tag. Vgl. über diesen Gebrauch vóli lx TViner Gramm, S. 345 u. Itülmer II S. 399 f. Der Penar, ohngeführ 75 Pfennige Wert und der (attischen) Drachme gleichgerechnet, waí;- cler gewühnliche J'ti~l()~n, vgl. Tob. 5, 14. V. 3-7. Im Verlaufe des Tages glrig der Hausherr noch um die dritte, sechste, neunte und elfte Stunde-(d.h. um 9 Uhr vormitfags, um 12 Uht· mittags, um 3 und um 5 Uhr nachmittags) aus nach Arbeitern, und schikte die am Markte müllig stehenden in den Weinberg, bei dem Versprechen, ihnen was recht sei als Lohn zu geben. - V. 8. Am Abende befahl er seinem Schaffner (7:cji Íi7ct7:QÓ:ncp dem Ifou1;1verwaltor} den Lohn (der bestimt war) auszuzahlen, anhebend von den lezten, d. i. die zulezt, erst um die 11. Tagesstunde zur Arbeit gedungen waren, bis zu den ersteu d. i. die vom Morgen an, den ganzen Tag gearbeitct hatten. - V. 9 :ff. Als aun jene Lezten einen Denar jeder empfingen, meinten die Ersten, dal3 sie mehr empfongen würden. Da sie aber auch nur einen Denar jeder erhíelten, murrten sie wider den Hausherrn, sagend: Diese Lezten haben eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleich gemacht, die wir des Tages Last und Hitze getragen haben. V. 13 fi'. Er aber antwortete einem derselben: ,,Freund, ich time dir nicht Unrecht. Bist du nicht um einen Denar mit mir übereingekommen? Nimm das Doine und gehe. Ich will aber diesen Lezten geben gleich wie dir. Oder steht mir nicht frei, was ich will zu thun mit dem l\'.Ieinen? oder ist dein Auge bü¡¡si (d. h. nei4iscl_!), wcil ich gütig bin?" (8v 1:0lg lµol¡; il_l_S::tchen meines E,igentuíñsf In v. 16 folgt cli§_J:>g!Jre der Parabel: ,,So (in der eben geschilderten Weise) werden die Lezten erste und die Ersten lezte sein ", namlich darin, dall die welc}!g.E]E eine Stundc.im . :W:einberge gearbeitet haben, eben so viel Lohn erhalten als die, welche druLganzen.Tag.. gearbeitet haben, indem der Herr des W einberges den zulezt in die Arbeit EJugEit~·ete!le}l aus Güte eben so viel gibt, nJs _~r den E,rstggi:µf!me!l nach gemeinsamer Ahmachung zugesagt hatte. ,,Denn viele sind berufen, wenige aber auserwiLhlt''. Dieser Spruch fehlt zwnr in '1!.BL Z. 36. Copt. Sahid. u. Arm. und ist deshalb von Tiscll. 8 hier f'ür eine aus 22, 1'1 hereingekommene Glosse gehalten und gestri~h(lll, _}V()rden, worin f{eim u. Weiss beistimmen. Aber der Spruch hat an CJJN al. !tal. u. Syr. s0ln:.-!1!.t_
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Koll, Comm. z. Evnngol. Mnttb<>:
j
26
402
Ma.tth. XX, 9-15.
Dom Gleichnisse liegt die aus dem .A.. Test., vgl. be;Sonders .~~~:Jh 1 ff., bekante Darstellung des Gottesreiches unter dem Bilde eines von Gott in Israel gepflo.nzten W einbergs zu Grunde. Der Hausherr ist Gott und der Weinberg das durch Chlistum gegründete H~li;tJTIQ!teieh. Die .Arbeiter, die der Hausherr in seinen W einberg sendet, siud nicht blos die Aposte!, sondern nl,e.Jv.e.kJ1e ..durch ..die :Predigt deit.:Evnnge~ liums zum Eingange in das Himmelreich und zur Arbe~t in demselben bm:.llfun...w:erden. Der ~.1lÍ'l'(J0.1lo~·ve¡wnlter des Hausherrn ist Christus. Der .Arbeitstag ist für die Einzelnen die irdi.~
1) So z. B. W. F. ll'!.:~·~e1: iu d. Ztsehr. f. luth. Theol. 1851 S. 122 ff., wclchcr unter dcm Dena.r zwaraas e_:w.ige .+&!i~n verstoht, a.her um der oben ange· führten Gründe willen die Lohnerteilung so deutet, da~ die wider den Ha.ns· herm Murrenden zwa.1· na.eh dom Willen Gottes den Dena.r empfangcn sollc111 in Wirkliehkeit n.bcr ihn nicht empfangen d. h. des ewigen Lcbens nicht toilhnftig worden. .Ab!l!'. . 4i!lJJnvereinbarkeit dieser Ei·kfür1ing mit den kla.ren Textworten ha.ben sehon Rudcl und llti.inclimeyer in demselben Ja.brg. dcr augcf. Ztsehr. S. 511 ff. u. 728 ff. 11.ufgezeigt, ohne freilich die Schwierigkeit befricdigond zu losen, indem Rud. die Verhandlung über die Lohncrteíluug nur a.Is Versinnbildlicbung unserer gegenwartigen Gesinnnng füssen will, Mand1m. a.ber sic a.uf das vol'lfüillge Gerieht, das für jeden gleich naoh dem Todc cintrete, nicbt a.uf das für die Ewigkeit entscheidende Endgericht beziehon will.
Ma.tth. XX, 16.
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die Hervorhebung der verschiedenen Tagesstunden, zu welchen der Hausvater Arbeiter zu rufen ausging, soll nur den Gedanken deutlich machen, dail Gott die Menschen in verschiedenen Lebensaltern, die Einen früher Andere spiiter beruft. Besonders aber gehüren die Züge, da6 der l(ausherr mit den Zuerstgerufeneu den Taglohn verabredet, mit den sptiter Gerufenen nicht, daG die Lohnzahlung mit den Lezten anhebt und mit den Ersten abschlie6t und dal3 diese murren, weil ihre Erwartung mehr zu erhalten nicht erfült wird, und der Hausherr sein Verfahren gegen sie rechtfertigt, alle diese Züge gehüren nur zur Verdeutlicbung ~,-Ged:u1k9JJs, da6 die Lohnerteilung uic.I!t __ r,t:,vih. cler menschlichen Leistung bemessen wird, und sind Jlli:J1J..()in.ze!:n auszu@_u.teu) um darauf d,gg!}lati_s~!J:~ ~~_!?_1:si~~ze,_~1!.S~i.tp,den. - Da alle Arbeiter den gleiciíe11· Lobn em1)füngen, die lezten nicht weniger und die ersten nicht mehr, so kann der Lohn ~r t_til,tJiutbe~eichnen, welches am Ta_g~_derYergeltung a1len ..J.fiI!lt()r!U1_µ_ª_P!
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l\fo.tth. XX, 17. 18.
diejenigen, welche in unserer Parabel bei der Lohnzahfüng lezte werden, von der Seligkeit des e\vigen Lebens ~~S.Q,~~~~würden, ~ .bietet. !!~x.JJms.tand, daB in der Pa_:abel die ~~1.!tq,__ ~i.~ 1~zten. lei!lº!l.. P.e.n.m,:_~l~J,i9J!n~.~m~~en, :ieQo:>r:oi und foxawi ruso solche bezeichnet, die im Himmelrefoh eiw;i hü~(lrC.QclE!r.ni~d(lre Stellung erh.ill;-
::d. ~r:e¡~~:~!~~:\~~~i;~::··~~-~:r1:s~~~~11~r:~:i:::::0::'füi:' (roit ¡JJey.) so verstehen: Obwol Viele zum einstigen Lohnempfange deñ'Drefistiíñfffiñmeíreiche berufen sind, so sind es doch nur Wenige, welche z~r hoher~~• ..!..O.!'...An.de.i:n..sie.ªµ·~~-~~~P.:~l!clt;i1~.:eElJqli1w~g.!1!J. ewigen Leben moí:Cñ sind. Die Para.bel lehrte, daB bei der Lohnerteilung Erste den Lezten und Lezte den Ersten gleichgestelt werden; und diese Lehre wird mit dem Satze begründet, da.B von den Erwahl~ut'.JY~J!.IG~ von Gott zu einer a.usgezeichneteren Belo~9µ.:ng (I!l,l~}g: aJ.u.iñeiL.Denn.E:-~K~~P.X~:i:fg-~.!ir~usérieiien 'sfüd: ···nab·ei"\vird vorausgesezt, daB es in der Seligkeit Stufen (~QJJ.!t.CJ..gfe..t, was auch in 19, 28 u. 29 so wie in der Parabel c. 25, 19-23 vgl. mit Luc. 19, 15-19 angedeutet ist. Vgl. die Erkl. zu 5, 12 (S. 143f.). - So schlieilt die Gleichuisrede sebr passend mit einem Ausspruche, ,welcher zwar die Aussicht a.uf eine ausgezeichnete Belohnung (19, 28) den Aposteln offen Hi.Bt, aber die Sicherheit aufüebt und vermeintlich berecbtigte Ansprüche ausschlieBt' (Mey.), da die lr.J..o'Pl ihrem Begl'iffe nach lediglich Sache der erbarmenden güttlichen Gnade ist und jedes Verdienst menschlicher Werke ausschlieBt, vgl. Rom. 9, 11. 15f.-JV. 17-29. Die Nachfolge .Tesu auf dem Leidenswege. In v. 17-19 verktindigt J esus auf der Reise na.ch Jerusalem den Jüngern nochmals sein Leiden und Sterben und seine .A.uferstehung¡ vgl. Mrc. 10, 32-34. Luc. 18, 31-34. An diese Verkündigung ist von Matth. v. 20-29 u. Mark. v. 35-45 die Bitte der Zebedttiden um den Ehrenplatz im messia.nischen Herrlichkeitsreiche mit der Antwort Jesu, daB sie im Leiden ihm nachfolgen werden, angereiht, welche mit jener Ver~ kündigung in iunerem sacblichen Zusammenhange steht. V. 17-19. J)ie Leidensverkündigung. Vgl. Mrc. 10, 32-34. Luc. 18, 32-34. Mit ::.:al &iia{Jaívrov ó ,b¡aov<; r.·z-J.. ist das Folgende nur gnnz im allgemeinen in die Reise Jesu nach Jerusalem gesezt. ,,Und hinaufziehend nnch Jerusalem nabm Jesus die Zwülfe besonders und sprach auf dem Wege zu ihnen". Vermutlich wa1·en sie nicht mehr weit von Jerusalem entfernt, bereits in cler Ni.lhe von Jericho (v. 29). xm:' lóíav besonders, für sich allein nahm er die Zwülfe, d:J. ihn laut 19, 2 viele Volksscharen begleiteten, welchen die Verkündigung saines Todes hi.Ltte AnstoB zum Irrewerden im Gla.uben an seine Messianitat geben künnen. V. 18 f. Die Leidensverkündigung la.utet vial bestimter als die früheren 16, 21 u. 17, 22. Der Menschensohn wird überliefert werden (durch den Verrath eines seiner Jünger) den Hohenpriestern und Schriftgelehrten (d. i. den Oberen des jüdischen Volks); diese werden ihn zum Toda verurteilen (Statt {}-avhcp zum Tode [Dativ cler Boziehung] na.ch C.lJNZ al. u. l\fark. hat Tisclt. 8 f:lt; {}-ámwv nach ~B
Jlfatth. XX, 19-22.
405
aufgenommen) und ihn den Heiden (dem rilmischen Landpfleger) übergeben zum Verspotten und Geifieln und Kreuzigen, und am dritten Tage wird er auferwekt werden. Bei aller Bestimtheit geht doch diese Leideus- und Todesverkündigung nicht über die Grenzen der WeiBagung hinaus. Wie und durch wen Jesus den Hohenpliestern werde überliefert werden, blieb den Horern dunkel. V. 20-23. f)ie Bitte der 11/utter der Solme Zebediii. Vgl. Mrc. 10, 35-39. 'lme clamals d. i. nach der Verkündigung v. 18 u. 19. Die Mutter der Sühne Zcbedii.i d. i. der .Aposte! Jakobus und Johannes, hieS Salome, wic sich aus der Vergleichung von c. 27, 56 mit Mrc. 15, 40 ergibt. Sie trat zu Jesu hin mit ihren Silhnen, ibm zu FüBen füllend und ctwas von ihm bittcnd. Die Bitte lautete v. 21: ,,Sprich, daB meine zwei Sühne sitzen, einer zu deiner Rechten und einer zu deiner Linken in deinem Reiche". Ueber shr.e í'va s. zu 4, 13. Das Sitzen rechts und links zur Seite des auf dem Throne sitzenden Künigs ist nach orientalischer Anschauung Zeichen der hüchsten Rangstellung im Reiche und der Teilna.hme aro Regimente. Zu dieser Bitte wurde die Mutter wol infolge der den Aposteln gegebenen VerheiSung 19, 28, die sie in Erführung gebracht hatte, veranlaBt und durch die Auszeichnung, welche Jesus ihren Slihnen nebst Petrus dadurcb gewlihrt hatte, dafi er sie zu ZBugen seiner Verklü.rung mitgenommen, insonde1·heit ermutigt. Da die Sühne mit der Mutter zu Jesu knmen, so sprach sie gewiB nur aus, was diese wünschten. Mark. lü.Bt do.her die Sülme selbst diese Bitte Jesu vortragen, wie denn auch na.ch Matth. Jesus die Antwort nicht a.n die l\futter, sondern an die beiden Jünger riehtet. V. 22. ,,Ibr wisset nicht, was ihr bittet", d. h. ihr versteht ga.r nicht, worin der Vorrang, das avµfJaatl..t:VEtv in meinem Reiche, um welches ihr bittet, besteht. Diese Antwort zeigt übrigens, da.S die Bitte nicht aus Ehrsucht oder aus dem Wunsche, den manche Mütter hogen, durch'ihre Sohne berühmt zu werden, geflossen ist, sondem aus dem a.ufrichtigen, aber unverstítndigen Verlangen, ihren Sühnen den Segen und die Glückseligkeit des Bleibens in der unmittelbarsten Gemeinscbaft mit dem Herrn zu sichern. Die Salome gehürte ja a.uch zu den galilü.ischen Frauen, die Jesu bis unter das Kreuz nachfolgten (Mrc. 15, 40). ,,Konnet ihr - sagt Jesus weiter - den Kelch trinken, den ich im Begriff stehe zu trinken?" 'l'O xo?:~(ltol' (cfa) den Trank enthaltend, den jemand trinken soll, ist Bild des jemandem beschiedenen Loses (vgl. Jer. 49, 12. Jes. 51, 17), insbesondere desLeideus, wie 26, 39. 42.1 Sie antwortetcn: ovvá¡tefJ-a ,wir konncn's', in dem aufrichtigen Vorsatze, mit ihrem Herrn auch das Schwerste leiden zu wollen~ den beide aueh, nur in verschiedener Wcise, nachmals bewlihrten. Darauf sagte. 1) Im El~evii'cschen 'l'exto findet sich der Zusatz: ;ml (oder ~)
o eyco ~cm:ri~op.ai pcmua:>~11a1,
ra pkml-
welcher denselben Gedanken unter dem Bilde des Untertauchens im Wasse1· enthiilt; aber dieser Satz fehlt in N.BDLZ al., den-meisten Verss. u. Kchvv. und ist deshalb von Lclm1. u. 'J'iscl1. getilsrt, warseheinlich auch nur aus Mrc. 10, SS a.Is Glosse in den Text des Mnttñ. gekommen.
aµr•,
406
Mattl1. XX, 23-25.
Jesus ihnen v. 23: ,,l\'leinen Kelch CMrk. verdeutlichend: den Kelch, den ich trinke) werdet ihr freilich lµÚ') trinken, aber das Sitzen zu meiner Rechten und Linken ist nicht meine Sache (ovx ~O?:tv lµóv d. h. steht mir nicht zu) euch zu geben, sondern (wird denen gegeben werden), welchen es von meinem Vater bereitet ist" (zu d.V! ois í't'.l. ist óoO·~GE'tat zu erganzen). Der Sinn dieser Erlrliirung Jesu ist nicht der: Es steht nicht in meiner Willkür, diesem oder jenem,einen besonders hohen Rang im Reiche Gottes anzuweisen, da dieses nur dem Willen des himmlischen Va.ters gemiiB geschehen künne (Bl.); auch wolte Jesus dnmit nicht blos sagen, daB er als der Sohn oder nls der Mensch diese Befugnis nicht habe (wie 24-, 36), oder ,daB da.rüber bereits verfügt sei' ( Weiss). Denn die Bereitung fü.r die Ehrenstellung im Reiche Gottes vindicirt Jesus ja in diesem Ausspruche nicht im allgemeinen dem Vater, sofern de1·selbe von Ewigkeit den RathschluB der Beseligung der Menscl1en gefaJlt hat, sondern in der speciellen Beziehnng, nach welcher die Berufung und die Begabung, vermoge welcher der Einzelne die hüchste Stellung im vollendeten Gottcsreiche erlangt, von Gott ausgeht, der nicht nur das Reich für die Erwahlten bereitet hat, sondern auch die zu Erwiihlenden für den Eingang in das Reicl1 beroitet. In die.ser Hinsicht hiingt die Verleihung der Ehrenstellen im Reiche nicht von Jesu ab, sondern von seinem Vater. Dieser Antwort Jesu liegt übrigens die Zuversicht zu Grunde, da8 die Jünger das ausgesprochene ovváµsfJ-a auch durch die That bewiihren werden ¡ nur darf man das -ro xonicJtóv µov 3lla
Matth. XX, 2i-29.
407
Herscher der Vülker Herschaft über dieselben üben ilnd die Gro.Gen Gewalt über sie ausüben (áQxov1:sr; 1:wv UJ·vwv sind die heidnischen Regenten und ot µr:yálot die Magna.ten, Machthaber in weltlichen Reichen). So soll es unter euch nicht sein (lía1:at nach r1.0LXI'L1ll al. statt la1:lv na.ch BJ)Z u. Minusk.), sondern wer unter euch gro.B werden will, soll euer Diener sein, und wer unter cuch erster sein will, soll euer Knecht sein'¡. ,uirar; gro.6 d. h. cine ausgezeichnete Stellung einnehmend; :n.Qrow; erster d. b. die oberste Stellung erstrebend. Dem µ{rae steht gegenüber der oiáxovor;, dem nQdí7:or; der oovlor;; also je hüher strebend, desto tiefer im Dienen sich herablassend. Dieser Geist soll im Reiche Christi walten. - V. 28. Das Vorbild hiefür gab Ohl'istus. ,,'\De der Menschensolm njcl1t ge@.!1m1en i§t (auf file Erde herab), sich bedienen zu lassen (w!e gro.Be Herr.en), sondern _Z.!! die.nen miel .sein Leben_~~_gebe11_.fils..Lüscgeld fiir Yiele". Vgl. Phil. 2, 5 ff. Rom. 15, 3. oovvm r1/v 1pvx~v die Seele d. i. qas J.ehcn hingebcn ist genant als der hüchsto Act des ornxov1jaat, ~!lndenLiehe. Av1:QOV bed. nWJlt Schutzmittel gegcn den Tod, wie Ritsclll behn.uptet, sqndern Lüsegeld, dem hcbr. ~ntsprcchend; vgl. Exod. 21, 30. 30, 12. Num. 35, 31f. Prov. s, 35. 13, 8. Dieser Wortbegrifffindet, wie schon 1lfey. richtig gegcn R. bemerkt hat, auch da statt, wo die LXX andero Worte durch lv7:QOV geben, wie ti~~~ Lev; 2ó, 24- 51. t1~1~t:! Num. 3, 51. 1;,11? Ex. 21, 30. "1"1"!~ Jcs. 45, 13. In avi-1. :n.ollwv liegt der Begriff der Stel1Yertrgt1mg, gleichviel oh man es mit oovvat oder was naher liegt mit. ).t)z~t. Jesus bezeichnet damit die ll.ing~J>~ Lcbens in den Tod a.Is Sühn@fer für die íl~rch.Jhre S~!!ª-9 9,.Qm To_4.e verfallenen !1&_n_,<;~1!_en, welches er bringt ~ um -ª-ifl_. voQtJ.:o
408
MO.tth. XX, 30-34. XXI.
richtet. Diese Difl'erenz wollen mohl'ere AusU. durch die Annahme ausgleichen, daB Jesus sowol vor dem Eintreten in Jericho a.Is na.ch dem Ausga.nge aus dieser Stadt einen Blinden geheilt, Matth. aber diese beiden Heiluugen in eine zusammengezogen habe und von zwei Blinden rede (Sieffert, TVieselm-, Chronol. Synopse S. 332, Ebi·. u. A.). Allein obgleich dieser Annahme an und für sich keiu triftiger Grund entgegensteht, so wird sie doch durch den Umstand unwarscheinlich gemacht, dal3 Luk. die Blindenheilung sichtlich nur aus dem pragmatischen Grunde vor den Eingang Jesu in Jericho verlegt hat, um anden Durchzug Jesu dureh die Stadt die Einkehr Jesu bei dem Oberzüllner Zacchlius snmt den daran sich knüpfenden Gleielmisreden Jesu (19, 1-27) anreihen und ohno Unterbrechung mitteilen zu künnen. Die ancJ.ere Differenz aber, da.B nach Matth. zwei Blinde, naeh Mrk. u. Luk. nm· einer geheilt worden, gleicht sich wol so aus, da8 nur der cine dieser Geheilten eine in don apostolisohen Gemeinden bekaute Person wurde, dessen Namen daher l\Iark. überliefort und seine I-Ieilung umstü.ndlich erziihlt hat, ohne des anderen, nicht niiher bekant gewordenon dabci zu gedenken, woH ja mcht die Zabl der Geheilten, sondern nur die wunderbare Heilung heilsgcschichtliche Bedeutung hatte. Vgl. übrigeus die Bemerkung über die lihnliche Differeuz bei den geheilten Besessenen zu Gergesa c. 8, 28 ff. (S. 223). - Im übrigen stimmen die drei Relationen über diese Blindenheilung hinsichtlich aller wesentlichen Punkte überein. Dio Blinden saRen am Wege, nach Mark. u. ~uk. bettelnd, und schrien, als sie hürten, claB Jesus vorboigehe: ,,Erbarme dich unser, Sohu Davids!" und IieBen sich auch durch die Drohungen des Jesum begleitenden Volks nieht zum Schweigen bewegen, sondern schrien um so lauter, bis Jesus stehen blieb, sic herbei kommen lie6 und ihre Bitte, ihnen die Augen zu üffnen d. h. den Augen die Schkraft wieder zu geben, crfülte. - Dio Difl'erenz, dal3 nach Matth. Jesus ihre .A.ugen berührte, nach i\frk. u. Luk. spracb: ,,Sei sehend, dein Glaubc hat dir geholfen", begründet keinen Widerspruch, da einerseits das Wort Jesu die Berührung der Augen nicht ausschlieilt, sondern damit verbunden zu denken ist und von Matth. nur deshalb nicht ausdrücklich erwü.hnt wird, weil os sich von selbst verstand, da Jesus keins seiner Wundor stillschweigend verrichtet hat¡ andrcrseits aber Mark. u. Luk. das Berühron der Augon als ein nebenslichliches, nur für dio Blinden Bedeutnng habencles Moment der Heilung besonders zu erwü.hnen nicht für notig erachteten.
Cap. XXI._ Feierlicher Einzug· Jesu in Jerusalem. Tempelreinigung. Verfluchung des Feigenbaums, Verantwortung gegen die Hohenpriester uncl Aeltesten und Ankündigung des Gerichts. Auf die Mitteilung einer Reihe von Ereignissen und Lehrvortrilgen Jesu, welche die Jünger auf seinen in Jerusalem ihm bevorstehcnden
Matth.?XXI.
409
Tod vorzubereiten bezwekten, folgt nun in c. 21, 1-11 die Erzii.hlung von dem feierlichen Einzuge Jesu als Messias in Jernsalem, und dann v. 12 an weiter der Bericht über das messianische Auftreteu und Wirken Jesu in der Hauptstadt Judüa's, nii.mlich die Tempelreinigung (21, 12-17), hiera.uf a.m folgenden Tag auf dem Wege zur Stadt die Verfluchuug des unfrnchtbaren Feigeubaums (v. 18-22), und im Tempel die Abweisung der Pharisaer und Volksü.ltesten, die na.ch seiner Vollmacht zu diesem seinem Auftreten fragten, und die Rüge ihres Widerstrebens gegen den güttlichen Willen in dem Gleichnisse von den beiden Sohnen (v. 23-32) und die Ankündigung des Gerichts der AusschlieBung aus dem Reiche Gottes in den Parabeln von den Weingürtnern, welche die Knechte ihres Herrn miBhnndeln und seinen Sohn tOdten {21, 33-44), und von der Hochzeit des Konigs (22, 1-14). Ueber diese Reden erbittert suchten die Hohenpriester und Aeltesten Jesum zu tüdtcn, wagten es aber nicht wegen der Volksscharen, die Jesum für einen Propheten hielten (21, 45f.), und versuchten daher durch verfü.ngliche Fragen ihm Schlingen zu legen; zuerst die Pharisiier samt den Herodianern mit der Frage über das Recht der Steuerzahlung an den Kaiser (22, 15-22), sodann die Sadducaer mit der Frage über die Auferstehung der Todten (22, 23-33), endlich nochmals die Pharisil.er mit der Frage na.ch dem vornehmsten Gebote (22, 34--40); worauf Jesus seine Widersacher mit der Frage, was sie vom Ivlessias hielten, zum Schwe.igcn brachte (22, 46), alsdnnu aber in einer an die Jünger und das Volk gerichteten Rede die Scheinheiligkeit und Heuchelei der Pharisiier aufdekte, ein siebenfüches Wehe über ihr Treiben aussprach. und mit der Ankündigung des Gericbts über das verstokte Jerusalem schlo8 (c. 23). Nach dieser Rede verlie8 er den Tempel für immer und begab sich aus der Stadt auf den Oelberg, wo er den auf den herrlichen Bau des Tempels hinweisenden Jüngern dio gilnzliche Zerstürung desselben weiBagtc, und weiter auf ihre Frage nach dem Zeichen seiner Parusie nllll der Weltvollendung sie in prophetisch-parii.netischer Rede c. 24. über seine Zukunft zum Gerichte über Jerusalem und die Voll· endung der Welt durch das Gcricht belehrtc, und seine Rede mit den Gleichnissen von den zehn Jungfrauen und den anvertrauten Pfunden und einer parabolischen Schilderung des Weltgerichts c. 25 scbloB. Mit dieser Darstellung des üffentlichen Wirkens und Lehrens Jesu in Jerusalem &timmen Mark. in c. 11-13 und Luk. in c. l 9, 2921, 38 in allen wesentlichen Punkten überein. Nur haben beide no.ch der antipharisii.ischen Rede i\ltth. 23 noch die Geschichte von dem Schcrflein der Witwe (Mrc. 12, •11-44. Luc. 21, 1-,1) hinzugefügt, dagegen das Gleicbnis von den beiden Sühnen (Mtth. 21, 28-32), die Paro.beln von der Hochzcit des Künigs (22, 1-14) und den zehn Jungfrauen (25, 1-12), sowie die llaro.bolische Schilderung des jüugsten Gerichts (25, Sl-46) weggelassen, auBerdem auch die o.ntipharis!i.ische Rede (c. 23) und die prophetische Schilderung der Parusie Christi (c. 24) bedeutend verkü1·zt, da Luk. einzelne Teile dicser Reden und das Gleichnis von den anvertrauten Pfunde11 scl1on früher mitgeteilt
410
Ma.tth. XXI.
hatte, Mark. aber planm!i.Hig li1ngere Reden und Gleiehnisse in sein Evangelium nicbt aufgcnommen hat. Diese Ucbereinstimmung der drei Ev:mgelien in den Hauptsachen, verglfoben mit den .Abweichungen derselben hinsichtlich der Auswahl und Verteilung der Reden und Gleichnisse, berechtigt ohne Zweifel zu der Annahme, da6 wir in den drei Berichten eine treue geschichtliche Ueberlieferung des messianischen Wirkens Jesu in Jerusalem von seinem feierlicben Einzuge in diese Stadt bis zum Schlusse seine1· üffentlioben LchrthiLtigkeit besitzen, wobei jedoch keiner der Evangelistcn sein .Absehen auf eine vollstü.ndige und chronologisch geordnete Auf: zii.hlung der lt'acta und Reden J esu gerichtet hatte, sondern jeder nur das, was ihm nach dem Plane seines Evnngeliums als das Wichtigste erscbien, aufgenommen und berichtet hnt. In chrouologischer Hinsicht haben sic nicht eiumal den Tag des feierlichen Einzuges Jesu in Jerusalem nü.her bestimt, eben so wenig die Zeit der einzelnen Handlungen und Confücte Jesu mit den Oberen des jüdischen Volk~s augegeLen. Nnch Ma.tth. scheint es, daB Jcsus gleich nach seinem Einzuge in Jcrusalem und Eintreten in den Tempel die Kiiufer und Verkü.ufer aus dcmselben austricb und die Ilohenpriester und Schriftgelehrten, die sich über das Hosiannarufen der Kinder mififüllig ü.uBerten, aus der Sehrift zurecl1twies, und dánn erst am .A.hende die Stadt verlie.6 und nach Bcthanien zurükkehrte, am folgendcn Morgen n.ber auf dem Wege zur Stadt den unfruchtbaren Feigenbaum verfluchte, bierauf im Tempel die von don verschicdenen Parteicn seiner Widersacher vorgelegten versuchlichen Fragen der Rcihe nach schla.gend beantwot·tete und sein Lehren im Tempel mit der n.ntipharisaischen Rede c. 23 beschloB. Nach Mark. bingegen hat Jesus erst a.m Tage nach seinem Einzuge die 'rempclreinigung vorgenommen (11, 12 u. 15 ff.l, und am zweiten Tage gegen die Hohenpriester und Schriftgelehrten seine Mn.chtbefugnis hiezu gercchtfertigt, in Gleiclmissen ihnen das Gericht angekündigt und die ihm vorgelegten versuchlichen Fragen beantwortet (11, 19. 27ff.). Nach Luk. hatJesus taglich im Tempel gelehrt (19, 47. 21, 37f.) uml an einem der Tagc (20, 1) mit den Hohenpriestern, Schriftgelehrten und Aeltesten disputirt und in Gleichnisscn und Reden das Gericht über Jerusalcm und von seiner Zukunft geweiBngt. Vorgleichcn wir mit dicser synoptischen Schilderung der lezten Tage der üffentlichen Wirksamkeit Jesu in Jerusalem die Dari;;tellung im vierten Evangelium, so karn na.ch Job. 12, 1 Jesus sechs Tage vor dem Pascha nacb Bethanien, wo ihm ein Gastmahl gegcben wurde, bei welchem Mario. ihn salbte, hielt Tags darauf seinen feierlichen Einzug in Jerusalem (12, 12 fl'.) und sprach in einer Unterredungmit Rellenen, die zum Feste gekommen waren und ihn sehen wolten, von seinem Todo und sciner Verklarung¡ worn.uf Joba.nnes seinenBericht über das offentliche Wirken Jesu mit einer Refiexiou über die Verstockung der Juden schlieBt, und in c. 13 zur Beschreibung der Vorgange und Reden bei dem Abendmahle übergeht (c. 13-17), nach welchem Jesus noch in derselben Nncl1t gefangen genommen wurde (18, 1 :ff.). Dieses .A.bendmahl
Matth. XXI.
411
ist, wie sp!l.ter nachgewiescu werden sol!, kein anderes o.Is das Pascha.mahl, bai welchem Jesus no.ch Matth. 26, 17 f'f. Mrc. 14, 12 ff. Luc. 22, 7 ff. in der Nacht, da er verrathen wnrd, das heil. Abendmahl stiftete. Johannes hat demnach alles, was die Synoptiker übe1· Jesu leztes Wirken im Tempel erzlihlten, als bekant vorausgesezt und sich darauf beschrlinkt, nur die Vorgi.inge und Reden im Kreise der Jiinger zu beschreiben, wodurch Jesus die Herrlichkeit des eingeborenen Sohnes Gottes offenbarte. Von einer Differenz zwischen der synoptischen und der johanneischen Darstellung kann demnach nicbt die Rede sein. Eben so wenig waltet in Anbetra.cht dessen, was Johannes über Jesu Aufenthalt und Wirken in Judlia und Perlia vor Q.em feierlichen Einzuge jn Jerusalem berichtet, ein Widerspruch mit den synoptischen Berichten ob, falls man nur nicht mit gü.nzlicher Verkcnnung des Planes der synoptisehen Evangclien sieh Jesu Aufbruch von Galilü.a und Reise nach Jerusalem als cine einfache, in wenig Tagen ausgeführte li'estreise zum Pascha vorstelt. No.ch dem Ev. Johannis war Jesus schon am Tempelweihfeste in Jerusalem (10, 22), zog sich aber, da die Juden ihn zu greifen suchten, wieder jenseit des Jordan zurük an den Oi·t, wo Johannes früher getauft hatte (10, 40), und b1ieb dort, bis er durch die ihm gemeldete Naehrieht von der Erkranlrnng des Lazarus veranla6t wurde, na.ch Bethanien zu kommen, um den unterdell Gestorbenen vom Tode aufzuerwecken (11, 1 ff.). Da aber das Synedrium bereits über seine Tüdtung berathschlagte und seine Stunde noch nicht gekommen war, zog er sich mit seinen Jüngern in cine wüste Gegend bei dcr Stadt Epl1raim znrück und blieb dort bis zum Herannahcn des Pascha, so clo.6 er erst 6 To.ge vor Ostem wieder nach Bethanien kam (11, 53 f. u. 12, 1). Die Lo.ge von Epltraim ist zwar noch nicht sieher f'estgestelt, aber ohne Zweifol üstlich von Betbel, naeh lfie1·on. 5 r. Mcilen do.von entfernt, zn suchen und na.ch JOh. 11, 54 no.he an der Wüste Juda's, also no.ch dem Jordanthale hin, so da6 der Weg von da nach Bethanien über Jerieho kaum ein Umweg sein mochte. Somit steht der Annal!me nicl!ts entgegen, dnB Jesus kurz vor dem Pascha von Ephraim nach Jericho sich begab, wo er mit gnlilii.ischen Festpilgern zusnmmentraf, und nachdem er durch die Stadt gegangen war, bei dcm Oberzüllner Zacchtius einkchrte {Luc. 19, 1 ff.), und von da weiter zichend die Blinden am Wege heilte und dann in Bethanieu, wo seine Freunde ihm ein Gastmahl liereiteten, über Nncht blieb und am folgenden Tage in Je1·usalem einzog. - Diese einfache Weise die johanneischeu Angaben mit den synoptischen zu vereinigen, künte nur in dem Falle unstatthnft erscheinen, wenn die Synoptiker die Reise Jesu von Jericho 11nch Jerusalem ¡¡.ls ohne Unterbreehung und .A.ufenthalt an einzelnen Orten, in einem Tage ausgeführt darstelten. Dies gesehiel!t aber nicht nur von Lukas nicht, welcher die Einkehr Jesu bei Zacchü.us erzii.blt, sondern aueh bei Matth. in keiner Weise, da er vielmehr durch die lose Verknüpfung der einzelnen Ereignisse auf der Reise: ,,und von Jcricho ausgehend folgte ihm viel Volkes nach" (20, 29) und: ,,und als sie sich Jerusnlcm nii.11crten und nnch Bethphage lmmen" (21, 1) deutlich zu
412
Ma.tth. XXI, 1.
verstehen gibt, da8 er nur wichtige Begebenheiten an einzelnen Stationen berichten, keinen vollstü.ndigen Reisebericht liefern wolte. V. 1-11. Jesu feierlicher Einzug in Je1·usalem. Vgl. l\lrc. 11, 1-10. Luc. 19, 29-38 und Joh. 12, 12-16. - Früher hatte Jesus nicht nur wiederholt (8, 4. 9, 30. 12, 46) den vo11 ihm wunderbar Geheilten untersagt, die ihnen zuteil gewordene HeHung bekant zu machen und ihn als Messias zu verkünden, sondern auch seinen Jüngern verboten, dns von Petrus abgelegte Bekentnis, dnB er der Christ, der Sohn Gottes sei, anderen mitzuteilen (16, 20} und von seiner Verklil.rung, die, sie auf dem Berge geschaut hatten, zu jemand zu reden, bevor er von den Todten werde auforstanden sein (17, 9), um der vorzeitigen Veroffentlichung seiner Messianitüt unter dem für das geistige Verstü.ndnis seines erlüsenden Wirkens noch nicht reifen Volke vorzubengen. Als aber nun auf dem Wege nach Jerusalem die Stunde gekommen war, da.B er am Pascha durch Leiden, Sterben und Auferstehung das Werk der Erlosung vollbringe, besehlo.B er, sich als den von den Propheten verheiBenen Messias offentlich zu bezeugen, und nicht nur seinen Jüngern und Auhü.ngcrn, sondern auch vor seinen Widersachern,
Ma.tth. XXI, 1.
413
stehenden .;rQÓ~ als zu schwach bezeugt~ schwerlich in Betracbt kommen kann. Br¡fJq;ccr1í, wrn":;i d. i. Feigcmh:u1seu ist im A. Test. nicht erwlihnt, üfter aber im Talmude als auBerkalb der Maneru Jerusalems und znm ü.uBeren Stadtbezirke gehürend (s. Liglif(. Opp. JI, p. 44 u. 198 s.). Dieser Ort ist spurlos untergegangen, und nicl1t na.ch der :Münchstradition halbwegs zwischcn Bethanien und dem Gipfel d'es Oelbergs zu suchen (vgl. Robins. Pal. II, 312), sondern warscheS!ich in ~Gegend, wo der gangbarste 1md ~1nemste Weg yoiilwtfüíñiim nach Jerusalem dnrcb den Sattcl zwischen dem Oelberge imd dem BergQ.des Aergernisses fübrt nnd .Ternsnl.em für den von Osten her Komm.onden. ;ierst sicbtba1'--wii'd, da nach Luc. 19, 37 Jesus eine Strecke von Bethphage entfernt den Abhang des Oelbergs herunterzieht. In der spateren talmudischen Zeit scheint der Na.me, nachdem der Flecken bereits zerstürt war, auf die weiter am Oelberge herab na.ch der Stadt zu liegenden Gchüfte übertragen worden zu sein; vgl. Fm·rer in Scllenk.'s Dibellex. I, 428 u. Riellms Hdwortb. I, 182 f. - Wegen der Angabe 8lg Br¡ffcpay1} r.al. B7J-&avlav bei Mrk. u. Luk. wolten Manche Bethphage listlich von Bethanien suchen, aber entschieden irrig; denn Bethanien lag am üstlichen Abhange des Oelbergs, nach Joh. 11, 18 von Jerusalem 15 Stadien oder %Stunde am Wege nach Jericho, und ist in dem aus etwa 40 Ilausern bestehenden muhammedanischen Dorfe el Aza1·ielt (Ort des Lazanls, im .Arab. el Azir) erhalten; vgl. 11fiU1lau in Rieluns Hwb. I, 174 u. Robins. Pal. II, 309 ff. Die Nennung von Bethphagc uud Bethauien erklürt sich daraus, daB die Absendung der Jünger nach dem Reitfüiere nicht crst stattfand, als der Reisezug in Bethphage imgekommen war, sondern an einer Stelle, wo allen drei Evangelien zufolgc Bethphage noch r.advavn oder a3dvavrt lag d. h. gegenüber dem Reisezuge¡ ob seitwlirts oder gerade gegenüber, ll.i.Bt sich nicht entschoiden und ist für die Sache von keinem Belange, so daG wir ohne Bedenken mit Liglttf. l. c. p. 199 o.Is den Ort der .Absendung die Grenzscheide beider Ortsgebiete annebmen künnen. Hiernach sagt :Matth. kurzweg: ~W·ov 8lg B1¡fJ·
rog
1) Unbefriedigend ist die Vermutung, da.G Betbanien a.Is der beko.ntere Ort 1rnr zur Orientirung hinzugefügt sei ( Kcim), und ganz unstattha.ft dio .Anno.hme von Weis.~. da.B Mark. u. Luk. Betlumien als den 011; denken, a.ns clem das Reitthier geholt wurde, und Bethphage als den niiher gelegenen und beka.nteren Ort zur Orientirung voraufgeschikt ha.ben. Denn daG Bethphage zur apostolischen Zeit bekanter als Betho.nien wa.r, lli.r•t sich aus den gegen 500 Jo.hre spiiteren No.ehriehten des ba.bylonischen 'l'almuds über Bethphage nieht darthun; und die Behauptuug, daG die Thiere von Bcthanien geholt worden seien, hll.t an der sehr fragliehen Urmru:kushypothese keine haltbare Stütze.
414
!l:Ltth. XXI, 2-4.
V. 2 u. 3. Der Auftrag, welchen Jesus in der Niihe von Bethphage den beiden Jüngern erteilte, in_@o,_ggg1:müber.li!lg~~&l~.e11 (d. i. ~!~§!hnhag,e). zu gehen und cine Eselin mit ihrem Füllen, die sic dort angebunden finden werden, ihm herbeizuführen mit dcr W eisung, wenn jemand darüber sic befrngen würde, demselben zu sagen: dcr Herr bedarf ihrer, so werde er die Thiere sofort ihm entsenden, dieser Auftrag zeigt nicht nur, da.B Jesus se!ber mit Bedacht den Einzug in der beschriebenen Weise veranstaltete, und sich dabei niebt bios dem Enthusiasmus seiner Begleiter anbequemte (Neand., de W., Weizs.), sonclern auch, dafi er dies im VollbewuStsein seiner messianischen Würdc that, indem er nur vermoge seines übernatürlichen Wissens clcn Jttngern voraussa.gen konte, da.B sie die Thlere dort angebunden finden werden und daB der Eigcntümer derselben sie ihm auf sein Wort bereitwillig überlassen werde. - V. 4 f. ,,Dies Ganze ist gesehehen, auf daB erfüllet würde der Ausspruch dureh den Propheten: Saget der Toehte.r Zion: Siehe dein Künig komt dir sanftmütig uud reitend auf einem Esel und zwnr auf cinem jungen Esel, dem Füllen eines Jochthieres". '.l'oiíro ó~· 8J.011 wie 1, 22 u. 26, 56 ¡ aber 8J.ov fehlt in 1.-1.JJLZ, !tal. u. a. und ist deshalb von Tiscll. 8 getilgt, vielleieht auch nur aus den angeführten Parnllelstellen zugesezt. Die WeiBngung steht in Znch. 9, 9 und lautet dort: ,,Jubele sehr Tochter Zion, jauchze Toch.: ter Jerusalem! Siehe dein l{ünig wird dir kommen, gerecht und heilbegabt (oder gottbeschüzt) ist er, niedrig und reitend auf einem Esel und (zwar) auf einem jungen Esel, der Eselinnen Füllen". S. d. Erkl. derselben in m. bibl. Comm. zu Zaeh. a. a. O. Statt der einleitenden Worte: jubele sehr u. s. w. hat Matth. aus der messianisehen Stello ~· 62,,.J.J die Worte: ,,saget der Toehter Zion" angeführt, als dem Gedanken, den er mit Anführung der WeiBaguug des Zach. ausdrüekon wolte, mehr entsprechend. Tocllter Zion ist nach prophetisehem Spraehgebrauche cltQ_141inJYohnersch~ft Zions,_ab.el:._irn Sinne des Propheten wie des Evangelisten nicbt im A!lgemeinen die Bevülkerung Jerusalems, sondern di~t;I!!Lubí@._auf die ]Li:.losung haiTerule...G:.run.cinde, das Israel nach dem Geiste. Diese Gemeindc Zions soll nn dem der Woi6agung entsprechend voranstalteten Einzuge Jesu in Jerüsalem er· kennen, daB ihr Künig komme. Dieses sein Kommen aber gab ihr niebt AnlnB zum Jubeln, denn er komt in Niedrigkeit, um durch Leiden und Tod sein Werk zu vollenden. Im Zusammenbange der prophetischen Verkündigung des Zacharja sind die angeführten Worte bildlicher .A.usdruek des küniglichen Kommcns des l\fessias zur Erlüsung der Ge· meinde des Herrn von dem Drucke der Weltmiichte und zur Aufrichtung cines ewigen Friedensreiches. Zacharjn.. weiBagt die Erliisung des Volkes Gottes, ohne zwischen der ersten Erscbeinung des Messias iu Nied1•igkeit und seiner Wiederkunft in Herrlichkeit oder zwischen dom geringen Anfange und der glorreichen Vollendung des Reiches Gott.es zu unterscbeiden. Im Blieke auf die Vollendung der Erlosung bat dio Gemeinde AnlaR zum Jub(ll und Frohlocken. l\fatth. aLer hebt nnr dio Beziehung dioser Weiliagung auf die vor Menschenaugen unschcinbaro
:M:att11. XXI, 5-7.
415
Gründung des Himmelreichcs heraus, die im Hinblicke auf das Jcl'U bevorstehendc Todesleiden die Hcrzcn der Gliiubigen mchr zur Trauer a.Is zum Jubo! zu stimmen geeignet war, uud withlt deshalb statt der Au:fforderung zum Jubel (bei Zach.) aus der verwandten messianischen Stelle des Jes. die cinfache Ankündigung, Zion zu sagen, dnfi sein Künig komme. Zwar jubeltc die Jcsum begleitende Volksmenge über diese Kundgebung der messinnischen füinigswürdc Jesu, aber diesen Jubel hat de.r Prophet nicht gemeint, nnd die Volksmengc jubelte auch 11icht im Hinblicke auf das dem Horrn in Jcrusalem bevorstehende Todesleidcn, sondern weil sic Jesu mcssianischcn Einzug fü1· den ersten Schritt zur baldigcn .A.ufrichtung cines Reichcs der H01Tlichkeit hielt. - Im übrigen scbliefit sich die Anführung der Wei!3agung des Zncliarja mehr dem W ortlaute des Grnndtcxtes als der LXX an, aus welcher nur das Prildicat :ir(!llV<; statt des hebr. "?~ und die Wahl des Wortes VJrO~tíywv Jochthier für Ese! gcftossen ist. Die Aussagc: ,,gerccht und gottbeschüzt ('l!J'i~) hat Matth. weggelasscn, weil sie für die Beziehung der Weifiagung a.uf Jesu messianischen Einzug in Jerusalem nicht erforderlich war; und das den Sinn von "'~~ JDiMJ; nicht genau ausdrückcndc;i Jr(laV~ hat er als die damals vermutlieh gangbare Auffassung jenes Wortes beibehaltcn, weil es der Gesinnung Jcsu entsprach (vgl. 11, 29) und die Nicdrigkeit dor Erscheinung Jesu durch das Reiten auf dem Eselsfüllen dcutlich genug abgcbildct war. Denn der Esel im Untcrschiede von dem Rosse ist nicbt das Thier des Friedcns, sondern auch im alten und ncuen Morge11lande ~in ti~f imtm· rlem Rosse. &!QhcM§._~'i s. den Nachweis hiefür bei Bngstb. Christol. III S. 361 ff. u. in m. Comm. zu Zach. 9, 9. Die Worte r.al tJil :JUiJJ.ov vtOv tnrosvrlov sind fü1Q.~Jill des lJrl ovov ,,ª1J.f einmn..Esol--und ~ar anf eine.!!! Eselsfüllon" bei Matth. wie bei Zacharja, so daB auch nach Matth.•I.esnª auf d9m JlülleJW:cite.t..uncL~~~~l!.~'...dahei i§!. Nur um soinen Einzug der WeiBagung so entsprechend cinzurichten, daB die Uebercinstimmung augenfüllig würde, liefi Jesus beide Thiarc holen. Aus dem nü.mlichen Grundo hat Matth. beide Thiere crwii.hnt, wiihrend ~r.. 11 T.nk ., weil sic ~r dio heidenchristlich~ sor ihrer Evangelien den Hinweis auf die El'füllung der alttestamentlichcn W eiBagung nicht für notig erachteten, )!ur von dfillJ.Jl!selsfi!lliln.. crz ahl en. V. 6 ff. Dem Auftrage gemü.8 holten die Jünger die Eselin und das Füllen herbei und legten ihre Kleider (Ta l11áTta die in grofien Umwurftüchern bestehendcu .Obo1,lt-leidei:) als Rci.td.!:.ckcn auf dieselben (die beidcu Thiere); und e,i,:_LJ~.!!IDܧCzte sich auf dieselben d. h. fillf_di{). l}jcke.n. Stntt ii:;r~r.&-&iow·· ( Elzev.)liiilien :lfatthaei, Griesb., Scltolz, Lcllm. u. Tisch. nach BCFJ!SUVXI'iJ al. é:;u;r.á8'uJEv als die am meiston bezeugte, ohne Zweifel ursprüngliche Lesart aufgenommen. ~;;rávm avuo1J ist nicht auf dio Thíero zu b~cl1en, wic,~ es failtc, um der Erzithlung den ungereimtcn Sinn aufzubürden, daB Jesus auf bciden Thieren zugloich geritten sei. BcidLJ-'hiere hatten die...Illn~üi· iesitIILZllgm:iifil;.ct, Jlb.m:.m:.bcsticgJlw:..das eine, und zwar nru:ih..Y.-5..das
416
Mat.th. XXI, 8-11.
Efillen, wie die andern Evangelisten deutlich berichten. -
V. 8. Der g~filH.LTuiLd.fü'3-9.lk.l'JJMDge (o .nlelen:or; oxlor;l breiteten ihro Kleider auf den Weg - a!!J Teppiche; n.ndere hieben Zweige v~n den Bil.umen und streuten sie auf den W'eg - Ehrenbezeugungen, wie man sie einziehenden Künigen erwies, vgl. Róiiins. Pal. II, 383. - Die Yolksseharen aber, die vorangingen und nachfolgten, riefen laut i2accJJvcí, die aram¡j,isclle-E.o:r:m !IP:l'ui~M des hebr. ~~,,~cll.llell (aus ~JJB,..2.5.) dem Sohne Daxi.J:ls (d. i. Jesu dem ~; @fillgn.et.J¡ci, g_e.r.__41!-_ko.m.tjm..Nru:u_e¡ules Rerui...(aus Ps. 118, 26), Hosfa.!ln..Lil.!Jl<,iJ: Jlühe.! " d. i. im hóchsten Himmel, dem...'.J:h¡:ansitze-Gottes, VQ!l.JY.O_e¡¡ ~i!J.c.!!.M-ª.ssías hel'.P~Jler. kom:íne- (ñfey.); nicht: Heil werde gerufeñ (von den Engeln) im Himmel (Jí'1-itzsclle, Olslt.), oder: Hosianna geltc im Himmel, werde dort erhürt (de W., Bl.). - D01· 118. Ps., der SchlnSpsalro des Halle! (Ps.113-118), welches in der Nacht vom Hten auf den 15ten Nisan, zur Halfte vor, zm· Hlilfte nach dem Paseharoahle gesungen wurde, ist warscheinlieh fl!LJli,e EimveihJmg..des-801•ubabeI.. ~Tel!!P.filS_gedichtet und bei dcrselben zum ersten Male gesungeu worden, wobei die angeführten Worte den Versen entnomroen sind, mit wclchen die zuro Tempel Kommenden beim Eingange in denselben von dor Priesterschaft begrüllt wurden; vgl. JJelitzsclt Corom. zu Ps. 118. In der Folgezeit wurde das Hosia.nna a~hüttenfeste tü.glieh bci dem feierlichen Umgange uro den Altar gerufen, wobei man Lnlahs., d. i. J.l.Jl.lmz:wcige, an wolcho Myrten- und Bachweidenzweige angebnn~ den waren, in der Hand hielt; vgl. !2.§litzst;lL, der Hosianna-Ruf, in d. Ztschr. f. Lnth. Theol. 1851 S. 653 ff. - Wii.brend Matth. u. Mark. nur erzahlen, dail das Volk Zweige von den Baumen hieb nnd auf den Weg stroute, berichtet Johannes in v. 13, da.B das Jesu von Jerusalem her entgegen kommende Volk Palmzweige genommen hatte und ihro mit dem Hosiannarufe entgegenkam. ,Sie nahmen - bemerkt hiezu JJel. treft'end - die am Laubenfeste, dem Freudenfeste ohne Gleichen, üblichen Palmzweige und begrüBten ihn (den Sohn Davids) im Uoberschwange festlieher Freude mit dem Laubenfestrufe Hosianna, der ihnen schon deshalb nicht fel'lle lag, weil er dero Halle! entnommen ist, wolches eincn Hauptbestandteil der Liturgie der zwei ersten Paschafeiertage bildete'. l\lit dcm Hosianna bcgrüBte also das Volk Jesum als don erwarteten i'rfossias, welcher kommc, sein Reich aufzuriehten. Dies hat Mark. niit dero Zusatze v. 40: evlorr¡µ{vr¡ ~ ~Qxoµ{vr¡ [Jaatlda -roii xaTQor; ~µwv L1avív a.ngedcutet. V. 10 f. Als sie in Jerusalem so einzogen, wurde die ganze Stadt (d. h. ihre Bevülkerung) in Erregung gesezt (~CiliÍGfh¡) und sagte: ,,Wcr ist dieser?" dem man solche Ehre erweist. Die Jesum bcgleitcnden Vollr.sseharcn antworteten: ,,Dieser ist der Prophet :;cQorpl¡r11r; der bekante Prophet), Jesns von Nazaret in Galilüa''. Die Frage sczt selbstverstündlich nicht voraus, daB Jesus wü.hrend seiner üffcntlichen Wirl{samkeit jezt zuro ersten l\fale na.ch Jerusalcm gekommen, wie Weiss behauptet; denn diese Frage war durch das groBe Aufi>ehen, welchcs der feierlichc Einzng machte, nahe gelegt. .Auch ist ó :lt(JOtp~T:fjr.,; iu
(o
l\Ia.tth. XXI, 11. 12.
417
der Antwort nicht (mit Sommer) als Gegensatz zu vtüc; Llcwío zu fassen, so da6 darin eine Herabstímmung der Begeisterung des Volks zu suchen ware. Denn die Volksmenge spricht darin nicht ihren persünlichen Glauben aus, sondcrn bezeichnet Jesum nur nach seinem Hingst bckauten Charakter. Als Propheten hatte sích JesuR durch Wort und That so offenkundig bezeugt, daB nur büser Wille ihm den Charakter eines Propheten absprechen konte. Sein offeues Hervortreten als Messias hingegen erwartete man erst in Jerusalem, mit der Aufrichtung des Reiches seines Vatcrs David. Der Einzug Jesu in Jerusalem erfolgte ohne Zweifcl am Sontagu.m:_ dem Paschafestc. Dies Hlfit sich aus folgenden. Angaben dcr Evangelien erschlieBcn. Nach Joh. 12, 1 kam Jesus G Tage vor dem Pascha nach Bethanien, wo man ihm ein Mahl bereitete, bei welchem l\faría ihn salbte. Tags darauf d. i. am Tage nach diesem Gastmahle hielt er seinen Einzug iu Jerusalem, Joh. 12, 12. Der 14.Nisan, an dessen Abende die Paschamahlzeit gehalten wurde, fiel in jenem Jabre, wie sich tms bei c. 26, 2 crgeben wird, auf den Donnerstag, und der 15. Nisan als der erste Tag des Festes der ungesiluerten Brote auf den Freitag. Rechnet man nun von Donnerstag Nachmittag, zu welcher Zeit die Zubereitungen für das Paschamahl begaunen und nach Joseplt. d. bel!. fud. Vl, 9, 3 das Volk sich :rr(Joc; -.~v -.o)p d;vµrov fo(Jrtjv versammelte, 6 Tage zurück, so kam Jesus (laut Joh. 12, 1) am FreHag den 8. Nisan, Nachmittags, vor Anbruch des Sabbats, nach Bethani.en, blieb dort den Sabbat über und zog am Sontage in Jerusalem ein, d. i. o.m 10. Nisan, dem Tage, an welchem nach Ex. 12, 3 das Paschalamm ausgcsondert wcrden solte. So Eúrard, Lichtenstein, Lebcnsgcsch. Jesu S. 376, Wieseler Beitrr. S. 264; auch Keim IlI S. 50it Dagegen kommen diejenigen Ausleger, welche we~en Joh. 19, Hu. 31den15. Nisan oder ersten Festtag auf den Sonnabend, den 14ten also nuf den Freitag setzen, mit dem 6. Tage vorher auf den Sonnabend, eincn Subbat ( ,Jley., Godet, Em. u. A.), wornach Jesus die Reise nach Betlrn,nien am Sabbate gcmacht hütte. Aber Jesum am Sabbate reisen zu lassen ist ganz unstatthaft, weil dies nicht blos mit der rabbiuischen Bcstimmung des Sabbatweges (A.et. 1, 12), sondern auch mít der allgcmeinen Bestimmung des Ruhetages in Widerspruch sttlnde (vgl. auch 24., 20\ Der von ¡JJey. gegen diese Bedenken erhobene Einwand, Jesus künne auch o.ns einem sehr nahe gelegenen Orte gekoromen scin, sezt aber nicht uur die hüchst unwarscheinliche und willkül'Iíche Annahme voraus, da6 Jesus uumittelbar vor Bcthanien übemachtet habe, sondern ist auch rnit den synoptischen Berichten, denen zuf'olge Jesus schon vou Jericho an von vielen Volksscharen begleitet war, ganz unvercinbar. - Ueber andere wíllkürliche Bestimmungcn des Tages derAnlmnft .r esu in Bcthanien vgl. Wieseler a. a. O. S. 265 u. Lut!tardt, Comm. zum Ev. Joh. I
s. 231.
V. 12-17. Die Tempelreinigung. Vgl. Mrc. 11, 11 u. 15-17. Luc. 19, ,15-46. Nach dem foierlichen Einzuge in die Sto.dt begab Kcil, Comm. z. Enm¡;cl. i\!attb. 27
Matth. XXI, 12. 13.
•118
sich Jesus in den Tempel ('l'o l8QOV -roii 0-eoii) 1 , und trieb alle Verkiiufer und Ki:tufer im Tempel heraus und stie6 die Tische der Wechsler und die Sitze der Taubcnhiindler um. Ko11vfJwnj<; Geldwechsler, von xóJ.J.vfJo; kleine Münze, Scheidemünze, Agio. Im ü.uBeren Vorl1ofo des Tempels, dem s. g. Yorhofe der Heiden, waren ni~~n tabernae, wo OufertJ!~re, Weihrauch, ~l, Wein unñ andera Opferbedürfnisse feitge~~~rden Tvgl. Light(. leor. ad 11. l.), und Wechsler ihro Tische aufgeste · íilten, um die für die Tempelsteuer erforderlichen Didrachmen gegen anderes Geld umzuwecl1seln (!>. zu 17, 24). Dieser Handel und Schacher, wenn auch nur im üu6eren Tempelvorhofe_gg!ri~ben, \var doch cine Entweihung des Heiligtumes, wogegcn J'esiíS ene1·gisch auftrat und den IIündlern und Wechslern erkfürte: ,,Es steht geschrieben: l\foin Haus soll eiu Bethaus heiBen, ihr aber macht es zur RüuberhOle". (:JtoU:i't'E nach rt.BL al. statt ~.;coníaa't'E na.ch C[)NX al. u. Luc. 19, ·16). Der. erste Satz dieses Ausspruchs ist aus J~~-~~fh.L.$~!\meu, der zwe1te nach Jer. 7, 11 LXX gebildet. Jesaja we1Bagt dort die Aufnahme der glü.ubigeñ Fieiéíeñiñ"Cfás Reich G~odnrcl1 der Tempel ein Bethausfür alle Y.Qlk~E..,'Y.2r~en soll (r.alelafhu genant werden s. v. a. 1 sein und :iIS'"SOl.ehes anerlmntweruen). Bei Jerem. ricbtet Gott au das alle saine Gebote frech übertretende Volk, welches den Besuch des Tempels als einen Frcibrief für alle Frevel zu halten geneigt war, die ,Frage: ob sic denn den Tempel für eine Rauberhüle hielten, und küusolcher Weise wurde dcr }digt dann die Ze_~~,!!.r,J.Wg...de~~\·l!J,ieJ\. au. 'Tempel auch zu Christi Zeiten von den Gottlosen zur Raube1·hüle gcimacht, nicht blos durch den dort getriebenen Hande.I und Geldwechsel, sondern mehr noch durch die Entheiligung, da.B grobe Sünder ohne Scheu sich dort einfanden, um durch Opfer, ohne Rene und BuBe, Tilgung ihrer Sünden und Gerechtigkeit vor Gott sich zu erwerben. Die von Jesu vorgenommene Tempelreinigung war eine Realerkfürung, daB er als Messias gekommen sei, die Unheiligen aus dem Reiche Gottes auszustoJ3en und das Geriebt über die Sünder zu vollziehen, und als solche cine Bethü.tigung der Machtvollkommenheit, welche nach Mal. 3, 1-3 dem l\fossins zustnud. Schon bcim ersten Be1mcho Jerusalems nach seinem IJffentlichen Aufü·eten hatte Jesus cine ii.hnliche Handlung vorgenommen, Joh. 2, 13 f., zum Zeichen, da8 die Zeit angebrochen sei, da der W ei.8n.gung zufolge der Herr zu seinem Tempcl komme, um sein Volk zu Hi.utcrn. Von der neueren Kritik wird zwar jene T!:...~Ec~r..~!nigung mit der von den
In
Synoptikem beriehteten identificirt, inclem na.ch lVetsttin.v Vorgange liicke, Neand., ele W., BZ., Ew., Weiz8. die synoptische Erzahlung zu Gunsten des Johannes prcisgcben, dagegen Tlwile, Strcmss, Wei.,,•e, Ba11r, Hlgf., Sclumk., Kdm. u. A. den Bericht des vierten Evangeliums als ungeschichtlicb vcrwcrfen. Abe1·
1) Doch fchlt 'rnv -8eov in ~BL, Minusk. u. Verss. und ist deshalb von Lclun. getilgi, jedoeh von Tiscli. 8 bcibehalten, weil stnrk bezeugr, und in den augeif. Oodd. wol nur übergangen, weil es bei Mnrk. u. Luk. fehlt uncl auch Bonst im N. Test. leQ011 .,;, .?eoii nicht gebrauehlich. Hochst unwarscheiulich meint dagegen Wei~.•, da.ll es cine Glosse von -io11 11ao11 i-oii -8eoii 26, 61 sci.
To
Mn.tth. XXI, 13-15.
419
na.ch rein subjectiver Willkür, da. - wie selbst Me1¡. bemerkt - eine so bedeutende, fast die ganzc Wirlraamkeit Jesu umfassende ehronologische Versetzung, die man zu Gunsten dieser Hypothesen a.nnehmen mü~te, weder der synoptischen Ueberlieferung mit Grund aufgebürdet, noch gar von der Augenzeugenschn.ft des Joha.unes geda.cht werden kanu. Die Uebe1·einstimmung der beiderseitigen Berichte redueirt sich a.uf die cinfüche Tha.t, die in beiden Fii.Ilen nn.türlfoh glcich war, wiihrend der Aussprueh Jesu über den Charn.kter der Tempelentweihung versehieden lautet, bei Jolmnnes: mn.cht nicht das Hn.us meines Vn.ters zu einem Kaufha.use, bei den Synoptikern: ihr ma.eht mein zuro Bethause bestimtes Hans zu einer Riiuberhille. Dort wies Jesus a.uf die Unvereinbarkeit des Gottesha.uses mit einem Ka.ufha.use hin, hler spricht er von der Entweihung desBethauses zu eiuer Riiuberhlile, womit der Tempel dem Gerichte der Zerstorung verfallen ist. - Was ma.n für die Wiederholung dieses ,reforma.torischen Actos' gewohnlich vorbringt, reicht freilich zur Rechtfertigung nicht aus. Hii.tte Jesus die Austreibung der Hiiudler und Wechsler nur desha.lb wiederholt, weil der MiBbraueh sieh erneuert hatte, so hiitte er wol bei jedem Festbesuche dies thun konnen.' Aber in der blo6en Abstellung dieser Mi!lbrñuche haben wir aueh nicht den Zweck dieser Handlung Jesu zu suchen; dieser liegt vielmehr in der bereits angegebenen symbolischen Bedeutung der iiulle1·en Tempelreiuiguug, mit welcher Jesus sein messia.nisches Wirken in Jerusa.lem begint und schliellt. Von untergeordneter Bedeutung ist die Difi'erenz, da6 na.eh Ma.tt)1. Jesus a.m Tago seines Einzugs die Tempelreinigung vornimt, nach Mark. hingegen an diesem Tage in den Tempel geht und, naehdem er sich a.Hes besehen, 'veil es spii.t geworden, un.ch Bethauien hinausgeht, und erst a.m folgenden Tage bcim Eintreten in den Tempcl die Sii.uberung desselben von den Verkiiuforn, Kli.ufern und Geldwechslcrn vollzieht Diese Dift'erenz mit Sicherheit a.uszugleicheu, dazu fehleu UDS die Mittel' da -.mt nieht llUl' l\fatth. mehr die Sache rus die Zeitfolge ins Auge gefa.Bt ha.t, sondem auch Mark. nicht ehronologischo Gena.uigkeit a.nstrcbt, sondern nur anscha.uliche Bilder von den Ereignissen zu gebeu sucht, das Streben na.eh Verauscha.ulichung aber mit ehronologischor .A.kribie nicht identisch ist.
V. 14-16. ~iRQ.\.»!!t..~,..,lil!thefü.s.!!!!L.4.~~J!.~H!ITT.!!mg~ ~t~.1l~:t't;e Jw.i1s, sondern weihte de~ '.J.'~mE~l a.uct~r S!fil~...!~!H.~r.. J!Jlft.~l.'t~~n §,11&de1 in.4em...~r..füi!l.d,c;i_ung_Lahi:ne;'Clie ,~üi?~ herantraten, ii:n Tempel liento. - v. 11>. Dfo Hoheñ:Priester*utid Sé1irHfgelefiHeñ:ál.>er;-a:IS iffé'""d.ie wunderbaren Dinge, die er that, snhen und lautes Hosiannarufen der Kinder im Tempel vernahmen, gaben ibrer Entrüstung über diese Vorglinge dndurcb Ausdruck, da8 sic zu Jesu spracben: ,,Horst du, was diese sagen?" Ta {)·cwµáata die wunderbaren, staunenswerten Dinge sind nicht blos die Heilungen der Blinden und Lahmen ( Weiss), sondern auch das kühne Auftreten Jesu gegen die Entheiligung des 1) ,Nur cine oberffücbliche Bctrachtungsweise - sagt Hng.,tli. Comm. zum Ev. Job. 1, 157 treffend - kann Mfübriiuche, wie sie im ii.uüeren Tempel staf;tfanden, für clas niichste Object der Gegenwirkung halten. Fa.üt man den ga.uzcn damaligen Zustand ins Auge, so war es ziemlicli gleichgültig, ob in dem Tempel eiuige Kaufer oder Verkiiufer mchr oder weuigcr ihr Wcsen trieben'. 27*
~20
Matth. XXI, 16-l!l.
Tempels. Die Worte: xal 1:0vc; .;raióac; xQá{;ovmc; hüngen noch von lcJóvur; ab, da lóEl'v nicht blos se/ten, sondern überha.upt warnehmen 'bedeutet. Das Hosiannnrnfen der Kinder war ein Nachhall des Volksj~J§, b~i,w..Jl1filiííEie·:'·'"füe505..Jiib'eísescliref-éiet:".Kiidcfboiiñrz·e.ñ··C1ie Widersacher Jesu, um ihm durch die Frage, ob er dieses Kindergeschrei hüre, das Unziemlichc der Annahme solcher Huldigung bemerklich zu machen. Solches Geschrei unverstlindiger Kinder .~ wollen sic sagen - ist ja auch eine Entwürdigung der heiligen Statte, die man nicht dulden konne. Aber Jcsus,. die Arglist ihrer Frage durchschauend, antwortet: ,,Ja" (ich hOre es) und entkrliftet dann ihren Vorwurf durch Entgegenhaltung des Schriftwortes Ps. 8, a: ,,Habt ihr nicht gelesen: Aus dem l\fuude von Unmündigen und Sü.uglingen hast du dir Lob bereitet". Diese Antwort besagte: Wenn in der Schrift scbon das Lallen c1er Kinder und Sii.uglinge ein Lobpreis genant wircl, welcben Gott sich zur Verherrlichung seines Namens bereitet hat, so gereicht auch das Hosiannarufen dieser Kinder zum Preise seines Namens, da es ja dem gilt, welchen Gott seiúem V olk Z.~ll1 :Ili:!ilande gesandt hat. Die Erinnerung der Gegner an dieses Psalm\vo1;t wnr um so schlagender, nls den Schriftgelehrten der vollstiindige Sinn desselben: ,,aus dem Munde vou Kindern tmd Sauglingen hast du dir eine Macht (i~) bereitet, um deiner 'fFidersacl1e1· willen, um zum Schweigen zu bringen den Feind und Rachgierigen", nicbt unbekant sein konte. - V. 17. Ilierauf lie.6 Jesus seine Gegner stehen nnd ging aus der Stadt nach Bethanien, mu dort zu übernachten. m.}J..lswffca = i~!> vgl. Richt. 19, 4. V. 18-22. Die Verfluchung des unfruchtbaren Feigenbaums. Vgl. Mrc. 11, 12-14 u. 20-- 23. Als Jesus am 1\'Iorgen wieder zur Staclt ging, hungerte ihn; und da er einen Feigenbaum am Wege stehen sah, trat er zu ihm hin, fo.nd aber nichts als nur Blatter an demselben, und sprach zu ihm: ,, Hinfort komme von dir keine Frucht mehr in Ewigkeit", worauf der Feigenbaum alsbald verdorrete. Da.s Hungern Jesu (l.ir:EívaaE) ist erwlihnt als der üuBerliche AnlaB zum Suchen von FrUchten an dem Fe!g~~baum. avr.~i· µíav einen vereinzelt aro Wege stehenden Feigenbaum. Als wahrer 1\Iensch unterlag Jesus auch den menschlichen Bedürfnissen, that aber nie Wunder behufs Befriedigung derselben. - Der Feigenbaum sezt erst Früchte an und b'eibt dann die Bllitter. Da mm der Baum schon llcla.ulifWür, so konte man auch Früchte au ihrn zu findcn erwarten; zwar nicht - wie viele Ausll. meinen - Ft.il.b.fu.igen (n-¡~~~. mauritan. bokluJre), die am alten vorjahrigen Ilolz ansetzen, aber in der Regel 4 Mona.te bis zur Reife brauchen, in Pa.lüstina gegen Ende Juni rdf werdcn, nachdem der Baum schon lüngst mit Blü.ttern bekleidct ist. An diese ist da.her nicht zu denken, wie dies 1\fark. rnit dcr Bemerkung v. 13: clenu es war nicht Feigenzeit, anzudeuten scheint, sondern an Spatfeigen oder f{er!!}¡'sen, die vom August an zur Reife gelaugen, uucl zwar solche, die besonders bei alten Bitumen uoch uieht reif gewordcn, wenn die DIMter abfallen, dann den Winter über am Baume hilngcn blciben, und erst reif weJ·den, wenn im Frühlinge die Tricbkraft dos
Ma.tth. XXI, 20-22.
421
Baumes wieder erwacht ist, teils vor tells nach der Belaubung des Baumes. ,Solche Winterfeigen konte Jesus um die Zeit des Osterfestes an einom schon belnubten Baume auch vor der gewühnlichen Zeit dar Feigenreife d. h. der Reifo der Frühfeigen, zu finden erwarten, wie roan denn in so milden Gegenden, wie am See Genezaret, zehn Mona.te hindurch reife Feigen pflücken konte ( Joseplt. bell. jud. Jll, 1 O, 8); und wenn er nicht nur keine reifen Feigen, sondern auch keine Fruchtanslitze, sondern nur Blütter fand, so war der Baum ein ganz unfi·ucM1Ja1·er.• wie dcr, welcheu er Luc. 13, 6 ff. zum Bilde des jüdischen Volkes macht' (O. Delitscle in Riekm's Hdwb. I S. 424; womit Slta1v Reisen S. 296 zu vergleichen). - Auf das Wort des Herrn hin: von dem Baume sollo nic mehr eine Frucbt kommen, verdorrcte derselbe xa.QaXQ~µa oJsbald, d. h. nicht so plützlich 1 daB die Verdorrung in derselben Minute sicbtbar wurtle, sondern sofort noch an demselben Tage, an welchem Jesus den Fluch über ihn ausgesprochen hatte, so daB, wie Mark. v. 14 u. 20 umstandlicher und genauer erzlihlt, am nachsten Morgeu der Ba.um van der Wurzel aus verdorret war. Matth. hat wie gewi.ihnlich nur den Kern der Sache angegeben und den Vorgang zusnmmengezogen. - V. 20. Als die Jünger am nü.chsten Margen die Verdorrung snhon und stauneud sprachen: ,,wie ist der Feigenbaum pli.itzlich verdorret?" antwortete Jesus: ,,Warlich ich sage euch 1 wenn ihr Glauben habt und nicht zweifelt, so werdet ihr nicht nur das an dem Feigenbaume Geschehene thun, sondcrn wenn ihr zu diesom Berge sprechet: Hebe dich und wirf dich ins Meer, so wird es geschehen". Dieser .Ausspruch cnthü.lt zwar keine directe .Antwort auf das staunende :mñi;; ..• ts11Qávfh¡ der Jünger, sagt aber indirect ganz deutlich, daB das Wunder durch die Leben und Tod wirkende Macht des Wortes Gottes vollbracht worden sei, und daB die Jünger, wonn sie vollen zweifellosen Glauben haben, in der Kraft dieses Glaubens noch staunenswtlrdigere Dinge vollbringen werden. ujg úvx1}; die Sache des Feigenbaums d. h. was mit demselben geschehen ist. Zu dom Bilde des Borgeversetzens s. die Erkl. zu 17, 20. - Marlc. hat uoch Aussprücho über die l\facht und Wirkung des Gebetcs und über die Bedingung seiner Erhürung angereiht, die Matth. schon in c. 18, 19 u. 5, 14 f. gebracht hat. Das an dem Feigenbaum gewirli:te Wunder liiBt sich als tLuBerliche That angesehen nicht rechtfortigen, und ist daher von Strauss, Tféisse, ele TF., Hase, Scllenk., J{eim (III S. 121 ff.), Witticlten u. A. mit mancherlei Grflnden bemliugelt, bestritten und als mythisches Gebilde verworfen worden. Die I:Iandlung Jesu ho.tte symbolisch-prophetische Bedeutung, wie schon von Kchvv. und den moisten Ausll. erlmnt worden und selbst von lí'eim nicht in Abrede gestelt wird. Den Schlüssel für das richtige Verstlindnis dieses Strafwunders liefert das Gleiehnis von dem in einem W cinbergc gepflanzten Feigenbaume, der seinem Herrn keine Frucht trug, Luc. 13, 6 ff. Der Feigenbaum ist Sinnbild des jüdischen Volkes, nicht nur in dem angef. Gleichnisse, sondern schon in der Stelle Micha 7, 1, in dem dort von dem Propheten im Namen der
To
422
l\fatth. XXI, 22. 23.
gltiubigen Gemeinde gesprochenen BuBgcbete, wo die Klage: ,,Wehe mir, ich gleiche der Obstlese und der Nachlese der Weinornte! Nicht eine Traube zum Essen, eine Frühfeige, nach der meine Seele verlangt", in v. 2 durch die Worte: ,,Verschwunden ist der Fromme aus dem Lande und ein Gerechter ist nicht mehr unter den Menscbenkindern" erklii.rt wird. Dieses ,,Wehe" hatte sich an dem jüdischen Volite zu Christi Zeiten erfült. Der von Gott in seinem Weinberge gepfianzte Feigenbaum trug keine Frucht. Drei Jabre hindurch hatte der Weing(l.rtner um ihn gegraben und ihn bedüngt, ohne daB er Frucbt gebracht hatte (Luc. 13, 7 ff.). Nun komt der Herr, um Frucht an dem Baum zu suchen, und da er nur BUttter :findet, spricht er über ibn das Gericht aus, daB er nie mehr Frucht tragen, sondern giinzlich verdorren solle; und dieses Wort geht sofort in Erfüllung. Die über den unfruchtbaren Feigenbaum verhlingte Strafe ist aber keineswegs nur als eine ungeschicbtlichc Illustration der Parabel Luc. 13, 6 ff. zu fassen, oder als ,Umsatz des Gleichnisses von den Weingü.rtnern (v. 33! in eine Thatsache in der apostolischen Ueberlieferung', wie nicbt nur f{eim a. a. O. behauptet, sondern selbst Neander, Bl., Bg.-Crus. angedeutet haben. Vielmehr ist sie ein Factum, ein von Jesu verrichtetes Wunder, durch welches er seinen Jüngern nicht blos seine i\'facht zu strafen und zu verderben offenbaren, sondern hauptsachlich den Zweck und die Bedeutung seines lezten offentlichen Wirkens in Jerusalem eindringlich vor .A.ugcn stellen wolte. Jerusalel!l~~r.tt,,e_mid ~fle~ gerin __ d:_s Jl~is91?~n ... Y~~l~,~~~i~~~s._,,y;ir.,;,~~~~:.:.!~~~~J~-~µme.. ~leféh wordéü~ der nur Bllitter fül.tte, aber keme Fruéñte trug. In diese Stadt war Jesus als Zions Konig eingezogen, um Früchte seiner Arbeit am Volke zu suchen, und wenn er statt der Früchte nur Bllitter :finde, das Gericht ewiger Verdorrung ihr anzukündigen, dem sie aben so sieher und gewi8 wie der unfruchtbare Feigenbaum am Wege verfallen werde. V. 23-32. Verhandlung Jesu mit den Hohenpriestern und Aeltesten des Volks ii.ber seine Vollmacht. Vgl. Mre. 11, 27- i.13. Luc. 20, 1-8. Als Jesus sodann in den Tempel gekommen war, traten zu ibm ó'tóáar.ovi-t d. h. w!ihrend er im Lehren begriffen war, die Ilobenpricster und Aeltesten des Volks d. h. ~-de.s..Synedrinms. (s. zu 2, 4), eine :Q~~tion clic ser Behiirde, und sprachen: ,,In was für l\faebt thust du dieses? und wer hat dir diese Macht gegebon ?" Die erste Frage ist allgemeiner, bezieht sich auf die B.eschaffenheit dor Vollmacht, ob sie gottlich oder menschlich sei ¡ die zweite s~Qll!u'o geht auf die Vollmachtqgh&·. Mit dem 7:aii1:a der ersten Frage ist nicht das ~ allein gemeint ( G1·ot. Beng.), denn do.zu war eine besondere Vollmacht nicht erforderlich¡ auch nicht blos die Tumpelr.oini· gung (Tlteopllyl., Eutltym.), weil diese im Texte zu weit abliegt, son· dc;!Jl alles was Jesus seit seinem Einzu~etban bnt. und..no,clLthut der Einzug, die Tempelreinigung, die Wunderheilungen und dn.s Lehrcn im Tem¡¡eí- ,welches alles zusammen den messianischim Erntenclen.ten. zu indicircn schien' (i}li:ft., vgl. de W., Bl. u. A.). Die Frager hofften wol, dos B~s [J_ottliclter Vollmacht zu vernehmen, um darauf einó
ge:
Matth. XXI, 24-31.
423
.tl;lklage w:egen Gotteslitsterimg zu gründen. V. 24. Aber die Gedanken íhrer Herzen
ter
1) Ueber die Textvarianten dieser Verse vgl. 1'ischendoif, Nov. Test. ed. 8.
In Bezug auf den Sinn siud sio unerbeblich,
424
Mat-th. XXI, 31-33.
obcren ab, welche den Scl1ein des Gehorsams gegen Gottes Gebote annahmen, in Warheit aber den Willen Gottes nicht thaten und keine Reue uncl Bu6e zeigten. Dieser Sinn des Gleichnisses ergibt sich aus der .Amvcmduug, welche Jesus v. 31 b u. 32 macht: ,,Warlich ich so.ge euch, die Züllner und die Huren gehen euch voran in das Reich Gottes". Das Priisens :JCQoáyovatv steht nicht für das Futurum, ,das zukünftige Eingehen in das :M:essiasreich vergegenwartigend (1rley.), sondern drükt aus, was in der Gegenwart geschieht. Die Züllner und die Huren, als tlie berüchtigsten Sünder genant, haben auf den Bu8ruf des Johaunes gehürt, seiner Predigt Glaubcn geschenkt (falm:tiv
.-ov
ov
Matth. XXI, 34-37.
425
legung des Weinbergs ist sichtlich nach Jes. 5, 2 (LXX) geschildert: cr führte einen Zaun um denselbeu, grub in ihm eine Kelter und haute cinen Thurm (für Wachter zur Beschützung des Weinbcrgs). Da in Jes. 5, 7 ausdrücklich gesagt ist, daJ3 der Weinberg Jahvc's das Haus Israel und Judo. sei, so konten die ZuhOrcr Jesu schon aus diesem Eingang der Parabel erkennen, daB der Hausherr Gott und der von ihm gepflanzte Weinberg das Gottesreich in Israel abbilde. Die weitere Ausführuug der Para bel hat Jesus selbstiindig dem Zwecke seiner Rede gemi.iB gebildet. ,,Und er that ihn den Winzern aus (yrnJ(.JyOlf; Wcinbaucru) und zog über Land" (clxsó~µrjvf:.V verreiste). V. 34. Als die Zeit der F1·üchte herannahte, sandte er seiue Knechte zu den Winzern, Ulll seine Früchte in Empfang zu nehmen. Tovg Y.CT(.JJCOVf; avrov die Früchte des Weinbergs, nicht: die dem Herrn gehOrigen Früchte, wie Weiss u. iYley. erkHlren weil avrnv nur auf das n!ichstvorhergehende Subject bezogen werdeu konue. Statt 2a{Jelv -r:ovi;; íWQ.novc; mfrov hat l\fark. ~va J..áfJu d:rco 'l'OV XCl(JJWV wv aµ;;cs/.wvor;; (ilhnlich Luk.). Daraus schlieBen die geuanten Ausll., daB nach Mrk. den Winzern als Lohn ein Teil der Früchte zufallen solte, der Weiubei·g also ihnen verpachtet war; rrnch 1"Itth. hingegen der Herr die ihm gehOrigen Früchte des Weinbergs alle in Em1Jfang nehmen wolte, folglich die Arbeiter nur für Gcld gedungen waren. Diese Aenderung soll .i\fark. seiner Beziehung des Gleichnisses auf die Hierarchen zu Líebe vorgenommen haben. Allein selbst wenn r.arprovr;; mh:ov die dem Herrn gehlirigen Früchte bedeuten mUBte, würde daraus nicht folgen, daB a/le Früchte des Weinbergs dem Herrn zukommen sallen. Das alle ist willkürlich eingeschoben, und die angebliche Umbildung des Gleichnisses nicht begründet. Das el.no wvr.a(J:Jrov wv cl¡t.nsl. bei l\fork. ist nur ein ¡H'!iciserer und deutlicherer Ausdruck, als das von Matth. gebrauchte wvf; Xa(J.JTOV<; avrm\ worin keine besondere .Absicht aufzusuchen ist, da eine Unterscheíduug zwischeu Verpachten und Verdín.gen, oder zwischeu Fordern des ganzen Ertrags oder eines Teils desselhen für den Zweck der Parabel gar keine Bedeutung hatte. Wie ferne den Evungelisten diese spitzfindige Unterscheidung lag, zeigt schon ihre Darstellung der Sache; bei Matth. die zusammenfassende Schilderung der Sendung der Knechte und der Behandlung, die sie von den Winzern erfuhren, bei :M:rk. die ausmo.lendo Beschreilmug dieses Punktes in v. 2-5. Nach lVItth. v. 35 f. sandte der Herr seine Knechtc (eine Mehrheit), um von den Winzern dio Früchte in Empfang zu nehmen¡ die Winzer aber schlugcn den einen (lic.lH(lÚJ' von c.ll(lcO durch¡)l'ügcln), den antlern todteteu, den dritten stcinigten sic; uud als der Herr wiederum andero Knechte und mehr als zuerst sandte, wurden diese ebenso miBhandelt. l\fark. dagegcn Hl.Bt dreimal je einen Knecht gesandt, und den ersten von den Winzern gcschlagen, den zweiten gcsteiuigt, den dritten getOdtet werdcn; darauf noch viele andero Knechte gesandt und ebenfalls teils geschlagen, teils getüdtet wcrden. - V. 37 ff. Hernach sandtc der Herr seinen Sohn, l.iywv sageml d. h. deukend: ,, Schcuen werden sie sich vor meinem Sohne". Aber die Winzcr, als sie den
426
Matth. XXI, 88--41.
Sobn sahen, spraehen sie un ter ein:i,ndcr: ,,Dieser ist dcr Erbe. Komt ! la6t uns ihn tüdten und sein Erbe (den Weinberg) erhaltcn" (--:- dall wir es erhalten); nahmen ihn, warfen ihn aus dem Weinberge hinaus und tüdtetcm ihn (bei l\írk. umgestelt: sie tüdteten ihn und wnrfeu ihn - bina.ns). Der Sinn dieser Parabel ist unschwcr zu orkennen. Die Pflanzung des Weinbergs ist die Grilndung des alttestamentlichen Gottesreiches durch die Annahme Israels zum Volke des Herrn am Sinai, durch die Gesetzgebung und die Einführung der Israeliten in das Laud Canaan. Dadurch wurde dieses Volk in den Stand gesezt, den von seinem Gott und Herrn ihm angewiescnen Dcruf durch treuc Erfüllung cler güttliehen Gebote, deren Befolgung ihm als Bundcspflicht auferlegt war, das Reich Gottes zu bauen und so die Früchte, welehe Gott von seiller Gemeinde erwartet, zu sehaffen. Die Zcit, da dcr Haushcrr über Land gezogen, ist die Zeit von der Gründung der Theokratie bis zu dcm vou den Propheten gewei.Bagten Kommen des Herrn zur Vollcudung seines Reiches, dio ganze Zeit der Dauer des alten Bundes. Wiihrend dieser Zeit offenbarte sich der Herr nieht unmittelbar wie am Sinni, sondern sandte nur von Zeit zu Zeit Pro1)heten, welehe das Volk an die Erfüllung der übernommenen Bundespíiichten mahuten. Die Propheten hat nber Israel verachtet, mH\handelt und manche auch getüdtet. Darauf sandte der Herr in Josu Christo seinen Sohn in der Hoffnung, da[) sic vor demselben Scheu haben und die erwartcte Frucht ihres Berufos entriehten werden. A ber statt a.uf seine Stimme zu hürcn und den Willen seines himmlischen Vaters zu thun, stoBen sie ihn aus dem B.eich, das sie inne11aben, aus und todten ihn. V. 40 f. Den Sehlu6 der Gleichnisrede kleidet Jesus iu die Frage: ,,Wann nun der Herr des Weinbergs kommen wird, wns wird er jeneü Weingartnern thun?" Dio Volkslillupter aütworten richtig: ,,Als Büse wird er büs sie umbringen und den Weinberg anderu Arbeitern austbun, welche ihm die Früehte zu ihren Zeiten cntricbten werdcm". So Iü.Bt Jesus seine Gegner sicb selber das Urteil sprechen. Das xa~wv; xaxro; &:nol. avwtí; malt treffiich wie die Entrüstung der Antwortenden über die Freehhcit der Weingartner, so aueh die gercchto Vergeltung ihrer xaxía. Ob die Volkshüupter den Sinn der Parabel nicht erkanten, weil Jesus darin aucl1 die 'füdtuug des Sohnes als etwas sc11on Geschehenes dargestelt hatte,' oder ob sie mit ihrer rücklinltslosen Antwort nur jeden Schcin, als künnc die Parabel nuf sie abzielen, von sich abwenden wolten, lü.Ht sich,nicht entseheiden; abcr die lezterc Annahme würde ganz dem Charaktei· selbstgerechter und verstoktcr Hierarchen entsprechen. ~V wl,,; ?.Ctl(,)Ot~ heifit nicht: in den ihnen (den yE<»frtol~) bestimten Fristen (iUey.), sondern: so oft jtihrlich die Zeit der Früchte wieclerkehrt ( Weiss). - In der Anwcnduug des Gleichnisses entspricht das Kommen des XVQW; zur Bestraf'ung clcr treulosen Arbeiter dem von den Propheten geweillagten Kommen ,tles Herrn (Jabve's) zum Gericht über das entartete Bundesvolk, welches mit der Zerstür,ung Jerusalems über das jüdische Volk hereinllrach,
av•wv
l\fotth. XXI, 42.
427
und mit dem das Reich Gottes den Juden, die Jesum, den Sohn Gottes verworfen und gckreuzigt batten, genommen und einem anderen Volke, welches die vom Herrn erwni'teten Früchte bringt, d. i. der christlichen Gemeinde übergeben wurde. So erkHl.rt Jesus selbst in v. 43 den Sinn dieser Worte der Para.bel, woraus sich ergibt, da6 die Bezfohung der rsro(JrOÍ nur nuf die Volksführer oder Volkshil.upter ( W'eiss, !lley.) nicht richtig ist, wie denn auch der Umstaud, dail nach Mtth. u. l\frk. die Para.bel zu den Hohenpriestern und Volksl1ltesten gesprochen ist, keinen triftigen Grund für diese .Annahme liefert. - Der Weinberg ist nicht das jüdische Volk, sondern die Institution des alttestamentlichen Gottesreiches; folglicb sind die Weingitrtner nicht blos die Oberen des j.üdischen Volks, sondern · das ganze Volk in seiner gottgeordneten Gliederung, mit Einschlu6 seiner geistlichen und weltlichen Oberen. Dem Volke in seiner Gesamtheit, welche dem Herrn keine Frucht abliefert, wird das Reich Gottes genommen. Die &J.i.ot, denen dn.sselbe übergeben wird, sind aber nicht die Hciden, sondern das aus den glilubigen Gliedern des jüdischen Volks.und nus den gliiubigen Heiden sich bildende neue Volk Gottes. Vermüge dieser richtigen Beziehung des Gleichnisses konte Luk. dasselbe zu dem Vollm gesprochen sein lassen, ohne seinen ursprünglichen Sinn zu modificiren. V. ~44. Da die Vollilllii.Yn!eI aber sich so stellten, als ob dn.s Gleich11is keine Beziehung auf sie habe, so gab ihnen Jesus noch ein Schriftwort zu bedenken, welches ihnen seine und ihre Stellung zum Reiclíe Gottes klar machen konte, und erkHLrte ihnen dann offen heraus, da.8 das Reich Gottes ihnen werde genommen werden (v. 43} und daB i..bx..e Opp.o.siUQ!!._gegen ihn zu ihrem V:.ei:d.eJ:b.cn_g,~lsfilililagen werde (v. 4'1). - Das Schrif'twort, an welches er sie erinncrte: ,,dcr Stein, den die Bauleute verworfcm ha.ben, ist zum Eckstein gewordcn. Vom Herrn ist dies geschehen und es ist wunderbar in unsern Augen", stcht ~.~~ und ist nach der mit dem Grundtcxte übercinstimmenden·~ªJ!fill.führt. Alf>-ov 811 Attraction fü1;'J.UJ-o~ ov· ;mpaJ.1) ¡o:wía~ n~~ i:i~., Eckenkopj d. i. ~§.tein, der Stein welcher das Haupt der Ecke d. i. die auBerste scharfe Kante.d!ls Gcbiindes bildet, nicht Giebe1stein, der deñ'l1au oben abschlie6t¡ s. IJelitzsc/t. zu Ps. 118, 22. aih:17 als Uebersetzung des hebr. t">~t stcht für wfrro; ebenso das Füminin -f)avµaanj statt des Neutrums, nach der LXX, in welcher üfter, unter Nichtbeachtung des Gebrauchs des Fominins im Hebrilischen zugleich für das Neutrum, hebriiische Neutra ungriechisch durch Foniininformen wiedergegeben sind, z. B. Mr:l~ eins durch µlav Ps. 27,4. M~t durch aün¡ 2 Kün. 3, 18. 'Aus übertricbenem Purismus ha.ben Fi-itzsclle u. illey. und ihncn folgend Bl. u. Tf'eiss hier affr17 uud {favµaaT1] auf ~ErpaJ.rív bezogen und dadurch den tautologischen Gedanken gewonnen: vom Herrn ister dieser d. h. der Ecltstein Eckstein geworden. --:- Die aus !:]._UB, aus welchcm auch der Hosio.nnaruí...sta.mt. (v. 9), n.ngeführten Wortc sind im Contexte des Ps. Qili!Iicher Ausdruck. freudiger Anerkennung des Gnadenwunde1·s, welches die Gemeinde bei E1·bauung des Serubahelschen Tempels erfahren hat, da.B der mit küm-
=
428
Matth. XXI, 43. 44.
merlichen .A.nfüngen begonnenc und unter groBen Hemmníssen fortgeführte Bau glücklich vollendet worden (vgl. .Del. a. n. O.), und das Dundesvolk in dem nen erbauten Tempel ein Unterpfand der Bunclestreue seines Gottes empfangen hat, welches ihm den Fortbestnnd des Reichcs s Centr e. ttestamentGottes zusichert. Da aber der Tem e l~ttesreic_ges bildete, so konte die Gemeinde in dem durch Gottes Gnadenbeistand vollendeten Bau desselben au~.!lung der WeiGagung .Tes. 28•.J..6. erkennen, wo der Hcrr gesprochen: ,,Siehe ich bins, der in Zion einen Stein gegründet, einen Stein der Bew[ihrung, einen küstlichen Eckstein wolgegründeter Gründung - wer da glaubt, wird nicht wanlrnn". So gewanneu die angeführten P!ffilmworte me~ sjruiiscben Sinn, ,welcher daran sejne Berechtjg.ungjk'lJi., da.B die .Ü.fr:: schichtusr11.el,'i,...,'lich in der Gescbichte QhristLgipfclhaft recopi..tnlir.t oder nach Joh. 2, 19-21 vgl. Za.ch. 6, 12 f. noch genauer dara.n, daB er, der im Stande seiner Ni~l¡;eit Yernchtctc nnd Verwor[ene, im Sta.nde seiner Vfil:kli.irung der ewige herrliche Tero~ ist, in welchem die ganze Fülle der Gottheit Ieibhaftig wolmt uml mit der einmal für immer versühnten Menschheit geeint ist' Wel. a. a. O. S. 231). - Jesus als dnr__Qhrist ist dcr Eckstein des neJ.J.en Temp.ela, den Gott in Zion zu baueu beschlossen hat, oder das Bíld in die Sache umgesezt, JJ).fil1s ist rler ,-lv.el1•Jien Gott seín.em.Yolke zmn Griinrler _¡Jcs Himmelreichs bcstimt ho.t. Die Bauleute sind die Hmrnter und Lciter tl.e.aJi.i:. dischen Volks. ~D'l.arfen .Jesnm Christu~; a"Q.@.~_dlw]l_ci11._ Wunder vom Herrn wird eLJJllll Eckstcin werden. Vgl. Act. 4, 11. Ephes. 2, 20-22. 1 Petr. 2, 4 f. V. 43. ,,Darnm {ola wvw deshalb, weil der verworfene Stein nach der Schrift zum Eckstein bestimt ist) sage ich euch, du.13 das Reich Gottes von euch · wird genommen und eincm Volke gegeben werdeu, welches seinc Früchte bringt". Im vorigen Gleic1misse (v. 31) drohte Jesus seinen Widersachern das Zurückbleiben beim Eingohen in das Reich Gottes hinter den Züllncrn und den Huren, in diosem hier küudigt cr ihncn den AusschlnB aus dcmselbcn an. (Jcwl2da T. {hov ist wie in v. 31 zu fassen. Deber Hlh•H s. die Erkl. zu v. 41 (8. ,127). Die Früchte sind uicht ,die Früchte des l\Iessiasreichs, die man bringen nmB, um bei Errichtung desselben hineinzukommen' (i1iey.), sondem FrUchte, die im Weinberge Gottes wachsen, d. h. von den Bürgern des Reichcs Gottes gezeitigt und gebracht werden, die Früchte des Geistes, welche der Aposte! Gal. 1), 22. Eph. 5, 9 u. Rüm. G, 2~ aufzii.hlt. --V. :H, Und nicht nur den Verlust des Reichcs Gottes wird die Verwerfung Ohristi, des Ecksteins des neuen I3aues, nach sich ziehen, sondern auch das Verderben seiner Widersachcl'. ,,Wer über diesen Stein fült, wird si ch zorschellen; und a uf weléhcn er fült, den wirtl er zerstii.uben". 1 Do.s Ilild vom Stein wicderaufnehmend weist der Erlüser in weiterer, durch messianische Aussprüchc des A. T. nahe golegter 1) Der ganze Vel's fchlt in Cocl. D. 33 u. bci etlichcn Kchvv., untl ist clcshalb schon vo11 Grios/,. als vermutlich aus Luc. 20, 18 J1iehel' gckommc11 hcausfawdet, von Lclrm. eillgekl::i-mruert und vo11 Tisch. gctilgt, aher mít gutcru
Matth. XXI, 45. 4G. XXII, l. 2.
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Ausführung desselben auf den Untcrgaug hin, den seine Gegner durch ihren Unglauben sich berciten. Dem crsten Teile dieses Aussprucbs Iicgt Jesa.j. 8, 14 n. 15 zu Grunde, wo der Herr (Jahve} vom Propheten als Heiligtum bezeiclmct wird für die welchc ihn fürchten, a.ber auch als Stein des AnstoBes und Fels des Aergcrnisscs, an welchen Viele sich stofien und fallen und zerschcllt werden. Diru;m· Aussprnch erhiiJt. seine vollG--Erfiilhmg..in...Josu..CiH"ist.o. Dcr zwcite Satz erinncrt au den gi·Qlien Stein in dcm lfonard1ienliilcle Jlfilllitl c. 2, welcher von cinem Dcrge sich losreiBcnd an den Koloss der Weltreiche anschlagt und sic zertrümmert. Dicser Stein bildct das Rcich Gottes ab, von dem es in dcr Deutuug des Bildes v. '14 (nach Theodot.) heiBt: xal. 2tx¡.níúH :n:áocu;; -r:t'u; {:JcwtJ.i:ícu.;. Die \Yeillagnng von cliesem Stein erfült sich gleichfülls rccht eigentlich in ChristQ, dcm Gründer des Himmelreichs. Wfil· ihm wl.dérstehen will, de.n....JY.ir.cL.ru:_.Y.Qrni.c.h.te.n. 2tr.,uüi• eig. worfol11 dann in tropischer Bedcutung: aus einander werfen, in Stücke ~b:ü.m. .lllfll'.ll. Das gedrohte Gcricht beg,int__ mit cle.r z.e.rstili:ung .fomsalems. Da ist das jüdische Volk, welches Christum verworfon hat, zerstoben wie die Spreu vor dcr Wurfschaufel. V. ,15 u. 46. Vgl. :M:rc. 12, 12. Luc. 20, 19. Aus dieser Erltiutorung der Gleichnisredc erkanten die IIohenpriester und die Pharisaer, dafi Jcsus das Gleichuis von ihnen oder in Bezug auf sie geredet. Statt nun vor dem Gerichte Gottes Sl~zu scheuen und ihro Feindschaft gegcn Jcsum aufzugcben, s~iten sie in ibrer Verstokthcit Jesnm zu greifon, um ilm gewnltsam aus dem \Vcge zu rü.umc11, wagon jedoch aus Furcht vor tlen Volkshaufen, die ihn für einen Prophetcn hieltcn (vgl. v. 26), ihr Vorhabon nicht auszuführen. Oí clQX.lE(Jflg r.. oí
Cap. XXII. Das Gleichnis vom kéiniglichen Hochzeitsmn.hle; die Fragen iiber den Ziusgroschen, die Todtcnaufürstehung, das vomehmste Gebot und Uber die Person Christi. V. 1-14. Das Glcichnis vom koniglichen Hochzeitsmahle. V. 1. Die Einf'Uhrung dieses Gleichnisses mit d.wx(lt.?dq; ó '!r¡v.
r.r2. zeigt, daB das 21, -16 erwühntc Verlrnlten der Volkshün}Jter Jesum Lcwog, ihnen noch crnstcr das Gcricllt vorznlialtcn, wckhcs sic durch ihr WiderstrcbC'n gegen den güttlichen Gmtdcnruf anf sich lo.den. V. 1 f. d.noi-:QcD·:::ír; ü.hnlich wie 11, 25 gcbraucht. ii• :woa{Jo:fril<; Plural der Katcgoric; dvD·(1cómp ¡Jw:uJ.,i;i wie 18, 2o. Zu ro¡1otCÓ{}17 vgl. 13, 21. ycéµoi•q; ;rotar Hochzoit uusrichten. Der Künig, welcher Grunde von ;lle¡¡:, Wd.<.< u. A. nls nuch bei i\Itth. echt nne1·kant worden. Denn die angeführten Zeugen für seine Unechth~it. siud vi el zu sehwnch gegenüber den iiltesten und vielen anclem Corld., wie 'S.B CXZd J1 al. Ull(l den n.lten Versionen, wclche für clic Echthcit Zeugnis geben.
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Mntth. XXII, S-11.
seinem Sobne Hocbzeit ausrichtete, ist Gott; der Sohn ist Christus, der Brliutigam der Gemeinde 25, 1. Apok. 21, 2. 9; die Hochzeit die Erriehtung seines Reichs, vgl. 9, 15. Joh. 3, 29. - V. 3 f. Er sandte scine Diener aus, die Gclndenen zur Hochzeit zu rufen d. h. die bereits vorher Geladenen zu dem festgesczten Tage der Hochzeitsfeier zu rufen. Da sie aber nicbt kommen wolten, scbikto er wiedel'Um andere Knechte mit dem Auftrage, den Geladenen zu sagen, daB alles für den Beginn der Hocbzeitsfeier be1·eit sei. ,,Siehe mein Frühstück babe icb bereitet". ~7:olµar.a nach tit.BCDL al. sbl.tt 17wíµaaa zu lesen. 7:0 ár¿tó7:01' steht nicbt für die Hauptmahlzeit, sondern bez. das Frühmo.hl, mit dem die Hochzeitfcstlichkeiten ihren Anfang nahmen. Die Worte: ,,meine Ochsen und das Mastvieh sind geschlachtet" besagen, daB das Festmahl nicht mehr o.ufgeschoben werdcn künne. - V. 5 f. ,,Sie o.her kehrten sich nicht daran und gingen do.van, der cine auf seinen Acker, der andere nnch seinem Handel" d. h. sie gingen ihren eigenen weltlichen lnteressen na.ch, ohne sich um die Einladung des Künigs zu bekümmern. ,,Die übrigen aber ergriffen seine Knechte, verhühnten und tüdteten sie''. Durch oí ól; ).ot:n:ol im Unterschiede von oí & &µE2~ óav7:1l~ werden die, welche sich an den Knechten vergriffen, als die geringere Zahl im Verhliltnis zur Gesamtheit der Gefadenen do.rgestelt. - V. 7. Erzürnt ttber diese durch Verhübnung und Tüdtung seiner Knechte ihm angetho.ne Schmach sandte der Künig seine Heere aus, lieB dio Mürder umbringen und ihre Stadt verbrennen. - V. 8. Da befahl der Künig seinen Knechtcn, auf die Kreuzwege auszngehen und so viele sie dort fanden, zur Hochzeit einzuladen, weil die (zuerst) Geladenen nicht würdig waren (astot der Einladung wert). Das -i-Ó7:s ist nicht zu premireu, um damus zu folgern, da6 die Aussendung der Heere u. s. w. vor der Einladung der auf den LandstraBen Befindlichen geschehen wiire. Die Para.bel ist keine geschichtliche .Aufziihlung de1· einzelnen Facta nach ihrem chronologiscben Verlaufe, sondern cine erdachte Erzahlung, in welcher die oinzelnen l\fomente der Handlung 11ach ihrem sachlichen Zusammenhange verbunden sind. Die Bestrafung der Morder ist daher gleich an ihre Empürung wider den Konig angereiht, um dann den weiteren Verla.uf der dargestelten Begebenheit obne Unterbrechung mitteilen zu konnen. a! odgoóot 7:rov óurov die Durchgünge der Wcge sind nicht die Stellen, wo die Stra6en einer Stadt sich durchschneidon, sondern die Kreuzwege der LandstraBen, als Orte geno.nt, wo viele l\fonschen zusammenzukommen pflegen. V. 10. Die Knechte brachten zusammen alle die sie trafen, büse und gute, d. h. ohne bei ihrer Einladung auf die Beschaffenheit der Personen Rüeksicht zu nehmen. ,,Und der Hochzeitssaal (o ¡á~wr;) wurdc gefült mit Gtisten. Statt ¡á,uor; die Hochzeit d. i. der Hochzeitssaal hat Tisch. 8 nach ~B*L 'mµrprov des Brautgemach (9, 15) aufgenommeu - ohne Zweifel ein aus Vermischung des Bildes mit der Sache gcflossenes unpassendes Interpretament. - V. 11. Als aber der Konig eintrat, urn sich die Gaste anzusehen, und einen fand, der kein hochzcitlich Kleid anbatte, fro.gte er denselben, wie er ohnc dieses herein~
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Mu.tth. XXII, 12-14.
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gekommen sei, und lie.G ihn, da er vcrstummte, sein Hcreinkommen nicht rechtfcrtigen konte, an FüBen und Ifünden gebundf'n hinauswerfcn in die auBere Finstcrnis. Mit diesem lezten Worto geht die parabolische Rede in die dargestelte Sacho über, um den Sinn der Para.bel anzudeuten. h•óvµa ráttoV ein für die Hochzeit geeigneter Anzug. Da6 die Golndenen sich fostlich kleiden mu llten, wnr ein in der Sitte begründetes Decorum, das sich bei einem Ilod1zeitsmnhlo von solbst verstand, so daB dns Erscheinen ohne hochzoitliches meid als eine l\1iGachtung des Hochzeitgcbers gar nicht zu entschuldigen war. ¡Jficltaelis u. Olsll. haben zur ErHiuterung dor Sache auf die orientalische Sitte hingewiesen, nnch welcher Konige den vor ihnen Erscheinenden prilchtíge Rocke tKnftane) schenken (vgl. Rannai- Beobachtt. lI S. 217. Rosenm. A. u. N. l\forgcnl. V S. 75 ff.), wornnch der Betreffende das ihm angebotene Kleid verschmü.ht und das seinige füi· gut gehalten hiltte. Allein obgleich dieser Pnnkt für den durch das Glcichnis ausgedrükten Gedanken scl1r i>assend wlire, da ja die für dio Teilnahme am Himmelreich erforderliche Gerechtigkeit ein Geschcnk der güttlichen Gnade ist, so liegt doch dieser Gcdanke der Parabel ferne. Denn crstlich ist das Alter der angefiihrten Sitte nicht nachweisbar, sodann hüugt die Frage, wie das Kleid cler Gerechtigkeit zu erlangen sei, mit dom Zwecke der Para.bel nicht zusammen. Ifattc Jesus diesen Gedanken mit in die Gleichnisrede nufnehmen wollen, so würde er dies deutlich angegcben haben, um die Ausstofiung dieses :M:cnschen noch stllrker zu motivircn. Das Anlegen des bochzeitlichen Kleides stelt n.lso nur die Notwendigkeit der Erwerbung dcr Gerechtigkeit dar, welcher die zum Himmelreich Berufenen, llll.chdem sie den Ruf augenommen llaben, sich beflei6igen müssen (vgl. 5, 20. 6, 33), ohnc eine Andeutung dnrüber zu geben, wie diese Gerechtigkeit zu erlangen sci. Wegen i-o axáro~ i-o lgafrE(>01-' r.i-i... s. zu 8, 12. Die Degründung dieser Strafsentenz mit der Gnomo v. 14: ,,denn viole sinu bcrufcn, aber wenige auserwü.blt", · cntbiilt zugleich die Anwendung dcr Para.bel. Nicht a.lle, welche der Aufforderung, in das Reich Gottes cinzutrcten, Folge leisten, gelangen auch wirklicb zum Genusse der Heilsgüter dessclbcn, zur Seligkeit des ewigen Lebens, sondern nur wcnige, die Gott ansenv!Lhlt hat. Die Auswahl (~r.i..or1> ist jedoch nicht als ein Act nnbedingten giittlichen Rathscblusses zn dcmken, sondern, wie die Para.bel lehrt) durch das Vcrhalten dcr l\fenschen zu dem güttlichen Gnadenrufo bedingt. Dcnn wic der Aposte! Ephes. 1, 4 lchrt, Gott hat uns durch Christum vor Grundfogung der Welt auserwü.blt (lgdlsaw), ElJ'C!l 1Jµi'a; (~/foVI; r.. a¡to)µou~ 'iWT> il'OÍJr:LOIJ aVt'OV l1' ciyá.il?J heiJig nnd uutadelig zu sein vor ihm in der Liebe. .Ausgeschlossen von der Tcilnahme nm Hochzeitsmahle d. i. von der ewigen Seligkeit werclen nicht allein diejenigen, welchc in Weltsinn und irdische foteressen versunken, dem Rufo der güttlichen Gnade keine Folge geben, sondern auch diejcnigcn, welche die üuBere Zugehürigkeit zur chrii;tliehen Gemeincle für ausreichend znr El'langung der Seligkeit des ewigen Lcbens l1altend vcrabsiLumen, sich mit dem hochzcitlicheu Kleide d. h. mit der
Mo.tth. XXII, 14.
Gerechtigkeit, die durch den Glauben gewonnen wird und in Früchten des Glaubens sich erweist, zu schmücken, odcr die ohne ernste Bn6c und Erneuerung des Lebens selig werden zn konnen vermeinen. Vgl. 20, 16, wo diese Gnome in auderer Anweudung scbon vorgekommen ist. Diese Po.rabel enthü.lt einc zwiefache wichtige Lehre: l. für die jüdischcn Volksoberen die crnste Lehre, da6 ihr Widerstrcben gegen den gottlichen Gnadenruf die mit der Erscheiuung Jesu, de$ verhciBenen Messitts beginnende Vollendung des Reiches Gottes nicht hemmen und hindern werde. We11n sic in ihrem Widorstreben gegen JesumChristum beharren, so wcrden sie vom Reiche Gottes ausgeschlossen und' die auBerhalb der Theokratie stebendcn Heiden, welohe den gottlicheu Ruf nnnehmeu, in dasselbe aufgenommen werden. 2. F'ür alle, welehe dcm güttliehen Gnadenrufe folgen, die ernstc Warnung vor falschem Vertraucn o.uf die au6ere Zugehürigkeit ZUlll Reiche Gottes, indem sie zeigt, dn6 der Glaube an Jesum Christum für sich allein den Empfnng der ewigen Seligkcit nicht verbürgt, sonderu nur der Glaube, welcher im Ablcgen des alten Menschen uud .Anzieheu des 11euen l\1enschen (vgl. Eph. 4, 24. Kol. 3, 12) sich als lebendig und krüftig cmvcist, vor der ewigen Verdammnis sichert. - Die crste Einladung, die in 'l"OV&; r.er.1..7Jµ{voix; Y. 3 vorausgesczt wird, ist durch Christum ergangcn (vgl. 11, :!8), nicht durch die Propheten, welchc die Herst-ellung des vollendeten Gottesreichs verhciBen (Weiss), denn die Verhei6ung wnr kein r.al..1;ív kein Rufen zum Eintrcten in das Reich Gottcs. Das wiederholtc Rufon der Geladenen (v. 3 u. 4) geschieht durch die Aposte!, welche auch (v. 9) die Heiden berufen (vgl. 28, 19. Act. 1, 8. 13, 46). Die Verhühnung und Tüdtung der Knechte (v. 61 erfnhren nuch die Apostel und ihrc Gehilfen, wic die Tüdtung des Jakobus u. des Stephanus zeigt¡ und die Aussendung der Heere und Vcrbrenuung der Stadt erfülte sich in dem romisch-jüdischen Kriege, in welchem Jerusalem · eingeaschert wurde. Eine Pu.rabel ahnlichen Inhalts steht in Luc. 14, 16-2<1, welehe lVds.t nach dcm Vorg:i.nge von s1,.aus.,, Wtizs., Volchn., Keim u. A. mit der unsl'igen identifieirt und die Versehiedenhciten beidcr daraus erklii.reu will, d:ill das in de1· apostolischen Quclle stehende Glciehnis sowol von Matth. als von Luk. J.UlC!t besoncleren Tendenzen verii.ndert uml umgebildct worclen sei. Aber selbst dio clieser Annahme zu Grunde liegende Voraussetzung einer apostolisclten Quolle d. h. eines sch1·iftlichen Urevangeliums zugegeben, wofür ein stichhaltiger Beweis bisher nicht geliefcrt worclen, sind doch die beiclen Gleichnisse so vcrschieden, dal1 sie nur mittelst willkürlicher Behauptungen identificirt werden k(ínnen. Die Vorstellung der Seligkeit im Rciche Gottes unter dem Bilde cines Gastmahls war durch alttestamentlichc Bilder (vgl. .Jes. 25, !i. Ps. 23, 51 so no.he gclogt, dall die Ausführung derselben in Para.beln und die wiedcrholtc Verwendung solcher pambolischer Ausführungen zur Vemnschaulichm1g von verwandten, in der Grumllage iihnlichen, a.her na.ch besonderen Zweclrnn moclificirten Lehren nicht im mindesten au:ll'allig erscheinen ka.nn, und kein Grund o.bzusehen ist, welcber dazu bercchtigte, den wiedcrholten G(;Jmi.uch eincr solchen Po.rabel mmodificirter Form Jesu o.bzusprechen und dcr Erfin
Matth. XXII, 14-lfi.
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cler Evangelienvei'fasser zuzuschreiben. Dazu komt, dar.. die Verschiedenheiten der beiden Gleichnisse den besonderen Umstii.nden, untBr welchen sic Jesus nach apostoliseher Ueberlieforung vorgetragen hat, ganz entsprechen, So pal:it bei Luk. v. 20 der Zug, daG nach Ablehnung der Einlo.dung vonseiten der Erstgeladenen zuniichst Al-me, Krüp¡iel, Blinde und Lahme und a.Is noch Raum übl'ig geblieben, auch :Menschen von den Landstro.l:ien und Ziiunen her geruf'en wenlen, nur für den dort gcnanten Anla.n zur Rüge des Hochmuts der Pharisiier; wíi.hrend bei lfatth. die Einladwig von nur zwei r.Ienschenklnssen - Judcn und Heiden, soda.un die Verhohnung und selbst Tüdtung der einla.denden Knechte und die Bestrafung der lfissethiiter, sowie die .A.usstoCiung des Gastes, der kein hochzeitlich Kleid hatte, Züge siud, welche diese Para.bel als der Zeit des lezten Entscheidungskampfes Jesu mit seincn Wiclersachem angehürig keunzeichnen, da.r~ sie nicht erst spii.ter in dieselbe cingetragen und ihr angehii.ngt sein künnen. Und falls auch, wie llfey. meint, der Tcil der P!l.l·abel von v. 11 an nicht in directer Beziehung gegen die Pharisiier stiinde, so würde cr doch wesentlich zur Vollstiindigkeit des Zweckes, den Jesus dabei im Auge ho.tte, gehoren. Aber dieser 'l'eil soll nicht blos den Pharisiiern den SchluG au clic Ha.nd geben, wus einst ihr Los sein werde, wenn Gott selhst unter donen, welche die Einla.dung angenommen haben, die nicht mit der t1iiuuou6Pr¡ Angethanen zu1· Holle verweisen wer
V. 15-22. Die Fraga der Pho.rislier über die Entrichtung des Zinsgroschens. Vgl. Mrc. 12, 13-17. Luc. 20, 20-26. Da die Pharisiler aus Fureht vor dem Volke nicht wagten, Jesum zn greifen, so vorsuehten sie ihn dureh cine verfll.ngliche Frage zu fangen. V. 15. Sie nahmcn cine Berathung vor (avµ{1ovJ.wv l..aµ{j. wie 12, i.:t, nicht: einen RathschluB fassen), 8.nror; in der Absicht ihn in cinem Worte, einem Aussprnehe wie in einer Sehlinge zu fangen (;¡¡;a¡tOEVEW ~v J.óyip) d. h. ihm einen Aussprnch zu entlocken, auf welchen sic eine Klage wider ihu bei der rllmischen Obriglrnit (Luc. 20, 20) erheben konteu. - V. 16. Zu diesem Behufe schicken sie ihrc Jünger mit den Herodianern zu ihm. Die lierodianer sind nicht Diener oder Hofleute des Herodes (Lutlier u. A.)~ sondern die dem kllniglichen Ifause des Herodes ergebene politische Partei der Juden; als solche zwar nicht Frcunde und Bundesgenossen der Pharisü.er, in deron Augen das Künigtum der Herodier cine ·sehmach für das Volk Gott.es (der Juden) wnr, aber den allen Juden gemeinsamen Ilail gegen die Fromdhcrschaft dcr Rümer mit den Pharisii.ern tcilend und dnher unter Umsfündcn mit denselben gemeiusame Sache machend. 1 Mit dieser Partei vereinigten sich die Pharis!l.er, ·um Jesu eiue Falle zu legen, da beide von dem messianischen Künigtume Jesu den Untergang ihrer¡;l\facht und Herschaft fürchteten; die Herodianer den Sturz ibrer Dynastie, die Pharisiier den 1) Vgl. die verse.hiedenen Meinungen über die He1·odianer bei Wincr, R. W. 1, '!86, und !Ceim in Scltenk.'s Bibellex. III, S. 65 ff. K oil, Comm. z. Evllllg-el. Mlltth. 28
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Matth. XXII, li-21.
Yerlust ibrer geistigcn Hcrschaft übcr dns Volk. - In der l\Ioiuuug, mit eiucr schlau ausgedachteu, nber übel nngebrachten captatio benevolentiac Jesnm über iln;e Absicht ttluschen zu künnen, !citen dio Abgcsn.ndtcu ihre Frage mit den Wortcn ein: ,,Lehrer (Mcister) wir wissen, do.B du war1iaftig bist und den Weg Gottes in Warhoit lehrst Ull(l tlich au Nicmnnd kehl'st, denn du siebst nicht auf das .Ansehcn von Menschen". 01Í 1u~l..H aot .íTEQt oVówó;; du kümmcrst dicb um Nieman(l d. h. clu Iü.Bt dich in dcinem Lt-bren nicht clurch Rücksichten auf Pcrsünlichkciten bcstimmen. Diese Aussngen von o'lóaµw an, bcgründon sic mit dom Satzc: denn dn siehst nicht auf das Gosicbt d. h. das ii.u!k1rc Ansehen von Mcnschen. 7:0 .íTQÓ;co1w1, wie das hebr. b~?~ die ilufiero Erschcinung, in der i.\lcnschen sicb darstollen. Der Rodensart liegt dns hebr. c.,~~ ~i:J? 3l(JÓ~cu3l"01' J.á,uflavw.1 (Luc. 20, 21) die Porson ansehcn, Rücksicht auf die Pcrson nchmen, zu Grunde, die nur für griechiscbe Lesor V(lrdeutlicht ist. - V. 17. ,,Sage uns also, was dünket dir? Ist es orlnubt, Zins (x1jvao~ Kopfstcuer) dem Kaiser zu gcbcm otler nicht?" (KaíaaQt ohnc Artikcl als nom. propr.). - V. 18. Josus o.her ihre Doshoit mcrlrnnd sagtc: ,;Was versuchet ihr mich, ihr Ifouchler?" 1} xo'JJ1JQÍCC ist die boshaftc .A.bsicht, in der sie Jesu diese Frage vorlcgtcu. Die Snchc bctrclfcnd. so wnrcn dio Judm1 als Volk Got.tes cinc sclbstltudigc Nation, die kei~cm heidnischen Hcrscl!er untcrthilnig sein soltc. Als abor Gott sie zm· Züchtigung für ihren AbfaU von illm in dio Ge· wnlt dor W eltherschcr dahin gegcbcn hattc, waren sic auch verpflichtet, iliren wcltlichen d. h. heidnischen Obel"l1erre11 Stouer zu zahlen, so dnB die Vorwcigerung der Steucrzahlung einc Empüruug war nicht mn· gogcn den Kaiser, sondem auch gcgen Gott, dor sic cler Herscbaft eles Ifoisers untergoben hattc. Zwar orlmntcn dio Pharisü.er iu ihrom wcrkgcrcchten Streben nach theokrntischer Gesetzeserfüllung die Untcrwerfung untor die Gewalt clcr Heidcn nicht als St.rafe für ihren Abfall von Gott; nbor trozdom salten sie cin, da.B cinc Auflohnung widor den Kaiser nur zu ihrcm Vordcrben ausschlagon wordo. Unter diesen Umsrnudcn kontcn nm• unbcsonuenc Zoloten, wic Judas dor Gaulonitc (nach Joscph. Anti. X VJJ !, 1, 1) dio Censuszahhmg vcrweigem wollcn. -,,Ucuchkr" ncnt. sic Jesus in Bezug auf do.s Lob, das sie ihm als Lchrcr clcr W arheit gespondct hattcn. V. Hl. Olmo o.uf cinc ntthere Erürtcrung ihrer Frage einzug('hcn und ihncn zu zcigcn, daB sic durch ihre Sclmld in die Abhitngigkcit des rümischon Kniscrs gekommon scicn, da es ihnen nicht um Erkentuis· der Warl1eit zu thun war, lii.fit Jesus sich die Zinsmünze d. h. cin Gcldstück, in welchem der Consus gczahlt werdcn mu.Bte, zeigcn uud fragt sic, a.Is sie ihm Pinen rümischen Denar zeigtcn: ,,Wcssen das Biltl und dio Inschrift dieser Münzo sei?" 1i t:lxcóv das auf dem Donar abgeprilgto Bilcl. - V. 21. Auf ihre Antwort: ,,des lfaiscrs" erklilrto m· ibnen dann: ,,So cntrichtet nun dem Kaiser, was des Kaisers ist". Din Annahmc und der Gebraueh der kaisorlichcn Münze war eine thntsitchlicho J.ucrlrnmnmg d(·r Herschaft eles Kaisers. Daraus folgtc nicht mu· die ~gkoit, sondem auch die Pfiicht, dem Kaiser zu cntrkh- .
l\fatth. XXII, 22. 23.
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ten wns ihm gohürtc, uamlieh die l\Iünze, deron Geprügc das fnctischc Recht des kaiserlichcn Regiments bewies. Urn aber den Fragenden zugleich zu sagcu, dnB durclulic-pol.itisé'he JTnterorclnnng mit.er den KJ!liilU: ihre theokr~n.]?flichteu nicht aufgcllD.b.eu werdon, sezt der' "Er!Oscr hinzu: ,,Und (gebct) Gotte was Gott gebiirt". Dafi damit nicht blos die Tempelsteuer gcmeint wnr, wird gegcnwilrtig fost allgcmein! anerkant. Aber auch die Beschrü.nkung dicscr Wortc auf das geistigo Gebiet des Seelenlebens (Neand., v. llofm. Schriftbcw. II, 2 S. HO ist contcxtwidrig. Wio wií KalóaQOt; nicht blos die Ceususzahlung¡ bezeichnet, sondern die Leistnng all!.l5 dPssen, :was rlem..Kaíse1:..\:el•m~~ der reebfüchen Orduung sei'®s Regiments iilmr dns theokratisch~ ·\ z~m, so ist auch in Ehoii alles. begriffent- wn~_ª1eo~, tische Volk in religiüser ittlic . • t ürgerllcheí· I-IinfilciJ.!..ii.llltfu!t ~ ~. io J. bgabo ftlr die Erhaltung des gesotzlichen Cultus mit \ cingeschlossen, aber deD-t.cligiüs-ethiim}ien Pílichten ti:euor.J•~rf¡rnnng ¡ dcr go~tlicJ¡..Qu..Gall.ot!Lu.11tergeord11ot. Diese zur Antwort nuf ihrc Jo'rago : hinzugcsezte Weisung aber gab Jesus ihnen nicht (leshalb, weil der, Frage ein, obwol nur erl1euchcltcs Gewissensbetlenkcn, ob man um 1 Gottcs willen dcm heidnischen Kaiser den Ocnsus entrichten diirfo, zu i Grunde lag. Denn dieses Bcdenkcn, moclite es bcgründet oder mu• : Vorwnnd scin, war mit dcr Antwort auf ihre I•'rage, dcm Kaiser :rn geben was demselben als von Gott ilmen gesezten Obcrherm zukam, , :;chon gehoben. Auch nicht um ihr Gewissen zu tre:lfon, ,heifit Jesns · sio lieber Gotte gcben, was Gottes ist, stntt zu fragen, ob Gott uícht fortlere, dall man dem Kaiser verwoigere wns er fordert' (v. Jlo(m.); \ denn das lieber ist contoxtwidrig oingetragen, sondern mn ilml'u positív \ zu sngen, da.B die Steucrzahluug nn den Kaiser die Pflichtcn gcgen Gott ' nicht beeintrü.chtige, mul zugloich ihmm zu Gemüto zn führcn, tlall 1 wmm sie mu· ihre Pflichteu gegcn Gott zu erfüllen sich cmstlich ango- ! lege11 sein liefien, die Fragc nnch dem Rech to der Coususzahhmg in l ibren Herzen gnr nicht mehr auftrmchen würde. Denn wcr Gotto gibt · wns ihm gcbürt, der wird auch der weltlichen Ohrigkeit gcbc11, wns cliescr rechtlich zukomt, und zwnr nicht nus Furcht oder Zwang, so11- . tl'ern um des Gewissens willen; vgl. Rom. 13, 1-7. - V. 22. Diese¡· Antwoí:t Jesu wnr so schlagend, dail die Widersncher darüber sich ver-, wundernd abzogen. V. 23-33. Die Frnge de1• Sadducü.er ii.ber dio Aufors·tehung der Toclten. Vgl. l\'Irc. 12, 18-27; Luc. 20, 27-Ml. -· Als die Pharisiler nbgezogen waren, traten Sadrllll!iil!C zu Jesu lwran, um dm·ch V,ru:].egllllG c•iner :1te.i:fm1g.1irhrnLEi.:ru;m. S(,lin Ansohcn hei fh:~m Y.ol]rn zn erschüttern. Der Pnrtei der Sadcluciler (s. iiber dicselbeu zu :.l, 8) lng, obwol siu.JmJlesitze dcr hiichstcu gcistlichen Aem~ wnrcm, doch der irdische Lebensg~IL.mchr mu llcrzm1 nls....tlri.\ Pflerte des religiilsen Lebmis. Als .!utillil.!!.~,1u!l).!:.r.hl'}'iSit~J· verwarfen sie nicht nur dio unter dem Namen der \I11hcrliefernQg der Aeltnsten von den Schriftgolehrten nusgcbildete Erweiteruug und Ergilnzung_des..mn,1oischen ..Gesetzes, sondern zogen o.Is der Sinnlichkeit ergebene Yerst.nntle.~hfil.1 auch 28*
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1Yfatih. XXII, 24-2!'1.
übersinnliche Schrift.warhfl.iten__ill Zweifel, und werden in ~, 8 als solche cbarukterisirt, welche Auferstehuug, Eng_el und Geist le~ nen. Hicr in unserer Stelle wird zur Verdeutlichung der Frage, die sie Je su vorlegten, von ihnen nur bemerkt, da~g nicht annehmen (Uyoi,u;;; ~'~ elvat dváa·rnaw). - Uro diese Behauptung Jesu gegenüber zu verteidigen, legten sie ihm einen lfall YQr, der ílmen einen Hauptgrund gegen die Auferstehung der Todten zu liefern schien. V. 24. Sie führen das mos. Gesetz über die Schwagerel10. l2ruú, ,2.lí, 5 an, welches vorscbrieb, daB wenn ein Ehemann ohne Kinde~· zu haben sterbe, dann sein Brnder...die-binterhlieb.one-Witw-e-al-S-Sch.w.n.ger beiraten und seinem gestorbenen Bruder Samen d. h . .Nn.c.llknm~ecken solle, namlich so, dafi der..mte in qieser Ehe er· zeugte Sohn in die Gescblecbtsregister des Yerstorbenen eingetragen werden und o.Is der legitime Erbe des VerstorbeMn und als Fortsetzer von dessen Geschlecht gelten solte (vgl. m. Comm. zu Deut. 25, 5 und über die Levirats- oder Schw.agerehe (!evir.Jl.cll.Wlgfil'.) im Allgemcinen m. bibl. Archllol. §. 108). huraftfJQE:VEtv sich verschwilgern, htyaµ{J(). yvvarxa eine Fr::m als Schwager heii'aten. - V. 25 :II. ln Grundlagc clieser Vorscbrift fingiren die__ ~!tdduci1.f':1:_ginen Fnll, der sch werl!g,4Je::: mals..:y.nrgnlrnmn1on ist, den sic~!->~!.~1~-~virkli_c~-~~~~komn:i.~ mit den W orten anführen: ,,J?!=!..J~!:Q!L ]:¡~i_JID$-~!._B.}'~'"; und der erstc starb nach seiner Verheiratung, ohne Nachkommen zu haben, worauf der zweite die Witwe ehelichte, aber auch ohne Kinder starb, dann der clritte desgleichen ,,bis zu den sieben" d. h. bis die sttmtlichen sieben das eine Weib gebeiratet hatteu und gestorben waren; zulezt (-f5úUQOV .mÍJn:wv spüter als alle sieben Milnner) sei auch das Weib gestorben. Darauf gründen sic Y. 28 die Frage: ,,!leí der Auferstehung wessen l'.Qll den Si_eben Weib wird (diese Frau) sejn? (!enn sic hatten sie jp,_J!lln (siebmuJlm ~efueJ". Damit glauben si~s.urdi: !fil...dS!S___Glaubens an die Auferstehu~g der__J'odten und..das ~vjge-Leben. dargethan zu baben. Denn da sieben Brüder nnch der Auferstehung 1 doch nicbt ein und dasselbe Weib haben künnen, so k.Qnne..anch.l\ioscs 1 bei dem Leviro,i~ªg!~e.J!ic~die ~.!l~_ggglaubt haben. V. 29. Jesus antwortet ihnen: ,,Ihr irret euch, da ihr die Schrift nicht kennet noch die Macht Gottes". Die Schrift ('l:a(; y(Jm¡x!;;; die aus einor l\iehrhcit von Büchern bestchendc heil. Schrift) kennen sie nicht, weil in dieser die Lchre von der Auferstehung wirklich enthalten ist; die Macht Gottes verstehen sic nicht, weil sie nach ihrem beschraukten Verstando sich das Leben der Auforstandenen nur als eine sinnliclie .:~tcd.erher stcllu11g u1!4 Fortsetzung des irdischen vorstellen 1 und Gott nicht dio
f
1) Solr.h!Lgrobsinnliche_y..arate.llungen mogen auch manche Pharisiier gchcgt ha.ben. So winl z. B. in B. Solwi· Genes. f. 24 für einen iihnlichen Fl\ll, clall cine Frau in diesem Loben zwei 1\Iii.nner hatte, die Entscheiclung gegcbon, da11 dieselbe in der kiinftigen Welt wieder dem ersten l\fanne znfalle. Docli wurde die Lehre von den spii.teren Rabbinen in der Regel geistige1· gefül1t, wie aus trae/. Beraclwtf 17 zu erschen: R. Rqf illa verba frequenta in ore liabuit; in 11wndoji1turo non cdent ncque bibent, neque generalmnt libe1·os, no1i excrccbwil commei·cía,' non est ibi invídia ncque odium neque rixa, ,9ed fusti scdelm11t eoro11i.~
Mntth. XXII, 30-32.
437
l\facht zutrauen, aus dem irdischen Itürper eine nea.e hohere Leiblichlrnit za. scha.:lfen, auf welche die irdisch-sinnlichen VerhlJ.ltnisse der El1e nicht ttbertt·agen werden künnen. Zur Erlii.uterung clieses Ausspruchs sezt Jesus hinzu: ,,clenn bei der Auferstehung heiraten sie (die l\fünner} wede.r, noch werden sie (die Ti.ichter) ve1·heiratet, sondem sie sind wie Engel Gottes im Himmel". tv 'CID OVQCcvcf5 gehiirt nicht zu arrE2ot fti:ov (de W., Bl., 1Jfey.) weil oi davor fehlt und Elalv am Schlusse steht, aufierdem der Zusatz ttberflüssig wii.1·e, da Engel Gottes im Himmel zu denken sind. Es hat vielmehr den Sinn, daB das Leben der Engelgleichgewordenon ein himmlisches und darum an die Bedingungen und Bedürfnisse des irdischen nicht mehr gebundcnes ist ( Weiss). - Die Gleiche der .Auferstandenen rnit den Engeln besteht nach dem Contexte darin, daB die el1eliche Gemeinschnft fiir heide n.ic.ht..existili. Sehr zweifelhaft erschein t dagegen clie Folgerung, die von manchen .Ausll. a.us diesem Worte des Hen·n gezogen wird, daB die Engelgleichheit sich auf die 13escha:ffenheit der künftigen Leiber beziehe und die Engel nicht als Geister schlechthin, sondern mit ttberirdischer Leiblichkeit zu denken seien. Eine A1mahme, für die auch 1 Kor. 15, 40 u. Phil. 2, 10 keinen evidenten Beweis liefern. Une.rweislich ist jedenfalls die Ansicht von 11/ey., da.B die überirdische Leiblichkeit der Engel ,die notwendige Voraussetzung dieses .Ausspruches Christi ist'. Luk. hat in v. 36 (der Parallelstolle) noch die Worte: ,,cW1n sie klinnen nicht mehr sterben (~sind-engolgleich). Daraus ergibt sich, daB Gott für das irrlischzeitliche LebCJJ der Menschen di~ Ehe einge~ezt hat wegen der E!i~r]:¡licl!kfilt¡_ der Menschen, also wenn das Sterben autMrt, auch die Ehe nls l\fütel der Fortpflanzung uml Yermehrung des mcm¡chlichen Geschlechts aufgehoben und iq_dnajiohoi:e.Fm•m rlei:..Li.ehesge~t wird, da das Aufhüren der Ehe nicht auch die Aufhebung des Geschlechtsunterschiedes involvirt. V. 31f. Ilierauf beweist Jesus dcnSadduciiern, doil die.A.uferstehung der Todten in..dei;.S.clu;ift gelehrt sei. ,,111 Betre:ff aber der .Aufexstehung der Todten habt ihr nicht gelesen das Wort, welches euch ''011 Gott gesagt worden: Ich bin der Gott Abrahams und der Gott Isaaks und der Gott Jakobs? Nicht ist Gott der Todten, sondern der Lcbenden ¡Gott)". Die Schriftworte stchen Exod. 3.Jb wo Gott am Horeb brl. 7:~<; {Já7:ov bei dem Dor11busche, in dem brennenden und nicht verbrennenden Buscbe sich Masen offenbart und als den Gott der Erzviuer hezengt, d.er dos Eleud seines VolkC's in Aegypten ~sellen und ilu:.S.c.hreien gchiirt habe und berabgekommen sei, dasselbe nus Aegypten zu erlüsen. Der SchluB, den Jesus aus dieser Sclbst.benenunng Gottes zicht, gründet sich darauf, dafi G.Qtt nicht zu absolnt To
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Mntth. XXII, 33-35.
naQhtlcm dicsclbcn Hi.ngst g
l\fatth. XXII, 3ü.
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zu künnen hoft'ten. Uebrigens gab ilmen den AnlaB zu nochmaligem .A.uftreten weniger die Niederlage der Sadduclier, als hauptsiichlich rlas Staunen des Volks über die Odiaz1j Jesu. - l\lfark. hat abcr in v. 30-32 noch einen Zusatz übci· den Ausgang eles Gcsprüehs, welchcr mit der Annnhme, daB der vo,uu~Óg Jesum 7U:tQáscov gefragt habe, nicht zu J1armonircn scheint. Der Schriftgelehrte erkHirt bei i\fark. Jcsu Antwort für der Warheit entsprechcnd, worauf Jesus ihm noch sagt: ,,dn bist nicht fern vom Reicho Gottcs". Diesen Verlnuf des Gesprachs bat Jl,fatth. weggelass011, damit jedoch nicht, wie Jley. sagt, die Ueberlieferung hinsichtlich der Tendenz des Auftritts alterirt. Denn wolte der vo,wxóg nur seinc Ueberlcgenheit in der Kentnis des Gesctzcs zeigcn, so war seiu Schweigen auf Jcsu Antwort ein sprcchcnder Boweis dafür, dn.G Jesus diLW:iirheiU~lu:e, also kcin Gogner des Gesetzcs sci. Die Di:fferenzcn dcr bcidcn Berichte über diesen Vorgang crkfüren sich vollkommen aus der Verschiedenheit des Planes der beülen Evangelien. ~h. erachtc~_füi:..tlc!LZ.Y@~ls, den ei· bei Abfossung scines Evangclíums im Auge lrntte, den Christeu aus dcm Judontum Jcsum als
Ma.tth. XXII, 37-43.
440
Distinctioneu zusammen. Die Rabbinen z!lhlten nll.mlich in der Tlw1·a
il3. Gebote, die sie in 248 posifave und.ID·negO:tive 'teiften, ~ncfü'bei· die grüBere und geringere Wichtigkeit derselben mancherlei Regeln aufstelten.1 - V. 37. Jesus nent das Gcbot, Gott den Herrn von ganzem Herzen . . . zu liebeu Dcut. 6, 5, das gedachtnismü.Big mehr nach dem Grundtexte als no.ch der LXX angeführt ist. Die.Lie.~7.JJ.G:Oj;t, ~!!J.ª-ª-gn.nze.Hei:z, da..ti)eutnun..dm:_geiafilKeJI_Bru.ünfil.hk~--}\'I:~i:i.: sche~, fü~.-.S!!'.l~~-~!!ele d. i. cl;_~_gesam..teJ\-:tnJ1findung~!1d.Jlegeb_rµng!!_~ vermoge!!i und _djº_g!l!~º-Denkl;;raft (Úta'!!Qlaz1) erfüllen und bestimmen.
Das-Wórt úta1JOÍU ist zwar Reminiscenz aus der LXX, aber lv Ül?l 7:~ úuwol~c aov nicht wie dort dem hebr.1::¡~~-;~~' sondern dem ;¡1~~~;~::¡
mit all deinem Vermogcn (des Grundtextes) entsprechend. Mark. hat dieses Gcbot mit seiner Einleitung: ,,Hure Israel, der Herr (Jahve) unser Gott ist ein (einziger) Herr" (Deut. G, 4) in engerem Anschlusse an die LXX angeführt, und das in dem überlieferten LXXtexte fehlende 8J.1¡r; Tiír; lazvoc; aov (=;¡1t.t~-;~~) erganzt. Dieses Gebot hat Moses in Deut. 6 an die Spitze seincr Recnpitulation des Dekalogs gestelt und dadurch als dns Grundgcsetz der alttestnmentlichen Religion bezeichnet, so daB es mit Rccht als 1) ~feyál1J ~at Xf!WT!J brr:o).?j (v. 38) gelten konte. VgL m. Comm. zu Deut. 6, 4 ff. - V. 39. Als_.!lia.z.w.ei.,, tes. demsclbcn gleiches fügt Jesus das Gebot: ,,c!J.LSDlst..dcinén Nilchsteu l!13,li_Q!J-'v.ie..d.ich s.clhst" hinzu, aus Lev. 19, 18, in welchem dort die Vorschriftcn über das sittliche Verhalten gegen den Nüchsten (v. 9-18) summnrisch zusammengefa.Bt sind. Dieses Gebot ist jenmn...m:.sten.g}Qich (o.uoia), weildns._ei!_1_~_()_~1~e das_~~ .nichLw.ru::Ji~J.Ll~~:.cl.~J:l kann, die wahre Gottru¡llillte siclt iiuier Nach~enliehe zeigen..mu6, und d!~ ~·echte J\f[chste~lifil?.9..~~--ª-~l'..JY.!!hrcn..GottesliebeJlie8t; vgl. 1 Joh. ,4, 16. 20 u. 21. - V. 40. ,,In diesen zwei Geboten hanget das ganze j\Gesetz und die Pl'Opheten", d. h. der ganze Inhalt des A. T., sofern er l[offenbarung des gottlichcn Willens ist. KQlµamt ..Qs_hii.ngt.daran. d. h. hat seinen Halt an...diesen...beiden Geboteu, welche allen anderen Geboten und Lehren ihr einheitliches Princip und ethischen Wert verleihen. V. 41-46. Die Frage Jesu an die Pharisaer. Vgl. Mr.c._12, .3.5:-::c3.7. Luc.20~4-1='1.J.. - Als die Pharisüer sich versammelt hntten, }úgto ihnen Jcsus dio Frage vor1 '~X-QLO'~ d. i. ~ !illls sei. ,Obschon uvv~1rµivow et(; ·uov '1>ct(! • .!!J<:M auf avv~xf>17aai' 1btl am:Ó v. 3•.i, zurückweist, auch Luk. diesen Abschnitt nicht eng mit dem Vorhergehenden verbundcn hat und Mark. ihn nur ganz allgcw mein in die Zeit sezt, da Jesus im Tempel lehrte, so stimmen doch alle drei Evangelisten darin übercin, dafi Jesus mit dieser Frage und clom Nachweise, daB dje Schrift den gütt:lichen Tirsprung_.Jjes Messins ll.o.zeuge, die 1lm:h!tndlungen mit seinen Gegnei:n.-a.bg.escl1Jassen hat. V. 43 . .Auf dio Antwort der Pharisiter: ,,J!ll3ids~', entgegnet Je-
lis
1
r.o
1) Ygl. nu&er den von Wet$tein u. ScT1ü1tgen zu unserem V. u. zu 5, 19 ruigeführten Belcgen noeh Waclmer, Anliquitates Ebrneor. l p. 601 s.~. und übcr die rnbbinisehen Zahlungen der Gebote Bc1·tl1eau, die siebcn Grup¡ion mos. Gcsotze {Gotting. 1840) S. XII IY.
Matth. XXII, 43-46.
441
sus: ,,Wien.l1_n nentD.a:vidlmGeis.teJ~!::!l, (i11~J.)sprechend: ,, ~!sproch~l;l hii.t der.R&uu.m.@u,nniiei:rn: &tze dich_~!!lllililill.r R.ncll-' te_n1 bis ich deine Fei_I!deJID.ter deine E1\Re..gelegt ~e~y~r.de?" Die-} ser Ps. ist itn Grundtexte und in der LXX als von David v.ecl'JJJit dnrcb: die Ueberschrift bezeugt. Davon geht Jesus beCseiner Beweisführung als einer anerkanten Thatsache aus, fügt aber hinzn, daB David ~v :;rvsvµan d. h. vermoge Eingebung des güttlichen Geistes_g_Q_redet haba. Diese beiden Gl'nndlagen der Argumentation Jesu hat zwar die im Naturalismus befangene neuere I(ritik für ein Zugestandnis erklart, welches Jesus der damals herschenden Ansicht der Juden gemacht habe. Aber miUinrecht; da sich weder die J1'l,Vir1isebe Ahfnssun.g noch der m·2phetisch-messianischo Chru:nkter des Psalms mit kritisch haltbaren Gründen bestreiten lii.Bt; vgl. l)g]j!_~qj}__Qp_mm. zu d. Ps. - Olme die Fragen ob und wie weit Jesus in sainen Lehrvol'tr!Lgen sich dar Arg_:i,imente ex co.na.esn.t..bedient habc, überhaupt entscheiden zu wollen, wozu hier nicht der Ort ist, müssen wir doch als ein Postulat des Glaubens, da.B Jesus als Lehrer der Warheit, dem die Warheit hOher stand als der Rubro schlagfertiger Dialektik, !LJ.U:iorUesth:¡,ltmt, daB Jesus nieht Thatsachen und Ansichten, von deren Realitat und W n.rheit er nicht überzeugt war, zur Begründung seiner-messfanischen Würde benuzt hat. War er 3ber rlMon überzengt, daB David den angeführten Ausspruch vermoge gl:ittlicher Erleuchtung ge1·edet hat, so bezeugt er damit, daB der M.!1'iSia§.,_1\".elchen der vou Gott erwlib)J&.liiinig Isrnels nicllt nn~seinen He1-rn nen!, sondern dem. Gott auch gurch Davi!ls 1\-i~..zu seiner .llecllten d. h. die Aufnahme in seine Hoheitsuud H~!B:emeinschaft in1 Himmel verhciBt, nicht blos Davids So.hn, sondern zugleieh krafl.g_ottlicher Erw!i.hlnng...G.o.tie,c¡_Sohn ist, den Gott zu seinerltechten erhühen und dem er die Herschnft über o.lle seine Feinde verleihcn wird. In der Folgerung welche Jesus in v. 45 aus dem Pslllmworte zieht, gibt er seinen Gegnern nur die Frage: ,,wenn also David ihn Herr nent, wio ist er denn sein Sohn?" zu]!~.denkcn, ohne die Losung des R!i.thsels, da6 er nac]L seinei_:_menschlichcn Herkunft Da.vids Sob.n, aber no.ch seinem giittlielien Ursprunge cler van Gott stammemle_Jm.d...wui.n.dte...Sohn GottesJst (vgl. 11, 27. 16, 16. Job. 1, 14. 18. 6, 46. 7, 28 f. Rüm. 1, 3 f. u. a.) auszusprechen, ~iLer die Herzen durehs(;hauend wuBte, da.B selbst das 1mnmwnndepste Bclíentnis seiner gottmenschlichen Natur die PhQ.Ijsiiru· nicht zur_An~kennung ~essianitat be~i:!.!UY.!!rde. Da sic in ihrer ~~tigkeit gegon alles, was er bisher gelehrt und gewirkt hatte, ~:·Y!:'l,!.-ªtokt ~ ten, so konte er die Frage, wofur sic den l\iessias halten, nic!itiiir Erweisung seiner Gottessohnschaft zuzuspitzen beabsichtigen, sondern mit dem Hinweise nuf das Zeugnis dar Schrift, die seine Erhühung zm· Rechten Gottes und zum Herrn über alle seine Feinde lehre, nur den Zweck xer.fulgen, seine Widersacher ihres Unglaubens zu überfiihren u~as Gewiss~ ibnen zu schitrfen. V. 46. Gegen diese Beweisführung vermügen sie nichts einzuwenden¡ aber ihr Schweigen beweist, daB sie weder seinem Zeugnisse noch dem Zeugnisse der Schrift glau-
442
~fotth.
XXIII.
ben wollcn. - l\iit der Bemei·lnmg: ,,Nicmnnd kontc ihm cin Wort erwidern, a.w.:h...lvagto niemand von jencm 'fago an hinfort ilm zn fragcn", l el. h. keiner seiner Gcguer wngte noch wcitet· ilm mit Frngcn zu verl snchen, schlicBt Matth. seinen Dericht übcr lliC Vcrsnchc dcr Hilupter des jüdischen Volks, Jesum in seincr Lehrc zu fangen (v. lü).
Cap. XXIII. Strafrecle wider die Schriftgelehrten uncl Pharisaer. Naehdem Jcsus scinc Gcgner zum Schweigeu gebrncht hat, schlio'Gt er seino üffentlichc Lehrthütigkeit mit ciner Rede, welchc den gcist' lichen Leitern des Volks ibrc Sünden aufdekt, ein siebcufaches Wcho übcr ihr scheiuheiligcs Eifem für Frümmigkeit uncl Gereehtigkeit o.usrnft tmd mit Ankiindiguug eles Strnfgerichts schlioBt, wclchem Jerusalcm wegcn seiner beharrlichen Vcrachtung untl V crfolgung cler gottgesnndt-011 Prophoten verfo.Ilen wircl. Die Rede glicdcrt sich hiernnch in drei Teíle: a. cinc Schildcrung der Schcinfrommigkcit und Ehrsucht der Schriftgelehrten uucl Phurisü.er (v. 2-12); b. die sieben Wcherufc 'liber das scheinhciligc nnd vcrderbliche Treiben dieser Volksleiter (v. 13-33); c. die ¡Jrophctische Drohnng des Gerichts über Jerusn.lem (v. 34-38}. - .Mit einer Wnrmmg eles Volks vor den Schriftgelehrteu Inssen a.uch Mnrk. (12, 38-40) und Luk. (20, 45-48) Jesum sein Lehrcu ·im Tcm1rnl beschliefien, in welcher übereinstimmencl mit 11'fatth. clic Ehrsucht uncl Schcinfrümmigkeit derselben gcrügt und ihnen schweres Gericht gedrobt wird. Den Ilnuptinhnlt clieser Strafrede hut aber Luk. in c. 11, 37 ff. in der Form eincs Lebrvortrngs mitgcteilt, wclchen Jesus bci einem Gastmahlo im Ha.use cines Pharis{iers hielt., um die Unterlassung des Handewa.schens vor dom Essen, worüber die Pharisiler sich verwunderten, zu rechtferUgen. Ein Anla.B, der zm· Motivirung dicser scharfen und langen Strafrede o:ffcnbar nicht ausreicht, um die Stellung derselben bei Luk. mit Scllleierm., Sclmeckenb., Olsl1., Godet u. A. für ursprünglich und r.11ronologisch begründet hnltcn zu künnen, sclbst wcnn wir davon :ibsehen wolten, dn.B Lukas sclbcr dureh Anfilhrung zwcier Gcdnnken dieser Rede am Schlussc des üffcntlichen Lchrcns Jesu im Tempel (c. 20) zu erkenncn gibt, clafi JeRus mit ciucm messinnischen Zcugnisse wiclcr die geistigen Führcr des jiidischcn Volks seine üffentlicho Lehrthittigkeit beschlossen hnt. Auch bezeichnet Godet zu Luc. 20, 45 ff. nicht nur diese kurzc Warnung uls cinc Zusammenfassung der grofien Rede Mntth. 23, welche man das Gericbt über die theokratischen Behürden nennen und wio cinc EinIeitung zu der c. 24 u. 25 folgenden groBen eschatologischen Rede fnssen künne, sondern meint auch, da.ll cin Teil der Rede l\fatth. 23 in der That dahiu gchorc, wo sic im crstcn Evangelium steht, un
.Matth. XXIII, 1-4.
443
sprochene mit eingearbeitet sein rnag, schwerlich von der des Inhalts zu trennen ist'. Nach v. 1 ist die Hede an die o;(J..ot uud die µcc{h¡Ta't avroii gerichtet. Die ozJ.0t sind zuerst gcnant, wcil dcr crste Tcil der Rede bis v. 7 an !>ie gcrichtet íst, wornnch sich dieselbe v. 8-12 un die ,ua{)r¡ud richtet, ,um fann v. 13ft'. die vernichtende Apostrophe an die gegenwfi.rtigen Pharisücr, zur Abschreckung der oz2oL und dcr µcdh¡ud vor ihnen, folgen zu lassen und endlich mit dcm trngischen Ausrufe über Jerusalem (v. 37 ff.) zu schliefien'. V. 2-12. Warnung vor der Sclieinfrommigkeit und Elwsucltt der Sclwiftqelehrten und Pltarisiier. - V. 2. ,,Auf den Stuhl l\fose's haben sich gesczt die Schriftgelehrten und die Pharisaer". Die %a8lO(,Ja 1\1ose's ist dcr Stuhl, den Mosc als Gesetzgcber eingcnommen hat. Der Ausdruck ist nicht aus Exod. 18, 13 sonclern von der Lebr-Cathedra der Gesetzlehrer entlehnt, vgl. Vitrinqa, de Synag. vet. p.165. - .A.uf dem Stuhle i\fose's sitzen ist Bild des Wirkens als Lehrer des mosaischen Gesetzes. Sic habcn sich gesezt (t!:;,áfhvci.v) heiBt: sic haben sich zu Gesetzeslchrern gemacht, das Gcsetzgebcr- uud Lehramt für sich in 1'1.nspruch genommcn. ,,Allos nm1 was sie euch sagen, das thut und haltet¡ nach ihren Werken aber thuet nicht, dcnn sic sagen es und thun es nicht". Tr¡Qs'lv hinter d:n:wúw ilruñv haben Lclmi. u. Tisch. nacl1 ~B!JLZ al. weggelassen, und notwendig ist es auch nicht. Nach denselbcn Codd. ist .:r:Ot~úaTe xcú '1:1J(!aTB statt UJ(Js'lU r.al JWtE'lu zu lcsen und der Wechsel des Aor. und Prüsens zu beachten: thut es (in vorkommenden FiHlen} und haltet es (fortdauernd), vgl. Külmer Gr. II S. 158 f. Die Vorschriften, die sie geben, soll das Volk befolgen, weil sic aus dem Gesctze genommen odcr wenigstens do.raus abgeleitct sind. llárra ova ist daher wcdcr nm· auf die Sittengebote (Glll-ys.), noch blos auf die Vorschriften über die theokratischc Gemeindeordnung (Lange) zu büschriinken; noch sind die bcidcn Siítze vergleichuugsweise zu fassen (Bl.}, so daB Jesus nur ha.be sngen wollen, die Lelire dcr Pharisüer sci empfohlenswcrter als ihr Wandcl. Zu so willkürlichcr Abschwii.chung cler Worte liegt kciu Grund vor. Dcnn wenn auch cinzelne Satzungcn der Pharisii.er, wie z. B. die Distinctioncn v. 16 ff. dem Geistc des mos. Gcsetzes nicht eutsprachen, so konte doch Jesus dern Volke nicht das Urteil für die Unterscheidung des Wnhren und Fnlschen aubeimgeben, ohne die Autoritttt des Gesetzes in den Augen des Volks herabzusetzeu und seine Hciligkeit zu uutergraben. Aber nach ihren Werken soll clas Volk nicht thun, weil ihr Lcben und Wandel den Vorschriften des Gesetzes, die sie Iehren, nicht entspricht. V..f vgl. Luc. 11, ·16. Statt yáQ habon Lcltm. u. Tisch. M nach ~BL11liJll al. recipirt.
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Matth. XXIII, 5-7.
mosaischen Gesetzes, wodurch schwere Bündel von gesetzlichen Forderungen entstehen, die das Volk befolgen soll. r.al ova(Jáar:axrn hat Tisclt. 8 getilgt, aber nur nnch ~L, etlichen jüngeren Codd. u. Verss., wii.hrend die l\iehrzahl der ü.ltesten Codd. die Echtheit bezeugt. Diese Lasten wollen sie mit ihrem Finger nicht bewegen d. h. von der Stelle rücken, geschweige denn auf ihren Schultern tragen. - V. 5. ,,Alle ihre Werke aber thun sie, um von den Menschen gesehen zu werden". IIQo~ r:o fJ·safJ~vat -col~ av{)-(!. wie 6, 1, in der Absicht, dall ihre Werke von den Menschen geschnut werden. ,,Sie machen namlich ihre Denkzettel breit und ihre Kleiderquasten groB", damit sic recht in' die Augen fallen. Statt M haben Griesb. u. Tiscll. ráQ nufgenommen un.ch '1:1.BIJL al.; offenbar richtig, da der Satz eine Erl!i.uterung des vorhergehenden allgemeinen Ausspruchs bringt. 'l.'a
Mn.tth. XXIII, 8-la.
445
Hieran knüpft Jesus in v. S-12 eine Warnuug seiner Jünger vor solchem ehrgeizigen Streben an. - V. S. ,,Ihr aber solt euch nicht Rabbi nennen; denn Einer ist euer Lehrer, ihr alle aber seid Brüder" d. h. ihr solt in britderlichem Verhiiltnisse zu einander stehen. .fi¡tsfc; ist mit Nachdruck vornngestelt. Im mittleren Satze lautet der altere text. 1·ec.: xa{}r¡y1rr:~c; ó Xqto"r:Óc;; aber X(Jtv7:. ist nach 'l:t.BOE2Lal. zu tilgcn und statt ó ;-:a{)·r¡y. ist no.ch ~ca BU al. Ótoá
o
o
o
446
:Matth. XXIII, 13-15.
cmpfüngen", den Griesb., Scltolz, F1·itzsclte u. A. hinter v. 13 gosfolt haben, stcht in EFGIIJOJSUVI'LJII, Verss. u. Kchvv. vor diescm Verse, die Reihe der Weherufc erüffnend, und fehlt in 'ISBJJLZ al., !tal., in den Canones des Euseb. u. warscbeinlich schon bei ÜT"Ífl. ganz, weshalb ihn Lcltm. u. Tiscli. aus dem Texte gestrichen ha.ben. \Vol mit gutem Recht, da ein Ausfallen desselben in den ü.ltesten Hdschr. u. Verss. wenig Warscheinlichkeit hat und schwerer denkbar ist, als die Hertibernabme desselben aus Mrc. 12, 40 u. Luc. 20, 47. AuBerdem macht schon diu schwankende Stellung des V. in den Hdscbrr. seine Ecbtheit zweifelhaft; und die Drohung J..~wr:a8·r: JCfQtaaÓuQOV 'XQÍfLª ei·scheint fill" das erste Wehc unpo.ssend; durch die Stellung des Verses abcr zwischen v. 1:3 und v. 15 wird der ofl'en vorliegende Zusammenhang und Gedankenfortschritt der Rede zerstort. V. 1il u. 15. Die Wehe dieser beiden Verse verurteilen den Eifor, welehcn die Pharistter filr die Ausbreitung der mosaisehcn Religion a11 den Tag legen, als verkehrt und verderblich. V. 13. ,,Wehc aber eueh, ihr Scbriftgelchrten und :Pharis1ier, ihr Heuehler, daB ihr verschlieBot das Himmelreieh vor den :Mcnschen; denn ihr gehet nicht hinein und lasset auch die Eintrctenden nicht hineingchcn". 8n begrtindet das oval. Das llimmelreich ist dio durch Christum in die Welt eingefülftte Vollendung des alttestamentliehen Gottesreiches. Es vor den Menschen zuschlicBcn d. h. den Eingang in dasselbe vcrsperren, dadureh daB sie sclber nicht cingehen, Jesum den von den Propheten verheiBeneu Messias verwerfen, und -rov; til
in Jleusclien, N. Trst. ex talm. ill. p. 649-676.
conguire11di1111to.~el!Jfis
·
Matth. XXIII, lG--20.
44'1
Solme d. h. Aogehi.irigcn dcr IIoUe, zu eincm dcr Hüllc Verfallencn, der dies in doppclt l1ühercm Grade ist als sio es sind. Ot.7l2Ót'E(JOV ist nicht Advcrb, soudcrn Adjectiv zu vU:m ¡dv1•1¡g gel1ürig. Dies geschicht nicht durch die fortgcscztc Einwirlrnng auf dcnselben, indcm crfnhruugsmlifüg dio Bekchrtcn cinscitiger, licbloser und überspannter zu werdcn J)flegcn als ihrc Belwhrer (Jfey.), odcr durch ihr boses Bcispiel (Clwys., Theod. Jl!ops. u. A.), sondcrn durch die Ilckehrung sclbst, nltmlich dadureh, daH sic dcm 11aeh Erlüsung von der Sünde und nnch dem Fricdcn dcr Sccle Verlangcnclcn nur Lchrcn und Satzungen aufcrlcgen, wclchc anstatt dio Beclürfnissc des Iforzcns zu befriedigcn, imr der Rcigung des nati.lrlichcn Menschcn zur Sclbstgcrechtigkeit Vorsclmb leistcn und gegcn die in Christo geoffcnbnrtc Gnadc und Warheit Gottes verstocken. V. lG-22. Der Gedankc an oin Prosclytcmnachen, welcbes dio Dckcl1rten nur ins Vcrdcrben fübrt, briugt Jcsum von sclbst auf ein drittes Wche, das Wchc übet· die blinden Wcgweise1· (vgl. 15, H), die se.lbst de.n Wcg des Heils nicht kennon und darum nur auf den Weg des Vcrderbcus leiten konncn (TVeiss). Diesen Gcdauken e,xcmplificirt cr an ihren Satzungcn über die GUltigkcit eles Eides, wclcho uur dazu dicncn, dio lleiligkeit des Eides zu untcrgro.ben und das Gcwissen abzustumpfcn. V. 16. ,,Wehe cucb, ihr blinden Wegwciser, dio ihl' sprechct: Wer beim T()lll})cl schwürt, so ist es nichts; wcr nber l)eim Golde dos Tom¡icls schwort, dcr ist schuldig". Ucbor 6,uvtbv f!1, 'tWt s. Zll 5, 34 (S. 169}. Zu ovOfv Úi1:tv ist nicht dcr Schwüronde Subject, soudcrn die l:laudlung des Schwürcns: dcr abgolcgtc Eid, dcr hat nichts auf sich. og lcl' O/tÓIJ?j ist absoluter Noruinativ, gebraucht für láv Ttg OftÓuu. orpdJ.H Cl' ist schuldig d. h. ''02'ptlichtet don Eid Zll haltcn. Ob bci clcm Golde des Tempcls an den Goldsehmnck uml die GoldgcfüBc de~ Tempcls otlcr an llcn Tcmpelsehatz zu denkcn sci, HLBt sich 11icht entschcidcn mul ist auch für die Snchc von lwincm Bclange. Das Deispiel i:;t jedcnfalls aus dcm Lcbm1 gcgriffün, obwol Dclcgc dafür aus dcr ra1Jbi11ische11 Literatur nicht bckant siud. Es zeigt abcr die Thorheit und Dliudhcit rlcrer, dio diese Distinction ausgcdacht habcn. Daher rcdet sic Jesus v. 17 alg flW(!Ot r.a1 ·wq.·2ol an, indcm cr sic fragt: was denn grüficr sei, das Gold oder der Tcmpcl, der das Gold heiligt. ¡td{;roJ) von grüBerer rcligiüscr Bedcutung. Diese hattc natürlich nicht das Gold, souclern dcr Tompcl, wclchcr dom Golde an und in ihm erst den Charnctcr cines hciligcn Objectos vcrlich. Statt ,¡ áyux{;wv nach CLT'All al. habcn le/un. u Tísch. ó cl¡uíuai; nach r::.BIJZ a11fgc11ommc11: das Gohl liat soiuc Heiligkcit erst durch scino Vcrbindung mit dcm Tempel cmpfangcn. - V. 18 f. Ein auclcres Deispiel von Blindbeit licfert Uic t'ntcrscheidung von Eidschwürcn boi dcm ¡lJtarc und bei rlem Opf('r au r dem Altarc (ÓCÜ(JOV i;;;';i; die 01)ferga.be s. zu 5, 2H), clic ja. aucll erst 1lurch dio Autlcguug auf den Altar oin heiligcr Gegenstand wurdc. - V. 20 ff. Daraus, dafi das Opfcr sei11e Wcihc vom Altnre cmpfaugt, folgt (01~v), daf\, wer beim Altare schwort, bei ihm und allcm was clara.uf liegt schwort, und dem analog, da.fi wcr beim
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448
l\'fatth. XXIII, 21-26.
Tempel schwürt, bci dem der don Tempel bewohnt d. i. bei Gott schwort (v. 21) und dcr bei dero Himmel Schwürende bei dcm Throne Gottes und dem der darauf sizt schwürt¡ mithin alle diese Eidschwtire im Grunde Schwüre bei Gott und von gleicher Verbindlichkeit sind. Denn wie der Himmel nur dadurch, da.B er Gottes Thron und Wohnsitz ist, ein dem Schwur Verbindlichkeit verleihendes Object ist, so der Tempel und dcr Opferaltar nur als die Statten, da Gott seincm Volkc gegenwürtig ist. Die Aoristo oµóoa~ v. 20-22 drücken das Eintreten der Handlung aus, vgl. f{ülmer Gr. II S. 134, also: wer zuro Schwo~·en geschritten ist. In v. 21 bieten die Codd. ~BHS al. /;v r.awi-;eofü,n mh:óv bci dem, welcher den Tempel bewohnt; dagegen CJJLZI'L1II. al. /;v ?:~o xa:i:otx~oavn mh·. bei dcm, welchcr ihn zum Wohnsitze erwahlt oder gemacht hnt. - Zur Sache vgl. 5, 34, wo Jesus denselben Gedanken in andorcr Wcndung ausgesprochen hat. · V. 23 u. 24. Das vierte Wehe richtet sich gegen die pharisaische Doctrin und Praxis, a.uf Beobahtung der kleinsten und liuflerlichsten Geboto zn driugen und die Befolgung der gewichtigeren Forderungen des Gesctzes zu vernnchlii.ssigen. Vgl. Luc. 11, 42. ,,Wehe euch ... , daS ibr verzchntet Münze, Dill und Kümmel", nü.mlich durch Ausdehnung der gesetzlichen Vorschl'iften ttber den Zehnten Lev. 27, 30. Num. 18, 21. Deut. 12, 6 f. u. 14, 22-27 auf die unbedeutendsten Küchenkrl.i.uter (vgl. Liglttf. ad /1. l. u. m. bibl. Archliol. §. 71 S. 359). ,,Und ihr unterlasset das Schwerere des Gesetzes, das Gericht und die Barmherzigkeit und die Treue". Ta {JaQV7:E(!a nicht die schwerer zu erfüllenden, sondern die gewichtigeren Bestandteile des Gesetzes. Als solche nent Jesus 7:1}v ~QÍOtV das Gericht, die Ausiibung des Rechts dnrch Entschcidung zwischen Reeht und Unrecht; 7:0 ~2Eo~ die Austibung der Barmherzigkeit; .,;~v ::;rl
Tm
l'ffo.tth. XXIII, 26 - 29.
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macht wird, sondern Unenthaltsamkeit in Bezug auf das Eigentum des Nachsten. Dies cntspricht dem áqxay'iji; Rnub d. i. dem Nachsten entzogenes Gut. Sinn: Mit peinlicher Sorgfalt achtet ihr darauf, daB die Trink- Únd EBgeschirre rein sind, aber das womit sie gefiilt sind rührt von Ra.ub und ungerechtem Gute her. yiµEtv voll, angefült sein, mit be von etwns her, wie yEµisEtv Er. anfüllen von einem Orte her Apok. S, 5. Diese Beobaehtung der auBerlichen Reinheit bei Vernachlassigung der sittlichen Reinheit wnr Zeichen geistiger Blindheit. Daher ruft ihnen Jesus v. 26 zu: ,,Du blinder Phal'isll.er reinige zuerst das lnnere des Bechers, damit auch sein AeuBeres rein werde". D. h. sorge dafür, da..B der Wein in deinem Bccher nicht von Raub und Sünde herrührt, damit dann auch die auBere Reinheit cintrete, nü.mlich durch Beseitigung des ihn verunreinigendeu Unrechts; nicht aber: danu magst du auch an die au6ere Reinigung denken (Fritzsclle), oder damit das AeuBere von selbst rein sei (de W.), sondern damit dcr Beeher dann wirklich rein werde, nicht blos dureh Putzen der AuBenseite, sonclern durch Entfernung der seinem Inhalt anklebenden Sünde. Jesus will damit nieht die ü.u6ere Reinigung für überfiüssig erklü.ren, sondern nui· andeuten, wie die reehte Reinigung zu erstreben sei. Becher und Schüssel mit ibrem lnlmlte, Wein und Speise, sind beispielsweise genant zur Charakterisirung der Art und W eise, wie die Phn.risiler bei ihrer ü.uBerlichen Beobachtung der Reinigkeitsgebote den ethischen lnhalt des Gesetzes, die Reinigung des Herzens vüllig verkennen. V. 27 u. 28. Das secbste Wehe über die Scheinfrümmigkeit der Pbn.risü.er. ,,Wehe euch .... da.B ihr übertünchten Grii.bern gleichct, dio von auBen schün erscheinen, inwendig aber sind sie voll von Todtengebeinen und jeglicher Unreinigkeit. So auch ihr; von auBen zwn1· orscheint ihr den Menschen gerecht, inwendig aber seid ihr voll Heuchelei und Untugend". Die Grü.ber wurden nach rabbiniseher Vorschrift (s. die Stellen bei LigM(. ad 11. l.) jiibrlich n.m 15. Adar mit Kalktünche (xovla) gewei6t, wodurch sie ein schünes .Ansehen bekamen, obwol das Tünchen nicht des Schmuekes wegen geschah, sondern um sie den Vorübergehenden k~ntlich zu machen, da ihre Berührung verunrcinigte, Num.19, 16. - Luk. hat 11, 44 das Bild von den Grl.ibern anders ge-wendet. cpaívaafh oíxaiot ihr seheinet gerecht d. h. ihr sttcht vor Mensehen gerecht zu erscheinen. ávoµía Gesetzlosigkeit, Gesetzwidrigkeit - eine Gesinnung dio den Anforderungen des Gesetzes widerspricbt. V. 29-32. Das siebente Wehe trift die Spitze der pharisüischcn Scheinfrommigkeit, das Bestreben der Pharisiler, sieh gerechtor als ihre Vil.ter (Vorfahren) ztt zcigen. ,,Webe eueh .... daB ihr die Graber der Propbeten bauet und die Denkmiiler der Gerechten schmüeket und spreehet: wenn wir in den .Tagen unserer Vatcr waren, so wii.ren wir wol nicht Genossen derselben :m dem Blute der Propheten. Sonaeh bezeuget ihr euch selbst, daB ihr Solme derer seid, welehe die Propbeten getüdtet habcn". Das Bauen der Prophetengrliber und Schmüeken dcr Grabmü.ler der Gerechten d. i. der Heiligen des A. T. galt als Koil,
(;ou1111,
z. Ev11ngel. Matth.
29
450
:M:n.tth. XXIII, il0-33.
Zeichen besonderer Verehrung derselben. Da aber die Pharisli.er weit entfernt waren, den Wortcn und Lehren der Propheten zu folgen, so war das Schmücken ihrer Grii.ber offenbare IIeuchelei. Diese tritt noch stiirker hervor in den Worten, mit denen sie sich ihres Thuns rühmen: ,,wenn wir in den Tagen unserer Vil.ter wii.ren (nicht: gewesen wii.ren) d. h. wenn wir in der Zeit unserer Vil.ter uns befii.nden, wenn unter uns wie ehedem Propheten auftraten, so würden wil' uns nicht an der VergieBung ihres Blutes beteiligen. Diese heuchlerische Rede wendet Jesus mit bitterer Ironie zu einer schweren Anklage, indem er aus .den Worten Tciiv :aarlQrov ~µrov den SchluB zieht, da6 sie SObne d. i. Geisteskinder j ener Prophetenmürder seien und sich durch die Bezeichnuug ,,unsere ViLter" selbst dieses Zeugnis ausstellen. V. 32. ,,Und ihr (wns euch betrift) so machet voll das MaB eurer Viiter". IJ).'YjQ<ÍJaccrE ist Imperativ, und zwar nicht in permissiver Bedeutung, sondern auft'ordernd das zu thun, was ihre Gesinnung, ihr Streben und Thun zuwege, bringen wird. Das MaB der Vil.ter d. i. die Sündenschuld der Vii.ter - diese sollen sie vollmachen dm·ch die Tüdtung des Sohnes Gottes und seiner Boten. V. 33. Die Rüge schlieBt mit der ihre Herzensbeschaifcnheit rückhaltlos aufdeckenden Anrede und der durch diese Anrede motivirten Drohung ewiger Verdammnis: ,,Ihr Schlangen, Otterngezüchte, wie solt ihr (nach der Verfassung eures Herzens) entflichen dem Gerichte der Hülle?" Ueber revv~µm:a ~xuJvóiv s. zu 3, 7. 12, 34. Diese Bezeichnung ist durch das vorgesezte 8pelr; rhetorisch verstü.rkt. ~ -xQlGtr; Tijr; reifvvr¡r; der Gerichtsspruch, der zur Hülle verurteilt. V. 34-38. Proplietisclie Anlcündigung des Ge1·iclits. Uro den Gcdanken, dafi die Schriftgelehrten und Pharisaer das MaB dcr Sündcn ibrer Vltter voll machen sallen (v. 32), weiter auszuführen, geht Jesus von der Rüge in die Forro einer prophetischen .Ankündigung des Ausgangs ihres widergüttlichen Treibens über. Wie die Rede der gottgesandten Propheten des A. T. oft in die Rede Gottes übergeht, so verkündigt Jesus vermüge seiner güttlichen Würde und persünlichen Einheit mit Gott ihnen die Scndung von Propheten, damit sie durch ibr Verhalten gegen dieselbcn das l\faB der Schuld vollmachen und das Gcricbt über sich und das ganze Volk herbeiziehen. - Diese Verlcündigung hat Luk. in 11, 49 als einon Ausspruch der aorpía f>Eoií cingeflihrt, wodurch mehrere Ausll. sich haben verleiten lassen, diese Vv. für ein Citat nus einer alten WeiBagung (v. Hengel, Adnot. in nonnulla loca N. T. Amsf. 1824 p.1 ss.) oder aus einer verlore:a gegangenen apokryphischeu Schrift, ~ aocpla wií fJ.wií betitelt (Strauss, Bl., Erv.) zu hnlten, w!Lhrend Luk. mit -xal ~ ao
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Matth. XXIII, 34. 35.
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V. 34. Llta wvro deshalb knüpft nicht an v. 33 an: deshalb damiL ihr einer solehen Verdammnis nicht entgehet (11/ey.), sondern nn v. 32, welchem der Gedanke. des 33. V. untergeordnet ist, ohne darum eine sp!Ltere Einschaltung zu sein (wie Weiss glaubt). lóov d:n:oadJ.J.ro stebt wie das prophet. Mf.t:i mit folgendem Participe vou Ereignissen, die nahe bevorstehcn, daher von Luk. snchlich richtig ·durch das Futur a:n:oauJ.o3 (ohne lcroú) wiedergegeben. Auf lro5 liegt der Accent: Iclt der Messias (o XptúTÓ~), der zur Rechtcn Gottes erhoht wird (22, 44), sende zu cuch Propheten und Wcisc und Schriftgelehrte. Jesus mcint die Aposte! und Lehrer des Evangeliums, bezeichnet sie nber, um sie mit den Verkündigern und Lehrem der alttestamentlichen Gottesoffenbarung in Parallele zu stellen, als Proplteten d. i. Vcrkündiger des gottlichen Heilsrathschlusses, und als Weise und Scliriftgelellrte, entsprechend den Lehrern der Chokma und den jüdischen Schriftgelehrten als Auslegem des Wortes Gottes. ,,Von ihnen (diesen Verkündigern und Lehrern des Evangeliums) werdet ihr (etliche) téldten und kreuzigen, und von ihnen {etliche~ in euren Synagogen geiBcln und von Stadt zu Stndt verfolgen". ~g amcüv steht partitiv und '!;'tvá~ ist weggelasson, damit der Nachdrurk auf die Verba falle¡ vgl. Winer Gr. S. 552. Zu aJrOXl"EVlii7:8 ist r.at 07:avoafo81:8 als die hlirtere und schimpflichere Art der TOdtung hinzugefügt. An seine Kreuzigung hat Jesus dabei nicht gedacht; er redet hier ja nur von clem, was seine Boten (Aposte!} crleiden werden. Als geschichtliche Belege für die Tüdtung sind nur die Enthauptung des Jakobus, die Stefoigung des Stephanus, die Kreuzigung des Petrus und die des Symeon eines acfel
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l\:fatth. XXIII, 35.
lich die Ermordung des Uria (Jer. 26, 23) S}JMor fült. Jener von Joas gctüdtete Zacharia war nach 2 Chr. 24, 20 f. cin Sohn des Pricstcrs Jojada, nicht des Barachia. Diese Differenz Hl.Bt sieh nicht durch die Annahme !Osen, daB Jojada auch den Namen Baraehhi. gcführt ha.be, clcnn von diesem zweiten Numen des Hohenpriesters Jojada ist nichts bekant. Wir haben einfoch eiuen lapsus memot·iae oder calami des Evangelisten anzuerkennen, wornaeh er den Vatersnamenjenes Zaeharia mit dem des gleiehnamigen naehexilisehen Propheten Zaeharia, der cin Solm Baeharia's war ( BaoaxJov Zacb. 1, l. LXX), verwechi;elt hat. 1 Von jenem Zaclml'ia (unter Joas) ist 2 Obr. 24, 22 uoeh crwahnt, da6 er die Rache Gottes auf scine Morder herabgerufen habe ( ci·,"\"'I~, nin~ ~"\~), wie eiust das Blut Abels um Rache zum Himmel schrie (Gen. 4, 10). Auch im Talmude wird die Ermordung dieses Zacharia als einer dor grüilten Frevel des jüdisehen Volks beklngt¡ 1) Rein aus der Luft gegtifl'en ist die Anna.hme mehrerer Kehvv., da~ der von Jesu c1·wiihnte Zacharfa der naehexilische Pro~het dieses Namens ode1· der \7atet· Johannes des Tii.ufers gewesen sei, da die Geschichte von cler 'fodtung heider nichi;s weilt - M'e'hr scheint die Annahme fiir sich zu ha.ben, welche nach clem Vo1·gange von Z'Empercw· in cod. talm. illiddot p. 80, Hammond u. Jfrebs, in ueuerer Zeit 11.u_q, Ored11c1· (Einleít. I, 207), G.frü1·., Bam-, l(eim u. Wei.~., vertreten, da~ die Worte sich auf den :M:ord beziehen, wefohen na.ch Jouplt. bell. Jucl. IV, !'i, 4 zu Anfang des jüdischen Krieges die Zeloten au emem Zrczci(líai;, vliw roii Bccpovzov im Tempel verübt ha.ben, wobei H119 u. A. meincn, J esus habe sich pl'ophetisch (oder proleptiseh) im Futur ausgetlrükt, Matth. aber, da zur Zeit der Abfüssung seiries Evang. jener Mord schon geschehen war, den Aorist dafür gesezt. Allcin a.bgesehen davon, da& Bm·uclt und Bamc11ia nicht glciche Namen sind und bei Josep11. auch die Lesart zweifelhaft ist, indem anstatt Brtpovzov die Yarr. BapEií u. BaQear.aiov in Hdschrr. vorkommen, hievon abgesehen wii.re auch die Umsetzunlf des Futurs in den Aorist eine so wesentliche Aenderung cler Worte Jesu, die eincm Evangelisten nieht zuzutrauen ist, und das Fntur im Munde Jesu sehr unpnssend, da Jesus, aueh wonn cr veriai.\gc gottlicher Prascienz die Ermordung jenes Zacha.ria nach der Erobcrung von Gama.la voraus wuCite, doeh unmoglich eine Blutthat, welche jüdische Zeloten erstnaeh 35Jahren verüben würden, seinen Zeitgenossen a.Is eine Schuld vorhaltcn konte. Nun meint zwar Wei.~s S.4\l!) Not.1.: Jesus habe den Va.tersnamen uicht genant uud vloií BctQ«zlov sei ein Zmm.tz des Evnngelisten, um wcrnagend a.uf eine Blutthat seiner Zeit hinzuweisen, wobei ihm eine Verwechslung van Ba.ruch und Barachia i.egegnet sei. Denn clas srpovt;vactu zeige jedenfü.lls, da.Ci cler Evangelist nicht an den vor 500 Jabren getüdteten Propheten denkt, da von einel' Mitschuld der Angeredcton :m don Elutthaten cler Vergangenhcit nirgends die Rede sci noch sein knnu, sondern nur von einer Hiiufung der früheren Blutschuld dureh die eigenen Blutthnten. Dagegen sei cler Ao1·ist gar nicht anstiinig, wenn Jesus a.uf das Gericht über a.lle Bluttba.ten hinausblikt, das ja erst eintrat, uachdem auch diese lezte vollzogen war. Allcin wenn Jesus bei irpovtúam:li an a.lle Morde der Propheten von Abcl an bis a.uf den vor üllO Jabren getodteten Zacharia (2 Chr. 24) gedO:cht hat, wie Wei.•~ ,glcichfa.lls annimt, so ist gar nicht einzusehen, weslia.lb der Evangelist den Aorist f.rpov11Ú<1ccis nicht a.uch gebrauchen konte, da ,ja auch zu seiner Zeit das Gericht e1·st eintrat, naehdem aueh der lczte Mord vollzogen war. Die Umdeutung der Worte Jcsu aber, da~ über euch komme alles vergossene Blut vom Blute des gerechtcn Abel au bis auf das (vor 500 Jabren) vergossene Blut des Zach:nfa, den ibr (unter dem Ki.\nige Joas} zwischen de1n Tempel und dem Al· tare gemordet habt, fo eine ,Hii.ufung der früheren Blutsehulcl du1·ch dio cigcncn Blutthaten' ist exegetische Willkfü· soncler gleiehen.
Ma.ttb. XXIII, 8G. Si.
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s. Li{lltt/. ad !t. l. Die Anrede ¿rpov;,vaa:ce, mit welcher Jesus diesen l\ford seinen Zeitgenossen als Schnld zurechnet, erkli.i.rt sich aus der Idee der Schuldgemeinschaft, wobei das menschliche Geschlecht nls ein lebendiger Organismus gefallt wird, in welchem wie die Sünde und das Bose, so auch das Uebel als Fluch der Sünde und die Strafo des Bosen sich forterbt; vgl. Exod. 20, 5 u. m. Oomm. z. d. St. Angeredet sind zwar noch die Schriftgelehrten und Pharisaer, aber als die geistlichen Führer des Volks, welchc den Geist desselben bestimmen und reprü.sentiren. - Um den Ernst dieser Drohtmg zu verstarken, sezt Jesus v. 36 mit feierlicher Versicherung (aµ1}v Uy(J) iiµtv) hinzu: ,,Kommen wird dies alles über dieses Geschlecht". tísH ist mit Nachdruck voraufgestelt. -r:aiha xávra alle diese Blutthaten in ihren Folgen d. i. die Strafe für allos vergossene unschuldige Blut. 7:1JV yEvEÍw 7:a'V7:1JV diese (die damals lebende). Generation, über welche mit der Zerstornng Jerusalems und des Tempels im romisch-jüdischen Kriego das Gericht über das jüdische Volk erging. V. 37. Mit tiofer Gemütsbewegung wendet sich der Erlose1· schlieBlich an Jerusalem, die Hauptstadt, d. h. deren Bevolkeruug, um ihr nochmals in feierlíchen, Schmerz und Liebe athmenden Worten ihr Widorstreben gegen die güttliche Gnade vorzuhalten und die Entziehung derselben anzukündigen. ,,Jorusalem, Jerusalem, die du tlldtest die Propheten und steinigest die zu dir gesandt sind, wie oft habe ich deine Kinder sammeln wollen, wie eine Ilenne ihre Küchlein sammelt unter ihre Flügel, und ihr habt nicht gewolt". Die Wiederholung der Anrede: Jerusalem bezeichnet schon Eutllym. Zig. als &µrpm:tr.oc; ~lkoc; nls emphatischen Ausdruck des Erbarmens. Die hebr. Form
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Mo.tth. XXIII, 38.
Dennoeh treibt seine Liebe ihn, den beho.rrlich Widerstrebenden noehmnls die sehreekliche11 Folgen des Nichtwollens eindringlich ans llerz zu legen. ,,Siehe - sezt er v. 38 warnend hinzu - gelassen wird euch euer Haus wüste". BQ'YJ,UO<; hat Lckm., weil in BL u. Kopt. fehlend, getilgt, dagegen Tiscl1. 8 o.uf Grund weit überwíegender Zeugen (~C.DXI'Llll al., Ito.l. u. a.) als ecbt verteidigt. Für den Sinn ist es nicht unbedingt notwendig. Denn arpÍEWt .Oµ. ó olr.. ,,überlassen wird euch euer Ho.us" iuvolvirt den Gedanlren: Gott wird seine Obhut und gnadenreiche llilfe euch entziehen, womít die Verwüst~ng oder der Untergang indícirt ist, da Jerusalem nur so lange als Gott inmitten saines Volkes wohnt (Exod. 29, 46), Gewühr fiir ihren Bestand hat. Entziebt Gott der Herr ihr seine Gnadengegenwal't, so fült sie der Yerwüstung oder Zerstürung anheim; wie es zur Zeit der Chaldii.er gcscbehen war, als Ezecbiel im Gesichte die Hi~rrliehkoit des Herrn aus dem Tempel und der Stadt hin wegziellend geschaut hatte (Ez. 10, 18). Diese Herrlichkeit des Herrn war in den nachexilischen Tempel nicht eingezogen, sondern erst in Jesu Christo wieder erschienen (Joh. 1, 14), in welchem Gott zu seinem Volko gekommen ist, um saine Verheifiung, als sein Gott unter ihnen zu wohnen, zu erfüllen und sein Gnadenroich in Hcrrlichkeit aufzurichten. Verwirft nun Jerusalem dm·ch Verschmtthung Jesn seinen Gott und Heiland, so wird auch Gott es vcrlassen und seinem Gescllicke übcrlassen. H(Jr¡,ucx; hat prii.dicative Bedeutung, den Erfolg dei· Entziebung dcr gi.ittlicl1e11 Gnadengegenm~rt deutlich ausdrückend; vgl. ttber diesen proleptischen Gebraueh des Adjectivs f{ülmer II S. 236. Ó olxo~ ist weder cler Tempel (Rieron., Tlleopllyl., Calv., Neander, v.Jiofm. Schriftbew. II, 2 S. 92, Ew. u. A.), denn der Tempcl heiBt nirgends Hans Jerusalems oder Israels, noch das ganze israelitische Gemeinwesen (f{eim) oder Stadt und L:md (de W.), sondern die Hauptstadt des jüdischen Yolkes mit dem Tempel darinnen (Bl., Weiss u. A.). - V. 38 ,,Denn ieh sage euch, nieht werdet ihr mích von jezt an sehen bis ihr sprechet: Gesognet sei der da komt im Namen des Herrn". Begründung der in v. 38 ausgcsprochenen Drohung. Wolten sie sich von Jesu sammeln lassen, so würdc er und mit ihm Gottes Gnadengegenwart bei ihnen bleiben. Da sie aber ilm, ihren Messias und Heiland verwerfen, so wird er von jezt an sich ihnen entzieheu und damit die Gegenwart des Herrn ihres Gottes von ihnen weichen. dx' aQt:t bezieht sich darauf, do..B Jesus rnít dieser Rede sein Wirken im Tempel, sie zu sammeln, aufgibt; nicht auf seinen Tod, denn seinen Jiingern hat er ja sein Wiederkommen zugesagt (vgl. 16, 28). Abar den vom Tode Auferstandenen und Yerkfürten sehen nur diejenigen, welche glü.ubig ihn als Heiland aufnehmen. Die Juden wcrden ihn daher nicht sehen, bis sie ihn mit dem messianischen Willkommrufc Ps. 118, 26 (s. zu 20, 9) als ihren Heiland begrüfien werden. Dies wird aber nicht erst ,bei seiner Parusie in der messinnischen Herrliehkeit geschehen, so da.B die bis zm· Parusie sich entwickelnde Bekehrung ausgeschlossen ware (illey.); denn bei der Wicderkunft Christi zum Gerichte werden die Unglü.ubi.?en Jesu nicht mit
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Ma.tth. XXIII, 39. XXIV.
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dem Huldigungsmfe entgegcn kommen. J esas meint vielmehr sein Wiederkommen im Geiste zur Aufrichtung und Ausbreitung des Himmelreichs durch die Predigt des Evangeliams, indem er vorauswei8 und voraussezt, daB von den Juden, die ihn in seiner Niedrigkeit verwerfcn, nicht wenige teils infolge der AusgieBung des Geistes über die Apostel und der Ausbreitung seiuer Gemeinde, teils infolge des in der nüchsten Zukauft über Jerusalem und das jüdische Volk ergeheuden Strnfgerichts zum Glauben an ihn gelangen und dann ihn im Geíste wiedersehen werden (vgl. Act. 2, 3 7 -41. •!, 4). Dies wird geschehen bis zu ssiner scblieBlichen sicbtbaren Wiederkunft ztm1 Weltgerichte, mit welcher die Gnadenfrist zu Ende gehen wird. Damit ist aber nicht n.usgeschlossen, da.B ein groBer Teil, ja die Mehrzahl der damaligen Generation bci den hereinbrechcndcm Strafgerichten unt.ergcht, ohne Jesum wiedcr zu sehen und als messianischen Konig zu begrüfien. Denn er sagt ihnen ja das Wiederseben nicht uubedingt za, sondern nur unter der Bedingung des Entgegonkommens mit dcm messianischen Huldigungsrufe. .Aber so vicl liegt unzweifelhaft in diesem Worte Christi, daB er nicht das Zagrundegehen der ganzen jüdischen Nation, sondern die Rettung eines Teils derselben als gewiB angenommen hat.
Cap. XXIV u. XXV. \Veissagung Jesu von seiner Wiederkunft, dem W eltencle und dem vVeltgerichte. Nachdem der El'loser mit c. 23, 37-- 39 sein messianisches Wirken im Tcmpel geschlossen, begnb er sich von dort hinweg aus der Stadt auf den Oelberg und verkündigte den auf die Pracht der Tempelgebüude hinweisendcn Jilngern die günzliche Zerstürung dcrselben {v. 1 u. 2). Als er sich sodann auf dem Bcrge nicdergesezt hatte und die Jiinger ihn nach der Zeit, wann dics geschehen werde, und nach dem Zeichen seiner Wiederkunft und dcr Weltvollendung fragten, belehrte er sie in lüngerer prophetisch-parilnctischer Rede über das, was seiner Wiederkunft. voraufgehen und wie dieselbc crfolgen werde. - Diese Rede, wclchc die· Grundlage für alle eschatologischcn Lehren und Erorterungen der Apostcl bildet, triigt na.ch lnhalt und Form den Charakter der prophetiscben WeiBagungen. .Auf dem Grunde der alttestamentlichen Verkündigung von dem To.ge cíes Herrn d. i. von der herrlichen und machtvollen Offcnbarung Jahve's zur Vollendung scines Reicbcs durch das Gcricht über die gottfcindliehe Weltmacht) weifü1.gt Jesus in groBen allgemcinen Zügen die Entwickelung seines Reichs auf Erden bis zu seit1cr glorreichen Wiederkunft in den Wolken des Himmels, um seinc Glüubigen von aller Not und Drangsal dieser Erde zu erlüsen und in das cwigc Leben einzuführen, die Feinde seines Reiches aber zu richten, sie aus scincm Reiche ausznschlie.Bon und der ewigen Pein zu übergeben. Die Rede gibt aber weniger .A.ufschlüssc für das Wissen, als vielmehr Lehren für das Verhalten der Jünger. Auf die Frage: ,,Wann" antwortet Jesus 1. mit einer Vermalmung, das Ende nicht zu früh zu erwarten und sich durcb die bevorstehendell und
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Matth. XXIV.
dem Ende voraufgehenden Ernignisse niebt irre fübren zu lassen (v. 3-1·1); hierauf belehrt er sie 2. wie sie sieh beim Eintreten des Endes verhnlten sollen, um der Anfechtung nicht zu erliegen (v. 15-28) und 3. wie das Eintreten des Endes beschaffen sein uud wann es erfolgen wird (v. 29-35). Daran reiht er 4. dureh Gleichnisso erlü.utcrte Ermahnungcn zur Waehsamkeit, um von seiner Wiederkunft nicht überrascbt zu werden (v. 36- e. 25, 30), und 5. eine Schilderung des jüngsten Gerichts, welches rnit der Wiederkunft des Mensehensohnes in seiner Ilerrlicbkeit verbunden sein wird (25, 31-46). Zu dem Hauptteile dieser Rede (24, 1-35) liefern Mark. in e. i3 und Luk. in c. 21, 5-36 Pnrallelen, welcbe die Hauptgednnken derselben in gleicher .Aufeinanderfolge wiedergeben, nur teilweise orweitert durch Einsebaltung von Gedankenreiben, die bei Matth. schon frülier vorgekommen (vgl. 24, 8 u. 9 mit l\frc. 13, 9. 11. 12 u. Luc. 21, 12-16. 18), üfter a.her verkürzt durch Weglassung einzelner Gedanken (wio 24, 30. 32 bei Mrk. u. Luk.) und grü.Berer Gedankenreiben, wie des Glcichnisses von den zehn Jungfrauen e. 25, 1-12 u. der Schilderung des jüngsten Geriehts (25, 31-46), der Schilderung der groBen Trübsal ( 24, 22-27) uud der Mahnungen 24, 37-51) u. Gleichnisse 25, 13-30, von welchen Luk. das meiste schon in c. 17 u. 19 mitgeteilt hat, so dan er in e. 21, 34-36 nur eiue kurze Warnung vor Sicherheit gibt, wie Mrk. in 13, 33-37; und rnehrfucb im .A.usdrucke geandert, besonders durch Deutung der aus Daruel genommeuen WeiBagung vo11 dem [JóO.vrµa 7:ijt,; lpr¡µcóaErot;; (24, 15) in Luc. 21, 20, wodurch beide Darstellungcn sich als secundar zu erkennen geben, so dan Scltleierm., Neand., Base u. .A.. 11ur bei totnler Verkennung der Eigentürnlichkeitcn der propbetischen Schilderung der Rede bei Luk. den Cbarakter der Ursprtlnglichkeit zusprechen konteu. Del' l'eiche dogma.tisehe Geha.It dieser Rede und die ihl' mit allen Weilla.gungen von der noeh in del' Zukunft bevorstehenden Vollendung des Reiches Gottes eigene Dunkelheit und Sehwierigkeit des riehtigen Verstlindnisses ha.ben a.uner den Commentaren übe1· die Evangelien eine nieht unbetrii.ehtliehe Zahl von Speeia.lerkfürungen hervorgerufen, von welehen aus der neueren Zeit folgende als beaehtenswert Erwahnung verdienen: Hm-. .t1ug. Sclwtt Com111c11tal'ius excgctico-dogmaticus in eo.9 Je.m Cliristi sermones, qui de 1·cditu cJus ad fudiciuni futu1·0 et fudicandi 1n·ovincia ip.ri dc111andata agunt. Jen. 1820. - Eb i·ai·d Di.rsc1·t. adt•. crronea111 nommllon1m opinionem, qua Glwistus CT11·islique aposloli e:i:isti111as.re perl1ibentu1· fore, ut universum judicium ipsol'lmi aetatc supervenirel. Erl. 1842. u. Desselben Wissensch. Krlt. der evang. Gesehichte. 3. A. S. 601-614. - Js. Aug. Dor11c1· De ora· tione Cltristi esclwtologica J.l!altlt. 24, 1-36 (Luc. 21, 5-36. Jllarc. 13, 1-32) as1w1·vata. Stuttg. 1844. - Rud. Hofmann, die Wiederlrunft Christi und dns Zeiehrm des Mensehensohnes. 1850. - Hebai·t, die zweite siehtb. Zukunft Christi. 1850. - Sclw1·er über Jesu Wernagung vom Ende der Welt in d. Stmnburger Beitrr. z. d. tbeol. Wiss. 11 S. 83 ff. - E. J. .Meyer krit. Comment. zu der eseha.tol. Rede lvfaf.th. 24. 25. 1860. Lut11a1·dt, Lehre von den letzten Dingen. Lpz. 18lil. S. S!í ff, - Ilockmann. Bibelstudien. 1I S. 129-186 (die Zei-
Me.tth. XXIV, 1-3.
467
chen u. Zeiten der Zerstürung Jerusn.lems u. des Weltendes nneh der Weil1agung des Herrn Mn.tth. 24). - Atdiei·len in den Theol Studien u. Krit. 1862. S. 213ff. - l'?fleidete1· in den Je.hrbb. f. deutsche Theol. 1868 (XIII¡ S. 184 ff. J(ienlen ebendas. 1860. S. 706 ft'. n. Commcntaire ·'"'' l'apocalypse 1870 p. 1 s.,, - Witticl1en, die Idee des Reiches Gottes 1872. S. 219 :ff. - Wei{fenbaclt cler Wieclerlrunftsgedn.nke Jcsu. 1873. S. 60 ff. - Oola·11i Jé.Yu.~ 0/11·i,,t et les croyance!I messian. de ,,011 temp.,. ed. 2. 1864 p. 204 ss. - J(liefotl1, die Offenbn.rung des Johe.nnes. Erste Abth. Lpz. 1874 S. 10-78. V. 1 u. 2. Der .AnlaB zur folgenden Wei.Bagung, vgl. Mrc. 13, l. 2. Luc. 21, 5. 6. .Als Jesus aus dem Tempel nusgetreten, von demselben fortging, nlimlich über den Kidron zur Stadt hinaus den Oelberg hiuan (s. v. 3), traten seine Jünger zu ihm heran, ihm die Gebii.ude des Tempels zu zeigen d. h. ihn auf die Praeht und Herrliebkeit dieser Gebiiude aufmerksam zu machen. tgEW·rov weist auf c. 23 vgl. 21, 23 zurüek, wobei in Gedanken fa t"OV 1EQOV zu ergil.nzen und das folgende wií frQoii mit ~:iloQe:vi;i-o zu verbinden ist. "rag olxoaoµag wií 1EQoV sind sitmtliche Gebllude des Tempels, nieht blos der überaus ¡irnchtvolle Bau des Tempelhauses (wií vaov), sondern zugleich die ü.uBm·st groBartigen Bauten der Vorhofe mit ihren Hallen. S. die Beschreibung der· selben nach Josephus in m. bibl. .Archliol. §. 28 u. 29. - Auf diese Gebil.ude hinzuweisen wurden die Jünger ohne Zweifel veranlnBt dureh das Drohwort, mit welchem Jesus seine lezte Rede im Tempel (23, 38) gesehlossen hatte. Denn wenn auch ofao~ vµcñv jenes V. nicht den Tempel bezeicbnet, sondern die Stadt Jerusalem, so war doeh mit der Verwüstung Jernsalems implieite die Verüdung des Tempels ausgesprochen. Die Jünger wolten daher Jesum durch .Aufmei·ksammachen a.uf die Herrlicllkeit der Tempelgebii.ude ohne Zweifel zu ciner Erklli· rung über das Sckicksal des Tempels veranlasscn, die cr ihnen in v. 2 auch gnb. Er antwortete: ,,Sehet ihr nicbt dieses nlles? Warlich ich sage euch, nieht wird hier ein Steiu auf dem andern gelassen wcrden, der nicbt niedergerissen werden wird". Der Satz {1U:rcE?:E ist als Frage zu fassen, aber nieht Aeu.Berung des Befremdens, sondern die negntive Frageform nur rhetoriscller Ausdruck lebhafter Bejahung, in dem Sinne: Ja wol seht ibr da herrliehe Bauten. Den Satz mit 1JJey. nis Aussage zu fassen, ist au6erst gezwungen, weil man dann PJ..bmv im Sinne von fl2hcrov pJ.hcEtv nehmen und das auf die siehtbaren Gebaude binweisende wvi-a :;cávw VOll der verhi\ngnisvollen Bewandnis, welche es mit allen diesen Prachtbauten ha.be, denten muB. Das fehlt zwar in DLX, Minusk., Verss. u. Kchvv., wornach F'1·itzsclte, Bg.-C1·., Bl. u. E1v. es weglassen wolten; aber alle übrigen nltcn Codd. bezeugen saine Echtheit, so daB die Weglassung bei den genanten Zeugen nur für A.enderung na.ch Mre. 13, 2 gehalten werden lmnn. V. 3-35. Die Weissagung Christi von seiner Wiederkunft. Vgl. Mrc. 13, 3-31. Luc. 21, 7-33. - V. 3. .Als Jesus aber sich auf dem Oelberge niedergesezt hatte, traten seine Jüngcr zu ihm besonders (xa7:' lcJlcw wie 20, 17) und spracllen: ,,Sage uns, wnnn wird dies gescbeben und was ist das Zeicheu deiner Wiederkunft und Vollendung
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Mntth. XXIV, 4-6.
dcr Wcltzeit?" Nach Mrc. richtetcn die Brüderpaarc, Petrus, Jakobus, Johanncs und Andreas, diese Fraga an Jesum. Sie gingcn dabci von der richtigen Ansicht aus, da6 nicht nur die Zerstürung des Tempcls mit der Wiederkunft Christi in innerem Connex stehe, sondern auch die Parusie Christi und clic avvi-{lmc ?:oii alcüvor,; d. i. der AbschluB oder die Vollendung der laufenden Wcltzeit (vgl. 13, 39 f.) coincidiren. Dahcr fragten sie nach dem Wann (.7rÓ't'6) der Zerstürung des Tempels (-raiira sind die v. 2 genanten ZerstOrungsvorgü.nge) und nach dem Zeichen der Po.rusie und Weltvollendung, d. h. nach dem Zcichen, an welchem man das Bevorstehen der mit der Tempelzerstürung zusammeúhii.ngenden Parusie und Weltvollendung erkeunen ki.inne. Mrk. u. Luk. haben do.her die Frage einfach so formulirt: ,,das Zeichen, wann dies rules sich vollenden (oder geschehen) wird". - Das w. ~ 3WQOVl1Ía die Ankunft, Anwesenheit, bezeichnet von Christo gebraucht (in den Evangelien nur in unserem Cap.) die Ankunft zur Vollendung scines Reichcs, nicht seine Erscheinung auf Erden in Knechtsgestalt, sondern die Erscheinung in der Herrlichlrnit des Sohnes Gottes, welche die Jünger nach den wiederholten Lcidens- und 'I'odcsverkündigungen als feierliche Wicderkunft des Auferstandcnen und gen Himmel Gofü.hrcnen vom Himmel herab (Act 1, 11) erwartcn; vgl. 1 Kor. 15, 23. 1 Thess. 2, 19. V. '1-14. JJie dem Ende voraufgelmulen E1·eignisse. Vgl. Mrc. 13, 5-11. Luc. 21, 8-19. Die Antwort Jcsu geht von der zweiten Fragc aus, von den Zeichen, welche auf die Parusie hindeuten künnen, um die Jünger zu warnen, sich durch solche Ereignisse nicht irrefüllren zu lassen. V. 4 f. ,,Sehet zu, daB euch niemand irreführe. Denn vielc werdeu kommen auf Grund meines Namens sprechend: Ieh bin der Christ, und wcrden viole irreführen". Zu fal uf) &vóµarl µov vgt 18, 5. Auf Grund meines Nnmens d. h. rnit dern Vorgeben der Messias zu sein ihr .Auftreten begründend. Geschichtlich ist das Auftreten falscher Mcssiasse vor der Zerstürung Jerusalems, nicht nachzuwciscn. Denn Simon der Magier (Act. 8, 9), Thcudns (Act. 5, 36), der Aegypter (Act. 21, 38), Menandcr und Dosithcus, auf die man hingewieson hat (Tlieop/lyl., Eutllym., Grot., Calov., Beng.), gnben sich nicht für den Mcssias aus. Erst Barkochba unter Hadrian trat als l\lessias auf¡ vgl. Jos . .Antt. X.X; 5, 1 u. 8, 6. bel!. jud. JI, 13, 5. Schon diese Warnung greift also über die Zcit der Zerstürung Jerusa.lems hinaus in spü.tere Zeiten der Vcrfilhrung der Glü.ubigen. - V. ,6. Auch werden Yülkererschütterungen eintretcn. ,,Ihr wcrdet hüren von Kriegen und Kriegsgcrüchten''. µt;J..ltjl11i7:'fi dxovew es steht euch bevor zu büren, ihr werdet hüren müssen. :;r.ollµovr,; von Kriegen in best.imter Kundo, nicht ausschlicBlich in der Nü.hc; dxoai; :;r.oUµrov Gerüchte von angeblichen oder wirklichen Kriegcn. Die Pluralc verbieten, diese W ortc auf die Kriege einzuschr!Lnken, welche dem rümisch-jüdischen Kriegc unter Vespnsian voraufgingen. t Luk. hat noch xal. a:JEOII?:aalai; Auf1 J Auch de TVetle bemerld: ,l\Ia.n ka.nn diese Kriege ebenfalls nicht vor dor Zerstorung J orusalems naclnveisen; denn was Wetst. anführt: der Kricg der
Ma.tth. XXIV, 7. S.
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stil.nde, Empürungen hinzugefilgt und dadurch den Gedanken erwoitert. ,,Sehet zu, erschrecket nicht (ÓQa'Z'B µ~ fJ(IOEiúO·r-.); denn es muG alles geschehen¡ aber noch ist das Ende nicht da". llávm vor rEVfúfJm fohlt in :t.CJJL al. und ist deshalb von Lclim. u. Tisclt. 8 getilgt; ist abe1· vielleicht nur weggelassen worden, weil es bei Mark. fehlt und zu unbestimt erschien. Wl.tre es spll.ter zugesezt, so solte man ?:avra (Luk.) oder ?:aÜ"ra ;;r&i11:a erwarten. llá1n:a ist alles was dann geschieht, nicht speciell das von den Kriegen Gesagte (Dfey.). Der Nachdruck liegt auf dem Ósl. Das Eintreten solcher Ereignisse ist gottliche Fügung, in der gottlichen Weltordnung begrli.ndet. Aber noch ist mit diesen Ereignissen das Ende nicht da. ·cfJ.or; lmnn in diesem Znsammenhange (vgl. auch v. 14) nur die avvdlsta ?:Ov cdwvoc;; (v. 3) sein. Willkürlich erganzt 1Jley. aus v.S cóólvwv, ,das Ende der dolores JJiessiae, das Ende der in Rede stehcnden Drangsale, welches die Verheerung des Tempels und das darnn geknüpfte Verderben des Landes ist.' - V. 7. Denn es werden noch furchtbarere Erschfltterungen in der Vülkerwelt eintreten {ycé(J begruudet das oiJ;;rw sar2v To ·rí:J.or;). ,,Es wird sich erheben Volk wider Volk und Konigreich widcr Konigreich, und es werden Hungersnote, Seuchen und Erdbeben sein Ort für Ort". DaG diese Schilderung nicht auf die Zeiten vor der ZerstOrung Jerusalems durch dio Romer pa.Bt, würde zn bemet·ken ttber:fl.üssig sein, wenn nicht noch 11fey. u. f{ostl. versucht hli.tten, sie darauf zu bcziehen, wobei zwar lJley. anerkent, dnB die Partherkriege und die 10 Jahre spateren Aufst1~nde iu Gallien und Spanien fo kei11er Beziehung zu Jerusalem und Judaa standen, und auch die Hungersnote und Erdboben nicht durch specielle Beziehung auf die Hungersnot unter Claudius {Act. 11, 28) und auf vereinzelte nnd fcrneren Lündern angehürige Erdbeben, welche geschichtlich beknnt sind (wie das der Kolossischen Gegend, Oros. J1ist. 7, 7. Ta cit. Annal. xn~ 27 und das von Pompeji) einzuengen seien; dennoch nber versichert, daG ,dies cine mit prophetischen Farben (Jes. 19, 2) gegebene Darstellung der immcr steigenden kriegerischen Ausbrflche sei, welche in der langen Gtihrung vor dem lezten Drama des jüdischen Kriegs der Zerstürung Jerusa.lems vorangingen, sowie der N atur- Calamitaten, von denen sic begloitet waren'. Aber hat denn die lange Gührnng, welche im ]üdischen Volke dem Drama des romischen Kriegs voraufging, Emporungen von Vólkern gegen Vülker und Konigreichen wider einander, und Erdbeben Ort für Ort veranlafit oder hervorgernfen? Joseplms, auf welchcn ¡JJey. sich beruft, wei.B davon nichts zu erzUhlen. /{ai lotflOÍ fehlt in N.BJ)E• al., wird aber durch CE2I'iJll al. bezeugt, und ist in jenen Codd. wol nur
To
Juden unter Asiui\us uud Alinaus mit den Parthern in Mesopotamien (J oscp11. Anti. XVlll, 9, 1./f.), die Kriege der Pa.rther mit den Romern ( 7'a cit. Annal. X:l r, 13 :ff. Xlll, 6 f'. XI V, 23), die Kriegserklii.rung der Parther gegen den Künig Iza.tes von Adiabene (Jo.~ e p 11. Antt. XX, 3, 3) und der unternommene Zug des Vitellius gegen den lGinig Aretns (Joscpl1 • .Antt. XVIII, 5, 3): dns alles entsprieht durehaus nieht der Beschreibung v. 7, womach es sehr bedeutende Vülkerkriege sind '.
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Matth. XXIV, 9.
per ltomoioteleuton ausgefnllcn, und nicht aus Luc. v. 11 in uusern Text eingetragen. xm:a -.ÓJrov~ ist nicht blos auf tJEtúµoí, sondcrn zugleich auf J.tµo't xal J.otµol mit zu beziehen und besagt, daB von den genanten Calamitaten die einen da, die anderen dort eintreten, nicht: ,von einer Gegend zur ander11 fortrückend' (iJley.). - Y. 8. ,,Alles dieses ist aber Anfang von Wehen". Der bíldliche Ausdruck roÓlvE~ bezeichnet nicht im allgemeinen Bedrangnisse und Trübsale, wie Kriege und andere Calamitaten sie mit sich führen, sondern Geburtswehcn d. h. solche Drangsale und Leiden, aus welchen nenes Leben gebor~n wird, cine Neugestaltung der Dinge hervorgeht. Der Ausdruck ªQl.}J roÓÍVOJV ruht auf den prophetischen Stellen Hos. 13, J 3. Mich. 4, 9 f. Jes. 26, 17. 66, 8. Jer. 22, 23 uncl befa.Bt die Erschütterungen und Drangsale, durch welche die widergüttliche l\lenschheit und die Gemeinde Gottes, jede in ihrer Art, gesichtet und gelil.utert wcrden, damit die Wiedergeburt der Welt und Menschheit (1) :;ralwrweaía s. zu 19, 28) zu Stande komme und das Reich Gottes vollendet werde. 1 Y. 9-13. Den Erschütterungen in der Vülkerwelt werden schwere Verfolgungen der Bekenner Christi folgen und dcm Ende voraufgehen. Y. 9. ,,Alsdann werden sie euch überantworten in Trübsal und euch todten, und ihr werdet geha6t werden von allen Vülkern um meiMs Namens willen". Mit -.óre alsdann werden die Drangsale, welehe über die Cbristen hereinbreehen, ill zeitlichcn Conuex mit den Kriegen, Empürungen und anderen Welterscbütterungen gesezt¡ nicht blos als erst naeh denselben eintrctend, sondern zum Teil wenigstens ihnen zur Seite gehend. Mark. hat dieselben mit {:JU:;rers üi: 'Óµr:ir; ~avr. als Warnung eingeführt und damit die Absicht der Erwi.1.huung, sich dadurch im Glauben nicht irre machen zu lassen, angedeutet. Auff'.Llliger erscheint die Einführung der beginnenden Verfolgungen bei Luc. v. 12 mit :JCQO ó8 'iotÍrwv Jtáimvv, wornach die Verfolgung der Jünger vor jenen Welterschütterungen eintreten soll. Aber der scheinbare Widerspruch lüst sich, sobald man nur das Jtc(vrrov v. 12 und die Hinzu1) Die ziemlieh verbreitete Meinung, dan Jesus mit &@x~ cMi11rov auf die rabbinische Lehre von den n•Ul~n •!:>:in M1:ssia.,tcel1cn Bezug genommcn (vgl.
Be1·tlwldt, Clll'istol. Judaeo1-. p. -i8: ljtlam denomfoationem ,7cnn ad aetattni Jesu pcrti1missc .facile pritai·e p<1sse,q) fü8t sieh historisch nicht erweisen. Die Spuren des nnhenclen Messias (~n"1!Ír.l ri::ip::i), wie sie in Mi.qchn. Sota IX, 1:; aufgeführt 1verden (s. die Stelle in deutscher Uebersetzung von Oel1le1· in Her::.'s Realencykl. IX, 436 u. in Scl1ü.1·e1·s Neutest. Ztgesch. S. 680. Not. 1) siml nicht
ala M'l\!l'l.)M ..;::in bezeiehnet, ebenso wen.ig die das drohende Unheil :mküudigenden Vorzeichen in den von Schiil"er S. 579 f. citil'ten Stellen der Orae. Sib1Jll., des 4. B. Esr, B. der Jubil., .Apocal. Bar. u. a.). Diese Bezeichnung komt érst vor als dictum cines nach dcr Mitte des 2. Jahrh.j'· 0111·. lebendeu Rabbi in babyl. talm. Sanhed1·.j'. 98h u. talni. tr. &l1abb.fol. 18a und zwar in dcr Form M"Wtl ;u; 'i:.::in ,der Schmerz, das Leiden der Messiaszeit, die (nach der Erldnrung von Le1']J, neuhebr. u. chald. Wiirterb. II S. 5) 9 Monate dauern soll und die 0.em Geb!íren eines Weibes ve1·glichen wird. Vgl. aueh 1Juxto1j' Lcx. talmud. p. 700. Alle übrigen, gewi.ihnlieh citirten Stellcn aus rnbbinischen Sehriften; gcsammelt von Schüttgen, lwme l1cbr. et talili. II, 5U9 ss. fiJ(J ss., strunmon aus noch spnte1·en Zeiten.
Matth. XXIV, 111-14.
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fügung der rpó[J1rr:Qa xal ar¡µEía dx' ovQavov µs¡áJ.a bei Luk. v. 11 beachtet. Da Luk., um sofort alle der Parusie des l\Ienschensohnes voraufgehenden Zeichen zu nennen, schon hier die gro.Ben Himmelszeichen erwahnt hat, die nach Mtth. dem Ende unmittelbar voraufgehen, so war JCQO TOV'l':WV ;;uh•wJv notwendig, um dem MiBversW.ndnisse vorzubcugen, als ob alle jene Erscheinuugen vor der Verfolgung der Jünger eintrcten solten. - Augeredet sind in vµici; und vµEli; uicht blos die .Aposte!, sondern die Jünge1· Christi insgemein, alle Glaubigen. Die Schilderung ist rhetorisch allgemcin gehalten und weder das ;;ra(>aowaovaiv uoch das cl:;ror.'l:l:'1Jovaw auf alle einzelnen Christeu o.uszudehnen. Haw&t: µwovµevot ihr werdet gehaBte sein - von o.llen Vülkem. Dies sczt die Ausbreitung des Christentums unter allen Vülkem vora.us. Denn auf die Neronische Verfolgung künnen diese Wortc selbstverstlindlich nicht bezogen wcrden. úca 7:0 ó11oµá ~wv wie 10, 22. Mark. u. Luk. haben diesen Gedanken specieller ausgefüh1·t, in der Weise wie nach Matth. 10, 17-22 Jesus seinen Jüngern die Verfolgung vonseiten der Welt vorausgesagt hat. - V. 10. Der HaB vonseiten der Welt wil'd violen Christen zum AnstoB und zuro Falle gereichen, daB sie am Glauben irre werdcm (axavóa2lbEtJ0·at wie 13, 21 gebraucht) und einander überantworten tind hassen werden. Nii.mlich dio vom Glauben Abgcfallenen wcrden so gegen die Treugebliebenen , ihre frliheren Glaubensgenossen verfahren. - V. 11. Der .Abfall vom Glauben wird ,·ermehrt durch viele falsche Propheten, d. h. Irrlehrer, welche innerhalb der Gcmeindcn aufstehcn, sich fiir Propheten ausgebon und durch Lehre und Wandel Vielc ir1·cführen. Vgl. die Warnung vor solchen falschen Prophctcn 1 Tim. 4, 1 ff. 2 Pcti·. 2, 1 ff. - V. 12. M:it der Verleugnung des Glaubens und der Verbreitung falschor Lebrcn wird dio Unsittlichkeit um sich grcifeu und die Liebe Vieler erkn.ltcn. 1¡ dvoµla die Gcsetzlosigkeit ist. Zuchtlosigkeit und Unsittlichkeit, freche Auflehnung gegcn das Gesetz, den gottlichen Willcn, in Lebon und Wandel. Diese sittliche Vcrwilderung wirkt Erkalten der Licbe, Lieblosigkeit und Egoismus. 'l:mv ;;io2J.o)v dcr Vielen
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l\fotth. XXIV, 15.
darf in diesem Zusammenhange, wo vo11 allen VOlkern die Rede ist (vgl. v. 9), eben so wcnig wie in 28, 19 a.uf den Umfang des rümischen Reichs beschrü.nkt, sondern muB von der ganzen bewohnten Erde verstanden werden. %Vt'O -ro svayyt!lwv Vjc; f)aa. ist nicht die bestimte Verkündigung, daB das Ende, die Parusie und damit das Herrlichkeitsreich nahe gekommen sei (lílie{.). Zu d.ieser Beschrankung des Begriffs der {3aatlsla auf das Reich der He1Tlichkeit liegt ein Grund nicht vor, wie in Betreff des evay. 7:ijr; {3aótl. aus 4, 23 u. 9, 35 nnd hinsicbtlich des 'Z'OU'l'O aus 26, 13 zu ersehen ist. wmo 'l'O Evay. 7:. f)arJ. ist el.as Ev1mgelium vom Reiche, von dessen Vollendung Jesus eben handelt. dr; µacn:VQWV wie 10, 18, daB allcn Vülkern Zeugnis von dem in Christo crschienenen Heil gegeben werde, damit sie sich fiir oder wider Christum entscheiden konnen, und fülls sie ihn nicht aufnebmen, am Tage des Gerichts keine Entschuldigung ha.ben. -ro ?:é..1.or; ist das Weltende wie in v. 6, nicht das Ende der D1•angsale (1}/ey.). Zu beachten ist ~su das Ende tvit·d kommen, wird also nicht eo ipso bereits da sein. Das Ende selbst hat einen gesehichtlichen Verla.uf. Es hebt an mit den v. 15-28 erwii.hnten El'eignissen, gipfelt in der sichtbaren Wiederlmnft des Herrn (v. 29-35) und erreicht seinen AbschluB mit dem jüngsten Gerichte (25, 31-46). V. 15-35. Ueber das Verlzalten de1· Jünge1· beim Einl1·eten des Endes. Nachdem Jesus seinen Jüngern das Nütige über die dem Ende vorhergehenden Ereignisse eroffnet hat, damit sie dasselbe sich nicht zu na.be denken und es zu einer Zeit erwarten mücbten, wo es nach der Ordnung des Reiches Gottes noch nicht eintreten kann, belehrt er sic nun weiter darüber, wie und wann es kommen werde und wie sie sich dabei zu verhalten ha.ben. Kommen wird dn.s Ende, wenn der durch Daniel geweiBagte Greuel derVerwüstungoffen hervortreten wird (v.15). Beim Eintreten dieses Factums sollen sie sich del' Gefahr für ihre Seelen entzieben (v. 16-20); den.n dasselbo werde nicht nur für die gnnze Welt eine Zeit nuBerster Trübsal (v. 21 u. 22), sondem auch für die Seinen eine Zeit schwerer Verführung bringen, durch das Auftretcn falscher Messiasse, durch die sie sicb nicht verführen lassen sollen (v. 23-28). Vgl. Mrc. 13, 14-23. Luc. 21, 20-2,!. V. 15. Wenn ihr nun sehen werdet den Greuel der Verwüstung, von welchem durch den Propheten Daniel geredet ist, stehen an heiliger Stü.tte, wer es liest, verstehe es, alsdann... Oi5v ist nicht reassumirend, den Hauptgedanken oder die Frage der Jünger nach dem Wann wiederaufnehmend, sondern knüpft an den Satz: dann wird das Endo kommen, an, um ihn weiter zu entwickeln und fortzuführen. Jesos sezt bei diesen Worten als den Jüngern aus dem .A. Test. bekant voraus, da.B das Eintreten des Endes mit einer Verwüstung der heiligen Stiitto anheben wird, und verweist auf die Wei.Bagung Daniels von dem {JOéJ.v¡~ta 't'~c; lrp¡µafoEroc;, mit deren Erfüllung das Ende komme11 werdc. {JóEl. vjc; lcn¡µ. ist Uebersetzung des hebr. c~iLi:; y~tjlJ und komt sowol Dan. 11, 31u.12, 11 vor, als auch Dan. 9, 27, wo ="~~f'~ ~~:i¡-~:2 l:l'fliD'1 in LXX u. von Tlieod. r.at l.nl. lsc>ov [Jóélvyµa iQ1¡µroaerov
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}fatth. XXI V, 15.
463
übersezt ist. Der Ausdruck bedeutct Grcuel oder Scheusal der Vcrwüstung d. i. cin Gegenstand des Abscheues, der entweder ven Verwüstung herrührt oder Verwüstung anrichtet und darstelt. So wird dann 1 Makk. 1, 511 u. 7, 6 der Gützenaltar genant, welchen Antiochus Epiphanes auf den Brnndopferaltar des Tempels zu Jerusalem aufsetzen lieB, um diesen Frevel des heidnischen Künigs nn dem Heiligtume des Herrn als eine Erfüllung der von Daniel in c. 11, 31 u. 12, 11 geweiBagtcm Verwüstung des Tempcls Gottes darzustellen; s. m. Comm. zu 1 Makk. 1, 54. Damit ist aber noch nicht erkliLrt, was Christus unter -ro {3oiJ.. -r:~i; l(!r¡µ. verstanden hat. Auch ist unter den Ausll. noch streitig, ob er die Stelle Dan. 9, 27, wie meist angenommen wird, oder die c. 11, 31 u. 12, 11 im Auge hatte. Die Bezugnahme auf 9, 27 hat noch Hngstb., Christolog. III, 1, S. 116 f. vgl. mit Beitrr. z. Einl. in d. A. T. I S. 263 ff. als allein richtig zu verteidigen gesucht, hauptsachlich aus dem Grunde, wcil Dan. 11 u. 12 da.mals allgemein als schon in der Zeit der Makkabií.er in Erfüllung gegangen betraehtet, dagegen die Erft\Ilung von c. 9 in die Zukunft gesezt worden sei. Aber damit ist nicht bewiesen, daS diese gangbare jüdische Au:ffassung der Wei.Bngung Daniels auch von Ohristo für richtig gehaltcn und geteilt wurde. Ohristus kann sowol Dan. 9 als Dan. 11 u. 12 tiefcr und richtiger gefo.Rt haben als die jüdischen Schriftgelehrten, da dcr Vollgehalt weder von Dan. 9, 24-27 durch die rümische Zerstorung Jerusn.lems, noch der von Dan. 11 u. 12 durch die Frevel des Antiochus Epiph. am Tempel und jüdischen Gottesdicnste erschüpfend realisirt worden. Noch weniger laBt sich aus der Adhortntion 6 dvaytvo5axrov voefrw erwcisen, daS Jesus Dan. 9, 27 nicht c. 11 u. 12 im Auge hattc, da diese I\>fabnung nicht aus Dan 9, 23 u. 25 entnommen ist¡ vgl. m. Oomm. zu Dan. S. 308. Positiv aber spricht gegen die Beziehung dcr Worte des llerrn auf Dan. 9, 27 erstlich der Umstand, daB dort im hebr: Texte - und Jesus hnt jedenfalls mit seincn Jüngern hebrli.iseh (aramfiisch) geredet - vom Stellen odcr Aufrichten cines Seheusals der Verwüstung im Tempel nicht die Rede ist, das txl -ro ItQÓV der LXX nur dureh falsche Deutung des ;:i~:i,i !>=!! eingetragen ist und die betreffenden hebr. Worte nur den Sinu háben: daB ein Verwüster auf Greuelflügeln komt (s. m. Comm. zu Dan. 9, 27), wilhrend der Wortlaut in Dan. 11, 31: ,sie entweihen das Heiligtum ... sehaffen das bestli.ndige Opfer ab und stellen den Verwüstungsgreuel auf: ganz dem Worte des Herrn, daS das fJó{J.urtw -r:. lQr¡¡t. an heiliger Sttitte stehe {forói;) eutspricht. Soda.un lü.Pt sich auch in der Beschreibung der B·J..ltpti; wqáJ.1¡ v. 21 die Anlehnung an Dan. 12, 1 nicht verkennen. Aus diesen Griinden konnen wir imr mit v. Hofm., /{/le(. u. A. aunehmen, da.B der E1·lüser bci -ro flóeJ.. 't'. lor¡¡t. die WeiBagung Dan. 11, 31 vgl. mit 12, 1 im Sinne hatte. Das Neutrum foTóc;, wie nach 'l!.B• JJ 2FG1WL al. zu lesen, ist aus ~autóc; coutrahirt und solte eigentlich Sa7:rot; lauten, findet sich aber in den besten Hdsehrr. der Clnssiker gewohulich forór; geschl'ieben; vgl. J{ü/mer I S. 677. b.• rÓ.mp &:¡ícp auf heiliger SW.tte el. i. weder die von den Rümern umzingclte heil. Stadt, Jernsalcm
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!fatth. XXIV, 15. 16.
(Bng.), sondern die Tempelstiitte (l:i~i?~l'2 Dan. 11, 31). Eine nii.bere Bestimmung des {Jcfol. 7:. /;Qr¡µ. gibt der Erloser nicht; und aus der nii.chsten Erfüllung, welehe diese WeiBagung Daniels unter Antiochus Epiph. erhalten hat, Hi.Bt sich nieht ohne weiteres schlieBen, daB die in der Zukunft bevorstehendo weitere und schlieBliche Erfüllung in derselben Forro und Modalitii.t, wie jene erste vorli.Lufige, sich vollziehon wird. Der Gedanke, welchen der Erlüser ausspricht, lü.Bt sich nur ,soweit bestimmen, daB nach den in v. 4-14 e1·wü.bnten Welterschütterungen das Ende mit einer Verwüstung des Heiligtums, wie Daniel gewei6agt hat, anheben wird. Die nli.here Bestimmung dieser Verwüstung hii.ngt mit der Frage über die gesehichtliche Verwirklichung oder Erfüllung der ga.nzen Weifiagung Christi zusammen, worauf wir erst spü.ter eingehen wollen. Die Worte: Ó di•arwofor.rov l'OEÍ'l"ro wer es (diesen .Ausspruch Daniels) liest, verstehe es d. h. suche in den Sinn desselben einzudringen, um an oder bei der Erfüllung jenerWeiBagung das Kommen des Weltendes zu erkennen uud sei11e Seele zu retten, enthaltcn eine Bemerkung Christi, nicht eine Einschaltuug des Evangelisten, wie man daraus geschlossen hat, da.B diese Ermahnung auch bei Mark. steht, wo doch die Himveisung auf die Wei.Baguug Daniels fehlt. Denn diese Adhortation entspricht der in Jesu Reden sonst vorkommenden Mahnung 1Jxrov ah-a dr.ovfrm 11, 15. 13, 8, mit welcher der Herr zur Erwligung und Beherzigung seiner Worte auffordcrt, wobei dvcqtvwa¡¡;uv in der im N. Test. gewühnlichen Bedeutung lesen zu nehmcn ist, da er llier nicht seine Worte, sondern die in Schrift gefü.Bte Wei6agung Daniels, den Jüngern zur Beachtung empfiehlt. Bei Mark. freilich kann diese Adhortation nicht a.uf die WeiBagung Daniels, sondern nur auf die von ihm gebrauchten Worte -ro {JáiL -rij~ l(p¡µ. bezogen werden, indem Mark. die mit der Rede Jesu ttberlieferte Mahnung in sein Evangelium aufgenommen hat, uro die Wiehtigkeit des rechten Verstll.ndnisses der W orte des Herrn den Lesern seines Evangeliums bemcrklich zu machen. - Lukas v. 21 hat statt des {Jóel. -rij~ ~Qr¡µro óEro~ die Umzingelung Jerusaleros von einem Heere erwü.hnt. Auf diese Abweichung werden wir sp!iter zurükkommen. V. 16. Wcnn das {JoO..vrµa 7:. lQ. an heiliger Stiitte sichtbar wird, dann sollen die Jünger durch schlcunige Flucht ihre Seelen vor dem Verderben retten. Diesen Gedankcn individualisirt Jesus in drei Sii.tzen v. 16-18. Die in Judlia Befindlichen sollen auf ,die Berge fliehen. Judiia steht nicht im Gegensatz zu Jerusalem mit seiner heiligen SUttte (lJfey.), sondern die Landschaft schlie.Bt die Hauptstadt in sieh; vgl. Luc. 21, 21, wo trozdem, daB eine Umzingelung Jerusalems genant ist, doeh sowol die in der Stadt Jerusalem als die auf den Lari.dgütern Befindlichen zur Flucht aufgefordert werden, also troz der Einschlie.Bung der Stadt doch die Flucht aus derselben als m6glich gedaeht ist. Die Bcrge sind genant als Orte, welche sehwer zngü.nglkhe und darum sichere Zufiuchtsstü.tten gewiíhren. An die jenseit des Jordan liegendon
o
Matth. XXIV, 17-24.
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Dergc zu denken (Weiss u. A.), ist willkürliche Eintragung. V. 17 f. Um schleunigst zu entfliehen, soll der auf dem platten Dache des Ha uses l3efiudliche nicbt ins Hans hinabsteigen, um aus dem Hause etwas mitzunehmen; der auf dem Acker Befindliche sich nicht zurückwenden, um das Oberkleid, das er bei der Arbeit abgelegt ha.tte, zu be ?:~<; olxíccr; mJrov ist eine im Griechischen nicht seltene holen. Attraction für -de lv ?:fj olr.l~ 8" njc; olxlar;, vgl. Wine1· S. 584. V. 19. Da nur die schleunigste Flucht Rettung gewii.11ren kann, so sind die Schwangeren uud Sü.ugerinnen zu beklagen, denen nicht zu beseitigende Verh!i.ltnisse eiliges Fliehen erschweren. - V. 20. Aus dem angegebenen Grunde sollen die Christen baten, do8 ihre Flucht nicht in die Winterszeit, wo Wege und Wetter, oder auf den Sabbat falle, wo die gebotene Sabbatruhe schnellem Entfliehen Hindernisse be1·eiten. Ganz ungehOrig ist hiebei die Frage, oh Jesus seinen Jüngern die strenge Befolgung der Sabbatruhe ha.be vorschreiben wollen. Der Sabbat ist nur als ein na.ch alttestamentlicher Anschauung in Betrncht kommendes Hindernis eiliger Flueht genant. - Die Dringlichkeit der Flucht wil'd v. 21 u. 22 begründet durch die beispiellose GroBe der Drangsal jener Tage. Diese beschreibt Jesus im Anschlusse an Dan. 12, 1 als eine fHÍtpl~ :11:¡áJ.t¡, wie sie nicht gekommen ist vom Anfa.nge der Schüpfung bis jr:zt und nicbt eintreten wird se. bis diese lezte komt. V. 22. Und wü.rcn jene 1'age nicht gekürzt worden (namlich durch Gottcs RathscbluB Mrc. 13, 20), so würde kein Fleisch (d. h. keiu sterblicher l\fonsch) gerettet werden. Aber um der .Auserwahfüm willen werden jeno Tage ge1."iirzt werden. Die Kürzung der Tage ist natürlich nicht o.Is Abkürzung der Tagesll1ngen (Fritzsclle) zu denken, sondern eine Verkürzung der Zeitdauer der f>litpu; durch Verminderung der Zahl der Tage. liaCÓ{)'TJ nicht blos von Lebensrettung, sondern Rettung der Seele von dem Verclerben, wie der Gegensatz ,um der Auserwii.hlten willen' zeigt. ol lxli:r.7:ol nicht die zum Messiasreiche Auserkorenen, sondern die zur Seligkeit im vollendetcn Reichc Gottes Erwiiblten, wie 22, 14, s. d. Erkl. j. St. V. 23-27. Die unerhOrte GrüBe der Trübsal wird die Sehnsucht no.ch Erlüsung durch das Erscheineu eles verheiBenen Messfo.s derma6on steigern, daB Gerüchte von seiner Erscheinung auftauchen uncl unlautere Geister die aufgeregte Stimmung der Christen benutzen werden, sich für den Messias auszugeben und die Glllubigen zu verführen. Auf diese Weise schlieBt sich die nochmalige Warnung vor falschen Messio.sscn und falschen Propheten an die Schilderung der Drangsal an. V. 23. ,,Alsdann wenn jemand euch sagcn wirll: siche hier ist der Christus oder da, so glaubet es nicht". Nicht glauben sollen sie solchen Reden, weil (v. 24) falsche Messiasse und Pseudoprophetcn auftrcten werden. Dies sind andero als clie v. 5 u. 11 erwii.hnten. Das Auftreten solcher Irrgeister wird sich wiederholen und mit der steigenden Drangsal vermehren. In der steigenden Drangsal entfesselt sich immer mehr die Macht des Bosen, so dafi der dü.monische EinfluB der Lügengeister auf die der Lüge Gehor gebenden Menschen immcr stü.rker
Ta
l{ e il,
Comm. z. Evnugel. ?ifattb.
30
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Matth XXIV, 25 2!1.
wird. ,,Und sie werden gro.Be Zeichen und Wunder thmi, da.B verführet würden wo müglich 11ogar die Auserwahlten''. Diese Zeichen uud Wunder sind diabolischer Natur, durch Krü.fte des Sa.tans gewirkt (2 Thess. 2, 9). - V. 25 f. Dies sagt der Herr seinen Jüngern voraus, damit sie sich durch die Lügengeister nicht vorführen lassen, und den Gerü.chten, der Messias sei erschienen, in der Wüste, wie Johannes der Taufer, oder in den Kammern d. h. in der Verborgenheit, noch nicht in die Oeffentlichkeit herausgetreten, keinen Glauben schenken. - V. 27. Solche Gerttchte verdienen aber keinen Glauben, weil die Wiederkunft des Menschensohnes nicht in diesem oder jenem Winkel der Erde, ºsondern allenthalben auf der ganzen Erde sichtbar erfolgen wird. ,,Denn gleichwie der Blitz ausgeht vom Aufgange und scheinet bis zum Niedergange, also wird die Zukunft des Menschensohnes sein". Mit dcm Blitze wird d'e Parusie Christi verglichen, nicht um die Plützlichkeit oder die erschiitternde Vehemenz dcrselben anzudeuten - diese Seite der Betrachtung liegt hior fern - , sondern um die allgemeine über die ganze Erde von einem Ende bis zum andern warnehmbare Sichtbnrkeit derselben auszudrücken. - V. 28. Diese begründet der Herr mit der spl'ichwortlichen Sent.enz: ,,Wo immer das Aas ist, da werden sich die Adiar sammeln". Das ráQ hinter oxov ha.ben Lclim. u. Tisch. 8 nach tt-BDL al. getilgt. Bei einer so allgemeinen Sentenz, deren Zusammenhang an sich klar ist, kann es fehlen, ohne da.B dndurch die logische Verbindung unklar wird. Ol aE'r:ol sind die von den Alten zuro Adlergeschlechte gerechneten Aasgeier. Der Menschensohn komt, um durch das Gericht über die Welt sein Reich zu vollenden. Saine Erscheinung wird da.her nicht auf diesen oder jenen Ort beschrü.nkt sein, sondern allenthalben erfolgen, wo die Welt für das Gericht reff geworden. Das A.as ist Bild des Erstorbenseins des religios-sittlichcn Lebens, des geistig Todten. Die Geier siud Bild der Gerichtsvollstrecker, die das Faulgewordene wegschaffen, nicht Bild der Strafengel, wie man aus der Vergleichung mit 13, 41 geschlossen hat. Denn dort ist die Darstellung eine andere, das Gericht als Ernte geschildert. Die sprichwürtliche Sentenz \'Om Aase und den dnsselbe verzehrendon Geiern drükt nur den Gedanken aus: wo die Welt für das Gericht reif geworden, da wird auch das Gericht so gewiil eintreten, nis wio nm einen gefallenen Cadaver (1t-r:roµa) die Geier sich einfinden. Abzuwoisen sind daher alle speciellen Deutungen, wie dal3 J crusalem oder dio. Juden das Aas seien, und unter den Adlern entwcdcr die rümischen Legionen mit ihren Feldzeichen (Adlern), wie Liglttf., Cter. Wolf u. A.. meinten, oder der Messias mit seinem Engelhecr (Hoelem., 1Jfey. u. A.J zu verstehen seien. Die Beschrankung der Worte a.uf die Zcrstüruug Jerusalems wird, abgesehen von dem Contexte, auch schon durch dio Vergleichung von Luc. 17, 37, wo von der Zerstorung Jei·usalems gar nicht die Rede ist, als unzutreffend erwiesen. V. 29- 35. Das Eintreten der Wiederkunft Oltristi und des Weltendes. Vgl. Mrc. 13, 24-31. Luc. 21, 25-33. - V. 29. Dio unmittelbaren Vorboten desselben in dcr Natur. ,,Alsbald aber na.ch der
.Matth. XXIV, 29.
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Trübsal jener Ta.ge wird dio Sonnc verfinstert werdon und der Mond seinen Schein verlieren, und die Sterne werden vom Himmel fallen und die Krlifte der Ilimmel werden ei·schüttert wm·den". Evf>{ror; alsbald, sofort nach der v. 21 ff. geschilderten Trübsnl. Auf Grund der irrigen Meinung, daB in v. 15-26 nur die Trübsal, welche mit der Zerstorung Jerusalems durch die Rtimer verbunden war, geschildert sei, hat man ev-8.fro~ mit der Thatsache, daB die sichtbare Wiederkunft unsers Herrn nicht alsbald nach jener Katastrophe, und selbst jezt nach 1800 Jahren noch nicht erfÓigt ist, auf verschiedene Weise in Einklang zu bringen versucht, teilsdurch diesprachwidrigeDeutung plotzlicll ( Hammond) 1, teils durch die Annahme, daB auch in v. 29 ff. nur von der Zerstül'Ung Jerusalems in prophetischer Bildersprache die Rede sei (f{uinoel). Auskunftsmittel, dereu Schwü.ehe und Nichtigkeit in die Augen springt. - Die Schilderung der die sichtbare Parusie Christi einloitenden und begleitcnden Naturphil.nomene ruht auf der alttestamentlicben Prophetie von dem Tage des Herm, der Offenbarung Jahve's zum Gericht über die Feinde seines Reichs Jo. 2, 10. 3, 3. 4. 4, 15. Jes. 13, 10 vgl. 34, 4 u. 24, 11. Zeph. 1, 15. Jer. 4, 23 f. Ez. 32, 7 f. Hagg. 2, 6 f. 21. Zaeb. 14, 6, wornach dieselbe unter gewaltiger Erschütterung des Welt:i lls el"folgt. .Aus diesen Stellen er.gibt sich, daB bei der Ver:finsterung der Sonne und des Mondes nicbt an Sonnen- und l\fondfinsternisse, wic sie im Naturlaufe von Zcit zu Zeit sieh wiederholen, und bei dem Fallen der Sterne vom Himmel weder an Sternschnuppen, noch an ein Herabfallen der Sterne auf die Erde zu denken ist. In den angef. Stellen wird dio Verfiusterung von Sonne und Mond als cin durch Erschütterung des Himmels und der Erde bewil'ktes Dunkel- oder Schwarzwerden, als Verwandlung derselben in Finsternis (Jo. 2, 10. 4, 15. 3, 4. Jes. 13, 10), als Verfinsterung von Himmel und Erde (Jor. 4, 33 f. Ez. 32, 7 f.) dargestelt und von den Sternen nur das Einziehen ihres Lichtglanzes d. i. ein ErlUschen ihrer leuchtcnden Kraft ausgesagt (Jo. 2, 10. 4, 15. Jes. 13, 10). Ein Hera.bstürzen der Sterne nuf die Erde lü.Bt sich weder aus dem ~EGOVV'tCtt (oder éx bei Tisch. nach ~/)) wii OVQavoii, noch aus Apok. 6, 13 (~.m;aav el<; r:~11 rijv) erweisen. Denn obgleich in Apok. 6 der Vergleich mit dem Abfallen der Feigen von dom Baume bei starkom Winde auf ein Herabfo.llen der Sterne vom Firmamente auf die Erde führt, so ist doch diese plastische Form der visionliren Anschauung nicht prosaiscb buchstüblich zu deuten, sondern der bildliche Ausdruck soleher Darstellungen in Betracht zu ziehen. Der Darstellung in .Apok. 6, 13f. liogt die Scbilderung Jes. 34, 4 vom Vermodcrn und Verwelkcn des Himmelsbeeres
axo
1) A.ehnlich Ben.gel, welcher zwar die Uebersetzung .~tatim beibehn.lten ha.ben will, doch die Worte des Herrn so paraphrashi: De iis, qtiae post pressui·mn dicr111n illornm, delendae urbis Jcmsalcm, euellicnt, pi·oximum, quod in p1·ae.renti p1·0 mea conditionc commcmorandmn et p1·0 1•estm capacitate e:csp_cctandum venit, l1oc est, quod .~ol obscw·abitu1· etc. und diese Paraphrase durch die BemerJmng: Nondu1n erat tein¡ius nwclandi totam ,qei·iein 1·1wwn futuramm a tJastatione llierosol,ytnoriun u.~que ad consum111atio11em seculi zu reclttfertigen sucltt. 30*
468
Ma.tth. XXIV, 29. 30,
gleich dem Vcrwelken dcr Blütter am Weinstocke und Feigenbaume zu Grunde, wo die Bildlichkeit der Worte nicht zu verkennen ist. Noch weniger kann Apok. 8, 10 verglichen werden, wo der vom Himmel fallende Storn als Bild des W ermut gedeutet wird. Hiernach ist das .7CS
Ma.tth. XXIV, 30.
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mechanischen Naturkrüfte ihrer Bewegung im Weltraume zu erforschen vermag, witbrend die geistigen Potenze11, welche in den Naturgesetzen wirken und das Entstehen wie das Vergehen nicht nur der Himmelskürper, sondern auch unserer Erde jenseits der der empirischen Naturforschung gezogenen Grenzen liegen. Daher kann die Natnrforschung weder .Anfang noch Ende der Welt begreifen, und nur mittelst ungerechtfertigter µt;-r:áfJaatg Els &llo rtvos luftige Hypothesen über die Entstehung der Welt aufstellen. V. 30. ,,Und dann wird erscheinen das Zeichen des Menschensohnes am Himmel, und heulen werden alle Geschlechter der Erde und kommen sehen den Menschensohn auf den Wolken des Himmels mit groBer Macht und Herrlichkeit". Worin das <>r¡µsiov des Menschensohnes am Himmel bestehen wird, füBt sicb nicht na.her bestimmen. Da TO ar¡µt;'lov offenbar auf die Frage der Jünger nach dem Zeichen der Parusie Ohristi (v. 3) zurückweist, diese Frage aber bei Mrk. u. Luk. anders lautet und diese beiden Evangelisten a.uch die beiden ersten S!i.tze unsers V. nicht ha.ben, so ha.ben Manche TO
470
Matth. XXIV, 31.
erlüutert: sie werden heulen, indem oder weil sie den in seiner Herrlichkcit kommenden l\fonschensohn sehen. Das xótpovrnt ZTJ... ist nur voraufgestelt, um den Eindruek, welchen die Parusie des Menschensohnes auf die Wclt machen wird, stiirker hervortreten zu lassen. Diese Worte sind in Apok. 1, 7 wiederholt und aus der Vergleichung dieser Stelle crgibt sich, da6 denselben die Wei6agung Zach. 12, 10 von der BuBklage, welche das zum Glauben gekommene Israel dereinst über die Tüdtung des Messias auBern wird, zu Grunde liegt. Daraus folgt aber nicht, daB xaaat at cpvJ..aí die glitubig gewordenen JuP,en bezeichne, wol aber daB man die Worte nicht ausschlieBlich auf die Ohristo feindlichen Monschcnklnssen beziehen darf. ,,Alle Geschlechter der Erde" siud wic in Gen. 12, 3 die gesamte Menschheit, wie ;,ráv-ca -ce' ~0.vr¡ 25, 32, nieht blos die welehe laut v. 9 den Herm und seine Bekenner hassen und laut Luc. 21, 24 die heilige Stadt zertreten (J{[ie(.); deun die ~xlEx-col v. 31 sind den xaam al rpvJ..cd nicht entgegengesezt, sondern als ein Teil von der Gesamtheit uuterschieden. Alle Menschen werden, wenn sie den Menschensohn in seiner Herrlichkeit kommen sehen, erschrecken und vor Angst uud Entsetzen über das alsdann kommende Gericht wehklngen, da niemand das Urteil, welehes der Riehter iiber ihn füllen wird, vorausweiB. - Sein Kommen beschreibt der Herr mit Worten der Wei6agung Dan. 7, 13 f., welehe nllen Bcschreibungen der Parnsie zu Grunde liegen, vgl. 26, 64. 1 Thess. 4, 16 f. 2 Thess. 1, 7 f. Apok. 1, 7 u. a. Die gro.Be l\.facht und Herrliehkeit seiner Erscheinung wird sich in dem ihn begleitenden Engelbeere lrnndgeben. V. 31. ,,Und senden wird er seine Engel mit groller (d. i. laut tonender) Posaune", und sie werden seine Auserwtthlten aus allen Weltgcgenden sammeln. µs-r:a aáJ.xi¡yog µsy&.J.r¡g (wic Tisclt. 8 na.eh iitLLl al. statt µr,-r:a aáJ.myyog rprov~g µEyáJ.r¡g nnch BXlYI al. recipirt hat) ist nicht so zu verstehen, daB die einzelnen Engel Posaunen blasen, sondern gemeint ist die Posa.une Gottcs (1 Thess. 4, 16), die lezte Posaune (1Kor.15, 1)2), welehe bei der A.ussendung der Engel znr Snmmlung der Glii.ubigen ertünt. Die Erwühnung dcr gro.Ben Posaune erinnert nn Jes. 27, 13, ist aber nicht aus dieser Stelle eingef'ül1rt ( Weiss), sondern ruht nuf der Sehilderung der Offenbarung Jahvc's am Sinai zur Grlindung seincs Reiches, die unter Donner und Blitzen und cinem starken und immer sUirker werdendon Posaunentone erfolgte (Ex.19, 16.19). Daher ist weder an die Kriegsposaune, noeh (mit J{lief.) an die silbernen Trompeten zu denken, welche Num. 10, 2 ff. für die Beruf'ung der Gemeiude und zum .Aufbruche der Lager angeordnet sind, sondern in der Oultussymbolik nur das Blnsen der weithin schallenden Posaune zur Ankündigung des Snbbatmonats bei der Neumo11dfeier des siebenten Monats (Lev. 23, 24) und zur Ankündigung des Halljahres am Versühnungstage des je 50sten Jahres (Lev. 25, 9) als typisch bedeutsam zu vergleichen, indem dadureh der starke Ton der Posa.une zum Symbole der neuen Offenbarung des Herrn zur Vollendung seines in Israel geg1·ündeten Reichs geweiht
Mn.tth XXIV, 31-33.
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wurde. t Kal, entóvvc!govatV die Engel werden zusammenbringen, 11erzuversammeln die Auserwii.hlten, nitmlich an den Ort, wo der Herr auf Erden zu richten im Begriffe steht, auf daB sie bei ihm seien allezeit (1 Thess. 4, 17), und zwar von allen Gegenden dcr Erde her. ~x ?:rov TeaaáQwv áviiµcov M~n~., ~"11~'?. von den vier Winden (= Weltgegenden) her, erinnert an Ezech. 37, 9, wo der Wind von allen Richtungen her kornmend die todten Qebeine anblii.st, dn.B sie lebendig werden. Der Gedanke wird verstü.rkt durch den Zusatz aX(JC(JlJ OV(>avrov ~())f; élx(>WV av?:mV (= o;~~i1 M~R .,~ l:l'.'~~t'! n;Rt? Deut. 4, 32 vgl. 130, 4,. Ps. 19, 7) von eiuem Himmelsende bis zum andern, d. i. von der ganzen Erde, auf deren auBersten Rand das HimmelsgewOlbe zu ruhen scheint. .Die Sammlung der Auserwahlten von der ganzen Erde schlie.Bt die Auferweckung der Todten in sich, wie 1 Kor. 15, 52 u. 1 Thess. 4, 13 ff. gelehrt wird, hier aber weil dem Zwecke dieser Rede, der Antwort aut' die Frage der Jttnger nach der Parusie Christi, ferne liegend, unerwabnt geblieben ist. Denn in dcr Aulehnung des Ausdrucks an Ezech. 37, 9 darf doch schwerlich eine, wenn auch nur leise Hindcutung darauf gesucht werden. Eben so wenig wol auch in der ungewohnlichen Ausdrucksweise des Mark.: a:;r' llXQOV ¡ijt; rroi;; a.~QDV ovQaJJDV ,,vom Rande der Erde bis zum Raude des Himmels", welche Jaief. so erklart: ,aus Himmel nnd Erde zusammen her', und dtuin mit Bl. die Audeutung findet, da6 1\-fark. damit nicht nur die anf der Erde befindlichen Glü.ubigen, sondem auch die im Himmel befindlichen habe bezeiclmcn wollen. V. 32 f. Nachdem der Er!Oscr saine Jüuger ttber die Vorboten und das Zeichen seiner Wiederkunft belehrt hat, dentet er uoch in einem Gleichnisse die Zeit derselben an. ,,Am Feigenbaum aber lernet dieses Gleichnis". d:iro njr; avx'iír; YOm Feigenbaume her. Tt)v :JtaQa{Jo).1j1' die Vergleichung d. i. die in der Vergleichung enthaltene Warheit oder Lebre. ,,Wenn seiu Zweig bereits saftig gewordeu und die Blü.tter hervortreibt, so merket ihr, daB der Sommer na.he ist". &:iralÓf; weich, zru't, saftig. '?:O fJ·{Qot; der Sommer als die Zeit der Emte. V. 33. ,,Also erkennet auch ihr, wenn ihr dies alles sehet, da6 es nahe ist bei der Thttr". 'l"aÜut 3lávr;a ( nnch N.])H /{al.) oder xáv"l:a -raüw (uach BL 172..I al.) wird verschieden bezogen; entweder auf das, was v. 29-31 vou dem a17µerov des Menschensohnes uud den die Parusie selbst begleitenden Erscheinungen gesagt ist (illey.), oder auf das vor v. 29 als der Parusie vorhergehend Gewei.Bngte, oder auf einzelne Punkte jenel' W eiBngung. Alles willkürlich, weil für sol che Beschril.nkung A.ndeutungen fehlen. Es bezieht sich vielmehr nuf alles, was Jesus von v. 4 an bis zum Erscheinen des Zeichens des Menschensohnes v. l:lO verkttn-
=
rol
1) ,Wie am Sinai behn Ertiinen des Jubel d. i. des laut tünenden Schophar das Volk a.uf den Berg steigen solte (Ex. l\J, 13 l, um seine Vereinigung mit dem Herm zu feiem, so soltc nuch der Jv/iel des siebenten Monats des óOsten Jabres den .A.nbruch des Gnadenjahres ankündigen, welches dem geheiligten Gottesvolke die Erlüsung von aller Not zu bringen und es zur Ruhe soii¡es Gottes zu führen geheiligt wird'. S. m. bibl. Archiiol. S. 400.
472
Matth. XXIV, 34.
digt hat. Zu lyyvr; eaiw fehlt das Subject, und man denkt als solches entweder den Menschensohu, von dessen Erscheiuung im Vorhergehenden die Rede war (Grot., de Tf:, v. Hofm., Bl., Weiss), oder T:O fJlQor; die Ernte im messianischen Sinne, n!i.mlieh den Empfang des ewigen Lohnes im l\'Iessiasreiehe, welcber allen treuen Arbeitern und Duldern bestimt ist (J.Jley.). Allein wenn dies del' Gedanke wlí.re, so dürfte T:O .fJ·IQor; nicht fehlen, da 0.IQot; nur in der 3WQa{JoMj erwll.hnt, in der gnnzen vorhergehenden Rede nber von der Ernte oder dem Gerichte (Eur.) gar nicht die Rede war. Luk. nent in v. 31 ~ (1aoiJ.ela Joi fJ.r.;ov d. i. in diosem Zusammenhange das Reich Gottes in seiner Vollendung. Daraus ergibt sich als bei :M:tth. u. Mrk. zu erglinzendes Subjcct ~ :JltX(>ovaía r.al. 1/ avvdJ.wx wv aló5vo~, der Frage der Jünger in v. 3 entsprechend. - Die Nil.be seiner Parusie bestimt der Herr noch genauer v. 34 f.: ,,Warlich ich sage euch, nicht vergehen wird die~es ~cht, bis da8 dies qll!l~escheh~J.U.~in wirl!. Der Himmel und die Erde wird vergehen, aber meine Worte werden nicht vergehen". Der Sinn dieses Ausspruches, weleher in den drei Evangelien gleich lautet, hlingt von der Erkliiruug von 1/ rsvu( aiíT1] ab. Hnl~ Deutungen: das menschliche Geschlecht (Hieron.), die Menschenklassen meiner Glü.ubigen (Orig., C/tt'ys., Tlieopltyl., Eutllym., Paztl., Lange), das in Rede stehe11de Gesehleeht der .Auserwiihlten ( Cremer), das (künftige) Geschlecht, welches jene Ereignisse erleben wird (f{losterm.), woil nicht nur sprncblich nicht zu rechtfertigen, sondern nuch niehtssagend, !!!l:. das Fortbestehen des Menschengescblechts, der Glü.ubigen, der Auserwü.hlten und des künftigen Geschlechts bis zur Erscheinung des Men~ schensohnes 11ls selbs~~tJi!ld.li..o..h keiner feierlichen Versicherung vonseiten Jesu bedurfte. Auch die verbreitete Erklü.rung der 7wr.;a afSn¡ vom ,i!WischenJ..olke ( Calov, Wolf, !Jorner, Aub. u. v. A.) UtBt sich sprachlich ~ erharten. Denn rr.;vt:á bed. ~ne.ra.tioB, die zu einer Zeit Iebenden Menschen, hü.u:fig mit dem Nebenbe?riffe des Charakters und ,der Lebensweise derselben. fliernach kann r¡ rwEa afJn¡ nur d,ie dík 'mnls leb~~le Genera.ti@, clie Zmtgenossenschaft Jesu bezeicllli.Cn, und fnfClíf a.uf die Juden eingeschriLnkt weulen1 da der Context keine spe,cielle Hindeutung auf die Juden darbietet, wie z. B. in 11, 16, wo T:i}v 1WEllV 1:cWT:1'Jl' a.uf wlr; oxJ.otr; v. 7 zurückweist. Die Erkl!irung von den Zeitgenossen Jesu wird durch die Aussprüche 10, 23: dal3 dio .Apostel ihre Mission in den Stlidten Israels nicht beendigt haben werden, bis der Menschensohn kommen wird, 16, 28: da8 einige der .Anwesenden den Tod nicht schmecken werden, bis sic den Menschensohn in seinem Reichc kommend gesehen ha.ben werden, und 23, 39, wo Jcsus den unglü.ubigen Juden drohte, dafi sie ihn von nun nn nicht mehr sehen werden, bis sie ihn a.Is Messias freudig begri.iEen werden, y.be~: nlk..Z.IWifel e1ji.J).b.en. In allen diesen Stellen erklart Jesus bestimt und meistens mit feierlicher Versicherung (dµ~11 Uyro 16, 28. 10, 23), dall ein Teil se.IDJ11:....Zfiltg¡moasen sefoe P;n.:usje noch erleben .l~de.,. oder clall cr wiederkommen werde, ~das Geschlecht seiner Zeitgcuossen werde vorübergegangen d. h. ~~lc.!1.en..Lflhen.gcschi.eden
l'lfatth. XXIV, 35.
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sein. ll&vt:a Tavi-a ist wie v. 33 zu fassen. Zur Bestatigung dieses Ausspruehes sezt er hinzu, daB Himmel und Erde vergehen werden, aber nieht seine Worte, d. h. hier alles was or in vorliegender Rede über seine Parusie verkündigt hat. Das Vergehen Himmels und der Erde d. i. cJ.es._gegen,llirt.igeLWeltbes~(2 Petr. 3, 7 f.) erwillmt der Herr hier nieht in der Absieht, um zu sa.gen, daB dies mit seiner Parusie eintreten werde, sondern nur, um die Unverganglichkeit oder die selbst den gegenwartigen Weltbau ~berdauernde Giiltigkeit seiner Worte zu bek.til.ftigeJl. Ueber die Zeit, wann Himmel und Erde vergehen werden, sich auszusprechen lag nicht im Plane seiner Rede, da die Jünger 11icht darnach gefragt hatten, sondern nur na.ch dem Wann der avvd.l.Eta 't"OV aláivo~, wobei sic aus der Weifiagu11g des A. T. a.Is bekant annahmen, da6 der Untergang der jetzigen Welt Himmels und der Erde mit der avvn!.l.l!ta t'oií alrovo~ erfolgen werde. lla()EW·slv vom Worte des Herrn prlidicirt bed. ungültjg_JY.~l'.W~l!, seine Gültigkcit verlieren, wie t~í:Tl't"f:t1J Rüm. 9, 6; s. zu 5, 18 (S. 152 f.). Die Worte des Herrn überda.uern das Bestehen der gegenwü.rtigen Welt, weil ibre volle schliellliche Erfüllung erst in der neuen Welt eintreten wird. Fa.ssen wir nun die geschichtliche Bezieh.J.Ulg dicser Redc..oder die Frage nach ihrer Erfüllung in der Entwickelung der chri§.fücb_~~ ins Aug0,so tritt uns die wichtige iiii!!~!mierlga.F.Xa.ge entgegen, wie mit dem exegctischcn Resultate, da.B nach der mit dem Erschcinen dos Greuels der Verwüstung an heiliger St1itte eintretenden gro.Ben Trftbsal alsbald (E-JfJ.fcm;) der Menschensohn in den Wolken des Himmels auf der ganzen Erde sichtbar crscheinen werde (v. 29) und dall ~ afíu¡ d. i. das Geschlec..4t...d.cr_Z~.!lOSsen .filcht ye_1:gehen .wer®, J~ @.~(l'e-ª.--ªnes g_esch.!:lb.fill sei (v. 34), wie damit die Thatsache zu vereinigen, dall di~g.re :Wl'Jd.El.rkunft de§.J!-º!TI! weder alsbald nnch der Verwüstung und Zerstürung des Tempels durch die Rümer, noch auch spüter bis zum heutigen Tngc erfolgt ist. Zwar hat der Herr in seiner Rede (nach der Rela.tion des l\.fatth. u. Mark.) den Greuel der Verwüstung nicht nüher bestimt; aber da er v. 2 mit deutlichen Worten die giinzliche Zerstürung des Tempels verkündigt und in der ausführlichen .Antwort a.uf die Frage der Jünger: wann .dies geschehen werdc und welchcs dns Zeichen seiner Parusie und der Weltvollendung sein wcrde, die Zerstüruntles..Temp.eh_Y!!ll...Sfilne.i:_Eru:11sic picllt.ge.schieden hat, so kann dns, was er über das fiof lv¡tw ?:~e; l()r¡µo5asroc;1Ciio(; lv ?:Ó:;up &7ícp und über die damit zusnmmenhüngendc fJ·J.Í1/"~ µeyáA.1¡ sagt, nicht füglich anders verstanden werden, o.ls daB er selbcr die bei der rümischcn Er~~_l1ud..Zentürung....lru.:usnlems erfulgte E1niischerynli.]es ~.o.n..s.ciruu'...skhtbru·en Znknnft zeit.lich nicbt g ----d~t, ~ª!.l!..A.i~s.~.U~.l,'li<;l~!...El'.c1g11i.'ifi.ª. sacb~g;_ e_in~ncler y~ hunden nt. Dcmgemii6 hat Luk., welcher statt des poa: -r~c; lor¡µ. in v. 20 die Umzingelung oder Belagerung Jcrusnlems durch ein Kriegsheer erwii.hnt, den ans der Wei6agung Daniels entnommenen Ansdruck: Greuel der Verwüstnng durch Nennung der Bclagerung Jerusalems für die mit der Wei6ngung Daniels nicht bekanten Heidenchristen um-
rEvt:a
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llfattb. XXIV.
schricben und zu verdeutlichen gesucht; wie dcnn auch die von allen drei Evangelisten an jencs Ereignis gekuüpfte Auffordcrung der in Judü.a Befindlichen zur schleunigsten Flucht auf die Eroberung Jerusalems hinzmveisen scheint. Hieruach ist die Fmge zu beantworten: Hat Jesus wirklich Jl!Ít d.ei:Z.erstill:ruJ._g_Jern~ms alsl1ald sein Kommen auf den Wolken des Himmels zum Gelicht über die Welt und zur Erlüsung der Seinen verheiBen? und wcnn dies der Fall ist, wie vcreinigt sich eine solche VerheiBung mit der J::fi!:.hterfüllung d®3clben_nl\CJ:Lder Zersto~ rung Jerusalems? file~9....!li!lite.!..ErageE_."6!'d f~!ltl!§J;imm,jg_vei:neint, aber die zJYfilj¡e na.ch der vcrschiedenen dogmatiscben Grundanschauung· vo11 der Sache sehr verschieden beantwortet. - Die ofTun.barungsglii.ubigcn Ausll_~~~•§!~!! ~uf Gruud der Ueberzeugung, dan die evnngelischen Berichte warbeitsgetreue_A.u:l:fusIDlll~l der Rede Jesu entlmlten, die Verhernung des Herm so, daf1 sie ~'vjy.\}b..~un. sicbtbaren Wieder.kunfLJJhristi zum.J.l~tjclpie....tlbe1· J:§ni1mJ~ und seiner n.ruili.
~-orsteliena~.!!-:~Tii~~-JY!~c1e)'l;!'_'!it~E~de-~i~~;;;.w;!l_ltlaufi,,iid'itm&b.P.i-i
4.eb Dio v0nrU.ti.011alistische11 oder no.turalistlschen Axiomen ~Üsgehenden A.ua-
leger und ..Kritiker hingegen beziehen entweder die Rede Jesu nur auf ilie Zerstürung Jerusalems und den damit zuso.mmenhii.ngenden Sieg des Christentums über das Judentum und Heidentum, oder sie finden in der überlieferten Form der Rede zwnr die Erwa.rtung der na.ch der Zerstorung Jerusa.lems alslmld eintretenden sichtbaren Wiederkunft Christi in den Wolken de~ Himmels ausgesprochen, ha.lten n.ber diese Erwa.rtung für ir1ig und ziehen die Urs11rünglich· keit und Echtheit der überlieferten R.ede in Zweifel. - Um ein begründetes Urteil hierilber zu gewinnen, wollen wir die beiden Ansiehten in ihren Grundzügen vorführen. I. Schon der Autor des op. iinpel'j'. in Jlfattli. ha.t zu unserem Cn.11. die Bemer1.-ung gem:wht: Dominus non separaUin dixil, t¡iiae signa pu·tinea11t ad destmctionem Jerusalem. et quae ad cons1111unatio11em mundi, videlicet ut eadem signa pcrti1UJre videantur et ad manife.~tatio11em desti-uctionis Jei·usalem et ad inanifésta· tio11em cons11111matio11is mtmdi, quia non quasi Msto1·iam pe1· 01·dinem exposuit eis, quomodo res erant agendae, sed proplietico 11io?·e vrcmlixit eis, quae res c1-m1t a,r¡endae. Diese prophetisehe Sitte ha.t spii.ter Bengel a.Is Eigentümliehkeit allcr Wernagung weitor zu begründen gesucht durch die Bemerkung im Gnom.1Jn zu Mtth. 24, 29 : Propltctia est ut pictttm 1·cgicmis cuiuspiam, ljttae in proximo t<:xtt1 et calles et ponles notal 1listincte; procul 1:allc.~ et 11wntes latisslme patentes in angustum cogit; sic e11i111 debet etiam csse eorum, qui propl1etiam agunt, prospectu.~ infi1tl/l'u111, cui se propl1eti
Matth. XXIV.
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von der Zukun:f-tzum Endgericht rede; nach Eb1-. so, dal1 er in v. 4-14 vorfüufig die Frage na.ch dem Zeiehen der Parusie, sodann v. 15-22 die Froge nacb. der Zeit der Tempelzerstiirung beantworte, und v. 23 wieder zur erstbenntworteten Frage zurükkeh1·e und darrui v. 2!J die Zeichen des Weltendes nis rnsch eintrctend anknüpfe; nach Huclem. so: daG er zuerst v. 4-14 generell die Anfünge und Vorzeichen des Endes im Allgemeiuen schilderc, hierauf das Particulare (Zerstiirung Jerusalems) und das Universa.le (Parusie und Weltende) sondernd die Zeichen von Jerusa.lems FaJI (v. 15-18) und von der Parusic und Weltvollendung (v. l!J-31), endlich die Zeit in Bozug auf JerusoJ.ems Fall aJs nahe, noch bei Lebzeiten de1· gegenwiirtigen Gencrntion sich erfüllend (v. 32-35), dagegen in Bezug auf die Parusie und den Wcltuntergang ala unbeka.nt und aussehlieJnich dem Va.ter bcw~t, claher die Welt in volliger Sicherheit überraschend und die Gfüubigen zu stcter Wachsamkcit ermahncnd darstelle (v. 36-47). - Abcr schon die grane Di:fferenz dieser Erkliirungen in der Bestimmung des Inhalt~ der einzelnen Abschnitte der Rede erwokt kcin Vertrauen zur Riehtigkeit derselben. Aueh lii.Bt sich keine, ohne dem Wortlaute des Textes Gewa,lt anzuthun, durchführen. Mit der Annahme, daf.\ in v. 4-1<1 von dem was der Zerstornug Jel'Usalems vorhergehe die R-ede sei, stimt nicht, da!.\ schon v. 6-14 auf das Kommen des Endes Bezug genommen wird, und da!.\ vor dem Ende die Verkündigung des Evangeliums in der gnnzen W elt erfolgen soll; und für die von Ebr. u. Hoel. statuirten Ucbergange der R.ede von der crsten Zukunft auf die zweite fehlen in den meisten Fallen deutliche Indicien im Texte. - Die ganze Rede macht den Eindruck stetigen Fortschritm; zuerst Ereigrusse, lvclehe noch nicht das Ende sind (v. 6), dann Trübsale, lvelche den Anfong dcr Wehen bilden (v. S) und Verkündigung des Evangeliums in der ganzen Welt, worauf das Ende kommen wird (v. 1'.l:), sodann der Greuel der Vcrwüstung an heiliger Stiitte und mit dcmselben eintretende grof.\e Trübsal (v. 15-27) und alsbaJd naeh der 'frübsal jener Tage Zcichen am Himmel und das Erscheinen des Mc11schensohnes in den Wolken des Himmels (V. 28-31}. b. Von diesem Eindrucke ausgehend verwirft /Wef. die gangba.re Exegeso, da!.\ der Hcrr in Eins und abwochselnd von der Zerstoruug Jerusa.lcms und von seiner Parusie redo und da.11 er im Grundc von der Zerstüruug Jexusa.lems spreehe, aber vermoge prophetischer Perspecthe von dieser als dem crsten Aete im Weltgerichte hinüber auf die Parusie und auf das absolute Ende schauc, und unternimt den Na.chweis, daB der Herr von diesen beiden Ereignissen nacheinander, na.ch ihrer richiigen Abfolge, im ersten Teile seincr Rede (Matth. 24, '1-6 u. Parall.) von der Zorstorung Jerusalems und dercn Zeichcn, und dann getrennt davon im zweiten (v. 7-31 u. Pnro.11.) von sciner Parusie und dercu Zeichen i·ede, da.boi abcr zugleicl1 die irrigo Voraussctzung dcr Jünger von der Zusammengohóiigkeit beider Erschcinungen bckampfe. In diesem zweitcn 'l'cile werde die Frage nach clcm Zeichcn seincr Zukunft und des Weltendes so beantwortet, daB der erste Absclmitt (v. 7 u. 8) die ontfernteren, dcr zwcite v. !J-H, die niiheren, der ilritte (v. 15 ·- 28) die niiehsten Vorzeichen der Pn.msie angibt, bis der vierte (v. 29 - 31) die Parusie selbst und die dieselbe unmittelbar begleitendon Erscheinungen vorführt. - Diese Auslegung bietct im Einzelnen viel Treffliehes, im Ganzen aber kfümen wir sie nicht für richtig hnlten. Scllon die Grundlage, auf welche sic gegrüuclet wird, dall die prophetiscl1e Perspeetive, so
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Ilfatth. XXIV.
gewm sie bei Jesaja, Micho. vorh:mden sei, doch nicht mehr beí Dnniel sieh finde und a.Is ein schon o.uf dem alttesta.mentlíchen Boden überwundener Stnudpunkt nicht mehr bei dem Herrn und seinen .A.posteln, a.Is sie der Welt das Evangelíum verkündigten, gesucht werden dürfe, ist eiue unerweisliehe Annahme. .Aueh dafür, da.11 v. 4-6 von der Zerstorung Jerus:i.Iems und deren Zeiehen die Rede sei, wird ein bündiger Beweis nieht geliefert. Die Warnung, sich dureh das Auftreten solehe1·, die sieh für den Christus a.usgeben, nicht verführeu und dnrch das Horen von Kriegen und Kriegsgerüchten nieht erschrecken zu lassen, weil dies noch nicht das Ende sei, enthalt keiu Wort, nieht einma.l eine leise .Andeutung darüber, da.11 der Herr dnmit nur die Zeichen der Zerstorilng Jerusa.lems uud diese selbst gemeint ha.be. Wns soda.un den Himveis a.uf dns dureh Daniel gewefüagte fJcW..• -rijr icir¡µ. und seín Stehen an heiliger Statte, mít der Mahnung, alsdann ungesitumt a.uf die Berge zu fliehen, um in der gro~en Trübsa.l das Leben zu retten (v.15-2U) a.nlangt, so ist es zwa.r richtig, da~ das {Joéa. i;. ~f!. nieht auf Dan. 9, 27 sondern a.uf Dan. 11, 31 hinführe, wo von .A.nf.iochus Epiphanes und dessen Thaten so gewei6agt ist, da!~ derselbe dureh,veg als ein wenn aueh nur sehwaches Vorbild des zur lezten Zeit zu erwartenden Feindes des Volkes Gottes, des .Antiehrist aufgestelt ist. Aber Klief. selbst bekennt, dall damit da.rüber noeh nicht entschieden sei, ob der Herr mit diescm nach Daniel zu erwartenden, dem Antiochus gleichenden lezten Feinde den Titus und die Rümer oder einen etwaigen Spii.tereu meíne. Darüber sollen erst die einzelnen Modalitii.teu des 'fextes Aufschluli geben; na.mentlieh der Umstand, daf1 der Herr nicht im a.llgememeinen von einer Belagerung und Zerstüi1111g der heil. Stadt, noeh a.llgemeinhin vou einer Verwüstuug des Heiligtums rede, sondern ganz bestimt sage, dali im Heiligtum ein verwüstender Gotzengreuel werdo aufgestelt werden, wie solches durch Antiochus gesehehen war, aus der Geschichte der Zerstorung Jerusalems dureh die Riimer a.her, so genaue Berichtc wir a.ueh da.rñber ha.ben, kein Faetum nachgewiesen werden kann, welehes sieh mit dem vom Herrn vorausgesezten deeke. Allein dara.us folgt niehts weitcr, als dall die Weif1agung von dem lezteu Feinde in den mit der Zerstorung Jcrusalems uncl des Tempels zusammenlilingenden Greueln nieht ihre volle endlichc Erfüllung erreicht hat, aber durchaus nicht, dali die gra.uenhafte Entheiligung des Tempels wii.hrend dieses Krieges in gar keiner Beziehung zu dem von Daniol geweilln.gten Greuel der Verwüstung stehe, und diese Weil~agung für die Zeiten von ihrer ersten Erfüllung dw·eh Antiochus bis zu ihrer schlie~liehen vallen Erfüllung durelt den Antiehrist a.m. Ende des gegeuwlirtigen Weltlaufes ga.r keine Bcdeutung ha.be. Auch die Aufl'orderung der in Judita Befindlichen zu ungesii.umter eiligster Flueht rein bildlích vom Verln.ssen der W ohnstii.tten uud der bewohuten Orte und damit aller bei den l\:lenschen mit seiner Wohnstatte zusa.mmenhlingenden Lebensverhaltnisse, vom Verlassen von Besitz, Genu~, Beruf und Amt, staatlieher und eommunaler .Gemeinscha.ft zu ve1"Stehen, erseheint uns nieht gereehtfertigt. c. Die Mlingel der bisher besproehenen Erklal'Ungen ha.ben ihren tiefcren Grund in der auf abstraeter Seheidung des Gerichts über Jerusalem von dom Weltgcrichte beruhcnden Anna.hme zweier Parusien. Die Unzufüssiglceit dicse1· Scheidung ho.t Hengste11berg (die Zukunft des Herm naeh Ma.tth. c. 24 in der KZ. 1832 Nr. 70 f.) e1·lmnt, und aus dom perspeetivisclien Charnktcr der Weilia-
Matth. XXIV.
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gungen den Schlull gezogen, daB clen Pro¡iheten alles in der Anschauung, also nicht zeitlich gesondert, sondern nur riiumlich gegeben sei, da.her verwaudte Begebenheiten, Gerichte sowol als Segnungen Gottes sich in einem Gemlilde darstellen, deren zeitliche Sondel'llng erst clurch die Erfüllung gegeben werde, und hat diesen Sehlul~ nus dem typischen Chm·akter der Entwickelungsphasen eles Reiches Goti:es in Gerichts- und Gnn.denolfonbal"Ungen zu begründen gcsueht. Diese Begründung zeigt einen Fortschritt in Bezug a.uf die l"iehtige Bestimmung des Verhii.ltnisses der Weifi:iguug zu ihrer Erfüllung, wogegen die Auffassung aller Wei!Sngungen als Gemiilde ohne jegliche zoitliche Sonderuug íhres Inha.ltes der \Virkliehen Besehaffenheit derselben nicht entspricht, da nur clie Visionen im enge1·e11 Sinn eles Wortes mit Gemiilden sich vergleicllen lassen, uncl selbst in perspectivisch gezeichneten Gemiilden die nliher unrl ferner liegenden Gegensttinde zu unte1·seheiden siud und nur die Gri.iBe der rii.nmliehen Entf"ernungen der Wirkliehkeit nicht entspricht. Den pe1'!lpectivischcn Cho.rnkter dor Prophetie haben aueh Olsli., Tlofm. (WeiBag. u. Erf.), Delitz.~cl1, Zalm (in Wicl1el11.' Vorless. über Matth.) u. A. auf versehiedene Weise mit der typisehen Bescbaffenhcit derselben vorbunden zur Erkliirung unseres Cap. angewandt. Aueh Jfüe"k (Synopt. Erld. II S 357 f.} erkent clenselben bei den altte.stamcntl. Wcillagungen a.11, und meint nur, da!.i er zur Losung der Sehwicrigkeiten unseres Cap. nicht ausreichc. Dcnn der pe1·spectivische Cha.rakter der alttestamentl. Wefüaguugen habe seineu Gruurl ,in einer gewissen Mangelhaftigkeit und Unkla.rheit der prophetisehen Anschauung überha.upt'; und rooge dfose in gewissem Grade aueh bei dem El"liise1· stattgefunde11 ha.ben, da er wiede1·holt erkfürt, Zeit und Stunde für den vollen Eintritt des Reiches Gottes nicht zu wissc11, so konne man doeh naeh dem Charakter des Erlosers nicht zugeben, dall er anf positiva \Veise etwas vorherve1·kündigt h.."l.ben solte, {lem der Erfolg nicht entsprach, also anch nicht, dal\ er seine gloueiche Pamsie am Eudc der Tage als lmmittelbar auf das über Jerusalem uncl Judiia zn verhlingcnde Strafgericht folgencl ve1·kündigt ha.ben solte, wie wir es in clen Ev::mgelien verküncligt finclen. Diese Ansicht, daG die Werna.gung Jesn über seine Zukunft uicht so erfült sei, wie sie in den evangelisehen Berichtcn überliefort ist, bildct den Ausga.ngspunkt für nlle nencren e.xegetisehen und kritischen Aufstcllungen ül,er die eschn.tologische Rede unsers Capitels. II. Den Schlüssel zur Li:isung der Dunkelheiten dieser Rede und zur Deseitigung der zwischen der Weifiagung und ihrer Erfüllung obwaltenden Ineongruenz glanbt Blecl~ in der Anna.hmc zn finden, daB bei der Aufzeichnung und So.mmlung de1· lvefüagenden Reden des Herrn verschiedcne Aussprüche in nnmittelbarere Verbindung mit einander gesezt wnnlen, als worin sic Ul'spriinglieh gestanden lmtten. Der Edüser hnbe niilnlich seinen Jüngern, nm sie a.uf das Schwere, das ihuen bevorstand, zu ih1·er 'frostung Ulld Krii.ftigung vorznbereiten, seine fortwlihrende geistige Gegcuwart nuch nach seinem Hingange zugesagt und von Offenbarungen und besondern Erweisungen seiner Macht und Herrlichkeit geredet, dabei n.uch a.uf das Strafgericht, welches über Judfüi. und Jerusalem ergehen wercle, hiugewiesen nnd vicllcic1it den Untergnng des alten theokratischen Sta.'1.tes in eine gewisse Verbindung init cler selbsfündigeren Gestaltung seiner Gemeindc uml des Reiches Gottes gebmcht -- aber seine glorreiche siehtba.re Wiederkuuft nm Ende der 'l'age 11ieht geweiGagt.
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l\fotth. XXIV.
a. Diese Ansicht hat Dome1· (de orat. Ohi·i.~ti eschat.) exegetiscb so ausgeführt, daL\ er in v. 4-1·.i eine mehr doetrinelle o.Is prophetisehe Einleit'Ung, die Da.rlegung der prinr:ipia cscl1atologiam i·egcntia (d. h. der allgemeinen Grundzüge der dem Ende zustrebenden Gesehiehte des Reiehes Gottes} erblikt, auf welehe da.un v. 15 ff. die nahere concrete Auwendung derselben a.uf die Gesehichte folgt, und zwar so, dn.L\ v.15-28 die grandi.v .Ytrages Judaismi, v.29fi'. von dem occas11.~ Pagani.~mi anhebend das Weltende schildert.. Die vom llimmel fo.Henden Sterne bezeichnen tropisch die im Heidentum güttlich verehrton himmlischen Naturmaehte, welche das Evangelium durch Oeffnung eines hoheren Himmels gleiehsrun hero.])gestürzt liat. Was Luc. 21, 25. 26 gesagt wird, ist tropisehe Sehilderung der geistlichen Ereignisse , welche die i
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spraehe, wie sic mi.ch Daniel e. 7 u. a. messianiscl1en Wema.gungen solenn geworden war, bedient. Diese prophetisch-symbolische Bildersprache wurde aber von den nicht den gebildeten Klassen nngeh
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llJn.tth. XXIV.
1) dan die Weillaguug von der sichtbaren Wiederkunft Cbristi in den Wollcen des Himmels al.~balcl na.eh der Zersti.irung Jerusalems durch die Riimer nicht in Erfüllung gegangon ist, 2) dal:i die Lehre Jesu von dem rein geistigen Wescn des Gottcsreichs nicht zur Vorstellung eines irdisch glanzvollen Messiasreiches passe und den Jesu in den Mund gelegten Wiederkunftsverhefüungen widerspreehe, auch die apoka.lyptisehen H-offnungen mit der bestimten Erwa.rtung und Vorherverkündigung seines Todes nicht stimmen, da er nieht einmaJ. seine Auf.erstehung so bestimt, wie die Evangelien beriQhten, vorausverkündigt ha.be. Er hiitte seinen Jüngem bestimt und unumwunden erkliiren müssen, dan sein. Tod kein Hindernis für die Verwirklichung der Wiederlrunftshoffnung sein, dan troz Leiden und Tod a.Hes von dem glanzvolfon Messiasreiche Gelehrte eintreffen werde. Dies ha.be Jesus nicht gethnn, sondern mehrfoch geradezu in einem die Parusie ausschliel:ienden Sinne sich gegen seine Jtinger geii.ul:iert, sowol gegen Petrus Mre. S, 31 ff. als gegen die beiden Zebedii.iden Mrc. 10, 35 ff. (vgl. Weiffcnb. S. 8 ff. u. die dort angef. AeuGerungen von Colani, Hollzin., Sclienk., Baur, liase, Mc11e1· u. A.). - Allein von diesen Griinden ist der zweite ohne alle Beweiskraft, weil er aus lauter unbewiesenen Beha.uptuugen und il'rigen Meinungen eomponirt ist. Unbewiesen ist die Beha.uptung, dan Jesus ein 1·ain. geistiges Gottesreich gelehrt habe, und irrig die Meinung, da» das geistige Wesen des von ihm verkündigten und gegründeteu Gottesreiehes mit der Y01·stellung von der einstigen Vollendung dieses Reiches in sichtbarer Herrliehkeit in Widerspruch stehe. Das Gegenteil hievon erhellt, wie wir schon zu c. 3, 2 (S . .gl) f.) bemerkt habon, aus dom Gleichnisse von dem Unkraute unter dem Wnizen, wie aueh aus der Vergleichung des Himmelreichs mit einem Fisehemetze 13, 47-52 so deutlich, dan selbst Pjlcid. die Zweiseitigkeit in der Idee des Himmelreichs - gegenwii.rtig geistig innerlieh, dereinst aber sinnlich aullerlich werdend anerkent und die Vollendung desselben mittelst eines supranatlll'.a.len giittlichen Actes von Jesu gelehrt findet. Auch Kei
,kritischen Torso' gibt - wie schon Zal1n a. a. O. S. 328 treffend bemerkt hat . der Herr, nachdem er die gii.nzliche Ze1·stürung des 'fempels ~eweiliagf;, don Jüngern a.uf ihre Frage, wann dieses geschehen werde und welenes das ~eichcn seiner Parusie und des Weltendes sei, ,nicht die mindeste Antwo1·t, sondem schildert ihre Leklen in den Synedrien und Synagogen, trostet sie mit dem hei· ligen Geiste und ermo.hnt sie zum Beharren bis zulezt; dann komt die Warnung vor Verführern, und hieran schliellt sich dns liebliehe, aber doch für die gewichtige Frage der Jünger in diesem Zusnmmenhange nichtssagende Gleichnis vom Feigenbaum, vou dem sie lernen solten, da.Ji es (die Sache) na.he ist vo1· den Thüren? Was? die Leiden der Jünger - oder die Zerstorung des Tempels? Ihr werdet leiden - der Feigenbaum wird griinen : jezt wisset ihr allcs. Daran kiint ihr es erkennen'.
Mattlt. XXIV.
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nicht mit wissenscha.ftlichen G1·ünden in Abrede gestelt wird, enthielt implicile die Erklarung, daB sein Tod kein Hinderuis für die Vollendung seinos Reichs in Herrlichkeit soin werde, wenn Jesus dies auch seinen Jüngem nicht gleich· zeitig mit der Ankündígung seines Todes sagte. Ganz unerfindlích aber ist end· lích, wie die Zureehtweisung des PetrWl Mrc. 8, 31 ff_ vgl. Mtth. 16, 20 ff. und die Abweisung der Bitte der Zebediiiden um den Ehrenpla.tz in der Ilerrliehkeit (l\'Irc. 10, 37 ff. Mtth. 20, 21 ff.) die Parusie Christi ausschlieBen sollen. Auch del' erste Grund stii.zt sich a.uf die nioht,s weniger als erwiesene Vor. aussetzung, daB in v. 15-22 nur die Belagerung, Eroberung und Zersti:irung Jerusa.lems durch die Ri:imer gewei8agt sei. Schon bei der exegetischen Erarte. rung von v. 15 ha.ben wir bemerkt, da.B Jesus naeh der Relation seiner Rede bei lltth. u. Mrk. gar nicht von der Zerstórung Jerusalems spricht, sondern 11ur vom Stehen eles Greuels der Verwüstung an heiliger Stiitte. Aber auch Luk., welcher statt dessen die Belagerung Jerusalems durch ein Kriegsheer erwiilmt, kann die romisclte Belagerung und Zerstorung Jerusalems nicht als die volle und schlieBliche Erfüllung der Weillagung des Herm von seiner Wiederkunft betmchtet babeo; da er bemerkt, da!~ mandaran erkenuen solle, da.B die Verwüstung Jerusalems herbeigekommen sei, und alles ;verde erfült werdeu was geschrieben steht, und hinzusezt, da() Jerusalem von den Heiden zertreten sein werde bis der Heiden Zeiten erfüllet sind, daB Zeichen am Himmel geschehen und die Kriifte der Himmel werden erschüttert werden, und dann der Menschensohn in groller Kraft und Herrlichkeit kommen werde (Luc. 21, 20. 22. 24-27). No.ch dieser Darstellung soll also a.uf die Beln.gerung und die mit derselben beginnende Verwüstuug J erusalems die Zeit der Zertretung von den Heidon folgen und so Iange da.uem bis der Heideu Zeiten erfült sind, und erst nach Abla.uf dieser Zeiten soll die Wiederkuuft des Mcnschensohnes in Ilerrlichkeit erfolgeu. Yergleiche11 wir damit die Aussage bei Mtth. v. 14, daB das Evangolium allen Vi:ilkern o.uf der Erde verkündigt werden soll, bevor das Ende kommen wird, so kn.nn Jesus ode1· der Concipient der von Matth. überlfoferteu Rede Jesu unmiig· lich die rómische Zerstürung Jorusalems als das Ereignis sich gedacht ha.ben, n.'\ch welchem al~bald die sichtbare Wiederkunft Christi erfolgen werde, folglich a.uch den Greuel der Verwüstung an heiliger Stiitte und die mit demsclben anhebende grolle Trübsa.l nicht a.uf die Drangsale des romisch-jüdischen Kricgs bezogen, wenigstens nicht da.ro.uf beschriinkt ha.ben .. Hieraus erhellt unleugbar, dall in der Rede Jesu nach Mtth. die sichtbare Wieclerkunft des Ilerrn nicht in unmittelbare zeitliche Verbindung mit der Zerstorung Jerusalems und des Tcmpels duroh die Rómer gesezt oder als sMioor: no.ch derselben folgend gewei()agt ist. Demnach beruht das Hauptargument dcr Gegner der Echtheit unscrer Rede filr ihre Hypothese über die Composition derselben a.uf einer unrichtigen Auf. füssung der WciBagung J esu, die ihren tieferen und eigentlichen Grnnd in einer irrigen Vorstellung vom Wesen der Weiliagnng hat, niimlich auf der Identificirung von WeiBagung uncl Warsagung d. h. Vornussagung einzclner künftigor Ereignisse beruht, wiihrend die Wofüagung zwm: auch sehr specielle Priidictio· nen enthiilt und von den alttestamentlichen Propheten der alteren Zeit uns fast nur solche bestimte Priiclictionen überliefert sind, abe1· weder blos in Divinationen der Zukunft aus del' Gegenwart, noch blos in Priidictionen zukünftiger Dinge und Begebenheiten bcsteht. Vgl. [{üper, da.sProphetcnth. des A. B. S.4-:1:21f. lt eil, Comm. "· Evangol. Mntth. 31
182
Matth. XXI V.
Die Losung tler in Frage stehendcn Schwierigkeitou der eschatologischen Rede Jesu kann sich nur aus dei· richtigen Auffassung des Wcsens der biblischen Wei8agungun
l\latM1. XXI V.
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die Welt und für soiu Roieh gogründet lmt, und üborhaupt von seinem Walten in der Regieruug der Welt uud,seines Reiches. Wic im No.turreiche die hoheren 01·dnungen in den niede1·en keimartig prü.formirt sind, so bilden auch im Gno.denreiche die Institutiouen der alttestamentlicben Theokrntie Prll.formationen und Typen für die hüheren nnd geistigen Ved1ii.ltnisse des Himmelreichs. Gleicherweise sind die Thateu Gottes in der Geschichte Israels typisch bedeutsn.m für das Wal ten des Herrn in der zeitlicheu Entwicklung des Himmelreichs. - In diesen von Gott geschaffenen Gesetzen del' Welt- und Menschengeschichte, die wir hier nur kurz andeuten wolten, ist die optisch-complexe und die bildlich- symbolische und typische Beschaff'enheit der WeiRagung begründet, deren Realiti.i.t nur von oberfiii.chlichen Denkern in Abrede gestelt werden kann. Daraus ergeben sich aber sehr beachtenswerte Normen für elfo richtige Auffassung des Verhiiltnisses, in welchem die Wei!lagung zu ihrer geschichtlichen Erfüllung steht. Wenn die zu offenbareude Warheit der WeiBagung in die Forro optisch-complexer Anschauung und in bildlich-symbolische Schilderungen von typischer Bedeutung gekleidet ist, so lil.Bt sich nicht a priori bestimmen, wann und wie sie sich erfüllen wircl, ob eigentlich d. h. in der geschilderten Mo.lalitat, oder nur ihrem geistígen lnhalte nach¡ ob auf einmal, in einem eiuzigen geschichtlir.hen Ereignisse, oder successive in sich wiederholenden geschichtlichen Thn.tsachen, bis sie schlie.6lich ihre volle Verwirklichung erlangt. Daraus folgt, daB das Wort der W eiBagung durch die Erfüllung erst seine volle Erklil.rung findet. Wenden wir das Gesagte auf unsere eschatologische Rede Jesu an, die sieh, wie schon bcmerkt, nach Form und Inhalt an die prophetische Vcrkündigung des A. T. anlehnt und die ganze Entwickelung des Reiches Gottes im gcgen wü.l·tigen .A.con bis zu seiner Vollendung in de1· Ewigkeit ums¡>annt, so lii.Bt sich gegenwiirtig, wo wir noch mitten in der Entwickelung stehcn, noch kein endgültigcs Urteil über die Erfilllung oder Nichterfüllung dersclben füllen, sondern nur Folgendes darü.ber bemerken: Der Herr unterscheidet in seiner Rede drei Perioden: l. nent er Ereignisse, welche noch nicht das Ende indiciren (v. 4--6); 2. erwü.hnt er welterschütternde Begebenheiten, schwere Verfolgungen seiner Jünger und die Verkündigung des Evangeliums unter allen VOlkern der ganzen Erde als Vorboten des kommenden Endes (v. 7-14)¡ 3. schildert er das Kommon des Endes no.ch den Zeichcn seines Beginnes: den Greuel der Verwüstung an heiliger SUttte, unerhi.irt gro.Ge Trübsal und Bedrüngnis seiner Jünger durch falsche Propheten (v. 15-28), worauf alsbald seine sichtbare Wiederkunft. in den Wolken eles Himmels erfolgen wird (v. 29-35). - Die in den beiden ersten Abschnitten seiner Rede erwahnten Ereignisse sind nicht als zu bestimten Zeiten erfolgend angekündigt, daher auch ihre Erfüllung nicht in geschichtlichen Vor· gitngen einzelner Zeiten gesucht werden da.rf. Sowol Kriege, Empürungen, Erdbebcn, Hungersnüte und Seuchen hier und dort, als auch das Auftreten von Irrlehrern und falschen Messiassen wieder)lolen sich 31 *
484
l\fatth. XXIV.
im Laufe der Zeiten, und die nls dQX~ roc5lvrov bezcichucte11 Calamitilten unterscheiden sich von den noch gar nicht auf das Ende hindeuteuden Ereignissen nur durch ihre intensive und extensivo Starke und Haufung, wodurch sic auf die bevorstehende Um- und Neugestaltung der Welt hindeuten. Auch die Verkiindigung des Evangeliums in der ganzen Welt vollzieht sich allmiilig von den Zeiten der .Apostel an bis auf unsere Tage, ohne bis jezt ihre Vollendung erreicht zu baben. Anders verh!i.lt es sich mit den das Ende herbeifübrenden gro6en Zeichen, dem Greuel dcr Verwüstung an beiliger Stiitte, mit welchem die groBe Trübsa.l anheben wird, und der s.icbtbaren Erscheinung des Menschensohnes. - Die Wci6agung des Propheten Daniel von dem Verwüstungsgreuel hntte bercits eine niichste geschichtliche, aber nur vorlaufige, noch nicht ihre volle Erfüllung erhalten. Dies erhellt nicht nur daraus, daB Jesus die Verwirklichung derselben als noch bevorstehend ankündigt, sondern auch aus c. 11 u. 12 des Buches Daniels, wo der gegen den heiligen Bund frevelnd auftretcnde Künig, dor das Heiligtum entweiht, das bestündige Opfer abschaft und den Greuel der Verwüstung aufstelt, so geschildert ist, dn.G die Schilderung weit über die geschichtlicb constatirten Frevcl des Antiochus Epiphanes hinausgeht, indem von demselben 11, 36 ausgesagt wird, da.G er sich wider alle Gütter erheben und Llisterungen wider den Mchsten Gott rellon werde, und wo sowol die Drangsal jener Zeit mit dem Ende der Tage, als auch der Sturz des Frevlers und die Errettung des Volkes Gottes a.usjener Not mit der Auferstehung der Todten verbunden ist (12, 1-3. 11-13). IIier ist unverkennbar Antiochus Ep. dcr Frevler widcr den heiligen Bund als Typus des lezten Feindes der Gemeindc des Herrn, des Antichrists verkündigt, mit dessen Sturze die Vollendung des Reiches Gottes eintrcten wird. W enn hiernach die aus Daniel genommenen Worte Christi unzweifelhaft auf diesen lezten Feind, den Antichrist, bezogen werden müssen, a.uf den sie auch der Aposte! Paulus in 2 Thess. 2, 4 ff. bezogen bat, so dnrf man doch bei dem optisch-complexen und typischen Charakter der WeiBngung frühcre unvollkommenere Erfüllungen nfoht ausschlie6en, also auch die ziemlich verbreitete Beziehung auf die durch die Romer über Jerusalem und Judlia hereingebrochene Kato.strophe nicht als unzuliissig abweisen. Nicht richtig ist es nur, diese zeitgeschichtliche Erfülhmg von dem geweiBagtcn Greuel der Verwüstung in der Verbrennung des Tempels durcb die Romer oder gar in der Aufrichtung der BildsiLule des Titus oder der Reite1•statue des Hadr:ian auf der Stü.tte des zerstorten Tempels, woran Clwys., Tlteopltyl., Eutllym. u. llieron. dachten, suchen zu wollen. Vielmehr komt hiebei die grauenhafte Entwcihung des Tempels durch die Zeloten (vgl. Joseplt. bel!. jud. IV, 6, 3) in Betracht (Hngsfb. Christol. III, 1 S. 113 ff.), mit welcher mau die von den Heiden auge~ richtete Verwüstung auf dem Tempelplatze ve1•biuden kann. Ganz unriehüg ist es auch, in den Greueln der romischen Belagerung und Zer-' storung Jerusalems die volle endgültige Erfülltmg des geweifiagten Vorwüstungsgreuels finden zu wollen. Dagcgen spricht schon entscbeidend
Ma.tth. XXIV.
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was der Herr über die olsdn.nn eintretende {)).Í1/Jl~ µeyér.J.r¡ sagt, deren Beschreibung durch die mit dem romischen Kriege verbundenen Drangsale in keiner Weise erschopft wird, vielmehr, wie auch die Aulehnung der Schilderung an Dan. 12, 1 lehrt, a.ufo die Endzeit hinführt, so da8 die Drnngsnle des romischen Krieges nur ein schwaches Vorspiel derselben liefern, bei weleher die Aufforderung zur Flucht in dein FHlchten der Christeugemeinde nach Pella wortlich in Erfüllung ging. In Betreff der schlieBiichen Erfiillung aber ist die typische Bedeutung von Jerusalem und Judüa als Stü.tten des Reiches Gottes ins Auge zu füssen. Denn die zu eiligster Flucht Aufgeforderten sind Christen, nicht Juden, und die zu Rettenden die t"J.Er.:r:ol, um deretwillen die To.ge der Trübsal verkürzt werden. - Diese typische Erfüllung der Worte ist übrigens auch nicht auf die noch jezt zukünftige Endzeit zu beschranken, sondern bahnt sich in der geschichtlichen Entwickelungszeit der christlichen Kirche allmü.lig an, in den sich wiederholenden Perioden sowol der Bedrückung der Jünger Christi durch widerchristliche Mitchte als auch des in der Christenheit um sich greifenden Verfalles des Glaubens und der Liebe. 1 Wenn aber die WeiBagung von dem Greuel der Verwiistung uud der gro8en 'frübsal weit über die Zerstürung Jerusalems durch die Romer hinausragt und auf die Zeit des Antichrists hinweist, so hat a.uch das Wort des Herrn, daB alsbald (EvO-Éw~) nach jenen Ta.gen seine sichtbare Wiederkunft in den Wolken des Himmels erfolgen werde, volle Wnrheit, und kann nur von Kritikern in Zweifel gezogen werden, welche entweder die Wiederkunft des Herm zur Vollendung seines Reiches überhaupt leugnen, oder den Begrift' der Parusie irrtümlich bestimmen. - Die übliche Unterscbeidung einer zweifacben (unsichtba1) Hinsichtlich der Abweichung des Luk. {21, 20 ff.), da$ cr statt des Greuels der Venvüstung an heiliger Stiitte die Bclagerung Je1·usalems durch cin Kriegsheer erwlihnt, ha.ben wir schou S. ·181 nachgewicsen. dalli a.uch seine Schilderung dieses Ereignisses weit über die Bela.gcrung und Zerstürung Jerustt.lems hiunusgeht. Den Grund diese1· Abweiclrnng hnben wir dnrin zu suchen, da.f~ Luk. das aus D:miel genommene Merkmal, élns {Jufi,.vrµa z~, l~1¡¡.twuaw> bci Afatth., fallen lief1, weíl sein Yerst.iiodnis ·cine tieferc Erforschuug der Weif>agung Daniels erfordertc, ala er von Heidench1isten, für welche er sein Evangelium sehrieb, erwm·teu konte, und stntt dessen die Belagerung ur.d Verwüstung Jerusalems angab, da 'fempel und ,Jerus¡i,lem zusammen gehoren und die Venvüstung der heiligen Statte sich von der Verwüstung dcr heiligen Stadt uicht trenncn lielí, a.uch von den Propheten des A. T. eiue füindliche Bedrli.ngung Jerusalems in der Endzeit gewcif.a,!.tt wa.1· (Z¡i,eh. l•.l:. Ezech. 38. 39). - Frnglicl1 bleibt nur, ob die von Lnk. erwii.Jmte Blllagerung Jerusalems, mit der ihre Verwüstung kommen wird, und die Tage der Ha.che beginnen, da!~ naPtc• 'l:li r&')IOctpuén( d. h. alle Weillia.gungen des A. T. erfült werden, auf Dan. 9, 26 (xrci ft'icudtfo ÜJnoP
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Ma.1.-th. XXIV, 36.
ren und sichtba.ren) ode1· gar einer dreifachen (historischen, geistigen und eschntologischen) Wiederkunft ist mi6verstil.ntllich. Christus und seine A1>ostel lchren nur eine Parusio und untcrscheidcn uur verschiedene Phasen oder Mnnifestationen dcrselben. Die Parusie begint schon mit den Erscheinungen des Auferstandenen im Kreise sciner Jünger, um dieselben von der Wirklichkeit und Lcibhaftigkeit sciner Auferstehung zu tlberzeugcn, bei der die Jünger den Herrn mit leiblichen Angen saben¡ sie sezt sich nach der Himmelfahrt fort in der A.usgie6ung des als Parnelet ihnen verheiBeneu Geistes, in welchem Jesus, wie er Joh. 14, 18 ausdrücklich sagt, zu seinen Jüngern komt, daB sie ihu, freilich nicht mit Leibesangen, wol abcr mit dom Glaubensauge des Geistes, sellen, und ihnen seine Gegcnwart krli.ftig bcweist, indem er sein Reich auf Ertlen ausbreitet, seine Gcmeincle widcr alle Macht der I!'einde schüzt und die Wclt überwindet, bis das Evangelium vom Reiclw allcn Yüllrnrn ve1:!cündigt se.in wird, worauf seine Wicdcrkunft sich in der der ganzen Wclt sichtbaren Erscheinung (faupávf:ta v]c; 3WQOVúlm; avl'OV 2 Thess. 2, 8) mit grol3er Macllt und Herrlichkeit vollenden wird, um durch das Endgericht sein Rcich in Herrlichkeit offenbar zu machen. - Die mit dem ersten Pfingstfesto anhebende und durch die Jahrhunderte dcr christlichen Kirche sich fortsetzentle geistige Gegenwart und Wirksamkeit Christi in seiner Gemeinde ist nm· die innerliche, vór den Augen der W elt verhüllte Scite seiner Parusie, ist aber nicht minder real als die noch zukünftige, allen Geschlechtern der Erde sichtbar werdeude ~:;m¡xÍ.vt;w tlerselben. Wie die {3cca1J.1:la -ráJv o11QaváJv seit den Tageu der ersten Pfingsten als reale Mueht auf Erden cxistirt und die Reiche dieser Welt überwindet, so ist aueh die Parusie Christi schon in dem gegemvil.rtigen Aeon cine Realitüt, deren seine Jilnger sich getrüsten und doren Wirkungen so augenscheinlich sind, daB sic den Kindern des Unglaubens geheimes Grauen erregen, den Glaubigen abcr Mut und Kraft zuro Ausharren in der Trübsal einfl.üfien uud die Warheit seincr Verhei6ung verbürgen, da6 er derei11st allenthalben sichtbar erseheineu wird zum Schrecken seincr Feinde und zur Freude sciner frommen und treuen Knechte. - Aus dieser scbriftgeml.Ll3cn Auffo.ssung des Degriffs de1· Parusie unseres Herrn wird auch der Ausspruch vcrstündlich, daB 1í rH'H~ aiín¡ nicht vorübergehen wcrde, bis da!i allcs dieses geschehen sei írbn¡wi) d. h. eingetrcteu, nicht: vollendct odcr zum Abschlu6 gekommen sein wird. Denn alles, was Jesus von v. 4 verkündigt, erfült sich nicht momentan, sonderu successive, in Htngerem geschichtlichen Verlaufe. V. 36-51. Er111ahnu.ngen zurWacbsamkeit, um vou der Wicderkunft des Herrn nicht überrascht zu werden, weil niemand Tag und Stunde derselben weiR (v. 36) uud der Herr unerwartet und plützlieh zum Gericht über die in sorgloser Sicherheit dahinlebentlc Welt kom· mcn wird (v. 37-51). - V. 36. ,,Ueber jeuen Tag und Stunde u.her weiB niemand, auch nicht die Engel des Himmels noch clcr Solm, sondcrn nur dcr Vater allein". Ygl. Mre. 13, 32. Obgleich alles, was der Herr seinen Jüngern über die Zeichen seiner Parusie und dcr Welt-
J\fatth. XXIV, 37-41.
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vollendung verkündigt hat, noch zu Lebzeitcn der damaligen Generation geschehen d. h. sich zn erfüllen beginnen wird, so ist doch Tng und Stunde seiner Wiederlrnnft zum Gericht nicht bekant, weder den Menschen, noch den Engeln, noch auch dem Sohne Gottes. Da.B dieser Ausspruch mit der Aussnge v. 34 nicht in Widerspruch steht, wie Bl., Colani, Weilf. u. A. behaupten, liegt auf der Hand, sobald man nur die Worte nimt, wie sie In.uten. Selbst Pfleid. bemerkt S. HS der aben angcf. Abhdl.: ,die Unwissenheit über den bestimten Zeitpunkt tler Parusie schlie.Bt die WeiBagung über den allgemeinen Zeitraum derselben nicht :i.us.' Tag und Stunde d. h. den bestimten Tag weill nur der Vater allein, der als Regierer der W elt die XQÓVot und xcuooí des ganzen Verlaufs der Welt- und Menschheitsgesehichte lv 'tfÍ lól~ tgoval~c festgesezt bat (Act. l, 7) und demgemii.B auch die Parusie des Menschensolmcs und die Weltvollendung zu der in seiner Weisheit bestimten Zeítfrist herbeiführt. Diese Zeit weiB da11or auch der Sohn nicht, nicht blos im Stande seiner x{vwau;, sondern auch ah der zur Rechten des Yaters erhühte Menschensohn, da auch ihm alle Gcwalt im Himmel und auf Erden, die cr im St.ande seiner Et·hohung hat, vom Vater gegeben ist {28, 18), so da.B er nur den von Gott dcm Vater von Ewigkeit her gefaBteu Rathschlu6 der ewigen Liebe ausführt, und nach Unterwcrfung aller seiner Feinde, und nach Aufhebung des Todos als des lezten Feindes sich Gotte, der ihm alles untergeordnet hat, untcrordnen wird, auf daB Gott sei alles in allem (1 Kor. 15, 24-28). Vgl. hiermit die Erorterung S. 406 über die 20, 23 von Jesu ausgesproehene Beschriiukung seiner Macht. - V. 37-39. Vgl. Luc. 17, 26 u. 27. Es wird sich aber mit dcr Parusie Christi verhalten wie mit der Sintflut. Sie wird für die sorgloso Menschheit unerwartet hereinbrechen. ,, Wie aber die Tage Noahs waren, so wird die Zukunft des Menschcnsohnes sein". Die Tage Noabs siud die Zeit des Baues der Arche, 1 Petr. 3, 20. In weleher Hinsicht die Pnrusie Christi den Tagen Noahs gleieht, wird v. 38 f. augegeben. ,,Wie sie (die l\ienschen) nii.mlich in den Tagen vor der Sintflut aBen und trauken, heirateten und verhoirateten bis zu dem Tage, da Noah in die Arche ging, und es nicht erkanten, bis die Siutflut kam und alle hinwegnahm, so wird aueh die Zukunft des Menschensohues sein". ~aav - TQWf'OIJ"CEc; - 3tlvoviEc; sie waren essend, trinkend - drükt das stü.ndige Tlmn aus. "CQW{'W' essen, ohne üblcn Nebenbegriff (fressen), vgl. Job. 6, 54 ff. 18, 18. yaµl{;Hv oder t~ra l.tÍ~Ew verheil'atcn, aus dem Hause Tochter verhciraten. Für yaµl{;ovnc; hat Tisclt. S nur rt.D 33 angeführt, wührend für lx¡•aµl{;oin:ec; JLI'All al. zeugen. Zu ot~'~ gyvroaav sic edmnten d. h. beaehteten nicht ist als Object zu suppliren: das Bevorstehendc, oder was kommen werde. - V. ·10 u. 41. Vgl. Luc. 17, 34. 35. Alsdann wird von zwGien neben eimmder mit derselben Arbeit Beschiiftigten der eine angenommen werden, nümlich von den die .A.userwii.hlten sammelnden Engeln, dcr andere gelassen werden d. h. dem Gerichte oder dem V crderben 'ii.berlassen werden. Die Prasentia vergegenwlirtigen das Zuktinftige. Die Worte cflío dJ.rjffm•am sind als ahsolut vorausgcscztcs Subjoi:t zu
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Ma.tth. XXIV, 41-47.
füssen, welches in der folgenden Aussage in seine Teile zerlegt wird. Deutsch: von zweien, welche mahlen, wird eine angenommen und eine gelo.ssen werden. tv ?:c{i µvJ.cp beim Mühlstein der im !-ID.use befindlicl1en Handmühle, welche gewl.ihnlich von Mil.gden oder Weibern gedreht wurde, vgl. m. bibl. Archü.ol. S. 500 u. 502, wie noch jezt im Morgenlande in btirgerlichen Wirtscbaften, vgl. Robins. Pal. II S. 405 f. - Daraus zieht Jesus v. 42 die Mahnung: ,, Wachet aj.so, denn ihr wi.Bt nicht, an welchem Tage euer Herr komt". yQr¡yoQE'lv wachen, das Gegenteil der sorglosen Sicherheit, involvirt das Achten auf die Zeichen der Zeit unrl die bestii.ndige geistliche Vorbereitung a.uf die Ankúnft des llerrn. Statt ;;roí~ dJQ~t (nach LI'II al.) hat Tiscli. 8 xol~t ~µiQ~t nach ~BJ)J¿J al. aufgenommen. - Diese Mahnung wird in V. 43-51 durch Gleichnisse erlii.utert, welche die Notwendigkeit des Wachens und die Gefahr sorgloser Sicherheit veranschaulichen. V. 43. Vgl. Luc. 12, 39 f. ,,Das aber erkennet, datl wcmn der Hausherr wüBte, in welcher Nachtwache der Dieb komt, er würde gewacht und den Dieb nicht in sein Hans haben einbrechen lasseu". Der Tag des Herrn wird so unerwartet kommen wie ein Dieb in der Nacht; vgl. zu diesem Bilde 1 Thess. 5, 2. 2 Petr. 3, 10. Apok. 3, 3. 16, 15. pvJ.ar.~ Nachtwache, als ein Teil der Nacht, s. zu 14, 23. V. 44. ,,Darum seid auch ihr bereit". óu( -r:ovw darum, weil die Stunde der Ankunft des Herrn unbekant ist - damit ihr nicht Schaden erleidet, der Seligkeit verlustig gehet. - V. 45-51. Vgl. Luc. 12, 42-45. Die Gefahr der sorglosen Sicherheit zeigt der Herr seinen Jüngern in dem Gleichnisse von einem Knechte, welchem sein Herr wiLhrend der Zeit seiner Abwesenheit die Aufsicht über das Hausgesinde anvertraut hat, uncl zwar so, daG er ihnen dabei sowol den Lohn der Treue, a.Is auch die Strafe der Untreue zur Mahnung und Warnung vorhü.lt. V. 45. ,, Wer also ist der treue und kluge Knecht, welchen der Horr über sein Hausgesinde {olr.81:Ela die Dienerschaft) gesezt hat, datl er ihnen die Speise zur rechten Zeit gebe?" Wenn bei der Ungewi8heit der Zukunft Ohristi die rechte Bereitschaft notwendig ist, so müssen die Jünger des Herrn wissen, wol'in dieselbe besteht. Der Knecht, welchen sein llerr über das Hausgesinde sezt, bei Lnk. olr.ovóµor; genant, ist ein Bild der Jilnger Christi, die zur Leitung seiner Gemeinde berufen und verordnet sind, da.B sie die ihnen anvertrauten Seelen mit dem Brote des Lebens speisen. Dieser óoiíJ..or; wird als :tua-r:or; r.al rpQÓVlµor; bezeichnet. Denn T1·eue und f{luglleit sind uuerfütlliche Erfordernisse für die rechte Verwaltung ihres Amtes. xta-rór; bezieht sich a.uf die das ganze Verhalten bestimmende Gesinnung, vgl. 1 Kor. 4, 1 f., tpQÓVt/Wt; auf die Wahl der rechten Mittel und Wege zm· treuen Ausführung des Willens des Herrn. - V. 46 Die Antwort: der Kuecht ist es, welchen ... gibt Jesus in der Form einer Seligpreisung: ,,Selig jener K11echt, welchen sein Herr beim Kommen so thuend finden wird". ofh:mr; so wie er ihm aufgetragen hatte. - V. 47. Den tren und klug · erfuudenen Knecht wird der Herr tiber alle seine Güter setzen d. h. ihm die Verwaltung aller seiner Güter anvertrauen, also eine viel hühere
Ma.tth.
xnv, 48-51.
XXV, 1. ,
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Stellung und Wirksamkeit als Lohn seiner Treue ihm zuweisen. Auf die Jünger Christi angewandt bestebt demnacb der Lohn darin, da1l sie zum avµ{JaatJ..evetv mit Obristo im Reiche der Herrlichkeit crhoben werden, vgl. 19, 28. 25, 21 u.'23. - V. 48-51. Den bOsen Knecht J1ingegen wkd bei der Wiederkunft des Herrn schwere Strafe treft'en. ,,Wenn aber der bose Knecht in seinem Herzen spricht". Die Wendung ist eine pragnante .Ausdrucksweise für: wenn aber der Knecbt büse ist und in seinem Herzen spricht d. h. bei sich denkt. & xaxo~ óovJ..o~ ist das Widerspiel des trenen und klugen Knecbtes. Doch be1mgt r.ar.Ó~ meh1· :tlS /}.xt
l\fatth. XXV, 2-7.
490
zug darnuf, daB die in der Parabel vcranschaulichte Gleichmachung d. h. fo.ctischo GlcichsteUuug erst bei dem Gerichte crfolgen wird. Die Vergleichung bezicht sicb, wic schon zu 13, 24 (8. 315) bemcrkt worden, auch bei diescr Parabcl uicht auf die Jungfrauen als Personen, sondern auf ihr Thun und Verhalten mit seinen Folgcm, wie es iu der Po.rabel geschildert ist. - Die Hochzcit, als Bild der Vereinigung des Herrn mit seiner Gemeinde (vgl. Apok. 19, 7 u. die Erkl zu 9, 15. S. 241), zu welcher die Jungfrauen den Br1iutigam feierlicb einholcn wollen, ist hior nicht, wie es die Sitte war (vgl. m. bibl. .Archaol. S. 5WJ, im Hause des Brautigams gedacht, sondem im Hause der Braut (wie Richt. H, 10), in Rücksicht auf die im Gleichnisse abgebildete Sache, sofem nü.mlich Christus vom Himmel auf die Erdo herab zu seiner Gcmeinde komt. Bei. ~s~J.:fJo1' ist die Differenz unter den Auslegorn, ob die Jungfrauen aus dem Brauthause (iUey.), oder aus ihren eigenen Hü.usern (Ew.) ausgingen, für die Sache von keinem Belange und lüBt sich exegetisch gar nicht entseheiden. Denn so natürlicb es auch ersclieint, daB die Brautjungfern sich bei der Brnut versammeln, um vou da aus dem kommenden Drü.utigam entgegen zu gehen, so sind doch die zehn Jungfrnuen schwerlich als blo.Be Brautjungfern d. h. Freundinnen oder Gespielinnen der Braut, von ihr verschieden, zu denken, so daB mnn mit 1Jfey. die Frnge aufwerfen darf, ob die Zehnzahl der Ilrautjungfern übliche Sitte war, sondern repriisentiren die Braut, dio daher nicht genant ist, indem die pnrabolisehe Darstellung in diesem Punkte nicht der bei inlischen Hoehzeiten üblichen Sitte gemü.B, sondorn dom abgebildeten Sachverhtiltnisse entsprechend gebildet ist. 1\uf die Sache gesehen ist die Braut ja die Gemeinde Christi, und zwar nicht in abstracto, sondern in ihrer concreten Wirklichkeit als Versammlung oder Vereinigung der Christen. Do.her komt nueh die Zehnzahl nach ibrer symbolischcn Bedeutung als Signatur der Vollst.andigkeit in Betracht, so dnB die zehn Jungfrauen die Vollz:i.hl der zur Vermablung mit Christo ibrem Brü.utigame sich anschickenden Gliiubigen darstellen. V. 2-4. Von den Jungfrauen warcn fi.i.nf thüricht, fünf klug. Die Thürichten nahmen beim Ausgehen ihre Lampen, aber nicht Oel aufier dern was in den Lampen brante, rnit sich; die Klugen aber irn.hmen Oel in Gefit6cn samt den Lampen mit, um für den Fnll der Verzügerung der Ankunft des Brüutigams dio Lampen nneh Bedarf mit Oel speiscn zu kounen. - V. 5. Als aber der Ilt·iiutigam mit dem Kommen verzog, nickten alle ein und schliefcn. IIicbei ist wol vorausgesezt, daB sio unterwegs in ein Haus eingetreten wnren, um daselbst. die Ankunft des Brautigams a.bzuwarten. - V. 6 f. Um Mitternncbt entstand ein Gcschrei: ,,Siche da der Brll.utigam! Gcht ans ihm entgegen!" Da standen alle jene Juugfrauen o.uf und schmükten ihre Lampen. lIQXt,Wt naeh vvµrplor; fe.hlt in ~BC* IJLZ, und ist von Le/mi. u. Tisch. 8 weggelnssen, fi.i.r den Sinn aueh nicht notwendig, da das einon Gcgenstand vergcgenwi1rtigcnde lóov den Begriff des Kommens oder Gekommenseins involvirt¡ also wol nur nis verdeutlichende Glossc in clic Codd. {'3XI'L1II al. gekommen. lr.óa¡11¡am• scl1mükten d. h. bracbten die
o
l\.fatth. XXV, 8-13.
491
Lampen in Ordnung durch Putzen des 'l'ochtes und Versorgung mit Oel, da8 sie hell brennen konten. - V. 8. Die Thürichten aber haben lrein Oel mehr und bitten die Klugen: ,,Gebt uns von eurem Oele, denn unsere Lampen af]lvvvv?:at sind im Begriff zu verlüschen". V. 9. Die Klugen aber antworteten: w/xors ov µ~ dcnda~¡ . . . Nimmermehr (geben wir eucl1); es wird gewiB nicht hiureiehen für uns und für cuch. Wenn oiJ µ~ nach BCIJXLlf)ll al. die richtige Lesart ist, so kn.nn áQ-~dú?J .nicht von µ~:n:O?:E abhangen, sondern nur von oiJ µ1Í, so dtiB hinter ¡t~3t07:8 zu interpungiren ist, vgl. Winer S. 556. Doch hat Tisclt. 8 die Lcsart von ~ALZ al. pl. 1 wíxore ovx áor.ilau vorgezogen: ,claB es nicht etwa unzureichend sei' d. h. es steht zu befürchten, daB es nicht zureiehe für uns und für euch¡ vgl. Winer S. 469 f. ,,Geht vielmehr zu den Kramern uud kauft euch". - V. 10 Wi1hrend sie aber hingingen (zu kaufen) kam der Briiutigam und die Bereiteten gingen mit ihm ein (ins Brauthaus) zur Hochzeitsfeier und die Thü1· ward verschlossen. V. 11 f. Als spü.tm· auch die übrigen Jungfrauen kamen tmd sprachcm: ,,Herr, Herr, offne uns" (r.lÍ(.ltl!, r.VQlE die Dringliehkeit des Rufens llUSdrückend, s. zu 7, 21), antwortete er: ,, warlieh ich sage euch, ich kenne euch nieht'' d. h. ihr seid mir unbekante, nicht zur Hochzeit gehorende Lente. So betrachtet er sie, weil sie nicht unter den ilm empfangendeu Jungfrauen sicb bofanden. In v. 13 folgt die Anwendung: ,,Wachet also¡ denn ihr wissetnicht den Tag noch aucl1 die Stunde" (der Parusie). Diese Malmung ist in der Parabel ntiher so ausgcführt, daB die Jü11ger Ohristi nicht blos ilberhaupt für den Empfang ihres Herrn sich boroiten sollen, sondern auch so nachhnltig, dafi wenn sciue Ankunft sich verzogert, sic für den Eingnng in seiu Reich nicht unvorbercitet gotroffcn wcrden. - Die zehn Jungfrnuen stellen, wie schon bemerkt, die ganze Cbristenheit dar. Die brennendeu Lampen sind Bild der rechtcn Bercitung des Herzens. Das Oel ist in der Scbr:ift Symbol des Gcistes Gottes, hicr also l3ild des heiligen Geistes mit seiner Krnft, das Herz zu erleuchten uud zu heiligen, den Glauben zu nilhren und
492
Matth. XXV, 13.14.
Kraft des Geistes so zu rüsten, daB sic zur Stunde, da der Herr komt, die Flamme des Glaubens und der Liebe alsbnld wieder hell lcuchtend anfacl1en künnen. lVIit dieser Kraft sollen wir uns durch fleiBigen und rechten Gebrauch der Gnadenmittel des Wortes und der Sacra.mente rechtzeitig ausrüsten. Wer dies versitumt, der kann, wenn dcr Herr erscheint, um ihn zur Rechenschaft zu ziehen, das Versii.umte nicht nachholen. l\fü der Wiederkunft Christi ist die Gnadenfrist abgelaufen. Am Tage des Gerichts kann keiner für den andern einstehen, oder mit seinem Glauben und seiner Liebe ihm aushclfen. DaB die Jdu · gen Jungfraueu den thürichten von ihrem Oele nicht abgeben wolleu, ist nicht Zeichen von Lieblosigkeit; der Grund, den sie a11g0be11: es würde nicht für uns und euch ausreichen, entllalt in parabolischcr Einkleidung dio ernste Warheit, vor Ablauf der Gnadenzeit sich mit dem Oel des Geistcs zu versehcn, der uns der Aufnahme in die Seligkeit des ewigen Lebens versichert. - Das ZuschlieBen der Thür gehürt zum l3ilde der Hochzcit, die in einem Ha.use gcfeiert zu wcrden pflegt. V. 14-30. .Das Gleiclmis von den anvertrauten Pfunden. 1 Mit ráQ an das rQ'l}YOQEi'CS o3v v. 13 angeknüpft liefert dieses Gleichnis die lezte Begründung der mit c. 24, 42 anhebendcn Ermahnung, bei dor Ungewillheit des Tages dcr Wiedcrkunft Christi zu wachen, um uicht unvorbereitet von derselben betroffen zu werdcn. Die Aufforderung YQ'l}YDQEíw 0J1, v. 13 ist einfache Wiederholung von 24, 42. Wahrend die Parabel von den zehn Jungfrauen die Gefahr des Mangels an Ausdauer im geistlichen Leben der GHi.ubigcn zeigte, wird in dem 1) Eine in dem Grundgedauken.ii.hnliche Parabel :findet sich Luc. 19, 12-2G, in oine pnrabolische D:irstellung des feindlicheu Verhaltens der Juden zu Christo verflochten, und aulierdem in der Ausführung mehrfach modificirt. Der Edle, welcher bei Luk. in ein fornes Land, zog, um eiu Reích sich einzunehmon, gab seinen Knechtcn zehn Minen, damit sie mit denselben wiihrend seiner Abwesenheit Handel triebeu. Als er dann nach Einuo.hme des Reiches wicdel"lmm, fordcrt er Rcchenschaft von dem anve1trn.ute11 Gelde, wol"auf der e1·ste ihm zehu Minen, der zweite fünf o.Is mit der empfangenen einen Mine erworben iibergab, wofiir der Herr den e1·sten mit der i§ovaút über zehn Stii.dtc, den andern mit dcr ül>.er fünf Stiidto belohnte, wahrencl der dritte, welchcr seine .Mine im Schwerntucho bci Scite gelcgt hattc, mit dcr Entziehuug dcrselben gestrn.ft wurde. Diese Vcrsclúedcnheit wird naeh dem Vorgauge Cal,,in's von den ucueren Ausll. meistenteils für cine in dcr evaugelischen Ucberliefürung vo1· sich gcgangene Modificn.tion einer und clerselben von Jesu vorgetrngcneu Para.bel gelmlten, iudem Ct1lv., Olsl1., Ni:a.11d., lJ1Jllzm. u. A. die Modification auf Itechnuug des Matth. setzen, Mrw., Ew., BZ., W..h:s., Kdm, Wci.•s die Darstellung des Mattb. für die ursprüngliehe Form erklii.ren, welche Luk. naoh eigener Combination modificirt in seine geschichtliche Darstellung vedlochten habe, wiihreml Scl1lcier111., J(em, Lange, Cl'emcr,
1tfotth. XXV, 14-18.
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Gleielmissc vou den Talcntcn die rechto Art des Wirkens im Reiehe Gottes uÚd die Rechenschaft, die jedcr Christ bei der Wicderkunft des Herrn abzulegen hat, veranschaulicht. - V. 14 f. ,,Wie ein Mensch, im Bcgriffe zu verrcisen, seine cigcnen Knechte rief und ihuen seine Gtiter tibergab, und dom einen gab er fünf Taleute, dom andern zwei, dem audern aber eins, einem jeden na.ch scinem Vermügen, und verreiste alsbald". Dem mit rBam:Q beginnenden Satze entspricht kein logischer Nachsatz. Beim Beginne der Vergleichung hatte der E1·zü.hler die Absicbt, einen Nachsatz mit OVW}~ folgon zu lllssen; vermutlich ovrro~ ~ó'l'al r.a/. tJ :JrctQOVOÍa 'l:OV vfov '1:. a1;{JQ.: eben SO wird es sich mit der Wiederlrnnft des Menschensohns verhalten, vgl. 24, 39. Aber bei dcr weiteren Ausführung des Gleiclmisses trat der Vordersatz in den Ilintergrund, so da8 der Nachsatz unterblieb und cin Anantapodoton entstand. dnoch¡µci>i> im Begriffe in die Fremde zu reisen, vgl. 21, 23. t"OV\; lólovc;
óv-
l\fatth. XXV, 19---27.
Grnbe in dur grtle) uml vcrbarg darin das Geld seines Hcrrn. Statt T:ij rü (nach ACD.XI'flfl al.) hat Tiscli. 8 nach r:l.B(Cª)Lal. ol{¡vgw r~v recipirt. - V. 19ff. Nach langer Zeit aber komt der Herr jencr Knechte und hiLlt mit ihnen Abrechnung (am,aÍ(Jl!W 2ó¡•ov wie 18, 2:3). - Da brachte der, welcher fünf Ta.lente empfangon hatt(l, seinem Herrn die mit denselbcn erworbenen anderen fünf Talento¡ wornuf der Herr zu ihm sprach: ,, Treft1ich, du guter und treuer Knecht! In Bezug auf weniges wa.i·st du tren, über vieles will ich dich setzen. Gehe ein i]l die Freude deines Herrn". Ef; gut, schOn, trefflich, .will JJ!cy. mit 1jr; ,ntarór; v~rbinden, weil wenn es absolut gebraucht Wü]:e, in gutem Griechisch Evre stehen müllte, wie auch in Luc. 19,_17 lilÍ"/li ursprfiuglich sei. Allein in Luc. 19, 17 hat zwar Tiscli. 8 1:v7li recipirt, aber nur auf Grimd von BJJ, wogegen NALRI'LlAilu. die meistcn anderen Uneialcodd. E~ lesen. Auch in unserem V. ist die Verbindung von ¡:,{, mit ~r; :nwr:. ganz unnatürlich. Bei Elr; r~v xac>&v ist nieht an oin Freudenfest zu deuken, welches zur Feier der Rükkehr des Horrn veranstaltet wurde (de Tfl'., Lange) ¡ xaQá ist der Freudenzustand, in wclcl1em der Herr sich befindet, d. i. die Herrlichkeit des Himmelreichs. - V. 22 f. Gleieherweise wird der andere Knecht, der zwei Talcnte erworben hatte, von dem Herrn belobt und belohnt. - V. 24 f. Da trat auch der, welcher ein Tnlent empfangen hatte, herzu und sprach: ,,Herr, ich kan te dich, daB du ein harter Mensch bist, erntond wo du nicht gesüet und sammelnd von wo du nicht geworfelt hast¡ und mich fürchtend ging ich hin und verbarg dein Talent in der Erde. Siehe da hast du das Deinc". avv&yrov ofJ-sv UUiúXÓ(J:irt
ov
on ...
.i\fatth. XX Y, 27-30.
495
ap1· ?:Ór.cp mit Zinscn. Y. 28 f. Folglicll kaust tlu
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l\fatth. XXV, 31.
ihre ursprüngliche Stelle in lla.rc. 4, 25 ha.tte und dort nur den Erfahl'ungss~tz ausdrücke, da.a der Reiche leicht mehr erwirbt, der Arme auch sein Weniges ba.ld verzehrt, wornach sie auch hier nur besa.ge, da.a es von dem Ertra.ge, den man o.us dor Anwendung der verliehenen Gn.ben orzielt hn.t, o.bhiingt, ob man mchr empfangen oder o.uch dio bcsessenc Go.be vel'lieren soll. Allein zugcgeben, dall die Gnome a.us Mrc. 4, 25 entnommen sei, so erhellt doch schon aus dem Contexte jener Stelle und der Po.rallele Luc. S, 17, dall dort von geistlichen Go.ben und von der Berufsthatigkeit die Rede ist, wie auch in Mtth.13, 12. Sodann lii.llt sich von einer sprichwórtlichen Gnome dieses Inhalts gar nicht beho.u¡lpen, do.a Jesus sie nu1· einmal, und fa.lls mehrmals. immor in gleicher Beziehung und Anwendung gebmucht ha.be, uud das mehrma.lige Vorkommen derselben in den evangelischen Berichten aus eincr für ursprünglich geho.ltenen Stelle a.bzuleiten sei. Die Behauptung aber, dall dio ganze Parabel mit der Wiederkunft Jesu und der Wachsamkeitspfiieht der Jünger niehts zu thun hat-te, Hi.llt sich nur vorbringen, wenn man den Inhalt der Para.bel verstümmolt ho.t. Das Wcgschneiden des Schlusscs (v. 30) rciebt hiefür nieht aus; man muB auch in der den treuen Knechten vorhemenen Belohnung die W orte ,gehe ein zu deines Herrn Freude' (v. 21 u.!23) willkiirlich hera.usschneiden, um aus keinem andercn Grunde a.Is nach subjectivem Belieben das Verreisen und Wiederkommen des Herm für einen saehlich bedcutungslosen Zug der Para.bel ausgebcn, und die Stellung dor Parabcl nicht blos in unserem lilvangelium, aondern auch bei Luk. in c. 19, 12-26 für unrichtig erldaren zu konnen.
V. 31-46. Das Weltgericht. Das Ge1ieht, welehes der i\fonschensohn bei seiner Wiederkunft über alle VOlker halten wird, bildet den SchluB der avm:Él..Eta T:OV alwvor;, das sehlie.Bliche Ende der gegenwlLrtigon Weltzeit. I-Iiernach gehürt die folgende Schilderung des Weltgerichts zur vollstaudigen Beantwortung der Frage, welche die Jünger 24, 3 an Jesum gerichtet ba.tten. - Auf die bei seiner Wiederkunft zu vollziebende Scheidung der treu erfundenen Jünger von den untreuen hatte der Herr schon in den Gleichnissen c. 24, 36-25, 30 nicht blos bingedeutet, sondern er hatte auch mit deutlichen Worten diese Scheidung a.Is Aufnahme der Treuon in das Reich seiner He1Tliehkeit und a.Is AusschlieBung dcr Untreuen aus demselben und VerstoBung in die au.Bere Finsternis bezeiehnct (24, 40 f. 47. 51. 25, 10 u. 12. 21. 23 u. 30). Aber nieht an diese Gleiehnisse lrnüpft die folgende Schilderung des Gerichts un, sondern rm die 2·!, 30 f. nngekündigte Parusie des Menschensohnes, die Bedeutung derselben ftir die ganze Welt entwickelnd und damit zugleich die zur Wachsamkeit ermahnenden Gleichnisse erfüuternd und begründend. V. 31-33. ,,Wenn aber dcr Mensehensohn gekommen sein wird in seiner Herrlichkeit, und alle Engel mit ihm, da.nn wird er sitzcm auf dem Throno seiner Herrlichkeit; und werden vor ihm versammelt werdeit alle Vülker, und er wird sie von einander scheiden, wie der Hirto die Schafe von den Bücklein scheidet1 und wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, die Bocklein aber zur Linken". (8.ytot vor lh•rElot feblt in ~BDLll' al. und ist lvol nur Glosse). Das richtige Versfündnis der ganzen Gerichtsschilderung hii.ngt von der Erklü.rung des .1lCÍvm
497
Matth. XXV, 31.
Ta
M·v1¡ ab. Na.ch constantem neutestamentlichen Sprachgebrauche künnen daruuter nur alle Vülkcr der ganzen Erde verstanden werden, wie in 2•1, 14 u. 9. 28, 19. Luc. 24, 47. Rüm. 16, 26 u. a., da durch die Verküudigung des Evangeliums auf der ganzen bewohnten Erde vor der Wiederkunft Christi der Unterschied zwischen heidnischeu und christlicheu Viilkern alsdaun aufgehoben sein wird. Daraus folgt aber, datl das Gericht über o.lle Menschen ohne Ausnahme gehalten werden wird. Dennoeh hat man im Hinblieke einerseits o.uf die folgende Beschreibung des Gerichtsactes, audrerseits o.uf andere Aussprtlche des N.T. die Frage aufgeworfen, oh Christen oder Nichtchristen als die gerichtet werdenden Subjecte zu denken seien, und diese Fraga verschieden beautwortet. - Na.ch dem Vorgange von /{. A. Gli. lüil (Opuse. ed. Goldlt. p.136 s.~. u. Analekt. 1813. 3 S.177 fl'.) nehmen 0/slt., Bg.Crus., Stier, Auberl., Cremer, Hilg(., Weizs., Volckmar, f{eim, Witticlten a.n, daB das Gericht über die Nichtehristen geschildert sei. Allein diese Annahme latlt sich weder mit der Bemerkung begründen, da.B die Seheidung der Glii.ubigen bereits in den vorigen Gleichnissen gelehrt, hier also vom Endgerichte über die Nichtgfüubigen die Rede sei, noch damit, da6 nnch Joh. 3, 18. 5, 24 die Glaubigen nicht ins Gerieht kommen, und
~.
Ev11ngol, Matth.
32
498
. Matth. XXV, 31.
geltend, somlern daB ihnen die Gelegenheit, ihm Liebe zu erweisen gefehlt habe. - Die Sichtung der Gfüubigen aber, von welcher die vorigen Gleichnisse handcln, ist nicht als dem Weltgerichto voraufgehend dargestelt, sondern in demselben vollzogen, da die Vorstellung einer zweimaligen Wiederkunft von Jesu nirgends gelehrt wird, sondern nur daB er lv Tf¡ avvTslsl~i Tov alo)vog das Gericht über Gute und Bose halten und seine Engel senden wird, uro das Unkraut auf dem Acker des Reiches Gottes zu sammeln und zu verbrennen (13, 37-'!3). Die óíxatot in 13, 43 sincl Christen, nicht fromme Heiden. - Auf die Stellen Job. 3, 18. 5, 2,1 u. 1 Cor. 11, 31 werden wir spater zurükkommen. - Ebenso wenig aber wie nuf Nichtchristen lü..Bt sich das Gel'icht über alle Volker auf die Chl'isten mit Ausschlu6 der Nichtclnisten einschriinken, wie nach dem Vorgange von Lactantius (instit. 7, 20), llieron., Eutltym., G1·otius in neuerer Zeit Neand., Bl., 1rley., Weiss u. A. thun, und teils aus dem Oontexte, teils uus dern Bilde des Hirten und aus dern Grundgedanken der richterlichen Entscheidung, der Norm der Liebeserweisung gegen Jesum folgern. Allein aus dem Contexte la.Bt sich eher das Gegenteil erweisen¡ der Vergleich mit clem Hirten aber, der die Scbafe von den Bocken scheidet, ist ein ganz untergeordneter Punkt in der Schilderung, woraus nicht gefolgert werden darf, daB Christus als Ilirt seiner Ilerde gedacht ist, uncl in Betreff der Norm der Liebeserweisung ist zu erwilgen, daB bei den &otr.ot zwar Kentnis von Jesu und seinen Jüngern, aber nicht die Annahme des Evangeliums und der Eintritt in die christliche Gemeinde vorausgesezt ist. 1 W enn nach der uuzweifelhaften Lehre Jesu das Evangelium für alle Vólker der Ercle bestirnt ist und vor seiner Wiederkunft allen Vülkern geprediget wird, so mu6 aucb das Gericht, welches er dann halten wird, um die ctótr.ot von den ólr.awt zu scheiden, nicht nur übee alle Volker im GroBen und Ganzen, sondern auch über alle Menschen ohne AusschluB der Unglilubigen, welche nicht in die christliche Kirche eingetreton sind, sich erstrecken. Ein apartes Gericht über die Heiden lehren weder die Propheten des A. T., noch Christus, noch seiue Apostel¡ und 1) Dn.B infolgo der Vcrkündigung des Evangeliums untar 11.Ilen Volkern alle Mensehen Christeu geworden seien, füBt sieh aus ~4, l ·i niel.tt ersehliefJcn,
soudcm nur, dan allen das Evangelium angebotcn und allen Gclegeuheit goneben wordon, sich für ocler wider Christum zu entscheiden. Ebeu so wcnig fa.lit sieh__ au~ de~ Richterspruche Chri~~i über di? Mcxot in v. '12 f folge1:11, daí~ ,an Unglaub1ge meht gedacht werden Jwnne' ( Wezss), und dimms rn Verbmdung mit dem Umstande, dan !:Iark. und Luk. die Schildemug des Gerichts nicht haben, nicht der SchluB ziehcn, daB die Verkündigung des Gerichts in der von Matth. überlieferten Gestalt nieht von Jesu herrühre, sondern der Evangelist eine in seincr quellc gefunclene Rede, welche nur darstelte, nach welcher Norm die Sichtung der Gliiubigen und die Scheiclung der si
Matth. XXV, 32-36.
499
aofier dem Reiche der Herrlichkeit, in welches nach dem Endgerichte die Gerechten zu ewigem Leben eingehen, und der ytievva wí3 JWQÓc; (18, 9. 5, 22), in welche die Unge.rechten t:lc; r.Ólaatv alrovwv verwiesen werden, wird dann für Heideu kein Raum, weder im Himmel noch auf der Erde, vorhanden sein. V. 32. Versammelt werden die VOlker vor dem Throne des Weltrichters durch den Dienst der Engel, die mit dem Menschensohne erscheinen; vgl. ·24, 31 u. 13, 41. Die Scheidung der VOlker in zwei Gruppen ist der Anfang des richterlichen Actes. Die Vergleichung mit dem Hirten, der in seiner Herde die Schafe von den Bocken scheidet, erinnert an die prophetische Verkündigung Ezech. 34, 17-19, daB der Herr zwischen Schaf' und Schaf und den Widdem und Boeken richten werde, damit die mageren und schwitchlichen Schafe nicht meh1• von den feisten Schafen und den Bocken zu leiden ha.ben. Die Vergleichung dieser Stelle macht es wll.l'scheiulich, da8 bei den loupoi nicht blos der geringere Wert der Ziegen und Bocke im Vergleich mit den Schafen, sondern auch das Naturell dieser Thiere in Betracht gezogen ist, also die geduldigen und friedlichen Schafe von den widerspenstigen und storrigen Ziegen geschieden werden. Dagegen liiBt sich nicht geltend machen, dafi ~Qupoc; und lofrpwv nicht überhaupt die Ziegenbücke, sondern nur die jungen Ziegen bedeute. Denn ~Qupog (Ó und 1]) bedeutet im G1ieehisehen die jungen Ziegenbl.icke und Ziegen, darnach '!:"o ~Qt
500
Matth. XXV, 37-41.
LXX). 7vµvóc; nackend d. h. der ordentlichen Kleidung ermangelnd, vgl. Job. 21, 7. Act. 19, 16. Die A:ufzli.hlung der einzelnen Liebes-, dienste ist rhetorische Individualisirung des Gedankens, da8 sie Jesu in jeder bedriingten Lage werkthü.tige Liebe erzeigt hnben. - V. 37. Die Gerechten lehnen das ihnen erteilte Lob ·ab, nicht aus zu gro8er oder (nach Olsh.) sogar unbewufiter Bescheidenheit, sondern in sachgemiifier nnd geziemender Demnt, weil sie die betreffentten Liebesdienste niemals Christo selbst geleistet haben, und wénn sie auch seines Wortes in 10, 40. 18, 5 eingedenk waren, doch den Wert dessen, was,sie anden geringen Brüdern gethan haben, nicht nach jener Verheiílung zn bemessen wagen. Wie wenig sie sich dessen bewuBt sind, da.E sie dem Ilerrn selbst Liebesdienste erwiesen haben, denten sie mit dem dreimal wiederholten xói-e as E'looµw an. Aus ihren W orten abar zu folgern, daB sie ,noch kein bewu8tes neutestamentl. Leben geführt haben' (Aub., Orem.), ist eben so irrig als der aus der Anrede KVQlE gezogene Schlu8 von Weiss, dafi sie den Menschensohn als illren He1·m anreden, also Jünger Jesu sind. Die leztere Folgerung wird schon dadurch als unstatthaft erwiesen, dall auch die Unget·echten v. 44 Jesum mit K'IÍQtE nnreden, und der ersteren hat scbon Bengel mit der Anmerkung: Fideles opera bona sua, impii mala v. 44, non perinde aestimant ut /udex, vorgebeugt. - V. 40. Den Wert, welchen die Gllí.ubigen aufihreLiebeswerke nicht legendürfen ohne Ueberschlitzung derselben, erkent die Gnade des Herrn an. ,,Warlich ich sage euch, so weit ihr's gethan babt einem dieser meiner geringsten Brüder, mir habt ibr's gethan". tlq/ o
l\fo.tth. XXV, 42-46.
501
halten. Irrig ist es jedeufalls, xar:r¡QaµÉvot mit Weiss für Prlidicat (,als Verfluchte' J zu halten. Beg1·ündet wird das Verwerfungsurteil analug dem Spruche über die Gesegneten damit, daB sie Jesu in seinen geringsten Brüdern keine Licbe erzeigt haben. Nur fehlt -roií JraT:QÓ<; µov (im Segensspruche v. il4), weil zm· Vorstellung der xar:á(la als Act des gottlichen Zornes, nicht gottlicher Vaterliebe nicht passend, und dxo r.am{Jol1j<; xóaµov bei ~rotµaaµtvov, weil das hollische Feuer den Fall der En gel, der erst nach der Weltschüpfung eingetreten ist, voraussezt. In der Entschuldigung der Verurteilten v. 44 ist die Rede, urn ermüdende Wiederholung zu vermeiden, kurz zusammengefaBt. Aus der Entschuldigung, daB sie nicht Gelegenheit hatten, Jesum in eincr der Liebesdienste bedürftigen La.ge zu sehen, la6t sich nicht sicher schlieGen, daB sic müssen Christen sein ¡ aus ihren Worten erhellt genau genommen nur so viel, daB sie Jesum gekant babeo, und aus der A.ntwort des Herrn v. ,15 auch nur so viel, do.6 sie mit Jüngern Cbristi in Verkehr gestanden, oh ne sích um deren Not zu bekttmmern. So konnen nícht nur selbstgerechte Namenchristen, sondem auch Nichtcbristen sprechen. - Uebrigens bedarf es wol kaum noeh der ausdrücklichen Bemerkung, da8 die richterliche Entscheidung nach Werken barmherziger, gegen Christen geübter Liebe mit der apostolischen Lehre, do.8 der Glaube allein gerecht und selig macht (Rom. 2, 23 f. 28. Gal. 2, 16. Eph. 2, 8 f. u. a.) nicbt nur nicht in Widerspruch, sondem vielmeh1· in vollem Einklange mit derselben steht, da na.ch Gal. 5, 6. Jak. 2, 14 ff. nur der durch Liebe sich bethll.tigende Glaube rechtfertigt. - V. 40 ist nicbt Zusatz des Evangelisten, sondern Aussage des Herrn über den Vollzug des im Gerichte gefü.llten Urteilsspruches. In der Gegenüberstellung von El<; r.óJ.amv alwvwv und Elr; sw~v alwvwv muB alwvwv in beiden Sii.tzen gleiche Bedeutung haben, und rlarf der Begriff der Ewigkeit der Hollenstrafe nicht durch dogmatische Bedeuken und dialektische Künste (de W., Scltleierm. u. v. A.) abgeschwlicht werden. Die in neuerer Zeit sehr verbreitete A.nsicht von der Wiederbringung aller Dinge, nach welcher nicht allein die verdammten Menschen, sondern auch der Teufel und seine Engel no.ch langer Strafzeit endlich doch auch selig werden sollen, ist ein Produkt theosophischer Speculation oder pantheistischer Philosophie, das mit der Lehre der gesamten Schrift A. u. N. Testaments in Widerspruch steht. Diese Schilderung des Gerichts über alle VOlker, welches Jesus bei seiner Parusie halten wird, ist keine Parabel, sondern Weifiagung eines realen, das Schicksal aller l\1enschen für die Ewigkeit entscheidenden Vorgangs, aber insofern eine parabolische Schilderung zu nennen, als sie in das Bild eines menschlichen Gerichtstages, welchen ein Konig über seine Unterthanen Mlt, gekleidet ist, um eine Thatsache, welche über die Grenzen des gegenwartigen Weltzustandes hinausreicht, für unser an Zeit und Raum gebundenes Erkentnisvermogen vorstellbar zu machen. Denn das Gericht über alle Vülker erstrekt sich nicht blos auf die V1ilker und Menschen, welche zur Zeit der sichtbaren oder schlie6lichen Wiederkunft des Herrn noch im irdischen Lehen sich befinden
502
Matth. XXV, 46.
werden, sondern auch auf alle, die bis dahin werden gelebt haben und gestorben sein. Denn - wie Jesus selbst in Joh. ó, 25. 28 f. lehrt -:allc. die in den Grü.bern sind, werden die Stimme des Sohnes Gottes hüren, und werden hervorgehen die das Gute gethan haben zur Auferstehung des Lebens, die aber das Schlechte gethan haben, zur Auferstehung _des Gerichts. Vgl. Dan. 12, 2 u. Apok. 20, 11-15. - Wir haben also auch bei dieser WeiJ3agung zwischen der in ein groBartiges Gesamtbild gefaGten Schilclerung des Gerichts und seiner geschichtlichen Erfüllung oder Verwirklichung zu unterscheiden, und dürfen qen Vollzug des Gerichts über alle Vülker nicht auf den lezten Tag des gegenwartigen W eltlaufs beschranken, sondern müssen, auch schon wegen des Zusammenhangs, in welchen der Herr selbst das Weltgericht mit seiner Parusie gesezt hat, die Erfüllung als successive eintretend uus denken, so daB alle groJ3en Gerichte, welche im Laufe der Jahrhunderte der christlichen Kirche über die Vülker, welchen das Evangelium verkündiget worden war, ergangeu sind, Vorstufon oder teilweise Verwirklichungen des Gerichts der Scheidung zwischen den Gerechten und den Ungerechten bilden, in welchen da.s Gericht über alle Vülker und nlle Illenschen angebnhnt wird, so da13 der Gerichtsact des lezten Tages der gegenwü.rtigeu Welt uur den Abschlu13 bildet, zu welchem alle, die nus dem zeitlichen Leben ungerichtet in die Ewigkeit hinübergegangen sind, vor dem Richterstuhle Christi werden erscheinen müssen, um von ihm gerichtet und je nach ihrem Verhalten zu ihm und seinen Brüdern entweder in das Reich der Herrlichkeit zu ewigem Leben eingeführt oder in das dem Teufel und seiuen Engeln bereitete Reich zu ewiger Strafe verstoBen zu werden. Weitere Belehrung hierüber geben die Aussprüche Christi über das Gericht in den oben angef. Stellen: Joh. 3, 18: wer anden Sohn Gottes glaubt wird nicht gerichtet; wer nicht glaubt ist schon gerichtet, u. 5, 24: wer mein (d. i. Christi) Wort hürt und an den der mich gesandt hat glaubt, bat das ewige Leben und komt nicht ins Gericht, sondcrn ist aus dem Tode in das Leben übergegangen. Um das Verh1Lltnis dieser Aussprüche zu der Gerichtsverkündigung unseres Cnp. richtig zu erfassen, hat man zu benchten, daB i¡ r.(Jlau; bei Joh. die durcb die Krnft des Wortes Gottes gewirkte Scheidung oder das geistig-sittliche Gericbt bezeichnet, durch welches der Glaubende dem {Jc~1•ca-oi; entnommen und der r,rorj alcóvwt; teilbaftig wird. Demgemii.G verkündigt Christus den Juden Job. 5, 29, daB bei der Auforweckung der Todten aus den Grabern die Einen zur dváaraatt; smijt;, die Anclern zur dváaraótt; X(JÍOeOJt; hervorgehen werden, indem hier 'X(>ÍOtt; im Gegensatz zu ?;ro1í die .Ausscbeidung o.us dem Bereiche der i;,ro~ aloívw; bedeutet, diese Ausscheidung aber eo ipso VerstoBung in das Reich der Finsternis und des Todes ist. In der Sprache des vierten Evangeliums ist also ~ x(!iatg der geistig-sittliche ProceS der Scheidung der Glaubigen von den Unglü.ubigen oder der Guten von den Büsen, welche Scheidung in dem Gerichte über alle Vülker, von dem unser Cap. h:rndelt, in die sichtbo.re Erscheinung tritt und am jüngsten Tage vollendet wird. Die
lratth. XXV, 4G. XXVI.
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b°'~ alrovwr; aber, welche der Glaube an Christum wirkt, ist in dem
irdischen Leben der Christeu noch innerlich verborgen, jedoch nicht blos Gegenstaud zuversichtlicber Hotfnung, soudern bereits substantielle Realitü.t, namlich der durch das im Glauben erfaBte Wort Gottes in die Seele gepflanzte Keim des ewigen Lebens, welcber mit dem fortschreitenden Gl::tubensleben wiichst und heranreift zur Erute am Tage des Gerichts. Wnnn aber die Zeit der Reifo für die im Glauben Stehenden efatritt) ob scbon mit dem Schlusse des irdischen Lebens oder erst in der Zwiscbenzeit zwischen dem zeitlichen Tode und der Auferstehung - darüber gibt der Her1· seinen Jüngern keinen AufschluB. Und was die Aposte! aus Eingebung des heiligen Geistes, den Jesus na.ch seiner Himmelfahrt ihnen gesand~ hat, da.6 er sie dr; :JCaaav u}v álJíl>uav führe (Job. 16, 12), darüber lehren, reicht nicht hin, uns einen deutliclien Einblick in die Geheimnisse des Himmelreichs zu geben, dessen wir ja auch für unser Leben im Glauben, fttr das Scha:ffen unserer Seligkeit hienieden nicht bedürfen. - So wird denn nuch erst der jüngste Tag uns volle Klarbeit über den geschichtlichen Vollzug des über alle Vülker ergehenden Gerichts und über alle damit zusammenhll.ngenden eschatologische1i Fragen bringen.
2. Die Geschicllte des Lei
In diesen drei Capp. wird die Erfüllung dessen, was Jesus ttber den .A.usgang seines irdischen Lebens schon kurz vor seiner Verklürung (16, 21) und nach derselben wiederholt seinen Jüngern vorausgesagt hatte, na.ch ibrcm thatsüchlichen Verlaufe berichtet. Um zu zeigen, wie Jesus mit Wissen und Willen in die Hande seiner Feinde gerieth und in den Tod ging, leitet Matth. die Gescbicbte seines Leidens und Sterbens zunil.chst mit der Bemerkung ein, daB Jesus zwei Tage vor dem Pascha die Jünger an die ihm bevorstehende Kreuzigung erinnerte (26, 1. u. 2) und weiter mit der Erwahnung dreier auf seinen Tod unmittelbar vorbereitender Facta: des Beschlusses des Synedriums Jesum zu verhaften und zu todten (v. 3-5), der Salbung Jesu in Bethanien (v. G-13) und der Verha.ndlung des Judas lschariot mit den Ilohenpriestern über den Verrnth Jesu (v. U-16). Dann erst folgt die Er~ zilhlung der einzelnen Ereignisse: die Zurüstung uud die Feier des Pnscbamahles mit der Stiftnng des heiligen .Abendmahles (v. 17-29), der Gang na.ch dem Oelbergc und der Seelenkarnpf in Gethsemane (v. 30-Mi), die dort erfolgtc Verliaftung (v. 47-56), das VerhOr vo1· Kajaphas mit der Verurteilung (v. 57-68) und die Verleugnung des Petrus (v. 69-75), der Beschlu8 des Synedl'iums, Jesum dem Laudpfleger Pilatus zur Vollziebung des Urteils zu ttberliefern (27, 1 u. 2), das Ende des Verrilthers (v. 3-10), das Verhür und die Verurteilung zum Kreuzestode durch Pilatus (v. 11-26), Verspottung und Kreuzi-
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l\fatth. XXVI.
gung (v. 27-44), Tod und Begrii.bnis (v. 45-65) und in c. 28 die Geschichte der Auferstehung. - Mit dieser Darstellung stimt l\Io.rk. c. 14 u. 15 fast in allen Punkten, und Lulras c. 22 u. 23 in allen Hauptsachen überein. Nur haben beide die Nachrichten über das Ende des Verrii.thers (27, 3-10), über das Weib und das Hii.ndewaschen des Pilatus (27, 19. 24 u. 25), über das Erdbeben und die Oeffnung der Griiber vieler Heiligen (27, 51b-53) und über die Ver~iegelung und Bewachung des Grabes Jesu (27, 62-64) weggelassen, weil dieselben für die Heidenebristen wenig Interesse hntten. Matth. aber teilte sie mit als Thatsachen, welche die Schuld der jüdischen Obrigkeit erbOh'en. ,Sie wird durch Rene und Ende des Verrii.tbers in ihrer Verstoktheit nieht wankend, mu.B aber wider Willen die Schrift erfüllen (27, 3-1 O). Wahrend es so um die Obrigkeit Ismels stand, ki.tmmerte sich selbst das Weib des Pilatus um das Geschick des Gefangenen (v. 19) und wuseh der heidnisehe Richter seine Blinde vor dem Volite, welches das Blut des Unschuldigen über sich und seine Kinder nahm (v. 24 u. 25)' Grazt, Entwickelungsgesch. I S. 256. Die Versiegelung und Bewaclmng des Grabes aber mu.B dazu dienen, die Warheit der Weillagung Jesu von seiner Auferstehung zu bestiltigen. Das Weitere hierüber s. zu c. 28. - Luk. hat noch die Geschichte der Salbung in· Bethanien übergangen, weil er schon in c. 7, 36 ff. eine Salbung Jesu erwühnt hatte. Aullerdem hat Luk. den Bericht über das VerhOr Jesu vor dem Synedrium sehr abgekürzt, dagegen den Berieht über das Paschamahl durchErwll.hnung des Streites derJünger über den Vorrang (22, 2·1:-30) und die Geschichte der Verurteilung und Kreuzigung Jesu durch Zu~ sii.tze, namentlich die Verweisung Jesu von Pilatus an Herodes (23, 6-12), die Anrede Jesu an die klagenden Frauen Jerusalems auf seinem Gange zum Kreuzestode {23, 27-31) und andere kleine geschichtliche Züge erweitert, auch die Reihenfolge der einzelnen Vorgange mehrfach anders geordnet. Abweichungen, die sich teils aus dem Ansehlusse an die paulinische Ueberlieferung der Heilsthatsachen, teils aus der Bestimmung seines Evangeliums für Heidenchristen erklilren. - Noch mehr weicht der Johanneische Bericht von dem synoptischen ah, weil Johannes in den Gemeinden, für die er sein Evangelium sehrieb, die Kentnis der evangelischen Thalsachen im Allgemeinen als beknnt vornussetzend nach dem in S. 6 angedeuteten Plane nur diejenigen Thatsachen erzi.ihlt, welche ihm geeignet erschienen, in der Knechtsgestalt Jesu die Herrlichkeit des Sohnes Gottes, der sein Leben hingibt zur Versühnung für die Sünden der Welt und die Macht hat es hinzugeben und wieder zu nehmen, zur Anschnuung zu bringen. Aus diesen Gründen hat Johannes weder die Einsetzung des heiligen Abendmahles erwühnt, noch das lezte Mahl, welches Jesus vor seinem Todesleiden mit sainen Jüngern hielt, ausdrücklich als · Paschamahl bezeichnet, statt des Seelenkampfes in Gethsemane die llingeren Reden Jesu bei jenem Mabl mit dem hohepriesterlichen Gebete überliefürt, und a.uch in der Da.rstellung der Gefangennebmung, des Verhors, der Verurteilung und Ifreuzigung und des Todes Jesu nur die l\'lomente
Matth. XXVI, l. 2.
505
genauer beschl'ieben, in welchen die gottliche Hoheit Jesu gegenüber seinen Feinden und vor dem Landpfleger Pilatos sich otrenbarte. So bedeutencl aber aueh die Abweichungen der johanneiscl1en, teilweise auch der lukanischen Darstellung der Leidensgesehiehte von der in den beiden ersten Evangelien erseheinen, so ergeben sie doch für eine unparteiisehe historisehe Kritik keine Widersprtiche, welcbe die gescbichtlic11e Treue des einen oder anderen Evangeliums zweifelhaft machen künte, wie sieh bei der ErkHirung des Einzelnen herausstellen wird. Für die .Auslegung sind au~er den allgemeinen Commentaren folgende Monographien beachtenswert: .Toli. Wicliellwu.9, Versuch eines a.usführl. Kommentars zu der Geschiehte des Leidens Jesu Christi nach den vier Evangelien. Ha.lle. 1855 (Bruchstück, nieht über das lezte l\fahl Jesu hina.usgehend). F. L. Steinmeyn·, Apologet. Beitriige: II. Die Leidensgeschiehte des Herrn in Bezug auf die neueste Kritik. III. Die Auferstehungsgeschichte des Herrn in Bez. auf die neueste Kritik betrachtet. Berl. 1868 u. 71. E. TV. Ife11g.•te11berf¡, Vorlesungen üb. die Leidensgeschiehte. Lpz. 1875. •To.,. Langen (Kathol.) Die letzten Lebenstage Jesu. Ein bibl.-histor. Versuch. Freib. i. Br. 1864. J. H. Priedliel1, Archii.ologie der Leidensgeschiehte. Bonn 1843. Die altere exeget. Litera.tur. unter welcher ..fot. B11iia eu.s, de mm·te Je.vu Cl11·i.9ti commentariwr amplis11í111.us. Liln·i IJJ. Amstel. 1691-98. 4 das bedeutendste Werk ist, s. bei Wicl1elli. S. XVI.
Cap. XXVI. Die Salbung und das Paschamahl; der Seelenkampf in Gethsemane; die Verhaftung uncl Ver~ urteihmg Jesu, und die Verleugnung des Petrus. V. 1 u. 2 enthalten eine zum Folgenden tlberleitende Bemerkung des Evangelisten. Zu r.al ly{vs•o 8n o'Ir¡aof:r; vgl. 7, 28. l 1, l. 13, 53. 19, l. Ilávmr; -.. lórovr; -.oth:ovr; bezieht sieh auf alle Reden, die Jesus in Jerusalem gehalten, von 21, 12--25, 46, nieht blos auf ,die lezte aus mehreren Abteilungen bestehende Rede e. 24 u. 25' (llfey.). Mit den Worten: ,,Ihr wisset, daB nach zwei Tagen das Pascha eintritt und der Menscbensohn wird überliefert, um gekreuzigt zu werden", erinnert Jesus die Jünger an die von c. 16, 21 an wiederholte Verkündigung seines Leidens und Sterbens. Der Satz r.al. Ó uM~ -i-. d11lJQCÓ.iWV zd. besagt in diesem Zusammenbange, daG die Ueberlieferung des Menschensohnes zur Kreuzigung am Pasehafeste gesebehen werde, und kann nicht von 8-.s abhiLngen, weil Jesus den Jüugern bisher zwar seine Kreuzigung vorausgesagt hatte (20, 19), aber nicht da.8 sie am Pascba erfolgen werde. '.IÜ .iláaxa (hebr. n1;1~iJ, aram."~r;iq"1 d. h. Vorttbergehen, Verschonung bezeiehnet die behufs der Verschonung der israelitisel1en Erstgeburt beim Auszuge aus Aegypten von Gott angeordnete Feier, welche in der opfermtí.8igen Schla.chtung eines
Mo.tth. XXVI, 3.
506
Schaf- oder Ziegenlammes und dem Essen des nach besonders darüber gegebenen Vorscl1riften zu einem l\fahle zugerichteten Lammcs, welches hicrnach MQ~r:! 7:0 xcfoxa genant wurde, am 14. Nisan des Abends bestand und zum Andenken an die Erlüsung aus Aegypten jil.hrlich wiederholt werden solte. Diese Feier, welche dann kurzweg rpayt:lv TO xáaxa genant wurde (vgl. v. 17), ist in dem Gesetze Exod. 12, 15 ff. vgl. mit v. 3-14, und ganz deutlich in den beiden Festkalendern Lev. 23, 5. 6 u. Num. 28, 16. 17 von dem darañ unmittelbar sich anschlieflenden siebentiigigen, vom 15. bis zum 21. Nisan dauernden Fe~te der r.~~-g, foQ-c~ -cwv df;v,uwv unterschieden. Da aber schon zum Pascbalamm ungesauertes Brot gegessen und schon am 14. Nisan aller Sauerteig aus den Wohnungcn cntfernt werden solte (Ex. 12, 15), so wurde der Na.me xáaza in popultirer Rede oof das ganze siebent!i.gige Mazzotfest übertragen. So scbon in Deut. 16, 1 ff. 2 Chr. 35, 9. 18 f., bei Joseph. u. im N. Test. Vgl. m. bibl. Arcbaol. S. 412. Anm. 1 u. S. 382. - Hier in unserem V. bezeichnet ;;cáaxa die Feier der Paschamablzeit am Abende des 14. Nisan, mit welcher die ~OQ'C~ 'r:
•o
To
Mn.tth. XXVI, 4-6.
507
i-ov J..srotdvov Kat.á
508
]'}fatth. XXVI, 7.
gangs mit den Worten: ,,als aber Jesus nach Bethanien gekommen" (ywoµú•ov /;v Br¡f>.) oder ,,als er in Beth. war" (Mrk.) zu verstehen geben, da8 sie diese Salbung nur uro des Contrastes willen, den sie zu dem Bescblnsse des Synedriums bildete, hier mitgeteilt haben, wogegen auch das 7:Ó1:1l v. 14 keine triftige Instanz abgibt. Wir wissen zwar a.ns c. 21, 17. Mrc. 11, 11 vgl. mit Luc. 21, 37, da8 Jesus seit seiuem messianischen Einzuge in Jerusalem die Nü.chte in Bethanien oder am Oelberge zubrachte, wornach er warscheinlich auch nach der am Oelberge geha.ltenen eschatologischen Rede (c. 24 f.) sich zur Nacht Ill!Ch Bethanien begeben hat, aber in wii M 1h¡aov revoµÚJOV ~V Br¡ff. -ist nicht ausgcsprocben, daB dio Sa.lbung an jenem lczten Abend, den Jesus in Bethanien zubrachte, oder an einem der n!ichstvorhergehenden Abende geschehen sei. - Die übrigen Grüude smd ganz unerheblich. Nach Mtth. u. Mrk. befand sich Jesus im Hause Simons des Aussii.tzigen (d. h. der früher am Aussatze gelitten und davon auch nach der Heilung dieses Uebels das Pr!idicat ó .l..EJCQÓc; zur Unterscheidung von anderen Personen des Namens Simon erhaltcn hattel, und la.g zu Tische (avi-oii dvax1:tµ{vov v. 7); nach Joh. v. 3 batte man Jesu in Bethanien ein oelxvov ausgerichlet. Wer? sagt Johannes nicht, soudern nur, da!i bei dem l\fahle Martha aufwartete (Ol'IJY.ÓIJEL) und Lazarus einer der Tischg!iste (de; TIDI' ctl-'a'XHµlvrov út'iv av7:<;ñ) war' also - dies liegt in den Worten, wenn man sie unbcfüngen nimt, wie sie lauten - das Mahl nicht im Hause des Lnznrus und seiner Schwestern stattfand, weil als Wirt und Gastgeber Lazarus nicht als 1:4; 7:001' dvax. erwlihnt sein würde, da er im weiteren Verlaufe des Jlfables nicht irgendwie hervorti·itt. Martha a.her konte auch bei eincm im Hause eines befreundeten l\fannes Jesu zu Ehren gegebenen Mahle die Aufwartung übernommen haben. DaB wie 1Jley. sagt, die Familie des Laza.rus das Gastmahl gnb, ist willkürliche Eintragung. - V. 7. Die Fra.u, welche ein Alabastergefü.B mit küstlicher Nardensalbe hatte und die Salbe über Jesu Haupt ausgoB, ist bei Mtth. u. Mrk. nicht nüher bestimt, wird aber bei Joh. ¡Jfaria genant, wobei man zunii.cbst an die Sehwester der Martha. und des Laza.rus, den Jesus vom Tode auferwekt hatte (v. 1), zu denken hat. dJ..á{faú"C(>Oc; ist ein Alnbastedlüschchen, die man na.ch Plin. ltist. nat. JI/, 3 zur Aufbewabrung kostbarer Salben gebrauehte. µvQOV ;¡roJ.vdµou (nnch NADLJJJII al. statt der aus Br'A al. stammenden rec. {3aQwlµov) von sehr wertvoller Salbe; nach Joh. war es echte Nardensalbe. Diese Salbe goB sie über sein Ifaupt wli.brend er zu Tische lag (1\'Ctth. Mrk.); nach Joh. v. 3 salbte sie die FüBe Jesu und trocknete sie da.un mit ibren Haaren. Die Kopfsalbung d. h. die Sitte, Güsten zum Zeichen der Verel1ru11g das Haupt zu sal ben, war so gewühnlich (vgl. 11'iner RW. I, 450), daB wenn von Salbung eines Gastes die Rede, die Nennung des Hauptes nicht erforderlich war¡ dagegen die Salbung der FüBe war seltener, nngewohnlich, ein auBerordentlicher Erweis überschwünglicher Liebe (vgl. Luc. 7, 46). Um also die G1·ü8e dieses Liebeserweises bemerklich zu machen, erwü.hut Joh. das Salben der FüBe und dazu noch das Trocknen derselben mit ihren Ha.aren,
Matth. XXVI, 8-12.
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ohne der aus den ersten Evangelien oder aus der Ueberliefernng bekanten Salbung des Hauptes ausdrücklich zu gedenken. Uebrigens zeigt das rJal.oiiaa -ro µÚQOV Toiii-o hi wii aoíµaTÓ¡; µov in dem Ausspruche Jesu v. 12, daB die Salbung sich nicht a.uf den Kopf (xspal.~1-') beschrü.nkt batte. V. 8. Ueber diese That au6erten die Jünger Unwilleu, sprechend: .,, wozu diese Vergeudung?" (Verschwendung so kostbarer Salbe). ~ áxoíliita das Verderben, der Verlust; im N. Test. sonst nur intransitiv gebraucht, woraus aber nicht folgt, daB die transitive Bedeutung (Vergendung) bei Polyb. VI, 59, 5 hier unstatthaft wü.re. Die Handlung der Maria hatte, wenn man die darin sich kundgebeude Ueberschwanglicbkeit der Liebe nicht erwog, etwas .A.uffallendes und uach gewühnlichen Begl'iffen AnstüBiges, indem zwar Salbung und FuBwaschung als Ehrenerweisung Sitte war, a.ber das Sal ben mit wolriechenden Oelen bei den Juden wie bei den Rümern als Zeichen der Weichlichkeit und Verschwendung galt, und das Auflüsen des Haares gegen den weiblichen Ansta.nd verstieB (s. die Belege hiefür bei Wicltellt. S. Slf. u. Lut!Jardt zu Job. 12, 4f.). Die Differenz, daB nach Mtth. ol µa{}r¡mí, nach Mrk. TÍVE¡; etliclle ihren Unwillen auBerten, nach Job. a.her Judas Ischa1·íot dies that, gleicht sich durch die einfo.che Annahme aus, daB Judas nur laut aussprach, was die anderen Jünger oder etliche derselben durch Geberde oder leises Murren kundgaben. Sic h!tngt aber mit der Eigentümlichkeit der einzelnen Evangelien zusammen, daB nii.mlich l\fatth. wie gewühnlich, so besonders in dieser auBerst kurz gefa6ten Erzahlung nur den Kern der Sache - die Salbung und die Bedeutung, welche Jesus derselben als Vorbereitung auf seinen Tod beilegt, íns Auge gcfaBt hat, für welchen Zweck der Name des Tadlers írrelevant war; wahrend Johannes den Vorgang nach seiner psychologischen Bedeutung für Judas berücksichtigend den Namen nent, um zu zeigen, wie dieser Jünger zum Verrü.ther werden konte. - V. 9. Eine unnütze Verschwendung erblicken die Jünger in der Sache, weil die Salbe fü1· vieles Geld (,;rolloii) verkauft und das Geld den Armen gegeben werden konte. Mrk. u. Joh. geben den Wert zu 300 Denaren = 200 R. Marlc au. V. 10 :lf. Jesus aber nimt die Frau in Schutz und rec11tfertigt ihre Handlung. I'vovq, (wie 16, 8) die Gedanken durchschauend (woraus sich ergibt, daB die Jünger ihren Unwillen nicht laut, so da.B alle Tischgenossen es bOrtcn, ausgcsprochen, sondern nur leise untar sich darüber sich geauBert ha.tten) sprach Jesus zu den Jüngern: ,,was macht ihr dem Weibe Beschwerdon, denn sie hat ein schOnes (sittlich-lübliches) Werk in Bezug auf' mich gewirkt", wenn nli.mlich die besonderen Ve1·hliltnisse, unter welchen sie so gehandelt hat, ins Auge gefa.llt werden. ,,Denn die Armen habt ihr allezeit bei euch, rnich aber habt ihr nicht allezeit"; wozu schon August. bemerkt: loquebalur de pracsentia c011)oris. ,,Indem sie nitmlich diese Salbe anf meinen Leib geschüttet, hat sie es gethan, um mich (als wenn ich bereits gestorben würe) einzubalsamiren. GewiB hat i\faria, wenn sie auch der wiederholten Wei.Bagung Jesu von seinem Tode eingedenk
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Matth. XXYI, 13-15.
war, bei der Salbung nicht dara.n gedacht, Jesu Leib für die Bestat-tung zuzurichten; dennoch ist es nicht ricbtig zu sagen, ,Jcsus leiltt dankbar und gerübrt der Frnu eine Absicht, statt deren sie selbst nur die Erweisung ihre Liebe und Verebrung batte' (lJfey.), deun er spricht nicht von der Absicht ihrer Handlung, sondern nm· von der Bedeutung, welche ibre That, íbr selber unbewuJH, nach gottlicbem Liebesrathe für ibn erbalten solte. V. 13. Mit dieser That - sezt der Herr zur Beschamtmg derJünger, welcbe die darin sich lcundgebende Liebe nicht zu würdigen verstanden, feierlich versichernd (dµi¡v 187ro) hinzu . hat sie ein Gedachtnis ibrer Liebe sich gestiftet, von dem wo nur immer dieses Evangelium in der ganzen Welt wil'd verkündigt werden, auch geredet werden wird. si5a¡¡O.wv -roi'1:o ist die Heilsbotsehaft von Christo, wobei i-ofrro im Zusammenhange mit v. 11 u. 12 n.uf den Tod Jesu hindentet. Diese VerheiBung hat sicb erfült und geht fort und fort in Erfüllung. Y:..11::-16. Judas Jscllariot edJietet sicli den Hollenpriestern Jesum zu überliefem. Dieser Schritt des Judas bildet einen grellen Contrast zu der v. 6-13 erzahlten Handluug der Maria. Doch he.ben weder Mattb. noch Mark. den Contrast hervorgehoben. Mtth. schlieBt diese Begebenbeit mit -róu, Mark. mit cinfachem r.al andas Vorhergehende o.n. 1'órs ist abar nicht (mit jfey. u. A.) in streng chronologiscber Bedeutung: ,alsdann nach dieser Mahlzeit' zu nebmen, sondern in der weiteren Bedeutung, in welcher es Mtth. fast durchweg gebraucht, um das mit 'i"Óos Eingefiihrte im Allgemeinen als auf das Vorhergegangene folgend anzureihcn. Hier 'veist es auf -rórs v. S zurück und besagt nur, da.G nach jener Berathung der Synedristen über Jesu Verhaftung Judas sein Anerbieten den Hohenpriestern machte. Durch diese richtige Auffassung des ?:Ó-rs wird dm..4~~fil.g, daB Judas aus Aerger und Erbitterung über die von Jesu erfahrene Zurechtweisung v. 10 ff. vgl. mit Job. 12, 7 sieh zum Ve1·rathe haba fortrei6en lassen (Ji'ritzsclte, Wicltelll., Sellen/e. u. A.), wogegen auch schon der Umstand spricht, da.B bei Mtth. in v. 10 ff. Judas gar nichi genant ist. - lI!!J1rurr_gnd.et.Jst-die...Dillemuz., welcbe Mey. mit JJ. Straup darin findet, da6 nach dem synoptischen Berichte Luc. 22, S Judas vom Sa~ tan schon zu dem hier erwttbnten Schritte bewogen, uach Job. 13, 27 erst beim lezten .Abondmable zum Verrathe getrieben worP,cn sei; denn das in beiden Stellen gebrauchte slgjW·s ó Iamviir; elr; 7oúóav ist von relativer Bedeutung und wird b~~._w.den..Entschl.w.Ldesl.u:2:~.LJ~g:~thon, be! f.ob. anf die Aus~g_q.l}§._gefa.6.ten...Ent: s~l!!mts_es. .be.z.orum, wie daraus erñeflt, do.B Joh. in 13, 2 bestimt sagt, der Teufel hatte beim Beginne der Mahlzeit dem Judas schon ins Herz gegeben Jesum zu verrathen, dort also auch clen Entschlu8 schon a.uf teuflische Eingebung zurückführt. - Mit den W orten: ,,einer von den Zwolfen" weisen Mtth., Mrk. u. Luk. auf die GrüBe des Frevels hin, dessen Judas sich schuldig maehte; vgl. auch Joh. 12, 4. Act. 1, 17. Ueber den Namen 'IaxaQtroi-r¡~ s. zu 10, 4. Ans dem Antro.ge: ,,was wolt ihr mir geben und ich werde euch ihn ii.berliefern ?" leuchtetllah-
i-o
Matth. XXVI, 16. 17.
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sucht oder Geiz als treibendesJ\fo.tiv des Verrathes hervor. 3UXQaoaforo übersezt Lutller hier richt.ig: ij])_enntwxten, in anderen Stellen weniger genau: verrathen. Kal in dem Sinne ill:!:!!.J.g, wie ofter ~ im Hebr., daher man in dieser parataktischen Redeform (für: mi.s..m.ilU.h.r..mh: geMJ:4_1Y...
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Ma.tth. XXVI, 17.
das gute Gelegenbeit, ibnen Jesum zu überliefern, und zwar wie Luk. v. 25 hinzufügt: a7:E(> oxJ..ov ohne Voll~'!.a.ufl.a.uf. Durcb das Anerbieten des Judas erledigte sich das Bedenken des Hohenrathes, Jesum aus Furcht vor Volksaufruhr nicht a.ro Feste gefangen zu nehmen (v. 5), indem man nun Zeit und Umstande dem Ve1Tl.1.ther anheimgeben konte. Ueber das Motiv des Judas zu dieser That s. zu il,..ll V. 17-29. JJie Zubereitung und die Feie1· des Paschamaliles. Vgl. Mrc. 14, 12-25. Luc. 22, 7-23 u. Joh, 13, 1-30. Als die jüdiscben Oberen schon über die Verhaftung und Tüdtuug Jesu BeschluB gefa.Bt und das Anerbieten des Judas, Jesum ihnen zu überliefern: arigenommen batten, aber noch in gli.nzliche1· Ungewi.Bheit waren, wann und wie sie ihren Beschlu8 würden ausführen konneu, traf Jesus mit klarem Bewufitsein. über den Ausgang seines irdischen Lebens unmittelbar vor dem Paschafeste die Vor bereitung zur Vollendung seines Werkes durch Hingabe seines Lebens in den Tod, indem er seine Jun .. ger beauftragte, das Paschamahl zu bereiten, welches er vor seinem Totlesleiden mit ihnen noch feiern wolte. Dies geschah ,,am ersten Tage der ungesü.ucrten Brote'\ v. 17 vgl. mit den genaueren Bestimmungen Mrc. v. 11: ,,ill.S..lÍli!-!1--ªª.s...PJJ.s.cha...(lamm)_s.chla.chte.ta", u. Luc. v. 7: ,,der..'r.11.g. der .ungesü.ner.ten.Jko.te., ª-.lL ~fil~hmu__jru¡..fp.scb~..g~: SQ.\!!~!J.hteL\verdeu...s.ullil". Dies war der 1.4.-N-isan, an dessen Nachmit'iage das Paschalarrim geschlachtet und das Paschamahl für den Abend na.ch Sonnenuntergang' bereitet wurde. Na.ch den Bestimmungen des Gesetzes solten die Israeliten siebeu Tage, und zwar vom Abende des 14ten bis zum Abeude des 2 lsten Abib (Nisa.n) Ungesli.uertes essen (Ex. 12, 18) und das Fest der uugesü.ue1'ten Brote.L'I~, wornach de1• fuufzehnte Tag als der erste und der einundzwanzigste a.Is der siebente Tag des Festes gezli.blt (Ex. 12, 15) und iu Lev. 26, 5 u. 6 ff. Num. 28. 16 ausdrücklich vom V~!ll., an dessen Aben~ daJ! Pascha gegessen werden $.Olte., unterschieden sind. Mithin war der ~Jité nur der Vortag des Pascb,a, n.W.ht der erste Festtag. Da jedoch schon am 14ten der Sauerteig aus den Wohnungen entfernt werden mu.Sto und schon zum Paschamahl am Abende nur ungesü.uertes Brot gcgessen werden durfte, auch die ZurüstU:ug zum Paschamahle, namentlich dqs_$chlacht_fill_ deLL.amm~!.!11:1: . Ntl,C:lll,lli~~:l.Se.!l.es ..rierzehn:: teª1m.1'eml!e1,.Y_Qr.genQIDIDlill-'IY.Ul:de, so ge1vühnte man sich, schon den yJ.~:i:~i;i.4~~~!1-:~U!!!aIJ. in populürer Ausdrucksweise t!!~.!1~A·exst.º~]'ag_ der ungesauerten Brote zu betrachten UJ!
Matth. XXVI, 17.
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hattcn, gefübrt (v. 57), verhürt und des Todes schuldig befunden
(v. 58-66. Mrc. v. 53 ff. Luc. v. 5·:1 fl'.), darauf in der l<'rühe des folgenden l\forgens dem Landpftegcr Pilatus überliefert und zum Tode am Kreuze vcrurteilt (27, 1 f. 11-26. Mrc. 15, 1 ff. Luc. 23, 1 :ff.), alsdann von den Kiiegsknechten verhühnt und zur Kreuzigung abgefüln·t und ans Kreuz geschlngen (27, 27-35. Mrc. 15, 16 ff. Luc. 23, 25 ff.), und als er nach einigen Stunden verschieden war (27, 50), am spii.ten Nachmitt.age begraben (27, 57. Mrc. v. 42. Luc. v. 50). Na.ch diesem Berichte der drei ersten Evangelien i§!.JW.Q Jesus am 1 fi~Nisan ge_In·euzigt worden, g~storb.en und ~ worden. Dieser Tag war nnch 27, 62 1} .n:a(Jaaxsvrí, vgl. Mrc. 15, 42 wo .n:a(JCWr.sv~ für gl'iechische Leser durch JrQoaáp[fa-c:ov erklü.rt i~t, u. Luc. 23, 50-54, wo die Zoit der Bestattung Jesu so bestimt ist: ~v ;;rnQaaxsv~ xai. a&ppa'l'OV ~;;rúpcoar.~. Hiernach ist J.e.~!.lJJL~...füi,.c.blnittagS-gestru:ben und gegen .Abend vor Anbrueh !les Sn.hha.ts..:ina.G.l.1!.b..gel.egt..wl:den. Der FreitagJener W...QQhe wa1· a.ber der Q:csie..Feiertagjl...es siebentagigen i\fazzotfestes, an welchem im Gesetze Exod. 12, 16. Lev. 23, 7. Num. 28, 18 alles .Arbeitsgeschü.ft, d. h. alle Arbeit des il'dischen Be~ rufes, .Ackerbau, Handwerk u. dgl. verboten war (vgl. m. Comment. zu Lev. 23, 7). · Mit di¡uiell_Zlrltbestimmung.en.sollen - wie die neuere Evangelienk1itik behauptet - di~-~..M'!~1L~~~ten Evangeljums iihel:[email protected]?
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l\fotth. XXVI, 17 (Todestn.g J esu ).
schon am Tage vor der jüdisehen Paschafeier gestorben und bcgrabeñ worden ist, und das Paschama.hl entweder gar nicht gefeiel't ocler um einen Tag auticipirt ha.t, so kann dasjenige Evangeliuin, welches die unrichtigen Angaben hierüber enthii.lt, nicht nur nicht apostolischcn Ursprungs sein, sondern auch in Bezug a.uf seine übrigen Naehriehten über Jesu Leben und Wirken nieht für geschiehtlich treu und zuverlii.ssig em.chtet werden. Denn die Feier des lezten Mahles, welches Jesus mit seinen Jüngern hielt, und der Ta.g seines Todes mu~te sieh dom Gedilchtnissé der Jünger, welche diese Ereignisse ale Teilnehmer und Augenzeugen erlebt hatten, so una.usloschlieh einpragen, cfaJ) eine Irrung hieriiber odcr ein Zwicspalt der Ansiehten in der n.postolischen Ueberlieferung zu den unglaublichsten Dingen gehih-t. Selbst angenommen, was wil' nieht für wa1·scheinlich, noch weniger fü1· erweislich halten, da.G das erste kanon. Evangelium nicht von l\fatth. herrühre, und da~ o.lle drei synopt. Evangelien nur aus derevangelisehen Ueberliefernng des apostoliBchen Zeitalters gefiossen seien, selbst bei dieser Anna-hme ist ein Irrtum über die fraglichen Begebenheiten ka.um denkbar. Und so müBte o.uch über das vierte Evangelium gelll'tcilt wcrden, faIIs dessen Angn.ben über den Todestag Jesu irrtümlich wii.ren. Von Johannes konte _es do.un nicht verfa~t sein. Denn hii.tte, wie viele Kritiker nnnehmen, Johannes die irrigen Angaben der in den synopt. Evangelien entlmltenen Uebel'lieferung berichtigen wollen, so würde er sich ohne Zweifel darüber deutlicher ausgedrükt ha.ben, als in den angeführten Stellcn geschchcn ist. Falls aber, wie andere Kritiker annehmen, die Aussagen der synopt. Evangelien gesehichtlich begründet wa.ren, so kontc de1· spii.ter schreibende Verfnsser eles vierten Evangeliums nimmermehr eine der geschiehtlichen Ueberlieferung und den synopt. Evangelien widersprechende Ansicht aufstellen, weil er damit selb.er die apostolisehe Abfüssung und die geschichtliehe Glaubwürdigkeit seinos Evangeliums verdiichtig gemaeht ha.ben würde. Diese Bedenken gegen die Richtigkeit des erwii.hnten exegetisehen Resultats werden verstitl:kt durch die gesehichtliehe Thatsache, cln~ in den O.sterstreihlgkeiten des zweitenJo.hrhunde1ts von einer Divergenz der Evangelien über den Tag des lezten Paschamahles, welches Jesus mit seinen Jüngern gefeiert batte, nicht die Rede ist. Die Verteidiger der kleinasiatischen Sitte, die eh1istliche Paschafeier o.m 14. Nisan zu hn.lten, frcniirrs, ein Schüler Polylmrps, Ullll Polt1krate.~ von Ephesus berufen sich naeh dem Beriehte in E111
Matth. XXVI, 17 (Todestng Jesu).
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Richtigkeit dcr von ihm und seinen Yorgñngern befolgten Pmxis nicht irre gewordcm zu sein. 1 Ferner sngt Ircnaeus ad1'. Tiaer. II, 22, 3, in einer Stelle, wo er auf das Evangelium Johannes Bezug nimt, da.P Jesus das Pascha gegessen und a.m f'olgenden Ta.ge gelitten habc (manducans pascTia et sequcnti die pa8.,us), womit er das lezte Mahl Jesu mit seinen Jüngern nnch den synoptischen Eva.ngelien n.ls PascliamahI bezeichnet. Aueh Ju.~tin. Mart. dial. c. Trypl1. c. 111 macht gegen die Judeu geltend': imi 8i-t sv ~µB(!lf t'Ov 11áazcc l1Vv6'.&(JeTe avtov it«i óµoiwr; Év t'Cp nÚazcc larc
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W1lAl]l1'10µÉz•ot<;,
2) Nur von Apolillaris von llicrapolis wird iu den im C'l11·011ic. p'1$cl1. a.ufbchaltenen Frngmenten aus dem Paschastreite (abgeclrukt auch in Rlicinwalds, rlie kirchl. A1·chii.ologie Beil. 14) berichtet, da!l er gegen die, welche sagten, der Herr habe am 14ten das Pascha.lamm mit seinen Jüngern gegessen und a.ro gro Ben Tnge iciív cU;vµw11 gelittcn, untl hiefür Mo.tth. anlührteu, bemerkt habe: 88-cv clavµcpwvror; t'E vó,urp í¡ ~·Ó1]11lf «V1'Wll ''"¡ 11tctl1tá,stv voies'l UUT mii:o1i¡;o 7:R svarrél.irt. Wenn man d'.iesen Iezten Sa.tz a.uch so versteht: ,dap na.ch diesen die Ev:mgclien in Zwiespalt zu sein scheinen', so war doch A¡1ol. gewil1 weit entfernt, einen wirkliehen Zwiespalt über die Po.schafeier in den Evangelien anzunchmcn. Wie fern eine solche Annahme der alten Kirche überha.upt lag, ersieht man schon :ms tler Art, wie der a.ndere Gegncr der Qua.rtorlecimauer Olemens .t!lcx. (in dem Cl1ron. pa.~cli.) die eva.ngel. Berichte sich zul'echtlegt. Er sezt niimlieh nicht nur die Zubereitung des Paschamahls (nach den Synopt.) und das rf•i11vo11 Job. Hl, 1, sondern auch das Leiden Christi -¡;fi 8movan a.uf den 14. Tag, und bemerkt schliel1lich: t:avi:n •wv ~µ•ewv 'fií aueifJ•li! ,;al «t 'J'l?ª'fml nii1H1t avµq;wvovut 11cil Ta 11v«rr6l.uc (fVvc¡irfa, naehdam er vorher noch cln.für, dn.li unser Ileiland a.m 14ten gelittcn ha.be, aus Joh. 18, 28 erwahnt hl\t, da.li die Ilohenpriester und Schriftgelehrten nieht zu Pila.tus ins Riehthaus gingen, í'vcc µT¡ µmv:>wcrtv, &aa· axCdJ.vtw' éantiqc
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M11.tth. XXVI, 17 ('l'odestag J.esu).
tiker sich darüber nicht einigen ki.innen, welcher von beiden eva.ngelischcn Berichtcn, ob der synoptische odcr der johanneiache, für gesehichtlich treu zu halten sei. Wii.hrend n11.ch dem Yorgange von Bret.rc1meider (in s. Probabilia) die Kritiker der Tübinger Schule, von ihrem Stifter Bmo- an bis aufillren jüngsten Vertreter, llilgenfe1d, herab, und die neuprotestnntisehen Vertreter des Ra.tion11.lismus, Scl1e11kc1, Keim u. A., den synoptisehen Bericht für geschiehtlich halten und den angeblichen Widerspruch des vierten Evangeliums als Hauptwaffe gegen seinen johanneischen Ursprung und seiue geschlchtliehe Glaubwürcligkeit gebra.uehen, vert.eidigen die von den Principien der neuerenidealistischen Philosophien ausgehenden Kritiker, Liicke, de Wette, Bleelc u. A. die Aussagen des Ev. Johannes als historisch begründet a.uf Kosten der Glaubwürdigkeit der synoptisehen Evangelien. - Sehon aus dieser Thatsache kann man a pi·fori schlie~en, da& die .Argwnente pro et contra nieht schr schl:igend sein kiinncn. Mit grollem Nachdrucke hat Keim (III S. 476 ff.) für die geschichtlíchc Warheit des synoptischen Berichts das Zeuguis nicht nur der kirchlichcn Tradition des 2. Jahrhunderts, sondern auch des Apostels Paulus geltencl gemacht. ,Es gehiirt - sagt er - zum Sichersten in der Welt, da.13 Jesus vor seinem Tode das Passamahl gehalten, da.~ er es mit dem Volke am gesetzlichen Tage gefeiert hat. - Will man den Evangelien nicht glauben, nun denn, so mu& man es Paulus, dem alten Zeugen gla.uben, der zwar nicht vom Passahmahl redet, al,er ein lctzt!ls Mahl J esu beschreibt, welches mit dem Passahmahle der Evangelien wesentlich übereinstimt - 1 Kor. 11, 23 ff. vgl. 1 Kor. 7, Stellcn, aus welchen man sogar schlie~en kann, daB Paulus auch mit seinen heidenchristl. Gcmeinden dieses Todesostern Jesu im Anschlusse an die jüdische Festzeit wiederholte. Selbst noch die kirchliche 'l'radition des 2. Jahrh. begünstigt den Toclestag der alteren Quelleu'. Zwar lii.Bt sich aus den Paschastreitigkeiten jener Zeít nicht, wie Kei111 annimt, beweisen, dal3 die kleinasiatische Kirehe die Feier des 14. als Paschatag, des 15. als Todestag ,Jesu gefeiert ha.be, doch hat schon Wicselm-, Beitrr. S. 270 treffcnd bcmcrkt: ,Wurdc aus irgend eincm Grundc von den erstcn Chrísten das Pnscha mit den Juden gehnltcn, so konte dies von ihnen, zumal in einer paulinischen Gemeinde aullerha.lb Paliistina's sicher nicht anders gesehehen als so, dar~ seine Feier besonders eine El"innerungsfoier des lczten Paschafestcs wurde, an welchcm Christus gestorben und auferstanden war, mithin die betrcffenclen Thal:sachen des Lebens J esu von dem J.benclmallle an zu den einzelucu Tagen des Pnscha in cine bestimte Beziehung traten. Nun aber berufen sich dio Qunrtodceimancr für ihrc Festfcicr ausuí:licklich auch auf den Aposte! Johannes, wclchcr ihre bei den Synoptikem am unzweifelhaftesten bezeugte Festchronologic nach Bleek Joh. 13, 1 ff. sogar absichtlich willerlegt haben soll'. Und dal3
oto
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(8:noi7]ac -cb :néu1xrt ~ Xeiar:op:Ór:11 -cji ~f'IÍl!'f xo:l 8na.:JEv· -;m'µe ifEi r:QÓnoP ~ Kveeor; 8noi7]11E, o/J-r:r.¡ no1eiP). Darauf entgegnet Hippol.: ,Ilfan ist im
Matth. XXVI, 17 (Todestag Jesu).
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Irrtum, wenn man nicht weiB, daCI Ch1·istus zu der Zeit, in weleher er litt, nicht das gesetzliche Paseha aCI, denn cr war das vorherverküncligte Pascha, das a.n dem bestimten Tage sich vollendete' (o~tº" rr(f? ~v ná11xa r;Ó nqoimeq(!uyµévov :rni t¿ tc1.ttov,uli11011 rfí C:,Qcuµ611n f¡µér.!Cf). Eben so widerlegt .Apolin. die S. 514 Anm. 1 angeführte Ansieht der Quartodecimaner mit dem dogmatischen Grunde: ,denn der 14te ist das wahre Pascha des Heun, das groe.e Opfer, der Sohn Gottes statt des Lammes -· - der überliefert worden ist in clic Hiinde der Sünde1-, damit er gekreuzigt wurde'. Die Kleinasiaten feie1ieu also to uru-riíeiov núuzcc, weil Ch1istus nm 14ten das Paschamahl gehalten (to náuza 8nol11ar1), wie die alten Grüncler der Gemeinden, und namentlieh J ohannes gethau hatte; und ihre Gegner bekli.mpften diese Feier mit dem typologischen füunde, daü Christus als das warhaft.ige Pascha gefüten habe. Vgl. Jlo1·. l(irr:lmer, die jücl. Passahfeicr u. Jesu letztes ~út.hl. Goth. 1870 S. 73 ff. Die Annahme, daCI in der o.lten Zeit der 'l'odestag Jesu ofter a.uf den 14. Nisnn gesezt worden sei, ist uurichtig. Nicht bias .T11st. Mari. u. Origen. (s. oben S. 515), sondern auch Eusebius, Iliero11ym., Clw¡¡so.vt., also die vornehmsten Excgeten und Kcnner des jüilischen .Altertums setzen ihn auf den 15. Nisau. Vgl. Wicl1ell1. S. 189 f. u. Wie.vel. Beitr. S. 271 f. Das Gewicht dieser historischeu Thatsacheu ha.ben die Kritiker gar nicht erwogen, welche nicht nur in dem Ev. Johannes unzweifelhafte Beweise d;i.für gefunden zu baben gla.uben, da.~ Jesus am 14. Nisan vor der gesetzlichen Paschafeier gestorben sei, sondern soga.r bei deu Synoptikern ,in verblallten Spuren' Zeugnis für diese johanneische Ansicht nachweisen zu konnen vermeiuen. So hat noch jüngst Bcy.~cl1lag (zur Jolmnn. Fmge S. 95) ,das Allbekauute der Gründe, welchc wi1fordio synoptische undfli1· die johanneischeAugabe sprechen', also zusa.mmengefaüt; Die Synoptiker ,bezeicbuen den Todestag Jesu als net(!mrxevií oder als rtQoacip{Jatov, was für den ersten hohen Ostertag seltsame Bezeichnungen wiiren. Sie Iassen am llforgen dieses Tages den Simon von Cyrene ,,vom Felde" kommen uud am Nachmittng den Joseph von Arimathin Leinwaud einkaufcn (Mrc. 15, '16), wns beides nicht na.eh dem hochfestlichen 15. Nisau aussicht. Sie lassen Jesum dem Gastf'reunde, bei dem e1· das Mahl halten will, a.usa.gen ó 1mt(!Ór; µov lyyv" (i\Uth. 26, 18), wns vollkommen unverstaudlich hleibt, fülls da.mit nicht urspriinglich eine Vei;ftüliunfJ der Feier hat motivirt 'verden wollcn'. Dngegen Folgendes: Der Todestag Jesu winl uicht nur von den Synoptikem (Mtth. 27, 62. Mrc. 15, ·12. Luc. 23, 54), sonderu auch von Joh. (lo, H. 31 u. 42) a.Is na(Jna'icivf¡ bezeichnet. Eine Differenz zwischen beiden entsteht erst, wenn man clie sachlich rielltige Erklii.rnng dieses Ausdrucks durch 1l(!Oa'<;p11rttov 1,~:Irk.) verwirft unil ihm die s¡ira.chgebra.uchswidrige Bedeutung: Rüsttag auf das Osterfest obtrudirt. flctQMx1wf¡ ist im N. T. übliche Bezefohnung des Freitags, die sích daraus gebilclet ha.t, da~ man am Freitage dieSpeisen für clcn Sabbat, an welchem das !rochen verboten war (Ex. 35, 3}, zuriehtete. Diese Bcdeutung pal~t auf die Vorbereitung für die hohen Festtage gar uieht, weil :m cliesen die Bereitung der Speise gestattet war (Ex. 12, 16}. Da.C aber naQM'Xlu~ in J oh. l!l, 31 u. 42 den Rüsttag auf den Sabbat el. i. den Freítag bezeiehne, kanu eben so wenig geleugnet werden, als da1l in Joh. 19, 14 ncceriu?.Eu~ toií núuzcc nicht Rüsttag auf das Pnscha, sondern Rüsttag des Pascha d. 11. den in das 7tii.gige Paschaf'est fa.Henden Rilsttag auf den Sabbat bezeieh-
to
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nen kann. Vgl. Winer, Gramm. §. 30, 2 S. 177 f., J(irclmc)' S. 47 ff., Luthw·dt zu Joh. 19, 14 mit den dort angeff. Verteidigern die.ser sprachgemali.on El'kliirung. - Dal1 Simon von Cyrene am llorgen dieses Tags vom Feldc komt (Ilfrc. 15, 41. Luc. 23, '.lG) und Joseph von .Arimathla am Nachmittag Leinwand cinlrnuft (lilrc. 15, 4G), das würde mit dem Charakter des ersten Feiertags (des 15. Niso.n) selbst in dem Falle nieht in Widerspxuch stehen, wenn die im Gesetze für den Sabbat gebotcne Ruhe auch für den ersten Tag der Mazzotfeicr unbeschriiukte Gültigkeit gebabt bii.tte, wie es nach Ex. 12, 16 nicht der Fall war. Dcm Gesetze entspreehend lehrt auc.h Mi.
Matth. XXVI, 17 (Todestag Jesu).
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vor Augen sehwebte, und sic den Christengemeinden die Entstehung und Bedeutung dieser einzelnen Wochentage der ehristlichen Festwoehe erkHiren und gesehichtlich begründen wolten. Aber der gegnerisehe Einwand erledigt sich einfüch, sobo.Id man in Bezug auf 1Ui(!«'1XEVI¡ nur ins Auge rant, dan diese Bezeiclmung des Todestages Jesu in sfuntliehen Stellen nur gebraucht ist, um deutlieh zu machen, weshalb man mit der Verurteilung und Grablcgung Jesu eilte, weil n1i.mlich der Sabbat bevorstaud, welchen die Juden in ihrcr gesetzlichen Wcise fciern wolten. Die Nichthervorhebung des hochfestlichen Charakters des 15. Nisan aber erkliirt sich einfnch damus, dan dieser Feiertag in der Wirklichkcit von den Juclen uicht so hochfestlich lieg:mgen wurdc, wie clic Kritikcr unscrcr Tage sich die Feier dessclben vorstellen. - Ganz unerfindlich ist endlich, wie Jesus mit dem Worte ó xmeór; µav irrú~ cine Verfl'ühung der Feier des Paschmnnhles ha.be motiviren wollon. Mag man ó xu.i(!Ó~ µov mit JCuinocl ,meine Paschafeier' oder mit Mcy. ,der Zeitpunkt moincs Todes' erklii.ren, so liegt in den Worten nicht der Sinn: ich mu~ das Pnscha cincn Tag vor dem gesetzlichcn 'fermin fciern, weil ich morgen nicht mehr lebcn werdc, den Bcyscltl. vermogc fa.lscher Harmonisirung mit der falsch gedeuteten Stelle J oh. 18, 28 in die Worte eingetmgcn zu ha.ben scheint. - Nacha.lle dem sind in den synopt. Evangclien keine Spuren, weder deutliche, noeh, verblnnte•, für die Ansicht, dai:. Jesus am 14. Nisan, vor der jüdischen Paschafeier gekreuzigt worden und gcstorben sei, nachzuweisen. Abe1· viel gewichtiger sallen die archii.ologischen Gründe sein, die hiefür s11rechen: 1) ,Nach Exod. 12, 22 war dem Passahessendeu verboteu, in selbigcr N acht das Haus zu vedassen; eine Bestimmung, deren fortdaucrnde Gültigkeit den Gm1g Jcsu nach Getbscmane, die Versammlung des Synedriums und den bewa.ifneten Auszug dcr Tempehvache geradezu aUBschlieGen würde' (Bcyscl1l. S. !JG). - Dieser Grund wii.rc triftig, wcnn B. die fortdauernde Gültigkeit der Vorschrüt Ex. 12, 22 bewiesen hii.tte. Aber diese Vorschrift ist nur für die crste Feier in Aegypten gegeben, wo die Isrneliten das Pascha in Himscrn, doren Thürpfosten mit dcm Blutc des Pasch:dammes bestrichen waren, um das Ifaus vor dem Schlagc des Verderbers zu schützen, esscn und das IIaus nicht vcrlassen solten, um vor dcm Engcl,
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sondergleiehen. Dagegen wil'd zwar in P
:rtfo.t-tb. XXVI, 17 (Todestag Jesu).
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setzen Iien, um ihn nach dem Pascha. dem Volke vorführen d. h. ofl'entlich hinrichten zu lassen, nicbt in Widersprueh; denn es ist nicbt gesagt, da() er die · Hinrichtung um des Festes willen aufschob; dieser Grund des Aufschubs wird willkürlich in die Stelle eingetragen. - Will mn.n aber diesen Fallen als Ausbrüchen ungesetzlicher Volksjustiz die Beweiskraft a.bsprechen, so erinnern wir an die von dem gesetzestreuen Hohenp1iester Jojn.da geleitete und am Sabbate ausgeführte Entthronung und Tüdtung der Athalja, bei der der ganze Tempelvorhof mit bewaffneten Leviten und Soldaten besezt worden mi.r, 2 Kon. 11, 4 ff. 2 Chr. 23, 1 ff. - Für die Beha.uptung, da.~ man am Sabba.te und an hohen Festtagen keine Wa.tren anrühren soll, ha.t ma.n sieh zwa.r a.uf tr. Scltabfl. 6, 4: der Ma.nn soll am Sa.bba.t nicht mit Schwert, .Bogen u. s. w. ausgehen, und wer dies thut ist eines Sündopfers schuldig, berufen und diese Satzung a.ueh auf die Feiertage übertnigen, ohne übrigens diese Uebertragung aus der Misehna reehtfertigen zu konnen; a.her man hat dabei ignorirt, dar~ die Satzung in der anget'. Stelle nur als .Ansicht oiner Schule aufgestelt und zugleich die entgegenstehende Ansieht anderer Rabbinen angeführt ist, welche wie R. Elieser das Tragen der Waffen für eine Zierde des l\fannes erlrHi.ren, oder hOchstens filr unschiclrlieh halten, ohne sie als gesetzwidrig zu verbieten. Dazu komt, dn.6 a.uch mit der strengeren Fassung dieser Satzung der Gebraueh der Waft'en gegen Feinde nicht verboten ist. lfatten doch die gesetzestreuen l\fokkabae1·, als bei ihrer Erhebung gegen die Tymnnei der Syrer anfangs eine Anzahl Frommer o.m Sa.bbate sich hatten widerstandslos von den Feinden umbringen lassen, den Beschln6 gefa~t. gegen jeden der am Sabbate angreife mit Waffen zu streiten (11\Iakk. 2, 31--42). Solten die Pharisiier zu Christ.i Zeit über diesen PunJ¡t strenger a.Is die Makkabiier geurteilt hahen? Und ist denn in den evang. Beriehten über die Gefüngennahme Jesu ausdrüeklich oder unfr:i.glich gesagt, d:i.n dabei die .luden, nitmlich die Diener des Synedl"iums, kriegerisch bewaffnet waren. Das 11Iilitii.r, welches Jesum verhaftete und abführte, war ja cine romisehe Cohorte, s. zu v. 47. - Aucl1 die Gerichtssitzung des Synedriun1s in der Naeht und am 11-forgen Ia6t sich durch den Hinweis nuf tr. Beza (ode1· Jom tob) 5, 2, wo Gerichtha.Iten am Sabbate wie an Festfagen verboten ist, nicht a.Is mit dem Ostermorgen unvereinbar begründen. In tr. Scl1abb. 7, 2 ist unter den 3\l llau¡itaxbeiten, die run Sa.bbate verboten we1·den, dns Gerichthalten nicht mit aufgezahlt, wurde also jedenfa.lls nieht zu den Hauptve1·boten gerechnet. In tr. Beza l. c. aber hei6t es: .,Alles worüber man am Sa.bbat strafbn.r wird wegen Verletzung der Ruhe {ri~:lti ti~tit:>) oder wegen an sich willküdicher Handlungen (c~\fo rw~h) ode1· wegen des.Befehls an Sabbn.ttagen (t"q~~ li):>fl? c~lrii,;i), ist aueh Feierta.ge nicht gestattet" ! Dann werden nru:h die.sen dreiKategorien die einzclnen verbotenen Werke aufgezii.hlt; dabei wird das Richten nicht untar den Verboten wegen der Ituhe, sondern unter den Ver1Joten wegen willkiirlicher Handlungen genant: ,,man darf nicht Gerieht ha.lten ('!"')"1 N;), nicht eine Fra.u dureh Angeld erwerben" u. s. w.; und am Schlusse hei~t es: ,.alles dies ist nieht statthaft am Feiertage erkllirt wordon, geschweige denn am Sabbate. Es ist kein Untersehied zwisehen den Feiertagen und dem Sabba.te a.Is die Zubereitung der S¡>eisen" (die ja am Sabba.t verboten, nn Feierta.gen eda.ubt war). Das Wort 1"1,1:h erkliiren die beiden rabbin. Misehna.-Commentatoren R. Ob. de Ba1·t1mom und R. Sal. b. il!aimon: tes licentiae oder voluntatiae, 2uas l10111ofacei·e et mm
am
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facere poteRt, und a.Is Grund, wcshalb die in dicscr Kategorie anfgeziihlten Werke verboten sind, gibt Jfaimon. an: ratio hace est ne quis sc1·i7mt. Offeubar richtig, denu schreibcn war eins der 31) Hauptverbotc (clas 32ste). Weil das Sc11reibon am Sabbn.t verboten war, solte auch nicht Gericht gehalten werdeu, bei dem in der Regel geschrieben, das Zeugenverhor sch1'iftlich verzcichnet wurde. Gerichtliche Verhandlungen, bei donen nicht gcschriebcn wurde, waren demnach an Sabba.ten und Feiertagen nicht vcrboten, mithin au,ch die oben m1~ gef. Fíi.lle von gerichtlichen Verfolgungen J esu an Sab baten und Festen in den Augen der Pharisiier keine Uebcrtretungeu des Gesetzes. Wie es alier mit dem Richten zu Christi Zeiten gehalten wurde, darüber gibt eine Stelle aus der baJ,yL Gemara. Sanlwdr. fol. 88, 1 für die Zeit des Bestehens des zweiten 'fempels folgenden Aufschluf>: ,An tlen W ochentagen hielten die 71 vom hoben Rathe ihre Sitzung in der Qu[l,derhallc (dem officielleu Sitzungslocale) uncl salien a sacrificio fugc matutir.o usquc ad sacrijicium jugc i:espcrtinum, aber in sabbatliis et in diebusfesti:J co11sidcba11t in antemurali' (;~n::i dem Zwinger, eincm Gel>aude zwischen dem iíulieren und innereu Tempelvorhofc, daher JI. Ir. Sanlt. 10, 2 n-ii::: r;¡;¡¡ :i:i> bezeichuet). Hierna.ch konnen die Talmudisten geriehtliche Verlmndlungen an Festen und Sabbaten nicht fiir seltcne Vor1rommnisse geha.Iten ha.ben. Aber auch Ilinricbtungen an Festtagcn gelten nach dcr i\fischna nicht uur für erlaubt, sondern werdcn für gewisse Falle sogar vel'langt. In tr. Sartltedi·. 10, 3 u. •1 hcfüt es: ,,Es ist strnfharer gegen die Worto der Schl'iftgclehrten zu reden als gcgen das Gesetz". - ,,l\Ian todtet aber eincn solchen Verbreeher wedcr durch sein Gericht in der Stadt, noch durch das Gcricht zu Jabne, sondem man b1fogt il.m zum hohen Gericht, nn.ch Jerusalem hinn,uf und bewal11·t ilm bi$ zwn Peste tmd tüdtet ilm an úcm Fcst (i,~"'::i ini~ rn"r.:ini ;,;..,n '1:.i il"li~ j""'lr.iijr.ii), weil es hemt Deut. 17, 13: dall ulles Volk hüre uud sich fürchte und nicht mehr vermessen sei. So R. Akiba (c. 125 n. Chr.). R. Jehuda (c. 200 n. Chr.J sagt: ,,Man darf ihn nicht durch Verschiebung peinigcn, sontlern muli ihn sogleich hinrichten, muli aber durch Boten nach alleu Orten hin ausagen lassen, da!> der uud der, Sohn des und des vom Gerícht zum Tocle verurteilt worden ist". Ma.n hat hier freilich zwei versehiedene Ansichten der Gelehrten; die humancre und spiitero vcrtritt R. Jehuda, aber auch dieser sagt uicht, claf; die Hinrichtung am Festc ver boten sei, sondcrn nur clali man den zum Tode Vcrurteilten nicht durch Verschiehung der Strafo c1uiilcn soll. Diese ra.bb. Bestimmuug ist in zwicfacher Wcise instructiv. Einmal paf;t sic ganz besondcrs aut'
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sehuldig befunden l1atten, fün noeh vor .\nfang des Tages (n~wt Joh. 18, 28) dem romischen Landpfleger zur Bcstatigung und Vollstreclmng des U1teils übergaben und wiihrend der Verhandlung mit Pila.tUB sich in Acht nahmen, ihre religiOsen Observanzen zu übertreten (vgl. Joh. lS, 28) und sich in einer den l10hen Festtag nach ihren Satzungcn übertretenden Weise clabei zu beteiligcu. Die Gernelung uud Krouziguug J esu war Snehe der Romer, und die gleichzeitige Hinrichtung zweier llissethater komt ganz auf Rechnuug des romischen Landpftegers, der hiebei auf die religiOsen Vorstellungen der Juden um so weniger Rüelcsicht zu nehmen braucht.e, als die jüdisehen Oberen selbst die Kreuzigung Jesu ,ihres Konigs' vel"langt hu.tt.en. - Naeh dem u.llen kann die Belmuptung: ,dor Tabnud verpont Hinrichtungen am ersten Osterfeiert~e' nur von solchcn u.ufgestelt we1·den, welehe die Lehren des Talmud nicht kenncn. 1 Wie a.her clem evang. Beriehte der Synoptiker, daCI Jcsus am 1'1. Nisan des Abends zur gesetzliehen Zeit das Pnsehamahl mit seinen Jüngem gehalten und
1) Den Beleg für dieses U1-tei1 liefert die Gcschiehte dcr neueren Verh:mdlungen über die vorliegende Streitfrage. So llat unter andcren Blee'k, dessen kritisehe Aufstellungen sehr Vielen u.Is zweifellose Ergebnisse gründlieher Forschu11g galten und noch gelten, in s. Beitrr. zm· Evangelienkritik S. 140 :Ir. das arcbaologische M:i.teria.l nicht aus clen Quellcn geschOpft, sondern lediglieh aus den a.Iten Werken von Bynaeus, Selde1i u . .A., und deren Ansiehten für soine Zwecke verwendet. So hat er z. B. die Beweiskraft der oben a.ngef. Qemarastelle unter Berufung auf Lun
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Mai-th. XXVI, 17 (Todestag· Jesu).
nm 15. Nis. d. i. dem ersten jüdiscben Ostertage zum Tode vel"l!rtcilt uml gekreuzigt '"orden, arcbii.ologischc Gri.lndc nicht entgcgenstchcn, viclmchr die Aburteiltmg und Hinrichtung frecher GesetzesübertretC'r am Feste dcr Anschauung nicht blos des r1tbbi11ische11 Jmlentums, somlem auch eles A. u. N. Testaments entspricl1t: so bietet :mch clas vierte Evangelíum kcine Aussagen, die - richtig verstanden - mit jenem klaren Zeuguissc der clrei ersten Evangelien in Widersprnch stehen. Der Ifauptbeweis für das Gcgentheil wircl nus der Auga.bc Joh. 18, 28 entnommen, cl:ill die Juclen :un Ta.ge der Vemrteilung J csu nicht in das Priitorium des hcidnischen Procurato1·s Piln.tus eintt·nten1 cln· mit sic sich nicht vcrunreinigten, sondem dnmit sic clns Pascl111. iillcn. Zu clícscr Stelle bcmerkt Mcy.: ,der Eintritt in clns heidnisch e, \'Oll Gesii.uertem 11icht gerei11igte Hans würde sic levitisch vermu·einigt uml sic dndurch verhindert haben, dns Pascha am gesetzlichen Tage zt1 esscn. Da <¡mrsiv "to n«11zct durchgiingig im N. T. nichts andet·s bezcichnet nis das Pnschalamm cssen, so erhellt, dan an dem Tage, an llessen ,Frühe man Jesum zum Procurator f'ührtc, clas Pnschnlnmm noch nicht gegessen war, sonclem gegessen werden solte, dan mithin Jesus am Ta.ge vor dem Feste gekreuzigt wurcfo'. Diese .Argumentation beruht auf zwei irrigcn uncl unbcgründcten Pl·iimissen. Unbewiesen ist der angenommene ,durchgiingige' neutestamentl. Sprachgebrauch. vou cpccys'iv 'I:. n. Dieser .Ausdruck komt auller Job. 18, :?S, 'vo die Belleutung streitig ist, im N.T. nur l\Itth. 20, 17 u. den Parnllelen Mrc. 11, 12. 14 u. Luc. 22, 11. 15 vor, u. hiel· ali et·dings YOll cler Pasc11amalil:::ei1, die J csus vot· seinem Leiden mit scincn Jüngcrn hiclt. Von cinem ,dm·chgü.ngigen' Sprachgebmuche kmm tlahcr gnr nicht die Rede sein. Ob rpn!rel11 i-. n. noch einc antlcre oder weitere Bedeutung hnbc ode1· nicht, nmn zuuil.chst nus tlcm A. 1'. erwiesen wcrclen; und da wircl Mb!l M':IY u. 'El ~=~ nicht blos Yom Schlacl1tcn u. Essen des Paschalammes gebrnt;cht, sonde.rn schon in Deut. 10, 2f. in weiterer, u.llgemc•inerer Becleutuug. Wenn es do1t heill.t: ,,scl11achte Pesaclt dem Ilcrm deínem Gottc Kleinvieh C111bl:) und Rind\•ieh (-.j:).::i) und ilJ, do.bei Ungesil.uc1tes siebcu Tage", so ka.nn das 7tiigige Esseu von Ki;iiwieh imd Rindem nicht nntlers verstanden werllen als so, dn~ darunter auch clie nn den 7 Festtagen zu l1altenden Opferma.hlzeitcn mitbegriffen sincl, dn Rinder nicht nls Paschnliimmer vcrwendet we1·cle11 konten (vgl. m. bibl. Comm. zu Ex.). In dieser weiteren Bcdeutung ist tl'\Mb!!l auch in 2 Chr. 35, 7-0 gebraucbt, in den Angaben, dalJ, ztu· Paschafeier i{nt~r Josin tlcr I\'.ünig dem Volkc 1:1•no!ll~ 30,000 Lfünmer undjnngc Ziegen und 3000 H.inder, die VolliSÍürsten 26ÚÓ (L. u. Z.) uml 300 Hi111for und dfo Priesterfürsten den Leviten 50UO (L. u. Z.) und 500 Itiutler spend1;te11; worauf' am Schlctsse des Berichts iiber die I!'eier des Pcsacl1 uud der 7tiigigeu i\Ia.zi:ot bemerkt wird: Ein solches Pascha sei seit cien 'l'ngen Samucls nicht gefoiert wo1·den, wie in den Tagcn Josia's (Y. 18 u. 19). Vgl. 3 Esr. 1, 8. u u. 18 f. Wenn clagegen illey. a.uh. 11 u.12 himveist, wo c•no!1l Paschnlü.mmer bezeichnet, so ist clamit weiter nichts erwieseu, als da8 nc!ll ~nui {f.iu:t11 ~ti rpáaE?. u.uch das Schlnchten des Pnschalnmmes bedeute, also das W. n~~' cpé.atie=naaz<( in diese1• Erzl\hlung in zwiefacber Bedeutung vorkomt, sowoi" vom Pasclialnmm uncl cler Paschamnhlzeit am Abencle eles 14ten, u.Is auch von den in cler 7tíigigen Mnzzotfeier im Opfel'mahlzeiten verwendeten Thieren (Rindcrn). Dieser zwiefa.che Gebrauch des W. ná11za wnr zu Christi Zeitcn gnnz gewühulich.
Matth. XXVI, 17 (Todestag Jesu).
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Josepli. erkHirt das Fest l:ci'ív al;vµwv fast regelmaGig mit den Worten: ijv n&rrxa UroµEv oder llárrza icaAEiwt, .Lintt. XlV, 2, 1. XVJI, 9, 3. XVIII, 4, 3 bcll. jud. Il, 1. 3 u. ü. Eben so werden im B. der Jubiliien c. 49 uud im Talmudc hliufig 7 'l'agc dos Pa.Yclia geziihlt (s. die zahh-eichen Belege hiefür bei Wiesel., Bcitrr.S. 2'15). Glcichenveise gebraucht Johmmes iru Evaug. ro n&aza in dcr Regcl vom 7 tügigcu Feste; so unzweifelhaft in 2, 13 u. 23. 6, 4. 11, 55, wii.hrend in 13, 1 /;oqn} 1:. náaz. viclleicht die Fcier des Pascha.mables bezeichnet. Der Na.me fio@dJ i;ci'ív c:l;vµcw komt im Ev. J oh. gnr nicbt vor. - Bci dieseru im Zcitaltcr Cbristi den Juden gefü.ufigen Gebrauche des W. n&aza nicht blos voru Paschalamme uncl der Paschamahlzeit, sondern auch von dem 7 tiigigen Feste und den an diesen Festtagen gehaltenen Opfermahlen kann rpar11iv l:o n&aza eben so leicllt von eiuer Paschaopfermnhlzeit der 7 Tage wie von der Paschamablzeit am Abende des 14. Nisau verstanden werden; und die Frage, in welchcm Sinne es J oh. 18, 28 stcht, liiC.t sich nur aus dem Contexte cntscheiden. Sehen wil' nun vorliiufig von J oh. 13, 1 ab, so ergibt sich schon aus dem 18, 28 genauteu Motive, weshalb die Synedl'isten das Prü.torimn nicht betretcn wollen, niimlicb um sicl1 nicht zu verunreinigen, damit sie das Pascha essen konnte11, dan rparE'iv 1:. n. llicr nicht das Essen des Paschalammes bczeichnen kann. Die Behauptung von Jlfey., daG sie das Prütorium fih· unreiu hielten, wcil es vom Gesauerten nicht gereinigt wa.r, ist rein aus der Luft gegriffen, und der Grund, welcher das heidnische Haus für den Juden únrein machte, noch nicht genügend aufgchellt, vgl. Delit::scli, Talmud. Studien in d. Ztschr. f. !uth. Theol. 18i4 S. 1 ff. u. J(frclm. S. 34 :lf. So viel aber kann als ausgemncht gelten, daG na.ch tr. Cliagig. 2, 7. Sclielml. 8, 1 u. tr. C"~l 2, •1 u. 5, 1 auf Grund vou Lcv. 15, 7 die Vcrunreinigung eiue solche wa1·1 die nm· bis zum Abcndc unrein machte und dnrch ein Wasserbad gctilgt w.nrde. Die Ueberliefernng Jcsu nu Pilatus c1folgtc am llorgen (1lq01t d. i. in der leztcn Nachtwache vou 3-G Uhr), also nocb vor Tagesanbruch odcr 6 Uhr morgens. Eine Verm1reinigung um diese Zeit auf cinen Tag konte nm .Abcnd durch ein Bad beseitigt werdcn, und hiude1te nicht das Essen des Paschnfammes no.ch Sonnenuntergang a.m .Abende, mit welchem nach hebr. Anschaunng der folgeude Tag begann. Also nicht am Essen, hüchstens am Schfachten des Paschalammes in tlen Naclnnitt.agsstunden von 3-fi Uhr wiirden tlurch cine am früheu Morgen des 14. Nisan sic11 durch Betrcteu des P1·iitoriums :rngezogene Verunreiniguug ilie Synedristcn verliindcrt worden sein; das Schlachten aber konte durch Stcllvert1·etung besorgt werden, nach M. Pesac11. 8, 2 sogar dm·ch einen Kuecht oder Sklaven fü1· seinen Herm, so daG abgeschen do.vou, daG schwerlich füis Synedrium in pleno vor Pilatus erschien, die Erschienenen cloch hiitten am Abendc das Paschmnabl essen künnen. Anders vci·hiclt sicl1 die Sache, wenn rp<11 1Eiv r;~ n/,azrt von dcr 01>fermahlzeit am 15.Nisan, welche die Rabbillen C1iagíftª ncnuen, zu verstehen ist. Die Festdankopfcr, welche in Opferrnahlzeitcn verzehrt wurden, wurdcn am Vormittnge nach dcm Morgenopfer und den darau sich anscl1licGenden Festopfcrn dargcbrncht und nach der Darbringung das Fleisch nlsbald gekocht uncl zur l\fab.lzeit zubereitet, welche am l\littage bis zum Abcmclopfer hin gchalten wurde. An einer solcl1e11 Festopferma.hlzeit kontc nicht teilnehmen, wer sich füt· den Tng vci·1mreinigt ha.tte. l\lithin ergibt sich a.us dcm í'i•ce µ~ µiav8íiiat>', daB das !'va rpcirwrrt -ro
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Ma.tth. XXVI, 17 (Todesta.g Jesu).
nc~aza die Opfermnhlzeit der fJ/iagiga bezeiclmet, welche clie CHieder des Synedriums halten woltcn. Die Eiuwiindc, welche Bleck, Lücka, de w:, ;)ley. u. A. gegen die Dündigkeit dieser Schlul)foJgeruug erhoben haben, sind vou Hnr1stb., Lu!li. zu J oh. 18, 28, von WiescZ. Beitrr. S. 248 ff., J(ii-chner S. 32 fr. u. ,13 ff. u. A. wicclerl1olt so eingehend widel'legt wordeu, da.ll wir eine nochma.lige Widerlegung für übelilüssig halten. Noch weuiger Hiilt sicl1 aus Joh. 19, 14 u. 31 ci11 Widerspruch mit den synoptischen Berichten über die Zeit des 'l'odes Jesu crweisen. Der Widerspruch wird imr durch die Dcutlmg der n:aer:tanevf¡ ,;olí n:áaza vom Rtisttag auf · das Paschafcst gewonneu. Diese Dcutung ha.ben wil' aber schon S. 517 als gegeu die Gmndbedeutung und clen Sprachgebrauch von n:aqaaimirj verstollend abgclehnt. Wcnn n:aQ«anevf¡ -roií náuza den Rüsttag in Ostern, wie Lutl1cr gut übersezt hat, bezeichnet d. h. den Freitag als Vorbereitung ::mf den ins Osterfest füllenden Sabbat, so lüllt sich aus Joh. 19, 14 nichts weitcr schlie~en, als da!!. die Verurteilung J esu zum Ifreuzestode am Freitag i.les ,jüdischeu Osterfestes erfolgte. Uncl an cliesem Rüsttage auf den Sabbat wurclcn na.ch Joh. 19, 41 die Lciclmame der Gekreuzigten vom Kreuze abgenommcn vor Anbruch eles Sabbats, weil jencr Sabbattag gro» war, niimlich mit dem zweiten Tage des Mazzotfestes d. i. dem 16. Nisan zusammenfiel, so d:ill die Sabbatfeier durch ein zwiefüches zu dcm Sabbatopfcr hinzukommendcs Fcstopfer, a) das filr jeden der 7 Festtage vorgeschliebcnc Festopfer Num. 28. l!l-:'1'.l, u. b) die Darbringung der erstcn reifen Gerstengarbc mit einem entsprechenden Dankopfer Lev. 23, !l-1•1 (vgl. m. bibl. Archrtol. S. 412) crhüht wurde. Vgl. H'llgstb. u. Lutl1. z1i Joh. 19, 14 u. 31. Endlich din Stcllc Joh. rn, 1-4 Jnutet: ,,Vor der Paschafüier aber, cla Jesus wulltc, dail seine Stumle gckommen sci, dnll er aus diescr Welt gehe, nachdem cr die Scinigen, wclche in der Welt wa.ren, geliebt hatte, liebte er sic bis zu Ende; und als cr im Begri:ft'e ist, .Mahlzeit zu halten, als schon der Teufol dem Judas, Simons Sohne, Ischariot ins Herz gegebon, dan 01· ihn vcrriethe, da er (Jesus) wufite, dall íhm der Va.ter alles in die Hiinde gcgebcn .hatte - - erhebt er sich vom Mahle und legt sein Obergewand nb - - und fing anden Jüngern die Füfic zu waschen". Für das richtige Versfündnis dieses schwerfüllig gebilcleten Satzes ist zu beachten, dafi die sachliche Bcstimmnug zu neo i:ijs- ~oerij!i i;oii n:ríazc' mit d1 1tíf?Erne en i:oií oEín:vov v. 4 folgt 1 auch we1m man mit Bl., Baeumlein (Ev. Joh.), Lull1. u. A. das ~rán¡¡aev c'~Tovs v. 1 nis die logis che Fortsetzung eles neo i~; boqr. r. n. füBt, da dieses 1]¡-&n¡¡aev s11.cl1lich durch JysíQEtai r.d. erklilrt wird. Weitcr ist in Ilctrn.cht zu ziehen, da.L\ rfElnvov rwoµú•ov (die richtige Lesal't nach ~· BLX) Partic. Priis. und zu übersetzen ist: beim Werden, Beginnen des Mahles, nicht: als das Mahl begonnen hnttc, und daB die Zeitbestimmung nQo iij; eoqr. i;. 11:. nach Mallgabc der Angabe 11'f!o i!E ~µeewv -roii náazci 12, 1 zu beurteilen und dnbei zu erwiigen ist, da.L\ Johannes in 12, 1 u. 13, 1 ebenso wic in 2, 13 u. 23 zwischen n:ríaza und ~ éoe-r~ ioií n:áazci untcrscheidct, ni\mlich mit náazrt die Fcstzeit im Allgemcinen, mit ~ 6oq?~ i-. Tf. die Feierzeit des Pascha bczeichnet. Wcnn es da.her na.ch der Anga.be: .,6 Tage vor dcm Pnscha" (12, 1) hicr heiilt: ,,vor der Feicr eles Pascha", so führt uns diese Bestimmung iu die unmitelbarste Niihe des Paschamabls nm 14. Nisan, mit wekhcm die Pascha-
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lt'fa.tth. XXVI, 1i (Todestng Jesu).
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feier ihren Anfang nahm. Bei der Genauigkeit, mit welchcr Johnnncs in 12, 1 u. 12 die '.l'age vor dem Feste zlihlt, kann 1lf?O (-ri¡i; fo(!t.) nieht einen Zeitraum eines gnnzcn 'l'nges involviren, sondem nur wio z. B. 11qo i-oií riqún:ov Lue. 11, 38 don l\foment unmittclbn.r vor Anfang dcr Festfoier el. i. vor Bcginn des Paschnmahls angebcn. - Wie aber schon nqo i-~r; ioQr. r. n. nieht a.uf den 13tcn, sondem auf den 14. Nisan hinweist und clurch diese Zeitbestimmung der Gedauke na.he gelegt ist, das J'ti1u•ov das man im Begriff' stand zu haltcn, vom Paschamahle zu verstehcn, so w.ird durch den v. 2í-SO enviihnten Vorfüll bei jcnem ,Join1101• die Meinung, dnf~ dns cf~l:m.•ov am 13. Nisan stattgefunden, gel'llllezu nusgcsehlossen. Als nitmlich Jesus wlihrend des J'Elm•ov dem Judas zu ve1·stehe11 gab, dafl er von scinem Verrathc wisse und ihn nuffordcirte, ba.ld zu thuu, was er vorhabe, und Judas alsbald auch clic Tischgesellsehaft verlie~, mcinten dio Jüngc1", wclcho Jesu Au:lforrlerung au Judas nieht verstnnden, Jesus habe ihm gcsngt, zu kaufen was für das Fcst nütig sei oder den Armen etwns zu geben, Auf solchc Gcrlanlcen konten clic .Tüngor bei einem am Abende des 13. Nisnn gehaltenen Mahle nieht verfalleu, wcil in den Na.chtstunden des 13ten wedcr .Kaufüiden goii:lfnct waren, noch Arme a.uf den Strnllen sieh aufhielten, uncl fü1· Eiukiiufe wie für Versorguug der Armen noeh fü.st ein ganzer Tag (der 1-:l:te) freie Zeit bis zum Feste war. Faud hingegen das Mahl am Abemle des 14ten stntt, so war koine Zcít zu versiiumen, wenn für das Fest noeh etwas zu ka.ufcn war, ullfl in dicscr Nacht war auch die Gelegenhoit zu Einkiiufcn gcgebcn. Deun naeh :Mittemacht wurden die Tompelthore geoffnet und das Volk stri.imte in den Tompel. Bnld na.ch Mitternneht begannen die Vorbereitungcn für die Dnrl1l'ingung der Chagiga.opfer des 15. Nisau; da werden die Hiindler, welclic Dankopfcrtlliere im Vorliof cle1· Heiden und andere Opfergcgenst!i.nde foil hielten, gewili nicht gcsi:i.umt ha.ben, von Mitternacht an a.uf dom Platze zu sein. In clieser Na.eht konte man nlso knufon, und ist gewrn lnnnchcs für das Fest, das jn. noch llinger a.Is oincn 'fag do.uerte, gekauft worden. Und in diescr Nncht werden aueh die Bettler nicht geschlafen, sondern sich teils anden Thü.:. reu der Hiiuser, in welchen Festma.hle gehalten wurden, teils an den Tempelcinglingen eingefuuden ha.ben, ttm .A.lmosen zu erlangen. Vgl. Kirclmer S. 31ff. u. L11t71. zu Joh. 13, 29. Was sich mis aber o.ns geno.uerer El'wii.gung des johann. Berichts über das J'Einvo1' (13, 1) orgeben hat, dns wird clurch die Vergleichung dieses Berichts mit der synoptiscl1en Dnrstellung des Pnsehamahls bestií.tigt. Der in dem johann. Bcrichte auffallende Umstand, da.I~ Jesus, als man sich schon zum Mahle gelagert hatte, vom Mahle a.uf'steht und den Jüngel'll die Füüe wiischt, un1 ihnen ein Bcispiel zu geben, do.fl sic thun sollen, wie er ihncn gethan, tmcl sic zu bclchren, tlaf.I der Diener nicht gror~er ist nis sein Herr und der Aposte! nicht grOJler a.Is der ihn gesandt hat (.Joh. 13, 4. 15. 113), wird nur erkliirlich, wenn die Jünger beim Beginne des Mahls einen Anlaf.I zu einer solehen Belohrung gegeben hatten. Diesen Anlall erfabren wir aus Luc. 22, 24 íf., wornach beim Pasehamahle nnter den Jüngcrn ciin Streit oder Wetteifer (rptAwrndr') dm:über cntstand, we1· von ihncn dcr gró~ere zu sein seheine, und Jesus sic durch clie Belelmmg zurechtweist, clar.i der Groflere clem Klcineren dienen solle, und ihuen vorh1i.lt, cla!i er iu ibrer Mittc wie der I.>iencndo sei. Dieser Vorhalt sezt
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lVIntth. XXVI, 17. 18.
eine H:mdlung Jesu voraus, bei der er sich ihnen als owxovw>' gezeigt hatte. Dies hatte er bei der Fulhvaschung, 'velche J ohannes übcrliefert hat, gethan. Die johanneische Darstcllung des lezten lfahles, welches Jesus vor seiner Gefangennehmung mit seincn Jüngern bielt, enthalt demnach nicht nur nichts, was auf cin von dcr Paschamahlzeit verschiedenes, cinen Tag vor derselben gehn.ltenes Abendmabl hindeutete, sondern enthalt vielmehr bestimte Andeutungen, wclcbe für die mit den gcschichtlichen Verhaltnissen bekanten Leser seines Evangeliums ausreichten, um in diesem rhin"º" die Feier des Pascha.mahles am AbCJnde des l·i. Nis::m zu erkennen. - Das newtov 1¡1éücfo> der neueren negativen Evaugelienkritik liegt in dero unhistorischen Verfahren derselben,' da~ sie dfo einhellige Ueberlieferung der iíltesten Kirche ülier das Verhiíltnis des vierten Evangeliums zu den drei ersten, ihm voraufgehenden a priori verkennend oder verwcrfend, bei ihren Operationen von dem Satze ausgeht: wer das John.nnesevangclium allein llise, olme die Synoptiker zu kennen, der würde nicht auf die synoptische Chronologie gcführt werden. Diesen Satz nent Ebi·ard (wissensch. Klit. S. 619 f.) mit vollem Rechte eine ,utopische, nichtige Voraussetzung'. Dcnn ,es hat e]Jen keine Leser gegeben, die nur den Johannes und nicht auch die Synoptiker gelrnnt hii.tten. Johanncs schrieb für Leser, welcbe die Synoptiker lrnnten, und er sczt diese Bekantscbaft mit den Synoptikern bei seinen Lesern vomus'. - Wenn Johannes scin Evangelium nicht zu dem Zweclrn scbrfob, um die Gemeinden erst mit den einfachen evangelischen Thntsachen und den Elementen der Ilcilserkentnis belmnt zu machen, sondcrn diese Kentnis als in den Gemeinilcn scho11 verbreitet voraussezt, so batte er nicht nütig, das cYéi::rrvov, bei welchem J esus si ch vor der Paschafeier vom Jlfohle erhebt, um den Jüngern die Fülie zu waschen, ausdrücklich als Pascbamahl zu bezeichnen, weil die Christen, für die er sein Evangelium schrieb, um sie in dem Glauben, daB Jesus der Clrrist, der Sohn Gottes sei (20, 31), ticfer zu gründcn, da,riibc1· schon hinreichend unterlichtet waren, da~ dieses Mahl, nach deasen Beendigung Jesus in der Nacht verrathen und gefangen genommen wurde, das Paschamahl war, bei welchem Jesus, wie die Synoptiker berichtet hatten, uumittelbar vor scinem Todesleideu das heilige .A.bendmahl gestiftet hatte. Demnach beruht der Nachweis, daC. die vier Evangelien über das leztc l\fabl des Herrn und den Todestag Jesu übereinstimmen, welchen Tlwluck, Olsliausen, Hengstenberg (Ev. KZ. 1838 u. in d. Comm. zum Ev. Job. u. zur Leidcnsgesch.), Wicscler (chronol. Synopse u. Deitrr.), Wiclwllwus, lilifmann (Ztschr. f. Protest. u. K. 1853) u. Liclitcnstcin, Langen, Kfrclmer, Luthai·dt, .A11cfreae (der Todestag Jesu in ,Beweis des Glaubeus' 1870 S. 288ff. u. ·107ff.), Rotenmmd (von Ephraim nach Golgatlm, in d. 'l'hcol. Stud. u. Krit. 1876, S. 81 ff.) u. v. A. mehr versucht und geführt lmben, auf solidem geschichtliehen Grunde.
V. 18. Der Auftrag, welchen Jesus den Jüngern, nach Mrk. u. Luk. den beiden: Petrus und Johannes, hinsichtlich der Bereitung des Paschnmahles erteilte, lautet bei Mtth. sehr kurz: ,,Gehet in die Stadt zu dem und dem und sagt ihm: der Meister spricht: meine Zeit ist nahe, bei dir halte ich das Pascha mit meinen Jüngern". 'O oélva ein gewisser, den man nicht nennen will oder kann. Daraus ergibt sich, daB Jesus den Namen des l\fannes den Jüngern nicht genant hat. Dcr Auf-
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XXVI, 18. 19.
trag aber, den sie an den Ungenanten auslichten sollen, zeigt, da.8 dieser Mann ein, wenn auch verborgener Jünger Jesu war, welcher wn6te, daB Jesus den Tod erleiden werde. Schon Ó ótoáar.aÁog der Lehrer zm:' isox~v (bley.), ohne Zweifel im Kreise der Jünger stehende Bezeichnung Jesu, sezt voraus, da.8 der Mann ein Gliíubiger war. Noch mehr das folgende: Ó xatQÓ¡; µov der Zeitpunkt d. i. die von Gott bestimte Zeit meines Leidens und Todes (vgl. Luc. 22, 16 ~ óJQa Joh. 13, l. 17, 1) ist nahe. Hiitte der Ungenante von den Verkündigungen des Leidens und Todes Jesu nichts gewu8t, so würde dieses Wort Jesu íhm ganz unverstilndlich geblieben sein. Die Kentnis seiner Leidensverkündigungen bei ihm voraussetzend l!i.Bt Jesus ihm nur sagen, da.G die Zeit seines Todesleidens nahe sei, und er deshalb das Pascha bei ihm halten wolle (.notro ist nicht futm·. attic., sondern vergegenwartigendes Prasens). An diesen Worten salte der Mann erkennen, da6 Jesus vermoge seiner gottlichen Natur nicht nur überhaupt sainen Tod, sondern auch den. von Gott bestimten Zeitpunkt desselben vorauswisse, um ihn im Glauben zu befestigen. A.us demselben Grunde nent Jesus offenbar auch den beiden Jüngern den Namen des Mannes nicht, niimlich um sie im Glauben an seine gottmenschliche Person zu befestigen und sich ihnen a.Is den zu bezeugen, der alle Dinge weiB. H!i.tten wir nur die Relation des Mtth., so künte man allenfalls meinen, da8 Jesus den Na.roen des Mannes, in dessen Ha.use sie das Paschamabl bereiten salten, genant hatte und nur Matth. den Namen nicht angegeben habe, weil er sich in der Ueberlieferung nicht erhalten hatte. Aber diese Meinung wird durch die Berichte des Mrk. u. Luk. über die A.rt, wie Jesus sie anden rechten Mann wies, ausgeschlossen. Nach diesen Berichten sagte Jesus den Jüngern: in der Stadt werde ihnen ein Mann, einen Wasserkrug tragend, entgegenkommen, diesem sollen sie in dns Haus, in welches cr hineingehe, folgen und den Eigentümer des Hauses nach ;der Herberge, wo Jesus das Paschrunahl halten konne, fragen, worauf derselbe ihnen ein groBes mit Polstcrn belegtes Obergemach hiefür anweisen werde. Diese A.nweisung la.8t sich nicht aus einer Verabredung, welche Jesus etwa mit dem Manne vorher getroffen hatte, erkláren; denn das Gehen des Mannes mit dom Wasserkruge o.uf dar StraBe lieB sich nicht verabreden, da die Zeit der Ankuuft der Jünger in der Stadt sich voraus nicht bestimmen lie.B. In der angegebenen Weise konte Jesus nur vermüge gottlicher Prliscienz die Jünger den rechten Mann :finden lehren. Somit sind alle Versuche, dieses ílbernatiirliche Moment in diesem Vorgange durch Annahme einer Trübung oder gar traditioneller Umbildung der Sache ins Wunderbare als unstatthaft abzuweisen (vgl. Hngstbg.'s Bemerkk. gegen Olsltausen); und das Verhaltnis der drei Relationen darüber ist nicht so zu bestimmen, daB der Vorzug der Ursprünglichkeit entweder der Darstellung bei Matth. (Sir., Bl., f{eim, 11fey.), oder dem Mrk. u. Luk. (Scllleierm., En.1., Weiss u. A.) zukomme, sondern so, daB Matth. wie immer sich nur o.uf A.ngabe des Kernes der Sache, wie Jesus den Jüngern und dem Ilauseigcntümer sich als den bezeugte, der alle Dinge weiB, beschritnkt hat,
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Koil, Comm.11'. Evnngcl. Mottll.
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l\fatth. XXVI, 19-21,
l\Irk. u. Luk. hingegen den Hergang umstll.ndlieher berichten, dabei aber die Worte Jesu weniger genau überliefert haben. - V. 19. Die beiden Jünger fündeil die Sache, wie Jesus ihnen vorausgesagt, unll bereiteten in dem ihnen zugewiesenen Gemache das Paschamahl. V. 20-25. Das Paschamaltl am Abende. Vgl. Mrc. 14, 17-25. Luc. 22, 14. 21-30. Ueber die Pasehamahlzeit bemerken alle
us
l'lfatth. XXVl, 21.
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Jüngern herum zum Trinken mit den Worton: ,,Ich sagc euch, daB ich vom Gewiichse des Weinstocks nicht mehr trinken werde, bis das Reich Gottes (das Reich der Herrlichkeit) gekommen soiu wird" (v. 15-18). Da.B Jesus mit diesen Worten clie Mahlzeit eroffnete, laBt sich mit Sicherheit aus den rabbinischen Bestimmungen über die Feicr des Paschamahls, wie sie im Tract. Pesacltim. (besonders c. 10 der Mischna) uud in der Pesacll-Haggada enthalten sind, schlieBen. Denn obgleich das .Alter dieser fürstimmungen grüBtentheils sehr zwcifelhaft ist, so bernhen doch die Grundzüge des Rituals auf altem Herkommen, daher wir zum besseren Verstü.ndnisse der evangel. Berichte das Wichtigste darans kurz zusammenstellen wollen. 1 Naeh Rabb. Ga111aliel in 11!. tr. Pe.ro.cli. 10, 5 sind zum Paschamahlc e1fol'derlich: tlOEJ (das Pasehalnmm) n::to:: (ungesii.ucrtcs Brot) und 'W'l7.) Bitteres, aunerdem na.ch Pe.~. 10, 1 Wein fü1· vie1· Beeher, den auch dcr Ae1·msto haben und wenn er ilm nicht selbst sieh ansehaifen ka.un, von der Commune erhalten soll. - Naehdem man eieh zum ~fahle niedergelassen hatte, wurde ein Becher mit Wein gefiilt; über diesen sprach der Hausvate1· don Scgon, das lV'=.li2 Heilige (das Weihgebet für das Mahl), tranli: davon und liea der Reihe nach alle Tisehgenossen trinken. Hierauf nnhm (naeh der Haggada) der Ha.usvater etwns Olil"l~ el. i. Lat"tieh, tunkte es in Essig oder Salzwaseer, n.11 es 1md gab allon davon zu esscn; dann nahm er cine Mazz~ braeh sic in zwei Halfton und legte die groilere zum Nachtische zurück. Jezt fiilte man den Beeher zum zweiten Male mit Wein uud der .Jiingsfo in de1· Gesellsehaft fragte, 'vas elles alles zu bodeuten habe, wora.uf der Hausvater die ganze Gcschichte der Kneehtsehaft Israels in Aegypten und der El:liisung aus diesem Lande na.ch dar Bibel erznhlte. Daraufwurde der Becher in die Hohe gehoben und da.bei gesproehen: Wir sind sehuldig zu danken, zu lobsingen u. s. w. nach Pes. 10, 5; da.nn wurde der Beeher wioder niedcrgesezt, Ps. 113 u. 114 gesuugcn und na.eh dem Gesange clor Bceher getl'llllken. Nun folgt erst das eigentliche Festessen, das damit begann, dan dor Hausva.ter etwas Mazza. genoll und für jeden Tisehgenossen ein Stüekehen zum Esaen abbrach, danu Bittcrkraut nahm und es auch wol mit cinem stückehen Mazza in den Brei tauchte und all und den anderen in derselben Weise gab, darauf den Segcnsspruch über dns Osterfamm spraeh, wolches nuu gegessen wurde. Am Schlusse al:l man das Stück l\fazza., welches vorher zum Naehtisch zurüekgelegt war. Aladann wurde der drit-te Bceher eiugeschenkt, n::l"l:lt'I ta:> (nor:f¡f!tOV r:~r eM.oylar 1 Kor. 10, 16) gena.nt, die Lobpreisung gcsprochen und der Beeher getrunken. Darauf wurde der Beeher wieder vollgeschen1.1; und der zweite Teil des Hallel (Ps. ll!í-118) geaungen, und nach dom Hallel getrun1) Dio Pesacli-Haggada ist oft u. noch in 5. Aufl. Leipz. 18!;6 hebr. mit deutsébcr Uebersetzung gedruckt. Die wichtigate Litera.tur über dio talmud. u. rabbin. Quellen, sowie über die von violen Gelebrten, B11xto1j; Ligl1¡f, Bai·to· locci, Lundius, U,qoli11i u. A. mehr, zur Erlauterung des evang. Beriehts über die coima Domini da1·a.us gegebenen Auszüge haben Wichellmus a. a.. O. S. 247f. u. J(irc1111l'I' (die jüd. Passahfeicr) S. 8 f. verzeiehnet. In neuester Zeit habon Friedlieb, Archiiol. der Leidensgesch. §. 18 u. J(frchnei· a. a. O. S. 11 das jü~ disehe Ritual rccht sorgfültig besehrieben, wogegen die Beschrcibung bei Scl11·0dc1·, Sa.tzungen und Gcbrii.uche des talmud.isch-rabbinischen Judcnthums 1861 - wdl ohne Qnellenbelege - für den wissensehaftlichen Gebrauch wertlos ist. 34*
532
Matth. XXVI, 22. 23.
ken. Zuweilen wurde noch ein fünfter Beeher getrunken und da.bei Ps. 120-137 gesungen. Zum Schluase stimto man immer den Lobgesa.ng Ps. 136 an: "danket dem I:Ierrn, denn er ist freundlieh", mit dem bei jedem Verse wiederkehrcnden Refra.in: ,, und seinci Güt.e · wifüret ewiglieh". Bis Mitternaeht muBte die Feier beendigt sein. - Wiehtig ist für den evangelischen Bericht über die Paschafoier Jesu mit seinen Jüngern die Angabe, da~ das l'lfahl mit einem Beeher Wein begann und naeh dem Essen des Lammes der ,Beehe1· des SegeDB' getrunken wurde, und die Mahlzeit mit einem Lobgesange achloB; unklá.r bleibt aber die Frage, waa die Schüssel enthielt, in wefohe mit J esu Judas die Hn.nd eintauchte (v. 2U bei Mtth.} oder Jesus den Bissen eintauehte, den er dem Judas feiehte (Job. 13, 26). Warseheinlich enthielt sie den Brei oder das breiartig zubereitete Gemüse, welehos die .Ra.bbinen l"'1*i-it:i, nennen. 1
Ueber die feierliche Erkl!i.rung Jesu: ,,warlich ich sage euch: einer von euch wird mich verrathen" (.naQaOCÓ
Mn.tth. XXVI, 23. 24.
533
Dagegen premirt lJJey. den .Aorist als Prüteritum und übersezt: wer eingetaucht hat, namlich vorher, wo noch .Andere die Hand in der Schüssel, aus welcher Jesus a6, gebabt haben. Hiernach hatte Jesus mit diesen Worten den Verrather gar nicht naher bezeichnet, um ihn nicht oflen zu entlarven. .A.ns demselben Grunde haben Glockler, Langen, Hngstb. unter Berufung auf ó iµ{3a:n-.óµevo1; (des Mrk.) die .Antwort Jesu nur als vielleicht sprichwortlichen .A.usdruck des allgemeinen Gedankens: einer van rneinen Jüngern, von denjenigen, die mit mir aus derselben Schüssel essen, fassen wollen, wornach Jesus keine directe Antwort auf die Frage der Jünger gegeben, sondern nur das bereits Gesagte mit Nachdruck und mit .A.nspielung auf Ps. 4 I, 1O wiederholt ha.ben würde. Für diese Au:ffassung liiBt sich geltend machen teils, da6 nach Joh. v. 24 Petrus durch den an der Brust Jesu liegenden Johannes Jesum fragen la6t, wer der Verrather sei, teils, daE nach Mtth. u. Mrk. hernach noch Judas selbst Jesum fragt: doch nicht etwa ich bines? indem beides voraussetze, da6 Jesus keine directe Antwort gegeben habe. Allein keiner dieser Gründe ist entscheidend. Die durch Vermittlung des Johannes an Jesum gerichtete Frage nebst der Antwort Jesu war offenbar so leise gesprochen, da6 die übrigen Jünger sie nicht vernabmen, so da6 also Judas noch hinterher fragen konte. Dies konte er aber in scheinheiliger Weise auch noch thun, wenn Jesus die von Mtth. mitgeteilte Antwort laut gegeben hatte, sobald er nur nach dieser Antwort, um sich nicht selbst zu verrathen, die Hand nicht mit Jesu in die Schüssel getaucht hatte. Gegen die Fassung des ó bµ¡iá1pai;; µ13-,;' 1'µov in dem allgemeinen Sinn: einer meiner Tischgenossen, spricht entscheidend der Gebrauch des Part. Aor., welcbes nicht sich wiederholende Handlungen oder das was man zu tbun pflegt, ausdrücken kann. Das tµ{Jcíipac; kann sprachlich nur ein factisches Eintnuchen bezeichnen, woraus aber nicht folgt, da.B der Aorist mit 11/ey. als Praterit. zu fassen ist. · Zuliissig ist dies, aber nicht notwendig, da bier wo das Hauptverbum im Futur folgt, der Aorist im Sinne des latein. fut. exact. stehen kann; vgl. H'iner Gr. §. 45 S. 321 u. f{ülmer Il S. 153 A. 2. Hat Jesus gesagt: wer mit mir die Hand in die Schüssel eingetaucht ha ben wird, der wird mich verrathen, so war Judas damit nicbt entlarvt, so lange er nicht mit Jesu zugleich die Hand in die Schüssel eintauchte. Ob er dies gethan oder nicht, laBt Mtth. unbestimt, aber die v. 25 folgende Frage des Judas zeigt, da6 er es nicht gethan hat. V. 24. Jesus sezt hinzu: ,,Der Ilfonschensohn geht zwar dahin, wie von ihm geschrieben ist; wehe aber jenem 1\ienschen, durch welchen der Menschensolm überliefert wird. Es wlire gut jenem Menschen, wenn er nicht geboren ware". Die Wiederholung des Ó vUu; -¡;ov dv&QoJJCOV und des ó &.vfJ-(}OJJCOc; l~Elvoc; gibt dcr Rede ,trngischen Nachdruck' (11fey.). vJCáyu entspricht dem hebr. ';j~t'J das Scheiden aus dem irdischen Leben bezeichnend. Damit man aber seinen Tod nicht für ein Werk der List des Verrütbers und der Macht seiner Feinde halte, sondern als Erfüllung des guttlichen Rathschlusses erkenne und sich dadurch nicht im Glauben an ihn als den Sohn Gottes irre machen
534
Mn.tth. XXVI, .25. 26.
lasse, sezt Jesus hinzn: xafJCÓr; yf;yQaX1:CU .íl'é'Qi llVTOV, niímlich Íll den messianischcu WeiBagungen des A. T. Aber diese hühere Notwendigkeit seines Todes, der er sich willig unterzieht, vermindert nicht die Schuld des Verrlithers, der ibn seinen Feinden übcrliefert. ,,Wehe dem VerrUther!" ói' oó :rcaoaóló01:ai dzwclt welchen er verrathen wird. Kal.ov ~V avrefí gut (nÍcht: besser) wiire ihm, wenn er uicht wiire geboren worden, se. weil er dann nicht dem ewigen Vc1·derben in der Hülle würde verfallen sein. Dieser Ausspruch des Herrn liefert ein wichtiges Zeugnis gegen die Lehre von der Wiederbringung. Denn•wer auch nach Tausenden von Jahren noch zu der ewigen Seligkeit gelangt, von dem kann nicht gesagt werdcn, daB ihm gut wiire nicht geboren zu sein. In diesem fcierlichon l\fomente redetc Jesus nicht in Hyperbeln oder spríchwürtlichen Ausdrücken, von denen man sagen künte, dall sie nicht zu pressen seien. Dafi vielmohr ,diese W orte in ihrer ganzen Strenge zu nohmen sind, das zeigt auch das entsprechendo ó vfOr; 'l:~r; á:;¡;w21ilar; J oh. 17, 12 der Sohn des Verderbcns s. v. a. der dcm cwigcn Verderben Angehüdge; eine Bezeichnung, welche im N.T. nur noch einmal 2 Thess. 2, 3 vom Antichriste gebraucht wird, der furchtbarston Concentration des sündlichen Verdor bens auf Erden' (llngstb.). -··- V. 25. Troz diescr ernsten Warnung \var Judas so frecb, noch zu fragen: ,,Doch nicht etwa ich bines, Rabbi ?" worauf Jesus mit úv d.;w<; d. h. ja du bíst es, ihm seinen Verrath offen heraussagt. Diese directo Aussage begründet keinen Widerspruch mit Joh. 13, 26 :ff., wo v. 29 (nach 1Jfey.) voraussetzen soll, da6 sie nicht goschehen sei. Denn der in Joh. 13, 23-26 cnvlihnte Vorgang ist der Frage des Judas vorausgchend zu denken. Nachdcm Jesus ihm den eingetauchten Bissen gereicht hatte, fragte Judas, um sich teils vor den andern Jüngern teils auch Jesu gogenüber den Schein zu geben, da6 er an Verrath nicht denkc, noch µ?fct Zycó tlµt und provocfrt dadurch die offene ErkHtrung Jesu, da.B er der Verrlithor sei. Wenn mm auch die übrigen Jünger diese Frage des Judas nnd Jesu Antwort gehürt hatten, so mochte ibnen doch der Gedanke, daJ3 Judas sein Vorhabcn sofort ausführen werde, und vollends der Gedanke, dafi Jesus ihn auffordcre, dies •áx.wv recht bald zu thun, so fern liegen, dafi sie den Sinn der Worte: ,,was du thuest, thue bald" nicht bcgriffen und sich in den v. 29 mitgeteilten Vermutungen darüber ergingen: JrQor; Tl zu wclchem Behufc er ihm dies gesagt hatte. V. 26-29. IJie Einsetzung des heiligen Abendmahls. Vgl. Mrc. 14, 22-25. Lnc. 22, 19 u. 20 und dazu 1 Kor. 11, 23-27. 1 In dem 1) Vgl. Sai·tm·itts, Vertheidigung der luth. Abendmahlslehre gegen die reformirte u. lmtholische, in d. Do¡·patei· Beitrr. zu d. theol. Wissensch. Hrunb. 1832. I. S. 305-347; J(. Strobel, die Schriftmii.11igkeit der evangel. .Abeud~ahla lchre, lll der Luth. Ztsehr. v. Rudelb. u. Guei·. 1842. I, 115 ff. u. III, Su ff. F. C. Rodatz, übcr die Einsetzungsworte des heil. Abcndmahls, ebdst. 1843. I, 65 ff. III, 1 ff. u. IV, 1 ff. - /(. F . .A. J(almis, d. Lehre vom .Abendmahle. Lpz. 1851. Die hier verteidigte eigentliche Auffnssung der Einsetzungsworte hat Kalmi.~ spii.ter, vgl. Luther. Dogmatik I, 606 ff. u III, 345 ff. u. in der 2. umgearb. Ausg. (1875) Bd. II S. 345 ff., mit der uneigentlichen verfouscht. -
Ma.tth. XXVI, 26.
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Berichte tiber diese Stiftung des Herrn stimt Mrk. mit Mtth. überein; nur hat er v. 22
is
G. Tlioma.,im, ·Christi Person u. Werk. lll, 2 S. 57 ff. der 2. A. - Pltilippi, Kirchliche Glaubenslehre V, 2 (1871) S. 409 ff. - Dio refo11Dirtc Auffassung vcrteidigt Ebrard, d. Dogma. vom hcil. Abcndma.hlc. Bd. I (1845); vgl. dazu die krit. Bomcrkk. von llodo111. in d. Luth. Ztschr. 1846, I!I S. 50 ff. - Die rationa.listische Ansicht findet man bei D. Sclmlz, d. christl. Lehre vom Abendmahle. Lpz. 182·1. 2. A. 1831 und bei Ritckcrt das Abendruahl. Sein Wesen u. seine Geschichte in d. alton Kirche. Lpz. 1856.
536
Ma.tth. XXVI, 26. 27.
Jgdn.!!_sj!}lJ......'>ofo:et, nachdem Jesus ihn a.Is solchen bezeiehnet hatte, 1.1.us dem Kreise der Tischgesellschaft entfernte, sowa1'. er b_!;!L~r..S.tiftung drueil. Abe,ndmalils nich.t...melu:.JlJm.esend.. - ,,Jesus nahm Brot und nachdemei es gesegnet, brach eres und gab's den Jüngern". Vor IJ.Q-rovfehlt der Artikel 7:ÓV in :t.BCPEZ al.; und diese Codd. haben auch , ' ''Q't'OV " , , eu·~...orr¡aar;, wll.h ren d d"ie rec. 't'OV un d EVXaQta7:17aar; nur durch AI'illl al. bezeugt ist. In Bezug auf den Sinn begründen diese Varianten keinen wesentlichen Unterschied. Das unbestimte aQTOV kann nur :Jlmt....sein, w.cl&hes-zum-Pll:sc.hamahle [email protected]'lur.de-Und o.uf d$lm Tische.Ja.g; und die .D~1mmg (EJXªQtói-~ac~) schlieBt. die Segrumg (@A.or1íaar;J !µ_Jiilll.1, wie schon der Wechsel beider Worte in v. 26 u. 27 zeigt. In Y. 26 unsers Textes ist Ei3XaQtCíi-~aa1,; aus Luk. u. 1 Kor. 11, 24 gekommen. Das Segnen konte "ilXa.Ql.!tUlv genant werden, weil der D..2!1..k gegen Gott, mit dem man bekent, die Gabe von ihm empfangen zu ha.ben, das Mittel ist, durch welches man den 8.egen auf sie herabfleht. Der Segen aber, den Jesus über Brot und Wein sprach, war kein bloBer Segenswunsch, sondem eine.J:enle J\fütciihrng_giit.tUchen Segens wie bei dem ~v.l.orEZ'V wvg a(/COV<; in 14, 19, nur mit dem Unterschiede, daJ3 dort der Segen in wunderbarer Stiirkung der leiblichen Nlihrkraft des Brotes bestand, hier dagegen darin, dªJl der j!'Clischen Sn_~i_~_\LdieJil1\ft ..zu:r_gQistU~l.!!,'!!lJmfil.snng.der..Seele-v.erliehell..lv.urde. ber Segnung des Brotes folgte das Brechen und Austeilen desselben mit den bedeutsamen Worten: ,,nehmet, esset, dies ist mein Leib". TOV'W i§.t,...d.ns gesegnete und in Stück~imbrochene Brot, welches Jesus den Jüngern zuro essen reichte, also weder a.uf den lebendigen Leib Cbristi (Cat·lstadt), noch auf das erst zu sagende Prildica.t ~) hinweisend. Wie Jesus das Brot den Jüngern gab, ob jedem einzelnen ein Stück darreicl1end, oder die gebrocl1enen St.1icke auf einem Tellm: ihn¡m gehend, laBt sich aus den Worten nicht erkennen, aber dieleztere Weise ist warscheinlic11er, weil der Sitte, da.B die Speisenden lagen, nicht am Tische saBen, mehr entsprechend. Ueber den Sinn des /;a-el f§J,.s. spiiter. 7:0 aci5µ& µov ist ).'lerler der ph.y.sisch~m.'lterielle.no.ch..de:r. geistig verkli.i.rte l.,._fil_li....Qliristi, ~!:~~-~für di!i_Men.sch.eILin..den. Tou_gegebeU!L;l:.cifü Jesu. ..Christi.. Die niihere Bestimmung 7:0 v:nl:Q ÍJµcí511 cYioóµwov bei Luk. ist auch bei Mtth. u. Mrk. hinzuzudenken; sie licgt zwar nicbt sicher implicite in den ~xlaat:J', ergibt sich aber zweifellos aus der nli.heren Bestimmung des 7:0 alµá /lOV durch 7:0 :JCfQ~ :1toJ..lrov ~r.xvvóµn•ov v. 28, und konte von ~itth. u. M:rk. weggelassen werden, weil die Sache aus cler kirchlichen Feier des .A.bendmahls in den (,íemeinden bekant war. V. 27 f. Bei :JCOT~QtoV feblt auch der Artikel in ~BEFGZtJ al., wird aber durch ACJJH/{Jl!SUFJYI al. bezeugt. Der ~:JCon}Qcov ist nnch einer eben so naheliegenden als hii.ufigen Metonymie (continentis p1·0 contento) statt. deS...:Wcines. genant, weil der Wein gewühnlich in einem Becher gereicht wird. Nachdem Jesus das Dankgebet darüber gesprochen, roiehte er denselben den Jüngern mit den Worten: ,,trinket ollc cln.ra.us; deJID dieses (dJ.~s~r gese_gnete Wein) ist-mo.in.Jllnt
Mntth.
xxtv¡,21. 2s.
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~mnents (d. h. _des-Bundes~, ~f Yiele '.\!er-gossen--w:h'd-.zu füi!idenyergebnng". Die Lesnrt -ro aiµ& µov -rijc; ó~aff~xr¡c; hat Tiscl1. 8 nach ~B/JLZ al. aufgenommen statt der 1·ec. 'l"O cdµá µov T:O T:ijc; r.ati•~c; ómf>~z17c;, die wol nur aus Mrk. stamt. Plu.t.des Buudes (n~:::;r:i o:i cúµa T:í/; O!m9·~xr¡c;) nent Mose Exod. 24, 8 da§.Qn.ferlili.I.t, mit dessen Sprengung an den Altar und a.uf das Volk der Bund am Sinai geschlossen wurde. 1llein Blll,/JJ.§.sJJ.wul.es ist.hiernach_r.las Blut, welches zur 1 Stiftung meines d. i. cles..llfilli\n Bundes v.ei:gossen wird. Der am Sinai durch siihnendes Opfe1·blut vollzogene Act der BundschlieBung war die Besiegelung der Verschonungsgnade, welche der Herr seinem Volite Israel in Aegypten durch das Blut des Paschalammes zugewendet hatte. Die jahrliche Wiederholung des Paschamahles war demnach eine stete Erneuerung der Bundesfeier, daher bei ihr das Blut des Paschalammes an den Altar gesprengt wurde; und diese Blutsprengung war die Bedingung, unter welcher das Paschaessen Bundesmabl wurde. Aus diesem Grunde schliellt Jesus die Stiftung des heil. Abendmables andas Paschamahl an und bezeichnet sein Blut, ·das m· zn .l!er.gie.Ben im Begijjfe steht, als Blut seines Bundes, d. h. des von ihm zu stiftenden neuen Bundes, von welchem ~ ff. gewei6agt war, da6 er in Vergebung der Sünden bestehe. Diese Bedeutung des Pascbamahles in Verbindung mit der WeiBngung des Jer. von der Stiftung und dem Wesen des neuen Bundes konte den Jiiugern auch den Sinn der Worte: dieser Kelch von dem ihr trinket, fat me.in Blut des Bundes, das für Viele vergossen wird, ~e.1·.~t!.!1.!.ilJY;Lma.cbmi , so weit dies vor der thatsilchlichen V ergie6nng des Bl utes J esü Christi oder vor der fü.ctischen Hingabe saines Lebens in den Tod mOglich wnr. Gl~.i!!lnvie die Paschafeier .Y,Qr der wirklichen BundschlieBung eingesezt worden, ~ stiftete Jesus das heil. Abeudmahl vor seinem Tode, durch welchen er das S~nopfe~JUr.die.Sürule.n.Mi'F.~1tdar.btlngt und de1J,Jl!)Ji.eu.B.uncLauf1:k,4tet, de§.sºµ,.- H~!J§g!!t.Q:r~'illiIJ.e..J.ti.ng.eLin..der..E'eier... des.. AJum.durn.Ws sicl!f9J:~_:i111c1_fu:ttr.u.eigncn ..aal.lcn. U11:Q.Jv.!ºJm~wamahle das.Lnmm, dessen Blut zum Siihnopfer dient, auch Z.!1!'. ª1!9.ifil) gegeben worden, . .ªº-. wird auch _!nulllll.test~.entll~ª~Jl.Bundeam.~l!!e dei:..L.eih-muLQ.&filut des Herrn zu essen und zu trinken gegeben. - Statt -ro ai¡tá µov -ziíc; ou:d}.. steht bei Luk. 'IJ r.mv~ ÓtafJ~'>!'J] BV T:Cp ai;ua'l:Í /lOV ( dieser Kelch ist) dns neue Testament (der neue Bund) vermüge (oder kraft) meines Blutes (das er enthü.lt). So die Worte zu fassen und nicht f.v 7:cp a1µ. µ. als nlihere Bestimmung zu Ótcdl-~xr¡ (Bund der in meinem Blute besteht) zu ziehen, fordert die Parallelstelle 1 Kor. 11, 25: ~ xcuv~ ómfhír.11 lai-tv lv 7:cp z,,~;; cá'µa"Ct, wo durch das zwiscben óu:dh}r.11 und lv '1:'. lµ. aI,u. gestelte ladv die lezten Worte zum Ifauptsatze gezogen sind. ÍJ:;;r'i!Q t~µo3v lr.xvvÓµEVov hilngt auch bei Luk. von a~'µa'Ct ab,. indem durch die Wahl des Nominativs das vom Blute .Ausgesagte nachdriicklieber hervorgehoben wird, als es dumh den Anschlu8 im Dativ geschehen konte¡ vgl. 111ey. zu Luc. 22, 20. llr:Q't .noJ.2o31,. schreibt Mtth. statt v.n'EQ vµrov {Luk.), weil er nur die hohe Bedeutung des vergossenen Blutes hervorheben will, und die specíelle .Application auf
To
538
Matth. XXVI, 26-28.
die Jünger in der Darreichung des Kelches eingeschlossen ist. In diesem Sinne sezt er auch: Eli;; á
l\fatth. XXVI, 2íl -2)<.
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6wµa t!'.QP.iruili gefaOt nnch der l\fotonymie 1·ei signatae pro signo, wie bekantlich QjfQ.li!mp.ad. acow(. für Zeichen oder Bild des Leibes genommen hat, worauf im Grunde auch Calvin hinauskomt. Dagegen hat schQ!L.lJ.uh.er das Vorkommen eiues solchen Tropas in irgend eine1· Sprache in Abrede gestelt, und in neuerer Zeit haben Rodatz und Philip¡;i S. 416 ff. die Iogische uud sachliche und darum auch sprnchliche Müglichkeit dieser i\fotonymie mit schlagenden Gründen bestritten. 1 Nicht ein concreter Gegenstand, nur eine Idee, ein abstracter Begriff kann in einem entsprechonden kürperlichen Gegenstande bild1ich ausgepriígt und deshalb damit identificirt werden. In diesem Sinne sngt der Aposte! 1 Kor. 11, 10: ,,das Weib soll eine l\facht auf ihrem Haupte haben", namlich die in dem Bilde der Kopfbedeckung ausgepragte Macht und Oberherrlichkeit des Mannes über sic, worin zugleich ihre Unterthanigkeit bildlich ausgeprilgt ist. Wolte man nun dies auf den Leib Christi anwenden, trozdem daB dcrselbe kein Abstractum, sondern ein Concretum ist, weil er doch nach gewissen Qualitilten, Zust!Lndlichkeiten und Wirkungen mit dem Brote verglichen werdeu kOnute, welches also insofern als die bildliche Verkürperung desselben gedacht und darum auch selbst der bildlich dargestelte Leib j genn.nt werden konte, so wibre doch der Satz: dies ist mein Leib keineswegs idcntisch mit dem Satze: dies ist ein Bild, geschweige denn 1 ein Zeicheu meines Leibes. Vielmehr füge der Tropus dann nicht im '
1) Schon in dem Dekenntnisse vom Abendmahl Christi Hi2S sagt Lutlwr (Erl. Ausg. XXX S. 250): ,Zum andern, ists auch nicht wahr, d:tl1 solchcr Tropus Oecolo.mpads in einiger gemeiner Rede oder Spracbe sei in tler ganzen Welt, und wer mir del1 ein bestiiudig Exempel bringet, dem will ich rneinen Hals geben'. - !\lit gründlicher Umsicht und 8orgfalt hat Roda/;; (:t. a. O. lll S. 21 ff.) alle Stellen des A. u. N. 'fest., in welchen man die J:lfotonymie rci signatae concretae pl'o signo rri signatae concretae hat finden wollcu, durchmustert und beleuchtet unc.1 das Ergebnis gewonnen, , das.~ es nicltts als ein cndliclt .w antiquircnder ln·tum ist, iibetTiaupt das Vorltandensein einer solclien 1lfetonymie z11 statufren, wie es dcnn dcrgleichen trnditionellc Irrtümcr in dcr Philologie noch eine Menge gibt• (S. '.1:6). Weiter bcmerkt derscllJe S. 52: ,Vom Stamlpunkto tler Logik h:tben wir :tber noch zu erinnern, das.~ tiberliaupt cin Concrelum niemals S¡¡mbol eincs a11dem Conc1'et111n sein kann, ein Moment, welches man mcistena viel zu wenig beachtet und hervorgehoben hat. Es sind immer Begrijfe, Ideen, wclche durch Darstcllung cines Concretum symbolisirt wcrdcu, nic andel'e Concreta; deun das f-innbikl ist vom Bilde, wie es der l\faler und Bildh:tuer, der Natur nnchahmcnd, darstellt, durchaus vel'Schieden'. - Diesen Punkt weiter bcgrümlcnd bemerkt l'Ml. S. •116: ,Die Metonymie sezt unter zwoi Wortern eins für das andero, wcil beide in innerer Wechselbezichung zu cin:tnder stelien. Die dn.bci stn.ttfindentle Vertauschung der Begriffe ist nur deshalb statt!Jn.ft, weil der cine Bogriff in dcm andcrn entlmltcn und von selbst mit ihm gcsczt ist, wie n.uch die Gegenstandc, deren Bezeichnungeu mit einander ve1·tn.usc!Jt werden, in inncrlich notwendiger, naturgema~er Bezichung zu einancler und unlOsbarer Conncxitiit steheu. Darum gibt es wol cine metonymia causae pl'o effectu, antecedenti.~ pl'o cons«1ucnte, ar{¡imcti pl'O su~fecto, contincnti.~ pm contento, es gibt abor kcinc mcton¡¡mia si,qnati pro sirpw, und es kann auch eine solchc nicht geben, weil das Zeichen nieist nm· ein zufüllig und willkül"lich gcwahlter Gegcnstaud ist, wolclJer in keiner vou selbst gesezten, innerlich uotwendigeu, naturgema~eu Bezieltung zu dcm bezciclmcten Gegenstande steht'.
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l\fatth. XXVI, 26-28.
Pradicate, sondern im Subjecte: dies, nicht eigentlich, sondern bildlich gefafite Brot ist der Leib Ohristi (vgl. Pltil. S. 418 f.). So verhil.lt es sich auch mit dem Satze von Hngstb.: dies Brot ist geistig genommen mein Leib, in welchem auch das Subject tropisch gefaBt ist. .A.llein was berechtigt oder nütigt zu solch tropischer Fassung des 'tov-i-o? Das Brot, welches Jesus brach und denJüngern zu essen darreiehte, war ja natürliches, irdisches Brot; und der Leib wird durch vJt'i:Q vµrov óióóµcvov (Luk.) a.Is der natürliche substanzielle Leib des Herrn bezeichnet, in welchem Jesus leibhaftig bei ihnen war. In diesem Sntze weist nichts auf ein Tropus hin. Aber ,in dem Parallelsatze: dieser Kelch ist der neue Bund der in meinem Blute ist - sagt l{almis II S. 348 - liegt unstreitig ein Tropns, so muB auch der Satz: dies Brot ist mein Leib ein Tropus sein'. Unstreitig? Keineswegs. Das Subject: dieser Kelch ist eine einfache Metonymie, und das Prli.dicat: der neue Bund, der in meinem Blute ist, wird nur durch die e:x:egotisch haltlose Verbindung von -r:cfj a~'µa-r:l µov mit ów{hjxr¡ gewonnen. Uebersezt man, wie wir oben S. 537 schon bewiesen haben, richtig: dieser Kelch ist der neue Bund vermüge meines Blutes, so bezeicbnet der Herr damit nur sein Blnt als den Inhalt des dargereichten Kelches und diesen Kelch bezeichnet er nur deshalb als den neuen Bund, weil das Blut, welches er darreicht, das Blut der Versühnung ist, durch welches der neue Bund gestiftet wird, so daB wer von diesem Kelche trinkt, des neuen Bundes teilhnftjg wird. Diese einfachen Metonymien versetzen uns nicht in das Bereich derSymbolik. Nur wenn eine symbolische Handlung erwii.hnt wll.re, künten Brot und Wein als Substrate dieser Handlung gedacht und den Worten: dies ist mein Leib der Sinn: das nicht eigentlich, sondern symbolisch zu verstehende Brot ist mein Leib, vindicirt werden. Aber die Handlung, lvelche Jesus mit dem Brote und dem Weine vornahm, bestand blos darin, da.B er beide segnete und das Brot brach. Das Brechen des Brotes aber war notwendig, wenn von einem Brote a.lle Jünger essen solten, und so nahe es liegen mag, in dem Brechen cinc Beziehung auf die Hingabe des Leibes in den Tod zu finden, so steht dieser Annahme docb der Umstand entscheidend entgegen, dn8 mit dem Weino nichts vorgenommen wird, worin sich eine Hindeutung auf das VergieBen des Blutes suchen oder entdecken lieBe. Es bleibt also nur das Segnen übrig. Aber Drot zum Essen, Wcin zum Trinken segnen kann ma.n doch nicht cine symbolische Handlung nennen, wodurch dio Speise und der Trank aus der irdisch-sinnlichen Sphi.\re auf den ideellen Boden des Symbols versezt wird. Zwar wurden Brot und Wein durch die Segnung so geweiht, da8 man sagen kann: das gesegnete Brot stelt den Leib, der gesegnete Wein stelt das Blut Christi dar¡ aber mit dem Worte da1·stellen ist die symboliscbe Auffassung von Brot und Wein nicht erwiesen. Denn Jesus zeigt ·den Jüngern nicht bles die gesegneten irdischen Elemente des .A.bendmahls, sondern gibt ihnen das Brot zu essen und den Wein zu trinken. Essen und Trinli:en aber sind nicht symbolische, sondern irdisch~1·ea.Ie Handlungen. Durch die Segnung werden demnach Brot
t'o
sv
Ma.tth. XXVI, 26-28.
und Wein nicht zu symbolischen Zeiehen oder Bildern, sondern zu wirklichen, substa.nziellen Trii.gern und Vehikeln des Leibes. Christi geweiht, in, mit und unter welchen die Essenden und Trinkenden den wahren Leib und das wabre Blut des Herrn, nicht blos symbolische Unterpfü.nder des Leibes und Blutes Christi empfangen. Wns hindert uns denn nun, die Worte des Herrn in eigentlichem Sinne zu nehmen? Hauptslichlich meint man, der Umstand, daB Jesus das Abendmahl vor seinem Tode gestiftet. Weil Jesus no ch leibhaft lebend unter den Jüngern sa.B, so konte keiner der Tischgenossen diese seine Worte im eigentlichen Sinne verstehen, und weil der Leib Jesu im Momento dieser Feier noch ungebrochen, sein Blut noch unvergossen war, so konte auch Jesus nicht seinen Leib und sein Blut den Jüngern irgendwie wirklich, der Substanz nach zu essen und zu trinken geben. So jJfmJ•. u, A., nuch lí'alm. S. 347. Der erste dieser Einwünde ist offenbar der schwilchste. Das damalige Verstandnis der Jünger kann unmoglich den MaBstab abgeben, nnch welchem der Sinn der Rede des I:Ierrn zu bemessen ist. Nirgends bemi.Bt der Her1· seine Reden angstlich nach dem MaBe des Verstlindnisses seiner Jünger, sonst hatte er ilmen vieles nicht sagen dürfen. Verstanden sie doch nicht einmal die Verküudigung seines Todes und seiner Auferstehung. Und wie vieles Andere hat ihnen erst der heilige Geist hernach ldar gemacht. Mit dem Kanon, da.B Jesus sainen Jüngern nichts hittte sagen dürfen, was sie zur Zeit nicht verstehen konten, stelt man einen hermeneutischen Grundsatz auf, mit welchem man den groBeren Theil der Lehrreden Jesu in den Evangelien aus der Geschichte streichen kann. Vgl. Tlwmas. S. 63. Philip. S. 432 f. - Ueber den zweiten Einwand urteilt Tlwm. S. 64 ricbtig, da.B der SchluB von der uubestreitbaren Thatsache, die er constatirt, a.uf die Unmoglichkeit, die er daraus folgert, kein zwingender sei. Die l\Iitteilung seines Leibes und Blutes ist ein Act géittlichcr Machtwirkung der Personlichkeit Oht•isti d. h. ein Wunder, ein Mysterium, für unsern Verstand ebenso unbegreiflich wie z. B. die Heilung des blutflüssigen Weibes durch eine von Jesu ausgehende Kraft, die Auferweckung des Lnzarus aus dem Grabe durch sein Wort u. a. m. Sodann ist der Unterschied zwischen der Begehnng des heil. Mahls in der Nacht vor seinem Tode und der nachmaligen Feier desselben in der Gemeinde in Betracht zu ziehen. J ene erste Feier als Stiftnng tragt prop11etischen Charakter, wobei der I:Ierr in der Gewillheit saines unmittelbar bevorstehenden Versohnungstodes den Jüngern die IIeilsgüter dieses Todes proleptisch zusichert oder testn.mentnrisch vermacht, welche die nacbmalige Feier ihneu fort und fort als die reo.le Frucht seines Todes gewithrt. Die leibliche Gegenwart Jesu schliefit die sacramentliche Mitteilung seines in den Tod gegebeneu Leibes und seines zur Sündenvergebung vergossenen Blutes nicht aus; denn nicht seinen verkl!irten Leib und sein verklitrtes Blut reicht der Herr im .A.bendmahle seinen Jüngern, sondem sainen für uns in den Tod gegebenen Leib und das für uns vergossene Blut, und zwar nicht blos bei der
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Matth. XXVI, 26-W.
Stiftuug, sonderu auch bei jeder nachmaligen Feier. Bei diesen ist es zwar der zur Rechten Gottes erhühte uud verklilrte Christus, welcher soinen Loib und sein Blut mitteilt, jedoch nicht seine verklli.rte Leiblichkeit, sondern sein für uns am Kreuze geopfertes Lcibesleben, und zwar nicht blos die geistige Kraft (vigor) sonderu die substanzielle Wesenheit desselben. ,Denn Lcib und Blut bilden die beiden wesentlichen Bestandtcile der Leiblichkeit; das Blut ist das substanzielle Leben des Leibes (Lev. 17, 11), der Leib die vom Blute beseelte Stofflichkeit' (lf'Ullll.C1.s....S...6-9:}.. Dadurch wird das Brot, das wir brechen, XOl1'COVÍa 'l:OV ao5µm:o<; rov XQWTOV und der Kclch, den wir segnen, XOl'J)(lJVÍa wii cá!w.r:oc; rov XQl07:0V, wie der Apostel 1 Kor. 10, 16 f. Iehrt, d. h. Brot und Wein werden das, was uns in die Gemeiuschaft des Lcibes und Blutcs Christi sczt. - Mit dieser schriftgemiíl3en Anschauung vou dem was wir im Abendmahlc gcnie6en, ist zugleich der Einwand erledigt, da8 verkHirtes Blut nach neutestamentlicher Anschauung eine contradictio in adjecto sei wie verklürtes Flcisch (11fey.). - Noch weniger lilllt sich die eigeutliche Erkl!irung der Einsetzungsworte widerlegen und die Notwendigkcit der symbolischen Auffassung begründen durch das Argument, da6 ,der substanzielle GenuB des úcí5µa allein und für si ch, oh ne das a1µa, ganz unvorstellbar erscheint, so lange man clen Begl'iff des Y.QÉa<; forne Mlt' (11Jey.). Denn die Sonderung der beiden wesentlichen Bestandteile des Leibeslebens, für dernn gesonderte Darreichung ein Grund weder von Christo noch von den Aposteln angcgebcn ist, war durch den Anschlu6 des Abendmahls an das Paschamahl gegeben, bei welchem das Blut vom Leibe des Lammes gesondert war, das Blut zur Sülmung an den Altar gesprengt, der Leib in dem die Gemeinschaft mit dem Herrn abbildenden Bundesmahle gegesscn wurde. Auch Christus hat die Versi.ihnung nicht durch den Tod als solchen vollbracht, sondern nach constanter Schriftlehre durch das Vergie6en seines Blutes am Stamme des Kreuzes. Um uns also die von ihm vollbrachte Versohnung zuzucignen, rcicht er uns in dem gesegneten Kclche des A.bendmahls sein zur Sühnung dcr Sünden vergossenes Blut, und um uns in die Lcbcnsgemeiuschaft mit ihm zu setzen, reicht er uns seincn in den Tod dahingegcbcuen Leib zu substo.nzieller Aneignu11g. Für die Behauptung, ,daB dcr getrente Gcnull, nlimlich des Lcibcs ohne das Blut und dann des Blutes für sich nicht dem Bereiche des wirklichen Essens von Leib und Blut angehort', hat llley. cinen Beweis nicht geliefert. Nach dem allen steht der eigentlichen Auffassung der Einsetzungsworte kein haltbarer Grund entgegen, und wir müssen diest>lbc um so mehr festhalteu, als wir Testamentsworte Christi des Sohnes Gottes vor uns haben, die genau zu nchmen sind. Denn wenn nuch ow{)-~;o¡ nicht Testamcnt, sondern Bund bedeutet, so ist do ch das Abendmahl ein Vermiichtnis, cine Stiftung, welchc der Hcrr vor seinem Scheiden den Jüngern macht, nicht blos zu bleibender Erinnerung an seinen Versobnungstod, sondern zu steter Zueignung der durch sciuen Kreuzestod uns erworbencn Hcilsgitter, und zwar cine Stiftung, durch welchc die
Matth. XXVI, 29.
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vxtá, das Schattenbild d#ls Pascbamahls zum
Ov ¡t1
1) Die \Veitere theologische Begründung dieser Lchre gehort in die Dog-
roatik, in welcher sie l!rJ:.W..Q!illieh 1'1~Q1lill~llis-l:h...~~-Cl....in... h.liJlfüg_e_t:...KiiJ:~-µml. Pliili¡1pi a. a. O. S. 244 rr. ausfübmclí gegeben haben. In gesehichtlicher Hinsieht vgl. líalwis, Leltre v. Abendm. ~. 171 ff. u. Luth. Dogmat. II S. 360 ff. der 2. Ausg., und dio Kritik der Ansiehten der neueren Vermittelungstheologie bei Pllílippi a. a. O. S. 372 il'.
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}fatth. XXVI, 29-31.
deutet in keiner Weise an, daB Jesus vom Abendmahlskelehe getrunken habe, ehe er ihn den Jüngern herumreichte. Wenngleich aber die Warte sich o.uf das Trinken des Weins beim Paschamahle beziehen, so fehlt do ch im Tex:te jede Andeutung darüber, daR dies der vierte und nicht der dritte Becher des Mahls war, wie 11'/ey. behauptet, selbst \Venn mo.n das mit Nachdruck voro.ngestelte wvwv so premiren wolte, daíl es den Pasclta-W ein bezeichnete. .A.her 1:0tÍ1:0v besagt nur, da.B der Wein, der bei Pascha- und Abendmahl getrunken worden, eine Frucht vom irdischen Weinstock war, und den Gegensatz dazu biJdet r.mvóv d. i. nicht = vlov recens sondern bezeichnet einen Wein ganz anderer Art, novitatem ptane singulat·em, wie Beng. sagt. Der Gedo.nke ist folgender: Den irdischenWein, welchen ich bei diesem Paschamahle mit euch getrunken habe, werde ieh auf dieser Erde nicht mehr mit euch trinken; denn ich werde mit euch kein Pascha mehr auf Erden feiern; aber dereinst werde ich im Reiche meines Vaters d. i. im Reiche der Herrlichkeit in neuer, verklii.rter Weise mit euch Wein tl'inken d. h. ein Abendmahl feiern, dessen Speise und Trank der verklilrten Gestalt des neuen Himmels und der neuen Erde entsprechen wird. Mehr lii.Bt sich über die Beschaffenheit des neuen Weins nicht sagen, weil wir uns von der Gestalt des Reiches der Herrlichkeit keine Vorstellung machen künnen. So viel aber erhellt aus diesem Ausspruche, da.B Jesus na.ch seiner Auferstehung keinen :irdischen Wein mehr getrunken hat, wogegen auch Act. 16, 41 keine begründete Instanz liefert. V. 30-35. Das Gesprtlclt beim Gange naclt dem Oelberge. Vgl. Mrc. 14, 26-31. Luc. 22, 31-39. - V. 30. Als sie den Lobpreis gesungen, gingen sie hinaus an den Oelberg. Mit Lobgeso.ng schlo.8 die Paschafeier und schlieBt Jesus auch die Einsetzung des heil. .Abendmahls. Ob aber v,uv~amn:Eg auf den Gesang des zweiten Teils des Halle! (Ps. 115-118) zu beziehen sei (bley.), ist sehr fraglich. Warscheinlich ist der Gesang von Ps. 136 gemeint, mit welchem nach rabbinischer Ueberlieferung die Paschafeier geschlossen wurde. - Der Oelberg liegt auf der Ostseite von Jerusalem, nur durch das Kidronthal von der Stadt getrennt, s. Joh. 18, 1. Do.B der Gang o.us der Stadt nicht gegen die Paschavorschriften verstieG, haben wir schon S. 519 gezeigt. - Das v. tll folgende Gesprlich Jesu mit seinen Jüngern hat Luk. 22, 31-38 vor dem Weggange aus dem Hause eingefügt. Zwar halten viele Ausll. die Rede Jesu bei Luk. für verschieden von der bei l\Hth. v. 30-35 u. Mrk. v. 26-31, aber mit Recht hat nach dem Vorgange von Calvin u. .A. sich Hngstb. für die Identit.at beider erkllirt. Die Ankündigung der Verleugnung des Petrus ehe der Hahn in dieser Nacht kriihen werde (Luc. v. 34) stimt so würtlich mit der bei Mtth. v. 34 u. Mrc. v. 30 überein, daR eine zweimalige Warnung dieses Inhalts nicht angenommen werden kann. Dazu komt, daB Luk. diese Rede Jesu durch die einleitende Formel: sbu; ó8 ó r.vqwi; gar nicht chronologisch andas Vorhergehende angekniipft hat, also mit der chronologischen Stellung der Rede bei Mttb. gar nicht in Wider-
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lfotth. XXVI, 31.
spruch tritt. Zweifelhaft konte die Richtigkeit dieser Stellung nur werden bei der Vergleichung mit Joh. 13, 38, wo dieselbe Warnuug des Petrus im Zusammenhange dcssen vorkomt, was Jesus nnch der Eutfernung des Judas Ischariot aus dem Kreise der Tiscbgesellschaft, also noch im Hause nach der Einsetzung des heil. Abcndmahls geredet hat, da der übrige Teil der füngeren Rede Joh. 14-17 ein untrennbares Ganzes bildet. Daher sucht Hngstb. die verschiedenen Angaben durch die Annahme auszugleichen, dn.13 das róu bei l\itth. in seiner Beziehung auf r.al Ú¡,tv~ócwu<; lg~J..{fov r.7:2. uns in der Zeit zwischen dem Lobgesange und der Ankunft mu Oelberge freien Spielramn lasse und Johannes die niihcrc Bestimmung gebe, dafl dieses GesprUch noch iln Sale des Abendmahls vorgefallen sei. Alleiu rÓ•s nach vorher erw!íhntem lf,~}.{)·oi• kann bei aller Unbestimtheit, in der es :i\fattll. ofter gebraucht, doch nicht besagen: damals ehe sic hinausgingen, sondern nur: damals als oder wlihrend sie hinausgingen, d. i. auf dem Gauge zum Oelberge, ehe sie dort anlangten. Die geml.llere Zeitbestimmung bei Johannes zu suchen, cfazu liegt mn so weniger Grund vor, als er nicht einmal die Einsetzung des Abendmahls erwlihnt und das, was cr von Jesu Rede nach der Entfernung des Judas bis zu Anfang der füngeren Trostrcdo c. 14-17 d. h. in c. 13, 31-38 mitteilt, so zu einem Ganzeu verbnnden hat, dafl sich die Stelle, in welche die Einsetzung des heil. Abendmahls hineingehürt, gar nicht mit Sicherheit erkenneu und bestimmen füfit. Bei dieser Bescl1affenheit dieses Teils der johanneischen Rede Jesu liegt clie A.mmhme viel nlther, daB Johannes die Warnung des Petrus vor Verleugnung hier eingeflochten llat., nicht weil Jesus clanmls noch im Sale den Petrus gewarnt hatte, sondern weil er sic hier am schicklichsten einfügen koute und die chronologische Stellung derselben zwischen dem hohcnpriesterlichen Gebete c. 17 und der Gefangennehmung Jesu c. 18 ihm für den Pragnmtismus seines Evangeliums i1icht passend erschien. Von dem Inhalte ·des Gespriichs berichten :M:atth. u. Luk. nur die Hauptgedanken, so daB ihre Berichte einander erg!inzen. l\'fatth. gibt den .Anfang des Gcsprtlchs v. 31 u. 32, Luk. nur die Untcrredung mit Petrus, diese aber ausführlicher als Il'ln.tth. - Um die Jünger auf dem Wego nach Gethsemane auf das ihm bevorstehcnde Leiclen vorzubereiten, sprach er zu ihnen: ,,Ihr alle werdct euch in diescr Nacht an mir i~rgern" d. h. AnstoB an dem was mir widerfahren \Vird nehmeu und im Glauben an mich irre wcrden. ,,Denn es steht geschriebcn: Ich werde den Hirten schlagen und die Schafe der Herde wcrden sich zerstreucn". Mit diesen Worten deutet er au, daB dieses Wort der Schrift in dicser Nacllt noch sich erfüllen werde, und stelt damit das was gescbehen wird in das Licht des güttlichen Heilsrathes. Die angeführten Warte sind aus Zach. 13, 7, einer messianischen Wei.Bagung, die im Grundtexte nlso lautet: ,,Schwert mache dich auf über meinen Hirtcn und über den l\fann, der mein Nüchstcr, spricht J ah ve der Heerscharen, schlagc clen Hirten, uncl die Schafe werden sich zcrstreuen, aber ich werdo meine Hand über die Kleinen zurückführen". Bei Anführung Keil, Comm. z. Evnngcl.
~Intth.
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!HG
Matth. XXVI, 31. 32.
dicscr Worte hat Jesus die prophetischc .A.uredc un das Sehwm·t nach ibrem sachlichen lnhalt in die Worte: ,,Ich (d. i. Gott) werde den Hirten sehlngen" gefaBt und den lezten Satz: ,,ich wcrdc rueine Haud über die Kleincn znrückführen" aus dcr Form der Weifiagung in die Form ihrer zunüchst bevorstehenden geschichtlichen Erfüllung umgesczt und in den Worten: ,,~~weclmng_,'1b.ID:_lV..e.c.de...ich..:v01· ench ~Galilü.U:' wicdergegeben. Die WeiBaguns . . des Zacharia, aus welcher die augcführten Worte genommcn sind, küudigt das Gericht an, durch welches Israel von soinen Schlacken gofüutcrt und nnch Austilguug seiner unlautcrcn Glieder zum warhaft heiligen Volké des IIcrrn gcmacht werden soll. Dieses Gericht erging über das jüdischc Yolk bci dcr Sendung des vcrheificncn i\fessias. Die Sondung Jesu Christi, de~ Sohnes Gottcs, war die lezto Gnadenheimsuchung, welche Gott dem jüdischen Volke angedeihen lie.B, um es dem Zielc sciner gottlichen Bemfung zuzuführeu. Jesus wnr cler Hirt, welchen Gott in Znch. 13, 7 als seinen Nii.chston bezeichnet d. h. nis don der durch sei11011 Beruf wie durch seine Persünlíchkeit in der innigstcn Gcmcinschaft mit ihm stcbt¡ denn or uud der Vater sind eius. Yon soineru Auftreten als Messias an bat er sein Hirtenamt an dem jüdischen Volke ausgerichtet und die Schafc, die auf seine Stimmo hurten, um sich gesammelt. Da jedoch dcr grüBto Teil des Volks mit seinen Oberen ilm nicht als den von Gott ihnen gesandten Hirten anerkante, sondem ihn verwnrf und ihm no.ch dem Leben trachtote, so brnch das von dem Propheten gewci.6agte Gericht über das jiidisebe Volk herein. Der Hirte wird geschlagen und die Schafe zerstrcueu sich. Aber nur die, welche den guten Hirten verworfen habon, sollen durch schwere Gcrichte vertilgt werden; übcr die Kleinen oder Geringeu hingegen will der Herr seine Hand zurückführen d. h. sich ihrcr wieder nnnehmen und aus ihnen und durch sic dns Volk des Eigentums sich bildeu, an dem er seine VerheiBung: illr Gott zu sein, lwrrlich erfüllen wertle. Vgl. die .Ausführung di eser kurzen Andeutungen über den lnhalt der a.ngef. WeiBagung in m. Comment. zu Zach. 13. - Jesus ha.taus dersclben nur die Worte herausgehobcn, die zunUchst an ihm und seiuen Jüngern sich erfüllen sol ten, das Gesehlngen werdcn des ffüten und die Zerstreuung uud Wiedersnmmlung seiner Jüngcr. Den Hirton wird Gott sehlagen, um das Volk Israel zu Ututern. Dcr Totl Christi ist von Gott nicht nur bcschlossen und vorhor goweiBagt, sondcm wird auch von Gott herbeigefübrt. Olme den Willcn Gottes hiLttcn die Obercu des jüdischen Volks Jesu kein Hanr krilmmcn künnen. Wo:rn scin 'l'od notwendig ist1 niimlich mn seine Seele als 2vrQOV ch•·d. Jeo2?..ojv zu gcben (20, 28), davon sicht Jesus hicr ab, und hebt nm• den Geda.nkcu hcrnus, dl!fi._cl~clien..,_clic-ihn-t.adten,...Dur W.ei°kzQUgn.Jn__Gottes, llrul!J.Ji.!n.d. Dies zu wissen war in diesem Momento für die Jüngcr wic.'.htig, zur Stitrkung ihres Gla.ubens an Jesum nls den Sohn Gottes und Erlüser lsraels. Auch dnrauf lil.Bt sich der Heilancl nicht cin, den Jiingern auseinanderzusetzen, inwiefcm dio Juden dnrch die TOdtung ihrcs Erlüsers sich verschulden uncl das Gericht der Zerstomug Jem-
Matth. XXVI,
as. IH.
547
saleros auf sich lo.den, niimlich weil sie aus HaB und Feindschaft ihn tüdten und dadurch ohno es zu wissen und zu wollen zur Yollziehtmg des güttlichcn Heilsrathes wirkon. Dcnn dieses Geheimnis des gottlichen Gnadcnrathes der ErlOsung konten die Jünger dama.Is noch nicht fo.ssen; dies konte und solte crst na.ch seiner Auferstchung der Geist, den e1· ihnen sonden woltc, ihncn ldar machen. - Wenn cler Hirte geschlagcn wird, so wcrden die Schafe der Herde sich zerstreuen. Schon die Gefaugennehmung Jesu ge1·eicht don Jüngern zu solchem .A.orgernisse, da.B sic fliehen. Dieses Flichcn war ein Vorspicl der Zerstreuung der Ilerde beim Tode des Hírtcn. Dies solten die Jilngcr beim Tode Jesu erlebeu. Aber damit sic auch dann nicht an ihm irre werden müchten, kilndigt er ihnen schon jezt an, daB cr nach sciner Auferweckung vor ihnen in Gnlilaa hergehen, sie dort wicder sammoln werde. Das W. ;rQoárw• vornnziehen, erkHirt sich aus dcm Bilde des Hirten, welcher seine Herde so leitet und weidct, do.B er vor ihr hcrgeht und die Schafo ihm folgeu. Die So.mmlung der Jünger in Gnliliia durch Jesum nach seiner Auferstehung wnr übrigens auch nur der Arifang tmd das Vorspiel der Snmmlung aller derer aus dom jüdischen Volke, welche
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Mn.tth. XXVI, 35-3.':;,
(v. 33 lVItth.), bildet, worauf Petrus erwidert, was Mtth. v. 35 mitteilt und daun der Herr ihm mit bestimten Worten die Verleugnung voraussagt (v. 34 bei Luk. u. l\1tth.). Sodaun tlie weiterc ErHLuterung und Begründung der Waruuug des Herrn Luc. v. 35-38 ist an den Satz: óµofror; . .. Ehav (.Mtth. v. 3G) anzuschlieBen. V. 36-46. JJer Seelenkampf Jesu in Getl1semane. Vgl. l\frc. 14, 32-,12. Luc. 22, 40-46. - l\fark. stimt im Ganzen mit Mtth. überein, hat nur durch ein paar kleinere Zuslitze den Hergang verdeutlicht und gegen Ende hin die Beschreibung etwas abgekürzt. Luk. berichtet, die Eegebenheit in abgekürzter Form, crwillmt den dreimaligen Gang Jesu zum Gebete nicht, orlautert aber durch Erganzungen v. 43 u. 44 dio GrOfie des Seelenkampfes Jesu und durch d:no újr; },ÚJl1)r; v. 45 das Verhalteu der Jünger. - V. 36. Auf dem Gange zum Oelberge (v. 30) begab sich Jesus mit den Jüngern in ein Landgut, Gethsemane genant, das am FuBc des Oelbergs lag. XCO(>ÍOV übersezt Luth. Hof, es ist ein Grundstück oder Landgut, das einen Garten (x~;cog Job. 18, 1) hatte, wo Jesus oftmals mít seinen Jüngern sich aufzuhalten pflegte, so daB die Oertlichkeit auch dem Judas Ischariot bekant war (Joh. 18, 2). I's{)·tJr¡µcw1j oder I't·{)·tJJ]µai•f.Í (Lcltm., Tisch.) eutspl'icht dem hebr. l":~ Kelter und i'~°
M:i.tth. XXVI, 39.
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Wort~n: mit ihm zu wachcn, die Schwere tler Yersuchung, in die cr gekommen. Wachen sollen dio Jünger mit ihm, nicht um ihn in seinem Seelenkampfo zu mit.erstützen - das konnen sie bei der Schwa.chheit ihres Fleisches nicht - sondern um selbst nieht der Yersucbung anbeimzufallen (vgl. v. 41). Um diese Worte ga.nz zu verstehen, müssen wir in Betracht ziehen, was Jesus kurz vorhcr Luc. 22, 31 zu den Jüngern gesprochen hatte: ,,Simon, Simon, siehe der Batan hat sich ausgobetcn, euch zu sichten wie den Waizen". Diese Sichtung erging jezt über sie. Jezt kam dor Fürst dieser Welt, von dem der Herr gesagt hattc, daB er an ihm keinen Teil habo (Joh. 14, 30). In diesem .Aussprucho líegt ein Zwiefaches: a. claB der Fiirst dieser Welt versuchen will, Jesum zu fü.llen, ihm aber nichts wird nnbaben konnen; b. daB derselbe versuchen werde, die Jünger zum Abfalle von Jesu zu verführen. In Gethscmane begint das Gericht über die Welt nnd die AusstoBung des Fürsten dieser Welt (Joh. 12, 31). Der Kampf, den Jesus hier kiimpft, ist im tiefste11 Grunde ein Kampf gegen den Fürstcn dieser Welt, dessen Hcrsehaft über die Welt Jesus brechen soll, nitmlich durch Hingabe seiner Seelc in den Tod als 2l.ÍT:QOV für die Sündo der Welt. Als Zeugen dieses Ifampfes sollen die Jünger mit Jesu wachen, um sich zum Widerstaud gegcn die Anlaufe des Tenfels zu rüsten. V. :.rn. Dann ging Jcsus cine kleine Streeke (µtr.QÓV) vor, fiel auf sein Angcsicht und betcte. Luk. sagt dafür: d:rt:a;;rá6{)"1] er wurde fortgcrissen von ihncn obngeführ cines Steinwurfs weit. Die innerc Angst trieb ihn gewaltsam von den Jüngem fort, daB er sicb auf den Et·dboden niederwarf um zu bcten: ,,Mein Yater, wenn es moglich, gehe von mir clioser Keleh vorübcr". Das NiederfaUcn mit dem Gesicht zm· Erdo wirtl von Jcsu nirgends weitcr berichtct. Es ist Zeiehen dcr tiefstcn Beugung der Secle in der groBten Herzensangst. Dem entspricht die Anrede: xáuQ µov mein Vater, die wir auch in Gebeten Jesu nicht wciter fiuden; die abcr die Anrcde bosonders nndringend macht. (Das JWV ist durch 'l!.ABCPJI'fl al. so überwiegend bezeugt, daB die Wcglnssung clesselbcn bei Tiscll. 8 nuf Grund der Codd. LL1 kritisch nicht zu recl1tfol'tigcn ist). 'J'o ::ronfowv ist wie :.!O, 22 der Kelch der Leiden. wiiw die.ver Kclcb, den er jezt trinken soll. 1:l úpvm:Óv foiw zeigt, daB Jesus die i\'lüglichkeit dieses Leidcns enthoben zu werden erwügt. Luk. hnt statt dessen: El flovl.r:t wenn du wilst d. h. wenn dein RathschluB es gcstnttet. Diese Restriction der Bittc licgt nuch in dem Zusntzo bei i\Hth.: ,,doch nicht wie ich will, sondern wic du (wilst)" se. geschehc es (dom J'W(JEWÍ'l:fü entsprechend ist ¡evtfa{}ro zu supplircn, nicht das Futnr {fiV1jat:ua oder fauu, wie JJfey. unter unpasscnder und t'~ auf den vorliegendcn;, Anwendung des Unterscbiedcs von Sntz llehauptct). Die sachlicbe Schwierigkeit aber, daB Jesus seinmú Willen dem Willeu des Vnters entgegenhitlt und die Müglichkeit der: Ilefreiung von dem Leidenskelchc ausspricht, lii.Bt sich nicht mit Calv. · • u. llngstb. durch die Bemcrkung, daB die Bitte nicht den gnnzen Willen des Heilandes, sonclcrn nur die eine Seite desselben aussprcche, zutreifend heben, sondern nur durch die Annahmo, dnB die Wortc:
ov
Mntth. XXVI, 40-42.
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wenn es moglich u. s. w., nur Ausdruck der menschlichen Empfiudung der die KrMte seiner Seele iiberstcigenden Last dcr Leiden sind, womit der Heiland den Vater nicht bewegen will, seinen RathscllluB zu il.ndern und ihn des Leidens zu überheben, sondern violrnehr instandigst anfl.eht, ihm in dieser Not kriiftig beizustehen. Dies liegt auch in den Worten :JrcÍ1n:a cfovm:á úot bei Mrk., mit welchen Jesus a.n die AUma.cht Gottes appcllirt, nicht um ihn vom Trinken des,l(elchs zu befreien, sondern um ihm beizustchen, da.B er das 'l'rinken desselben überstehen künne. - V. "10. Nachdem Jesus so im Gebete mit Gott gerungen, kehrt er zu den drci Jüngern zurück und spricht, da. er sie schlafend findet, zu Petrus: ,,Also ihr vermochtet nicht eine Stuude mit mir zu wachcn ! " Als Ausdruck schmei·zlichen Befremdens sollen diese Worte die Jünger zur Erkentnis der Sclnvachheit des Fleisches im Ka.mpfe wider die 'M:ncbt eles Büsen führen. Um dns Befremdliche dieses Verhaltens tler Jünger zu erklii.ren, hat Luk. hinzugesezt, daB sie d;rco 7:~~ ').v:ll1¡i; von wegen der Traurigkeit cingeschlafen waren. Tiefc, bis in den Gruntl dcr Seelc gchendc Trauer macht den Mcnschen so müde, daB er wider Willen in Schlaf versinkt. Das Seelcnleiden ihrcs Herrn ergriff die Jünger so gewaltig, daB sie in cler Betrübnis ihrer Seele in Schla.f vcrfielcn. Diese J:úm¡ hat Christus schon in der Abschiedsredc Joh. 16, 7 ff. bckti.m1Jft. Dagcgen soll der Christ :mkümpfen. ,,Wachet und IJetct - ruft dcr Herr ilmen v. 41 zu - damit ihr nicht in Vcrsuchung hineinkornmct". Ueber :irlil(!CCúµÓ~ s. zu G, 13. Hier bezeichnet es cinC! Lebenslage, in welcher man dem Andrange des Büsen nicl1t mehr WidC'rstand lcisten kann. Zum Wachcn hatte der Heiland clic Jüuger gleich nnfangs aufgefordert. I:Iier wiederholt er diese Aufforderung. Daraus darf man nicht schlieBen, da.B die Jüngcr die Kraft dazu hattcn, wcnn sie nur ernstlich wolten. Denn der Herr sezt hinzu: ,,und bctet". Dm·ch Gcbet soll sich der Christ die Kra.ft dazu von Gott erbitten. Denn ,,
1o
e:i:cusandum to11wrcm, sed ad iiigiliam acuendam debemus accipcre. V. 42. Dann ging dor !Ieiland zum zweiten Male hin und betete: ,,Mein Vater, wenn es nicht müglich, daB dieser (Kclch) von mir vorilbergehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dcin Wille". Diese Bittc ist der vol'igen nicht ganz gleich; die Augabe bei Mrk. :ilQOr;tJlÍsm:o 7:01• J..ó701.• ist nicht genau. Jesus redet nicht meh1· von seinem
avi-ov
Mo.tth. XXVI, 43-45.
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Willen, sondern ordnet densell.Jen dem Willen des Vaters unter, den er erfüllen will, wenn ihm das Tl'inken des Kelchs nicht erlassen werden knnn. Ilál.w lr. uw'l:ÍQOV ein bekanter Pleonasmus, vgl. Joh. 21, 15 . .A.et. 10, 15. - V. •13. Zu den Ji.ingern wieder zm·iikkehrencl findet er sie abermals sclilafend, denu - sezt Mtth. hinzu - ,,~ ,ren hcsclu\'.eti" niimlich ~fe, dessen sic sich bei der Schwachheit ihres Fleiscl1es nicht erwehren konten. - V. 4Ll, ,,Und 01•.-J.ie.G-si~" d. h. .!).icllt: schlafen; denn nach Mrk. v. 40 konnen sic ihm nichts a.ntworten¡ was voraussezt, daJ3 Jesus mit ihnen geredet, also sie aufgewekt hatte. ag:dg mkovg besagt also nur' d¡t~s...aumab. sie zum',: Wachen nochmals aufzufordem und zu ermahnen. Er aber ging noch zum dritten Male hin und betete die sel ben Worle (wie das zweite Mal v. 42). - Luk. crwii.lmt das dreimalige Ilingehen Jesu zum Beten nicht, schildert aber v. •l.J: f., bis zu welcher Hühe der Gebetskampf stieg. Nach dem ersten Gebete .m:&cliien ein.EugcLvom...lli.In!!l..cl und stii.rktc ihn; nicht etwa mornlisch (de W.) oder nur geistig (Jley.), sondern physiscl1 , ~Ites.chtiLnk.tc .mcnschlliilie. Kratl;.J.m_Kan1pfe illc.ht erlilge. wrp{}r¡ sezt die Engelerschcinung a.ls...ein_nbjectjy renles [IJ.].lliln. Die Stíirkung bestand hiernaeh in dni·cl.l...d.Qn_E_ngeLv_~ffil.it: telter..Zufillu:nng...gfilfiljg.cr....I(raft.e. Dies gesehah abe1· nicht, wie Olslt. meint, crst nach dem drittcn Gebetsgange, sondem naeh dem erstcn. Denn darnacl1 trat dcr Zust~nd v. ·15 ein, daJ3 Jesus lv &yroví~~ gekommen anduuernder (tr.nvW'rEQOV) und angestrengter betete, so daB dcr Angstkampf ihm blutigen Schwei6 erprefite. ,,$cin.S.ch.w.ci1Lw-iu~ wio auf di.º-)!:r.de hernbfallcnde Blutstr.o.p.fen.". Dies ist nicht blos von
gr;.:...G.tií.lk.. Jfu1'.
Sch.lreiBt.1~opfen..ZJL\m:stohen
(Eutllym., Grot., IJI., Olsll.
u. A.), so daJ3 dr.bci an Blut nieht zu denken warc. In ofoe:l liegt nur, da.ll der SchweiB keine reine Blutmassc wilr, sondern blutige d. h. mit lllut gemischte SchweiHmasse, dio beim IIerunterfliellcn sich wie zur Erdo herabfallcnde Blutklumpen ({}QÓp{Jot al;um:ot;) darsteltcn. Blutigen Schwcifi knnn nur cl.cr....hüchs.te....G.i:rul....xnn.B.eel1maugs.Lerpressen. Vgl. medizinischc Delego hicfür bei Gnmer, comment. de morte Jesu Cltristi vera. Ifallc lSOú p. 33 ss. u. 109 ss. Aus dom ~r.n;v{areoov JrQOú1JV7..ETO ergibt sicl1, daB die Evangelisten nur den Kcrn des Gcbetes Cl1risti mitgeteilt ha.ben. V. 45 f. Zmn dritten Male zu den Jüngern zurückgekehrt, spra.ch der I:Ieiland zu ihncn: ,,Schla.fet fortan. (To J.ot.1-r6v was die iibrige Zeit betrift) und ruht eueh aus". Diese Worto werden na.ch dem Vorgauge von Tlleop!tyl. u. A. noch von 11ley. als Ironie oder ,schmerzlichc Ironie' gefa6t¡ nbcr cinc Ironio im lVIunde Jesu w1tre in diesem :!\;fomente ganz unnatiirlich. Eben so uustatthaft ist es, r.a-O·r;Vú1:Te und di•a.i;;avsa{)·g mit Ol. als Indicativc zu füssen: ihr sclllaft für die noch übrige Zeit und rul1et, n1lmlich jezt, wo zum Schlafen und Ausruhen lrnine Zeit ist Dio Imperative sind vielmehr il'l permissiver Bedeutung zu fassen: Só scl1ln.ft denn femer und ruhct (Winer Gr. S. 292), niimlich mcinetwegon. Ich betlarf cures Wachcns nicbt mehr, da der Knmpf nun zu Ende ist (lln{fstb.). So gefü6t enthalten die Worte in milder Form eine
552
Ilfatth. XXVI, 46.
ernste .Aufforderung zu gründlicher Selbstprüfung, ob sic im Stande seien, mit Jesu in den Tod zu gehen, wie sie v. 35 versichert hattcm. Darauf kündigt Jesus ihnen an, was unmittelbar bevorstehc. ,,Siehe die Stunde ist genaht, da der :M:enschensohn in Sünderhande überliefert wird". 1/ áí~a die von Gott festgesezte Zeit seines Leidens und Sterbens, wfo Joh. 17, 1 u. a. Sünderhilnde sind die Hitnde der jüdischen Obern, in die Jesus durch seine Gefangennehnmnggeriith. V. 4G. 'E7ElQE
Mntth. XXVI, 36-46.
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vor. D3s Trinken des Kelchs, vor dem seine Seele Angst und Granen empfindet, ist&~.bt.Bild.des.J'od.fü!, §Qndt>m ..d.es..l.0iden-hi§_ ZUfl! •.I.ii:~q ze§JQ!le. das er nuf sich nehmcn soll. Dieses Leideu..P..!ll!!?hfiifc.J1L!llo.s darin, daB er in Siinderhii.nde dahingegebcn wird, clie ihu geiBeln uud kreuzigen werden ( 20, 18 f.), sondern winl .da!lurfilLi
554
Mo.tth. XXVI, •!7.
bin ich in diese Stunde gekommen ", da.& die Nichterwi\lmuug des Seclculmmpfes Jesu in Gethsemo.ne im Evang. des Johannes kein Al'gument gegen die Wirklichkeit deSBelben Iiefern lmnn. - Entscheiclend fiir den geschichtlichen Cho.rrurter des vorliegenden Be1·ichts ist clei· U mstand, dn.C. sich ein solche.s Erei1::rnis go.r nicht erdichten lie&. Das Gepriige der inneren Warheít, welches uei· ganzen Erzii.hlung aufgedrükt ist, ist dem Oharn.kter der Sage entgegen. Den Heiland mit ta.pferem, unerschüttertem Heldeumute, den schon die Propheten des A. B. im Angesichte des Tocles bewiesen hatten, delQ Tode entgegcngeheu zu lassen, lag der Sage gewm viel niiher, a.Is den Gottessohn wie einen Wurm im Sfa\lbe '1'·1iogend une! aus Flll"cht des Todcs blutigen Sehwei!l sehwitzend clnrzustellen. Und fü!.\t man a.uch das Bctragen cler Jünger ins Auge, wclcher Oontrast dei· Wirldichkeit und der Idee ist nícht il1r Schlaf! Sic angesiel1ts des Ringens ilU'es Henn und Itfeístcrs mit dem Tode schlafcn zu lassen, clara.uf würue nimmermeltr die clichtende Sage verfü.llen soin. - Hiezu komt die Anssagc Ilebr. 5, 7, da.~ Jesus in den Ta.gen seines Fleisches Gebete und Flehen anden cler ihn retten konte vom Todc mit starkern Gcsc11rei und Thrlinen dargebracht und von wegen dei· Gottesfureht c1·hüret worden, uie auf kein anderos Ereignis im irdischen Lebcn Jesu so passend sich beziehen liillt als a.uf clns Gebctsflehen in Gethsemane, und cin uuvcrwerfiiehes Zeugnis für die gcschíchtliche 'l'reue der evangelischen Beriehtc liefert, welches den Vorwurf' dcr Uebertrcihung, den Scl1lcicr111., Hase, Bl., !llt!!J. u. A. gegen die Darstellung dcssclben, insbesonderc bei Lukas, erhoben ha.ben, zu nichtc mo.cht. Uebrigeus sind auch die Eimvürfe der Kl'itikci· schr schwiiehlichcr Natur. Die Sfü1·kung Jesu durch cinen Engcl kann als ,a.bsonderlich und merlcwlirclig· 1rnr cler in Zweifel ziehen, dcm die Existenz der Engel r1 priori zweifelhaft erscheint. Und was Júim (III S. 303f.) gegen den dritten Gcbetsgang Jesu uud gegen den drittcu Sclila.f der Jiínger eingcmi.ndt hat, dn.IJ. namlich ,dei· dritte Schlaf ohue Wort, ohne Rüge Jesu bleibt und das dritte Gcbet buchstii.blich c1ie Wiederholung des zweiteu, und nnch diesem, no.ch der willigen Uebcrnahme eles Opfe1·s, so zwecklos wic storend' sei, ist teils nic!.it richtig, dcnn die Wortc Jcsu v. 43 (l\ftth.) involvil'en cine Rüge, teils subjective l\Ieinung olme rea.len Gehalt. Jesus der Ohrist, (ler menschgewordene Gottes-Solm, von dessen Thun und Leiden clie Evangelistcn Zeugnis gcben, lmt anders cmpfanden, anders gcdacht, anders gei.audclt als der ,ine1Mcltlich,, Jcsus von Na.zara', welehc11 Keim nn seiue Stellc gesezt hat \lllu cmpfinden, dcnlcen und 1mndeln lii.l!t. - Encllich als c:~uelle des Bel'ichts lm1Jc11 wir nicht blos das anzusehen, was die Jüugcr, che sic vom Schlafe iíberwiiltigt worden, geschen und vcrnommen baben l JJ.-9.), um mit lúim zu beclaucru, cla!J. sie ,leider so manches diesei· Gcbctsworte, wclehes uns I1cutc Gold wiire, ve1·schlafen habe11 mogeu'. Denn die Treue des apostolísehen ZGuguisses von Jesu Leben und Wirkcn beruht nicht einzig auf dem, was die Jiinger im Umgnnge mit Jesu geschen, vemommen und verstanden baben, soudern auch auf Belehruugen und Aufsehlüssen, die Jesus ihnen nacli seiner Aufersteliuug darüber erteilt hat, und haupt..siicblich auf der Erleuchtung durch den beiligen Gcist, weleheu er ibnen nnch seiner Himmelfn.hrt zm· Verkündiguug des Eva.ngeliums als Parakleten gesandt hat.
V. 47-56. JJie Verhaftung Jesu. Vgl. Mrc. 14, 43-62. Luc. 22, 47-63 u. Job. 18, 3-11. - In der Sache stimmen die vier De1·ichtc
Matth. XXVI, 47-50.
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mit einandcr 'iiberein, obwol Luk. sie kürzer gefü.Bt und Job. nur Einzelnes gennuer gegeben ha.t. V. 47 f. Wahre11d Jesus noch mit den Jüngeru rcdete, kam Judas und mit ihm ~xi.oc; .noJ.v; ein groficr Hanfe Volks mit Schwertern und svl.CIJI• Knütteln, VOll den Hohcnpriestern und ;leltesten des Yo!ks her el. h. v~n ilmcn abgesnudt. Den lJxJ.o; xoJ.v; hat Jol1. genaucr bestimt als n¡v a;;ctlQcm die Cohorte und Dicncr von Phnris11.crn und Hohcupriestern, mit Fnckcln und Lampen und affen kommend. 'IJ (jJU:lQCt ist die romische Cohorte, die na.ch Josepll. uell. jucl. 1'~ 5, 8 wührcnd des Festes in der Burg Antonia stationirt war, geführt von einem triuzmus, xellaQXO~ (Joli. v. 12), selbstverstündlich nicht die go.nze Cohorte, sondern cine .A.bteilung derselbcn. .A.uch Luk. erwi~hnt v. 47 nur l>zlo.:;, und wenn er v. f>2 Jesm:n die wider ilm gekommcnen dQXlEQEl<; x. 67:Qct•11rovr; wii lEQOii x. JrQEapvdQovr; anrcden li!.6t, 'SO ist dnraus nicht zu sehlie6en, daB cr, ,nach ungenauer Ueberlieferuug' (ilfey.) die Oberpriester und Aeltesten mit erscheinen ln.sse, sondern diese Augabc so zu verstehen, da6 in den Dicnem die Obersten angeredet sind, wcil das, was Jesus ilmeu vorhielt nicht den Dienem sondern ihren Herren galt. Romisches l\iilit1ir zu requiriren l1ielte11 die jüclischcn Oberen für notig, weil sie starken Widcrstand vonseiten der Jünger Jesu fürchteten, und Fackeln uncl Lampen trozdem dcr Vollmond am Himmel schien, für den Fall, daB J esus sich im Gcbiische verstecken mochte. - V. 48. Judas, welcher der Schar voranging, lintte dcrselben das Zeichen gegcben: ,,welchcn ich küssen wcrde, dcr ist's; greifct ihn". Der Aorist MoJxw Iü.Bt sich in seiner gcwühnlichcn Iledcutung fasscn, wenn man aunimt, daB Judas erst angesichts Jesu und seiner Jünge1· das Zeichen mit der Schar verll.bredete; aber warschcinlich ist dies nicbt, sondern vielmehr, da6 cr schon beim Ausziehen dios getan hattc ¡ und in diesem Falle ist Mmr.H·' im Sinne des Plusq. gebraurht, wie oftcr in nachtrii.glicben Ilemerkungen. - V. ·19. Und alsbo.ld naeh dcr Ankunft nm Eingange des Gartcns trat cr zu Jesu llin mit dem Gru6e: xarQe Rabbi und küBte ilm herzbaft (r.mErpll.1¡aEv Verstü.rkung des Simplex, kü6te ihu so freundlich, wie eiu treuer Anhüngcr Jesu nur thun konte, vgl. Luc. 7, 38. 45. Act. 20, 37). Da Jesus ihm seinen Verrath vorausgesngt batto (s. zu v. 25), so wolte Judas mit dieser anscheinend herzlichen BcgrüBung die Absicht seincs Kommcns vor .Jesu vcrbergen. Aus der Nü.he der bewaffneten Volksschar lieB sich ja, da Judas dcrselben vornusgegangen war, nicht ohne weiteres schlicBen, daB er sic geführt hattc. Daboi hattc er frcilich nicht crwogen, da!l Jesus nis Hcrzensktindigcr die Absicht seines Kommcns durchschaucn und seinc Heuchelcí sofort entlarven würdc. V. 50. Jesus sngt ihm: ,,Freund, wozu bíst du dn ! " Die Anrede halQe Zeichen liebevoller Herabln.ssung des Hüheren zu seinem Untergcbenen, wie 20, 13, brrechtigt nicM,,zu der Folgcnmg, daB Jesus den Vcrrü.ther 11och nicht aus dem Kreise seíner Jilnger ausgeschieden hatte, sondern ist Ausdruck mitlcidsvoller Liebe, mít der Jesus als Sünderl1eilnnd auch dieses Kind des Verderbens hatte retten wollcu, und des DcwtlBtseins, da.6 auch die That des Judas na.ch güttlicher Vorhcrbe-
w
Mattll. XXVI, 51-53.
556
stimmung zur Ausfübrung des Werkes der Erlüsung clienen solte. Die Worte lrp' 8 JráQEt als Frage zu fosscn ist gegcn cleu griechischen Sprnchgebrauch, indem dio Classiker das relat. 8 bci dirccten Fragen nicbt für -rl gcbrauchen. tJJey. faBt daher die Worte als AposiOJJese: ,Freund, wozu du hicr bist' se. das thuc; aber o:ffenbar unpasscnd, da Judas das wozu er gekommen war, schou getbnn hatte, und wir doch nicht annehmen dürfen, daB Jcsus die Bedeutung des Judaskusscs nicht verstanden hatte. Die Worte sind mchr Ausruf als Frage in dcm Sinne: Freund zu welcher That bist du hier! Der Gebnmch aber des lrp' für lq;' ofo1, gehijrt zu den Incorrecthciten der spli.teren Grü.cÍtiit, die wenigstens biusicbtlich anderer Relativ1u·onomina belegt ist, vgl. Winer Gr. S. 157. - Luk. (v. 48) hat den Sinn dieses vorwurfsvollen Ausrufs durch die Umschreibuug: Judas, mit einem Kusse überantwortcst du den Menscl1ensolm ! verdeutlicl1t. - An diese Rüge des Judaskusses reihte sich nn, was Job. v. 4-8 mitteilt, daB nümlich Jesus den Hüschern entgegenging und sic frngte, wen sic suchten, worüber sie so erschrnken, daG sie zurükprnllend zu Bodcn fiolen, und orst, nachdem Jesus seine Frago wiederholt und nochmals erklii.rt batte, dnB cr der von ihnen Gesuchte sci, und cln.B sic, wenn sic ihn suchten, seine Jünger gchen lassen solten, Hancl nn ihn legten und ihn Ycrhafteten. In diesem Momento zog Petrus sein Schwert und hieb einem der Dicmcr des Hohenpriesters das rechte Ohr nb, wie im Einklange mit Joh. v. 10 f. auch Mtth. v. 51, l\frk. v. •17 u. Luk. v. 50 erziLhlen. Nur nennen diese weder den Namen des Petrus noch den des Diencrs, weil clara.uf für die Sache nichts nnkam und die That für Petrus ohne Schaden ablief, indem Jesus dcm Knechte das Ohr sofort l1eilte, wie zwar nur Luk. v. 51 erwü.hnt, aber nis zwcifellos anzunehmcu ist, weil nur dadurch begreiflich wird, da.B die I·füscher Jesum allein, nicht auch scinc Jünger, wenigstens don Petrus, festnahmen. - Statt dcr Heilung des Dieners berichtet Mtth. die Zurechtweisuug, welchc Jcsus dom Petrus wegen seines fleischlichen Eifers v. 52- 54 ertcilte. V. 52 :fl'. ,,Stecke dein Schwcrt nn seinen Ort (in die Scheide, Job. v. 12). Denn alle die das Schwert nehmen, werden durch's Schwert umkommen. Oder meinest du, dal3 ich nicht vermag jczt mcincn Vatcr zu bitten uud (daG) er mfr mehr dcnn zwülf Legionen Engel beiordncn (zum Bcistnnde sendcn) werde? (iéc>u ist nnch AC/JI'.dll al. vor JW(>
o
Ma.tth. XXVI, 5'1-56.
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Petrus war .Auflehnung wider dio gottgeordnete Obrigkcit (nach Rüm. 13, 2). Der Herr crkent damit cinerseits der factisch bestchonden jüdischcn Obrigkeit das Recht zu, von ihrem Standpunkte aus ihn zu verlmftcn und zu tüdten, und vindicirt implicile damit überhaupt der Obrigkeit das Recht der Todesstrafe; andrerseits aber sind diese seino Wortc zugleich cine WeiBagung zur Beherzigung dercr, die ihm nnch dem Leben tracbt~ten, cine JrQO
ovvawu
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558
M¡~tth.
XXVI, 54\.
hatteu seino Widersacher in der Nacht eine bewaffnete l\faeht aufgcboten, um ihn greifen zu lassen, als ob er oinom Rü.ubor gleich sich ,. verstecken oder seiner Yerhaftung Gewalt entgegensetzen werdc, wiihrend er doch táglich im Tempel sitzend gelehrt und da niemand Hand an ihn gelegt habo. Dagegen kontc man frcilich oinwcnden: die Hobenpriester uncl Aeltesten fürchteten das Volk, weil dieses Jesum für den lVIessias hielt und íhm anhing (vgl. v. 5). Die~en Einwand schneidet dcr Hel"l' ab, indem cr v. 56 woitcr crkllirt: ,,dies allcs aber ist gesehehen, auf da.B dio Schriftcn der Propheten erfült würden". Tovw 08 8J.ov /h¡ovsv r.-rl•. halten Erasm., Beng., Jt't"itzsclle, de lr., lJl., Weiss u. A. für einc Bemerkung des Evnngelisten, wic 1, 22. 21, 4; aber dann würde der Redo Jcsu nicht imr die Spitze, sondorn überhaupt der Abschlu.B fehlcn. Die Worte: wie gegen einen Ri.iuber seid ihr ausgezogen mit Schwertcrn und Knütteln, mich zu fangen, wtthl'end ihr tüglich, da ich im Tcmpel lel1rend saB, mich hii.ttet greifon künncn, würden nur den trivialen Gedanken cntlmlten: ihr habt mmütze Anstrengung gemacht mich festzunehmcm, ich habc ja mich gar nicht zurückgczogen, sondcrn tüglich im Tempcl geleh1·t, ohne daB jemand Hand an mich gelegt hat. Auch zeigen dio Parallestellcn Mrc. 14, ,19 u. Luc. 22, 53, da.B dcr Vers Worte des He1·rn enthalt. Die Worte bei Mark.: ,,aber damit clie Schriften erfült würden", lassen sich nur nls Worto Christi vcrstehcn. Ebenso die Wortc des Luk.: ,,aber das ist eure Stunde und die l\facht dcr Finsternis", womit Luk. den Hínweis des llenn o.uf dio Schrift, dio erfrilt wcrdon soll, für die heidcnchristlichen Leser deutet, indem er die Verhaftung Jesu als cirio That der Finsternis bezeichnet, die sie nusführen konten, weil sie no.ch güttlicher Fügung geschehen solte. 7:0V7:0 81.ov ist nicht blos die Vcrbaftung in den oinzelnen Umstünden, unter welchon sic ausgeführt wurde, sondern auch dies, daB sic früher Jesum im Tempel nicht gefangen genommen hatten. Ucbor x11JQOJ8-roati.• at rQa
Iúntth. XXVI, 57 · 5\).
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V. 57-75. JJas Verltiir Jesu untl die Verleugnuno des Petrus. Vgl. Mrc. U, 53-72. Luc. 22, 54-71 u. Joh. 18, l 2-27. - Als Jesus zum Hohenpriester al>goführt wurdc, folgto ihm Petrus von femo bis in den Palast dcssolbcn und scztc sich dort im Hofc zu clcn Dicnern. i\'Iit dieser Angabe leitet l\Itth. v. 57 u. 58 den Bericht van dcm Verhüro Jesu vor dom Hoheupricster und dem Synedrium und die Verleugnung Jesu vonseiten des Petrus ein; zwei Ereignissc, die glcichzcitig eintraten. Nach l\Ittb., l\frk. u. Luk. wurdc Jesus zum Hohenpricster Kaiaphas (s. über dr.>nselben zu v. 3) geführt, wo die Schriftgclehrten unrl Aeltcstou d. h. die Glieder des Synedriums, der obersteu Justizbehür
560
Ma.tth. XXVI, 60. ül.
dio Beschwürung Jesu vouseiteu des Hohenpricstcrs, angebcnd; kürzer und minder actenmiiGig ist die Darstellung des Luk., in welchcr das ZeugenverhOr weggelasscn ist, weil es nicht zum Ziele führtc. Es ist daher nicht ríchtig, wenn Steinm. S. 121 u. Godet die Frage des Hohcnpriesters: sage uns ob du der Christ bist (Luc. v. 67) als der Zeugenvernehmung voraufgehend oder als Einleitung des Verhüres betrachten. Ob das Synedrium es für nütig erachtete, vor Aufstellung dcr Zeugcn Jesu diese oder jenc Frage vorzulegen, das füBt sich weder bcjahen noch verncinen. Selbst von dem Vorverhüre bei H:mnas (Job. 18, 1Q ff.) abgesehcn, konte das Synedrium sich bewogeu findcn, moglichst kurzen ProceB zu machen. Zieht man a.her jones Yerhor in Betracht, so hatte Kaiaphas jcdenfalls darüber von scinem Schwiogervater so vicl orfahren, daB er wuBte, wie mit Fragen nach Jesu Lehre und Schülern nichts auszurichten sei. Soltc Jesus des Todos schuldig befunden werden, so muBte mnn seinc Schuld durch Zeugenaussagen zu constatircn versuchen. ,,Die Hohonpriester und (überhaupt) das ga.nze Synedrium 1 suchtcn fa1sches Zeugnis (·1pEvóo,ucq¿r:l'(ilaJJ vom Standpu11ktc des Evangelisten ausgesa.gt) wider Jesum, um ihn zum Tode zu bringcn. Und sic fünden es nicht, obgleich ·viele falsche Zeugen berzugetreten waren". 2 Nach dem Gcsetze Deut. 17, 6. 19, 15 solte joder Handel durch dio Aussagc von zwei oder drei Zengen cntschiodcn wcrden. Diese Form Rechtens will das Syncdrium einhaltcn. Zeugen wider Jesum durch Ueberredung oder Bestechung sich zu vcrschaffen, dazu hatto man nicht Zcit gchabt, da die Verhaftung Jesu wider Erwarten rasch erfolgt war. Daher houte man um· anwesende Zuh/.irer auffordern, Zeuguis abzulegen; und doren Aussngen stimten nicht überein (foca ovx ~tJav Mrk.) 1 dall sic als dom Gesetze genügend angesehen werdcn konten. - Zulezt aber traten zwei Zcugen auf und brachten einen Ausspruch vor, wolchc11 Jesus vor Jabren in Jerusalem gethan lrntte (Job. 2, 19 f.), und der in der Forro wie die Zeugen ihn vorbrachtcn, in Ermangelung tdftigerer Grilnde, ein Verbrechen zu involviren schien. Jesus hatte nach der ersten Tempelreinigung, um sein messianisches Auftreten gegen dio Juden, die cin Zeichen zur Rechtfertigung desselben forderten, gesagt: ,,Brechet diesen Tempo! ab und in drei Tagen werde ich ihn aufrichten". Diese Worte, mit welchen Jesus den Tem¡)el seines Leibes meinte, 1) Der Zusatz 1wi ol n(!6t1{JVU(!Ot in A GNI' al.fehlt in 'l:t.BDL al. uuu ist jodenfülls überflüssig. 2) Die nmucherlei Varianten der Codd. in v. Gl ii.ndcrn am Sinne nichts. Warscheinlich ist die rec. xai 01lx sf,¡;io,,· 1wi nol.Awv 1pevooµa(!d•(!Wi' 1l(!O>• ~UJ.fnn:wv ovr. li~(!OV, clurch ~C 2d®FJ al. bezeugt, die urspriingliche Lesart. Nn.eh ihr gehort 1rni ot.z s'ii(!o•• zum vorhergehenden Satze; sie suchteu falsches Zeugnis wider J esum uncl faucleu es nicht; uud obgleich viele falschc Zeugen herzutmteu, fauden sie es doch uicht, nii.mlich ein solches folsches Zeugnis, das zur Verurteilung hinreichte. Die Weglassung des xai vor 1ro,.í.W.• uud des olx sireov mag damus entstn,nden sein, dal~ ma.n die Zugehlirigkeit des u•i ovx el.qo1• zu 1/n;vrfoµa(!Wl!ÍIXJ' v. 59 v~rkante, und dann das ovz ei·QOV am Ende als tautologisch oder üborfiüssig und mit ihm auch clas :mi vor no).l.w1• als uupnssend wegzulassen bewogeu wurde.
l\fatth. XXVI, IH-· li3.
51i1
ho.tten die Juden auf den steinemen 'l'empel bezgen. Aber auch in dicsem Sinne gefaBt war es sclnver, dieses Wort zu einem stmfwtirdigen Vcrbrechen zu stempeln. Die Zeugen fil.bren, ob nus MiBverstündnis oder in büser Absieht, HtBt sich nieht cntscheiden, dasselbe so au: Ich (Jesm¡) kann (lM1..a.ucu) den Tcm11el Gottes abbreclwn und in drei Tagen (ó'ul: 'l"QlWI' 'IJllEQo·fr w1lhrend drcier Tage) ihn nufbnucn. Dadurch. erhielt der Aussprueh Jt•su einen nnllcren Sinn. Hiitte Jcsus dies gesagt, so bll.tte er sieh anheischig erkHt1·t, l~in Wuntler dm· gottlichen Allmaeht zu vollbringen. Dei l\fark. Io.utct dio Aussago so: Ich iverde diesen mit Ifündeu gemaehtcu Tompel abbrechcn und in drci To.gen einen uicbt mit H[indcn gemnchteu bauen. l\frk. se.zt hinzu: daB auch diese Ausso.ge dcr beillen Zcugcn nicht gleich war, gibt aber nicht nü.her au, woriu die Verscl1iedenheit best.o.nd, vielleirht tlarin, wie l\ittb. u. I\írk. den Ausspruch referireu. Der IIohepriester aber findet diese Aussagen für Jcsum scbr gravirei1d und fordel't ilm zu l'iuer Erkli.U·ung do.rñber auf. V. 62: ,,Antwortcst du uicht. auf das wns diese wider dich zengen?" Die Worte oMh• thcor.Qi1'!J Ti ot\roí aot' xarn¡Ltt(!'Cl..'('OVúLV konnen mit Vulg., Lutll., de TF., DI., Em., lVeiss u. A. nls eine F1·age gefa6t werdcn, da chror.(!Ív::af>al ·u etwas beautworten betleuten und Tl für 8,n steheil knnn. Man kann sic o.her auch in zwei Fragen zerlegen: Antwortest du nicht? Was (d. i. wie Schweres) zeugen diese wider dich? (,1Jey. dem otir. a:;roxQÍVU oil&tv bei .M:rk. entsprechend). Diese Au:ffossung wü.rQ einfachcr als mit. Fritzsche u. l!ngstb. TÍ als concisen Ausdruck für TÍ 'l"OVTÓ lanv oÍJwi zu 11ehme11. Die Zerlegung in zwei Fragen erschehlt dem Affeete angemessener, welchcn der Hohepriester simufüt, aber zu dem Affecte po.Bt nicht recht was folgt, namlich daB der Hohepriester auf das Schweigen Jcsu bin diese Anli:lage fallen Htfit. V. 63. ,,Jesus schwieg", weil er, wie schon Eutltym. bemerkt hat, µin:1¡1• ctJC07.(!tvl:l'l"w aar/~ 'l"Ot0vi-01c;. Gegcnüber solchen wuBte Zeugenaussngen war Schweigcn das einzig richtige Vorhalten. A.us Luc. v. 67 u. 68 schloB Ilngslb., do.B das ¿útro;ca sich uur auf cinc zm· Sache gehürige .Antwort bcziehe, daB abcr der Herr sich wegeu der Nichterteilung dersclben rcchtfortige, indem cr zeige, wie überfittssig das Reden vor solchen sci, die sich einmal fost darauf gesezt haben, der Warheit keinen Eingaug bei sich zu gestn.tten. ,Er schwicg also, nachdem er vorhcr sein Schweigcn gor9chtfertigt hattc'. Diese Ausgleichung erscbeint nicht zutroffend. Die Antwort., welche b()i Luk Jesus gibt, bezieht sich nieht auf eine Frag<), dio der 1-Iohepriestcr hinsichtlieh llcr Zeugenaussagen 0.11 Jesum gerichtet linttc, sondern gnnz allgcmein auf das was das ganze Synedrium horen wolte. Und Jcsus begnügt sieh bei Luk. auch nicht mit der Erklürung, daB soin Reden überfiüssig sei, sonderu erklíi.rt weiter, daB sic von jezt an den Mm1schensolm zur Rechten der .A.llmncht Gottes wcrden sitzen sehen; cr gibt also im wesentlichen cliesclbe Antwort, die er nach lVItth. dem Hoheupriester hernaeh auf seine Beschwürung ertoilt hat. Demnacll haben wir das Verhü.ltnis des lukanischen Ilericht:s zu dom bci M.tth. u.
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Keil, Comm. z. Ev1mgel. J;fattll.
3li
562
l\fo,tth. XXVI, 64.
Mrk. so zu fassen, da6 Luk. nur die Hauptsache des Verhors mitgeteilt, diese aber durch erlauterndo Umschreibung ztt verdcutlichcn gesucht hat. - Dns Schweigen des Herrn macht die Absicht des llohcnpricstcrs, in der Zeugenausso.go cin Verbrcchcn Jesu nachzuweiscm, zu nichte¡ und es bleibt demselben nichts übl'ig, o.Is mit dem 'Yahren Grunde hervorzutreten. Er beschwürt nlso Jesum bei dem lebendigen Gott, zu sagen, ob or der Christ, dcr Sohn Gottes sei. ·· Das Prii.dicat Gottes: der lebenclige, gehoi-t zur foierlichen Form der Beschworuug. Als dcr lebendige ist Gott der Racher de1· Unwarheit. Der Zusatz; der Sohn Gottes, dient zur nilheren Best.immung des Begriffes Xc>WrÓ:; - de1· Christus in dem Sinne, in welchem Jesus sich do.für erklart hatte, nilmlich der Sohn Gottes in der meta.1>hysischou Bcdeutung dcr Wesenseinheit mit Gott. Denn nur in dicsem Bckcntnisso lag cinc Gottcsfüsterung, wcnn Jesus sich dafür erkliirte und es, nach der Ansicht des Synedriums nicht war. - Jesus antwortct: ,,du hnst es gesagt", d. i. die hebr. Ausdrucksweise der Bl'jahuug, do.her von l\Irk. für griechische Leser mit t¡w 1:l,cu wiedergegeben. Er erkcnt den Hohen11riester nls Prlises des Synedriums als dio zur Zeit noch bestchcnde gottgeordneto Obrigkeit des jüdischen Volks an, vor dcr er nnch Gottes Willen Zcugnis ablegen soll, damit offcnbnr werde, daG das jüdische Volk seinen Heiland verworfcn und getüdtet lmt. Um deB willen fügt er zu dem Ja, welches als Antwort auf die foierliche Ileschwürung des Richtors die Bedeutung cines abgelegten feicrlichen Eides hatto, noch das Bekcntnis·hinzu: ,,Doch ich sago cuch, von jczt an werdet ihr den Menschensohn sitzen sellen zur Rechten der Allmaeht und kommen nuf den Wolken des Himmels". lli.~v bed. wcdcr profecto (Olslt.) noch qui1t ( f{uin.), sondern doch d. h. aber troz del' Niedrigkeit, in clcr ich jezt vor ouch stehe um von cuch gerichtet zu werden, wcrdet ihr alsbald erfahren, daB ich wirklich dcr vou den Propheten angekündigte Messfo.s hin, den Gott zu seincr Rechten erhüht bis cr alle l•'einde ihm unterwerfen wird, und dem er Herschnft, 1vfajestüt und Konigtum über alle Vülker verlciht. Dies liegt in dem nnch Ps. 110, 1 unrl Dan. 7, 13 gebildeten .A.usspruche Christi. Das Sitzen zur Rechtcn der Macht weist o.uf Ps. 110, 1 hin: ,,Setze dich zu meiner Rcchten, bis iclinlle deine Fcinde zum Schcmel deiner FüBe mucho". 1} ovi·a¡w; = n;~=~IJ im Tnlnrnd hii.t1fig Bezciclnmng der güttlichen Alhuacht u111l des allmü.chtigen Gottes, s. Bu:i.:t. Le~\ tafm.p. 385. Das Kommcn des Menschcnsohnes nuf Jlen Wolken des Himmels fat aus Dnu. 7, J 3. ci.n' él{,rr:t gehürt ztt C>1peú1
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Matth. XXVI, G5-G7.
563
sianiti.i.t und Gottheit legt .Jesus vor dar Obrigkeit seines Volkes ah. nicht um sie von dem Schritte den sie thun will zurüekzuhalten und sie zur Auerkennung seiner gottlichen Sendung zu bewegen - denn die Leiter des Volks waren in der Verstoekung gegen den heiligen Geist schon so weit vorgeschritten, daB eine Umkehr nicht mehr mi.iglich war - sondern um ihrem Vorhaben dio Ausredc, daB Jesus sich nicht entschieden genug als Messias und Sohn Gottes legitimil't haba, abzuschnciden, um offentlich vor dem hohen Rathe zu bezeugen, da.B er nnch gi.ittlichem Rathe und Willen den Tod erleiden solla, um die Sündo der Welt zu tragen. - V. 65. Auf saine menschlichen Richter macltt daher auch diese feierliche Erkl!i.rung keinen Eindruck. Der Hohepriester erblikt da.rin eine Gotteslasterung und gibt seiner sittlichen Entrüstung und Betrübnis über solchen Frevel durch ZerreiBen der Kleider einen sinnlichen Ausdrnck. Ueber diesen Gestus, darin bestehend, daB man clic Klcider am Leibe vorn auf der Brust einriB, a.Is Zeichen ticfen Schmerzes oder schmerzlicher Trauer s. 111. bibl. Archü.ol. §. 115, fi (S. 574) und die talmud. Satzungen darüber bei Buxt., Lex. talm. p. 2146. - ,,Er hat Gott geli.i.stert (~{JJ.aacp~µ1¡a1;v) - ruft der Hohepriester nus - Was bedürfen wir noch Zeugen! Siehe, nun habt ihr die Gotteslü.stcrung gehOrt. Was dünket euch? Und sie antworten: des Todes ist er schuldig". Einen Gotteslü.sterer mit dem Todo zu bestrafeu, war im Gesetze l\fose's Lev. 24, 15 vorgeschrieben, und das Synedrium war zur Handhabung des Gesetzes rechtlich befugt und a.Is theokratische EehOrde dazu verpflichtet. Auch die Befugnis, auftretende Prophcten zu prüfen und falsche Propheten mit dem Toda zu bestrafen na.ch Deut. 18, 20, stand ihm rechtlich zu. Aber hatte denn der hohe Rath den in Deut. 18, 20 ff. für die Bestrafung eines falschen Propheteu geforderten Beweis, daB Jesus nicht Gottes Wort, sondern aus dem eigenen Herzen geredet, auch nur zu führen versucbt? Konte er die Wunder und Zeichen, durch welche Jesus saine gottliche Sendung dargethan, in Abrede st.ellen, um Jesu Bekentnis, daB er der sei, welchen Gott durch die Prophcten als l\lessias verkündigt batte, für cine Gotteslilsterung auszugeben? - Die Verurteilung Jesu war ein Justizmord, mit dem die Obrigkeit des jüdischen Volks das MaB ihrer Sünden voll machte. V. 67 f. Nachdem das Synedrium das Todesurteil ausgesproehen hatte, galt Jesu für eine Seele, die :tus ihrem Volke ausgerottet werden solte. Da nun aber das Synedrium unter der romischen Herschaft nicht in der Ln.ge sieh befand, die im Gesotze vorgesehriebene Steinigung zu YOllziehen, so suchte man wenigstens durch MiBhandlungen des Verurteilten seinen Eifer für Gottes Ehre zu zeigen. Als Subject zu 8vón;v
564
Matth. XXYI, 68. 69.
Wort nach dem Vorgange der LXX vgl. Ros. 11, 4..Jes. 50, 6. Von dieser Bed. abzugehen und mit Beza, Bng., Em., llfey. u. A. die im Griechischen herschende Bedeutung vorzilziehen, liegt kein Grund vor. Die ,andere Art der MiBhandlung, die mit oI 0€ eingeführt wird' (11fey.), bestand nicht darin, daB man statt Faustschl!ige, Ruthenstreiche erteilte, sondern darin, daB man nach Verhüllung des Gesichts Backenstreiche gab und hl:ihnend ihm zurief: ,,wei13age uns, Christe; wer ist es, der dich gezüchtigt hat ?" also darin da.B man seine messianische Würde verspottete . .naí{;uv Scherz und Spott mit jemand treiben. Die Ve1'hüllung des Gesichts erw!ihnen Mrk. v. 65 u. Luk. v. 6,1 ausdrücklich; sic muB auch bei Mtth. angenommen werden, weil sonst das Jr(IO
J\fatth. XXVI, 70-74.
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Hinsichtlich der Zeit der Verleugnung ist der Bericht des Joh. genauer als der synoptische, ohne demselben zu widersprechen, indem Mtth. u. Luk. die Zeit gar nicht naher angegeben ha.ben, so daB a'us ihren Berichten nur so viel sich ergibt, daB sie w!ihrend des YerhOres Jesu sich zugetragen, und Luc. v. 61 nur berichtet, daB naeh der dritten Verleugnung der Herr einen Bliek auf Petrus warf. - V. 69 u. 70. Die ér.~te Verleugnung. l\fatth. knüpft sainen Bericht v. 69 dureh die Notiz: ,Petrus aber saB drauBen ·im Hofe' an die Bemerkung v. 58 an, daB Petrus Jesu, als er zuro Hohenpriester abgoführt wurde, von ferne folgte und in den Hof des Hohenpriesters eingetreten sich zu den Die'nern sezte, die nach Luc. v. 55 u. Joh. v. 18 dort ein Feuer angezündet hatten und um dasselbe herumsa.Ben. _~gro drau!Jen - vom Standpunkte im Innern des Hauses, wo Jesus verhOrt wurde, bemerkt. ,,Es trat zu ihm eine Magd spreehend: Auch du warst mit (bei) Jesu dem Galilaer". Naeh Job. v. 17 war dies die Thürhüterin, welche den Petrus auf Vermittelung des dem hohenpriesterlieli'en Hause bekanten Johannes eingelassen hatte. Petrus leugnete vor allen (Anwesenden}:· ,,Ich wei.B nicht was du sagst". Diese Antwort ist ausweichend. Bei Joh. lautet sie kurz und bestimt: ovx Elµl ieh bin nicht (ein Jünger jenes Menschen). - V. 71 u. 72. Die zweite Verleugnung. Dureh die Frage der Magd in Verlegenheit gesezt gi11g Petrus hinaus Elg -i-ov .nv1.wva d. h. aus dem Hofe in das Portal, den bedektcn Raum, von dem aus man in den o:ffenen Hof des viereckigen Gebaudes trat. Mark. nent ihn .nQoavliov Vorhof, den man sich aber nicht als drau.Ben vor dem Hause denken darf. Dort stehend sah ihn eine andere Magd und sprieht zu den Umstehenden: ,,Auch dieser war mit Jesu dem Nazarener". Statt &V.t¡ sagt Mrk.: und die Magd, ihn gesehen habend fing wieder an zu don Nebenstehenden zu sagen; Luk. aber: i't'EQOg lówv avi-ov scpt]; Job. v. 25: ElMv sie (die Diener ini IIofe) sagten. Diese Versehiedenheiten losen sich dureh die Annahme in Harmonie auf, da.B die Dienersehaft, als sie das schüchterne W esen des Petrus metkte, anfing darüber sich lustig zu machen, wobei einer und der andere, Mágde und Diener sagten: dieser war aueh bei Jesu, ist auch eiller seiner Anhanger, und ihn dadureh veranlaBten, seinen Umgang mit Jesu abermals zu leugnen, und zwar naeh Mtth. µEfJ! 8Qxov mit einem Schwure. Warseheinlich hat Petrus aueh diesmal zuerst einfach seine Bekantschaft mit Jesu verneint, und erst als die Diener ihre Aussagen wiederholten, mit cincm Schwur abgeleugnet, daB er Jesum kenne. - V. 73 u. 74. Die dritte Verleugnung. Mna µtx(JÓV nach kurzer Zeit: naeh Luk.: gegen eine Stunde nachher, traten die Dastehenden an Petrus heran und sagten: ,,Warlich aueh du bist einer von jenen (d. h. von den Anhangern Jesu), denn deine Spraehe verriith dieh" (d. h. zeigt, daB du ein Galil!ier bist). Der galiliiische Dialekt untersehied sieh niimlieh von dem jüdischen durch platte1·e Ausspraehe mehrerer Buchstaben, das ti wie n, das n wie :ii¡ vgl. Meusclien N. Test. ex talm. ill. p.119. Statt dessen beriehtet Joh.: Einer der Kneehte des Hohenpriesters, dem Petrus das Ohr abgehauen, sagte: ,,Hab icb dieh nieht im Garten bei
Matth. :itXVI, 'i5. ihm gesehen?" Auch diese Differenz begründet keinen Widerspruch. Wenn man sich den Vorgang nur nicht so vorstelt, daB jedesmal nur eine Person' aus der Dienerschaft den Petrus anredete, sond!'lrn da8, wenn.einer angefangen hatte, den Petrus in Verlegenheit oder Furcht zu setzen, die andern zustimrnten und ihre Angaben zu begründen suchten, so kann der eine Diener den galilii.ischen Dialect geltend gemacht, ein anderer, namlich der, welchen Petrus im Garten mit dem Schwerte verwundet hatte, gesagt haben, cr habe ihn dort gesehen. Dadurch wurde Petrus so in die Enge getrieben, daB er mit wiederholten Eidschwüren und Verwünschungen leugnete Jesum zu kennen. - ,,Und alsbald krii.hete der Hahn." V. 75. Da erinnerte Petrus sich des Wortes, mit welchem Jesus ihm ~eine Verleugnung vorhergesagt hatte, und ging hinaus, aus dem Hofe und dom Palaste, und weinte bitterlich. L~k. fügt v. 61 hinzu, daS als der Hahn kriihete, der Herr (Jesus) sich wandte und den Petrus anblikte, wodurch derselbe an jenes Wort des Herrn erinnert wurde. Jesus mu.B demnach in diesem Momente auf den Hof gekommen oder über den Hof geführt worden sein, daB er einen Blick auf Petrus werfen und Petrus ihn sehen konte. Ob- dics aber geschah, als ~annas ihn gebunden zu Kaiaphas schikte (Hngstb., Godet, Lutll.), oder nachdem das Synedrium ih11 des Todes schuldig befunden hatte und ihn aus dem Gerichtssale in den Hof führen und dort bewachen lie.B, bis man ihn dcm r!lmischen Landpfleger überliefern konte - diese Frage laBt sich nicbt mit voller Sicherheit entscheiden. Fanden die beiden lezten Vcrleugnungen nach der Absendung Jesu zu Kaiaphas statt, wie man aus Job. 18, 24 ft'. schlie.Ben kann, vorausgesezt, daB Johannes nach der Zeitfolgc erzll.hlt hat, so kann nur die zweite Annahrne richtig sein. Die chronologische Anordnung der Vorgange aber bei Joh. in Zweifel zu ziehen, dazu liegt kein triftiger Grund vor. Die Angabo Matth. 27, 1 wie Job. 18, 28, daB die Ueberantwortung Jesu an Pilo.tus in der Frühe (:Tl(JOiÍ:) erfolgte, stimt mit der Angabe, daB bei der dritten Vcrleuguung der Hahn krii.hete d. i. nach dem genaueren Borichte des Mark. zurn zweiten Male krahete. Die dreimalige Verleugnung des Petrus kann befremdlich erscheinen, wenn man sicb den Hergang nicht richtig yorstclt. DaB Petrus seinem gefangcn abgeführten Herrn von forne nachfolgt und durch Vermittelung des Johanncs bis in den Hof des hohepriesterlichen Palastes geht, um den .Ausgang der Sache zu sehen, zeigt seine brennende Liebe zum Herrn. DaB er sich aber dabei besonderer Gefahr aussetzen Mnte, mochte er nicht überlegt haben. Für seine pers!lnliche Froiheit brauchte er freilich nicht besorgt zu sein, nachdem Jesus die Gefahr, in die er sich durch das Drcinschlagen mit dem Schwerte bei Jesu Gefangennehmung gestürzt hatte, durch die Heilung des verwundeten Dieners von ihm abgewendet hatte. Abar die Warnung Jesu vor Verleugnung hiitte ihn zur Vorsicht bewegen sollen. Weshalb leugnete er auf die Rede der Magd hin, daB er bei Jesu war, sein Vcrhll.ltnis zu Jesu ab? Schwerlich aus Furcht vor personlicher Gefahr, die aus dem Zugestandnisse desselben für ihn entstehen konte. Warscheinlich hielt er
llfatth. XXVI, 75. XXVII, i.
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die Rede der Magd nicht für so wichtig, um sich ihr gegenüber o:ffen zu Jcsu zu bekennen, und glaubte wol auch, mit der ausweichendeu Antwort, die er gab, scinen Herrn nicht zu verleugnen. Nur·daraus wird sein Bleiben im llofe erkHirlich. Ebenso mochtc die Art und Weise, wie nach einer Weile die Dienerschaft ihm von ncuem seine Verbindung mit Jesu vorhielt, ihm nicht so gcfll.hrJich erscheinen, um durch sofortiges Verlassen des Hofes Furcht zu zeigen, wodurch er sich der Dienerschaft nur hli.tte verdachtig machen konnen. Aber der Schwur, mit dem cr nun schon scin Verhaltuis zu Jesu in A.brede steltc, war eine Sünde, durch dio scinc Autwort zu einer ernsten Verleugnung seiues Glaubens und damit auch seines Herrn wurde. Warum aber zog cr sich dcnn jczt nicht von diesem geführlichen Orte zurück? Wol nicht blos deshalb uicht, weil. er noch weítere Anfechtungen vonseiten der Dienerschaft nicht vermutete, sondern hauptslichlich, weil er den Ausgang des VerhOres Jcsu abwarten wolte, und durch die Aufregung, in welche ihn alles Vorgefallcne versezt hatte, das warnende Wort des Herrn seiner Seele verdunkclt worden war. So blieb er denn - um der Vcrsuchung zu erliegen. Als die Dienerschaft ihm nochmals crnstlicher als früher vorhielt, ihn bei Jesu gesehen zu haben, und er in steigender innerer Erregthcit anfing, mit Sch\vüren nud Verwünschungen zu leugnen - da krahete der Hahn; und dcr Hahnenruf rief ihm das warnende Wort saines Herrn ins Gedll.chtnis; und Jesu Blick auf ibn in dicsern Momento brachte ihm die Tiefe saines Falles zum BewuBtsein. Das kühne Vert1·auen auf die Stii.rke seines Glaubens und seiner Liebe zum I-Ierrn ist vernichtet. Bittere H.eue ergrcift seine Seelc. Er hat nun crfahren, wic schwach das Fleisch bei alle1· Willigkeit des Geistes ist. Mit der Erkentnis seincs tiefen Falles wurdc aber auch das trostrciche Wort, welcbes der Herr bci Ankündigung der seinen Jüngcrn bevorstchenden satanischen Versuchung ihm zugesagt hatte: Ich habe für dich gebeten, daB dein Glaube nicht aufhore (Luc. 22,,32), in seiner,ScclQ wieder lebeudig und bat ihn vor Verzweifolung bewahrt. Die auBcrcn Verhaltuisse, unter welchen Petrus der Versuchung crlag, crscheinen sel1r geringfügig. Durch zeitiges Vcrlassen des Ortes, wohin ihn zwar die Liebe zu seinem Hcrrn gezogen, aber nicht Pflicht und Beruf geführt hatte, hiittc er der Gefahr, seinen Hciland zu vcrleugnen, entgehen konncn. Abcr eben dieser Umstand solte ihn tief demütigen und das Vertrauon auf die eigene Kraft brechen, damit er in der Kraft des Herrn stark würde.
Cap. XXVII. Das E~de des Judas. Das Verhor Jesu vor Pilatus; Kreuzigung, Tod und Begrabnis Jesu. V. 1 u. 2. Jesu Ueberantwortung an Pontius Pilatus. Vgl. Mrc. 15, l. Luc. 23, 1 u. Job. 18, 28. In der Frühe des Morgens, nachdem das Synedrium Jesum des Todes schuldig befunden hatte, hielten die Hohenpriester und Aeltesten Berathung wider Jesum, daJ3 sie ihn zu Tode brachten, d. h. darüber, wie sio die Vollziehung des gefallten
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Ma.ttb. XXVII, 2. 3.
Urteils bei dem romischen Landpfleger auswirken wolten, da. dem Synedrium das Recht über Leben und Tod (jus gladii) unter der romischen Herscbaft entwgen wordeu war; vgl. m. bibl. Archaol. §. 151. S. 717. Dann fübrten sie Jesum gebunden ab und übergaben ilm dem Lanpfieger. .A.ns dem o~aav·w; amóv lll.St sich nicht (mit 1Uey.) scblieSen, daB Jesu clie Fesseln, welche ihm bei der Verhaftung angelegt worden (Joh. 18, 12. 24), wahrend des VerhOrs abgenommen waren und nun wieder angelegt wurden. Matth. u. i\lrk. erwlihnen erst'jezt die Anlegung der Fesseln, woil sie es früher nicht gethan hatten, vgl. 26, 50 mit Mrc. 14, 46. Auch d.n~yarov ist nicht so zu prcssen, daS man daraus schlieBen dürfte, das Synedrium habe in pleno Jesum zum rlimischen Laudpfleger abgeführt. Selbst der Ausdruck lúav 7:0 ;¡iJ..ij8-o~ amwv bei Luk. ist zu unbestimt, um diese Folgerung daraus zu ziehen. Pontius Pilatus war der fünftc Procurator Judaa's und bekleidete dieses .Amt vom J. 26-36 n. Chr. Geb. In einem Briefe Agrippa's I bei Pililo wird er von Charakter als unbeugsam und rücksichtlos hart geschildert und werden ihm Bcstechlichkeit, Gewaltthateu, Rll.uberei, MiBhandlunge.11, Krii.nkungcn, fortwii.hrende Hinrichtungen. ohne Urteilsspruch, endiose und unertrligliche Grausamkeiten vorgeworfen. Nach zehnjii.hriger Amtsführung wurde er von dem Legaten Syrieus Vitellius seines Arntes enthoben, znr Vcrantwortung nach Rom geschikt, und nach Euseb. li. eccl. JI, 7 nach Vienne in Gallien verbannt, wo er durch S.elbstmordgeendet haben soll; vgl.Sckürer, Neutcst.Ztgesch. S.252ft'. Er wird ~reµwv princeps, praeses bezeichnet. Sein Amtstitel war zwar nur l::nl·qJO:nog procu1·ator; doch hatte er die Rechte eines selbstandigen Administrators und wird deshalb auch von Josepll. Antt. XVlll, 3, 1 Tijg 'lovúalag frtstioív genant. Judaa war zwar nach der Absetzung des Archelaus zur Provinz Syrien geschlagcn; aber die Procuratoren regicrten selbstandig, so daB nur bei auBerordentlichen Anlassen der Statthalter von Syrien durch bcsonderen Kaiserlichen.Auftrag Autoritat über sie crhielt. Ihren eigentlicl1en Sitz liatton die Procuratoren in der zur Hlilfto von Heiden bowohnten Stadt Caesarea (Act. 23, 23 f. 24, 27. 25, 1). Aber v-011 Zeit zu Zeit~ namentlich zu den bollen Festen knmeu sie nacb Jcrusalom zur Aufrechthaltung dcr Ruhe und wohnten dann im Pratorium, s. zu v. 27. Das Wort Ilovrlcp bat Tiscll. 8 weggelassen, weil es in N.BL 33. 102. V~rss. u. Orig. fehlt; aber sehwerlich mit Recht, da AGXI'L1II es schützcn und die Weglassung wol nur dadurch veranla.8t wurde, daR es in den Parallelstellcn des l\iirk. u. Lukas fehlt. V. 3-10. .Das Ende des Ven·atliers Judas. Darüber berichtet in den Evangelien nur Matthaus, und zwar nicht'blos, um dasselbe als ·ein Zcugnis für die Unschuld Jcsu zu überliefern, sondern hauptslichlich um in der Verwcndung des Blutgeldes die Erfüllung einer WeiBagung des A. T. nachzuweison. fo dieser Absicht hat auch Petrus in der Rede bei der Wahl eines neuen Apostels an Judas' Stelle Act. 1, 15 ff. das unselige Ende besprochen. V. 3f. .Als Judas sah, da6 Jesus verurteilt worden - dies ersah er aus der Uebergabe Jesu an Pilatus -
Matth. XXVII, 4.
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empfand er Rene und brachte den Hohenpriestern und Aeltesten die 30 Silberlinge zurüek mit den Worten: ,,Ich habe gesündigt, der ich unsehuldiges Blut ttberliefert habe". áfJ-áfov ai,ua wie ~m C':! Deut. 27, 25 eine Seelo, die unschuldig ist, indem das Blut als Sitz der Seele statt derselben genant ist. Aus dieser Rene des Judas laBt sich nieht schlieBen, da8 er mit seinem Verrathe nur beabsiehtigt habe, Jesum zu bewegen, vor dem Volke offen als Messias nach der volkstümlichen Erwartung d. h. als Gründer eines irdischen Reiches hervorzutreten. Solche Gedanken mag er sich vielleicht vorgespiegelt haben, a.Is er sich den Hohenpriestern erbot, Jesum ihnen zu überlieforn; aber das eigentliche Motiv zu diesem Schritte lag tiefcr. Aus dem Ev. Johannes geht deutlich hervor, daB Eigennntz nnd Habsucht einen Hauptzug im Chai·akter des Judas bildet; vgl. die Charakteristik desselben bei Lutkardt, Ev. Joh. 1 S. 109 :lf. Darans, daB Jesns ihn zu seiner Nachfolge berief und daS Judas dem Rufe folgend in den Kreis der Jünger Jesu eintrat, dürfen wir schlie.Ben, daB er nicht ohne Empfitnglichkeit für die religiiise Ho:ffnung Israels war und ein treuer Aposte! hatte werden konnen, wenn er die Worte der Warheit aus dem Munde Jesu auf sein Herz hll.tte wirken ·lassen, um die Neigung zum Geize, der Wurzel alles Uebels, zu bekll.mpfen. Da er jedoch selbst die Verwaltung des aus den Gaben glaubiger Jüngerinnen gesammelten Geldes zur Bestreitung der tll.glichen Bedürfnisse Jesu und seiner Jünger mehr zu seinem eigenen Vorteile als im Interesse seines Herrn verwaltete (vgl. Job. 12, 6), so wurde er durch diese Sünde immermehr den geistigen Interessen des Reiches Gottes entfremdet. Zwar IieB es der Herr, der das Herz auch dieses Jüngers dnrchschaute, sehon frühzeitig an Warnungen nicht feblen, wie aus Joh. 6 1 64 zu ersehen; da Judas aber troz dioser Warnungen sich von Jesu nicht trennte, aus dem Kreise seiner Jünger nicht aussehied, so trug ihn die Liebe und Geduld des Herrn, obwol er voraussah, da.B Judas werde verloren gchen, weil naeh giittlieher :1rQórvwat~ aueh die Untreue dieses Jiingers ein Mittel zur Yerwirkliehung des Rathschlusses der Erlosung werden solte. So geschah es, da.8 Judas immer tiefer in seine Siinde hineingerieth und der Sate.n in scine Seele Eingang gewann, ihm den Gedanken, Jesum sainen Feinden zu ilberliefern, eingab und zur Ausführung des Verrathes trieb (Luc..22, 3 Joh. 13, 1 u. 28 vgl. die Bemerkk. S. 510 ff.). - Die Rene aber nach vollbrachter That kam nicht aus dem Glauben, sondern war nur eine Rcgung des strafenden Gewissens, die ihn zur Verzweiflung trieb. Den eigentlichen Grund der Judasrcue findet Steinm. S.104 darin, daB ihm, als er sah, daB der Herr vernrteilt worden war, das Auge darüber aufging, wie er dazu ersehen war, das Schicksal des Messias zu crfüllen. ,Nicht die Schuld, die er begangen, hat ihn so schwer gedrükt, sondern die Verfloc11tenheit derselben in das gottliche Verhangnis tragt ihm die Verzweifelung und das Ende der Verzweifelung ein'. DaB aber die Stimme des Gewissens sieh in dicsem Momento, noch vor dem Tode mit solcher Maeht gcltend machte, darin liLBt sich Gottes Walten nicht verkennen. Sein Gest!Lndnis, unschuldiges Blnt verrathen ZU: haben, solte
570
!lfatth. XXVII, 5.
den Hobenpriestern einen Stachel ins Gewisse11 drü.cke11. Aber herzlos kalt antworten sic v. 4: 11 :ñ(!O<; ~µa<;; was gcl!t's uns an? otp~7 ,,du, deincrseits magst zusehen" ( vgl. für den Ausdruck 1 Sam. 25, 17). Die Sttnde - meinen sie - gehOrt dir allein an, dcr duden uns Ueberlieferten für unschuldig hli.ltst Wir die wir ihn für schuldig halten und deshalb den ProceB gegen ihn fortsctzen müssen, konnen dir da.riu nicht helfen. ,Sic haben Judas als :M:ittel zu ihrem Zwegke gebraucht¡ was weiter ans ihm wird, ob cr zeitlich u11d cwig verlorcn geht, das ist • ihnen gleiehgültig' (Hngstb.). ·V. ó. ,,Uud er warf die Silberlinge im Tempel hin nnd entferntc sich, giog davon und erhitngte sich". Für Év T
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Ma.tth. XXVII, 6-9.
571'
der innereu Scheu.Blichkeit des Mannes' (Hngstb. vgl. Steinm. s. 100). - V. 6. Die Hohenpricster, als sie das Geld aufgcnommen hatten sprachen: ,,Es ist nicht gestattet dasselbe in den Tempelschatz zu wer~ fen, da es Blutgeld ist". nµ~ ai:Um:o~ Preis für BlutvergieBen. Das Argument ist aus Deut. 23, 18 gefolgert. Ko(JfJcwac.; nante man nach Jos. bell.j"ud. II, 9, 4 T:ov lE(JOV 1'h¡aavQÓJJ, den Tcmpclschatz, der aus Opfergaben, Darbringungen (1~1~) des Volks gesnmmelt wurde. - V. 7. Nach darüber gepflogener Beratbung kauften sic von dem Gelde den Acker des 'ropfers zur Beerdigung für die Frcmden. DaB sie dies sofort gethan, liegt nicht in den Worten; jedoch bald nachhcr, vgl. Act. 1, 18. TOV dy(JÓV deu bekanten .A.cker, welcher dem TC>pfer geMrt hatte. §ÉlJOt Fremde sind auswartige Juden, dio beim Besuche in Jerusalem sta.rben; mit EinschluB der Proselyten. - V. 8. Deshalb 1cYtó) weil für nµ~ a¡µai-o; gekauft, erhielt der Ackcr den Namen áy(JÓ<.; a?µa1:0;, aram. ~~1 b~~ ~xclOaµá; vgl. Act. 1, 18, wo dieser Acker, weil vom lohne des Verrathers gekauft, als Erwerb des Judas dargestelt ist. Die kirchliche Tradition hat den Acker an den südlichen Rand des Benhinnomthales südostlich vom Berge Zion gelegt¡ vgl. Rob. Pal. TI, 'l 78 :ff. u. Tobler, Topogr. II, 260 ft'. V. 9. Da (mit dem Kaufe des Ackers) wurde crfült das Wort durch den Propheten Jeremia geredet: ,,Und sie nahmen die dreiBig Silberlinge, den Wert des Wertgeschazten, den sie gewertet habcn vonseiten der fülhne Israels, und gaben sie für den Acker des Topfers, sowie mir der Herr ¡;cboten hat". Diese Wortc sind freie Wiedergabe des Ausspruchs Zach. 11, 13: ,,Und der Horr sprach zu mir: wirf ihn zum .Tüpfer, den herrlichen Preis, dessen ich wertgeachtet bin von ihnen, und ich nahm die dreiBig Silberlingo und warf sie ins Haus des Herrn zum Topfer". Dieser Ausspruch ist aus einer WeiBagung, in welcher die Fürsorgc, welchc der Herr dem Bundesvolke in den Zeiten des zweiten Tempels angedeihen liell, in das Bild cines Hirten gekleidet ist, welcher die Herde weidet, bis sie sich durch schntiden Undank dcr ferneren gottlichen Obhut und Bewahrung unwürdig gezeigt, dall er sein Hirtenamt aufgibt und das Volk seinem Schicksalo überlii.Bt. Der Undank, mit welchem das Volk dom Herrn seine Hirtentreuefohnt, ist so dargestelt, dall der Hirte _sainen Lohn fordert und das Volk ibm 30 Sekel Silber bietet; einc Summe, die nach Ex. 21, 32 das Wehrgeld für einen getOdteten leibeigenen Knecht war, für die man also einen Sklaven kllufen kontc. Diese gcringe Summc war demnach Zeichen der scbmiihlichstcn Geringschatzung der Dienste, die der Herr dem Volke geleistet hat. Daher beñehlt der Herr, diesen Lohn, den er ironisch als herrlichen Preis bezeichnet1 dessen sie ihn wertgeacbtet ha.ben, ins Gotteshaus zum Topfer zu werfen ¡ wora.uf der Hirte seinen Stab zerbricht zum Zeichen, daB er das Volk uicht liingcr weiden, sondern dem Untergange dw·ch feindliche Mll.chte und innere Parteiklimpfo preisgebcn werde_ - ))as Bild des Hirtcn ist in der WeiBagung so gezeichnet, daB darin dcr Hirte, welchen laut der WoiBagung Jer. 33, 14 ff. u. Ezech. 34, llff. Gott in der Zukunft seinem· Volke als seinen Knecht
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Matth. XXVII, 10.
David erwecken werde, d. i. der Messias, nicht zu verkennen war. Vgl. m. Comm. zu Zach. 11. Die messianische ErfüllU:ng dieser WeiBagung begann mit dem Auftreten Jesu, der sich Job. 10, 11 als den guten Hirten darstelt. Drei Jabre hat er sein Volk geweidet; ab.er die Oberen und Vertreter des Volks habeu seine Hirtentreue so wenig erkant, daB sie ihm nach dem Lebeu trachteten und seinen Dienst damit lohntcn, daB sie fiir 30 Silberlinge den Verrttiher Judas erkauften, damit er ihnen Jesum überliefere. Dieses Blutgeld warf Judas, als seine That ihn gerente, den Hohenpriestern und Obersten des Volks ins Heiligtum ¡ und sie kauften d-ann dafür einen Topfcracker, wodurch auf diese Weise das Geld ins Heiligtum und in die Hand des Topfers k:i.m. Sowol das Hinwerfen des Geldes in den Ternpel als dcr .Ankauf des Ackers für dieses Geld, welches die Hohenpriester als Blutgeld nfoht in den Tem-. pelschatz legen wolten, waren so einleuchtende Erfüllnngen der prophetischen WeiBagung, daB nur verstokter Unglanbe in diesen Vorgttngen das Walten Gottes nicht erken:iJ.en konte. Durch Anführung dieser WeiSagung will Matth. darauf aufmerksam machen, daB in dieser Verwendung des Verrittherlohnes ein hOherer Wille waltete. Die Congruenz der WeiBagung mit ihrer Erfüllung liegt in dem HA.a{Jov "t"a 'l:(Jtt:faom:a a(JyV(Jta v. 9, welches auf J.a{Jóvi:u; 'l:a a(Jy. v. 6, und in 1~ \ > \ dem Euror.av av'l:a E,,.,, 'l:OJJ ay(JOV 'tov- r.E(JaµE<»r;; v. 10, wel elies au f d as ~yÓ(Jaúav tg av?:WV T:OV ay(JOV 'i". XE(>. v. 7 zurückweist. Auf diese beiden Momente will das 1:Ó7:6 btJ.17i;>wfh] bezogen sein, womit angedeutet war, da.B beides nach gottl¡chem Willen gescbehen sei. Dies wird noch bestimter hervorgchoben durch den Zusatz r.a8-a avvÉw{;É µot :iW(Jtor;;, welches des Evangelist als Uebersetzung des hebr. m1'I "I~~ .,aj~~ oder l"I~~ "I~~~ (vgl. Ex. 9, 12. 40, 25. Num. 8, 3) für 'I~~ l'W"I'\ .,~lit"'~ Zacb. 11, 13 substituirt hat. ,Diese ausdrückliche Hervorkebrung eines hüheren Willens, eines gottlichen Verhitngnisses weist rü.ckwarts auf die Thatsache v. 8, daS der Acker fortan den Namen des Blutlandes trage und bis auf diese Stunde ein Denkmal des vollbrachten Undanks sei zum Zeugnis über sie'. (Steinm. S. 107). AuBer diesen von Matth. hervorgehobenen Momenten ist auch das Werfen des Blutgeldes in den Tempel nicht zu übersehen. Denn auch hierin hat sich die WeiBagung erfült, so daB auch dies in Gemii.Bheit gottlichen Rathschlusses geschehen ist. In der Wei.Bagung des Zach. ist zwar der Sinn der Worte: ,, wirf ihn (den Lohn der 30 Silberlinge) zum Tüpfer", und: ,,ich warf ihn ins Haus Jahve's zum Tllpfer" sehr dunkel und die Deutung streitig, jedoch soviel ldar, daB das ,zum Topfer werfen' eine wegwerfende Behandlung des Geldes aussagt und da8 mit dem Werfen desselben ins Hans Jahve's die Sache vor Gottes Angesicht gebracht wird, damit Gott Einsehen in dieselbe habe (s. m. Comm. z. Zach. S. 63 7 f.). Dios müssen wir aus der Thatsa.che schlie· .Ben, daB Judas das Geld in den Tempel warf und die Hohenpriester es nicht in den Tempelscha.tz · legen wolten. Denn damit bezengten sie factisch, daB die Za.hlung des Geldes anden Verrll.ther eine Handlung war, die nicht vor Gottes Angesicht bestehen kann, .vielmehr Strafe )O,('
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l\fattli. X-XVII, 10. 11.
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naeh sfoh ziehen konne. Durch das Blutgeld wurde der Tempel mit unreinem Blute beflekt, zu einer Mordergrube gemacht. - Im Einzelnen ist noch zu bemerken, da.B die Abweichungen der Uebersetzung des Prophetenworts in unsern Vv. von dem Grundtexte- nicht aus Ungenauigkeit oder unrichtigem Lesen des Grundtextes herzuleiten sind, sondern ihren Grund in dem Bestreben des Evangelisten -haben, die Congruenz der WeiBaguug mit der Art und Weise, wie sie durch Judas und die Hohenpriester erfült worden, deutlich zu machen. Dies zeigt nicht nur die Wiedergabe der Worte: ,ich warf es (das Geld) zum Topfer' durch: sie gaben es für den Acker des Topfers (um denselben zu kaufen), sondem auch die Uebertragung der Worte .,~~ "IR';IJ 'i'j~ citj"~~'?. "t:i"li2~ mit r:~v r:tµ~v -roií ur:t,a'f}µivov 1jv htµ~aav•o cko vlrov 'lava~). den Wert (Preis) des Wertgeachteten, welchen sie vonseHen der Sühne Israels sich gewertet ha.ben. Subject sind die Hohenpriester; Ó T:ét:tµ'f}µÉvoc;, ist Jesus, auf den auch das relat. 8v zu beziehen. Ihn (seincn Wert oder Preis) haben die Hohenpriester bestimt vonseiten der Sühne Israels. Das a:JCo vlwv Jap. besagt, da.B die Schatzung, welche die Oberen vornahmen, vonseiten d. h. in Vertretung .des Volks geschah. Weder l!i..Bt sich d.n:o ví. 1.aQ. partitiv als Subject zu htµ~aav•O' fassen (Beza, Grot., de W. u. A:), noch mit Mey. als Plural der Kategorie ,und aus Anla.B von Sohnen Israels' übcrsetzen und von Judas verstehen. Zu dem Fehlen des Artikels vor dem durch iu(Ja~l bestimten vlw1;, worauf Mey. Gewicht legt, vgl. Jos. 9, 24. 12, 2. 15, 12 LXX und das ganz analoge obcoc;, 'laQai¡l Mtth. 10, 6. 15, 24 und rií 'IuQai¡). 2, 21 f. - Endlich das viel besprochene
º'ª
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Matth. XXVII, ll-;-16.
schen Oberen und l!iBt uns tiefere Blicke sowol in den Charakter des Pilatus als auch in die Hartnackigkcit der jüdischen Verklii.ger Jesu thun. · V. 11. Vor den Landpfleger gestelt und von demselben befragt, ob cr der Kllnig der Juden sei, antwortete Jesus: Gv :UrEt~ d. h. ja, ich bin's (s. zu 26, 64). Nach Luc. v. 2 klagten die jüdischen Oberen bei dem Landpfl.eger Jesum an, da6 er das Volk abspanstig mache und hindere, dcm Kaiser Abgaben zu entrichten, indem er sage, daB cr Christus Konig d. h. der Konig Mossias sei. Dicser Anschuldigung 'lªr das von Joh. 18, 29-32 Berichtete voraufgegangen. Aueh die Frage des Pilatus in unse-rem V. wird crst deutlieh aus Job. v. 33-37, wornach Jesus die Fraga des Pilatus erst bejahte, nachdem er ihm klar gemacht hatte, daB sein Reich nicht von dieser Welt sei. - V. 12 ff. Als nach dieser Vernehmung Jesu Pilatus den Hohenpriestern und Aeltesten erklarte; daB eran Jesu keine Ursache zur Verurteilung finde (Joh. v. 38), fingen dieselben an ihn zu verkiagen, worauf Jesus nichts antwortete, und auch auf die Aufforderung des Pilatus; ,,Horst du nicht, wie viel diese wider dich zeugen ?" oVóe iv ~iíµa auch nicht ein einziges Wort antwortete, so da.8 derLandpfleger darüber sehrerstaunte. Das Schweigeu machto solchen Eindruck auf den romischen Staatsmann, weil er die darin sich kundgebende CharaktergroBe Jesu .zu würdigen verstand. Die Anklagen, welche dio Juden vorbrachten, erfahren wir aus Luc. v. 5. Sic verstarkten ihre frühere Beschuldigung, daB Jesus lehrend das ganze Land durchziehc und das Volk aufwicgele, von Galilaa an bis nach Jerusalem. Die Erwahnung Galifüa's benuzte Pilatus, als er erfahren, daB Jesus ein Galilii.er sei, um ihn zu Herodes, qer sich damals zur Festzeit in Jerusalcm aufhiclt, zu schicken, damit dieser die Auklage untersuche und entscheide. Dcnn er hn.tte die Ueberzeugung gewounen, da8 Jesus kein politischer Vcrbrechcr sei, und kante die Hartnackigkeit der jüdischen Oberen, daB sie vo1,1 der Forderung, Jesum zu todten, nicht abstehen würden, hofte also, sich damit der ihm unangenebmen Sache entziehen zu konnen. Aber dieser Wunsch solte ihm nicht el'fiilt werden. Herodes schikte Jesum, nachdem er ihn ver-. bOhnt batte, bald wieder zu Pilatus zurück (Luc. v. 6-12). Dieser rief nun die Oberen des Volks zusammen, erklii.rte ihnen zum zweiten Male, daB er lrnine Schuld an Jesu finde, erbot sich aber, damit nicht das Gehli.ssige falscher Anklage und ungerechter Vel'Urteilung auf sie falle, ihn mit ciner korperlichcn Züchtigung zu belegen; dann wolle er ihn entlassen (Luc. v. 13-16). Da sie aber damit nicht zufrieden waren, so versuchte Pilatus ein anderos Mittel, Jesum zu retten, wclches alle vier Evangelistcn crwalmen. Matth. v. 15 vgl. Mrc. v. 6 f. Luc. v. 17 u. Joh. 18, 39. lfoT:a fo()njv wahrend des Festcs (vgl. übcr diese Bed. von xaT:a Winer Gr. S. 394) war es Sitte, daB der Landpfleger dem Volke einen Gefangenen losgab, welcheu sie verlangten. Ursprung und Alter dicser Sitte sind nicht bekant; sie saheint aber nicht ohne Be~ ziehung nuf die Bedeutung des Pascba als des Festes der Erlosung entstanden zu sein. - V. 16. Elxov Sic (der Landpflcgcr und scine Mann-
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Matth. XXVII, 16-1\l.
schaft) hatten aber darnals einen berüchtigten Gcfangcncn (brlor¡,uov cig. bezeichnet, ausgezeichnet¡ Lutlter dem Sinn nach gut: oinen sonderlichen vor anderen), N amens Barabbas, der mit Aufrührcrn, die im Aufruhr cinen Mord begangen hatten, festgenommen war (l\irk.) und zurn Todc verurteilt im Gcfüngnissc des Prii.toriums saB. Weiter ist über diesen lr¡ar~i; wie Job. ihn nent nichts bekant¡ dor Name Barabbas aber ist im Talmud nicht selten; vgl. Liglltf. l101-. ad jlfattlt. 27, 16.1 - V. 17 f. Pilatus rief das Volk zusammen und macLte ihm don Vorschlag: ,,Welchen wolt ihr, den ich euch losgeben soll, Barabbas oder geht nicht auf Jesus, welchcr Christus, heiBt?" .::Evl'r¡r,ufrrJ)V die Volksobern, sonderu auf den óxJ.oi; v. 15, dcm cinen Gcfangenen freizugeben Sitte war. Dioso Wahl legte Pilatus dem Volko vor, weil or wuBte, dall sic (die Olieren des Volks) .Jesum aus Neid ihm üborliefert hatten, in der Erwartuii.g, daB wenn ihnen nur die Wahl zwischen Jesu und dom berüchtigten Verbrechcr Barabbas bliebe, sie Jesu Freigebung verlangen würden. Dabei wurde ihnen ja die Gcnugthuung, da6 Pilatus ihre Anklage nicht als unbegründct abwies, indem der Vorschlag, Jesum loszugeben, ja dio Anel'lrnnnung eincs strafwttrdigen Vcrgelrnns Jesu involvirte. Auch mochte Pilatus dabei noch die Anhiinglichkeit, die das Volk gegen Jesum gezeigt hatte, mit in Bctracht gezogen liu.ben. Abe1· seine Erwartung wurde get!tuscht. Denn - sagt Luther in der Glosse: ,sic hii.tten ehor den Teufel selbst l~sgebeten'. -
avuoJJ
1) In einigeu Miuuskeln, Armen., Syr. u. alten Scholien fiudet sieh die Lesart •rr¡o-aii11 Br<(!appa,,, die schon Ol"ig. kent und die von Ji'ritzsc1ie, Ol.vh. u. Mey. als ursprünglich verteidigt wird, weil gar nicht abzusehen sei, wie 'lr¡aoiw hii.tt.e in den Tcxt kommen kélnnen, wogegen es sehr nahe gelegen habo, den geheiligteuNamen von dem Vcrbrecher zn entfcrnen, zumo.l ihn v. 20f. 2li und die übrigen Evangelisten nicht anführen, wie ihn denn schon aus dcr niimlichen Scheu die gewohnliche Ueberlieforung der apostolischen Zeit verschwiegen zu ha.ben scheine. - Allein so ]>lausibel diese Grüude auch erscheinen mogen, so verlieren sie doeh bei gena.uerer Erwii.gung der Sache o.lle Hcweiskraft. Hiitte namlich schon die Ueberliefcrung der apostolischen Zeit d1Jn Namen aus religiOser Schcu verschwiegen, so konte er auc.h 11icht im Ev. des Matth. ursprünglich gestanden ha.ben, sondern erst spiitcr in einc oder etliche Handsehriften derselben gekommcn sein. Hatte aber Mattli. ohne diese Scheu zu hegen, den Na.raen in seinem Evangelium angegebr.n, so ist - um vou Mark. u. Luk. abzusehen, schwer begreifiich, wesho.lb .Johauues clenselben verschwiegen ho.ben solte. Femer ist es sehr unwarscheinlich, da!~ der Name, wenn er urspri\nglich im Ev. 1\fatth. gestanden, so ~ründlich solte aus den Handseluiften ausgetilgt worden sein, da~ er sich in kemem einzigeu Uncfa.!codex erhalten hat. Femer fehlt dafür jede Analogie, da~ eine aus dogmatiscbem Interesse hervorgegangene Lesart die richtigc a.us allen n.lten Handschriften vcrdriingt habe. Dagep;cn liegt es nicht auL\er den Grenzen derWarscbeinlichkeit, da~ das 'Ir¡aoiiP seineEntBtehuug einem bloi'en Schreibfehler verdanke, oder aueh dlill irgend ein Abschreiber aus dem nii.her bestimmenden Beisatze x!w J..syóµs110P X(!tar.;,,, schloll, der Morder Ila.rabbas ha.be den Nnmen Je.~u.t mit dem Heilande gemeinsam gehabt, indem er übersab, dar. jener Beisatz gar nicht dazu dienen solte, Jesmn von Harabbas zu unterscheiden, sondem da& Pila.tus durch die Bezeichnung Jesu als XrwrtÓG auf das Volk wirken, demselben a11s Herz legen wolte. doch nicht einen Morder oder Rauber seinem Messias, vorzuzichen. - Wenn die alten Handschriften irgend einen Wert für die Feststelluug des 'l'extes haben sollen, so kann die Lesart 'Jr¡aaiíP vor Ba(!ctp~a,, lricht für ursprünglich gehalten wcrden, ·
576
Matth. XXVII, 19-24.
V. 19. Um dem Volke Zeit zu geben, die Sache zu überlegen und die 1·ichtige Wahl zu tre:ffen, hauptslichlich aber um seinem Vorschlage den Charakter der amtlichen Verhandlung zu geben, sezte sich Pilatus auf den Richterstubl ('ro {:Jijµa), der vor dem. Pratorium unter freiem Himmel aufgestelt war, um von da aus Recht zu sprechen, vgl. Job. 19, 13 u. Josepk. bell. jud. JI, 9, 3 f. 14, 8. - Wabrend er da saB, schikte seine Frau zu ihm und lieB ihm sagen (Uyovaa sagend durch den Boten): ,,Habe nichts mit jenem Gerecbten zu scbaffen; denn viel habe ich heute im Traume seinetwegen gelitten" (r.ai ova~ wie 1,, 20). Diese Frau, welche im Ev. Nicodemi als -fJEo
Ma.tth. XXVII, 25-27,
577
Vor den Augen des Volks wusch er seine Httnde und sprach: ,,Ich bin unschnldig an diesem Blute. Ihr m1lget zusehen". Das Rli.ndewaschen . komt zwar als Zeichen der Reinigung von cinem Morde auch bei Griechen vor (Het·od. l c. 35. Virg. Aen. JI, 719. Soph. Aiax 054), ist aber bei Pilatus der jüdischen, im Gesetze Deut. 21, 6 f. vorgeschriebenen Sitte entlehnt, sich durch Waschung der Hande von der Teilnahme an einem Morde, dessen Thii.ter unbckant war, zu roinigen. Diese symbolische Handlung, welche Pilatus in seiner Amtspraxis kennen gelernt hatte, wll.hlte er, um auf das jüdischc Volk Eindruck zu machen. Seino Absicht mit diescr Handlung spricht er auch offen aus in den Worten: ,,Ich bin unschuldig an diesem·Blute", das vergossen werden son, indem ihr den Tod Jesu fordert. _Ihr m1lget dies verantworten (VµEtl; otpEú0-E s. zu v. 4). Und das ganze Volk antwortete (v. 25): ,, Sein Blut (komme) über uns und unsere Kinder". Diese Worte, mit welchen das Volk in leidenschaftlicher Verblendung dem Landpficger Trotz bietet, sind in unabsichtlicher Reminiscenz Ms Deut. 19, 10 geftossen und werden dadurch zu einer WeiBagung, die sich an dem jüdischen Volk in schauerlicher Weise erfült hat. - V. 26. Da gab er ihnen den Barabbas los, Jesum aber lieB er geiBeln und übergab ihn, daB er gekreuziget würde.
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l'!la.tth. XXVII, 27-30.
Provinzialchefs (praeto;: propraetor), wo derselbe Recht sprach. Dort wohnte nicht nur er selber (mit Familia, vgl. Jos. Antt. XX, 10, 1), sondern .dort war auch die óJiElQa, die Abteilung der zur Verfügung des Procurators stehenden Soldaten casernirt, und ein Gefii.ngnis ff1r die Gefangenen, welche dem Gerichte des Procurators zur Aburteilung 'iibergeben waren (.Act. 23, 35). In den Provinzialstadten benuzte man· dazu gewohnlich schon vorbandene geraumige Paiaste. .Aus Jos. bell. iud. JI, 14, 8 u. Philo leg. ad. Coj. c. 38 wird gesclllossen, daB in Jerusalem dazu der in der Oberstadt gelegene Palast des Herodes benuzt worden sei, wogegen Mey., Weiss u. A. meineti, daB dieser .P"alast für die zeitweiligen An·wesenheiten des Herodes in Jerusalem (vgl. Luc. 23, 7) reservirt und ein anderer zur Burg Antonia gehOriger Palast zum Pratorium bestimt gewesen sei. Gewisses laBt sicb darüber nicht ausmacben, vgl. Winer RW. (Ricbthaus) lI S. 329. avv~rarov tJi' av-ióv sie versammelten 'iiber (gegen) ihn die ganze Schar. ol d-i(Ja,,;uifrat sind die Solda.ten, welche.den Dienst hatten. Diese riefen.die ftbrige Mannschaft der dort stationirten Cohorte zusammen zur Beteiligung an dem Schauspiele, das sie mit Jesu aufführen wolten. V. 28 f. Sie zogen Jesu die Oberkleider (,,;a lµána v. 31) aus, legten ibm einen scharlaehrothen Mantel um, fiochten eine Krone aus Dornen, sezten sie ihm aufs Haupt, gaben ihm ein Rohr in die rechte Hand und knieten vor diesem so ausstaf:firten Konig nieder, um ihn spottiseb als K1lnig der Juden zu begrüBen. Damit nicht genng, spieen sie ihn an, nahmen ihm das Rohr aus der Hand und schlugen ihn damit anfs Haupt. Um diese Rohheit der Soldaten zu begreifen, müssen wir den HaB der Heiden gegen die Juden in Betracht ziehen, welcher seine Wurzel in dem Anspruche der Juden, das auserwahlte Volk Gottes zn sein, und der daraus :flieBenden Verachtung aller Heiden hatte. In der Person Jesu verspotteten sie das jüdische Volk und dessen messianische Hoffnung. Da die Hohenpriester Jesum vor Pilatus angeklagt hatten, da.6 er sich für den KOnig der Juden ausgebe, die jüdisch-messianische Hoffnung aber, da.6 aus Judlia ein Herscher über den ganzen Orient erstehen werde, damals, wie aus Sueton. Vespas. c. 4 u. Ta cit. llist. V, 13 erhellt, im romischen Reiche verbreitet war, so benuzte Pila.tus, ohne dessen Willen die Soldaten Jesum nieht so hii.tten verspotten dürfen, diese Gelegenheit, die jftdischen Oberen ihre Ohnmacht fühlen zu lassen, weniger um durch diese tiefe Erniedrigung Jesu das Mitleid des Volkes zu erregen, wie aus Job. 19, 4 ff. geschlossen 'vird (vgl. Hngstb.), als vielmehr um ihnen die Nichtigkeit ihrer Erwartung eii:tes K1inigs, der sie van der Oberherschaft der Romer befreien und zu Herren des Erdkreises erheben wftrde, zum Bewn8tsein zu bringen. Wenn aueh, wie aus der weiteren Verhandlung bei Joh. sich zweifellos ergibt, Pilatus dabei die Absicht hegte, die Todesstrafe von Jesu abzuwenden, weil er denselben für einen politisch ungeftthrlichen religiosen Sehwarmer hielt, so wolte er doch durch Vorftthrung der Jammergestalt Jesu nicht blos auf das Mitleid des Volks einwirken, sondern zugleieh den Oberen des Volks zeigen, wie. sie durch Beharren auf ihrer Forderung
Matth. XXVII, 28-32.
579
ihrem eigenen Volke eine Schmach zufügten. Die Hohenpriester, deren Herzensstellung zur riimischen Obrigkcit dem Pilatus sicher nicht verborgen war; konten nicht tiefer gedcmutigt werden als dadurch daB sie durch die andauernde Weigerung des Pilatus, Jesum kredzigen lassen, genotigt wurden, um iln;en Willen durchzusetzen, auf die Frage des Pila tus: Euren Kiinig soll ich kreuzigen? zu antworten: ,, Wir haben keinen Kéinig, sondern nur den Kaiser" (Joh. 19, 15). Von dieser Betrachtung aus fült auch auf die SchluBverhandlung des Pilatus roit Jesu (Job. 19, 9 ff.) ein nenes Licht. Damit namlich auch Pilatus bei der Demütigung der Juden sich seiner Macht nicht überhObe, erinnert ihn Jesus daran, da6 er keine l\facht über ihn besa.Be, wenn sie ihm nicht von oben gegeben ware. Diese tiefere Bedeutung der Verspottung Jesu als des messianischen Kéinigs der Juden haben wir demnach darín zu suchen, daB dadurch einerseits die jüdischen Obereu genotigt werden, ihre politisch-messianische Hoffnung vor dem heidnischen Landpfleger für eitel zu erklüren, andrerseits der heidnische Landpfleger einen Eindruck von der Abhangigkeit seiner Macht von einem Mheren Willen erhalt, · dem cr für sein Handeln verantwortlich sei, damit er die Schuld an dem Blute Jesu nicht ganz vou sich ab und nur auf die Hohenpriester der Suden walzen soll. Beide, die Hohenpriester und Pilatus, sollen nach gottlicher Intention bei dieser Millhandlung Jesu an die Eitelkeit ihrer eingebildeten Macht erinnert werden, wenn sie auch in dem vor ihnen stehenden Kéinig mit der Dornenkrone durch ihre Schuld nicht den Konig erkeunen, vor dem alle Konige der Erde sich werden beugen mussen. - Statt 8r.óvuavwg (~* ALNI'Jll al.) bieten BJJ u. einige Codd. der Itala bJóvúavug, welches von Mey., Weiss u. A. vorgezogen wird, aber gewiBlich nichts weiter als ein Schreibfehler ist und ganz unpassend. Denn selbst angeuommen, daB man Jesum entkleidet, wie er gegeiBelt worden war, ins Pratorium hineingeführt und dort erst ihm die Kleider wieder angezogen hittte (Mey.), würde es ganz willkürlich sein, 8vovi;
580 .
Matth. XXVII, S2. 33.
26-43 u. Job. 19, 17__:24. ...:...._ Matth. erzahlt den Hergang bei der Kreuzigung am genauesten, doch so, daB er sich auf die Hauptsache beschrankt. Ebenso Mark. im Anschlusse an ihn. Dazu·liefert Luk. einige bedeutsame Erganzungen: die Anrede Jesu an die Frauen Jerusalems, die ihm a.uf dem Gange zur Richtstil.tte wehklagend nachfolgten (v. 27-32), die Fürbitte Jesu für die, welche ibn kreuzigten (v. 34) und die Zurechtweisung des Jesum l!i.sternden Schachel'.s vonseiten des anderen, nebst der VerheiBung, welche Jesus diesem erteilte (v. 40-43). Johannes endlich sezt den Hergang als bekant voraus und beschrli.nkt sich darauf, Genaueres über die Ueberschrift am Kreuze mitzuteilen, bei der Verteilung der Kleider Jesu a.uf die Erfüllung der Weifiagung hinzuweisen¡ und die Fürsorge Jesu für seine Mutter sowie einige Vorgii.nge beim Verscheiden Jesu nachzntragen. V. 32. Hinausgehend {aus der Stadt} trafen sie einen Mann von KyreneJamens Simon und nlitigten ihn, daB er sein (Jesu) Kreuz trüge. Die Hinrichtungen wurden auBerhalb der Stadt vollstrekt, nach Num. 15, 35, vgl. 1 Kon. 21, 13. Áct. 7; 38 u. Liglttf. hor. zu u. St. llie Verurteilten mu8.ten selbst das Kreuz anf den Ri~.tplatz itageJl. d. h. nieht das fertige Kreuz, sondern den Pfahl oder Stamm des Kreuzes (patibulum der Romer), an welchem man erst auf der Richtstatte den Querbalken anfügte, wodurch das Kreuz fertig gemacht wurde, um es aufzurichten (ai-av(JÓg bed. ursprünglich Pfabl). So mu.Bte auch Jesus sein Kreuz tragan, wie Joh. als bedeutsam (s. zu 10, 38) ausdrücklich hervorhebt, Matth. aber als übliche Sitte übergeht, aber keineswegs ausschlieBt, wie Keim behauptet, sondern implicite andeutet. Da er namlich angibt, da.8 man erst beim Hinausgehen aus der Stadt den Simon von Kyrene, der vom Lande oder Felde kam, traf und ihn zwang, daB er sein (Jesu) Kreuz á(>r¡ d. h. auf sich nll.bme muJ traru4 so muB doch wenigstens bis zum Stadtthore Jesus selbst es getragen ha.ben. Offenbar saben die Executoren Jesum so erscMpft, da.8 sie fürchteten, er mlichte unter der Last des sehweren Kreuzes erliegen, und deshalb den dem Zuge entgegenkommenden Simon zwangen (áyya. (>lltÍEtV s. zu 5, 41}, ~Last..J.esu-a.bzunehm.en. DaS man aber bei der zahlreichen begleitenden Volksmenge (Luc. 23, 27} einen vom Lande her entgegenkommenden Auslii.nder hiezu zwang, erkHtrt sich aus der Infamia des zu tragenden Holzes. &vft(Jro:nog Kv(Jr¡valog ein aus dem judenreichen Ki rene in Lib a Penta olitan · , J:IDle oder rose , der wol nicht erst zum Paschafeste nach Jerüsalem gekommen war, sondern sich dort schon geraume Zeit aufgehalten hatte; denn di.!,. Kyrenii.er hatten nach Act. 6, 9 iB. Jerusalem eine eigene Syna.goge, und vermutlicll - nach Mrc. 15, 21 vgl. mit Rom. 16, 13 zu schlieBen - ein .Anhiinger Jesn wru: - V. 33. Der Richtplatz hieS I'o).roftii, welches samtliche Evangelisten X(Javlov •Ó:nog' Luk. genauer K(!avlov erkliiren: ~t oder Scbadel d. i. das hebr. n?~~~ in dor ararn Fotm ~r;i~~?( (mit ausgestoBenem °!i} Schadel. Woher der Platz diesen Namen erhalten, ist streitig. Na.ch Bie1·on. u. Luther nehmen die Meisten an: von den dort befindliehen oder richtiger gesagt in der
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Ma.tth. XXVII, 38. Erde verscharrten Schli.deln der Hingerichteten; .Andere mit Cyr. Hie1·os. von der Gestalt des Hügels (Beng., Paul., Lücke, de W., Bl., Weiss, Keim u. A. llie leztere Annahme hat mehr War..s..c.beinlichkeit als die erste, besonders wenn man erwagt, da.B das Kopfen (Enthaüp:. ten) keine bei cien Juden übliche Todesstrafe war, somit die Vorstellung, den Hinrichtungsplatz nach dem Kopfen zu benennen, den Hebriiern forne lag. Irrig ist übrigens die in der kirchlichen Tradition gangbar gewordene VorsteJluug von der Schiidelstatte als einem Hügel, der von seiner Form, analog dem Vorgebirge KerpaJ..ai bei Strab. XVII, 3 den Namen Kopfoder Schadel erhalten hii.tte. Ansprechender ist die Arisicht von Furrer, welcher Palastina und Jerusalem bereist hat, in Scllenk.'s Bibellex. 11, 506, daB ,wir uns unter Golgotha wol eine Felsbank zu donken haben, welche durch Hache Wolbung aus dem umgebenden Terrnin sich heraushob, einer breiten zu Stein erstarrten Meereswelle ii.hnlich, von der morgenlii.ndischen Phantasie mit einem kahlen Schii.del verglichen'. - Viel streitiger ist auf den heutigen Tag die Lage von Gqlgotha. Die bis 'ins 4. Jahrh. hinaufreichende Tradition sezt den Calvarienberg mit dem heil. Grabe an die Statte, wo die heilige Grabeskirche erbaut ist, innerhalb des heutigen Jerusalem. Aus dem N. Test. erhellt dil.rüber nur so viel klar, daB Golgotha auBerhalb des damaligen Jerusalem lag (Mtth. 27, 32 f. Mrc. 15, 21 f. Joh. 19, 17. Hebr. 13, 12). Die Entschoidung für die Richtigkeit der kirchlichen Ueberlieferung hlingt also von der Frag0' ab, wie weit damals Jerusalem sich nach NW. hin erstrekt hat, ob die sogenante zweite Mauer, welche die Unterstadt gegen Nordwesten und Westen umgab und begren:i¡te, ostlich von der jetzigen Grabeskirche vorbeilief, so da8 das Terrain der Grabeskirche auBerhalb der damaligen Stadtmauer lag. Nachdem schon im vorigcn Jahrh. /lorte die Richtigkeit der kirchlichen Tradition bestritten hatte, suchte sie in neuerer Zeit hauptsachlich Robinson (Pal. 11 S. 268 ff.) als unhaltbar nachzuweisen und seine Ansicht gegen die Einwendungen von Williams (the lwly city), Scllulz (Jerusalem), Krafft u. A. aufrecht zu halten in ,Nene Untersuchungen üb. d. Topograpbie Jerusalems' 184 7 u. ,Neuere bibl. Forschungen' 1857 S. 332ft'. Allein wie wenig es bis jezt gelungen ist, die Frage zur Entscheidung zu bringen, das lii.Gt sich schon aus dem Gestii.ndnisse schliefien, welches Fun·er, der in seinen Wanderungen durch Palii.stina 1865 sich gegen die Richtigkeit der Tradition erklart hatte, vier Jah:re spii.ter in Scl!enk.'s Bibellex. a. a. O. abgelegt hat, daB eine erneute selbstandige Prüfung der Frage bei vielfach vermehrten · wissenschaftlichen Hilfsmitteln ihn bewogen habe, zum Golgatha der Tradition als im ganzen richtig zurückzukehren, wcil wir hinlangliche Beweise dafür zu besitzen scheinen, da6 die zweite Mauer ostlich von der Grabeskirche sich hingezogen habe. 1 1) Sehr beachtenewert ist auch die Bemerkung deSBelben a. a. O.: ,Man darf beim Studium dieser Frage niemals vergessen, dall die Stadt der Juden ibren Schwerpunkt im Tempel batte und d1J.Dach ihr Krystallisationsproze8 sich richtete, w1i.hrend das christliche Jerusalem \welehes seit Konstantins Zeiten
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Matth. XXVII., SS.
V. 34. ·vor der Annagelung an das Kreuz war es jüdische, nicht romiscbe Sitte, zur Linderung der Scbmerzen einen betliubenden Trank zu reichen, vgl. Light(. ho1·. ad h. l. 1 Eínen solchen Trank reichte m11n auch Jesu, na.ch Mtth. Wein mit Galle gemischt, nach Mrk. EúµvQvtaµ6vov olvov mit Myrrhe ~ersezten Wein. Statt 3gor;; (nach ANI'Llil al.) bieten ~BJ)f{L al. oívov, welches Tiscli. 8 recipirt hat, da o§;or;; wol nur durch Vergleichung mit der zu Grunde liegenden Stelle Ps. 69, 22 in den Text gekommen ist. Das Wort xol~ wird in der LXX nicht blos für U:N"i bittere, für giftig gehaltene Pfl.anze, sonflern auch für n~~~ Wermut (Prov. 5, 4. Thren. :3, 15) gebraucht und bedeutet auch in Ps. 69, 22 nicht Galle, sondern Wernmt. Hiernach geben beide Evangelisten dasselbe Getrank nur mit verschiedener Bezeichnung an. Das Getrll.nk war sauerer mit irgend einem Bitterstoffe gemischter Wein. Jesus, als er ihn gekostet, trank ihn nicht, weil er mit klarem Bewufitsein sein Lebe.n am Kreuze ausbauchen wolte. - Die Kreuzigung wurde gewohnlich so executirt, da6 man zuerst das Krenz aufrichtete, dann den Verurteilten entkleidet2 mit Stricken soweit in die Hohe zog, da8 der Korper nuf einem in der Mitte des Pfahls ange~rachten hervorragenden Pflocke, der zwischen den Beinen durchging, ruhte, worauf die Hande, sodann die Fü6e mit spitzen eisernen Niigelu Wahrend der 4urchbohrt an das Kreuz fest; angenagelt wurden. 3 Kreuzigung sprach Jesus (nach Luk.): Vater, vergib ihnen, denn sie eutstand) seinen Schwe1'.Punkt in der Gra.beslrlrche gewa.nn, wodurch mit innerer Notwendigkeit eine wesentliche Verii.nderung der einstigen Sta.dtverhii.ltnisse erfolgen m~te'. - Zur Uebersieht über die neueren Verhandlungen über.die La.ge von Golgotha und über den gegenwiirtigen Stand dieser Frage vgl. Winer, bibl. RW. I, 436 ff., Lan.<1er1., d. lezten Lebeustage Jesu S. 3G3 ft'., .Arnold, heil. Grab in Htrz.'.~ Realeucyld. V S. 296 ft'. u Zion ebdst. XVIII S. 648 :ff. u. Puri·t1· im Bibellex. a. a. O. - Alles was in alterer Zeit über Golgotha geschrieben worden, hat 'lobler in der Schr. Golgatha u. s. Kirchen. Na.eh Quellen u. Anschau; mit Ansichten u. Pli!.neu. St. Gallen 1851. zusammengetragen. 1) Babyl. Sanhedr. fol. 43, 1: P1·odeunti ad .füpplicium capitis potum dedet·1.mt, gi·anum tlm1·is in poculo vini, ut turbaretui· inlellectu11 ej'us. 2) Die Entlcleidung schliellt eiue Bedeckung der Schaamteile nicht a.us. Nach Sanhedr. c. 6 l1al. 3 bei Lig11if. l. c. fa.nd bei der steinigung eine gewisse Bedeckung statt: Denuda11t vestibu.,, viru.mg_ue tegunt a parte p1·iori (i. e. pudenda), foeminam'lue et a priori et a posteriori. Haec sunt verba R. Je hudae. .At Sapientes dicunt: vir lapidatur nudu.~, at foemin.a non nuda. Bei den Heiden galt nach .frtemido•· 2, 2.3: rvµvol aiavpo?•v..at. Aber bei dem vagen Gebra.uche des W. ')'Vµvú, ist damit eine Bedeckung der pudenda uicht ausgeschlossen. Ansführlich hat La11_qen a. a. O. S. 304ff•. diese Frage eriirtert. 3) Um das Wunder der Auferstehung zu beseitigen und in ein Erwaehen aus dem Scheintode zu verwandeln, hat na.ch dem Vo1·gange von Clen"c. zu Job. 20, 2i und Dathe zu Ps. 22, 7 der Heidelberger l'
.Matth. XXVII, 35-39.
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wissen nicht was sie thun. - V. 35. Nach Beendigung dieses Geschaftes verteilten die Soldaten, welche die Execution besorgt hatten, die Kleider der Gekreuzigten unter sich, naeh üblicher Sitte, wie Mtth. Mrk. u. Luk. nur kurz erwlihnen, dabei aber der Anwendung-des Los~ gedenken. Ausführlicher berichtet darüber Johannes 19, 23 f. mit dem Nachweise, wie dadurch die Weiaagung Ps. 22, 19 erfült worden. Der Zusatz iva :nJ..r¡pw1'Jr¡ ,,;o <)r¡f>f:v xd. im Elzevireschen Texte des Matth. ist unecht und aus Job. 19, 24 in einige Minuskelhdschr. u. Versionen gekommen. - V. 36 f. Die Soldaten sezten sich alsdann beim Kreuze nieder, Wache zu halten. Weiter berichtet Mtth. in Uebereinstimmung mit Mrk. u. Job., da6 roan über dem Haupte des Gekreuzigten, d. b. oben am Kreuzespfo.ble die Ueberscbrift anbrachte: ,,Dieser ist Jesus, der K{}nig der Juden". AÜs dem bcs{Jr¡xav lii.Bt sfoh nieht schlieBen, daB die Soldaten, nachdem sie bereits das Geschfift der Krenzigung beendigt, die Kleider verlost und sich znm Wacbebalten bingesezt hatten, noch nachtraglich die Anheftung des titulus vollzogen (Mey.). Eben so wenig steht in Job. 19', ·19, daB der· titulus vor Aufrichtung des Kreuzes angebracbt worden sei. Dies ist zwar moglich, ja warscheinlich, wird aber von keinem der Evangelisten bestimt angegeben, weil für die Sache von keinem Belauge. Das Snbject von ÉxÉ{h¡r.av ist unbestimt: diejenigen deren Geschi:tft es war. Das Genauere uber die Ueberschrift und den AnstoB, welchen die judischen Oberen an der Fassung derselben nahmen, s. bei Joh. 19, 19-22. - Auch die Notiz v. 38 über die Kreuzigung zweier Missethii.ter mit Jesn, einen zur Rechten, den andern zur Linken, ist nur kurz berührt, als eine gottliche Fugung, wodnrcb das Scbl'iftwort Jes. 53, 12 erfült wurde, wie Jesus vor seinem Leiden den Jüngern vorausverkündigt hatte (Luc. 22, 37). - Die Anführung dieser Erfüllung bei Mrk. v. 28 ist nach den kritischen Zeugen nicht für ursprünglich zu halten, sondern erst spater aus Luc. 22, 37 in den Text des Mrk. gekommen. V. 39-44. Die Verspottung Jesu am Kreuze. An dicser beteiligten sich Alle: die Vorübergebenden (v. 39 u. 40), die Hobenpriester, Schriftgelehrten und Aeltesten (v. 41-43}, endlich auch die mitgekreuzigten Schli.cher (v. 44). · Luk. erwli.hnt zuerst das Volk überhaupt samt seinen Oberen (v. 35), sodann 'v. 36 die Kriegsknechte, die ihm Essig zum Trinken reichten und dabei sprachen: wenn du der Konig der Juden bist, so rette dich. Damit meint Luk. nicht die Darreichung des bitteren Trankes vor der Kreuzigung, sondem den Spott, welchen Matth. in v. 49 nach dem Ausrufe Jesu: Mein Gott, mein Gott u. s. w. (v. 46) andeutet. Endlich v. 44 erwahnt er den Spott vonseiten des einen Mitgekreuzigten, uebst der Zurechtweisung, die derselbe vom anderen Sch!l.cher erhielt, was Mttli. übergangen bat,-weil ihm das Zeugnis, wclcbes Gott für Jesu Unschuld und Gottessohnschaft v. 43 u. 51-53 ablegte, für den Zweck seines Evangelimns hinreichend erschien. :- V. 39. Die Lasterung der Vorübergebenden (naQaXO(ISV<>µE'vwv) .zeigt, daB die Kreuzignngsstatte an der LandstraBe lag. Es war romische Sitte, den Executionsplatz mit seinen Abschreckungen
584
Matth. XXVII, 39-'-'14.
den Augen des Volks zuglinglich zu machen, und ihn vor die Thore an oft'entliche Strafien zu verlegen. - Die Verspottung bezeichnet Mtth. mit fJJ.aa
l!fatth. XXVII, 45.
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nabme in sein Reich bat und die trostliche Zusage seiner Bitte erhielt. Dies erwahnt Luk. v. 40-43, weil es seinem Plane entsprach, Jesum als den Heiland darzustellen, welcher die Sünder selig macht. V. 45-50. Todeskampf und Tod Jesu. Vgl. Mrc. 15, 33-37. Luc. 23, 44-46 u. Job. 19, 25-30. V. 45. ,, Von der sechsten Stunde an ward eine filnsternis ii.ber das ganze Land_ bis zur neunten Stunde". -Nach Mrc. 15, 25 war es die dritte Stunde, als man Jesum kreuzigte, d. i . .9 Uhr Vormittags, als die Kreuzigung vorgenommen wurde. Die ~Stunde ist die Zeit vonj J-12..llbx; das~ dieser Stunde an verwehrt, den Termin erst ans Ende dieser Stunde d. i. um l 2 Uhr Mittags zu setzen. 1 Jesus hing demnach schon zwei volle Stunden und darüber am Kreuze, als die Finsternis eintrat, welche ~ Stunden, also ~s gegen 3 Uhr Nachmittags wa.hr.te. In die beiden 1) Mit diesen Zeitbestimmungen steht die Angabe Job. 19, 14, da~ Pilatus um die sechste Stunde sich auf den Richterstuhl sezte, um das Todesnrteil ülier Jesum zu fallen, in unausgleichbarem Widerspruch, wenn diese Angabe, wie meist angenommen wird, nach jüdischer Stundenzahlung gemacht ist. Alle Versuche, von dieser V oraussetznng aus die Differenz auszugleichen sind willkürlich und gezwungen. Dagegen lOst sich die Differenz in Harmonie auf, wenn die sechsle Stunde (bei Job.) nach romischer Stundenzahlung gerechuet, die Zeit um 6 Uhr lforgens ist. Diese Ansgleichung ist nicht blos zuliissig, sondern lii.ISt sich auch vollstiindig rechtfertigen. Wiesele1· hat in d. ,Beitrli.gen' S. 252 ff. aus Strabo ll c. 34 f. u. den epütolae des jüngeren Pliniu.~ (Ill, 9. IX, 36) nachgewiesen, da!S mit der Herschaft der Romer der bürgerliche Tag, dessen Stunden die romischen Priester nach Plin. hist. nat. JI, 79 von Mitternacht datirten, in Kleinasien zur Geltuug kam, so dalS um das Ende des ersten Jahrhnnderts, als Johannes für die dortigen Christen sein Evangelium verfa!Ste, jene Stnndenzahlung nicht bezweifelt werden kann und sich ihm mit Rüksicht auf seine Leser und wegen ihrer groAeren Genauigkeit empfahl. Ferner hat ~ ,über die Differenz zwischen Joh. 19, 14 u. Marc. 15, _25' in der Ztschr. f. luth. Theol. von Rud. u. Guer. 1868 S. 450 :ff. einleuchtend gezeigt, dalS im Evang. des J ohannes, 1 wo nicht vom gewohnlichen Arbeitstage die Rede ist, die Tagesstunden nach ¡;§mischer StundenzjhlyngJDgegehen sind. - Der Einwand aber, da!!>, wenn man Morgens 6 Ufu verstehe, zu wenig Zeit für die gerichtlichen Verhandlungen übrig bleibe, zumal wenn wir mit dem Ev. Luc. die Sendung zn Herodes erganzen (Lth.), erweist sich bei naherer Betrachtung als nicht stichhaltig. Das Paschamahl mit den Reden Jesu Joh. 14-17 wár ohne Zweifel so zeitig vor Mitternacht zu Ende, dal1 J esus um Mittemacht schon nicht nnr seinen Leidenskampf klimpfen, sondern anch gefangen genommen werden konte. Denn als der Hahn znm ersten Mal krahete, wurde er bereits vonHanuas verhort(Mrc. 14, 68) 1.llld beim zweiten Hahnenkrahen in der dritten Nachtwache, etwa gegen 5 Uhr Morgens war das Verhor vor dem Synedrium bereits beendigt (s. zu 26, 75) und in der Frühe (newt d. i. vor Tagesanfang, also noch vor 6 Uhr Morgens wurde Jesns schon dem Landpfieger Pilatus überliefert, wie Mtth. 27, l. Mrk. 15, 1 u. Luk. 22, 26 in Uebereinstimmung mit Joh. 18, 28 berichten. Die Verhandlang vor Pilatns aber wird nicht so lange gedauert und auch die Sendung Jesu zu Herodes, selbst wenn derselbe nicht in dem Palaste, in welchem das Pratorium war, wohnte, nicht so viel Zeit in Anspruch genommen habeu, dalS nicht gegen 9 Uhr Morgens schon Jesus zur Kreuzigung abgeführt werden konte. In 3 Stunden, etwa von 5'h- 8 1 2 Uhr konte die Verhandlung bei Pilatus inclus, einer Stunde für die Sendung Jesu zu Herodes beendigt sein, da die Hohenpriester wegen eles bevorstehenden gro~en Sabbats die Sache moglichst zu beschleunigen gesucht haben werden. ·
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Ma.tth. XXVII, 45.
ersten Stunden fil.It die Verspottung, die Jesus von den Vorübergehenden, den jüdischen Oberen und dem einen Schacher erfuhr. Wahreud dieser Zeit schwieg er, auBer dem Worte, das er bei der Kreuzigung gesprochen, und der Zusage, die er dem frommen Mitgekreuzigten erteilte. Mit dem Eintreten der Finsternis am Mittage werden wol die VerhOhnungen aufgehOrt ha ben. Bei ar.Ó"Z"og kann nicht an eine S.an~ gedacht werden, nicht blos· aus dem schon.,von Orig. angeführten Grunde, weil zur Zeit des Vollmonds, !n. dje das Pascha fiel, eine gewohnliche Sonnenfinsternis nicht eintr'eten kann,. sondern q,uch schon deshalb, weil Mtth. u. Mrk. kein Wort über Verfinsterung der Sonne sagen, und Luk. ausdrücklich die Verdunkelung der Sonne als eine Folge des eingetretenen úr.Ó'tog darstelt, darnach also die eingetretene Finsternis das SonnenlichL'\\er-dunkelt!Q nicht aber durch Ver-. dunkelung des Sonnenlichts die Finsternis entstand. 1 Es war ,eine !!JJBer-0ro~, wunderba.re Verfinst~, ejne__giiJ;tlicbe Ze-i.chell~ache in der Natur', wie 1Jiey. richtig anerkent, aber diese Zeichensprache nach weitverbreiteter Ansicht unrichtig a.ls ejn Trauern rlmErdc über den schmahlichen 1'~d..des Gottegsobnes deut.et. Diese Deutung, welche Olsh. so ausgeführt hat, ,daB auch die Natur die Erhabenheit des Moments mitzufeiern schien, daB mit dem Herrn der Natur die SchOpfung selbst gelitten habe, und daB dieselbe um den Vorgang auf Golgatha gleichsam den Schl i er Na.cht breite, BID das vecbrechen zu e ~', hat Steinm. S. 220 f. mit Recht al!.eine poeUsch romantisclie Betrachtim.g bezeiclmet, für welche man in der Schrift keillen Halt finde, und hat die Bedeut1mg. dieser wunderbareu Erscheinung aus den Stellen der Schrift erlautert, in welchen Jesus sich als das Licht der Welt darstelt und als das Licht der Weít bezeichuet wird, wie nicht allein im Ev. Joh. 8, 12. 9, 5. 12, 46. 1, 4. 9 u. a., sondern auch'im Ev. Luc., wo Zacharfas des heil. Geistes voll die Erscheinung Christi als 9.lillrn2'9 füpm~. 8xupiivat 'Z'OÍ~ BV axÓ?:lit "·
es
1) Dios hat aueh Hng.,tb. nicht bea.chtet bei seiner Deutung ,der Verfi11sterung der Sonne' {to a1'Ót:oi;) als Realerldarung des Zomes Gottes über Israel, als Ankündigung des Geriehts, welehes sie durch die Kreuzigung ihres Konigs a.uf sich la.den, und der Begründung
Matth. XXVII, 46.
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wo er bingehet". Diese Warnung haben sie verschmaht. ,Indem Jesus stirbt nach ihrem Willen, durch ihre Hand, ist das Licht der Welt für file erloschen und das Hollendunkel wird die SYttte ibrer-W-filinung. Eben dies drükt sich symbolisgll in der Finsternis ab, die sich ausbreitet über ihr Land wli.hrend der Stunde ihres traurigen Triumphes, eines Triumphes, welcher bald den Rückschlag erfuhr: ihr werdet mich suchen und nicht finden kOnnen; denn wo ich hingehe, da konnet ihr nicht hinkommen' (Steinm.). Iláaav 7:~V r~v ist nicht die ganze Erde, die Matth. 24, 14 mit OA?J f¡ olxovµÉv?J bezeichnet, sondern da~ ganze (jü.discli6}-.Land. Die Finsternis war ein Zeicheu 1 mit weklhem Gott dem jli.ilischen -lT..olke den...'.I'-Od--.se.ines Sohnes deutete. - V. 46. Um die neunte Stunde schrie J esus auf mit lauter Stimme: ,,Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich vcrlassen l" Mtth. u. Mrk. teilen den Ausruf in der aramaischen Sprache mit, welche Jesus redete, um den Anl¡i.ll zu dem Spotte erkennen zu lassen, in welcben die Umstehenden diesen Schmerzensruf des Heilandes verdrehten. aaf3ax-&avl ist das aram. ~~tJJ?::au? = dem hebr. ~~~~!~. Die Worte sind aus dem Anfange des 22. Psalms, und im Munde Davids Ausdruck des Ringens der· Seele mit dem Gefühle des Verlassenseins von Gott im UebermaBe der Leiden, die über ihn hereingebrochen sind und ihn dem Tode nahe gebracht haben. Dall die Frage: warum hast du mich verlassen? nicht Rede der Verzweifelung eines von Gott Verlassenen ist, das zeigt schon die Anrede: mein Gott, in welcher der Klagende ja Gott noch als seinen Gott anruft, sich also der Gemeinscbaft mit Gott noch bewuBt ist. Die Frage iva7:l \h~~' ~~~) ist Ausdruck des Befremdens über das Verziehen der gottlichen Hilfe und Rettung aus der Todesnot, in der er schwebt. Im Munde des Herrn kann diese Klage noch weniger Ausdruck der Verzweifelung an Gottes Hilfe sein, oder aussprechen, ,was der Erloser empfand, indem sein Bewu!Jtsein der Erfaltrung mit Gott augenblicklich den zum hOchsten Punkte gelangten Leibes- und Seelenleiden gewichen und ·ein momentánes Nichtempfinden der gottlichen Lébensroacht in ihm eingetreten war' (Gess, ll!ey.). Nachdem Jesus in Gethsemane im Gebete mit Gott gerungen und den Kampf siegreich bestanden hatte, ist ein solches Zurücksinken in eine überwundene Stimmung bei ihm, der mit klarem BewuBtsein nicht blos dem Tode, sondern dem schmerzlichsten Todesleiden entgegenging, psychologisch schwer dCnkbar, und ist von Steinm. als nicht zum Ziele führend mit Recht abgewiesen worden. Die Gottverlassenheit, über welcbe der Herr klagt, kami nicht anf einem momentanen Fühlen und Empfinden beruhen, sondern muS in e~ner objectiven Thatsache begründet sein. Diese Thatsache lmnn auch nicht in der Ueberlassung Jesu an die gottfeindliche Gewalt der Welt (Hofm.) bestehen, denn die gottfeindliche Macht der Welt hat der Erloser schon in Gethsemane überwunden; sie kann nur in dem Eintreten des Todeskampfes, fo. dem Ringen mit dem Tode beruben. Da ffihlte sich Jesus von Gott verlassen und sprach in diesem Klagerufe die Empfindung seiner Seele aus. Sterben konte er nicht anders, als indem der Vater ihn verlieS und in diesem Verlassen.-
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Matth. XXVII! 47-49.
we.rden vom Yater hat er den Tod und die Bitterkeit des Todes geschmekt.1 Y. 47 ff. Die Verdrehung des,¡;.¡ ?}J.l ~l. in eine Anrufung des Elias entstand nicht aus Mi6verstli.ndnis der W orte, sondern war boshafter Judenwitz und Spott, den man dal1er nahm, daB die Ankunft des Elias vor der Erscheinung des Messias erwartet wurde (17, 9 ff.). Diesen Elias - méinen sie spottisch - b,abe Jesus angerufen und über sein Ianges Ausbleibeu geklagt. - In v. 48-50 ·hat Matth. den weiteren Verlauf der Dinge kurz zusammengezógen. - Daraus, da~ na.ch v. 48 einer der Umstehenden, den Angstruf Jesu würdigend, Mitleid empfand und. eine Erquickung bringen wolte, wahrend die Uebrigen spotten, nach Job. 19, 28 Jesus seinen Durst ausdrücklich ausgesprocben hat, nach Mrk. 15, 26 der Trltnkende zugleich der Spottende war, zieht Mey. den SchluB, daB in diesen Abweichungen eine Trübung der Ueberlieferung anzuerkennen sei. Aber die angef. Stellen ergeben nur dann eine solche Differenz, wenn man den Ausruf oupw bei Joh. irrig deutend als ein Wort faBt, welches Jesus gesprochen habe, damit die Schrift erfült werde (namlich den Satz iva ·uJ.uwO.'fl ~ y(>arp~ als Vordersatz mit dem folgenden Uyu · ot1pw verbindet) - eine Auffassung, die Luth. im Oomm. z. d. St. und Steinm. S. 208 ff. als unhaltbar nachgewiesen haben. Nach der richtigen Auffassung von Joh. 19, 28: da Jesus wuBte, da[) nun alles vollendet sei, damit die Schrift vollendet _würde, sprach Jesus .. , war alles, was na.ch der Schrift vollendet werden solte mit dem Ausrufe: mein Gott, mein Gott u. s. w. vollendet¡ und das bald dararif folgende Wort: ,,mich dürstet", hat Jesus nicht gesprochen, um eine WeiBagung der Schrift (Ps. 69, 22) zu erflillen, sondern um, bevor er seine~ Geist aufgab, die Qual des brennenden Durstes zu rnildern; und Johannes erwahnt das V"erlangen nach einem érquickenden Tranke zum Beweise, daB Jesus mit Freiheit aus seinem Leibe und desson Leben schied, indem der Trank etwas war, das nicht dem Sterben sondern der Lebenserhii.ltung diente·(Lth.). Hat aber das Oi~w nur diese Bedeutung und sprach der Herr dasselbe bald nach dem Rufe: Eli, Eli u. s. w., so konten Mtth. u. Mrk. es übergehen· und sich auf Mitteilung des Factums der Trankung rnit saurem Wein samt dem Spotte, wozu dieselbe Veranlassnng gab, beschranken. Das Factum selbst aber wird nur erklarlich, wenn Jesus nach einem Tranke verlangt hatte. Wie wlire sonst jener Mensch darauf verfallen, ihm 1) Vgl. Steinm. S. 206 mit der weiteren ErliiuterungS. 20í: ,Allerdingsist der Stachel des Todes die Sünde, na.mentlich die Sünde, sofern sie ihre .M.a.cht vom Gesetze empfli.ngt (1Cor.15, 56). Und da derHerr in Gethsemane die Sünde der Welt auf sieh genommen ¡&µ«(!tfo vn6f? ~µwv noir¡{fei>), da cr dieselbe a.uf da!! Kreuz getragen (icata(!« fine(! f¡µrñv yEvÓ,ut""º'), so hat er im Stcrben ohne l'rage dies xivt(!ov ~cmh:av gefdhlt. Allein 'veil diese Sünde seiner Person doeh immer ein Fremdes war (xrueir lrµa(!riai;), weil das Gesetz diesclbe nie in ihm erregt und da.rum übcrhaupt auch niehts an ihm gehabt (01~" ilziv iv m'>i;q) oMiv im Sinne von Joh.14, 30¡: so konte nur ein ausdrücklicher, in dem EJ''"'" r a l. ei 11 Etll sich vollzielumder Golte.~wille ihn dem anhcimgeben, der des Todes Gewalt unter Vermittlung der Sünde besa8'.
Matth. XXVII, 49-51.
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ejnen Trank zu reichen? Der Ruf: mein Gott, mein Gott, gab dazu k~~ne Veranlassung. Mrk. gibt 15, 36 als Absicht an, warum jener Jesum trankte: er wolte sehen, ob Elias komme, ihn zu befreien. ,Er wolte also Jesu das Leben fristen, um diese Befreiung zu ermoglicheil, natürlich in spottischem Sinne (Luc. 23, 26); vgl. Liclztenst. Leben Jesu S. 453 u. Lth. zu Joh. 19, 29. - Matth. hielt es nicht für notig die Absicb~ des Kriegsknechtes bei der Reichung des Trankes ausdrücklich zu erwahnen. DaB man Jesum damit verspottete, ergab sich aus dem was die Anderen sagten. Das &rpds des J\'.!.rk. sezt das aqm; des Mtth. voraus¡ es. verlangt notwendig, daB jemand dem Redenden hindernd entgegengetreten war. ogoc;; ist saurer Wein, die posca der romischen Solda.ten. Ein GefáB mit diesem Getrii.nke stand in Bereitschaft, zunachst für die wachehaltenden Solda.ten, wol auch zugleich für die Gekreuzigten, die immer unsaglich an Durst litten. Dies Ieztere erhellt daraus, daB auch Schwamm und Rohr, doch wol nur für diesen Zweck, zur Hand waren. Der "álaµoc;; war nach Job. v. 29 ein Ysopstengel, der 1 bis 1112 Ellen Liinge hat, so daB man mit einem an das Ende des Stengels bcfestigten Schwamme bis an den Mund do~· Gekreuzigten reichen konte. llq;sr; la/J ist abwelirend. Wir wollen sehen, ob Elias komt zu retten. - V. 50. ,,Jesus rief wiederum (Jláltv auf v. 46 zurückweisend) mit lauter Stimme und gab den Geist auf". Was Jesus gerufen, sagt Luk. 23,' 46: ,, Va.ter, iri deine Haude befehl ich meinen Geist". Nach Job. 19, 30 hat Jesus noch zuvor, gleich nachdem er den Trank genommen, gesprochen: -r:8'1:élEó-r:at vollbracht ist se. mein Werk, das Werk der Erlosung. - Von dem Verscheiden gebraucht Mtth. den Ausdruck: dq;~xs -r:o :wEi5µa er entlieB den Geist¡ Job.: :mxr¿f.ówxs -r:o Jlvevµa er übergab den Geist dem Vater. Beide Ausdrücke besagen, dafi Jesus in freier Macbt sein Leben hingab. . V. 51-66. .Die Ereigniise nach Jesu Tode und sein .Begrabnis. Vgl. Mrc. 15, 38-4·7. Luc. 23, 47-·56 u. Job. 19, 31-42. - Ueber die Ereignisse nach dem Tode Jesu gibt Mtth. den vollstandigsten Bericht. Wahrend Johannes nur die Abnahme vom Kreuze und das Begrii.bnis umstiindlicher erzi.i.hlt, Mrk. u. Luk. nur das ZerreiBen ª~s Vorhangs im Tempel (Luk. v. 45), den Eindruck, welchen Jesu Tod auf den wachehaltenden heidnischen Hauptmann machte, die Anwcsenheit der galilaiscben Frauen und die Bestattung des Leichnams erwahnen, bat l\'ltth. auBerdem die Kunde von dem Erdbeben und der ErOffnlmg der Grabar nach dem Verscheiden Jesu (v. 52 u. 53) und von der Versiegelung und Bewachung des Grabes auf Antrag der Hohenpriester und Pbarisii.er (v. 62-66) überliefert. V. 51-53. Die beiden, den Tod des H!~rrn begleitenden wunderbaren Vorgiinge; das Zerrei8en des Vorbangs im Temp.fil und das Er!Ibebcn mit seinen Folgen, si!!d svmbolis_che Tbatsa.chen, d~ Gott Zeugnis von der welthistorischen Wirlmng_des Todes semes Sohnes gab, d~n Juden zuro Sebrecken, d~ Jüngm-n Jesu zur Starlrnng des Glaubens. - Der Y.m:hang des 'l'empels, welcher von oben bis nnten in zwei Stücko_.ZfI.lill, ist der _. Vorhang zwischen dem Heiligen und Aller-
590
Ma.tth. XXVII, 51.
heiligsten des TempelbaJJSes, welcher den Einblick in das Allerheiligste Y.eI:hiiJlt,e und d~g znr Statte des gottlichen Gnadenthrones ver-
dekte. To -xa-r:anh:a
1
Matth. XXVII, 52. 53.
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Das Erbehen der Erde, die Spaltung der Felsen und die Oeffnung oder Aufdeckung der Grabar gehOren zusammen. Die Erschütterun"' der Erde war so gewaltig, da.B Falsen barsten und Graber, die bei de~ Juden hiiufig in Felsen eiugehauen waren, blos gelegt wurden. Dem Erdbeben (mit Steinm. S. 224 f.) einen selbstiindigen Wert beizulegen als ,symbolische Darstellung der µe,;á{J-E
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Matth. XXVII, 53.
Erstandenen ist lKor.15,20. Kol.1,18. Damit steht dieAuferweckung des Lazarus nicht in Widerspruch, denn er wurde in das irdischo Leben zurückgerufen und starb wieder. Dagegen die Heiligen, welchc . nach Jesu Auferstehung aus den Grabern hervorgingen, sind mit geistigen Leibern erstanden und nicht wieder dem Tode anheimgefallen, sondern sind in das himmlische Jerusalem eingegangen, in die Gemeinde der Erstgeborenen und der Geister der vollendeten. Gerechten aufgenommen wordeu (Hebr. 12, 22). Ihr Erscheinen in der heiligen Stadt hat nur dio prophetische Bedeutung, denen welchen sie erschie; nen den thatsachlichen Beweis zu lieforn, daB nachdem Christus von dem Tode erstanden ist, durch ihn allo Glaubigen werden auferwekt werden .. Die Jto2J..ol, denen sie erschienen, sind nicht unglaubige Juden, sondern glaubige, die in Jesu den ErHíser Israels erkant hatten. Jerusalem heiBt áyla nól.tg wie in 4, 5 wegen des in ihr befindlichen Heiligtmns; dort im Contrast gegen das unheilige Unterfangen des Teufels Jesum zu verführen, hier in unserem V. als Scbattenbild des bimmlischen Jerusalems, der Stadt des lebendigcn Gottes. Auch die Bezeicbnung der Auferwekten als aytot ist ·gewahlt, um síe als echte Glieder des zum heiligen Volke Gottes berufeneu Israel den entarteten Gliedern dieses Volks, den Juden, welche Jesum geti:idtct haben, entgegenzusetzen. An diesen wunderbaren Ereig.nissen hat die neuere Kritik Ansto~ genommen; Radicale Kritiker (Schleierm., Sü·aus.~, Schollen, Keim u. A.) haben sowol das Zerrernen des Vorha.ugs als auch das Erdbeben und die Oeffnung der Graber sa.mt der Auferstehung und Erscheiuung der Heiligen in das Gebiet der dichtenden Sage verwiesen; die gemiifügten Kritiker aus Schleierm.'s Schule ha.ben nur die Auferweckung der Heiligen teils für sagenhaftes Gebilde der Ueberlieferung ausgegeben, teils.in ,das Leben der Verstorbenen verbürgende Gesichte' (Visionen) umgebildet (so nicht nur Miclt.; Paul., Kuin. sondern auch Hug, Steudel, Krabbe, Bl. u. A.). Dagegen hat bereits Mey. über das Zerrernen des Vorhangs bemerkt: ,Die 7'/tatsache der gottlichen Symbolik zur symbolischen Sage zu wandeln ist um so weniger Grund, da weder eine Weillagung des A. T. noch der jüdische Volksglaube zu einer solchen Sagenbildung die Hand bot. Die Sage veranderte vielmehr das ZerreiJ>en des Vorhangs in das Derbere und .A.uffallendere: Supe,.limina1·e {die Oberschwelle) templi injinitae magnitudinisfi·aclum es.~c atquc divisum. Evang. sec. liebi·. bei llieron. Dar Gedanke dieser Sage war die Ze1·sti:irung des Tempels'. - Auch das Erdbeben und das Oeffnen der Graber halt Mey. für gottliche Symbolik der durch Jesu Tod vermittelten künftigen Auferstehung seiner Glaubigen, meintjedoch, da!!. dieseBedeutUDg des gottlichen Zeichens, welches verstandlich genug und gerade ohne weitere Zuthat dem Wesen eines Symbols entsprechend genug war, sich unter der plastischen Fortarbeit der Ueberlieferuiig in die weitere Geschichte: Ilol.J.a uwµam Twv xsxotp.. &yícov riri(J{}-11 etc. verwandelt l1abe. - Ueber diese der ne~ gativen Kritik gemachte Concession bemerkt aber Steinm. S. 326 sehr_richtig, da!!. er keinen Grund sehe, sich zu ihr herbeizulassen. ,Die Eroffnung der Graber für sich allein ware eine unverstanclliche Symbolik gewesen; erst durcl1 den nachfolgenden Zug trat díe Bedeutung derselben in das Licht. Ferner Mugen
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Mattb. XXVII, 53-56.
die beiden Zeichen: das Zerremen des Vorba.ngs uud das Erdbeben mit aeinen Wirkungen und Folgen zusammen. ,Beidea zusammen bedeutet, da~ mit dem To-de Jesu der Zugang zu Gott und der Ausgang aus dem Tode eroffnet ist' (Hofm. a. a. O. S. 491). Mit Recht betont auch Steim11. a.. a. O.: ,da.6 sieh der Va.ter durch diese ur¡p.e'ía nieht überhaupt zii seineni Sohne, sondern da.11· er sieh zu der Leistung bekent, die de1·selbe nunmehr vollbracht, da~ er das Opfer für vollgültig erklart, welchea vollendet ward zur Sühne der mensehliehen Sünde. Denn eben durch den Opfe;rtod des Herm ist den Menschen der ·drod'or gesehenkt; durch seinen Opfertod ist die Ersehütterung des Himmels (? der Erde) bedingt; ja dtireh eben diesen Tod ist die Macht dem genommen, der da hatte" des Todes Gewalt; der Bann ist gebrochen und Leben und unve1·giingliches Wesen ans Lieht gebraelit'.
V. 54. Vgl Mrc.15, 31.Luc. 23, 47. 48. Auf den r6mischen Centorio und seine Mannschaft machte das Erdbeben in Verbindung mit dem Sterben Jesu.so tiefen Eindruck, daB er das Bekentnis aussprach: ,,Warlich dieser war Gottes Sohn". /J É:x:cci-óvi-a(>XOG ist der beim Kreuze wachehaltende romische d. i. heidnische Hauptmann; ol µei-' ~i-ov ?:t¡Qoiivre~ sind die Kriegsknechte, welche mit dem Haoptmanne die Wache hatten. xal. t'a rivÓµEva und (überhaupt) das Geschehende, die das Verscheiden Jesu begleitenden Vorg!tnge. Das Particip. pras. bezeichnet das noch iu die Gegenwart Hineinreichende, das sie eben gesehen haben (vgl. f{ülmer II S. 117). Mrk. gibt statt dessen an: 8n o&-m "-(Jáscc1,; esfavev<1EV d. h. daB Jesus mit den lauten Ausrufen: Mein Gott, mein Gott, warum u. s. w. und: Vater in deine Hande u. s. w. verschieden sei. ecpoM1h¡úav acpóO(>a sie geriethen seh~· in Fureht, nieht im Gedanken anden erregten Zorn der Gotter (Mey.), sondern in der Ahnung, daS der Sterbende ein Gottessohn, ein überm~hliches Wcsen gewesen sei, die der Hauptmann auch ausspricht. ~ver wa1· dics in seinem Leben. DaB Jesus sich iür Gottes Sobn erklart hatte, lJ!OChte. der Hauptmann von der Verhandlung bei Pilatus her vernommen haben. NachLuk. sprach derHauptmann: ,,Fürwahr dieser Mensch war gerecht". Dies erkante der Centorio klar, wahrend der Ausspruch: ,,Gottes Sohn war er" als Ahnung desselben zu betrachten ist. V. 55 u. 56. Vgl. Mre. 15, 40 u. 41. Luc. 23, 49 . .A.lle drei Evangelisten erwlihnen noch, daB die galilaisehen Frauen, welche Jesu gedient hatten, ihn auch am Kreuze nicht verlassen habeu, sondern von f~rne die groBen Ereignisse ansahen (-8-ECDQEív ansehen, contemplari}. Johannes hat die Anwesenheit dieser Frauen schon v. 25 erwahnt bei Gelegenheit der Nachricht, daB Jesus vor Eintreten des Todeskampfes scine Mutter dem Jünger den er lieb hatte, zur Versorgung und Pflege im Alter übergeben hat. Maria 11lagdalene d. i. aus Magdala (s. zu 15, 39), welche Jesus durch .Austreibung von sieben Damonen gesond gemacht hatte (Luc. 8, 2) ¡ 11faria die Mutter des Jakobus (minor) und ·Joses, der beiden &081cpoí Jesu, bei Joh. ~ ?:OV KJ..w;¡ca Weib des Klopas und áóEJ.g»j d. i. Sehwagerin der Mutter Jesu genant; s. zu 12, 46 (S. 307. Anm.). Die 1Ylutter der Sóhne Zebedai (der Apostel Jakobus und Johannes), deren Namen Salome Mrk. angib~. Die Mutter Jesu Kell, Comm. "· Evangel. lllatth.
38
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Matth. XXVII, 57. 58.
erwahnen Mtth. u. Mark. nicht, schlieBen sie aber auch nicht aus (gegon Schenkel u. Keim), zumal sie ausdrücklich nur von dienenden Frauen reden (Mey.). V. .ó,.'Z.-61. [)~. Vgl. Mrc. 15, 42-47. Luc. 23, 50-56 u. Joh. 19, 31-42. - Ueber die Kreuzabnahme und Bestattung Jesu berichtet Johannes ausführlich,· um nachzuweisen, wie auch dadurch die W eiBagung des A. T. vom To de Christi in Erfüllung ging, wahrend die drei ersten Evangelisten sich auf die Angabe der Haupt\ sache, namlich der Bestattung Jesu durch Joseph von Arimathla-.he; schrauken. - V. 57.~ Als es spat geworden {oiplac; rwoµÉv1Jr;, gemeint ist der s. g. erste Abend, die lezten Stunden vor Sonnenuntergang) kam ein reicher Mann von Arimathi.a., Namens ./.ase¡Jk, welcher auch se]lsun .lünger...Jesu ..geivord~ war, und bat Pilatus~um den l&ib.-Jes,u, worauf Pilatus befahl, daB er ihm gegeben würde. 'A.QtµafTela ist das hebr. C!';t::!~-., mit Artikcl (1 Sam. 1, 1. LXX 'A.pµafiaí'µ), der Qeburtsort Sam11M;, gewohnlich kurzweg ha-Rdma ídie Robe) genant, an der Stelle des heutigen Dorfes er Ram über !..rul,pgr Meilell. nordwestlich yon .Ieru.sal.em., s. m. Comm. zu 1 Sam. 1; l. Die Ortsaiigábe dxo 'A(!tµ. gehiirt zu lúdtr¿.mn~, nicht zu ~2th. Mit r.ai avTor; (et ipse) lµafi'. up 'Ir¡aov wird das Motiv J¡ ervm:gebphen, welches diesen reichen Mann bewog, sich Jesu Leib zu erbitten. Mrk. u. Luk. bezeichnen den Mann naher als einen angesebenen H.a.th¡;herrn (pov1wi-~~ d. i.j\fitg]ied des SynedriUIDS), der (nach Luk.) iW:ht in den :J1ath und das J'hnn jener (der iihrigen.fu:ne.dristeIJ) eing.esti.mt d. h. der Verurteilung Jesu nicht zugestimt hatte. - V. 58. Es war riimische .filtte., die Leichname am Kreuze hangen zu lassen bis sie verweseten und den Raubv1igeln zur· Beute wurden ( Plaut. mil. glor. II, 4, 9. Horat. epist. l, 16, 48); doch durfte auf Ansnch@ den Angebi:irigen die- V..§Iahf.olgung der Leichname zur Beerdigimg nicht yersagt werden Ulpian. 48, 24, 1; vgl. Hug, ·Freyb. Ztschr'. V S. 17 4 :ff. Die jjidischB Sitte hingegeu erforderte alif Grund des Gesetzes I!eut. 21, ~' daB der Gehangte als ein Fluch Gott~nicht über Nacht am Holie h;;ngen zi te a o der · · un.g.. Da 1salle, die Beerdi un d mm Jesus am F~e, der o.b.en~_Jlii.Stt.ag auf den Sabbat im Osterfeste war, gekreuziget worden, ~mu6te .ma.n eile.tl, dio Gekreuzigten n..Q!lh. yor Anbruch des Sabbats mit Sonnenuntergang unter die Erde zu bringen. Daher baten die Juden den Pilatus um das f;J;Uri:: ~ der Gekreuzigten, da..s-Z.ersQhmettern der Gebeine., uro den I,od zu...h~ und die Todten vom Kreuze abnehmen und in der Erde verscharren zu kQnnen. Auf diese Weise wurden die beide.Jl mjj¡ Cbris.to. gekreuzig.t.fm ScMchP~dtet. .A.Is aber die Soldaten zu Jesu kamen und saben, wie er schon gestorben war, 1Jlit.erlieBen sie da.s crurif1.:agium, und stieBen nur m..it.JJer Lanze in seine SeH.e, um sich von dem eingetretenen Tode zu vergewissern (Joh. 19, 31-37); worauf dann Joseph von Arim kam und vermoge der von Pilatus erhaltenen Erlaubnis den Leichnam Jesu vom Kreuze abnabm. - Nnch der Dar·stellung des Jo.b. (µedc & rni>i-a v. 38) scheint Joseph. erst, nachdem
l\:latth. XXVII, 59--61.
59ii
die Kriegsknechte bereits den beiden Schiichern die Schenkel zerschmettert und durch den Lanzenstich sich vom Tode Jesu überzeugt hatten, zil Pilatus gekommen zu sein, um sich Jesu Leichnam zu erbitten. Nach Mrk. 15, 44 iiuBert Pilatus, als Joseph ihn darum bat, Verwunderung darüber, ob Jesus schon gestorben sei, und bewilligte die Bitte erst, als der herbeigerufene Centuria den Tod als schon Iange eingetreten bezeugt hatte. Daraus ergibUich, da~ph..ez:st, als er das Einge.tretensein des Todes gesehen hatte, zn Pilatnsg.illg, um sich Jesu Leichnam zur Beerdigung zu erbitten. Wenn er aber hiernach vom Kreuze weg zu Pilatus ging, wie auch JJ!ey. Jl:(JO<;aJ.D·wv richtig erklii.rt hat, so wird cr gewiB zuvor dem Wache habendeu Centurio seine Absicht mitgeteilt und sich mit ihm darüber verstiindigt haben, da.B derselbe den Leichnam Jesu dw::g]i die Krieg§ll;necht~ yom Kreuzo. abnehmen lieB. - V. 59 f. Den abgenommenen Leichnam wickelte Joseph. !Y,. reine LejnWDJUI, legte ihn in sein nenes Grab, das er im Felsen ausgehaueu batte, walzte ein~roRen Stfilll. an die Thür d. h. den Eingang des Grabes imd ging davon. Dieser kurze Bericht wird durch Jo:ti. v. 39-42 dahin vervollstandigt, daB an der Bestattung sich auch Nicodemus beteiligte, namentlich Specereien brachte, um na.ch jüdischer Sitte den Leichnam einznbalsamiren, und da.B das Grab in einem Garten nahe bei der Kreuzigungsstatte war. Die Leinwand ist nicht als LejcbeolfitteJ zu denken, sondern wurde.JJ! Streifen gescb_nit.. ten um die e.inzelnen Teile und GJ.ied.ef"dfia Kijrpers gewickelt, und die Eiubalsamirnng, die nur eine vorlüntige war, bestand darin, daB man Specereien um den Korper herum legte und strente, únd darüber die Leinenstreifen wickelte. Wegen des nahen Ailb1·uchs des Sabbats 1nuBte man die Bestattung beschleunig®; dahcr steht damit nicht in Widerspruch, daR lljo_galilli.iscben Era.11e11, die Jesu nachgefolgt waren, nach der Beisetzung der Leiche noeh Specereien kauften und bereitcten (Luc. 23, 58. Mrc. 16, 1), '@!.Da.ch dem Sa.bbat.e dje...&JsamiJ;.ung....zu.. ~. .Auch die dem Mtth. eigentümliche Angabe, daB das neuo Grab dem Joseph gehorte, ist deshalb nicht für einen Zusatz spiiterer Ueberlieferung zu balten, weil die andern Evangelisten sie nieht haben uud Johannes berichtet, da.8 das Grab nahe gewesen und man Jesum wegen des Rüsttags in dasselbe gelegt hube (il:tey.). Denn weder sagt Mtth. bestimt, daB Joseph aus Pietat sein eigenes Grab dazu hergegeben habe, noch folgt aus der von Joh. erwahnten Lage des Grabes, daB dasselbe nicht dem Joseph, sondern einem Fremden gehOrte. Das subjective Moment der ~. welches biebei mitgewirkt haben mag, wird d11rch den von Joh. für die Wahl des Grabes angegebenen Grund weder ausgeschlossen noch irgendwie beeintrii.chtigt. Der Artikel lv tjí :nÉ't(!'f bezeichnet den Fels als dort befindlich. Den Zugang zum Grabe mit einem ~s&m, war ¡¡hliche Sitie. In dEm sog. Griibern der Konige bei Jerusalem, die man für das Grabmal der Konigin Helena von Adiabene halt, bestehen die Thüren zu den Grabkam" mern aus groilen behauenen, einfach venie1•ton Steinb!Oeken (s. Strau!J Sinai u. Golgatha. S. 217 der 6. A.). V. 61. Bei der Bestattung
mwt
58*
Ma.tth. XXVII, 62. waren zugegen ;Ma¡ja. Magda.lene, und die andera Maria d. i. die M:u.t: (s. zu v. 56), dem Grabe gegenüber sitzend und in Scbmerz versenkt, um zuzuseben, wobin Jesus gelegt wurde (Mrk.), damit sie_dem geliebten Todten Sl!ater noch J,jebe mv..eise¡¡.. konten, s. zu 28, l. · · Die Bestattung Jesu bezeicbnet Beng. als initia honodl, und der Umstand, daB ~ von Ai·imatbia und .IDko.dem.u.~ Z\vei angeseheno Glieder des Synedriums, die bisher aus Scbeu vor den Juden ihren Glauben an Jesum als den Messias verbeimlicht hatten, nun offen hervortraten und ohne Menschenfurcht dem schmachvoll Hingerichteten die Iezte Ehre erwiesen, war nieht nur ein m!l.chtiges Zeugnis gegen die Hohenpriester und Obersten, die Jesum zuro Tode verurteilt ·hat.ten, sondern auch eine hOhere Füguog. - Scbon darin, daB Jesus nicbt von den jüdiscben Oberen geWdtet und nacb dem Gesetz zu Tode gesteinigt, sondern wie er vorhergesagt hatte, den Heiden überliefert und von Pilatus zum Tode verurteilt an das Kreuz geschlagen worden war - eine Todesstrafe, die so scbmerzhaft und schmachvoll sie auch war, doch den Leib vor Verstümmelung bewabrte - zeigte sich das Walten einer hOberen Hand über den Knecht des Herrn. Noeh mebr wurde die seinen Leib für die bevorstehende Auferstehung bewahrende gottlicbe Fürsorge in der Bestattung desselben offenbar. Von Joseph, dem avfi(!O:J:liO~ xlOÚGlO~, in sein eigen Grab gelegt, ei·hielt der unter die UebeltMter Gerechnete (Jes. 53, 12 vgl. ~uc. 22, 37) sein Grab nieht bei den Gottlosen, sondern bei einelJ! Reicben, wie Jes. 53, 9 geweiBagt war. Die Hindeutung auf diese WeiRagung laBt sich in der von Mttb. gewii.hlten Bezeicbnung des Joseph als av8'QO:J:r&O~ .nlovaw~ nicht verkennen. · V. 62-66 . .Die Versiegelung und Bewackung des Gmbes Ckristi. - Die .Absicht, Jesum, der durch Wort und Werke sich als den Messias bezeugt hatte und von sainen Jüngern und dem Volko dafür gehalten wurde, als ihren Gegner aus dem Wege zu raumen, hatten die Hohenpriester und Pharisaer menschlichem .Anscheine naeh erreicht. Jesus hatte am Kreuze seinen Geist aufgegeben und sein Leib ruhte nun im Grabe. Aber seine Widersaeher lie6 die Furcht vor ihm nicht zur Rube kommen. Wénngleich bei seiner Verbaftung seine Jünger gefiohen waren und auch das Volk seiner Kreuzigung keinen Widerstand entgegengesezt batte, so lieferte doch die Thatsache, daB hochgestelte Ml:!.nner wie Joseph von Arimatbia und Nicodemus durch die Bestattnng des Gekreuzigten offen als Anhanger und Jünger Jesu hervortraten, einen nicht zu unterscbli.tzenden Beleg dafür, daB der Glaube an saine Messianitli.t tiefe Wurzeln in den Herzen, nicht blos des ungebildeten Volks sondern anch der Gebildeten getrieben hatte. Auch war sein Tod von Ereignissen begleitet gewesen, welche mehr geeignet waren den Glauben an ibn als den erwarteten Messias zu stllrken und zu beleben, als ihn zu erschüttern und zu untergraben. Diese Lage der Dinge bewog die Hohenpriester und Pharisil.er zu dem Schritte, welchen Mttb. in diesen Versen erzablt. - V. 62:1f. Am andern Tage der ~
Matth. XXVII, 63-66.
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nach der Rüstzeit folgt (d. i. am Sabbate) versammelten sich die Hohenpriester und Pharisaer zu Pilatus und spracben: Herr, wir haben uns erinnert, da6 jener Verführer, als er nocb lebte, gesprochen: ,,Nach drei Tagen werde ich aufersteben". Befiehl also, dall das Grab bis zum dritten Tage sicher verwabrt werde, damit nicht seine Jünger kommen., ihn stehlen und dem Volke sagen: er ist von den Todten auferstanden, und es wird so die lezte Verführung arger werden als die erste. Dieses Begebren bewilligte Pilatus. Er stelte ihnen eine Wache zur Verfügung mit den Worten: geht hin und verwahrt das Grab, wie ihr wisset. Und sie gingen und verwahrten das Grab, den Stein versiegelnd, mit der Wacbe. - Für die eigentümliche Bezeichnung des folgenden Ta ges: f}nc; súÚ µs7:a 7:~1J :n:a(Ja
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Matth. XXVIII."
Grab mit Zuziehung der., Wache, die sic davor postirten, ~achdem sie den Stein versiegelt hatten. Das Versiegeln geschah entwoder so, daB man einel). über den Thürstei11 gezogenen Bindfaden an den beiden Enden mit Siegelerde an der Grabeswand versiegelte (Paulsen, Regier. der Morgenl. S. 298. Harmar Beobachtt. II S. 467), oder falls nach einer alten Vorrichtuug, die sich noch jezt in den Griibern bei Jerusalem findet, der vor die Thüt• gewiilzte Stein durch einen Querbalken an den vorstehenden Seiten des Felsens befestigt wurde, so, da8 das Siegel da aufgedrükt wurde, wo der Querbalken sich an den ThürsteiD;. anschlo8, wie StraujJ, Sinai u. Golg. S. 219 vermntet. - Das Weitere hierüber s. zu c. 28, 11-15.
Cap. XXVIII. Die Auferstehung Jesu Christi. Die auf Betrieb der Hohcnpriester und Pharisiier am Grabe Jesu aufgestelte Wache konte die Auferstehung des Herrn nicht hindern. Wie das Leiden und der Tod Christi so geschehe~ war, dall die Schrift erfüllet wurde, so solte auch erfüllet werdcn, was Jesus seinen Jüngern über seine .A.uferstehung am dritten Tage vorhergesagt hatte¡ und die Grabeswiichter solten nach gottlicbcr Fügung den jüdischen Oberen die Nachricht von der wunderbaren Oeffnung des Grabes durch einen Engol Gottes bringen (28, 11), so daf3 den Hohenpriestern und Aeltesten des Volks nur übrig blicb, durch Bestechung und Lüge ihr Volk um den Eindruck der Thatsache der Auferstehung des Erlosers zu bringen (28, 12-15). - Diesen Gesichtspunkt hat Mattb. bei seiner Darstellung der Auferstehung des Herrn und der Offenbarung des Auf'erstandenen im Auge. In v. 1-10 erzahlt er, wie in der Frühe des Tags nach dem Sabbate die Jesu dienenden galilaischen Frauen zum Grabe kommcnd dasselbe leer finden und ein Engel ihnen die Auferstehung Jesu verkündigt mit cler Weisung, diese Botschaft seinen Jüngern zu bringen und sic nach Galilii.a zu bescheiden, wo der Herr sich ihnen oft'enbaren werde, und wie dann der Auferstandene selbst diesen Frauen auf aem Wege vom Grabe begegnet und ihnen die Mitteilung und den .A.uftrag des Engels bestll.tigt. Hiera.uf Hi,Bt er v. 11-15 als Gegenstück hiezu das Verhalten der Hohenpriester und Volks!l.ltesten zu dem von den Grabeswachtern ihnen gemeldeten Ereignisse folgen, und gibt daun v. 16-20 zuro Schlusse noch einen summarischen Bericht über die Erscheinung des Auferstandenen in Galilaa, bei welcher Christus sich den Jttngern als den kundgibt, dem alle Gewalt im Himmel und auf Et·den verliehen ist, und sie beauftragt, auszugehen und alle Volker durch Taufe und Lehre in das Reich Gottes aufzunehmen, mit der Verhei8ung, daB er alle Tage bis zur Weltvollendung mit ihnen sein werde. Vergleichen wir damit die Berichte der and.ern drei Evangelien, so finden wir, da8 Mrk. in 16, 1-8 den Hergang, wie die Auferstehung des Herrn dul'ch den Engel den galilaischen Frauen kundgethan wurde, 1lbereinstimmend mit Matth. erz!i.hlt. Weiter sind in einem Anhange
Matth. XXVIII.
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v. 9-20, welcher nach dem Zeugnisse der alten Hdschr. und der Kchvv. keinen ursprünglichen Bestandteil des Evangelimns gebildet hat, drei Erscheinungen des Auferstandenen, der Auftrag des Herrn an seine Jünger, aller Creatur das Evangeliurn zu predigen, mit eiuer Schilderung der wunderbaren Zeichen, welche die Predigt desselben als Gotteskraft erweisen werden, und die Himmelfahrt des Herrn kurz zusammengestelt. - Luk. beschreibt in c. 24, was die galilaischen Frauen am Grabe erfuhren und was Petrus dort sah (v. 1-12), die Offenbarung des Auferstandenen, welche den nach Emmahus gehenden Jüngern zuteil wurde (v. 13-35), die Erscheinung Jesu unter den versammelten Jüngern am Ostersonntage, bei der der Herr ihuen die Notwendigkeit seines Leidens und seiner Auferstehung aus der Schrift nachwies und die .áusrüstung mit dem heil. Geiste verhieB (v. 36-49), und die Auffahrt Jesu gen Himmel angesichts der Jünger bei Bethania (v. 50-53). - Johannes berichtet, wie Maria Magdalene und auch Petrus und Johannes das Grab leer fanden und nach dem Weggange der beiden Jtinger Maria sich umwendend einen Mann erblikt, der sich ihr als Jesus, der Auferstandenc kundgibt (20, 1-20), feruer, wie am Abende desselben Tages der Herr den bei verschlossenen Thüren in Jernsalem versammelten Jüngeru erscheint, sich ihnen an seinen Wundenmalen zu erkennen gibt und mittelst Anhauchung ilmen den heiligen Geist mitteilt (v. 21-23) und, weil Thomas, welcher uicht zugegen war und der Mitteilung der Jünger, daB sie den Herrn gesehen, nicht Glauben schenkt, nach acht Tagen nochmals in gleicher Weise den versammelten Jüngern erscheint und den Thomas von der Wirklichkeit seiner .Auferstehung überzeugt (v. 24-29), uud schliefilich in c. 21 anhangsweise eine Offenbarung des Auferstandenen am galilaischen Meere vor den· dort mit Fischfang beschilftigten Jüngeru. Sonach stimmen alle vier Evangelien darin zusammen, daB in der Frühe des Ostermorgens die galilaischen Frauen zuro Grabe gingen, dasselbe geoffnet fanden und durch Engelmnnd die Botschaft der Auferstehung des Herrn empfingen, und bald darauf der Auferstandene diesen Frauen oder der Maria Magdalene erschienen ist. Die Abweichungen der einzelnen Berichte über dieaes Factum betreffen -untergeordnete Momente. Bedeutend erscheint nur der Umstand, daB Matth. - da Mark. bei der warscheinlichen Unechtheit des Schlusses v. 9-20 auller Rechnung bleibt - auBerdem nur von einer Erscheinung des Auferstandenen in Galilii.a berichtet, Luk. hingegen nur Erscheinungen in Jetusalem, gar keine in Galilaa, und Joh. zwei Erscheinungen im Kreise der versammelten Jünger in Jerusalem, und nur in de1n Anhange c. 21 noch eine in Galilaa erzahleu. - Diese Verschiedenheiteu hat die nega~ive Kritik dahin zugespizt, daB }\/fatth'. die Erscheinungen des Auferstandenen in Judii.a, Luk. die in Galilaa ganzlich ausschlielle, nach Job. aber Jesus wenigstens acht Tage in Jerusalem geblieben sei und die Jünger gleichfalls, denen er daselbst zweimal erschienen sei und dann noch zum dritten Male in Galilaa, und daS ,Matth. wirklich nichts von den judaischen Erscheinungen weiS', da er
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l\fatth. XXVIII.
die Zusammenkunft des Herrn mit den Eilf v. 16 :lf. augenfallig als das erste durch den Engel v. 7 und durch Jesum selbst v. 10 verhei6ene Wiedererscheinen im Jiingerkreise darstelle, und zwar so, daB im Zusammenhange seiner Erzahlung nirgends ein Platz für die judaischen Allein in dieser Zuspitzung der VerschiedenErscheinungen' sei. 1 heiten zu unausgleichbaren Widersprüchen zeigt sich schon die dogmatische Tendenz der Kritik, die wunderbare Thatsac.he der Auferstehung des Herrn zweifelhaft zu machen. Dagegen Folgendes: 1. DaB Matth. die Erscheinungen des Auferstandenen in Jerusalem ganzlich ausschliel3e, ist nicht wahr. Er berichtet ja v. 9 ganz bestimt, daB Jesus den vom Grabe weggehenden Frauen erschienen ist. Sodann was er sowol über diese Begegnung Jesu als auch über den Gang der Frauen zum Grabe und ihre Warnehmungen bei demselben mitteilt, bietet so viel Uebereinstimmendes mit dem Berichte Joh. 20, 1-17, daB die Selbigkeit des Factums keinem Zweifel unterliegt, da Mtth. nur die Hauptsache kurz zusammengefaBt hat, wahrend Job. den Vorgang ausführlich nach allen Nebe1mmstanden erzahlt. W enn aber Joh. hiebei nur von der Maria Magdalene erzahlt, wahrend Mtth. auBer derselben noch die andere Maria, Mrk. dazu noch die Salome nent, so begründet dies keinen Widerstreit, da auch l\ltth., Mrk. u. Luk. (v. 10) die Magdalenerin an erster Stelle nennen, und Luk. diesclbe schon in c. 8, 2 f. an die Spitzc der galilaischen Frauen gestelt hat, welche Jesu von ihrem Vermogen Handreichung leisteten. ,War Maria dem Herrn seit ihrer Befreiung von einem schweren Leiden mit der ganzen fünigkeit des Glaubens und der Zuneigung nachgefolgt, so erkfürt sich der hohere Grad ihres Schmerzes eben so leicht, wie ihr Vorangehen auf dem W ege zum Grabe und ihre stürmische Erregung durch das, was sie in der Nahe desselben wargenommen hat' (Steinm. S. 62). Eilte sie aber den anderen Frauen voran, so laBt sich auch aus dem Zurücklaufen, um Petrus und Johannes zu holen (Joh. v. 2-8), kein Widerspruch gegen das ,Schweigen der Synoptiker über diesen Zwischenfall formiren, da die beiden Jünger dort weiter nichts als das leere Grab saben und ohne zum Glauben an die Auferstehung zu kommen, nach Hause zurükkehrten (Joh. v. 8-10). 2 Die Engel im Grabe erblikte 1) So Jvley. zu 28, 10 mit der Bemerkung: ,Vereinigung dieser verschiedenen Berichte ist unmoglich (Straus.~ II, S. 558ff., Holtzm., S. 500 f., Keim)', und der daraus gezogenen Folgerung: ,Ueber die Erseheinungen des Auferstandenen unter sainen Jüngern hatte sich cine dreifaehe Ueberlieferung ausgepragt: 1) die rein Galilüisclie, welche sich bei Matth. daratelt; 2) die rein Judaische, welche Luk. hat, aucll Job. ol11w den Anhang c. 21; 3) die gemischte, welche Judaische und Galilaische Erscheinungen beriehtete und bei J oh. mit dem Anhange c. 21 sich findet'; woraus als gesehichtliches Resultat sieh ergebe, 'da~ Jesus sowol in J erusalem als auclt in Galilii.a den Jüngern erscl1ienen sei. 2) Mit vollem Rechte erhebt Steinm: S. 61 gegen ,die Kritik die ernste Anklage, da~ sie die Widersprüche in den evang. Berichtcn mit aller Scblirfe J1ervorzukehren pflegt, wahrend sie über dasjenige ein beharrliehes Schweigen beobachtet, worin die Darstellungen übereinstimmen. Sie stelt die Disharmonien in ein moglichst grelles, in ein blendendes Lieht, um dem Auge des Lesers die vorhandene H¡irzponie zu entrücken und es über dieselbo zu tausehcn'.
Matth. XXVIII.
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(auch nach Joh. v. 11 ff.) Maria erst 11achher, und erst nachdem sie mit denselbeu gesprochen und sich umwendete, erblikt sie Jesum, den sie aber nicht eher erkent, bis er sie bei ihrem Namen Maria angeredet hat. Dies konte in summarischer Erzahlung unbedenklich so gefaBt werden, daB Jesus den Frauen beim Weggehen vom Grabe begegnet sei. Hinsichtlich dieser Begegnung aber schreibt Joh., da8 Jesus der Maria das Berühren seiner Person verweist (µ1Í µov liJITov v. 17); Matth., daB die Frauen Jesu Fü.Be umfassen; nach beiden Relationen aber schneidet der Herr die Huldigung mit der Weisung ab, den Auftrag an seine Jünger, den er ihnen erteilt, auszurichten. Diese Uebereinstimmungen liefern einen ausreichenden Beweis für die IdentiUl.t des von Mtth. u. Job. erzahlten Ereignisses und widerlegen die Behauptung, da.B Matth. von dem Erscheinen des Auferstandenen in Jerusalem nichts wisse. 2. Richtig ist nur, daB Matth. keine Erscheinung des Auferstandenen, welche den Aposteln in Jerusalem zuteil wurde, erzahlt; unbegründet ist dagegen die Behauptung, daB er dieselben ganzlich ausschlie.Be. Für die Bebauptung, daB die v. 16 :lf. erzahlte Zusammenkunft Jesu mit den Eilf in Galilaa augenfallig als das erste Wiedererscheinen im Jüngerkreise dargestelt sei, hat Mey. einen Beweis nicht geliefert. Das Schweigen von den Erscheinungen in Jerusalem reicht hiefür nicht aus, auch nicht die Weisung, welche der Engel und dann der Herr selbst durch die Frauen den Aposteln geben lii..Bt, nach Galilaa zu gehen, wo sie den Herrn sehen werden. Nach Luc. 24, 34 sprachen die Aposte! zu den von Emmahus znrückgekehrten Jüngern, welche ihnen ihr Erlebnis auf dem Wege erzahlten: der Herr ist warhaftig auferstanden und Simoni erschienen, und doch hat keiner der vier Evangelisten diese Erscheinung des Herrn e1·zahlt. Nur der Aposte! Paulus erwahnt sie 1 Kor. 15, 5, dann aber v. 5 u. 6 noch zwei Erscheinungen, welche mehr den fünfhundert Brüdern anf einmal und dem Jakobus zuteil geworden, von welchen auch in den Evangelien ke~n Wort zn lesen ist. Daraus ergibt sich wol deutlich genug, da8 die Evangefüten nicht darauf ausgingen, alle Erscheinungen des Herrn zu berichten, ilondern daB jeder_ nur diejenigen erwii.hnt, welche er für die Leser seines Evangeliums znl'" Befestigung im Glauben an die Auferstehung des Herrn für ausreichend erachtete. Matth. aber bezeichnet die Erscheinung Jesu in Galilaa v. 16 ff. weder als die erste, noch als die einzige, noch auch als die lezte Offenbarung des Herrn vor seinen Jüngern, sondern erwahnt dieselbe als Erfüllung der Zusage, welche Jesus am Abende vor seinem T.ode den Jüngern gegeben (26, 32), da.8 er nach seiner Auferstehung vor ihnen in Galiliia hergehen d. h. als treuer Hirte sie dort wieder sammeln werde. Um diese Zusage zu erfüllen lieB er durch die Frauen denselben die W:eisung geben, nach ~aliliia zu gehen, um dort seiner Erscheinung gewil.rtig zu sein. Dort will er sich ihnen zeigen, und ihnen Befehl und Verhei.Bung geben¡ nicht weil es in der Hauptstadt zu geriiuschvoll war (Olsk.) oder auch, \1m zu verhüten, daB sie nicht vorzeitig durch Verkündigung seiner
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Matth. XXVIII.
.A.uferstehung Verfolgung wider sich hervorriefen (Lange, Leben Jcsu II, 3 S. 1666), sondern ,weil Galilaa das Land seiner Glaubigen war'. ,Dort wo er bei den Geringen und Unwissenden Glauben gefunden, und nicht in Jerusalem, wo ibn die Feindschaft der Oberen ans Kreuz geschlagen, ziemte es sich, daB er die Seinen wieder sammelte, welche sein Tod zu einer hirtenlosen Herde gemacht hatte' (Horm. Schriftbew. 11, 1 S. 520). Wenu also i\latth. sich hinsichtlich der Offenbarungen des .Auferstandenen auf die :Mitteilung der in Galilaa geschehenen beschrankt, so entspri~t dies ganz dem in seinem Evangelio befolgte:q Plane, vorzugsweise das messianische Wirken auf dem Boden von Galilaa zu schildern, welchen er bei der Angabe, daB Jesus in Galilaa aufgetreten sei, durch den Hinweis auf die Erfüllung der WeiBagung Jes. 9, 1 f. in c. 4, 14 angedeutet hat (s. S. 11 ff. u. 126 f.). Wie er diesem Plane zufolge in _der Darstellung der Lehrthii.tigkeit Jesu die Reisen nacb Jerusalem übergeht und Jesum erst nach Jerusalem aufbrechen laBt, als die Zeit gekommen war, daB er dort durcli Leiden, Tod und A.uferstehung das Werk der Erlosung vollenden solte, so ttbergeht er auch die Erscheinuñgen des Auferstandenen unter seinen Jüngern in Jerusalem und erw!Lhnt nur die in Galilaa geschehene zum Zwecke der Sammlung und schlieBlichen Ausrüstung der Jünger für das ihnen befohlene Amt der Verkündigung des Evangeliums untcr allen. Volkern, wie aus dem Inbalte dieser Offenbarung v. 16-20 zu ersehen ist. - Fragt man aber noch, warum denn Matth. die Erscheinungen des Auferstandenen, welcbe Luk. und Joh. (in c. 20) schildern, nicht wenigstens andeutungsweise berübrt bat, so ist daranf erstlich zu antworten, daB er ebenso wenig wie Mrk., Luk. u. Job. sein Evangelium für Leser geschrieben hat, die noch gar nichts von Jesu Cbristi Leben und Wirken vernommen hatten, sondern für Ohristen, welchen die evangeliscben Thatsachen bereits mündlich gepredigt waren, und daB er dariu für die Christen aus dem jüdischen Volke, um dieselben im Glauben an Jesum als den von den Propbeten geweiBagten Erloser Israels zu befestigen, den Nachweis führen will, wie Jesus in Warheit der im A. Test. verbeiBene Messia.s und Vollender des Reiches Gottes gewesen ist. Zweitens aber ist zu erwagen, daB die den Aposteln In Jernsalem zuteil gewordenen Offenbarungen des Auferstandenen, welche Luk. u. Job. bericbten, nur den ~weck hatten, die Zweifel der Jünger an der Wirklickeit seiner Aufcrstehung zu beben und sic im Glauben an diese Grundthatsache der apostolischen Verkündigung, auf welcber die Gemeinde des Herrn erbaut werden solte, fcst zu gründen. Dies erhellt ganz deutlich aus der Bescb1•eibung dieser Oft'enbarungcn in Luc. 24, 13-49 u. Joh. 20, 19-29, wornacb Jesus sich nicht damit begnügt, den Jüngern durch das Zeigen seiner Nagelmale und durch Essen vor ihnen (Luc. 24, 42 f.) sicb als den Aufcrstandenen kundzugeben, sondern ibnen auch aus der Scbrift die Notwendigkeit seines Leidens und Sterbens wie seiner Auferstehuug erweist. So notweudig abar diese Befestigung der Jünger im Glauben an die .A.uferstehung Obristi immerhin war, bevor ihnen befohlen wurde, in die Welt hinaus-
' Ma.tth. XXVIII, 1.
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zugehen und allc Volker durch Taufe und Lehre zu Jüngern des Herrn zu machen, so gehOrte die Erwahnung dieser. Glaubensstarkung der Jüngei' doch nicht in den Plan, welchen Matth. bei der Darstellung der Auferweckung des Herrn zur Vollendung seines Werkes auf Erden in Au¡1sicht genommcn hatte, daJ3 die Kritik eiu Recht hatte, aus der Nichterwii.hnung das Níchtwissen zu folgern. 1 V. 1-10. lJie Auferstehung des Herrn und die erste Erscheinung des Au(erstandenen. Vgl. Mrc. 16, 1-11. Luc. 24, 1-12 u. Job. 20, 1-18. - V. l. In der Spii.te des Sabbats, bei Tagesanbruch auf den Sonntag kamen Maria Magdalena und die andera Maria, das Grab zu besuchen. 'Oip8 aa{J{JITT:rov spiit SalJlJats bedeutet weder nach Verfl.u8 des Sabbats (Olsll., de W., Bl., B.-C1·., Ew.), noch nach Verfl.u8 der Woche (Grot., Wies.). Denn o¡pÉ spiit mit naher bestimmenden Geni· tiv bezeiclmet immer die Spli.te, welche zu der im Genitiv angegebenen Zeit selbst noch gchllrt, s. Mey. z. St. u. Kükner Gramm. II, 292 mit den dort angef. Delegan aus Classikern. tjj 8xt
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Ma.tth. XXVIII, l.
aa{Jf]á'Uov llQ-tf(JOV fJalJ.ior; (Luk.) und tjj µt~ -,;rñv aa(JfJáw:w .n(Jroi ax01:~ g-,;t oiJar¡r; (Joh.), d. i. Sonntag früh vor Sonnenaufgang als es noch dunkel war. Unrichtig ergil.nzt Ew. zu tj7 8.nupwai-.o'IÍa'l'J das nom. Éa.nÉQt;c und erklart es vom abendlichen Lichtleuchten, meinend, Matth. habe zusammengezogen, was die Frauen Sonnabend .Abend und Sonntag in der Frühe thaten. Allein zu dieser Annahme Iiegt gar kein Grund vor, da Mtth. das Balsa.miren des Leichnams überhaupt nicht erwli.hnt. Auch Keim versteht die Worte von dem abendlichen .A.nbruche des Tags mit dem Aufgange der Sterne oder Anzündei: der Lichter; allein hatte Matth. dies sagen wollen, so würde er einfach ryj µt? aa(3(3á-,;wv 8xt
lfatth. XXVIII, 2. 3.
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schon darin kundgab, da.6 ein Rathsherr, wie Joseph von Arima.thia sich den Leichnam Jesu von Pilatus erbat,- um ihn in sein eigenes Grab zu legen, und die galiHJ.ischen Frauen sich dem Grabe gegenüber hinsezten, die Bestattung ansahen und gleich nach dem Sabbate in aller Frühe sich zum Grabe begaben. V. 2-4. ,,Und siehe ein gro8es Erdbeben geschah; denn ein Engel des Herrn stieg vom Himmel herab und trat hinzu, w!i.lzte den Stein ab und sezte sich darauf". Kal.. lOov dient dazu, auf oinen ganz unerwarteten Umstand (oder Gogenstand) aufmerksam zu machen. DaB das hier Erzi.thlte ,angesiclits der Frauen' geschehen sei, das liegt nicht in dem r.al. loov, sondern hli.tte deutlich gesagt werden m'iissen. Freilich darf man auch die Aoriste ~yivs1:0, r.awflá~, tÍJu:"vJ.taev etc. nicht im Sinne des Plusq. (Kern, Eor. u. .A.) fassen wollen, sondern der v. ·2 berichtete Vorgang ist gar nicht in zeitliche Beziehung zu dem Kommen (~A.O-e) dcr Frauen zum Grabe gesezt, sondern sachlich demselben gegenübergestelt als etwas Eingetretenes, das die Frauen am Grabe nicht erwarteten. Zum Grabe gekommen fanden sie den Stein nicht mehr vor des Grabes Thür, sondern abgewalzt, und ein Engel saB darauf. Ob dies Ereignis eingetreten war, withrend sie auf dem Wege waren oder s·chon vorher, laBt Matth. ganz unbestimt. Vergleichen wir Mark., der die auReren Vorgange sehr genau zu beschreiben pfl.egt, so ersehcn wir aus seiner Darstellung, da.B das ñU>e MaQíaµ .•.. 8-emQijam nicht die .Ankunft der Maria nm Grabe aussagt, sondern den Gang zum Grabe, 'da ecixsaO-ixt wie Ni.'ll nicht blos wohin kommen, sondeí·n auch wohin gelien bedeutet. In diesem lezteren Sinne des Worts schreibt Mark.: die Frauen EQXOV7:at fa:t To µvr¡µclov geken zum Grabe und elsyov sprachen ZU einander: wer wird uns den Stein abwalzen, und aufgeblikt habend saben sie, daB der Stein a.bgewalzt ist. Die .Aeu.Berung: wer wird ... abwalzen thaten sie nicht erst rus sie am Grabe angekommen waren, denn so wie sie demselben so nahe waren, daB sie einen Blick dahin werfen konten, da saben sie ihn schon ·abgewalzt. Wie eQXOV7:at bei Mrk. so ist auch ~J.8-s bei Mtth. gemeint, n!imlich von dem Gange zum Grabe. Was sie bei der .Ankunft am Grabe sahen, ist mithin- als vor der Ankunft geschehen zu denken. Luk. v. 3 hat den Hergang in den Worten: E'Ó(JOV 'l:OV líf>ov dxoxe"vJ.taµivov ganz richtig dargestelt. - ~sia¡tÓ~ ohne rij<;; ist wol nur eine Erschütterung der Grabesst!itte, ein nur auf diese Stelle sich erstreckender ErdstoB. Demselben folgte das Herabsteigen des Engels, welcher den Stein abwii.lzte. Nicht durch die gewaltige Erschütterung der Grabst!itte, sondern von Gott durch die Hand des Engels wurde der Stein abgew!!.lzt. Der Engel sezte sich ~.návro atlwv se. 7:0v llO-ov ,als ·der gottgesandte Wachter und Dolmetscher des leeren Grabes', wie Mey. richtig bemerkt. Erkent man dies als den Zweck der Engelerscheinung, so erklart sich auch die scheinbare Differenz dieser Angabe mit dem weiteren Berichte. Die Worte des Engels zu den Frauen: komt her und sehet die Statte wo der Herr gelegen (v. 6), setzen voraus, dal3 der Engel nicht auf dem abgewltlzten, vor dem Grabe liegen:-
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Matth. XXVIII, 3-5.
den Steine sa6, sondern drinnen im Grabe sich befand. Dies sageu Mrk. v. 5 u. Luk. v. 3 u. 5 unzweideutig. Damit steht auch jene Angabe des Mtth. (8xáa-n-ro hávco avwv v. 2 nicht in Widerspruch. Mtth. erwahnt das Sitzen des Engels auf dem Steine nur, sofern dasselbe Bezug auf die Wachter hatte. Dafi der Engel dort sitzen blieb, bis die Frauen aukamen, ist damit nicht gesagt. Wo diese den En gel vorfandeu, gibt Mtth. nicht bestimt au·, sondern IaBt es· aus der schon angeführten Rede desselben : oruu, Meu x'l'l. nur erschlioBen. Die !Iüter des Grabes wurden durch die Erderschütterung aus ihrer Ruhe aufgeschreckt; die Erscheinung des Engels solte ihnen die Erderschütterung denten, daB sie dieselbe nicht für einen natürlichen ErdstoB hielten, zugleich aber solte die Erderschütterung ihnen zeigen, daB die Erscheinung des Engels kein Gebilde ihrer aufgeregten Phantasie, kein Gespenst war. - V. 3. Die Gestalt (lota oder elO{a das Ausseben, die au6ere Erscheinung) des Engels war leuchtend wie der Blitz und sein Gewand wei.B wie Schnee. Aus dem überirdischen Reiche des Lichts kommend glich seine Erscheinung dem Leuchten des Blitzes. '.A:no TOV cpó{Jov avwv von der Furcht vor ihm erbebten (Eúela{h¡aav) die Hüter des Grabes und wurden wie todt d. h. ohnmachtigvor Schrecken. DaB sie flohen wird nicht ausdrücklich gesagt; denn es versteht sich von selbst, daB mit der Erscheinung des Engels und der Abwalzung des Steines von des Grabes Thür das Wachehalten der Soldaten vorbei war ·und den Wlíchtern nichts übrig blieb als fortzugehen und den HohenpriCstern das Vorgefallene zu melden (v. 11). - Mit der Entfernung der irdischen Grabeshüter hatte der Engel seinen Dienst als gottgesandter Wachter des Grabes erfült. Für die zum Grabe kommenden Frauen hatte er das Grab nicht zu bewahren, sondern ihnen nur die Leere des Grabes zu deuten. Daher erscheint er ihnen im Grabe sitzend, um ihnen die Gottesbotschaft der Auferstehung des Herrn zu verkündigen. V. 5-7. ,,Antwortend sprach der Engel zu den Weibern". á:noX(!ta-eír; ist gebraucht wie 11, 25, die Rede des Engels als Erwiderung auf den wargenommenen Eindruck, welchen das Geschehene auf die Frauen gemacht, einführend. µ~
ovo
Matth. XXVIII, 6-9.
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Engels kundgetan. Als ein W~nder der g6ttlichen Allmacht etitzog sich dieser Vorgaug nicht nur der Warnehmung irdischer ..A.ugen sondem auch dem Begreifen des menschlichen Verstandes. Jesus ist durch die Auferweckung nicht wie Lazarus in das irdische Leben zurückgeführt worden, sondern mit geistigem (verkl!!.rtem) Leibe aus dem Grabe e.rstanden. .Als der Verklart.e ist er für irdische Augen ebenso unsichtbar wie die Geister des Himmels, die Engel, und kai¡.n nur den Engeln gleich den Menschcn sichtbar erscheinen. Die Vorstellung der ncueren Vermittlungstheologen, daB mit der Auferstehung die VerkHtrung des Leibes Christi nur begonnen und in den 40 Tagen bis zur Himmelfahrt sich successiv vollendet habe, ist schriftwidrig und irrig, vgl. dgg. Steinm. S. 105 :ff. - V. 7. Der Engel erteilt den Frauen zugleich den Auftrag, den Jüngern die Auferstehung des Herrn zu malden und ihncn zu sagcn, der Auferstandene werde in Galilaa vor ihnen hargehen und dort sich ihnen zu sehen geben. Die Worte xal. lOov :nQoáyu bis 111/)Eú{fa gehOren noch zu dem, was die Frauen den Jüngern sagen solleu, wie Beng. richtig bemerkt hat. Sonach geht 'Óµe'lr; und 81/JEó{fE auf die Jünger nicht auf die Frauon. Mrk. sezt hinzu: xafrwi; Ebuv 'Óµlv wie Jesus den Jüngern gesagt hatte auf dam Gange na.ch Gethsemane 26, 32. Mrc. 14, 28. - Ueber :JC(Joárat s. zu 26, 32. Es bezeichnet ,nicht ein simples Vomngehen, sondern ein Vorangehen als Hirt und Führer' (Hngstb.) und schlie8t vorhergegangene Erscheinungen, um die Jünger von der Wirklichkeit seiner Auferstehung zu übcrzeugen, nicht aus, so da8 von einer ,unausgleichbaren Ditferenz mit den Berichten des Joh. und Luk.' (Mey.) nicht die Rede sein kann . .A.uch aus dem ?:axv :TfOQW8'aiaat Ef.na?:e folgt nicht, daB die Jünger unverzüglich schnell nach Galilaa gehen solten. Nar die Nachricht von Jesu Auferstehung soll ihnen schnell gebracht werden. Zwar wurde ihnen damit auch nicht gesagt, daB sie noch langer in Jerusalem warten salten. Wenn dies aber dennoch geschah, so ist es daraus zu erklaren, da.B die Jünger der ihnen gebrachten Botschan keinen Glauben schenkten und der Auferstandene ihnen selbst erst in Jerusalem erscheinen und sich als aaferstanden kund geben muBte. - Mit den Worten: ,,siehe ich hab es euch gesagt" erklart der Engel seine Verkündigung a.Is zweifellos gewi.B. · V. 8-10. Die Frauen eilten nún mit groBer Furcht und Freude den Jüngern die Botsehaft zu bringen. µE-r:a
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Matth. xxvin;-10-14.
floBte, weil sie den Eindruck einer Erscheinung aus der überirdische1r W elt machte. Daher umfassen sie seine Fü.Be, ihn ebrfurcbtsvoll anzubeten. Jesus aber beruhigt sie und befiehlt ibnen, sainen Brüdern die Kunde von seiner Auferstehung zu bringen. wí¡; dóclpoí¡; µov. So bezeiehnet der Herr die Apostel auch nach Job. 20, 17, aber nie vor seinem Tode, denn in 12, 49 ist &óelpot nicht im eigentlichen nnd vollem .Sinne zu nehmen. Mey. meint: wegen der Vorstellung des überirdischen Wesens, mit welcher die Frauen vor ihm lagen. Richtig aber nicht ausreichend. Jesus wilf damit nícht blos seine menschliche 1'\atur betonen, sondern zugleich andeuten, daB seine Jünger. auch seiner Herrlicbkeit teilhaftig werden sollen, vgl. '25, 40, wo er als Weltrichter alle Glii.ubigen aóelrpoí nent. Steinm. meint: weil sie in die Gemeinsehaft seines Wirkens eintreten sollen; aber weder vom Contexte nahe gelegt, noch der Parallelstelle 25, 40 entsprechend. Die Erneuerung des Auftrags, welche schon der ;Engel den Frauen erteilt hatte, ist nieht ,überfiüssig' {de W.), oder gar ,sinnlos und unwürdig' (Keim), einen spliteren Ueberarbeiter verrathend. Sie war vielmehr wichtig, ja notwendig, um sowol den Frauen als den Jüngern seine Auferstehung zu versiehern ¡ ein Act der Herablassung des Herrn zur Glaubens~ schwitehe seiner Jtinger. V. 11-15 . .Das Verhalten der Obersten der Juden zut· Tkatsache d~r Auferstehung Ohristi. - Iloqevoµtvrov 08 aV7:WV wahrend aber dieselben (die Frauen) gingen, den Jüngern die Kunde (v. 10) zu bringen, siehe da kamen einige von der Waehe (26, 66) in die Stadt uud meldeten den Hohenpriestern alles Geschehene (das v. 2-4 Erzahlte). - V. 12. Und nachdem sie (die Hohenpriester) mit den Aeltesten sich versammelt und Rath gepflogen hatten, gaben sie Silberlinge genug den Soldaten, sprechend: ,,Saget, da.8 seine Jünger des Nachts gekommen sind und ihn gestohlen haben wahrend wir schliefen". Zu avvaxfMvi-e~ sind die áqxceqeit; Subject. Vgl. über solchen Wechsel des Subjects Winer Gr. S. 586. avµ{Jovlwv A.a{Jerv Berathung halten, wie 12, 14. 22, 15. An eine Beseblu.Bfassung in fürmlicher Sitzung des Synedriums ist nicht zu denken. Die Hohenpriester mu6ten iu Gemeiñsehaft mit den Aeltesten, welche ihren Ha8 gegen Jesum teilten, die Sache im Geheimen berathen und abmachen, da es galt, die Soldaten durch Besteehung zu vermogen; daB sie über das was sie am Grabe erlebt hatten, nicht blos sehwiegen, sondern auch, da die Kunde von dir Auferstehung Jesu sich alsbald in Jllrusalem verbreiten mu8te und das Faetum des Versehwundenseins des Leichnams aus dem Grabe sich nieh_t in Abrede stellen lie3, eine erlogene .Aussage über den Vorgang verbreiten. Das Vorgeben, zu welchem diE! Hohenpriester die Soldaten verleiteten, nent August. eine infelix as"tutia, da die Solda.ten ja nieht wissen konten, was wahrend ihres Schlafens geschehen war. Allein wenn wirklich, wahrend sic sehliefen, der Leichnam aus dem Graba versehwunden war, so lag die Annahme nahe, daB die Jünger ihn heimlich bei Seite gebracht hatten. - V. 14. Abar das Schlafen der Wache aufihrem Posten war ein schweres Dienstvergehen, welches der ~reµoSv
Matth. XXVIII, 15.
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den Soldaten nicht ungestraft hingehen lassen durfte. Um also die Soldaten hierüber zu beruhigen, versprachen ihnen die Hohenpriester: wenn die Sache zum VerhOr vor den Landpfleger kommen solte, daB sie dann denselben überreden d. h. beschwichtigen und sie áµEQlµvovg frei von Sorge vo1· Strafe machen wolten. áxoÚEalJat l::Jcí gehort werden vor dem Richter d. h. zum gerichtlichen VerhOre kommen. xEÍIJstv persuadere, in dem Sinne: über eine Sache beruhigen. - V. 15. Die Soldaten .nahmen das Geld und thaten wie sie gelehrt d. h. instruirt worden waren. So wurde ó lórog oi>ws die Aussage, da6 Jesu Leichnam von seinen Jüngern gestohlen worden (v. 13), bei den Juden durch Gerede verbreitet (ÓtE
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Matth. XXVIII, 14. 15.
Sti·auss (11 S. 562 ft".), Scl1leiermar.her L. J. S. 458 ft'., Weisse, E10., Hase, Bl., Keim, Scholten, Hiigf. - Aber schon den Ausgangspunkt dieser Zweifel, da.~ Jesus nicht einma.l seinen Jüngern seine Auferst.ehung bestimt vora.usgesagt ha.be, müssen wir na.ch dem S. 354 f. da.rüber Bemerkten ais eine willkürliche und unbegründete Voraussetzung zurückweisen. - Sodann der Einwand 1).stiizt sich a.uf die eben so grundiose Voraussetzung, d~ die Anhii.nger des Herrn von der Versieglung und Bewachung des Grabes Kentnis erhaiten hatt.en. Woher wissen dies die Kritiker? Nach den evangeI. Berichten ging Joseph, nai:hdem er das Grab mit demSteine verschlossen hatte, davon (&ni¡lS-tv 27, 60) und all,Ch die glii.ubigen Frauen, welche der Bestattung zugesehen hatten, kehrten um und ruhten den Sabbat über na.ch dem Gesetze (Luc. 23, 55). Die Hohenpriester und Pharisiier a.her hu.ben erst o.n dem a.uf die Rüstzeit foigenden Tag d. i. a.m Sa.bbate bei dem Procura.tor um eine Wache fñr das Gra.b a.ngesucht und dieseibe erhaiten und das Grab versiegeit. Und diese Sache heimlich-zu betreiben ha.t-. ten sie mehr Ursa.che a.Is sie ruchbar zu machen. ,Die Anhii.nger des Gekreuzigten a.her waren schwerllch jezt in der Stimmung a.uf Gerüchte zu Iiuschen und Erkundigungen einzuziehen; - ohne Zweifel ist ihnen also das Gerücht erst durch die Umstande bekant geworden, welche die Auferstehung des Herrn begieitet ha.ben' (Steinm., Leidensgesch. S. 247). Ad 2 u. 3): Da.s Benehmen der Synedristen ist auch nicht unklug, soba.Id man sich nur die Lage der Dinge deutlich macht und sie niCht durch bodehlose Einfülle, wie der, daB die Synedristen den Leichnam Jesu hii.tten für sii:h in Beschiag nehmen sollen, verdunkeit und verwirrt. Für.die Annahme, daB sie von Jesu Aeuflerwigen über seine Auferstehung_ nichts gehort ha.ben soiten, dafür liegt keiu haltbarer Grund vor. Mochte auch durch JesuJünger über seine Todes- und Auferstehungsverkündigungen kein Wort unter das Voik gedrungen sein, so konte doch den Pharisii.ern im Gedii.chtnisse geblieben sein, was Jesus zu de:r ytveic novr¡ec'c :imi µ01xali1: von dem Jonaszeichen gesagt hatte, welohes sie zu seiner Zeit empfangen würden. , Vergieicht man Mtth. 12, 39-40 (u.16, 4) mit c. 27, 63, so kann wa.rlich nur der willkürliche Eigensinn beha.upten, dall es der Aussa.ge: ipvT¡uB-r¡µEv l>u EieEivo¡; ~ nlávo¡; ElnEv lrt tc»v· A"«i-" i-qEZt: ~µéertt: ireleop.ae an der ausreichenden gesehichtlichen Basie gebreehe' (Stei11m. S. 249). - W enn nun die Hohenpriester und Pharisii.er sich an diese Aussage erinnerten, so waren sie doch weit entfernt zu giauben, dall J esus wirklich aus dem Grabe auferstehen werde. Nur der Gedanke komt ihnen bei, dall die .Jünger Jesu den Leichnam heimlich bei Seite schaffeu kiinten und dann das Gerücht verbreiten, Jesus sei vom Tode auferstanden. Aber. auch dieser Gedanke kam ibnen· nicht in den Sinn, a.Is J esus von seinen J üngern verlassen am Kreuze hing und da sein Leben a.usha.uchte, um sofort Gegenma.Bregein zu treffen. Dazu bewog sie erst der Umstand, daB na.ch seinem Tode zwei angesehene Manner unerwartet a.Is Anhanger Jesu hervorgetreten waren und Jesu Leichnam ehrenVt?ll bestattet ha.tten. Liefl sich von so entschiossen•m Anhangern nicht noch mehr erwa.rten? Indell für die erste Nacht war ein Fortschaft'en der Leiche nicht zu besorgen, da Jesus seine Auferstehung am dritten Ta.ge angekündigt ha.tte, mithin erst dann ein Verschwinden des Leichnams aus dem Grabe fiir eine Auferstehung aus dem Tode ausgegeben werden konte. Aber für die zweite Nacht, na.ch deren Abia.uf der dritte Tag na.ch seinem Tode anbrach, war man
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vor einem solchen Schl'itte nicht mehr sieher. Ging nun die Absicht der Hohenpriester dahin, dieser dáv1J vorzubeugen, so erscheinen die Anstalten, die sie trafen, vollig zweckgemiilt Nicht von dem Amtssiegel ihres Synedriuma, wol aber von der Wache des Procura.tora verspi'aehen sie sieh den Erfolg, da.~ dadureh die Jüuger an dem gewa.ltthiitigen Unternehmen, das sie etmi. im Sinne hatten, verhindert werden konten. Da.bel' wenden sic sieh an den Procurator. Dieser a.her durfte schon deshalb ihre Bitte nieht a.bschlagen, weil durch Ausführung des den Jüngern zugemuteten Vorhabens ein Aufruhr im Volke entstehen konte. So hat denn die Gewfil1ru11g dieser Bitte vonseiteu des Pila.tus durchaus nichts Unwarscheinliches. - Aber - meint man - desto unwarschoinlicher ist das Verhalten der Grabeswachter und das Benehmen der Hohenpriester. und Aeltestcn gegen die Wachter. Allein da.1> die Wachter das Yorgefallene nicht dom Procura.tor, sondem den Hohenpriestern überbringen, erklart · sicb vollstiindig aus dem Umsto.nde, d~ Pila.tus die Wache den Befeblen des Synedriums unterstelt und es demselben überlassen hatte, das Grab so sicher zu verwahren, wie sie wü1>ten, also a.uch die Wii.chter mit cler notigen Instruetion zu versehen. Ob die jüdisehen Oberen den Berieht der Wii.ehter für wahr oder unwahr hielten, lii.nt sieh aus der Erzahlung nieht erkennen. Aber wie es sieh aueh in Wirklichkeit mit dem verhielt, was die Waehter a.m Grabe erlebt zu ha.ben versicherten, so stand so viel fest, dan das Gerüeht von Jesu Auf~ erstehung a.ufgeta.ucht war und Consistenz zu gewinnen drohte. Solte diesem Gerüehte entgegengewirkt )Vérden, so empfabl sieh von selbst das Mittel, dasjenige nunmehr als Tha.tsa.che binzustellen, was sie dem I,andpfleger zuvor a.Is ihre Besorgnis bezeichnet ha.tten, niimlieh da.ll Jesu Leiehnam von seinen Jüngern gestohlen worden sei. Aber die Solda.ten einer Dienstverletzung a.nzuklagen und a.uf'ihre Bestrafung anzutre.gen, das muBte a.Is ein sehr bedenkliehes Unternehmen erscheinen. Wenn die Solda.ten a.ussa.gten: dureh einen Erdstoll und einen vom Himmel gekommenen Engel sei der Stein vom Grabe gewii.lzt und das Grab geoffnet worden, und bei dieser Aussage beha.rrten, wie k!>nte man ihnen das Gegenteil beweisen und sie einer fal1ehen Aussa.ge überführen? Dnrften die Klii.ger hoffen, da.ll Pila.tus, den man so schwer ha.tte zur Verurteilung Jesu bewegen konnen, sich jezt so willführig zeigen werde, auf ei~e unbeweisba.re Anklage hin seine Solda.ten zu bestrafen. Nieht einma.l im Synedrium, wenn man die Sache da. zur fürmlichen Verha.ndlung kommen lief.\, war man sicher, da~ die Anga.be vo:in. Sehlafen der Wiichter ·und dem Stehlen der Leiehe ohne Widerspruch aufgenommen werden moehte. ThOrieht war also der Entschlull, den sie f~ten und ausführten, durcha.us nieht, vielmehr unter den obwaltenden Umstii.nden da.s Klügste, was sie thun konten. Sittlieh betra.chtet ist freilich die Verleitung der Solda.ten zur Lüge durch Besteehnng durehaus verwerflieh. Aber wolten die Feinde des Herm ihre Opposition gegen ihn und seine Anhiinger nicht a.nfgeben, so blieb ihnen keine andere Waffe übrig ale die Lüge. Nur diese konten sie mithin a.uch denen empfehlen, die sie zur Durehführung ihres Ka.mpfes gegen die Wa.rheit ala Helfer.und Werkzeuge nicht entbebren konten. Pila.tus a.her - bei seiner Stellung zu den religiOsen Fragen der Juden - ha.tte keinen Anla.~, eine Untersuehung über da.s Verha.lten seines den Hohenpriestern zur Verfügung gestelten Militii.rs a.nzustellen, so la.nge diese nieht eine Klage über Dienstverletzung bei ihm anbraehten.
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Endlich die Behauptung, dan der Evangelist selber die Entstehung seiner Erza.blung aus den von den Juden ausgesprengten Gerüchte verra.the, mlichte nur dann denkbar erscheinen, wenn jenes Gerücbt etwa. 30 Jabre naeh dem Ereignisse d. h. zu einer Zeit, wo man dariíber nichts Zuverliissiges mehr ermitteln konte, unter den Juden ausgestreut worden wii.re. Da a.her die Kunde von der Auferstehung Jesu sieh sofort na.eh dem Ereignisse in Jerusalem und da.rüber hinaus verbreitete, so mu~ten die jüdischen Oberen, wenn sie .dem Glauben an dieses Wunder wirksam entgegentreten wolten, auch ohne Verzug den Aóyor vom Diebstahle des Leicbnams unter das Volk bringen. Gleich na.eh dem E.reignisse aber durften es die Anhii.nger Jesu nicht wagen, die Geschichte von cler Grabeswache, welche die Hohenpriester nicht blos einer ra.ffinirten Lüge, sondern auch der Bestechung romischer Solda.ten und das Militar des Proeura.tors einer schweren Dienstverletzung bezüchtigte, ersinnen, weil dann die Synedristen nicht unterlassen ha.ben würdeu, die Urheber dieser Geschichte zu verfolgen und wegen boshafter Verleumdung anzukla.gen, um ihr Vorgeben vom Leichendiebstahl aufrecht zu erhalten. Oder sollen wir es glaubha.ft finden, dan die Christen janes Lügengerücht der Juden werden Ja.hrzehnte lang ruhig sich ha.ben verbreiten lassen, um dann erst durch eine ersonnene Geschichte von der bis dahin kein Menseh etwaa gewu!St hat, der Lüge der Juden entgegenzutreten? Das glaube, wer es kann.
V. 16-20. Jesu Erscheinung in Galili.ia und Verordnunr; der Eil{ zu Aposteln für alle Vólker. - V. 16. :Qj.e eilf .Tiiuger gip__gm1 nach Galilaa auf ilen Berg, l]'Ohin J.esus sie beschiruillD bat.te; ubi hier wie ofter so gebraucht, daB es neben dem Begrift" der Ruhe wo zugleich den Begrift" der Bewegung ~ involvirt und beide Begriffe verscbmelzt, vgl. Luc. 10,_1. 22, 10. 24, 28. Winer Gr. S. 43 f. u. Kühne1· 11 S. 473. A. 4. ov ETása?:o bezieht sich auf die v. 10 mitgeteilte Weisung. Dort ist nur Galilii.a im Allgemeinen genant, hier bei Angabe der Ausführung jener Weisung ist nachtraglich noch die specielle Oertlichkeit eli:; TO G(!ot; hinzugefügt. Contextwidrig übersezt Weiss o~ 8Tásaro ,wo Jesus ihnen Befehl gethan hatte' und combinirt ETásaTo mit Üta?:áaarov 11, 1 in dem Sinne, daB der SchluB des Evangeliums auf den Ahfang zurückweise, wo Jesus den Jüngern auf dem Berge die Grundgesetze des Gottesreichs gegeben hatte (5, 1). Y. 17. ,,Als sie ibn saben, beteten sic an, etliche aber zweifelten". Subject sind o! Hvoa"a µa{}. v. 16 nicht allein zu XQO<;Ex'Úv1JGav sondern auch zu MlaTaaav, nnr da.B bei lezterem die Beziehung uuf die gvos"a durch oi oé die Einscbrankung erleidet, daB nicht die Eilf sondern nur einige von ihnen zweifelten. Ol oé ohne vorhergegangcnes ol µÉv drükt nich_t eine Halbirung oder Teilung in zwei gleiche Halften aus, sondern deutct nur einige Ausnahmen von der Gcsamtheit an. Doch besagen die Wortc nicht, da.6 alle anbeteten, aber von den Anbetenden einige zweifelten, sondern - dies fordert das gegensatzliehe ol - daB die Zweifelnden nicht anbeteten. .7r(>Ot;XVVEÍV steht nic~t in dem weiteren Sinne der ehrfurchtsvollen tiefen Verbeugnng vor einem Roheren, sondern im Sinne gottlicher.Anbetung. Die mancherlei Versuche, das EOÍ
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Matth. XXVIII, 18. 19.
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oder andere au8er den Eilf Anwesende zu beziehen,· hat JI-ley. als unstatthaft zurückgewiesen. Der Evangelist hat dabei warscheinlich den Thomas im Sinne, troz des unbestimteren Pluralis, ahnlich wie Job. 6, 64 in -r:frer; ela~v ol µi-¡ :ilUí?:wovi-ei; eigentlich nur Judas Ischariot gemeint ist. ~Das Zweifeln vonseiten der Aposte! (vgl. Joh. 20, 19. 26. Luc. 24, 31. 37. 41) ist weder daraus zu erklii.ren, daB Jesus den Jüngern in verklartem Leibe erschien (Kchvv., Olsh., Krabbe u. A.), noch aus einer Yeranderung der Leiblicbkeit und des Aussebens Jesu, einer geheimnisvCÍIIen, einen Mittelzustand zwischen dem leiblichen Wesen wie es vorher war und der Verklii.rung, die erst im Momente der Himmclfahrt eintrat, anzeigenden Wandelung der auBcren Gestalt (llfey.). Beido Anuabmen stehen im Widerspruch mit den evangel. Berichten, nach welchen Jesns den Jüngern die Nagel- und Wundenmale an seinem Leibe zeigt (Joh. 20, 20. 27), und vor ihnen Speise genieBt (Luc. 24, 43, Job. 21, 5). Das Zweifeln erkl!i.rt sich vielmehr aus der Art und Weise, wie Jesus ihnen erschien, entweder plOtzlich in ihrer Mitte stehend und eben so plOtzlich wieder verschwindend (Job. 20, 19. 26), oder in der Erscheinung eines Giirtners (Joh. 20, 15), eines Wanderers (Luc. 24, 15 ff.) oder irgend eines unbekanten Mannes (Joh. 21, 4 ff.). Diese befremdeude Weise seines Erscbeinens war und blieb den Jüngern rathselhaft, bis sie durch die unverkennbaren Beweise, die Jesus von der Wirklichkeit seiner Person ihnen gab, und durch dieBelehrung aus der Schrift über die-Notwendigkeit seiner Auferstehung zum vollen In unserer ErGlauben an ihn als den Auferstandenen·gelangten. zii.hluug ist die Art und Weise seiner Erscheinung nicht angegeben, sondern nur gesagt, daB die Jünger ihn saben (ló'óvi-er;) und wie aus dem :7l(Jor;s18·o5v sich ergibt, zuerst in einiger Entfe1·nung von ihnen. 18. Nfi.her zu ihnen getreten redete er zu ihnen: ,,Gegeben ist mir alle Gewalt im Himmel und auf Erden". Diese Worte stehen in deutlicher Beziehung zu dem Ausspruche 11, ª1., besagen aber noch bestimte:r, daB Jesu ¡¡J!~ Machtbefugnis zur Durchführung des Werkll§ der Erliisung in der Welt verJiehoo. ist, oder - kurz ausgedrükt die Ausübung der kijniglichen Gewalt im RliliGhe...Gottes, nicht die gesamte Weltregierung, die dE~r Vater dem Sohne nicht abgetreten hat. Als den im A. T. gewei6agten Konig Israels auf dem Throne seines .Ahnen David hatten die Obersten des jüdischen Volks Jesum verworfen und getOdtet. Sein himmlischer Vater aber. hat ihn durch die Auferweckung von den Todten zym Konig des..Jllle Yiilker umfassenden Reiches Gottcs eingesezt und ihm für die Ansbreitung seinesReiches jn der gnnzen Wclt. olle Gewalt. im Himmel 1md auf Erden verliehen. Y. 19. In Kraft dieser ihm verliehenen Gewalt !>etra.ut er nm!.. seine J~,~dte eilf Aposte! (v. 16), mit delil Amte, alle Vülker zn srone.n_ .l.üllgern zu machen, d. h. "sie in das von ihm gegründete Himmelreich als Bürger desselben aufzunehmen. Das oiiv hinter :n:O(>EV8·{vi-Ei; im text. rec. hat Tisch. 8 auf Grund von ~AI' al. gestrichen¡ es ist wol auch nur eine den Gedankenzusammenhang verdeutlichende Glosse. µa8-r¡i-wuv ~u Jüngern Jesu machen. ~ dies gescheben sQU, besagen
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. :Matth. XXVIII, 19.
die beiden Participialsii.tze fJa:!l'rlt,ovug . . . und óio&Cíxovnr; ... 1 Statt {Jan-rl{;ovrer; bieten B.D {Ja.m:íaavug; nber das Zeugnis dieser beiden Codd. ist gegenüber dem von 1.1t.AI'L11I u. v. andern zu schwacb, um dieser Lesart den Vorzug vor dem Partic. Prii.s. zu geben; daher auch nicht mit Weiss auf das Partic. aor. {Ja:Jt'rlaavrer; im Vergleiche mit dem Partic. prii.s. ótó&axovur; Gewicht zu legen und das einmalige fla:wrl¡;etv, wodurch das µa{ff¡'t8Vl!tV vollzogen werden soll, von dem dauernden cfuS&a~mv, welches dasselbe begleiten soH, zu unterschei~ den. Noch weniger sind mit Hofm. (Schriftbew. II, 2. S. 164) die Par.. ticipia /la:1trl{;om:er; und úuláeíxovrer; im Verh1!.ltnis zum verb. jin. µa{}~evaaw nis nebensachlich zu fassen, nur das Accidentelle, was zum µafh¡revsiv hinzukommen soll, ausdrückend oder angebend, daB das µafh¡rwt:w nicht ohne {Ja:1trí!;ew und nicht ohne &tóáaxstv bleiben soll. Dadurch wird der Taufbefehl entleert und der sacramen~ liche Oharakter der Taufe beeint.i·achtigt; auch sprachlich ia.Bt sich diese Au:ffassung nicht rechtfertigen, da für sic µa{h¡?:t:veíav-rsr; {1a:1t-rlsne erfordort würde (Schott S. 18 u. Jl!ey. z, St.). - {1a:1t-rÍ{,8tV elr; 'l:O lJvoµá .,;wog heiGt nicht in Bcziehung auf eine Person tanfen oder durch Taufen in Beziehung zu ihr setzen. Der Name steht nirgends für die zu nennende Person, sondcrn drükt die Kentlichmachnng der Person aus, und von Gott ausgesagt, filo Offenbarnng eles gottlichen. ~· Zwar prli.gt sich in dcm Namen meist nur eine Seite des Wesens einer Person in entsprechender Weise aus; und dies gilt um so mehr · von Gott, dcssen unendliches Wesen bei der Besehr!i.nktheit menschlicher Rede nicht in einen Namen entsprechend gefa8t werden kann, weshalb auch in der Schrift von Gott viele Namen vorkommen, um die ''erschiedenen Seiten der gottlichen Wesonsoffenbarung oder die verscl!iedenen Beziehungen, in welchen Gottes Wesen und Walten in der Welt sich den Mcnschen kundgibt, auszudrücken. - Die bei der Taufe in Betracht kommende Offenbarungsweise Gottes wird nii.her bestimt durch den ,,Namen des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes", bezieht sich also nuf das heilsgcschichtliche VerMltnis, ~ ohes Gott als der Ya.ter, von dcm die Erliisnng der Menschheit ans¡m_ht, durch die Sendung seines Sohnes, w.elcher djeselhe anf Erde.n ~·t, und mitteli¡¡t des yom va.ter 1md..$olme ausgehenden beiligen ~s, weleher das Werk Christi doo.....Glli.ub.igen...zt, sein ewjg unsichtbare¡; Wesen den Menschen kundget.han hat. Auf den Namen des dreieinigen Go~tes taufen hei8t also.: den T!iufüng in die fuunejn~es· clteieinigen Gottes set.zen. uicht blos ,in die Abblingigkeit von ihm, daB durcb die Taufe der T!iufling in das neue Lebensverhli.Itnis eintreten soll, in welchcm der ihm verkündigte Name des Vaters und des Sohnes und des heiligen Geistes der Inhalt des Glaubens und des Bekeutnisses ist' (Afey.). Hiernach würde die Taufe nichts weiter sein als cin Ritus der Aufnahme in die Gemeinschaft der Bekenner . 1) Vgl. 1.'l1eud. Si:l1olt, da.s Wesen der·Ta.ufe nach den Einsetzungsworten, in cler Luth. Zt.sehr. von Rucl. u. Guer. 1871. S. 1 ff. · ·
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Jesu Christi oder in die christliehe Gemeinde. Aber so wenig der Name des dreieinigen Gottes eine Benennung der ehristlichen Gemeinde ist, eben so wenig ist die 'raufe nur eine Aufnahme in die ehristliehe Gemeinde. Die Gemeinsehaft des Menschen mit Gott komt nicht so zu Stande und besteht auch nicht blos darin, da6 der Mensch Gott sucht ·und findet, sich von Gott.abbii.ngig weiB und fühlt und demgema6 sich zu Gott verhii.lt, sondern wird im aUgwneinen dadu~ lleglli1DdQ..t, daB Gott in dem Werke der SchOpfung und im Gewissen sieh den Menschen als Schopfer und Erhalter der Welt und aller Creaturen, und dem menschlichen Geiste sich :tls der unendliche Geist, in dem wir leben, weben und sind, kundgibt; im besonderenJJ.her da~h, daB Gott denen, welche durch ihre Schuld sich ihm entfremdet haben uud in Sünde und Verderben gerathen sind, in besonderer Weise sich als Erºarmer, Retter und Erloser vom Tode und Verderben bezeugt und seinen Gnadenrath durch Propheten verkündigt und durch die Sendung seines Sohnes ausgeführt hat, und dadurch den Menschen entgegengekommen ist und sie durch krii.ftige Erweisung seiner Liebe und Gnade) zu sich zieht. In d,Wse nnser H.eil wirkende Gemej¡¡schaft des dreieinien Gottes wer en.wir durch die Taufe esezt, daB wjr der G.na.dengii~Erll:lsung teilhaftig, urc die Kraft des in Obri§to geoffenba._rten lleils nach Scele 1md Geist erneyert oder ngugeboi-en werden (Tit. 3, 5). V. 20. Soll aber die Taufe diese Frucht des Geistes bleibend wirken, so muB sie von dem óuJáaxelV :r:r¡qelv Jráv-ra ;;e-¡:)., begleitet sein. Das Particip cftoáa:icov'Z'E(; ist uicht durch xaí mit (Ja:n:'Z'[SoV1:Ei; verbunden, und die Annahme eines Asyndeton in dieser sehr bestimten Instruetion nicht warscheinlich. c!t.ó@xov'Z'Ef: ist also dem Ba:;n:tl;_. nicht coordinirt sondern ,suhordiDÍ.J:t¡ vgl. für diese Construction 1 Kor. 11, 4. 1 Thess. 1, 2 f. ótóáaxuv ist aber nicht, wie es vielfach gefaBt wird, vom ersten Unterrichte in den Heilswarheiten, von der Verkündigung der einfachen evangelischen Thatsaehen zu verstehen. Die dxo~ .:liíaumi;{Gal. 3, 2} und die :ilÍú'Z'ti; ég dxoiji; (ROm.10, 17) wird selbstverstii.ndlich als der Taufe vorangehend gedaeht (vgl. Sclwtt S. 34. Mey.); denn W-QElv. bezeichnet nicht die glaubige Aufnahme einer Verkündigung, sondern das Befolgen einer.svro41j. vgl. 19, 17. Joh. 14, 15. 21. 15, 10 u. a lláv'Z'a 8aa SVE'tEtlá,ur¡v vµlv darf man abcr nicht mit Scliott S. 35 ff. auf die Befolgung der Weisungen Jesu in seinen Abschiedsreden (mit EinschluB dar nach seiner Auferstehung bis zur Himmelfahrt erteiltenLehren) beschrii.nken wollen-dagegen spricht schon :n:ávw 8aa entscheidend; es ge.ht vielmehr auf alle Lehren, welche JeSllS von.J]er Bergpredigt an bis zu sfti¡iem Todcsloiden den .Ti!ugern crteilt hatte, nicht blos auf die ,sittlicbe Lehranweisung' (lYley.), sondern auch auf das Bekentnis in Wort.. und That. in Lehrc 1md-Leheu. .A.uf die Kindertaufe ist hiebei nieht Rücksicht genommen ¡ sie ist auch in :;cá¡n;a 'l:a MV'I] weder inb~griffen, no ch dabei ausgeschlossen. Der Be-. feh1, alle VOlker durch Taufe und Belehrung über die Gebote Jesu zu Jüngern zu machen, involvirt nicht eo ipso die Kiu®rtaufu; aber die
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für den von Seg~n begleiteten Empfang der Taufe vorausgesezte :n:lanq, schlieBt dieselbe auch nicht aus, da für die Aufnahmo dei: Taufgnade nicht ein durch entwickelte Erkentnis gewonnener Glaube gefordert wird, vfolmehr der Herr selbst, indem er die Kindlein segnet 1md-ibneJJ. das Himme}reich z~t, !,_n-der Seele der Kinder den Keim de.§._ ~ welcher die EmpfangliClikeit für die Aufnahme der heilwirkenden Gnade Gottes in sich schliellt. Auch über den Ritus der ~ufe gibt der Herr keine .A.m:ytlflung, da derselbe von der Johannestaufe her bekant war und Jesus selbst in d~r ersten Zeit sein~s Auftretens das nach der Taufe verlangende Volk durch seine Jünger hatte taufen lassen (Joh. 3, 22. 4, 1. 2). Demohnerachtet ist aber das · ~ welches der Herr hier nach seiner Auferstehung den Aposteln befiehlt, Jlieht für eine fortset.zung odee Etneuer1mg der Johann~ta:nfe und der früher von seinen Jüngern betriebenen Taufe zu halten, §.Q.!1: dern eine nene Stitfillng., durch welche jene Bnlltaufe zur christlichfil¡ Ovoaa -rov :¡¡:a!ieistestaufe erhoben worden. ~s {1añlbew els 7:QOq, :%'1:1. , mit welchem der Auferstandene; dem alle Gewalt im Himmel und auf Erden gegeben war, seine Jünger betraut, ist von der Johannestaufe iilr; µli'l:áVOtaV oder iilr; a
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hatte Jesus schon früher (18, 20) den Jüngern für die gedeihliche Entwickelung der Gemeinde zugesagt. Diese VerheiJ3ung erneuert er nun zur Zusage seiner hilfreichen Gegenwart ftlr die Aufnahme aller Volker in sein Reich. µs{}' iJµóJv slµl ,!!ill euch hin i_ill! (tlµí sagt er, nicht ~aoµat), vernioge der mir v_wliehenen Gewalt im Himmel und anfEr_den (v. 18) euch beistehend und euer Wirken fürdernd. Diese seine hilfreiche Gegenwart erweist er wirksam nj.c.bt nur durch seinen ~is.t, den er als :!UX(>á'Y.J..r¡wc; ihnen sendet (Job. 14-16), sondern auch in 'W.underD ¡md Zeicheu.-(Mrc. 16, 20. Rom. 15, 19. 2 Kor. 12, 32) und jn ~ichteJl... UDd Offenbarnngen ( 2 Kor. 12, 1. .Act. 2 2; 17). vµwv sind die·eiJf Jünger, die der Herr anredet (v.16), aber die Jünger ,als d r lebendi e ang seiner Gemeind , seine Gemeinde in ihrem anfangenden Bestande gedacht e ott S. 40). lláaa<; ~µl(!a<; alle Tage - continua praesentia, wie Beng. treffend sagt, bis zur avvdJ..sia wv alwvo<; @r Yollendnng der Iaufenden Weltzfil.t (s. zu 13, 29), die mit seiner Parusit:, nachdem zuvor das Evangelium vom Reiche in der ganzen Welt den Volkern verkündigt sein wird (24, 14), mit d.efil j.lli}gsten Gerichte....eilltI:.fien soll, s. zu 24, 3. S. 458. Die von Matth. in den eben erlauterten Versen berichtete Offenbarung des .Auferstandenen macht durchaus den Eindruck, daB es die · einun des Herrn vor seiner · r. I Nachdem der Herr. den Eilf den Auftrag erteilt hat, alle V1ilker durch Taufe und Unterweisung in allen seinen Geboten zn seineu Jüngern zu machen, und zur Ausführung seines Befehls ihnen seine bestandige hilfreiche Gegenwart zngesagt hat, ist eine nochmalige Erscheinung, sei es zu weiterer Befestigung ihres Glaubens an seine .Auferstehung oder zu neuen Anweisungen für ihr Amt, kaum noch anzunehmen. Von diesem Eindrucke,geieitet stelte schon August. (de consens. Evang. III, 25) die Behauptung auf: testimonium de omnipotentia sibi data et praeceptum de evangelio in toto orbe praedicándo ad (/,iem ascensionis referenda esse. Diese Zeitbestimmung ist jedoch nicht richtig. Die lezte Apparition des Auferstandenen kann sie schon deshalb nicht sein, weil der Herr nicht von einem Berge in Galilaa, sondern yomjlelberge gen Bethanien hin in den Himmel zurückgekehrt ist. Nur so viel steht auBer Zweifel, daB ihr die· Erscheinungen des Herrn in Jerusalem, welche Luk. u. Joh. berichten, vorangegangen sind, da erst nach diesen Erscheinungen, deren lezte acht Tage nach seiner Auferstehung erfolgte, die Aposte! Jerusalem verlassen und sich nach GaliHia begeben haben, wo auch nach Job. c. 21 sich Jesus etlichen von ihnen am Ufer des galilltischen Meeres offenbarte. Mit dieser kann aber die von Matth. dargestellte nicht ideutisch sein, teils wcgen der Verschiedenheit der Oertlichkeit, teils weil am Ufer des galil. Meeres nur sieben Jünger anwesend waren. Gewohnlich wird daher uusere Erzahlung rnit der 1 Kor. 15 erwahnten Erscheinung des Herrn combinirt, bei welcher Jesus von mehr als fünfhundert Brüdern auf einmal gesehen worden, da, obgleich der Ort dieser Apparition nicht angegeben ist, doch nur an eine Erscheinung in Galilaa gedacht werden kann, weil
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eine Zusammenkunft von so viel Brüdern an einem Orte in Jerusalem Mchst unwarscheinlieh ist. Da jedoch der Herr in unserer Erzahlnng nur den eilf Aposteln speciell Befehl orteilt, so ist die Anwesenheit von 500 Brüdern bei dieser Erscheinuug auch nicht warscheinlich. Zwar EO'lúmúav v. 17 geschlossen, daB auBer den hat man aus den o! Eilf, welche anbeteten, noch andere Jünger zugegen waren, die noch an der Realitat der Auferstehung Christi zweifelten; aber der, Text gibt, wie wir schon bei Erklarung jenes V. bemerkt haben, hiezu keine Berechtigung. - Ziehen wir auBerdem noch in Betracht, daB Matth. gar nichts Naheres über die Art und Weise der Erscheinung bemerkt, son: dern nur sagt, daB die Jünger, als sie der erhaltenen Weisung gemii.B auf den Berg na.ch Galilaa gegangen waren, dort Jesum saben, so müsseü wir uns der Ansicht von Steinmewr (Auferstehungsgesch. S. 153 :ff'. vgl. S. 209 :ff.) ruischliellmJ, daB Ma.tth. ,nicht die Geschichte einer einzelnen, für sich bestehenden, scharf abgegrenzten Erscheinung referirt, son
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Leidens und .seiner Auferstehung dahin zu, daB er predigen lasse in seinem Namen BuBe .und Vergebung der Sünden unter allen V6lkern und daB dieses Zeugnis dureh der Jünger Mund ergehen werde. DaB namlieh in Luc. 24, 45-49 zusammengefaBt ist, was der Herr in der 40tii.gigen Zwischenzeit zwisehen seiner Atiferstehuug und seiner Auffahrt vcrschiedentlich mit den Seinen geredet ha.t, das wird auch von Hofm. (Schriftbew. II, 2 S. 5) anerkant. Und in dem Johanneiscben Beriehte c. 20 spricht der Herr am Osterabcnde zu den Aposteln: ,,Wie mich der Vater gesandt bat, so sende ieh euch", worauf er durch Anhauchnng ihnen den Empfang des heiligen Geistes zusiehert und die Macbt Sünde zu vergeben und zu bebalten verleibt. Um seine von der Wirklichkeit seiner Auferstehung und seines Lebens überzeugten Ji1nger miLden-R.ecbten und Pflic.hten des apostolischau Amtes .Z1l he.tm.aeD, dazu hat der Herr sich. ibnen in Galilli.a offenbart und - wie Steinm. S. 157 hinzufügt - offenbaren müssen. ,Denn nur dadurch, daB er leibhaftig vor ihren Augen erscbeint, hat er das bezeiehnete Ziel zu erreicben vermoebt. Da8 er überhaupt zur Neuheit des Lebens erstanden sei: das h!itten die Jünger glauben k6nnen, auch ohne ibn zu sehen; ja es ware ganz in der Ordnung gewesen, Mtten sie der einfaehen Botschaft Vertrauen geschenkt. Aber den Glauben predigen, den Mund zum apostoliseben Kerygma aufthun: das hatten sie nicht, gekont; sie hlitten es nieht einmal gedurft, waren ihnen nieht vonseiten des Auferstandenen in realen, sinnenfalligen Manifestationen der ausj drückliche Anftrag gegeben worden'. Diese aus sorgfii.ltiger Erwil.gung des Inbalts der Vv. 16-20 unsers Cap. gewonnene Auffassung der von Matth. berichteten Offenbarung des .A.uferstandenen stimt auch mit dem Charakter dieses Evangeliums, wie wir schon S. 602 gezeigt haben, überein und dureh sie erledigen sich alle scheinbaren Diff'erenzen mit den Beriehten der drei anderen Evangelien iiber die Erscheinungen des Herrn einfaeh und vollst!i.ndig, so da.B von einer ,groBen Zerfahrenheit der Ueberlieferung' (wie Keim, Leben Jesu. 3. Bearb. S. 350 bebauptet) niebt mehr die Rede sein kann. Uebrigens steht die Thatsaehe der Auferstehung Christi und det Erscheinungcn des Auferstandenen scbon durch das Zeugnis nieht allein des Apostels Paulus, welehes die neueJ;"e Kritik allein noch gelten Iassen will, sondern auch der übrigen Aposte! nnd durch die Thatsacbe der Gründung der christlichen Kirehe auf dem Glauben an die Realitii.t der Auferstebung des Herrn mis dem Grabe so unerschütterlich fest, daB aueb Meyer bei allen Ooncessionen, die er der negativen Kritik gemacht hat, aus diesen Zeugnissen den SchluR gezogen hat: ,es schwinde in der That alles exegetische Recht, aus det Auferstehung ans dem Grabe, dessen Leichnam die Verwesnng nieht erfahren hat (Act. 2, 31. 10, '41), irgend ein Ereignis zu machen, welcbes auf aine Auferstehung vom Kreuze hinauskii.me, mithin auf einen Irrtum aller Apostel und der ganzen Kirche von Anfang her'. Und die.Anstrengungen, welehe na.ch Abweisung der Scbeintodshypothese die neuesteKritik gemacht hat, um die evangelischen und apostoliseben Zeugnisse von
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den Erscheinungen Jesu nach seiner Auferstehung als· subjective Productionen entweder der Re:O.exion (Strauss, Scholten) zur Versohnung des Messiastodes mit dem Messiasglauben, oder der ekstatischen Vision (Baw·, Strauss 1864, Holsten, Ewald), mithin als geistige Schauuugen, die zli objectiven Vorgangen verkOrpert wurden, z11 erkl!i.ren, haben zu keiner befriedigenden Losung der unlcugbaren Thatsache geführt, so · da.B Sckenkel und /{eim die Notwendigkeit einsahen, die :E:rscheinungen auf eine objective Einwirkung des naeh dem 1'ode im Himmel unsterblich fortlebenden Geistes Jesu zurückzuführen und als reale Manifestationen seiner aus dem Tode (nicht aus dem Grabe) verkH!.rt he1·:. : vorgegangenen Persónlichkcit anzuerkennen, um der ,in jeder Form absurden Folgerung' auszuweichcn, da.6 cntweder dasChristentum seine Existenz einem Zufall verdaulce, oder Gott die SinnesW.uscihung, Gebilde aufgeregter Phantasie für objective Erscheinungen eines geliebten und verehrten Todten zu halten, gewirkt habc, weil das Zeugnis der Apostel: wfr haben den Herrn gosehen, mit seinen Wirkungen zu unverwerfüch sei (s Keim a. a. O. S. 362 ff.}. - Also eine Geistergoschichte mu.B erdacht werden, wenn gleich ,naeh dom Worte Lessing's uud Kants; unserer schli.rfste1i Deuker, alle Geschichten wiedergekommener Geister, welche die Menschheitsgeschichte erzli.hlt, als Aberglaube zu Boden fallen mogen' - um nur nicht an das biblische Wun. der der Auferweckung Jesu von den Todten zu glauben ! . Aus der zusammenfassenden Weise, in welcher Matth. über "die Erschei_nungen des Auferstandenen berichtet, erklart sich endlich auch der Umstand, da8 er, ebenso wie Johannes, über die Himmelfahrt Jesu ·schweigt¡ nicht aber· daraus, da.B beide einer Ueberlieferung folgten, welche davon nichts wuBte (11'/ey.), wornach weder das erste noch das vierte Evangelíum von Aposteln verfa.Bt sein künten. Wenn, wie Jlfey. nicht in Abrede stelt, ,die Himmelfahrt, die wirklich leibliche Erhebung in den Himmel dem Glauben der Apostel als geschchene Thatsaehe feststand, ohne welche ihnen auch die Parusie undenkbar gewcsen ware (Phil. 2, 9. 3. 20. Eph. 4, 10. 1 Petr. 3, 22. Job. 20, 17), so kann das Schweigen über diese Thatsache seinen Grund weder in Unkentnis derselben baben, noch darin, daB die Einkleidung dieser Tliatsache in einen sichtbaren Hergang vor den Augen dcr Aposte} cincr sp!iteren Ueberlieferung angehOre. Dcnn waren Petrus und Jobannes, wie aus den angeführten Stellen erhellt, davon überzeugt, daB Jes11s in den Himmel aufgefabren (:iW(!6Vf>Etr;; lilr;; Ov(>avóv, 1 Petr. 3, 22; &va{Jalvw :TC(>Ot; TOV :!fad.Qa µov Joh. 20, 17), und stand diese Thatsache dem Glauben der AJlostel fest, so konten sie sich aueh deu Hergang nicht wol anders denken, als wie er Luc. 24, 21 mit den Worteu1&vErpÉ(>6TO elr;; 'l:OV OV(JaVÓV einfach beschrieben ist. Wer die Thatsache, ,daB der Her.r einige Zeit nach seiner .Auferstehung aus dom Grabe in den Himmel emporgestiegen, und zwar nicht blos dem Geiste nach, sondern nach seiner im Momento der Erhcbung vollig verkliirten Leiblichkeit (Mey.), als einen im ganzen N. Test. verbürgten Glauben anerkent1 für den fel1lt in der That jeder vernünftige Grund, den Luc. 24,
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50. 51 u. A.e~. 1, 9-11 bescbriebenen Hergang der Himmelfahrt für eine spíitere Ueberlieferung auszugeben ( vgl. Steinm. S. 223 ). Die Nichterwíihnuñg desselben .im ersten und vierten Evangelium kann die Sache eben so wenig zweifolhaft machen, als die Ieibliche Geburt dadurch zweifelhaft wird, datl in denselben Evangelien der Hergang derselben nicht naher erzahlt wird, sondern Joh. nur berichtet ó J.ó¡o~ aá11s E/ÉVé'to (1, 14) und l\fatth. sie in dem Satze: wv 'lr¡aov ycv17ffbn:oc; /;v Br¡ff).ssµ (2, 1) nur andeuteud berührt. - Der wahre Grund des Schweigens des Matth. über die Himmelfahrt liegt in der Bedeutung, welche diese Thatsache für das von Jesu auf Erden vollbrachte Wcrk hat. Die Himrnelfahrt bildet nicht die ,au6erste Hohe der evangelíschen Geschichte', wie il-tey. sie faBt, sondern bezeichnet nur die Grenze oder das Aufüoreu der leiblich sichtbaren Erscheinungen des Auferstaudeuen. Das auf Erden zu vollbringende Werk der ErHlsung hatte Jesus mit der Hingabe seines Lebens in den Tod vollendet, aber sein Tod würde nicht als das Losegeld für die Sünde der W elt erkant worden sein, wenn Gott ihn nicht durch die Auferweckung von den Todten zum Herrn und Christ gemacht hatte (Act. 2, 36). Mit der Auferweckung in verklarter Leiblichkeit war•Christus schon der Erde entrükt und mit der Herrlichkeit bei dem Vater bekleidet, der er bei seiner Menschwerdung sich entaullert hatte. Vom Tage der Aufcrstchung an konte er mit seinen Jtingern nicht mehr in der früheren Weise verkehren, sondern nur noch in Erscheínungen sich ihuen als den Lebendigen kundgeben, und ihncn das Amt übergeben, für welches er sio erwahlt uud bis zn seinem Tode unterwiesen hatte. Die Erscheinungen des Auferstandenen bilden daher den SchluBpunkt der vollendeten evangelischen Geschichte. Mit der Himmelfahrt begint das Wirken und Walten des zur Re ch ten des Vaters Erhühten durch den heiligen Geist, welcher den durch die Verkündigimg des Evangeliums znm Glauben Kommenden die Frucht der durch Jesum Christum auf Erden vollbrachten Erlosung zueignet. Die Himmelfahrt hat demnach ihre richtige Stelle nicht am Ende der Evaugelion, sondern an der Spitze der Apostelgeschichtc, wo Lukas auch ihren Hergang erziihlt, wahrend er sic am Schlusse seines Evangeliums nur im Zusammenhange mit der Weisung, welche der Herr vor seiner Auffahrt den Jüngern erteilt, in Jerusalem die Sendung der VerheiBung des Vaters d. i. den Empfang des heiligen Geistes abzuwarten, kurz erwahnt. Da nun l\fatth. schon die Erscheinungen dos Auferstandenen nicht einzeln, sondern nur nach ihrem wesentlichen Kerne mitteilt, so fehlte für ihn jeder AulaB, den Hergang der Himmelfahrt zu beschreiben. Die Ver-. hei6ung des Auferstandenen: ,,Ich hin bei euch alle Tage bis zur Weltvollendung" sezt nicht nur die Hinimelfabrt voraus, sondern deutet auch das mit derselben anhebende Walten des Herrn vom Himmel herab in seinel' Gemeinde auf Erden an. Mit dieser VerbeiBung hat demnach Matthíius sein Evangelium sachgema3 schlie3en konnen..
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Drnckfehle1• und Berichtigtmgen. Seite 50 Z. 7 u. 6 v. u. lies sich anzulehnen st. angeschlossen. ., 85 ,, 4 v. u. lies Galil&a und Peraa st. Galilii.a. ., 209 ,, 22 ., o. ,, bekanten st. bekennten. ,, 326 ,, 3 ,, o. ,, 323 st. 223. ,, 409 ,, S ,, o. ,, von v. 12 an et. v. 12 an.
Vcrlag von Dorming & Franke, Lcipz.ig:
Biblischer CQmmentar über das Alfe Testament von Carl Friedr. Keil und Fra.nz Delitzsch. Theil I Bd.1: Keil, Genesis n. Exodus. 2.Aufl. 8Mk 40Pf. ,, I ,, 2: ,, Loviticus, Numeri u. Deuteronomium. 2. Aufl.. 8 Mk. 40 Pf. n 1: Josua, Richter, Ruth. 2.Aufl.. 7Mk. " II " 2: Die Biicher Samuels. 2. Aufl. 7Mk. " II " " Die Bücher der Konige. 2. AuB. 8 Mk. ,, " 3: " 12Mk. " IIl ,, 1: Delitzsch, Jésaia. 2. Aufi. . ,, III ,, 2: Keil, Jeremia. 10Mk. 8 Mk. 40 Pf. "m ,, 3: " Ezechiel. ,, III ,, 4: Die zwolf kleinen P1·opheten. 2. Aufl..
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11 Mk.
5: ,, Das Buch Daniel. 6 Mk. 40 Pf. 1: Delitzsch, Der Psalter. a. Aufl. 2 Bde. 16 Mk. 2: ,, lo b. 2. Aufl. 11 Mk. 3: ,, SalomonischesSpruchbnch. 9Mk. 4: ,, Hoheslied Salomonis und Koheleth. 8 Mk. ,, V: Keil, Chronik, Esra, Nohemia u. Esther. 10Mk. Supplement: Keil, Das 1. und 2. Buch der Makkabiier. 8 Mk. ,, ,, ,, ,, ,,
III IV IV IV IV
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Bibliotheca Pa.trum ecclesiasticorutn, recudí cur. C. B. Lindner. Fase. l.· Epistola ad Diognetum, Policar¡>i epístola ad Philippenses, Smyrnensinm epístola de Poli;carpi martyrio. 60 Pf. Fase. II. Tertulliani líber de resurrectione carnis. 80Pf. Fase. III. Clementis Alexandrini liber quis dives salvetur gracce et lat. 1 Mk. Fase. IV. Tertulliani de anima liber. Edit. 11. 1 Mk;. Cfa~~nri,
~aniel. 2 !lJlf. 25 ~f. •~ante·~ ~ijf{e, iilictfc~t unb ~iitotifdJ, iiflbetifdJ unb oomebmlidJ tlJcologifdJ ctHiutert tion .!t @ra ut. 4 9Jlf•
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