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SCHISMATOGLOTTIS PRIETOI
Schismatoglottis prietoi nach nach einem Jahr der Kultur in meinem Aquarium. Der Bestand hat sich auf mindestens das 20-Fache vergrößert. Fotos (wenn nicht anders vermerkt): Christel Kasselmann
Ein schönes Aronstabgewächs von den Philippinen Die Art wurde erst vor drei Jahren auf der philippinischen Insel Cebu entdeckt. In den Aquarien unserer Autorin erweist sie sich als problemlos, schnellwüchsig und sehr vermehrungsfreudig. | VON CHRISTEL KASSELMANN
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ie Gattung Schismatoglottis ist in der Aquaristik weitgehend unbekannt. Sie gehört wie Cryptocoryne Cryp tocoryne, Lagenandra, Anubias und Bucephalandra in die umangreiche Familie der Aronstabgewächse (Araceae). Aus dem etwa 120 Arten umassenden Genus waren bisher keine aquatischen Spezies bekannt. Seit einigen Jahren wird zwar vereinzelt S.
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roseospatha kultiviert, die als Rheo-
phyt in Sarawak (Borneo) au Felsen vorkommt; die Art hat sich aber in der vorkommt; Aquaristik nicht durchgesetzt. Einige weitere Gattungsvertreter sind ebenalls Rheophyten, die meisten von ihnen wachsen jedoch in euchtem Waldboden (M��� et al. 1997). Die Gattung Schismatoglottis ist im tropischen malaiischen Archipel
und im nördlichen Südamerika verbreitet; au den Philippinen kommen zwöl Arten vor. Schismatoglottis prietoi P. prietoi P. C. B����, M������� & S. Y. W��� wurde 2013 von Esquerion P. Prieto erstmals auf den Philippinen gesammelt und ihm zu Ehren 2015 beschrieben. Es ist die bisher einzige Art der Gattung, die in einem aquatischen Habitat gefunden wurde.
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Der Name leitet sich ab vom Griechischen schismatos = „Teil“ und glotta = „Zunge“, bedeutet also „geteilte Zunge“ und bezieht sich au die nach der Blüte aballende Spathaspreite. Einen brauchbaren deutschen Namen gibt es nicht. Anlässlich der Jahrestagung des Arbeitskreises Wasserpflanzen im Oktober 2015 erhielt ich von Jose B����� einen kleinen Top mit emers kultivierten Pflanzen der damals noch nicht beschriebenen Art. Sie stammten von der Insel Cebu und erinnerten mich an eine kleine Bonsai- Anubias. Im Unterschied dazu zeigt sich S. prietoi in der Aquarienkultur aber nicht nur anspruchsloser, sondern auch weitaus wüchsiger. Vor einem guten Jahr begann ich mit der Vermehrung nur weniger Exemplare; seitdem hat sich die Pflanzenmasse au das etwa 20-Fache vergrößert! Es ist mir deshalb eine besondere Freude, diese bemerkenswerte Neueinuhr den DATZ-Lesern vorzustellen. Schismato glottis prietoi wird sich in der Aquaristik sicher sehr schnell verbreiten, wenn es gelingt, sie über die Gewebekultur zu vermehren.
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Am Typusfundort auf Cebu wächst Schismatoglottis prietoi überwiegend submers Foto: Esquerion Prieto
Natürliche Standorte und Kultur B���� et al. (2015) berichten, dass der Sammler Prieto sie Ende 2013 kontaktierte, nachdem er au Cebu interessante Araceen gesammelt hatte. Die Pflanzen wuchsen schnell, und schon ein Jahr später zeigte die Blütenbildung in der Kultur, dass es sich um eine wissenschalich neue Art handelte. Zum gleichen Zeitpunkt and Prieto einen weiteren Standort im Norden der Insel Luzon, etwa 300 Kilometer von der ersten Sammelstelle enternt. Pflanzen dieser Herkun erreichen in allen vegetativen Merkmalen die annähernd doppelte Größe. Eine Blütenbildung zeigte aber keine Unterschiede zwischen den beiden Ausammlungen. Die Wissenschaler berichten von sehr dichten Beständen am Typusundort, einem Fluss mit flachem,
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Auf der Insel Luzon wird Schismatoglottis prietoi deutlich größer und wächst am Flussufer. Beachte auch das Basalt-Gestein als Untergrund. Foto: Esquerion Prieto
schnell fließendem Wasser, umgeben von euchtem Regenwald. Die Populationen au Cebu wuchsen vollständig unter Wasser (aquatisch), die au Luzon dagegen amphibisch an sumpfigen Uern. Im Unterschied zu vielen anderen Arten der Gattung handelt es sich bei S. prietoi nicht um einen Rheophyten. Beeindruckend sind die Bilder in der Erstbeschreibung, die die gleichmäßige Verteilung der massenhaen Pflanzen in dem Flussbett au Cebu zeigen. Esquerion Prieto schreibt (persönliche Mitteilung), dass er den CebuStandort ein zweites Mal im Mai 2016 ausuchte. Die Pflanzen wuchsen in
zumeist flachem Wasser in durchschnittlich etwa 40 Zentimetern Tiee. Die am Uer stehenden Exemplare and er zwischen den Wurzeln großer Bäume sowohl submers als auch emers, wenige sah er auch in einer Tiee von bis zu 1,20 Metern, wo sie größer waren. Die Temperatur betrug 20 bis 22 °C, und das Wasser wies einen pH-Wert von pH 7,8 au. Der Fundort au Luzon scheint sehr verschieden von dem Cebu-Standort zu sein. Prieto beschreibt ihn als einen elsigen Fluss mit einer Breite von zwei bis drei Metern und bis etwa 70 Zentimeter hohem Wasserstand. Au den mir zugesandten Fotos ist ein Un-
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Beeindruckend ist die verdichtete Pflanzenmasse. Auffällig sind die kurzen, kräftigen Wurzeln.
Die Wasserwerte der natürlichen Standorte von S. prietoi au Cebu und Luzon sind mir nicht bekannt. Au Luzon ist Cryptocoryne aponogetifolia verbreitet, au Cebu C. usteriana; beide Arten wurden in kiesig-sandigem Untergrund aus Basalt oder in Verwitterungsboden von Kalkgestein geunden (B����� 1984). Das Wachstum dieser Wasserkelche gelingt im Aquarium deshalb in hartem Wasser am besten. Es ist sehr wahrscheinlich, dass auch S. prietoi au Cebu und Luzon unter vergleichbaren Verhältnissen wächst wie die genannten Cryptocorynen und ebenalls nicht in weichem Wasser vorkommt. Meine Aquarienpflanzen kultiviere ich in mittelhartem Milieu bei einer Leitähigkeit um 250 µS/cm und bei pH-Werten zwischen pH 6,6 und 6,8.
Beeindruckende Vermehrung
Die beiden Pflanzengruppen sind durch ein langes Rhizom miteinander verbunden
tergrund aus Basalt zu erkennen. Die Bestände wuchsen nicht im Flussbett, sondern am Flussuer, wo er die Pflanzen in bis 30 Zentimeter tieem Wasser and.
Ansprüche im Aquarium Beschreibung und Fotos vom Typusundort lassen darau schließen, dass S. prietoi eine schattenliebende Art ist, die im Tagesverlau nur zeitweise besonnt wird. Seit einem Jahr versuche ich herauszufinden, wie viel Licht S. prietoi zum optimalen Wachstum benötigt. Dazu verteilte ich mehrere Exemplare au unterschiedliche Plätze
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im Vordergrund meiner Aquarien. Sie werden mit T5-Lampen ausgeleuchtet; bekanntermaßen ist an den Rändern der Lampen das Licht deutlich geringer als in der Mitte. Im Vergleich zu A. barteri var. nana, einer Schattenpflanze aus arikanischen Urwaldhabitaten, zeigte sich S. prietoi etwas lichtbedüriger. An gut ausgeleuchteten Stellen vermehrte sich die Art weitaus produktiver als an den schwächer erhellten Rändern der Aquarien. Natürlich handelt es sich nicht um eine Starklichtpflanze. Sehr hohe Lichtwerte würden zudem schnell zum Veralgen ihrer Blätter ühren.
Der im Oktober 2015 erhaltene kleine Bestand war nach sechs Monaten dermaßen verdichtet, dass ich alle Pflanzen aus dem Bodengrund nahm, um die Fläche zu vergrößern. Die Pflanzenmasse hatte sich mehr als verdoppelt. Dabei fielen mir die kurzen, aber kräigen Wurzeln au. An den bis zu zwei Millimeter dicken Rhizomen hatten sich zahlreiche Jungpflanzen gebildet, aber es gab aber auch viele Rosetten an bis zu ün Zentimeter langen Ausläuern. Ich trennte nur die kräigsten Pflanzen ab, weil ich beürchtete, dass die kleineren nicht anwachsen könnten. Ich setzte jedes Exemplar mit geringem Abstand zum nächsten erneut in den mit Kies vermischten, sandig-lehmigen Boden. Au diese Weise erweiterte ich die bepflanzte Fläche au das Doppelte. Nach weiteren drei Monaten war der Bestand wiederum so dicht, dass ich erneut alle Pflanzen herausnahm. Die eine Häle verschenkte ich. Von den übrigen Exemplaren trennte ich kleine Rosetten ab und erweiterte die Fläche nun au 70 x zehn Zentimeter; zugleich verteilte ich einzelne Exemp-
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lare zu Versuchszwecken au andere Aquarien. Inzwischen sind wieder drei Monate vergangen und der Bestand ist so verdichtet, dass ich abermals teilen kann. Die Schilderung zeigt, wie beeindruckend schnell die vegetative Vermehrung von S. prietoi unter guten Wuchsbedingungen erolgt. Auch die Bilder demonstrieren anschaulich das Geflecht der zahlreichen kleinen Jungpflanzen an Rhizomen und Ausläuern. Nach meinen Erahrungen ist S. prietoi eine schnellwüchsige Aquarienpflanze mit hoher produktiver Vermehrung. R������ (2016) hingegen bezeichnet das Wachstum „als eher langsam“. Der Autor berichtet auch von der erolgreichen Kultur au Lavagestein, wobei er keinen Unterschied zwischen einer augebundenen und einer direkt im Bodengrund stehenden Pflanze eststellte. Meine Versuche mit au Lava fixierten Pflanzen lassen sich noch nicht abschließend bewerten. Produktiver scheint mir zum jetzigen Zeitpunkt allerdings das Einpflanzen in Substrat. In meinen Aquarien erreichen die bis zu vier Zentimeter lang gestielten, lanzettlichen bis schmal eiörmigen, grasgrünen Blätter eine Länge von 2,5 und eine Breite von 1,7 Zentimetern. Der Blattrand ist schwach gewellt, die Blattspreite spitz zu lauend. In der Sumpfultur werden die Blätter mit drei bis vier (bis 7,5) Zentimetern Länge und einer Breite von ein bis zwei Zentimetern etwas größer (B���� et al. 2015). Schismatoglottis prietoi sieht unter Wasser aus wie eine kleine Bonsai Anubias, besitzt aber im Vergleich deutlich weichere und größere Blätter mit etwas hellerer Grundärbung sowie dünne, weiße Rhizome.
Blütenstände unter Wasser Versteckt zwischen den Blättern and ich im April 2016 drei unter Wasser gebildete Blütenstände, die den oberen Teil der Spatha (die Spathaspreite) aber erst abwaren, als ich sie über
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Produktive Vermehrung durch kurze Ausläufer
Die Nahaufnahme zeigt, dass die neuen Triebe dicht an dicht aus dem Rhizom der Mutterpflanze entstehen
Wasser weiter kultivierte. Die etwa zwei Zentimeter lange Spatha ist kurz gestielt und unauffällig. Am rund 1,2 Zentimeter langen Blütenkolben befinden sich im unteren Teil die weiblichen Blüten, die zuerst reien, darüber olgen ertile und an der Spitze sterile männliche Blüten (Staminodien). Leider gelang mir keine Fruchtbildung; eine generative Vermehrung könnte ür die Aquaristik interessant sein. Einige meiner Pflanzen gab ich im April 2016 in den Handel. Es ist zu wünschen, dass die Gewebevermeh-
Schismatoglottis prietoi lässt sich auch auf einem Lavastein kultivieren
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Schismatoglottis prietoi blüht im Aquarium. Die unscheinbare Spatha ist kürzer als die Blätter und leicht zu übersehen.
rung erolgreich verläu und S. prietoi vielleicht schon in diesem Frühjahr im Zooachhandel angeboten wird. Augrund des niedrigen Wuchses lässt sich die dekorative und anspruchslose Art im Vordergrund jedes Aquariums verwenden; prädestiniert ist sie augrund ihrer geringen Wuchshöhe von ün bis sieben Zentimetern ür die Verwendung in Nano-Aquarien.
Dank Esquerion Prieto danke ich herzlich ür die reundliche Korrespondenz und die Inormationen zu den natürlichen Standorten. n
Literatur BOGNER,
J. (1984): Cryptocoryne usteriana ENGLER und Cryptocoryne aponogetifolia MERILL. – Aqua Planta 9 (4): 7–13. BOYCE, P. C., M. P. MEDICILO & W. S. YENG (2015): A
Die Spatha öffnet sich nur einen sehr kleinen Spalt an der Spitze
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Nach der Blüte wird die Spathaspreite abgeworfen, und nur die winzigen Staminodien schauen heraus new and remarkable aquatic species of Schismatoglottis (Araceae) from the Philippines. – Willdenowia 45: 405–408. KASSELMANN, C. (2016): Schismatoglottis prietoi (Araceae) – Vorstellung einer neuen Art für die Aquaristik und erste Erfahrungen. – Aqua Planta 41 (2): 52–53. MAYO, S. J., J. BOGNER & P. C. BOYCE (1997): The genera of Araceae. – Royal Botanic Gardens, Kew. RICHTER, A. (2016): Schismatoglottis prietoi P. C. BOYCE, MEDECILO & S. Y. WONG (Araceae) – eine neue Aquarienpflanze. – Aqua Planta 41 (2): 41, 48– 51.
Längsschnitt durch die geschlossene Spatha. Im unteren Teil befinden sich am Blütenkolben die weiblichen Blüten, darüber männliche Blüten mit weißem Pollen und an der Spitze die unfruchtbaren Staminodien.
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