Reinhard Lerch
Elektrische Messtechnik Analoge, digitale und computergestützte Verfahren 7. Auflage
Elektrische Messtechnik
Reinhard Lerch
Elektrische Messtechnik Analoge, digitale und computergestützte Verfahren 7., aktualisierte Auflage
Reinhard Lerch Erlangen, Deutschland
Extras im Web http://www.springer.com/de/book/9783662469408
ISBN 978-3-662-46940-8 DOI 10.1007/978-3-662-46941-5
ISBN 978-3-662-46941-5 (eBook)
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. Springer Vieweg © Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlags. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bearbeitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften. Der Verlag, die Autoren und die Herausgeber gehen davon aus, dass die Angaben und Informationen in diesem Werk zum Zeitpunkt der Veröffentlichung vollständig und korrekt sind. Weder der Verlag noch die Autoren oder die Herausgeber übernehmen, ausdrücklich oder implizit, Gewähr für den Inhalt des Werkes, etwaige Fehler oder Äußerungen. Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier. Springer Vieweg ist Teil von Springer Nature Die eingetragene Gesellschaft ist Springer-Verlag GmbH Berlin Heidelberg
Vorwort zur siebten Auflage
Nunmehr erscheint die 7. Auflage dieses Werkes, dessen Erstausgabe bereits u uckliegt. Als Autor eines Buches u ¨ ber 20 Jahre zur¨ ¨ ber Elektrische Mess¨ technik wird einem bei der Uberarbeitung bewusst, wie rasch und in welch geh¨ origem Umfang sich die technischen Inhalte auf diesem Gebiet ¨andern. Nachdem aber andererseits das Buch auch einen nicht unerheblichen Anteil der Grundlagen in diesem Fach abdeckt, die sich im Laufe der Jahre nur wenig oder gar nicht ver¨andern, ist doch auch ein solider Anteil der Kapitel u ¨ ber ¨ die Jahre stabil geblieben und musste keine gr¨oßeren Anderungen erfahren. Die Abschnitte u ¨ ber die moderne digitale Messtechnik und insbesondere die Kapitel zur computerunterst¨ utzten Messdatenerfassung sind hingegen daf¨ ur um so volatiler. Dem wurde nat¨ urlich auch bei der Aufbereitung der 7. Auflage wieder Rechnung getragen. Wir haben speziell diese Abschnitte erg¨anzt, u ¨ berarbeitet und neu aufbereitet. So wurden neue Unterkapitel zu den Themen Computerschnittstellen, Feldbusse, Einbindung des Ethernets in die heutige Automatisierungstechnik, Speicherprogrammierbare Steuerungen, Einplatinencomputer f¨ ur Embedded Systems und Digitaloszilloskope aufgenommen bzw. bestehende auf den neuesten Stand gebracht. Daneben gab es in nahezu allen Kapiteln eine Reihe von Korrekturen, die notwendig wurden, sowie Verbesserungen in didaktischer Hinsicht. Allen Lesern, die mich dabei unterst¨ utzt haben und Anregungen sowie Hinweise gegeben haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Ansonsten gilt der ausdr¨ uckliche Dank all meinen Mitarbeitern vom Lehrstuhl f¨ ur Sensorik der Friedrich-Alexander-Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg. Sie haben mich auch dieses Mal wieder tatkr¨aftig unterst¨ utzt, die Neuauflage mit all ihren Erg¨anzungen und Verbesserungen zeitgerecht fertigzustellen. Ohne deren Hilfe w¨are die Pflege eines solch umfangreichen Werkes kaum denkbar. Besonders bedanken m¨ochte ich mich bei meinen wissenschaftlichen Mitarbeitern, Herrn M.Sc. Michael Fink und Herrn Dipl.-Ing. Dominik Gedeon, die dieses Mal einen geh¨origen Teil der Last getragen haben. Mein Kollege und Honorarprofessor unserer Universit¨at, Prof. Dr. Klaus-Dieter Sommer, hat dankenswerterweise den Abschnitt zur Erneuerung des SI-Systems ver-
VI
fasst. Außerdem wurde auf der beiliegenden DVD ein Kapitel zur Messunsicherheit aufgenommen, dessen Autor er ist. Auch daf¨ ur sei ihm herzlich gedankt. Des Weiteren gilt mein spezieller Dank Frau Christine Peter, die f¨ ur die technische Erstellung des Manuskriptes verantwortlich zeichnete. Auch Herrn Michael G¨ unther sei f¨ ur seine Mitwirkung beim Update technischer Inhalte gedankt. Die Zusammenarbeit mit dem Springer-Verlag war wie immer ausgezeichnet und verlief in sehr freundschaftlicher Atmosph¨are. email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2016
Reinhard Lerch
Vorwort zur sechsten Auflage
Dank der regen Nachfrage kann bereits knapp zwei Jahre nach dem Erscheinen der letzten Auflage nunmehr die 6. Auflage dieses Werkes erscheinen. Neben allf¨ alligen Korrekturen kleiner Fehler und Aktualisierungen auf dem Gebiet Computerunterst¨ utzte Messdatenerfassung wurde bei der Neuaufbereitung ein umfangreicher Abschnitt zum Thema Energiemeter hinzugenommen. In diesem Abschnitt (Kap. 11.10) werden die technischen Aspekte der modernen Leistungs- bzw. Energiemessung ausf¨ uhrlich diskutiert. Einen wesentlichen Teil nimmt dabei die Besprechung von integrierten Schaltkreisen ein, die der Messung elektrischer Leistung und Energie im elektrischen Energieversorgungsnetz dienen. Diese integrierten Schaltkreise bilden ja auch das Herzst¨ uck von neuartigen Energiemetern, den sog. Smart Metern, also elektronischen Energiez¨ahlern, die leicht in moderne IT-Infrastrukturen eingebunden werden k¨ onnen. Somit sind sie auch im Hinblick auf Energieeinsparung sowie die Kanalisierung und Steuerung von Energiefl¨ ussen im Zuge der dezentralen elektrischen Energieversorgung unersetzlich geworden. Die Smart Meters sind notwendig, um die derzeit in Diskussion bzw. Planung befindliche SmartGrid-Technologie des elektrischen Energieversorgungsnetzes zu realisieren. Dar¨ uberhinaus werden auch die Verfahren vorgestellt, mit denen Leistungen bzw. Energien von Mikrowellenkomponenten gemessen werden, wie z. B. Leistungssensoren f¨ ur den GHz-Bereich. In diesem Zusammenhang werden die Hochfrequenz-Leistungsmessungen unter Verwendung von thermoelektrischen Umformern und Bolometern besprochen. Des Weiteren werden Leistungsmssk¨ opfe auf der Basis von kaskadierten logarithmischen Verst¨arkern behandelt sowie solche, die mit Diodengleichrichtern arbeiten. Bei all diesen Arbeiten konnte ich wieder auf das bew¨ahrte Team meines Lehrstuhls vertrauen. Mein besonderer Dank gilt Frau Bettina Melberg und Frau Cornelia Salley-Sippel f¨ ur ihre Unterst¨ utzung bei der Erstellung des Layouts sowie den Herren Dipl.-Ing. Thorsten Albach, Dipl.-Ing. Dominik Gedeon, Dr. techn. Stefan J. Rupitsch, Dr.-Ing. Alexander Sutor und Michael G¨ unther f¨ ur Ihre tatkr¨aftige Mithilfe bei der inhaltlichen Gestaltung des Manuskriptes. F¨ ur die Unterst¨ utzung bei der technischen Erstellung des Werkes
VIII
sowie beim Marketing geb¨ uhrt Frau Hestermann-Beyerle und Frau KollmarThoni vom Springer-Verlag Heidelberg mein Dank. Abschließend darf ich mich bei allen Lesern bedanken, die dieses Werk erwerben, und darf Ihnen große Freude beim Lesen w¨ unschen. email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2012
Reinhard Lerch
Vorwort zur fu ¨nften Auflage
F¨ ur die 5. Auflage dieses Buches sind wichtige inhaltliche Erweiterungen vorgenommen worden. So wurde beispielsweise im Kapitel Messverst¨arker ein Abschnitt u ugt ¨ ber Operationsverst¨arker mit differentiellem Ausgang hinzugef¨ und im Kapitel Analoges Messen elektrischer Gr¨oßen ein Abschnitt u ¨ ber Strommeßzangen neu aufgenommen. Außerdem wurden dort die Operationsverst¨ arker-Datentabellen aktualisiert. Da insbesondere die Hard- und Software zur Messdatenerfassung und Laborautomation kontinuierlicher Innovation unterliegen, wurden die entsprechenden Kapitel auf den neuesten Stand der Technik gebracht, so zum Beispiel auch der Abschnitt u ¨ ber PXI-Systeme, welche in letzter Zeit immer mehr an Bedeutung gewinnen. Auch der Abschnitt u ¨ ber Analog-Digital-Umsetzer wurde aktualisiert. Das Angebot an Software, ¨ Rechenbeispielen und sonstigen Ubungsaufgaben, die sich auf der beiliegenden DVD befinden, wurde erg¨anzt und ebenfalls auf den neuesten Stand gebracht. Weiterhin wurden alle Kapitel im Hinblick auf Inkompabilit¨aten in der Schreibweise von Formeln und Formelzeichen u uft und bestehende ¨berpr¨ Abweichungen korrigiert. Bei all diesen Arbeiten konnte ich wieder auf das bew¨ahrte Team meines Lehrstuhls vertrauen. Mein besonderer Dank gilt Frau B. Melberg und Frau C. Salley-Sippel sowie den Herren Dipl.-Ing. Th. Albach, Dr. techn. S. J. Rupitsch, Dr.-Ing. A. Sutor und M. G¨ unther f¨ ur Ihre tatkr¨aftige Mithilfe. F¨ ur die Unterst¨ utzung bei der technischen Erstellung des Werkes sowie beim Marketing geb¨ uhrt Frau Hestermann-Beyerle und Frau Kollmar-Thoni vom Springer-Verlag Heidelberg mein Dank. Abschließend darf ich mich bei allen Lesern bedanken, die dieses Werk kaufen, und darf Ihnen große Freude beim Lesen w¨ unschen. email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2010
Reinhard Lerch
Vorwort zur vierten Auflage
Zun¨ achst einmal gilt mein besonders herzlicher Dank all denjenigen Lesern, die im letzten Jahr dieses Buch k¨auflich erworben haben. Denn dank ihnen ist es m¨ oglich geworden, schon ein Jahr nach Erscheinen der letzten Auflage die nunmehr 4. Edition dieses Werkes herauszugeben. Dadurch ist es in relativ kurzer Frist gelungen, neben anstehenden kleineren Korrekturen wesentliche Erweiterungen bzw. Verbesserungen am Text und der beiliegenden DVD vorzunehmen. Viele der Vorschl¨age dazu stammen von Fachkollegen an Universit¨ aten und Fachhochschulen. In diesem Zusammenhang geb¨ uhrt meinen Kollegen aus dem Kreise des AHMT (Arbeitskreis der Hochschullehrer Messtechnik; www.ahmt.de) mein besonderer Dank. Denn vor allem von ihnen kamen konstruktive Vorschl¨age, das vorliegende Werk in Richtung Messsignalverarbeitung, Korrelationsmesstechnik, Regressions- und Test-Verfahren auszubauen. F¨ ur diese sehr wertvollen Hinweise und Anmerkungen bei der Evaluierung der letzten Auflage m¨ochte ich an dieser Stelle nochmals meinen besonderen Dank aussprechen. ¨ Des Weiteren sind die Ubungsund Demonstrationsbeispiele auf beiliegender DVD in großem Umfang, insbesondere f¨ ur die eben genannten Kapitel, ausgebaut worden. Diese basieren im Wesentlichen auf dem Programm LabVIEW (National Instruments), das auch bei dieser Auflage auf der DVD in seiner neuesten Version (Studentenversion) vorliegt. Mit Hilfe der auf der ¨ DVD enthaltenen Ubungen, Programmier- und Demonstrationsbeispielen ist es m¨ oglich, dass der Leser sein mit dem Studium des Werkes erworbenes Wissen unmittelbar auf praktische ingenieurm¨aßige Problemstellungen an¨ wendet. Das dieses Lehrbuch begleitende Ubungsbuch “Elektrische Messtech¨ ¨ nik - Ubungsbuch” rundet die Ubungsm¨oglichkeiten in den Bereichen ab, f¨ ur die Computer¨ ubungen weniger geeignet sind als Rechnungen mit Papier und Bleistift. F¨ ur die entsprechende Unterst¨ utzung beim Erstellen der DVD und die gewinnbringende Kooperation mit der Firma National Instruments m¨ochte ich mich vor allem bei den Herren Marc Backmeyer und Dipl.-Ing. Rahman Jamal bedanken.
XII
Mein vorrangiger Dank gilt aber vor allem meinem Team des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik, das durch seinen unerm¨ udlichen Einsatz in der letzen Zeit die schnelle Erstellung dieser 4. Auflage erm¨oglicht hat. Hier sind vor allem zu nennen: Herr Dipl.-Ing. Thorsten Albach, Frau Bettina Melberg, Frau Cornelia SalleySippel, Herr Dr.-Ing. Alexander Sutor. Nicht zuletzt darf ich auch die wiederum exzellente Zusammenarbeit mit dem herausgebenden Verlag und seinen Mitarbeitern, vor allem Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe, hervorheben.
email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2007
Reinhard Lerch
Vorwort zur dritten Auflage
Dank der recht großen Beliebtheit dieses Buches ist es m¨oglich, bereits zwei Jahre nach Erscheinen der letzten Auflage nunmehr die 3. Auflage dieses Werkes vorstellen zu k¨onnen. Gegen¨ uber der 2. Auflage wurden vor allem die Kapitel zur Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung dem allerneuesten Stand der Technik angepaßt. So wird der j¨ ungst eingef¨ uhrte LXI-Standard zur Vernetzung von Meßger¨aten ebenso behandelt wie die neuesten Entwicklungen auf dem Gebiet der Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS), der Digitaloszilloskope, der USBMeßmodule sowie moderne Source Measuring Units. Damit ist dieser Block auf nunmehr 200 Seiten bzw. ein Drittel des Gesamtwerkes angewachsen. Das Kapitel Elektromechanische Meßger¨ate“(Kapitel 6.1) wurde beibe” halten trotz der Tatsache, daß es sich dabei um eine in ihrer Bedeutung zur¨ uckgehende Meßger¨ateklasse handelt. Dennoch halte ich diesen Abschnitt f¨ ur ¨ außerst wertvoll f¨ ur Studierende des Faches Sensorik bzw. f¨ ur das gesamte Gebiet der Mechatronik, da man anhand der Funktionsprinzipien f¨ ur elektromechanische Meßger¨ate sehr sch¨on die Interaktionen zwischen mechanischen und elektromagnetischen Feldern lernen kann. Demzufolge sind die hier behandelten elektromechanischen Grundprinzipien und Gesetzm¨aßigkeiten (z. B. die Lorentzkraft oder die Wirbelstromd¨ampfung) insbesondere f¨ ur das Verst¨ andnis von modernen elektromechanischen Sensoren und Aktoren wichtig. An dieser Stelle gilt es auch, zun¨achst einmal all denjenigen herzlich zu danken, die mich in den beiden letzten Jahren auf Fehler bzw. unklare Darstellungen in der 2. Auflage aufmerksam gemacht haben. Meistens handelte es sich dabei um Studierende der Technischen Fakult¨at der Friedrich-AlexanderUniversit¨ at Erlangen-N¨ urnberg oder auch um Studierende anderer Universit¨ aten und Fachhochschulen, die sich auf Pr¨ ufungen in ingenieurwissenschaftlichen F¨ achern vorbereitet haben. Alle berechtigten Einw¨ande und Hinweise wurden in der vorliegenden Auflage ber¨ ucksichtigt. Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik der Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg wiederum mit großem
XIV
Einsatz unterst¨ utzt. In allererster Linie bin ich unserem akadem. Rat, Herrn Dr.-Ing. Alexander Sutor, ebenso wie Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler, Herrn Dipl.-Ing. Erich Leder sowie dem Leiter unserer Elektronikwerkstatt, Herrn Michael G¨ unther, f¨ ur ihre Beitr¨age zu diesem Werk zu großem Dank verpflichtet. F¨ ur ihren unerm¨ udlichen Einsatz bei der elektronischen Fertigstellung des kamerafertigen Manuskriptes samt aller darin enthaltenen, teilweise diffizilen Grafiken gilt mein besonders herzlicher Dank wiederum Frau Cornelia SalleySippel und Frau Bettina Melberg. Bedanken m¨ochte ich mich auch bei den beiden verantwortlichen Mitarbeiterinnen des Springer-Verlages, Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe, f¨ ur die hervorragende Unterst¨ utzung und exzellente Zusammenarbeit. ¨ Diesem Buch liegt eine CD-ROM mit Ubungsaufgaben zur R Rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung in NI LabVIEW sowie zur Programmierung von Speicherprogrammierbaren SteuerunR gen (SPS) mit CoDeSys bei. Dabei gibt es Programmieraufgaben, deren L¨ osung via Internet auf eine am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik (FriedrichAlexander-Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg) aufgebaute Speicherprogrammierbare Steuerung heruntergeladen werden k¨onnen. Anhand helligkeitsgesteuerter Lampen und LEDs l¨aßt sich mittels einer WebCam die erfolgreiche Programmierung dieser SPS beobachten. Das oben gezeigte Icon weist an entsprechenden Stellen des Buches auf ¨ ¨ thematisch passende Ubungsaufgaben auf der CD-ROM hin. Weitere Ubungsbeispiele und Hinweise findet man unter www.lse.e-technik.uni-erlangen.de/elektrische_messtechnik
email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2006
Reinhard Lerch
Vorwort zur zweiten Auflage
Die zweite Auflage tr¨agt insbesondere den aktuellen Entwicklungen im Bereich Computerunterst¨ utzte Meßdatenerfassung Rechnung. Daher sind die entsprechenden Kapitel in der zweiten Auflage stark angewachsen und nehmen nunmehr u ¨ ber ein Drittel des Gesamtumfanges ein. Infolgedessen k¨onnen alle wesentlichen Hard- und Software-Komponenten der modernen rechnergest¨ utzten Meßdatenerfassung behandelt werden. So werden beispielsweise die weltweite Vernetzung von Meßdaten- und Prozeßrechnern wie auch die Meßdatenerfassung unter Zuhilfenahme von Virtual Private Networks besprochen. Die zweite Auflage wurde ebenfalls erweitert auf dem Gebiet der Ausgleichsvorg¨ ange in elektrischen Netzwerken, was der detaillierten Erl¨auterung der dynamischen Meßfehler und ihrer Korrekturm¨oglichkeiten zugute kommt. Auch die Analyse und Messung von nichtlinearen Bauelementen wurde in den Stoff aufgenommen. Bei der Erweiterung des Buches haben mich die Mitarbeiter des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik der Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg mit großem Engagement unterst¨ utzt. In allererster Linie bin ich Herrn Dr.-Ing. Alexander Sutor und Herrn Dipl.-Ing. Martin Meiler f¨ ur ihre fachlichen Beitr¨age zu diesem Werk zu großem Dank verpflichtet. F¨ ur ihren unerm¨ udlichen Einsatz bei der Erstellung des Manuskriptes und der Grafiken gilt Frau Cornelia Salley-Sippel und Frau Bettina Melberg mein besonderer Dank. An der Korrekturlesung des Werkes waren alle Mitarbeiter des Lehrstuhls sowie Herr Dr.-Ing. G¨ unter Pretzl vom Lehrstuhl f¨ ur Technische Elektronik und meine Ehefrau Elke beteiligt. Auch ihnen sei an dieser Stelle daf¨ ur herzlich gedankt. Dank gilt auch den Mitarbeitern des Springer-Verlages f¨ ur die hervorragende Kooperation, insbesondere Frau Eva Hestermann-Beyerle und Frau Monika Lempe. email:
[email protected]
Erlangen, im Sommer 2004
Reinhard Lerch
Vorwort zur ersten Auflage
Die in der zweiten H¨alfte unseres Jahrhunderts erfolgten innovativen Entwicklungen auf dem Gebiet der Elektrotechnik haben f¨ ur die Elektrische Meßtechnik eine Vielzahl neuer Verfahren und Meßschaltungen mit sich gebracht. So basiert die Messung elektrischer und nicht-elektrischer Gr¨oßen heute vorwiegend auf Schaltungen, die erst durch in j¨ ungster Vergangenheit entwickelte elektronische Halbleiterbauelemente und integrierte Schaltkreise, wie beispielsweise Operationsverst¨arker, digitale Grundschaltungen und AnalogDigital- bzw. Digital-Analog-Umsetzer, erm¨oglicht wurden. Die Nutzung dieser modernen Elektronik und die enormen Fortschritte auf dem Gebiet der Digitalrechner haben zu einer sehr engen Verflechtung von Elektrischer Meßtechnik und Computertechnik bzw. Informatik gef¨ uhrt. Dies zeigt sich unter anderem in der Tatsache, daß die heutige Meßdatenerfassung und Meßsignalverarbeitung zunehmend auf Digitalrechner oder digitale Signalprozessoren verlagert werden und zum Teil in Software implementiert sind. Nachdem in den letzten Jahren eine Vielzahl von leistungsf¨ahigen Sensoren zur Detektion nicht-elektrischer Meßgr¨oßen entwickelt wurde, verst¨arkt sich der Trend, daß viele nicht-elektrotechnische Wissenschaftszweige, wie z. B. der Maschinenbau und die Verfahrenstechnik, ihre meßtechnischen Probleme mit rein elektrotechnischen bzw. informationstechnischen Mitteln l¨osen. Es wurde versucht, dieser Entwicklung mit der Struktur des vorliegenden Werkes Rechnung zu tragen, ohne die klassischen Grundlagen zu vernachl¨ assigen. So werden nach einem einf¨ uhrenden Kapitel u ¨ber Meßfehler, die konventionellen elektromechanischen Meßwerke besprochen, welche zwar zunehmend von digitalen Meßger¨aten abgel¨ost werden, deren grundlegende Wandlungsmechanismen aber f¨ ur das Gebiet der elektromechanischen Meßwertaufnehmer (Sensoren) von großer Bedeutung sind. Nach den Abschnitten zur Messung von elektrischer Spannung, elektrischem Strom und elektrischer Impedanz folgen als thematische Schwerpunkte die Methoden und Verfahren sowie die daraus resultierenden elektronischen Schaltungen der modernen Elektrischen Meßtechnik. Diese werden in den Kapiteln Operationsverst¨arker, Darstellung elektrischer Signale, Digitale Meßtechnik, Messung von Frequenz
XVIII
und Zeit sowie Meßsignalverarbeitung und Rechnergest¨ utzte Meßdatenerfassung behandelt. Die in diesem Buch angesprochenen Themen und Fragestellungen decken den Stoff einer einf¨ uhrenden Vorlesung Elektrische Meßtechnik ab. Dar¨ uberhinaus ist die Thematik einer weiterf¨ uhrenden Vorlesung Rechnergest¨ utzte Meßdatenverarbeitung und Meßsignalverarbeitung enthalten, die als Wahlvorlesung f¨ ur Studenten h¨oherer Semester Bestandteil des an der Johannes Kepler Universit¨ at Linz im Jahre 1990 eingerichteten Diplomingenieurstudienganges Mechatronik ist. Das Buch wendet sich jedoch nicht nur an Studenten der Fachrichtungen Elektrotechnik, Mechatronik, Maschinenbau, Informationstechnik, Physik und Chemie sondern auch an die bereits auf dem Gebiet der Meßtechnik praktisch t¨atigen Ingenieure und Naturwissenschaftler, die ihr Wissen u ¨ ber Meßtechnik auffrischen bzw. vertiefen wollen. Mit dem vorliegenden Werk sollen sowohl Kenntnisse u ¨ber die bei der Messung elektrischer Gr¨ oßen eingesetzten Standardverfahren vermittelt als auch der neueste Stand der zur modernen Elektrischen Meßtechnik z¨ahlenden computergest¨ utzten Meßdatenerfassung und Meßsignalverarbeitung beschrieben werden. ¨ zur ElekDas Buch ist in Verbindung mit dem Begleitwerk Ubungen ” ¨ trischen Meßtechnik“ (R. Lerch; M. Kaltenbacher; F. Lindinger: Ubungen zur Elektrischen Meßtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1996) zum ¨ Selbststudium geeignet. In diesem Ubungsbuch werden neben kurzen Repetitorien zahlreiche praktische Aufgaben und weiterf¨ uhrende Beispiele zu dem gesamten im Lehrbuch behandelten Stoff angeboten. F¨ ur das Verst¨andnis des in den beiden genannten Werken dargebotenen Stoffes werden lediglich Grundkenntnisse auf den Gebieten Elektrotechnik, Mathematik sowie Schaltungstechnik erwartet. Bei der Ausarbeitung des Manuskriptes habe ich viele Anregungen und wesentliche Unterst¨ utzung von allen am Institut f¨ ur Elektrische Meßtechnik der Universit¨at Linz t¨atigen Mitarbeitern erfahren. In allererster Linie bin ich Herrn Dipl.-Ing. Manfred Kaltenbacher und Herrn Dipl.-Ing. Franz Lindinger f¨ ur ihre wesentlichen fachlichen Beitr¨age zu diesem Werk sowie ihren unerm¨ udlichen Einsatz im Zusammenhang mit der Erstellung des Manuskriptes zu gr¨ oßtem Dank verpflichtet. Die wahrlich nicht immer einfachen Aufgaben des computergerechten Textschreibens sowie der Anfertigung von Abbildungen lagen in den H¨anden von Frau Waltraud Kratzer, die die immer wieder an¨ stehenden Texterweiterungen und Anderungen der Abbildungen mit großem Engagement und Sachverstand vorgenommen hat. Ihr geb¨ uhrt mein herzlicher Dank, ebenso wie Frau Sylvia Preßl, die ebenfalls viele der Grafiken angefertigt hat, wie auch Frau Ingrid Hagelm¨ uller, die f¨ ur die Texteingabe sowie die Erstellung der Abbildungen der ersten Manuskriptversion verantwortlich war. All denjenigen, die an der Korrekturlesung dieses Werkes beteiligt waren und Verbesserungsvorschl¨age eingebracht haben, d. h. meinen Kollegen, meinen Assistenten, insbesondere den Herren Dipl.-Ing. Todor Sheljaskov und Dipl.Ing. Roland Exler, den Linzer Mechatronik-Studenten sowie meiner Ehefrau
XIX
Elke, m¨ ochte ich ebenfalls meinen herzlichen Dank f¨ ur ihren großen Einsatz aussprechen. Mein Dank gilt auch dem Springer-Verlag, insbesondere Herrn Dr. Hubertus Riedesel, der die Anregung zur Abfassung des vorliegenden Werkes gab, sowie seinen Mitarbeiterinnen Frau Marianne Ozimkowski und Frau Gaby Maas f¨ ur ihre Unterst¨ utzung bei der Erstellung des kamerafertigen Manuskriptes. Allen eben genannten Personen m¨ochte ich auch danken f¨ ur ihr Verst¨andnis und ihre Geduld bei der mehrmals verz¨ogerten Abgabe des Manuskriptes. Da es erwartungsgem¨aß auch bei noch so sorgf¨altiger Bearbeitung des Textes nicht m¨ oglich sein d¨ urfte, die Erstauflage eines solchen Buches fehlerfrei zu halten, m¨ ochte ich mich schon vorab bei allen Lesern f¨ ur diese Fehler entschuldigen und sie ermutigen, von ihnen eventuell entdeckte Fehler an die folgende Adresse mitzuteilen: O. Univ.-Prof. Dipl.-Ing. Dr. Reinhard Lerch Institut f¨ ur Elektrische Meßtechnik Johannes Kepler Universit¨at Linz Altenberger Straße 69 A-4040 Linz email:
[email protected]
Linz, im Januar 1996
Reinhard Lerch
Inhaltsverzeichnis
1
Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik . . . . . 1.1 Zur Historie und Bedeutung der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . 1.2 Der Begriff des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.1 Allgemeine Begriffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.2 Messger¨at und Messeinrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.3.3 Messkette (Struktur einer elektrischen Messeinrichtung) 1.4 Vorschriften und Normen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5 Klassifizierung von Messmethoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode . . . . . . . . . 1.5.2 Analog - Digital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.5.4 Direkt - Indirekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1.6 Die Informationstr¨ager im Messsignal . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
1 1 3 4 4 5 5 6 7 7 8 8 9 9
2
Die Grundlagen des Messens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.1 Maßsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.2 Naturkonstanten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.3 Das SI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.4 Das k¨ unftige SI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.1.5 Abgeleitete Einheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2.2 Gr¨oßen- und Zahlenwertgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
11 11 11 13 13 14 18 18
3
Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und ¨ Vierpol-Ubertragungsverhalten ............................ 3.1 Fourier-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.2 Ausgleichsvorg¨ange in linearen Netzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.3 Die Laplace-Transformation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen . . . . . .
21 21 25 28 31
XXII
Inhaltsverzeichnis
3.5
3.6 3.7 3.8 3.9 3.10 3.11 3.12 3.13
4
5
Die Eigenschaften der Laplace-Transformation — Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ 3.5.1 Uberlagerung .................................... 3.5.2 Integration . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.3 Differentiation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen — Faltung . . . . . . . 3.5.5 Multiplikationssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich) . . . . . . . . . . 3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich) . . . . . . 3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.9 Anfangswert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.10 Endwert-Theorem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen . . . . . . . . . . . . . . . . Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation . Die R¨ ucktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Berechnung von Einschwingvorg¨angen in elektrischen Netzwerken mit konzentrierten linearen passiven Bauelementen R¨ ucktransformation mittels Residuenmethode Heavisidescher Entwicklungssatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . ¨ Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich . . Beschreibung von linearen zeitinvarianten Netzwerken durch ihre Sprungantwort . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Bode-Diagramme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13.1 Regeln f¨ ur Bode-Diagramme (reelle Pole und Nullstellen) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3.13.2 Regeln f¨ ur Bode-Diagramme mit komplexen Polpaaren
Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) . . . . . . . . . . . . 4.1.1 Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.2 Nichtlinearer Widerstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.3 Nichtlineare Induktivit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.1.4 Nichtlineare Kapazit¨at . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.2 Gesteuerte Quellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke . . . . . . . . . . . . . . . .
34 34 34 35 35 37 38 38 39 39 39 39 40 41 43 46 56 60 64 65 69 72
77 77 77 78 85 92 95 96
Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 5.1 Systematische Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 5.2 Zuf¨allige Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung . . . 106
Inhaltsverzeichnis XXIII
5.3 5.4
5.2.2 Vertrauensbereich f¨ ur den Sch¨atzwert . . . . . . . . . . . . . . . 109 5.2.3 Fortpflanzung zuf¨alliger Fehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 Genauigkeitsklassen bei Messger¨aten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Dynamische Messfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 ¨ 5.4.1 Das Ubertragungsverhalten von Messsystemen . . . . . . . 115 5.4.2 Definition des dynamischen Messfehlers . . . . . . . . . . . . . 119 5.4.3 Bestimmung des dynamischen Messfehlers . . . . . . . . . . . 120 5.4.4 Messsystem mit Tiefpassverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121
6
Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6.1 Elektromechanische Messger¨ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 6.1.1 Drehspulmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 6.1.2 Galvanometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 6.1.3 Elektrodynamisches Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 6.1.4 Dreheisenmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 6.1.5 Drehspulquotientenmesswerk (Kreuzspulmesswerk) . . . 138 6.1.6 Drehmagnetmesswerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 6.1.7 Elektrostatisches Messwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 6.1.8 Schaltzeichen f¨ ur Messger¨ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung . . . . . . . . . . . . . . 144 6.2.1 Messung von Gleichstr¨omen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 6.2.2 Messung von Gleichspannungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung . . . . . . 150 6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung . . . . . . . . . . . 151 6.3.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 6.3.2 Gleichrichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value) . 154 6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 6.3.5 Messung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 6.3.6 Messwandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 6.3.7 Strommesszange f¨ ur Wechselstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 6.3.8 Hallelement (Galvanomagnetischer Effekt) . . . . . . . . . . . 172 6.3.9 Strommesszange f¨ ur Gleichstrom . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176
7
Messverst¨ arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 7.1 Operationsverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 7.1.1 Idealer Operationsverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 7.1.2 Realer Operationsverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 7.1.3 Definitionen von Operationsverst¨arker-Kenngr¨oßen . . . 184 7.1.4 Operationsverst¨arker-Grundschaltungen . . . . . . . . . . . . . 192 7.1.5 Operationsverst¨arker mit differentiellem Ausgang . . . . . 204 7.2 Spezielle Messverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 7.2.1 Differenzverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 7.2.2 Instrumentenverst¨arker (Instrumentierungsverst¨arker) . 211 7.2.3 Zerhacker-Verst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 212
XXIV Inhaltsverzeichnis
7.3
7.2.4 Ladungsverst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 Rauschen von Messverst¨arkern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215
8
Messung der elektrischen Leistung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 229 8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 8.2.1 Begriffsdefinitionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 231 8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz . . . . . . . . . . . . . . . . 231 8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen . . . . . . . . . . . . 233 8.3 Messung der elektrischen Arbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 241
9
Messung von elektrischen Impedanzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 9.1 Messung von ohmschen Widerst¨anden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 9.1.1 Strom- und Spannungsmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 245 9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand . . . . . . . . . . . . . 246 9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle . . . . . . . . . . . . . 248 9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes . . . . . . . . . . . . 249 9.2 Kompensationsschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 9.2.1 Gleichspannungskompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 9.2.2 Gleichstromkompensation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 251 9.3 Gleichstrom-Messbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨anden . . . . . . . . . . . . . . . 255 9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259 9.5.2 Einfl¨ usse von Erd- und Streukapazit¨aten . . . . . . . . . . . . 262 9.5.3 Halbautomatischer Br¨ uckenabgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbr¨ ucken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale . . . . . . . . . . 273 10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 273 10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-R¨ohre . . . . 273 10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 277 10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops . . . . . . . . . 280 10.1.4 Sampling-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 283 10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . 286 10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie . . . . . . . 288 10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeffizienten) . . . . . 288 10.3.2 Linearit¨atsfehler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops . . . . . . . . . . . . . . . . . 290 10.4 Digital-Speicheroszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes . . . . . . . . . . . . . . 299 10.4.3 Betriebsarten des Digital-Speicheroszilloskops . . . . . . . . 301
Inhaltsverzeichnis
10.5 10.6 10.7 10.8 10.9
XXV
10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit Computern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 Digital-Phosphor-Oszilloskop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 Analoger und digitaler Trigger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 Mixed-Signal-Oszilloskope . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen . . . . . . . . . . . . . . . . 308
11 Digitale Messtechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 11.1 Duales Zahlensystem und Bin¨arcodes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 11.1.1 Dualzahlendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code . . . . . . . . . . . . . . . . 312 11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur . . . . . . . . . . . . . . . 313 11.2 Bin¨are Signale und ihre Verkn¨ upfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verkn¨ upfung . . . . . . . . . . 313 11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen) . . . . . . 314 11.2.3 Digitale Addierer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 11.3 Bistabile Kippschaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 11.3.1 RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . 321 11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 322 11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch) . . . . 322 11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . 325 11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 11.4 Monostabile Kippstufe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 327 11.5 Z¨ ahler-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 11.5.1 Dualz¨ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 329 11.5.2 BCD-Z¨ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 331 11.6 Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 11.6.1 Grundlagen und Kenngr¨ oßen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen . . . . . . . . . . . . . . . . 334 11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 339 11.7 Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 11.7.1 Abtastung (Sampling) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer . . . . . . . . 348 11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator 356 11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (ImpulsbreitenMultiplizierer, S¨agezahn-Multiplizierer) . . . . . . . . . . . . . 364 11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz . . . . 366 11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 374 11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung . . . . . . . . . . . . 375 11.8 Digital-Multimeter (DMM) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379 11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . 379
XXVI Inhaltsverzeichnis
11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters . . . . . . 380 11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen mit Gleichanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 11.8.4 Gesamtfehler infolge Scheitelfaktor . . . . . . . . . . . . . . . . . 382 11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion (Source Measure Units) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 383 11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen . 383 11.9.2 Messung kleiner Str¨ome bzw. Spannungen mit SMUs . 385 11.10 Elektronische Leistungsmesser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 11.10.1 Leistungsmessung mit Hallelement . . . . . . . . . . . . . . . . . . 387 11.10.2 Integrierte Schaltkreise zur Leistungsmessung . . . . . . . . 388 11.10.3 Smart Meter f¨ ur die Messung des Verbrauchs an elektrischer Energie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 398 11.10.4 Leistungsmessungs-IC f¨ ur HF-Anwendungen . . . . . . . . . 398 11.10.5 HF-Leistungsmessung mit kaskadiertem logarithmischem Verst¨arker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 402 11.10.6 HF-Leistungsmessung mittels thermoelektrischem Wandler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 11.10.7 Thermoelement (Seebeck-Effekt) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 405 11.10.8 Bolometer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 407 11.10.9 HF-Leistungsmessung mit Diodengleichrichter . . . . . . . . 408 Messung von Frequenz und Zeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 411 Mechanische Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 412 Digitale Frequenzmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 413 Digitale Zeitmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 414 12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung) . . . . . . . . . . 414 12.3.2 Periodendauermessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 418 12.4 Digitale Phasenwinkelmessung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 12.5 Rechnender Z¨ahler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 420 12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . . . . . 421 12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) . . . . . . . . . . . . . . 421 12.8 Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 12.8.1 Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 422 12.8.2 Harmonische Oszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 424 12.8.3 LC-Oszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 425 12.8.4 Relaxationsoszillatoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 12.8.5 Quarzoszillator . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 430 12.8.6 Operationsverst¨arker-Schaltung eines Quarzoszillators . 433 12.8.7 Fehler von Schwingquarzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 434 12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung . . 436 12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation . . . . . . . . . . 439 12.10.1 Atomuhren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 441 12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . 442
12 Die 12.1 12.2 12.3
Inhaltsverzeichnis XXVII
12.10.4 Galileo-Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 446 12.10.5 St¨orfaktoren bei der Satellitennavigation . . . . . . . . . . . . 449 13 Messsignalverarbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 13.1 Aufgaben und Bedeutung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 451 13.2 Signalarten und Analyseformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 453 13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren . . . . . . . . . . . 454 13.4 Ermittlung des Effektivwertes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 457 13.4.1 Messung des Effektivwertes f¨ ur beliebige Signalverl¨aufe 459 13.5 Bestimmung von Mittelungswerten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 460 13.6 Kenngr¨oßen nicht-sinusf¨ormiger periodischer Signale . . . . . . . . . 462 13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion 465 ¨ 13.8 Außere St¨oreinwirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 476 13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 479 ¨ 13.9.1 Ubertragungsfunktion eines Optimalfilters . . . . . . . . . . . 479 13.9.2 Beispiel f¨ ur ein Optimalfilter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 483 14 Regression, lineare Korrelation und HypothesenTestverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 14.1 Regressionsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 491 14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression) . . . . . . . . . . . . . . . 492 14.1.2 G¨ ute der Anpassung bei der linearen Regression (Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 495 14.1.3 Ausgleichspolynome . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 499 14.1.4 Mehrfache lineare Regression . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 500 14.2 Lineare Korrelation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 502 14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) . . . . . . . . . . . . . . . . . 505 14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen . . . . . . . . . . . . . 505 14.3.2 Beispiele f¨ ur Tests . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 509 15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung . . . 515 15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Messsystemen . . . . . . . 515 15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 522 15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 524 15.2.2 Multiplexer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 527 15.2.3 St¨orungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen . . . . 529 15.2.4 Serielle Schnittstellen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 15.2.5 Parallelbussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 15.2.6 Datenlogger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 531 15.3 Grundtypen des Datentransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 532
XXVIIIInhaltsverzeichnis
16 Messdatenerfassung im Labor . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 533 16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) . . . . . . . . 535 ¨ 16.1.1 Ubertragungsmedien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 535 16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der RS232C-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 536 16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung . . . . . . . . 539 16.1.4 Logikdefinition f¨ ur Datenleitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 539 16.1.5 Logikdefinition f¨ ur Steuer- und Meldeleitungen . . . . . . . 540 16.1.6 Synchronisierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 540 16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren) . . . . . . . . 541 16.1.8 Software-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 541 16.1.9 Hardware-Handshaking . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 542 16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen . . . . 543 16.2 Kenngr¨oßen der seriellen Daten¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . 546 16.3 Die RS485-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 547 16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 548 16.4 Die 20 mA-Stromschleife . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549 16.6 Die USB-Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551 16.7 Der IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 16.7.1 Historie des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 16.7.2 Bezeichnungen des IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 555 16.7.3 IEC-Bus-Komponenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 556 16.7.4 Ger¨ategrundfunktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 16.7.5 IEC-Bus-Leitungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 557 16.7.6 Bus-Logik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 559 16.7.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake) . . . . . . . . 560 16.7.8 Nachrichtenarten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 562 16.7.9 Schlusszeichen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 16.7.10 Statusabfrage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567 16.7.11 IEC-Bus-Hardware . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568 16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570 16.8.1 VXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571 16.8.2 Resource Manager (System Manager) . . . . . . . . . . . . . . . 573 16.8.3 Commander . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 16.8.4 Servant . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 16.8.5 Busgliederung/Teilbusse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 573 16.8.6 VXI- und IEC-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 16.8.7 PXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574 16.8.8 PCI-Express . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 577 16.8.9 PXI-Express (PXIe) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 16.8.10 MXI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 578 16.8.11 PXI MultiComputing (PXImc) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 580 16.8.12 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards . . . . . . . 581
Inhaltsverzeichnis XXIX
17 Messdatenerfassung im Feld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) . . . . . . . . . . . . . . 583 17.1.1 Aufbau einer SPS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 17.1.2 Programmstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 583 17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 584 17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb . . . . . . . 586 17.1.5 Besonderheiten der Programmierung . . . . . . . . . . . . . . . . 586 17.1.6 Programmiersprachen f¨ ur SPS nach IEC 61131-3 . . . . . 586 17.1.7 Beispiele f¨ ur die IEC-genormten SPSProgrammiersprachen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 588 17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 593 17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen . . . . . . . . 597 17.2.3 Linux-basierte Speicherprogrammierbare Steuerungen . 602 17.2.4 SPS-Spezialklemmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 603 17.2.5 EnOcean-Funkempf¨anger-Busklemmen . . . . . . . . . . . . . . 605 17.3 Einplatinen-Computer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 606 17.3.1 Einplatinen-Computer in der Mess- und Automatisierungstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 607 17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 611 17.5 Vorschrift f¨ ur eine einheitliche Kommunikation: Das ISO-Schichtenmodell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 612 17.6 Netzwerktopologien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 614 17.7 Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 615 17.7.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren . . . . . . . . . . . . 616 17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 616 17.8.1 Alternierende Puls Modulation (APM) . . . . . . . . . . . . . . 616 17.8.2 Fehlererkennung und Datensicherung . . . . . . . . . . . . . . . 618 17.8.3 Bitcodierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 619 17.9 Schnittstellenkonverter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 620 17.10 Der Feldbus (FAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 621 17.10.1 ASI-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624 17.10.2 CAN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 625 17.10.3 Flex Ray . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 628 17.10.4 PROFIBUS-DP . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 630 17.10.5 FIP-Bus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 633 17.10.6 INTERBUS-S . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634 17.10.7 BITBUS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 636 17.10.8 KNX . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637 17.10.9 LON (Local Operating Network) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641 17.10.10DIN-Messbus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 642
XXX
Inhaltsverzeichnis
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)645 18.1 IP-Adressen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 646 18.2 Subnetzmasken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647 18.3 Internet-Protokoll (IP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 18.4 Transmission Control Protocol (TCP) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 18.5 Echtzeitf¨ahigkeit des Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648 ¨ 18.6 Ubergeordnete Kommunikationsebenen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 ¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 649 18.8 Ethernet-Telegrammstruktur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 650 18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652 18.10.1 Breitband-ISDN . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 652 18.10.2 Datex-P . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 18.10.3 GSM . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653 18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line Communication, PLC) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 654 18.10.5 Satellitenkommunikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 655 18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 18.10.7 Wide Area Network (WAN) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 656 18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI . . . . . . . . . . . 657 18.11 Rechnernetze zur Messdaten¨ ubertragung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 657 18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Messdatenerfassung . . . . . . . . 658 18.11.2 Vernetzung von Messdatenerfassungssystemen mittels Ethernet . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 658 18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USBMessmodulen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 18.12.1 Funktionsprinzip . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 660 18.12.2 Beispiele f¨ ur USB-Messger¨ate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 663 18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . 666 18.13.1 LXI - Ein neuer Standard f¨ ur die Messtechnik . . . . . . . . 666 18.13.2 Die technische Basis von LXI . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667 18.13.3 Die 3 Ger¨ateklassen A, B und C des LXI-Standards . . . 669 18.13.4 Triggerm¨oglichkeiten von LXI-Ger¨aten . . . . . . . . . . . . . . 669 18.13.5 Triggerung gem¨aß IEEE-1588 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 671 18.13.6 Die aktuelle Situation des LXI-Standards . . . . . . . . . . . . 672 18.14 EtherCAT . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 674 18.15 VPN - Virtual Private Network . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 677 19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen . . . . . . . 681 19.1 Allgemeine Bemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 681 19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard . . . . . . . . . 682 19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 684 19.2.2 SCPI-Datenformate . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 687 19.3 Einsatz kommerzieller Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688 19.4 Kategorien von Softwarel¨osungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 688
Inhaltsverzeichnis XXXI
19.4.1 Dialoggef¨ uhrte Komplettpakete (Fertigl¨osungen) . . . . . 688 19.4.2 Modul-Bibliotheken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689 19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 689 19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen . . . . . . . . . . 690 19.5 LabVIEW . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 691 19.6 LabWindows . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 695 19.7 MATLAB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 696 20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 701 20.1 Struktur des Gesamtsystems . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 702 20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle . . . . . . . . . . . 703 20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . 705 20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle 706 20.5 Lokale und weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 20.5.1 LAN - lokales Netzwerk . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 709 20.5.2 Standort¨ ubergreifende Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . 710 20.5.3 Weltweite Vernetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 20.6 Software . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 711 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 715 Index . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 723
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
1.1 Zur Historie und Bedeutung der Messtechnik Die messtechnische Erfassung von physikalisch-technischen Gegenst¨anden und Prozessen stellt zusammen mit der logischen Denkf¨ahigkeit des Menschen, also insbesondere auch der F¨ahigkeit, diese Objekte und Vorg¨ange mathematisch zu beschreiben, eine wesentliche Grundlage aller Natur- und Ingenieurwissenschaften dar. Schon der griechische Philosoph Platon (427-347 v. Chr.) hat auf die große Bedeutung der Messtechnik hingewiesen, als er im X. Buch seines Werkes Der Staat“ schrieb [144]: ” ’Dieselben Gegenst¨ande erscheinen uns krumm oder gerade, je nachdem ” wir sie in oder außer Wasser erblicken, ebenso hohl oder erhaben infolge der T¨auschung unseres Gesichtssinnes durch die Farben; und all dies deutet auf eine Verwirrung in der Seele hin.’ (...) ’Messen, Z¨ahlen und W¨agen zeigen sich dagegen als die willkommensten Helfer, so dass in uns nicht das scheinbar Gr¨oßere oder Kleinere oder Zahlreichere oder Schwerere von Ausschlag ist, sondern das Rechnende, Messende, W¨agende.’ ’Wie auch nicht!’ ’Das ist die Aufgabe des vern¨ unftigen Teiles in unserer Seele.’(...) ’Der Teil, der auf Maß und Berechnung vertraut, ist wohl der beste Teil der Seele?’ ’Nat¨ urlich!’ ’Sein Gegenteil geh¨ort zu dem Schwachen in uns?’ ’Notwendigerweise!’“ Zwischen der Messtechnik, deren grundlegende Aufgabe die experimentelle Bestimmung physikalischer Gr¨oßen ist, und der Entwicklung der Industrielandschaft aber auch der kulturellen Entwicklung bestehen seit jeher große Abh¨ angigkeiten. Die Messtechnik spielte schon in der Antike eine zentrale Rolle, insbesondere im Zusammenhang mit Messgr¨oßen, die Bestandteil des t¨ aglichen Leben sind, wie z. B. Entfernungen oder das Gewicht von Waren. Die entsprechenden Maßeinheiten lieferte oft der menschliche K¨orper, wie u.a.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_1
2
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
die in fr¨ uheren Zeiten gebr¨auchlichen Einheiten Fuß“, Spanne“ oder Klaf” ” ” ter“ zeigen. Wie die Funde von W¨agesteinen belegen, war das f¨ ur die Entwicklung der Ware-Geld-Beziehung notwendige, auf Gewichtseinheiten basierende Wiegen bereits Jahrtausende vor Christus eingef¨ uhrt. Eines der ¨altesten, aus Babylon stammenden Maßsysteme enthielt auch schon Einheiten f¨ ur die Gr¨ oßen L¨ange“ (babylonische Elle), Fl¨ache“, Volumen“ und Gewicht“. ” ” ” ” Um dem im Laufe der Jahrhunderte entstandenen Wildwuchs an Maßeinheiten Einhalt zu gebieten, war es eine Forderung der Franz¨osischen Revolution, dass einheitliche Maße vereinbart werden sollten. Schließlich wurde im Jahre 1799 die L¨ angeneinheit Meter“ als der vierzigmillionste Teil des Erdmeri” dians zun¨ achst in Frankreich, sp¨ater auch in Preußen und Sachsen, festgeschrieben, w¨ahrend von der industriellen Entwicklung Englands die bekannten angels¨ achsischen L¨angenmaßeinheiten ausgingen. Bis ins 19. Jahrhundert hinein beschr¨ankte man sich auf die Messung geometrischer, mechanischer und thermischer Gr¨oßen. F¨ ur die quantitative Erfassung weiterer wichtiger Messgr¨ oßen, wie z. B. die Ionendosis oder die Energiedosis von radioaktiver Strahlung, standen bis dahin keine entsprechenden Messger¨ate zur Verf¨ ugung; es bestand jedoch schon die M¨oglichkeit ihres qualitativen Nachweises. Die Messtechnik hat auch ganz wesentlich zur Weiterentwicklung aller Natur- und Ingenieurwissenschaften beigetragen. So verhalf beispielsweise die Zeitmesstechnik zu Aussagen u ¨ ber Unregelm¨aßigkeiten bei der Erdrotation. Heute ist die Messtechnik als ein zentrales Element der modernen Technologieund Industrielandschaft etabliert. Sie dient dort neben dem Warenaustausch vor allem der Forschung und Entwicklung, der Fertigung sowie der Qualit¨atssicherung von Produkten. Eine Vielzahl technischer Funktionsabl¨aufe muss st¨ andig messtechnisch kontrolliert werden, um beispielsweise die gew¨ unschte Qualit¨ at in der Fertigung zu erreichen oder auch um die notwendige Sicherheit und Umweltvertr¨aglichkeit von Prozessen zu gew¨ahrleisten. Ein Beispiel aus dem Bereich des Umweltschutzes zeigt auch, dass sich manche der dort anstehenden Aufgaben erst mit der Entwicklung und Bereitstellung eines hochwertigen Messverfahrens l¨osen lassen. So wurde am Institut f¨ ur Hochfrequenztechnik der Universit¨at Erlangen ein Empf¨anger f¨ ur elektromagnetische Submillimeterwellen (Frequenzen im Terahertzbereich) entwickelt, welcher in Flugzeugen, die in großer H¨ohe fliegen, eingesetzt werden kann, um dort Schadstoffkonzentrationen zuverl¨assig zu messen. Diese Messungen basieren im Wesentlichen auf der Detektion elektromagnetischer Strahlung, die bei einer Frequenz von 2,5 Terahertz von sog. Hydroxyl-Ionen emittiert wird. Diese Hydroxyl-Ionen werden neben den Fluorkohlenwasserstoffen (FCKW) als eine Substanz angesehen, die zum Abbau der Ozonschicht f¨ uhrt. Viele technische Fortschritte spiegeln sich in der Entwicklung von Messverfahren und dazugeh¨origen Messger¨aten wider, die ihrerseits wiederum zu einer Verbesserung des Kenntnisstandes auf dem Gebiet der Elektrotechnik beitragen. Eines der j¨ ungsten Beispiele daf¨ ur ist der Quanten-Halleffekt, f¨ ur dessen Entdeckung im Jahre 1985 der Nobelpreis an Prof. von Klitzing vergeben
1.2 Der Begriff des Messens
3
wurde. Der Effekt konnte nur durch Bereitstellung und Nutzung einer sehr hochwertigen Messtechnik entdeckt werden. Andererseits kann der QuantenHalleffekt wiederum zur hochgenauen Definition der Einheit des ohmschen Widerstandes genutzt werden, womit er zu einer gr¨oßeren Pr¨azision in der Elektrischen Messtechnik beitr¨agt. In nahezu allen Disziplinen der Technik geht die entsprechende Messtechnik zunehmend in eine rein elektrische Messwertverarbeitung u ¨ ber. Der allgemeine Trend besteht darin, f¨ ur die verschiedenen Messaufgaben Messwertaufnehmer zu entwickeln, welche die unterschiedlichsten nicht-elektrischen Messgr¨ oßen detektieren und in entsprechende elektrische Signale umsetzen. Die weitere Verarbeitung dieser nunmehr elektrischen Signale (Messwerte) ist dann weitgehend standardisiert und mittlerweile ein fester Bestandteil der Elektrischen Messtechnik geworden. Der große Vorzug der Elektrischen Messtechnik liegt dabei vor allem in der großen Pr¨azision, mit der sich elektrische Signale, etwa im Gegensatz zu mechanischen Gr¨oßen, bei relativ geringem Aufwand verarbeiten und speichern lassen. Auch die Tatsache, dass sich die beiden Gr¨oßen Frequenz“ und Zeit“ ” ” mit Hilfe der Methoden der Elektrischen Messtechnik mit großer Genauigkeit bestimmen lassen, bildet eine weitere Basis ihres Erfolges. So beruht beispielsweise das Prinzip des heute weltweit angewendeten Navigationssystems GPS (Global Positioning System) auf einer pr¨azisen Messung von Zeiten, in diesem Fall von Laufzeiten, die ein elektromagnetisches Signal von einem in bekannter Position befindlichen Satelliten bis zu einem Empfangsort ben¨otigt. An diesem Empfangsort befindet sich ein portabler Empf¨anger, dessen geometrische Breiten-, L¨angen- und H¨ohenkoordinaten aus diesen Zeitmessungen mit hoher Genauigkeit bestimmt werden k¨onnen.
1.2 Der Begriff des Messens Unter Messen versteht man das quantitative Erfassen einer Gr¨oße, der sog. Messgr¨oße. Pr¨aziser formuliert heißt Messen, eine zu messende Gr¨oße als Vielfaches einer allgemein anerkannten Einheitsgr¨oße derselben physikalischen Dimension zu bestimmen, und zwar durch experimentellen Vergleich mit einer Maßverk¨ orperung dieser Einheit. Dabei bedienen wir uns sog. Messger¨ate. Messger¨ ate k¨onnen insbesondere auch den Teil der Natur erschließen helfen, f¨ ur den unsere Sinne keine Empfindungen haben, wie z.B. der Schall im Ultraschallbereich oder alle Arten von ionisierender Strahlung. Zur Durchf¨ uhrung von Messungen m¨ ussen die folgenden drei Voraussetzungen erf¨ ullt sein: • • •
Existenz eines Zahlensystems Definition einer Messgr¨oße Festlegung der Einheit.
Die Elektrische Messtechnik behandelt zun¨achst die Messung rein elektrischer Gr¨ oßen, wie Spannung, Strom, elektrische Leistung und Impedanz (Wider-
4
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
stand, Induktivit¨at, Kapazit¨at). Nach der eigentlichen Gewinnung (Detektion) des Messsignals wird dieses verarbeitet, d. h. es wird u. a. kompensiert, verst¨arkt, ¨ ubertragen, linearisiert oder digitalisiert, bevor das Messergebnis (Messwert) entweder • • •
auf einer Anzeige (analog oder digital) ausgegeben, mittels Schreiber oder Drucker dokumentiert oder zur Regelung eines Prozesses benutzt wird.
Ein weiteres wichtiges Teilgebiet der Elektrischen Messtechnik besch¨aftigt sich mit der Messung nicht-elektrischer Gr¨oßen. Dazu bedient man sich sog. Sensoren (Aufnehmer, Messf¨ uhler, Detektoren), welche die jeweilige physikalische Gr¨ oße in ein elektrisches Signal umwandeln, das dann leicht mit bew¨ahrten Methoden der Elektrischen Messtechnik weiterverarbeitet werden kann. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass sich die Elektrische Messtechnik mit den folgenden Teilaufgaben besch¨aftigt: • • •
Gewinnung des Messsignals, d. h. Detektion der (elektrischen oder nichtelektrischen) Messgr¨oße und Umwandlung in ein f¨ ur die weitere Verarbeitung geeignetes elektrisches Signal ¨ Verarbeitung und Ubertragung des elektrischen Messsignals Darstellung, Dokumentation und Speicherung der Messwerte.
Die Verarbeitung elektrischer Messsignale zeichnet sich gegen¨ uber den Messverfahren anderer Wissenschaftszweige durch folgende Vorz¨ uge aus: • • • •
leistungsarmes und damit r¨ uckwirkungsarmes Erfassen von Messgr¨oßen großer Messbereichsumfang (hohe Dynamik) einfache Verarbeitbarkeit der Messsignale mit Hilfe elektronischer Schaltungen ¨ leichte Ubertragbarkeit und Speicherung der Messsignale mit Standardverfahren der Nachrichtentechnik.
1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik 1.3.1 Allgemeine Begriffe Im Folgenden werden die wichtigsten Begriffsdefinitionen der Messtechnik nach DIN 1319 (Grundbegriffe der Messtechnik), VDI/VDE 2600 (Metrologie, Messtechnik) sowie DIN VDE 0410 (Bestimmungen f¨ ur elektrische Messger¨ ate) zusammengefasst: Messen ist der experimentelle Vorgang, durch den ein spezieller Wert einer physikalischen Gr¨oße als Vielfaches einer Einheit oder eines Bezugswertes ermittelt wird (DIN 1319). Die Messgr¨oße ist die physikalische Gr¨oße, deren Wert durch eine Messung ermittelt werden soll (VDI/VDE 2600).
1.3 Begriffsdefinitionen in der Messtechnik
5
Der Messwert ist der gemessene spezielle Wert einer Messgr¨oße, er wird als Produkt aus Zahlenwert und Einheit angegeben (DIN 1319). Das Messergebnis ist ein aus mehreren Messwerten einer physikalischen Gr¨ oße oder aus Messwerten f¨ ur verschiedene Gr¨oßen nach einer festgelegten Beziehung ermittelter Wert oder Werteverlauf. Ein einzelner Messwert kann aber auch bereits das Messergebnis darstellen (VDI/VDE 2600). Messprinzip heißt die charakteristische physikalische Erscheinung, die bei der Messung benutzt wird (DIN 1319). Messverfahren nennt man die spezielle Art der Anwendung eines Messprinzips (VDI/VDE 2600). Man unterscheidet dabei im Wesentlichen zwischen dem Ausschlagverfahren, bei dem der Ausschlag oder die Anzeige eines Messwertes ein Maß f¨ ur die Messgr¨oße ist (idealerweise proportional), und dem Nullabgleichverfahren, bei dem die in Kap. 1.5.1 beschriebene Kompensationsmethode eingesetzt wird. 1.3.2 Messger¨ at und Messeinrichtung Ein Messger¨at liefert oder verk¨orpert Messwerte, auch die Verkn¨ upfung mehrerer voneinander unabh¨angiger Messwerte, z. B. das Verh¨altnis von Messwerten (DIN 1319). Eine Messeinrichtung besteht aus einem Messger¨at oder mehreren zusammenh¨ angenden Messger¨aten mit zus¨atzlichen Einrichtungen, die ein Ganzes bilden (DIN 1319). Als Hilfsger¨ate werden die Komponenten bezeichnet, die nicht unmittelbar der Aufnahme, der Umformung oder der Ausgabe von Messwerten dienen. Messsignale stellen Messgr¨oßen im Signalflussweg einer Messeinrichtung durch zugeordnete physikalische Gr¨oßen gleicher oder anderer Art dar (VDI/ VDE 2600). 1.3.3 Messkette (Struktur einer elektrischen Messeinrichtung) Eine komplette Messkette besteht aus den in Abb. 1.1 gezeigten Komponenten. Grunds¨ atzlich besteht eine Messeinrichtung zur elektrischen Messung elektrischer bzw. nicht-elektrischer Gr¨oßen aus den Messger¨aten (Messgliedern), die im Einzelnen folgende Aufgaben erf¨ ullen: • • •
Aufnehmen der Messgr¨oße Weitergeben, Anpassen und Verarbeiten des Messsignals Ausgeben des Messwertes.
Nach dem Ger¨ateplan (Abb. 1.1) sind die hierf¨ ur notwendigen Messglieder in einer Messkette zusammengeschaltet (VDI/VDE 2600, Bl. 3). Der Aufnehmer wandelt die Messgr¨oße entweder direkt oder u ¨ ber andere physikalische Gr¨oßen in ein elektrisches Messsignal y1 um. Die Anpasser enthalten Messger¨ate, die zwischen Aufnehmer und Ausgeber in der Messkette liegen. Dazu geh¨oren vor allem Messverst¨arker und elektronische Rechenger¨ate. Der Ausgeber gibt die
6
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
Abb. 1.1. Struktur einer elektrischen Messeinrichtung nach VDI/VDE 2600
Messwerte z analog oder digital entweder direkt (d. h. sofort sichtbar und verst¨ andlich) u ¨ber eine Anzeige, Schreiber bzw. Z¨ahler oder aber indirekt, d. h. nicht ohne Spezialvorrichtung lesbar, zur weiteren Informationsverarbeitung aus. Die Hauptaufgabe des Hilfsger¨ates ist es, die von den Messger¨aten eventuell ben¨otigte Hilfsenergie zu liefern.
1.4 Vorschriften und Normen In Tabelle 1.1 werden die wichtigsten nationalen und internationalen Institutionen angef¨ uhrt, die zur Normbildung und zur Definition von Vorschriften Tabelle 1.1. Normbildende Institutionen und Standardisierungsgremien ANSI CCITT
American National Standards Institute, New York; USA/national Comit´e Consultatif International T´el´egraphique et T´el´ephonique, Genf; international CEE Commission Internationale de R´eglementation en vue de l’approbation de l’Equipment Electrique; Europa CENELEC Comit´e Europ´een de Coordination des Normes Electriques; Europa DIN Deutsches Institut f¨ ur Normung e. V., Berlin; national EIA Electronic Industry Association; USA/national IEC International Electrotechnical Commission; international IEEE Institute of Electrical and Electronics Engineers, New York; national/international ISO International Standards Organisation, Genf; international ¨ ¨ OVE Osterreichischer Verband f¨ ur Elektrotechnik, Wien; national VDE Verband Deutscher Elektrotechniker e. V., Frankfurt; national VDI Verband Deutscher Ingenieure e. V., D¨ usseldorf; national DKE Deutsche Elektrotechnische Kommission im DIN und VDE; national
1.5 Klassifizierung von Messmethoden
7
Tabelle 1.2. VDE-Vorschriften und DIN-Normen (Auswahl) Norm
Inhalt
VDE 0410 VDE 0411 VDE 0414 VDE 0418 VDE 2600 DIN 1301 DIN 1304 DIN 1313 DIN 1319 DIN 1333 DIN 40108 DIN 40110 DIN 43710 DIN 43780 DIN 43802 DIN 43808 DIN 43821 DIN 43830 DIN 43850 DIN 5478 DIN 5483
Bestimmungen f¨ ur elektrische Messger¨ ate Bestimmungen f¨ ur elektronische Messger¨ ate und Regler Bestimmungen f¨ ur Messwandler Bestimmungen f¨ ur Elektrizit¨ atsz¨ ahler Metrologie (Messtechnik) Einheiten Formelzeichen Physikalische Gr¨ oßen und Gleichungen Grundbegriffe der Messtechnik Zahlenangaben Gleich- und Wechselstromsysteme Wechselstromgr¨ oßen Thermospannungen und Werkstoffe der Thermopaare Genauigkeitsklassen von Messger¨ aten Skalen und Zeiger f¨ ur elektrische Messinstrumente Zungenfrequenzmesser Widerstandsferngeber Schreibende Messger¨ ate Elektrizit¨ atsz¨ ahler Maßst¨ abe in graphischen Darstellungen Zeitabh¨ angige Gr¨ oßen
im Bereich der Elektrischen Messtechnik beitragen. In Tabelle 1.2 sind die wichtigsten in der Elektrischen Messtechnik zu beachtenden Vorschriften und Normen in tabellarischer Form zusammengefasst.
1.5 Klassifizierung von Messmethoden Eine Klassifizierung von Messmethoden kann nach verschiedenen Kriterien erfolgen. Die wichtigsten Klassifizierungsmethoden werden in den folgenden vier Abschnitten kurz beschrieben. 1.5.1 Ausschlagmethode - Kompensationsmethode Bei der Ausschlagmethode wird die Messgr¨oße direkt oder u ¨ ber Zwischengr¨ oßen in einen m¨oglichst proportionalen Ausschlag umgewandelt, z. B. die Winkelstellung eines Messger¨atezeigers. Als Sonderfall kann dieser Ausschlag auch in reiner Zahlendarstellung mit theoretisch unendlich vielen Nachkommastellen erfolgen. Ein charakteristisches Kennzeichen dieser Messmethode ist der Entzug von Energie aus dem Messobjekt, was eine R¨ uckwirkung auf die zu messende Gr¨oße zur Folge hat.
8
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
Bei der Kompensationsmethode hingegen (Abb. 1.2) wird von der Messgr¨oße xE bzw. der daraus abgeleiteten Abbildungsgr¨oße xB eine mittels einer Hilfsquelle erzeugte gleichartige und gleichgroße Kompensationsgr¨oße xK (Vergleichsgr¨ oße) subtrahiert, so dass die Differenz von Messgr¨oße bzw. Abbildungsgr¨ oße und Kompensationsgr¨oße gerade Null ergibt. Die Messgr¨oße wird dabei zun¨ achst mit Hilfe eines Aufnehmers in eine proportionale Abbildungsgr¨ oße xB umgewandelt. Die Kompensationsgr¨oße muß sowohl einstellbar als auch messbar sein. Da hierbei die zur Messung notwendige Energie aus der Hilfsquelle und nicht aus dem Messobjekt stammt, ist diese Messmethode r¨ uckwirkungsfrei, d.h. die Messgr¨oße wird nicht durch Energieentzug w¨ahrend des Messvorganges ver¨andert. Dem Nachteil des gr¨oßeren ger¨atetechnischen Aufwandes stehen bei dieser Methode aber weitere Vorteile gegen¨ uber, wie z. B. die Reduzierung des St¨orgr¨oßeneinflusses beim Erzeugen der Kompensationsgr¨ oße in einer zweiten gleichartigen Messstrecke oder die leichte Realisierung großer Messbereiche [77].
Abb. 1.2. Signalfluss bei der Kompensationsmethode
1.5.2 Analog - Digital Bei den analogen Messmethoden wird die Messgr¨oße durch eine eindeutige und stetige Anzeigegr¨oße (Messwert) dargestellt. H¨aufig hat der Ausgeber einer analog arbeitenden Messeinrichtung eine Skalenanzeige. Im Gegensatz dazu wird bei den digitalen Messmethoden die Messgr¨oße in Form einer in festgelegten Schritten quantisierten Anzeigegr¨oße dargestellt. Der Ausgeber wird hier im Allgemeinen in Form einer Ziffernanzeige oder einer Bildschirmausgabe realisiert. 1.5.3 Kontinuierlich - Diskontinuierlich Von kontinuierlichen Messvorg¨angen spricht man, wenn die Messgr¨oße ohne zeitliche Unterbrechung erfasst und auch dargestellt wird. Von einer diskon-
1.6 Die Informationstr¨ ager im Messsignal
9
tinuierlichen Messung ist die Rede, wenn die Messgr¨oße nur zu bestimmten (diskreten) Zeitpunkten erfasst (abgetastet) wird. 1.5.4 Direkt - Indirekt Bei den direkten Messmethoden wird die Messgr¨oße unmittelbar mit einer Maßverk¨ orperung derselben physikalischen Dimension verglichen. Bei den indirekten Methoden wird die Messgr¨oße zun¨achst in eine proportionale Zwischengr¨ oße umgewandelt und erst diese wird schließlich mit der Maßverk¨orperung verglichen. Die Bestimmung des Volumens eines Zylinders u ¨ ber die Messung seines Durchmessers und seiner L¨ange ist ein typisches Beispiel f¨ ur eine indirekte Messung.
1.6 Die Informationstr¨ ager im Messsignal Der Tr¨ ager der Information in der Messtechnik ist das Messsignal, d. h. eine physikalische Gr¨oße mit einem informationstragenden Parameter, der eine Information u ¨ ber eine Messgr¨oße aufnehmen kann. In der Elektrischen Messtechnik werden typischerweise elektrische Spannungen bzw. elektrische Str¨ome als Informationstr¨ager benutzt. Dabei werden von einem Signal folgende Eigenschaften verlangt: • •
Das Signal ist eine physikalische Gr¨oße (Signaltr¨ager, Informationstr¨ager), die sich zeitlich ver¨andern l¨asst. Der Signaltr¨ager besitzt einen wahrnehmbaren Parameter (Informationsparameter), der die Werte der Messgr¨oße eindeutig und reproduzierbar wiedergeben kann, d. h. die Messgr¨oße wird auf den Informationsparameter in mathematisch eineindeutiger Weise abgebildet.
Da in der Elektrischen Messtechnik die Messsignale im Allgemeinen in Form elektrischer Spannungen bzw. elektrischer Str¨ome verarbeitet werden, bieten sich alle Standardformen des Informationsparameters an, die aus der elektrischen Nachrichtentechnik bekannt sind. Die den Messwert beschreibenden Informationen werden dabei auf eine der folgenden Arten codiert:
Abb. 1.3. a) Amplitudenmoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional zur Momentanamplitude.), b)Frequenzmoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional zur Momentanfrequenz.)
10
• • • •
1 Umfang und Bedeutung der Elektrischen Messtechnik
Amplitudenanaloges Signal (Amplitudenmodulation - AM) Messwert ∼ Amplitude (Abb. 1.3a) Frequenzanaloges Signal (Frequenzmodulation - FM) Messwert ∼ Frequenz eines zeitkontinuierlichen Signals oder einer Impulsfolge (Abb. 1.3b) Zeitanaloges Signal (Pulsdauermodulation - PDM) Messwert ∼ Pulsdauer (Abb. 1.4a) Digitales Signal (Pulscodemodulation - PCM) Der Messwert wird digital codiert (Abb. 1.4b).
Abb. 1.4. a) Pulsdauermoduliertes Signal (Der Messwert ist proportional zur Pulsdauer tX .), b) Pulscodemodulation (Der Messwert ist in Form einer Dualzahl codiert.)
2 Die Grundlagen des Messens
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten 2.1.1 Maßsysteme Die Messung einer physikalischen Gr¨oße besteht im Vergleich mit einer Maßeinheit, d. h. die physikalische Gr¨oße ergibt sich stets als Produkt aus einem Zahlenwert und einer Maßeinheit: Physikalische Gr¨ oße = Zahlenwert · Einheit Man ist bestrebt, die Einheiten durch unverg¨angliche atomare Gr¨oßen zu definieren, die prinzipiell an jedem Ort und zu jeder Zeit mit hoher Genauigkeit bestimmt werden k¨onnen. Die Generalkonferenz f¨ ur Maße und Gewichte hat daher im Jahre 1960 das inzwischen weltweit eingef¨ uhrte Syst`eme Interna” tional d’Unit´es“ (SI-System) vorgeschlagen, dessen Anwendung auch im deutschen Sprachraum gesetzlich vorgeschrieben ist. Das System definiert zun¨achst die Basisgr¨oßen und die dazugeh¨origen Basiseinheiten, welche beide in Tabelle 2.1 zusammengefasst werden. Tabelle 2.1. SI-Basisgr¨ oßen und SI-Basiseinheiten Basisgr¨ oße
Formelzeichen Basiseinheit Einheitenzeichen
L¨ ange Masse Zeit Stromst¨ arke Temperatur Lichtst¨ arke Stoffmenge
l m t I T Iv n
Meter Kilogramm Sekunde Ampere Kelvin Candela Mol
m kg s A K cd mol
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_2
12
2 Die Grundlagen des Messens
Die Basiseinheiten der sieben Basisgr¨oßen sind im SI-System exakt festgelegt worden. Die entsprechenden Definitionen werden in der folgenden Aufstellung beschrieben: •
•
•
•
•
Mechanik – 1 Meter (L¨ ange) L¨ ange der Strecke, die Licht im Vakuum w¨ahrend des Zeitintervalls von (1/299 792 458) Sekunden durchl¨auft (1983). – 1 Kilogramm (Masse) Masse des internationalen Kilogrammprototyps (1889). – 1 Sekunde (Zeit) ¨ Die 9 192 631 770fache Periodendauer der dem Ubergang zwischen den beiden Hyperfeinstrukturniveaus des Grundzustandes von Atomen des Nuklids 133 Cs entsprechenden Strahlung (1967). Elektrotechnik – 1 Ampere (Stromst¨ arke) St¨ arke eines zeitlich unver¨anderlichen elektrischen Stromes, der, durch zwei im Vakuum parallel im Abstand von 1 m voneinander angeordnete, geradlinige, unendlich lange Leiter von vernachl¨assigbar kleinem, kreisf¨ormigem Querschnitt fließend, zwischen diesen Leitern pro 1 m Leiterl¨ange elektrodynamisch die Kraft 0, 2 · 10−6 N hervorrufen w¨ urde (1948). Thermodynamik – 1 Kelvin (Temperatur) ist der 273,16te Teil der thermodynamischen Temperatur des Tripelpunktes des Wassers (1967). Optik – 1 Candela (Lichtst¨ arke) ist die Lichtst¨arke in einer bestimmten Richtung einer Strahlungsquelle, die monochromatische Strahlung der Frequenz 540 · 1012 Hertz aussendet und deren Strahlst¨arke in dieser Richtung (1/683) Watt je Steradiant betr¨agt (1979). Chemie – 1 Mol (Stoffmenge) ist die Stoffmenge eines Systems bestimmter Zusammensetzung, das aus ebenso vielen Teilchen besteht, wie Atome in (12/1000) kg des Nuklids 12 C enthalten sind (1971).
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten
13
2.1.2 Naturkonstanten Zahlenwerte und Einheiten von Naturkonstanten werden derzeit durch das System der Einheiten, das SI-System, festgelegt (Tab. 2.2). So ergibt sich beispielsweise aus der Definition der Einheit der elektrischen Stromst¨arke die magnetische Feldkonstante zu μ0 = 4π · 10−7 Vs/Am = 1, 2566 · 10−6 Vs/Am [163]. Es ist aber zu erwarten, dass in Zukunft sieben ausgew¨ahlte physikalische Konstanten in der Hierarchie der Metrologie u ¨ ber den Basiseinheiten stehen. Bez¨ uglich der SI-Basiseinheiten Meter und Sekunde ist dies schon seit einigen Jahrzehnten der Fall. Tabelle 2.2. Wichtige Naturkonstanten Naturkonstante Elektrische Elementarladung Elektrische Feldkonstante Lichtgeschwindigkeit im Vakuum Magnetische Feldkonstante Masse des Elektrons Plancksches Wirkungsquantum
Zeichen e ε0 c μ0 m0 h
Zahlenwert −19
1, 6022 · 10 8, 8542 · 10−12 299 792 458 1, 2566 · 10−6 9, 1095 · 10−31 6, 6262 · 10−34
Einheit As AsV−1 m−1 ms−1 VsA−1 m−1 kg Js
2.1.3 Das SI Das SI besteht aus den sieben Basiseinheiten Kilogramm, Meter, Sekunde, Ampere, Kelvin, Mol und Candela und daraus abgeleiteten Einheiten. Die abgeleiteten Einheiten lassen sich als Produkte von Potenzen der Basiseinheiten definieren, daher ist das SI ein sog. koh¨arentes System. Die einzelnen Definitionen der Basiseinheiten sind aus aktueller Sicht v¨ollig unterschiedlich angelegt: W¨ahrend sich das Kilogramm noch auf den Internationalen Kilogramm-Prototypen beim Internationalen B¨ uro f¨ ur Maß und Gewicht (BIPM) in Paris, also einen Artefakt bezieht, ist die Ampere-Definition in abstrakter Weise, d. h. experimentell nicht reproduzierbar, mit dem Wert der magnetischen Feldkonstante verbunden. Dahingegen sind die Grundlagen der Meter- und der Sekundendefinition bereits Naturkonstanten, n¨amlich die Lichtgeschwindigkeit bzw. eine durch Hyperfeinwechselwirkung entstehende ¨ Ubergangsfrequenz zwischen Energieniveaus des Atoms 133 Cs. Das derzeitige SI erf¨ ullt die heutigen Bed¨ urfnisse von Wissenschaft und Technik, ist aber von der Idealvorstellung, immerw¨ahrender“ Konstanz in ” Zeit und Ort sowie (experimenteller) Nachvollziehbarkeit f¨ ur alle V¨olker“ ” weit entfernt [67].
14
2 Die Grundlagen des Messens
2.1.4 Das k¨ unftige SI Das k¨ unftige oder neue SI wird, mit Ausnahme der SI-Basiseinheit Candela, der Einheit der Lichtst¨arke, alle Basiseinheiten mit Bezug auf Werte von Naturkonstanten definieren, davon ausgehend, dass diese Naturkonstanten, oder auch einfach physikalische Konstanten genannt, zumindest nach menschlichem Ermessen konstant u ¨ ber Zeit und Ort sind. Zugleich soll ein konsistenter Definitionsansatz die Verst¨andlichkeit und Akzeptanz des Systems f¨ordern sowie es zumindest vom Grundsatz her f¨ ur Alle“ zug¨anglich machen. ” ¨ ¨ Uber jegliche Anderungen des SI entscheidet die Generalkonferenz der Meterkonvention auf der Grundlage von Empfehlungen des Comit´e International des Poids et Mesures (CIPM). Das CIPM hat sich nun schon soweit festgelegt, dass das Meter (weiterhin) auf der Basis des Wertes der Lichtgeschwindigkeit c definiert werden wird, das Kilogramm k¨ unftig mit Bezug auf den Wert der Planck-Konstante h, die Sekunde (weiterhin) auf die Frequenz ν einer Strah¨ lung, die aus dem Ubergang zwischen zwei Hyperfein-Strukturniveaus des Grundzustandes von Atomen eines bestimmten Nuklids resultiert, das Ampere auf die Elementarladung e, das Kelvin auf die Boltzmann-Konstante k und das Mol auf die Avogadrozahl NA [34][35]. Abbildung 2.1 illustriert diesen Ansatz. U=0
c, h, v, e, kB, NA, Kcd
Definierende Konstanten (unsicherheitsfrei)
m, kg, s, A, K, mol, cd
SI-Basiseinheiten (unsicherheitsbehaftet)
Messunsicherheit (in Pfeilrichtung ansteigend)
Pa, N, Hz, Ω, W, ... abgeleitete Einheiten (unsicherheitsbehaftet)
μ0, R, γ, ε0, NL, F, ... andere physikalische Konstanten (unsicherheitsbehaftet)
Weitergabe der Einheiten an Wirtschaft und Gesellschaft
Abb. 2.1. Das neue SI-Einheiten-System: Zuordnung von Einheiten zu Konstanten
Die Definition eines neuen SI soll mit Blick auf evtl. gravierende wirtschaftliche Auswirkungen keinesfalls zu Skalenspr¨ ungen in Bezug auf das derzeitige SI f¨ uhren, wie das CIPM ausdr¨ ucklich fordert. Daher sind zun¨achst die Werte der o. a. Konstanten mit h¨ochster Genauigkeit auf der Grundlage des derzeitigen SI zu bestimmen und international, m¨oglichst auf experimentell
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten
15
unterschiedlichen Wegen, zu verifizieren. Die Konsistenz der noch nicht neu festgelegten Werte wird dann durch eine Ausgleichsrechnung der CODATA, einer international anerkannten Expertenkommission, hergestellt werden. V¨ ollig neu k¨onnte auch die Art Definition der Basiseinheiten selbst werden. Es ist nicht auszuschließen, dass eine sog. Gruppendefinition Anwendung findet, die etwa wie folgt strukturiert und formuliert sein k¨onnte: Die Sekunde, Symbol s, ist die SI-Einheit der Zeit. Das Meter, Symbol m, ist die SI-Einheit der L¨ange. Das Kilogramm, Symbol kg, ist die SI-Einheit der Masse. Das Ampere, Symbol A, ist die SI-Einheit der Stromst¨arke. Das Kelvin, Symbol K, ist die SI-Einheit der Temperatur. Das Mol, Symbol mol, ist die SI-Einheit der Stoffmenge eines spezifizierten elementaren Teilchens, welches ein Atom, ein Molek¨ ul, ein Ion, ein Elektron oder ein anderes Partikel oder eine Gruppe von Partikeln sein kann. Die Candela, Symbol cd, ist die Einheit der Lichtintensit¨at in einer gegebenen Richtung. Diese Einheiten sind definiert durch die fixen numerischen Werte der C¨asium-Frequenz zu uckt in der Einheit s−1 , der Lichtgeschwindigkeit in 9, 192631770 · 109 ausgedr¨ uckt in der Einheit m s−1 , der PlanckVakuum zu 2, 99792458 · 108 ausgedr¨ 34 Konstante zu 6, 62607(0040) · 10 ausgedr¨ uckt in der Einheit kg m2 s−1 , der −19 Elementarladung zu 1, 60217(66208) · 10 ausgedr¨ uckt in der Einheit A s, uckt in der Einheit der Boltzmann-Konstante zu 1, 3806(4852) · 10−23 ausgedr¨ kg m2 s−2 K−1 , der inversen Avogadrozahl zu 1/6,02214(0857) · 1023 ausgedr¨ uckt in der Einheit mol, der Lichtausbeute einer monochromatischen Strahlung der Frequenz 540 ·1012 Hz zu 683 (Photometrisches Strahlungs¨aquivalent) ausgedr¨ uckt in der Einheit kg−1 m−2 s3 cd sr. 1 Es wird in den Definitionen also keine experimentelle Grundlage f¨ ur die Realisierung der Definitionen festgelegt werden. Diese werden sinnvollerweise auf den derzeit entwickelten leistungsf¨ahigen Experimenten zur Bestimmung der physikalischen Konstanten beruhen und in einem vom CIPM zu verabschiedenden Mise en Pratique, also in der Hierarchie eine Stufe tiefer angesiedelt sein. Ziel dieser Strategie ist es, den Nationalen Metrologie-Instituten eine m¨ oglichst hohe Flexibilit¨at bei Realisierung der Einheiten einzur¨aumen. Eine weitere Konsequenz dieser voraussichtlichen k¨ unftigen Neufassung wird sein, dass den auf fixen Werten der Konstanten fußenden SI-Basiseinheiten selbst eine Unsicherheit quantitativ zuzuordnen ist, resultierend aus der verbleibenden und unvermeidlichen Unvollkommenheit eines jeden Experiments. Die derzeit f¨ ur Elektrotechniker besonders interessanten Experimente zur Bestimmung der quantitativen Zusammenh¨ange von Planck-Konstante und Kilogramm, von Elementarladung und Ampere sowie von Boltzmann-Konstante und Kelvin seien hier kurz benannt: 1
Die hier angegebenen Werte sind weiterhin Gegenstand aufw¨ andiger experimenteller Forschung und keinesfalls schon die Werte, die die Generalkonferenz f¨ ur Maß und Gewicht der Internationalen Meterkonvention verabschieden wird. Sie dienen lediglich einer ersten Orientierung. Die Werte in Klammern werden endg¨ ultig von der CGPM im Ergebnis der internationalen Experimente und des erforderlichen Werteausgleichs festgelegt.
16
•
2 Die Grundlagen des Messens
Planck-Konstante und Kilogramm Die neue Definition der SI-Basiseinheit Kilogramm (kg) soll auf die PlanckKonstante h zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Aus der Anzahl der Atome eines hinsichtlich seiner Masse und seines Volumens sehr genau (rel. Unsicherheit besser als 1 · 10−8 ) bekannten Siliziumsk¨orpers, der gut bekannten Rydberg-Konstanten sowie dem Verh¨ altnis der relativen atomaren Masse des Siliziums zu der des Elektrons kann die Planck-Konstante errechnet werden. Objekte zur experimentellen Bestimmung der PlanckKonstanten h sind als nahezu perfekte gefertigte Kugeln mit einer Masse von 1 kg, die jeweils aus einem hochreinen isotopenangereicherten Silizium28-Einkristall (Isotopenreinheit 99,998 %) h¨ochster Gitterperfektion bestehen. Masse und Volumen sowie die Oxidschicht an der Kugeloberfl¨ ache sind genauestens gemessen und bekannt. Das Gleiche gilt f¨ ur die effektive atomare Masse des Siliziums. Die indessen erreichte rel. Unsicherheit f¨ ur den mit diesem Experiment ermittelten Wert der PlanckKonstante ist kleiner als 2 · 10−8 . An der Neubestimmung der Konstanten auf dem sog. Silizium-Pfad“ sind f¨ uhrend die nationalen Metrolo” gieinstitute Deutschlands, die Physikalisch-Technische Bundesanstalt in Braunschweig und Berlin (PTB), Italiens (IMGC), Japans (NMIJ) der USA (NIST) und Kanadas (NRC) sowie das Internationale B¨ uro f¨ ur Maß und Gewicht in Paris (BIPM) beteiligt. Das isotopenangereicherte Silizium kommt aus der Russischen F¨oderation. Neben der Bestimmung der PlanckKonstante erm¨oglicht der Silizium-Pfad“ die Bestimmung der Avogadro” zahl und bildet damit auch die Grundlage f¨ ur die Definition der Einheit der Stoffmenge, das Mol. F¨ ur die k¨ unftige Massedefinition auf dem sog. Silizium-Pfad kann man dann in umgekehrter Richtung vorgehen: Die Zahl der Si-Atome N in einem makroskopischen Kristall (von angenommen v¨ollig isotopenreinem Silizium) w¨are dann N = 8VS /a(28 Si)3
(2.1)
mit 8: Zahl der Si-Atome pro Elementarzelle a(28 Si)3 : Volumen einer Si-Elementarzelle Volumen der Kugel. VS : Die Masse der Kugel erg¨abe sich zu ms = N · m(28 Si) .
(2.2)
Da der experimentell ermittelte Wert h/m(28 Si) mit hoher Genauigkeit bekannt ist, kann man schließlich als Bestimmungsgleichung schreiben ms = h · N
m(28 Si) . h
(2.3)
2.1 Maßsysteme, Einheiten, Naturkonstanten
•
•
17
Ein alternatives Experiment zur Bestimmung der Planck-Konstante und sp¨ ater, nach Neudefinition, der Darstellung des Kilogramms, ist mithilfe der sog. Wattwaage m¨oglich. Hierbei wird eine Spule bestromt (Strom durch Spule: I0 ), so dass ein Magnetfeld entsteht, das mit der daraus resultierenden Magnetkraft einen Probek¨orper in der Schwebe h¨alt. In diesem Magnetfeld wird eine weitere Spule mit definierter Geschwindigkeit bewegt und deren dabei induzierte Spannung U mit dem Strom I0 multipliziert. Daraus ergibt sich eine sehr genau messbare Leistung. Mit der ebenfalls hochgenau zu bestimmenden lokalen Erdbeschleunigung g an dem Messort l¨ asst sich aus der wirkenden kinetischen und der potenziellen Energie des Probek¨orpers (in Verbindung mit den Definitionen f¨ ur das Meter und die Sekunde) die Planck-Konstante ermitteln und festlegen. Eine große experimentelle Herausforderung ist dabei die Bestimmung von Weg und Geschwindigkeit der bewegten Spule mit extrem geringer Messunsicherheit. Elementarladung und Ampere Das Ampere (1 A) entspricht dem Fluss von rund 1 · 1018 Elektronen pro Sekunde (s. o.). Da die SI-Basiseinheit Sekunde mit einer rel. Unsicherheit von besser als 1 · 10−14 definiert werden kann, ist es denk- und realisierbar, das Ampere durch das Z¨ahlen von Elektronen in einem bestimmten Zeitintervall zu definieren bzw. in der derzeitigen Phase auf der Grundlage des geltenden SI den Wert der Elementarladung e zu bestimmen. Um einen entsprechenden messbaren Strom zu erzeugen, wurden sog. Einzelelektronenpumpen (SET-Devices; SET=Single Electron Tunneling) entwickelt, die mit sehr hoher Taktfrequenz Einzel-Elektroden durch eine FeldeffektHalbleiteranordnung durchtunneln“ und zugleich detektieren. Die erreich” bare relative Standardunsicherheit liegt derzeit schon unter 1 · 10−8 . Das Hauptproblem besteht jedoch darin, dass die solcherart mit SET-Devices erzeugten Str¨ome noch zu schwach sind (kleiner 10−6 A) und damit noch nicht den mit hoher Genauigkeit klassisch messbaren Bereich erreichen. Boltzmann-Konstante und Kelvin Die Definition der Einheit Kelvin (K) wird auf die Boltzmann-Konstante k zur¨ uckgef¨ urt werden. Die Boltzmann-Konstante wird derzeit international nach mehreren physikalischen Prinzipien bestimmt, aus deren Mittel sie einmal festgelegt werden soll. Das am h¨aufigsten angewandte Messprinzip ist das der akustischen Gasthermometrie . Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig verwendet alternativ ein Dielektrizit¨ atskonstanten-Gasthermometer. Die dabei mit einer Messunsicherheit von 4 ppm (4 · 10−6 ) ermittelte Boltzmann-Konstante betr¨agt nach derzeitigem Stand J k = 1, 380 648 52 · 10−23 . (2.4) K
18
2 Die Grundlagen des Messens
2.1.5 Abgeleitete Einheiten Durch Multiplikation oder Divison der Basiseinheiten werden die f¨ ur die anderen physikalischen Gr¨oßen ben¨otigten Einheiten abgeleitet, d. h. das SI-System der Einheiten ist ein sog. koh¨arentes System. Einige wichtige und h¨aufig benutzte abgeleitete Einheiten haben einen eigenst¨andigen Namen (Tab. 2.3), wie z. B. der Druck p, gemessen in der Einheit Pascal (Pa; 1 Pa = 1 N m−2 ; 1 N = 1 kg m s−2 ) und die (elektrische) Leistung Watt (W; 1 W = 1 J s−1 ; 1 J = 1 N m). Andere wiederum werden nur in Form ihrer multiplikativ verkn¨ upften Basiseinheiten ausgedr¨ uckt, wie beispielsweise die magnetische Feldst¨arke H mit der Einheit Ampere/Meter (A/m). Durch Vors¨atze entstehen dezimale Vielfache oder Teile von Einheiten (Tab. 2.4), z. B. das Megapascal (MPa), das 106 Pa entspricht, oder das Millimeter (mm), das 10−3 m entspricht.
2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen Die mathematische Beziehung zwischen physikalischen Gr¨oßen wird durch Gleichungen beschrieben. Man spricht von Gr¨oßengleichungen, wenn sie ausschließlich den Zahlenfaktor 1 enthalten. Die elektrische Energie beispielsweise ist gegeben durch die Gr¨oßengleichung (2.5). Darin bezeichnen U die Gleichspannung, gemessen in Volt (V), I den Gleichstrom, gemessen in Ampere (A), und t die Zeit, gemessen in Sekunden (s) E = U It .
(2.5)
Bei Verwendung koh¨arenter Einheiten gelten f¨ ur die Einheiten die gleichen Formeln. Gleichung (2.5) resultiert also in folgender Einheitengleichung 1 Ws = 1 VAs = 1 Nm .
(2.6)
In Zahlenwertgleichungen hingegen werden nicht-koh¨arente Einheiten verkn¨ upft, wie z. B. bei der Berechnung der elektrischen Energie in der Einheit Kilowattstunde (kWh) E (kWh) = 0, 278 · 10−6 U (V) I (A) t (s) = 0, 278 · 10−6 E (Ws) .
(2.7)
Bei Zahlenwertgleichungen m¨ ussen die Einheiten mit angegeben werden. Verschiedene Einheiten werden in einer Einheitengleichung verkn¨ upft 1 kWh = 1000 VA 3600 s =
1 VAs . 0, 278 · 10−6
(2.8)
2.2 Gr¨ oßen- und Zahlenwertgleichungen
19
Tabelle 2.3. Abgeleitete SI-Einheiten mit eigenst¨ andigen Namen Gr¨ oße
Formel- Abgeleitete zeichen SI-Einheit
Beziehung zu SI-Einheiten
ebener Winkel r¨ aumlicher Winkel Frequenz Kraft Druck
α Ω f, ν F p
Radiant Steradiant Hertz Newton Pascal
rad sr Hz N Pa
1 rad 1 sr 1 Hz 1N 1 Pa
Energie, Arbeit, W¨ armeenergie Leistung, Energiestrom Ladung Spannung Widerstand Leitwert Kapazit¨ at
E
Joule
J
1J
P
Watt
W 1W
Q U R G C
Coulomb Volt Ohm Siemens Farad
C V Ω S F
magn. Fluss
Φ
Weber
Wb 1 Wb
magn. Flussdichte
B
Tesla
T
1T
Induktivit¨ at
L
Henry
H
1H
Lichtstrom Beleuchtungsst¨ arke
Φ Ev
Lumen Lux
lm 1 lm lx 1 lx
Aktivit¨ at einer radio- A aktiven Substanz Energiedosis D
1C 1V 1Ω 1S 1F
Becquerel Bq 1 Bq Gray
= = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = = =
1 m m−1 1 m2 m−2 1 s−1 1 kg m s−2 1 N m−2 1 kg m−1 s−2 1 Nm 1 kg m2 s−2 1 Nm s−1 1 kg m2 s−3 1 As 1 kg m2 s−3 A−1 1 kg m2 s−3 A−2 1 s3 A2 kg−1 m−2 1 As V−1 1 A2 s4 kg−1 m−2 1 Vs 1 kg m2 s−2 A−1 1 V s m−2 1 kg s−2 A−1 1 Wb A−1 1 Vs A−1 1 kg m2 s−2 A−2 1 cd sr 1 lm m−2 1 cd sr m−2 1 s −1
Gy 1 Gy = 1 J kg −1 = 1 m2 s−2
Tabelle 2.4. Vors¨ atze zur Bezeichnung von dezimalen Vielfachen und Teilen von Einheiten Vorsatz Zeichen Zahlenwert Vorsatz Zeichen Zahlenwert Atto Femto Piko Nano Mikro Milli Zenti Dezi
a f p n μ m c d
10−18 10−15 10−12 10−9 10−6 10−3 10−2 10−1
Deka Hekto Kilo Mega Giga Tera Peta Exa
da h k M G T P E
10+1 10+2 10+3 10+6 10+9 10+12 10+15 10+18
3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation ¨ und Vierpol-Ubertragungsverhalten
3.1 Fourier-Transformation Fourierreihen periodischer Funktionen Wir beginnen mit der Beschreibung periodischer Funktionen mit Hilfe von Fourier-Reihenentwicklungen und leiten daraus die Beschreibung auch nichtperiodischer Funktionen mittels der Fourier-Transformation ab. Die periodische Funktion f (t) = f (t + T ) l¨asst sich bekanntlich in Form einer trigonometrischen Reihe angeben [45] ∞
a0 + (aν cos(νω0 t) + bν sin(νω0 t)) , 2 ν=1
f (t) =
(3.1)
wobei sich die Fourierkoeffizienten aν und bν mit aν =
2 T
bν =
2 T
+T /2
−T /2
f (t) cos (νω0 t) dt
ν = 0, 1, 2, · · ·
(3.2)
f (t) sin (νω0 t) dt
ν = 1, 2, · · ·
(3.3)
+T /2
−T /2
berechnen lassen und T die Periodendauer darstellt. Eine alternative Darstellung kann in Form einer Cosinus-Reihe mit den Koeffizienten cν und Phasenwinkeln ϕν erfolgen f (t) =
∞
cν cos(νω0 t + ϕν ) mit
ϕ0 = 0 .
(3.4)
ν=0
Mit der bekannten Beziehung cos x =
1 jx (e + e−jx ) 2
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_3
(3.5)
22
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
l¨ asst sich daraus eine ¨aquivalente Exponentialreihe ableiten ∞
f (t) =
dν ejνω0 t
(3.6)
ν=−∞
1 cν ejϕν ; 2 und d0 = c0 .
d−ν = d∗ν =
mit dν =
1 cν e−jϕν 2
(3.7) (3.8)
Um die komplexwertigen Koeffizienten dν aus der Funktion f (t) zu erhalten, l¨ osen wir Gl. (3.6) nach dν auf. Dazu multiplizieren wir beide Seiten mit e−jμω0 t (μ ∈ Z) und integrieren u ¨ ber eine Periode (Periodendauer T = 2π/ω0 )
T
f (t)e
−jμω0 t
T
dt =
0
0
∞
dν e−j(μ−ν)ω0 t dt .
(3.9)
ν=−∞
Auf der rechten Seite lassen sich Integral und Summe vertauschen und dν kann vor das Integral gezogen werden. F¨ ur das Integral gilt dann T 2π 0 f¨ ur ν = μ . (3.10) e−j(μ−ν)ω0 t dt = , wenn ω0 = T f¨ ur ν = μ T 0 Daraus folgt unmittelbar
T
0
f (t)e−jμω0 t dt = T dμ .
(3.11)
Jetzt ersetzen wir noch μ durch ν, so dass sich die Koeffizienten folgendermaßen berechnen lassen 1 T dν = f (t)e−jνω0 t dt. (3.12) T 0 ¨ Ubergang zur Fourier-Transformation Wir betrachten noch einmal die Exponentialentwicklung (Gl. (3.6)) und f¨ ugen einige g¨ unstige Erweiterungen ein (s. auch [188], [189]) f (t) =
∞ 1 2πdν jνω0 t e ω0 . 2π ν=−∞ ω0
(3.13)
In Gl. (3.12) verschieben wir die Integrationsgrenzen um eine halbe Periode 1 dν = T
T /2
−T /2
f (t)e−jνω0 t dt
mit
T =
2π . ω0
(3.14)
Die Verallgemeinerung auf nicht-periodische Funktionen erreicht man, indem man die Periodendauer T → ∞ gehen l¨asst. Die diskreten Frequenzen νω0
3.1 Fourier-Transformation
23
werden ersetzt durch die kontinuierliche Frequenz ω und die endlichen Frequenzschritte ω0 durch das Differential dω. Wenn man in Gl. (3.14) den Ausdruck T = 2π/ω0 auf die linke Seite bringt, erh¨ alt man die Fourier-Transformierte F (jω) der Zeitfunktion f (t) ∞ 2πdν = f (t)e−jωt dt = F (jω). (3.15) ω0 −∞ Zur R¨ ucktransformation wird in Gl. (3.13) die Summe u ¨ ber die diskreten ν ersetzt durch ein Integral u ¨ber ω. Wir setzen dementsprechend die FourierTransformierte F (jω) nach Gl. (3.15) ein und erhalten die Fourier-R¨ ucktransformation (inverse Fourier-Transformation) ∞ 1 f (t) = F (jω)ejωt dω . (3.16) 2π −∞ Es sei noch angemerkt, dass die Fourier-Transformation bzw. die FourierR¨ ucktransformation symbolisch folgendermaßen geschrieben wird F (jω) = F {f (t)} f (t) = F −1 {F (jω)} .
(3.17) (3.18)
Die absolute Integrierbarkeit einer Funktion f (t) ist hinreichende Bedingung f¨ ur die Existenz ihrer Fouriertransformierten ∞ |f (t)|dt < ∞ . (3.19) 0
Beispiele zur Fourier-Transformation Gegeben sei folgende Funktion f1 (t) = pT (t) =
1 0
f¨ ur −T ≤ t ≤ T , sonst
(3.20)
welche einen Rechteckimpuls beschreibt. Die Fourier-Transformierte dieser Funktion l¨ asst sich mit Gl. (3.15) leicht berechnen F 1 (jω) =
T
−T
e−jωt dt =
2 sin(T ω) . ω
(3.21)
Die Anwendung des Satzes von L’Hospital liefert an der Stelle ω = 0 den Grenzwert 2T . Abbildung 3.1 zeigt die Darstellung dieser Funktion im Zeitund Frequenzbereich. Weiterhin sei ein zeitlich unendlich andauerndes Sinus-Signal gegeben f2 (t) = sin ω0 t.
(3.22)
24
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
p (t) T
1
T
-T
Re {F1(jω)} 2T
−π/T
t
Im {F1(jω)} = 0
π/T
2π/T
ω
Abb. 3.1. Der Rechteckimpuls im Zeit- und Frequenzbereich
Die Fourier-Transformierte dieses Signals lautet F 2 (jω) = jπ [δ(ω + ω0 ) − δ(ω − ω0 )] =
π [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )] , j
(3.23)
wobei δ dem Dirac-Stoß (s. Kap. 3.4) entspricht. Das Spektrum dieses Signals ist in Abb. 3.2 dargestellt. Es enth¨alt nur einen Anteil bei der Frequenz ω0 bzw. −ω0 . Im {F2 (jω)}
Re {F2 (jω)} = 0 ω0 −ω0
ω
Abb. 3.2. Das Sinussignal im Frequenzbereich
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken
25
Nun wollen wir durch Multiplikation der beiden Signale einen Teil des Sinussignals ausschneiden f3 (t) = f1 (t) · f2 (t) = pT (t) sin ω0 t.
(3.24)
Die Multiplikation im Zeitbereich entspricht einer Faltung im Frequenzbereich mit dem Vorfaktor 1/2π (s. Kap. 3.5.4), wodurch man leicht die FourierTransformierte F 3 (jω) erh¨alt (∗: Faltungssymbol) π 1 2 sin T ω ∗ [δ(ω − ω0 ) − δ(ω + ω0 )] 2π ω j ∞ sin T Ω 1 [δ(ω − Ω − ω0 ) − δ(ω − Ω + ω0 )]dΩ = j −∞ Ω 1 sin T (ω − ω0 ) sin T (ω + ω0 ) . − = j ω − ω0 ω + ω0
F 3 (jω) =
(3.25)
In Abb. 3.3 ist der erste Term der Gl. (3.25) dargestellt. Bildlich gesprochen wird durch das Ausschneiden der unendlich scharfe Dirac-Stoß u ¨ ber einen Frequenzbereich um ω0 verschmiert“, wobei der Impuls umso unsch¨arfer ist, ” je k¨ urzer der Ausschnitt ist. F¨ ur ein unendlich langes Zeitfenster ergibt sich wiederum der Dirac-Stoß aus Abb. 3.2. j . F3(jω) Re {F3 (jω)} = 0 T ω0 −π/Τ
ω0
ω0 +π/Τ ω
Abb. 3.3. Das ausgeschnittene Sinussignal im Frequenzbereich
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken Es sollen die zeitlichen Verl¨aufe von Spannung und Strom in einem elektrischen Netzwerk ermittelt werden, wenn die Anregung einen beliebigen zeitlichen Verlauf zeigt. Schwerpunktm¨aßig betrachtete Spezialf¨alle sind dabei eine zu einem bestimmten Zeitpunkt eingeschaltete periodische Anregung oder eine nach dem Einschaltzeitpunkt konstante Anregung. Nach diesem (Ein-) Schaltzeitpunkt l¨auft in dem Netzwerk ein sog. Einschwingvorgang ab, der sich nach mehr oder weniger langer Zeit dem station¨aren oder eingeschwun¨ genen Zustand ann¨ahert. Eine neuerliche Anderung der Anregung, z. B. das Abschalten der Anregung, ruft einen weiteren Ausgleichsvorgang hervor.
26
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Wenn wir uns auf ein elektrisches Netzwerk mit konzentrierten linearen und zeitinvarianten Elementen beschr¨anken, so erfolgt die mathematische Beschreibung dieser Ausgleichsvorg¨ange anhand einer linearen Differentialgleichung (DGL) mit konstanten Koeffizienten. Als Beispiel wollen wir den Einschwingvorgang einer RC-Tiefpassschaltung betrachten, auf deren Eingangsklemmen zum Zeitpunkt t = 0 die Gleichspannung U0 aufgeschaltet wird (Abb. 3.4). t=0
R
i=C C
Uo
du c dt uc
Abb. 3.4. RC-Tiefpassschaltung, die zum Zeitpunkt t = 0 mit einer Gleichspannung beaufschlagt wird.
F¨ ur Zeiten t > 0 kann die Maschengleichung −U0 + R · i + uc = 0
(3.26)
unter Verwendung der Strom-Spannungs-Beziehung f¨ ur den Kondensator i=C
duc dt
(3.27)
zu einer Differentialgleichung 1. Ordnung mit konstanten Koeffizienten umgeformt werden duc RC + uc = U0 . (3.28) dt ¨ Die allgemeine L¨osung dieser Gleichung ergibt sich aus der Uberlagerung der L¨ osung der homogenen Differentialgleichung RC
duch + uch = 0 dt
(3.29)
und einer partikul¨aren L¨osung der inhomogenen Differentialgleichung. Eine solche spezielle L¨osung ucp l¨asst sich leicht angeben, wenn man bedenkt, dass f¨ ur t → ∞ der Ausgleichsvorgang abgeschlossen sein muss. Dann ist der Kondensator auf die Spannung U0 aufgeladen und es fließt kein Strom mehr. Somit ist diese partikul¨are L¨osung ucp = U0 . (3.30) Die allgemeine L¨osung der homogenen DGL (Gl. (3.29)) lautet mit der Zeitkonstanten τ = RC uch = ke−t/τ , (3.31)
3.2 Ausgleichsvorg¨ ange in linearen Netzwerken
27
wobei k eine noch festzulegende Konstante ist. Die Gesamtl¨osung lautet also uc = uch + ucp = ke−t/τ + U0 .
(3.32)
Aus dem Anfangswert der Kondensatorspannung zum Zeitpunkt t = 0 (uc (0) = 0) l¨asst sich die Konstante k bestimmen k = −U0 .
(3.33)
uc = U0 (1 − e−t/τ ) .
(3.34)
Die Gesamtl¨osung lautet somit
Abbildung 3.5 zeigt den zeitlichen Verlauf der Kondensatorspannung uc . uC(t) U0 U0 (1-e -t/τ )
τ = RC
t
Abb. 3.5. Zeitlicher Verlauf der Ausgangsspannung des RC-Tiefpasses
Auch bei komplizierteren Netzwerken ist die Vorgehensweise analog, d.h. unter Verwendung der Kirchhoffschen Gesetze und den Strom-Spannungs-Beziehungen von Widerstand, Spule und Kondensator wird ein System von linearen ¨ Differentialgleichungen aufgestellt. Dessen L¨osung ergibt sich aus der Uberlagerung der allgemeinen L¨osung des homogenen Systems und einer partikul¨ aren L¨ osung des inhomogenen Systems. Wenn sich in einem Netzwerk nun n unabh¨ angige Energiespeicher (Kondensatoren und/oder Spulen) befinden, so enth¨ alt die L¨osung n Konstanten, die so bestimmt werden m¨ ussen, dass die n Anfangswerte (Spannung bei Kondensatoren und Strom bei Spulen) der Energiespeicher erf¨ ullt werden, d. h. es muss ein lineares Differentialgleichungssystem mit n Unbekannten gel¨ost werden. In aller Regel wendet man aber zur Berechnung von Einschwingvorg¨angen eine elegantere Methode an, die uns das Aufl¨osen dieses linearen Differentialgleichungssystems erspart. Diese basiert auf der sog. Laplace-Transformation, die eine spezielle Spektralzerlegung der Zeitfunktionen durchf¨ uhrt. Dies f¨ uhrt schließlich zu einem Rechengang, der die bekannten Methoden der komplexen Wechselstromrechnung [4], [161] benutzt.
28
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.3 Die Laplace-Transformation Die Laplace-Transformation ist eine Verallgemeinerung der Fourier-Transformation. F¨ ur die Berechnung von Einschwingvorg¨angen gen¨ ugt die Beschr¨ ankung auf Zeitfunktionen, die f¨ ur Zeiten t < 0 verschwinden. Man spricht dann von einseitiger Laplace-Transformation. Bei dieser wird nur u ¨ ber positive t integriert. Ausgangspunkt ist die einseitige FourierTransformation ∞ F (jω) = f (t)e−jωt dt (3.35) 0
bzw. die inverse Fourier-Transformation ∞ 1 F (jω)ejωt dω . f (t) = 2π −∞
(3.36)
¨ Beim Ubergang zur Laplace-Transformation wird nun die in Gl. (3.35) noch rein imagin¨ are Frequenz jω durch die komplexe Frequenz s = σ + jω
(3.37)
ersetzt. Aus Gl. (3.35) wird dadurch die Basisgleichung der einseitigen Laplace-Transformation (Laplace-Transformationsgleichung) ∞ F (σ + jω) = f (t)e−σt e−jωt dt (3.38) 0
bzw.
∞
F (s) =
f (t)e−st dt .
(3.39)
0
Die hinreichende Bedingung f¨ ur die Fourier-Transformierbarkeit einer Funktion f (t) (Gl. (3.19)) +∞ |f (t)| dt < ∞ (3.40) −∞
wird nunmehr entsch¨arft, da Gl. (3.40) in ∞ |f (t)| e−σt dt < ∞
(3.41)
0
u ugen beispielsweise auch die Funktionen ¨ bergeht. So gen¨ 1 f¨ ur t ≥ 0 f (t) = 0 f¨ ur t < 0
(3.42)
f¨ ur σ > 0 und f (t) =
eα t 0
t≥0 t<0
(3.43)
3.3 Die Laplace-Transformation
29
f¨ ur σ > α der Bedingung nach Gl. (3.41). Wenn also der Wert σ in Abh¨angigkeit von f (t) nur gen¨ ugend groß“ ” gew¨ ahlt wird, so existiert die Laplace-Transformierte F (s). Das entsprechende Integral (Gl. (3.39)) konvergiert absolut und gleichm¨aßig f¨ ur alle s mit σ > σmin , wobei der Wert σmin die von der jeweiligen Funktion f (t) abh¨angende Konvergenzabszisse beschreibt. Das Beispiel Gl. (3.42) impliziert, dass die Laplace-Transformation (im Gegensatz zur Fourier-Transformation) auch im Falle f¨ ur t → ∞ nicht verschwindender Funktionen ohne Distributionen auskommt. F¨ ur die Exponentialfunktion (3.43) mit α > 0 existiert keine Fourier-Transformierte, aber sehr wohl deren Laplace-Transformierte. Die der Fourier-R¨ ucktransformation entsprechende Laplace-R¨ ucktransformation ergibt sich unter Verwendung der Gln. (3.35) bis (3.38) f¨ ur t > 0 zu ω=+∞ 1 f (t)e−σt = F (σ + jω) · ejωt dω (3.44) 2π ω=−∞ bzw. 1 f (t) = 2π
ω=+∞
F (σ + jω) · e(σ+jω)t dω .
(3.45)
ω=−∞
Unter Verwendung der komplexen Frequenz s = σ + jω und der Beziehung ds = jdω l¨ asst sich die Laplace-R¨ ucktransformation in der Form 1 f (t) = 2πj
s=σ+j∞
F (s)est ds
(3.46)
s=σ−j∞
darstellen. Das R¨ ucktransformations-Integral nach Gl. (3.46) existiert nur, wenn F (s) an den Enden des Integrationspfades verschwindet. Der Integrationspfad verl¨ auft in der komplexen s-Ebene (Abb. 3.6) parallel zur imagin¨aren Achse in einem Bereich, wo σ > σmin gilt. F¨ ur σ > σmin ist F (s) eine holomorphe Funktion. Es sei erg¨anzt, dass das Integral einer holomorphen Funktion nur von den Endpunkten des Integrationspfades, nicht aber von dessen Wegf¨ uhrung selbst, abh¨ angt. Symbolische Darstellungen Laplace-Transformation: R¨ ucktransformation:
F (s) = L{f (t)} .
(3.47)
f (t) = L−1 {F (s)} .
(3.48)
Die Zuordnung wird auch durch folgendes Symbolzeichen dargestellt f (t) ◦−−• F (s) ,
(3.49)
30
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
wobei wegen der Eindeutigkeit der Zuordnung (Eineindeutigkeit) aller im Bereich t > 0 stetiger Funktionen diese Zuordnung in beiden Richtungen der Transformation gilt, sofern der jeweilige Konvergenzbereich des LaplaceIntegrals bekannt ist. Laplace-Ebene (s-Ebene) j. ω harmonische Schwingungen mit konstanter Amplitude exponentiell anwachsende Schwingungen
exponentiell abklingende Schwingungen
σ = Re {s}
Abb. 3.6. Laplace-Ebene (s-Ebene)
W¨ ahrend die Fourier-Transformation auf die rein imagin¨are Achse jω und damit auf Sinusgr¨oßen mit konstanter Amplitude beschr¨ankt bleibt, kann mit einer komplexen Frequenz auch eine exponentiell anwachsende oder exponentiell abklingende Sinusgr¨oße dargestellt werden (s. Abb. 3.6) ˆ · eσt cos(ωt + ϕ) = u(t) = U
1 (U e(σ+jω)t + U ∗ e(σ−jω)t ) 2
(3.50)
mit ˆ · ejϕ U= U ∗ ˆ · e−jϕ . U =U
(3.51) (3.52)
Die ¨ aquivalente Darstellung in s bzw. s∗ lautet u(t) =
∗ 1 (U est + U ∗ es t ) 2
(3.53)
s∗ = σ − jω.
(3.54)
mit
Der Wert von σ stellt dabei das D¨ampfungsmaß dar (σ < 0) und ω die Kreisfrequenz (ω > 0). Es sei noch erg¨anzt, dass die rein reelle Achse (ω = 0) reine Exponentialfunktionen mit reellen Exponenten verk¨orpert.
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen
31
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen Ziel dieses Abschnittes ist die Aufstellung einer Zuordnungstabelle, die elementare Zeitfunktionen und ihre entsprechenden einseitigen Laplace-Transformierten enth¨alt. Bei der einseitigen Laplace-Transformation wird vorausgesetzt, dass die zu transformierende Zeitfunktion f¨ ur Zeiten t < 0 stets identisch Null ist. Dies wird f¨ ur jede Zeitfunktion durch Multiplikation mit der im folgenden definierten Sprungfunktion ε(t) erreicht. Aufgrund der eindeutigen Umkehr¨ barkeit der Transformation kann diese sowohl beim Ubergang vom Zeit- in den Laplace-Bereich als auch in umgekehrter Richtung verwendet werden. Sprungfunktion Die Sprungfunktion1 ε(t) beschreibt ein zum Zeitnullpunkt eingeschaltetes zeitlich konstantes Signal 1 f¨ ur t ≥ 0 f (t) = ε(t) = . (3.55) 0 f¨ ur t < 0 Die Laplace-Transformierte lautet ∞ ∞ 1 F (s) = e−st dt = − e−st . s 0 0
(3.56)
F¨ ur Realteile σ > 0 konvergiert das Integral in Gl. (3.56) und man erh¨alt F (s) =
1 . s
(3.57)
Rampenfunktion F¨ ur die ab dem Zeitnullpunkt linear ansteigende Rampenfunktion t f¨ ur t ≥ 0 f (t) = oder f (t) = ε(t) · t 0 f¨ ur t < 0
(3.58)
erh¨ alt man die Laplace-Transformierte nach einmaliger partieller Integration ∞ ∞ t −st 1 ∞ −st −st te dt = − e + e dt . (3.59) F (s) = s s 0 0 0 Auch hier konvergiert das Integral nur f¨ ur komplexe Frequenzen s, deren Realteil positiv ist (σ > 0). Man erh¨alt schließlich F (s) = 1
1 . s2
Die Sprungfunktion wird im Folgenden stets mit ε(t) bezeichnet.
(3.60)
32
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Parabelfunktionen Die Laplace-Transformierte einer Parabel n-ten Grades (n = 0, 1, 2, 3, ...) ergibt sich durch n-malige partielle Integration n t f¨ ur t ≥ 0 f (t) = oder f (t) = ε(t) · tn (3.61) 0 f¨ ur t < 0 entsprechend zu F (s) =
n! . sn+1
(3.62)
Exponentialfunktion Die Laplace-Transformierte der Exponentialfunktion st f¨ ur t ≥ 0 e0 oder f (t) = ε(t) · es0 t f (t) = 0 f¨ ur t < 0
(3.63)
ergibt sich zu
∞
F (s) =
e
(s0 −s)t
0
∞ 1 (s0 −s)t e dt = . s0 − s 0
(3.64)
F¨ ur σ > Re{s0 } erh¨alt man Konvergenz und es folgt F (s) =
1 . s − s0
(3.65)
Hyperbelfunktionen Da sich die Hyperbelfunktionen aus der Superposition von Exponentialfunktionen ergeben 1 s0 t e + e−s0 t 2 1 s0 t e − e−s0 t , sinh(s0 t) = 2
cosh(s0 t) =
(3.66) (3.67)
lassen sich ihre Laplace-Transformierten aufgrund ihrer linearen Transformationseigenschaften leicht angeben
1 s 1 1 L{ε(t) · cosh(s0 t)} = = 2 + (3.68) 2 s − s0 s + s0 s − s20 bzw. L{ε(t) · sinh(s0 t)} =
1 2
1 1 − s − s0 s + s0
=
s0 . s2 − s20
(3.69)
3.4 Die Laplace-Transformierte elementarer Zeitfunktionen
33
sin- und cos-Funktionen Der Spezialfall s0 = jω0 liefert mit den Gln. (3.66), (3.67) und cosh jω0 t = cos ω0 t sinh jω0 t = j sin ω0 t
(3.70) (3.71)
die Laplace-Transformierte harmonischer Signale s + ω02 ω0 L{ε(t) · sin ω0 t} = 2 . s + ω02
L{ε(t) · cos ω0 t} =
(3.72)
s2
(3.73)
Delta-Impuls δ(t) Der Delta-Impuls (auch Dirac-Impuls bzw. Dirac-Stoß genannt), der bei der Analyse elektrischer Netzwerke große Bedeutung hat, ist keine Funktion im herk¨ ommlichen Sinne, sondern mathematisch gesehen eine sog. Distribution. Die Distribution l¨asst sich durch einen Grenz¨ ubergang definieren. Dazu betrachten wir Abb. 3.7. Der dort gezeigte Signalverlauf l¨asst sich folgendermaßen beschreiben 1 f¨ ur 0 < t < T δT = T . (3.74) 0 sonst F¨ ur T → 0 erh¨alt man daraus den Delta-Impuls. +∞ F¨ ur den Dirac-Impuls gilt die Nebenbedingung −∞ δ(t)dt = 1. Die Laplace-Transformierte des Zeitsignals nach Gl. (3.74) ergibt T 1 −st 1 T −st 1 − e−sT e dt = . (3.75) FT (s) = e dt = T 0 sT 0 T δT
δ
1 T
1
δ (t)
T a)
t
t b)
Abb. 3.7. Delta-Impuls: a) Zeitfunktion, welche durch den Grenz¨ ubergang T → 0 den Delta-Puls definiert, b) Symbolische Darstellung: der Zahlenwert an der Spitze +∞ des Pfeiles repr¨ asentiert den Fl¨ acheninhalt des Integrals −∞ δ(t)dt.
34
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Die Laplace-Transformierte des Delta-Impulses erh¨alt man schließlich durch den Grenz¨ ubergang T → 0 1 − e−sT =1. T →0 sT
lim FT (s) = Fδ (s) = lim
T →0
(3.76)
3.5 Die Eigenschaften der Laplace-Transformation — Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen Bei der Anwendung der Laplace-Transformation ist es allgemein von Interesse, wie sich die Transformation auf einfache mathematische Operationen auswirkt. Bei der L¨osung von Differentialgleichungen mit Hilfe der LaplaceTransformation ist es beispielsweise wichtig zu wissen, wie sich die Operationen Differentiation oder Integration transformieren. ¨ 3.5.1 Uberlagerung Wenn die Laplace-Transformierten zweier Zeitfunktionen f1 (t) und f2 (t) existieren f1 (t) ◦−−• F1 (s) f2 (t) ◦−−• F2 (s) ,
(3.77) (3.78)
¨ so gilt f¨ ur beliebige Konstanten c1 und c2 der Uberlagerungssatz c1 f1 (t) + c2 f2 (t) ◦−−• c1 F1 (s) + c2 F2 (s) .
(3.79)
Seine G¨ ultigkeit folgt unmittelbar aus der Linearit¨at der Transformationsintegrale. 3.5.2 Integration Die Laplace-Transformierte des Integrals t f (τ )dτ
(3.80)
0
ergibt sich durch Einsetzen in die Transformationsformel (Gl. (3.39)) und partielle Integration zu t 1 (3.81) f (τ ) dτ ◦−−• F (s) , s 0 wobei F (s) die Laplace-Transformierte der Funktion f (t) ist.
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
35
3.5.3 Differentiation Unter der Voraussetzung, dass die Funktion f (t) differenzierbar ist und ihre Laplace-Transformierte F (s) existiert, erh¨ alt man nach einmaliger partieller Integration f¨ ur die Laplace-Transformierte der Ableitung ∞ df (t) −st ˜ F (s) = e dt (3.82) dt 0 die Zuordnung df (t) ◦−−• s F (s) − f (0+ ) . (3.83) dt Der rechtsseitige Grenzwert f (0+ ) ist der Funktionswert zum Zeitpunkt t = 0, wenn man den Funktionsverlauf von f (t) von Zeiten t > 0 kommend bis hin zum Grenzwert f¨ ur t → 0 verfolgt. Wenn alle Ableitungen von f (t) bis zur nten sowie die entsprechenden Laplace-Transformierten existieren, kann analog abgeleitet werden dn f (t) d(n−1) f (t) ◦−−• snF (s)−sn−1 f (0+ )−sn−2 f (0+ )−· · ·− | + . (3.84) n dt dt(n−1) t=0 Nachdem sich die Operationen Integration und Differentiation im LaplaceBereich in eine Multiplikation mit 1s bzw. s u uhren lassen, gehen linea¨berf¨ re Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten, wie sie auch bei der Analyse elektrischer Netzwerke auftreten, in lineare algebraische Gleichungen u ¨ ber. Damit lassen sich insbesondere Einschwingvorg¨ange in linearen mechanischen und elektrischen Netzwerken einfach berechnen (s. auch Kap. 5.4). 3.5.4 Produkt zweier Laplace-Funktionen — Faltung Die f¨ ur die Netzwerkanalyse wichtigste Eigenschaft ist die Transformation des zeitlichen Faltungsintegrals, das die Berechnung einer Systemantwort bei bekannter Erregung und gegebener Impulsantwort des Systems erlaubt (s. auch Kap. 3.11). Das Produkt zweier Laplace-Funktionen F1 (s) · F2 (s) ∞ F1 (s) = f1 (τ )e−sτ dτ (3.85) 0 ∞ F2 (s) = f2 (ϑ)e−sϑ dϑ (3.86) 0
l¨ asst sich (gleichm¨aßige Konvergenz vorausgesetzt) als Doppelintegral formulieren ∞ ∞ F1 (s) · F2 (s) = f1 (τ )f2 (ϑ)e−s(τ +ϑ) dτ dϑ . (3.87) 0
0
Die Variablensubstitution t = τ + ϑ f¨ uhrt mit ϑ = t − τ und dϑ = dt zu
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
36
t=∞
F1 (s) · F2 (s) =
t=0
τ =t
f1 (τ )f2 (t − τ )dτ e−st dt .
(3.88)
τ =0
Die obere Grenze des inneren Integrals darf auf τ = t gesetzt werden, weil f2 (t − τ ) bei kausalen Netzwerken f¨ ur negative Zeiten verschwindet. Das innere Integral ist gem¨aß der Laplace-Transformationsgleichung die zu F1 (s) · F2 (s) geh¨orende Zeitfunktion. Daher ist die Integraloperation t f1 (τ )f2 (t − τ )dτ (3.89) 0
das Zeitbereichsergebnis der Multiplikation F1 (s)·F2 (s). Man bezeichnet diese Operation als Faltung und k¨ urzt sie mit dem Symbol ∗ ab, um sie von der gew¨ ohnlichen Multiplikation zu unterscheiden t f1 (t) ∗ f2 (t) = f1 (τ )f2 (t − τ )dτ . (3.90) 0
Es gilt also die Zuordnung f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−•F1(s) · F2 (s) .
(3.91)
Das Faltungsprodukt ist kommutativ, d. h. es gilt f1 ∗ f2 = f2 ∗ f1 .
(3.92)
Es sei erg¨ anzt, dass sich die Faltung nach Gl. (3.90) auch ausf¨ uhren l¨asst, wenn f1 (t) und f2 (t) nur in rein graphischer oder numerischer Form gegeben sind. Abbildung 3.8 soll die Faltungsoperation verdeutlichen. f1 (t)
f2 (t) f2 (-t)
t1
f 1, 2 t=0
-t 2
f1 (τ) t > t2
f 2 (t)
t2
t
: f 2 (t - τ)
f 1 (t) * f2 (t)
t
Faltungsergebnis
t > t1 + t 2
t1
τ
t2
t1
t1+ t2
Abb. 3.8. Zur Veranschaulichung des Faltungsintegrals
t
3.5 Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen
37
Aufgrund des Vorfaktors 1/πj in der R¨ ucktransformationsformel Gl. (3.46) erscheint dieser auch bei der Umkehrung von Gl. (3.90) bzw. (3.91) wie folgt f1 (t) · f2 (t) ◦−−•
1 F1 (s) ∗ F2 (s) . 2πj
(3.93)
Dies bedeutet, dass einer Multiplikation im Zeitbereich das mit dem Vorfaktor 1/2π versehene Faltungsprodukt der beiden entsprechenden LaplaceTransformierten entspricht. F¨ ur die Fourier-Transformation gelten diese Regeln analog. Der Vorfaktor betr¨agt hier 1/2π f1 (t) · f2 (t) ◦−−•
1 F (jω) ∗ F 2 (jw) . 2π 1
(3.94)
Analog zu Gl. (3.91) gilt f1 (t) ∗ f2 (t) ◦−−•F 1 (jω) · F 2 (jw) .
(3.95)
3.5.5 Multiplikationssatz Ausgehend von der Transformationsgleichung (Gl. 3.39) ∞ F (s) = f (t)e−st dt
(3.96)
0
erh¨ alt man durch Differenzieren nach s ∞ dF = f (t)(−t) · e−st dt = L{−t · f (t)} . ds 0
(3.97)
Die n-malige Ableitung ergibt unmittelbar den Multiplikationssatz dn F = (−1)n L{tn · f (t)} dsn
(3.98)
dn F . dsn
(3.99)
bzw. tn · f (t) ◦−−• (−1)n
38
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.5.6 Verschiebung im Zeitbereich (Oberbereich) Es soll eine Funktion f (t) im Zeitbereich um eine Zeit t0 > 0 verschoben werden. F¨ ur die daraus resultierende Funktion (Abb. 3.9) f1 (t)
f (t)
0
0
t
t0
t
Abb. 3.9. Verschiebung im Zeitbereich um die Zeit to
f1 (t) =
f (t − t0 ) 0
f¨ ur t ≥ t0 f¨ ur t < t0
bzw.
f1 (t) = ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) (3.100)
folgt deren Laplace-Transformierte ∞ (s) = f (t − t0 )e−st dt . F1
(3.101)
t0
Durch die Variablensubstitution τ = t − t0 wird e−st = e−st0 · e−sτ und es folgt F1 (s) = e−st0
∞
f (τ )e−sτ dτ = e−st0 F (s) .
(3.102)
(3.103)
0
Die Verschiebung im Zeitbereich um eine Zeit t0 entspricht also der Multiplikation im Frequenzbereich mit e−st0 ε(t − t0 ) · f (t − t0 ) ◦−−• e−st0 F (s) .
(3.104)
3.5.7 Verschiebung im Laplace-Bereich (Unterbereich) Wenn wir hingegen eine Verschiebung im Laplace-Bereich gem¨aß F1 (s) = F (s + s0 ) vornehmen, folgt
F1 (s) =
∞
f (t)e−s0 t e−st dt .
(3.105)
(3.106)
0
Dies bedeutet, dass F (s + s0 ) der mit e−s0 t multiplizierten Zeitfunktion f (t) entspricht
3.5 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation
e−s0 t f (t) ◦−−•F (s + s0 ) .
39
(3.107)
Die Anwendung dieses Satzes auf Gl. (3.62) ergibt schließlich tn −s0 t 1 e ◦−−• . n! (s + s0 )n+1
(3.108)
Demnach l¨ asst sich zu einer beliebigen rationalen Funktion in s die zugeh¨orige Zeitfunktion direkt ermitteln. Dazu wird die Funktion in Partialbr¨ uche zerlegt und anschließend r¨ ucktransformiert. F¨ ur den Fall, dass die gebrochen rationale Funktion denselben Z¨ahler- und Nennergrad aufweist, muss vor der Partialbruchzerlegung eine Polynomdivision durchgef¨ uhrt werden. 3.5.8 Dehnung bzw. Stauchung Eine multiplikative reelle Konstante c, die auch als zeitlicher Dehnungsbzw. Stauchungsfaktor interpretiert werden kann, wirkt sich wie folgt auf die Laplace-Transformation aus 1 s f (ct) ◦−−• F c c
(c > 0) .
(3.109)
3.5.9 Anfangswert-Theorem Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt der Anfangswert f (0+ ) der zugeh¨origen Zeitfunktion f (t) bestimmt werden, ohne die Zeitfunktion selbst zu ermitteln [45] lim f (t) = f (0+ ) = t↓0
lim
sF (s) .
(3.110)
Re(s)→∞
3.5.10 Endwert-Theorem Mit Hilfe dieses Theorems kann aus einer Laplace-Transformierten F (s) direkt der Grenzwert f (t → ∞) der zugeh¨origen Zeitfunktion f (t) ermittelt werden, ohne diese direkt zu kennen [45] lim f (t) = lim sF (s).
t→∞
s→0
(3.111)
Voraussetzung hierf¨ ur ist nat¨ urlich die Existenz eines asymptotischen Grenzwertes im Zeitbereich. 3.5.11 Tabelle mathematischer Operationen In Tabelle 3.1 sind nochmals die in den vorhergehenden Abschnitten diskutierten mathematischen Operationen bei der Laplace-Transformation zusammengestellt.
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
40
Tabelle 3.1. Zusammenfassung der Laplace-Transformation einfacher mathematischer Operationen f (t)
F (s)
Bezeichnung
c1 f1 (t) + c2 f2 (t)
c1 F1 (s) + c2 F2 (s)
¨ (Uberlagerung)
1 s
(Integration)
t 0
f (τ ) dτ
F (s)
df (t) dt
s F (s) − f (0+ )
dn f (t) dtn
sn F (s) − sn−1 f (0+ ) − ... ... − sn−2 dfdt(t) |t=0+ − · · · d(n−1) f (t) dt(n−1)
··· −
(Differentiation)
|t=0+
f1 (t) ∗ f2 (t)
F1 (s) · F2 (s)
f1 (t) · f2 (t)
1 F (s) 2πj 1
tn · f (t)
(−1)n
ε(t − t0 ) · f (t − t0 )
e−st0 F (s)
Zeitverschiebung
e−s0 t f (t)
F (s + s0 )
Frequenzverschiebung
f (ct)
1 F c
lim f (t) = f (0+ ) t↓0
lim f (t)
t→∞
=
Produkt im Laplace-Ber.
∗ F2 (s)
dn F dsn
s
lim
Multiplikationssatz
(c > 0)
c
Produkt im Zeitbereich
sF (s)
Dehnung/Stauchung
(Anfangswert-Theorem)
Re(s)→∞
=
lim sF (s)
s→0
(Endwert-Theorem)
3.6 Analyse eines RC-Netzwerkes mittels Laplace-Transformation Mit Hilfe der Laplace-Transformation l¨asst sich beispielsweise der bereits in Kapitel 3.2 behandelte Einschwingvorgang einer RC-Tiefpassschaltung (Abb. 3.4) wesentlich eleganter berechnen als im Zeitbereich. Wir gehen dazu von der DGL (Gl. (3.28)) aus, welche die Spannung uc (t) am Kondensator beschreibt RC
duc (t) + uc (t) = u(t) . dt
(3.112)
3.7 Die R¨ ucktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich
41
Die Anwendung der Laplace-Transformation f¨ uhrt mit Einf¨ uhrung der Zeitkonstanten τ = RC zu folgender linearer Gleichung τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) ,
(3.113)
wobei gilt Uc (s) = L{uc (t)}
U (s) = L{u(t)} .
und
(3.114)
Diese Gleichung kann leicht nach Uc (s) aufgel¨ost werden Uc (s) = bzw.
1 [U (s) + τ uc (0+ )] 1 + sτ
1 Uc (s) = s+
1 τ
1 + U (s) + uc (0 ) . τ
(3.115)
(3.116)
Wenn wir voraussetzen, dass der Kondensator zu Beginn des Einschaltvorganges ungeladen ist uc (0+ ) = 0 (3.117) und zum Zeitnullpunkt eine Gleichspannung U0 eingeschaltet wird, erhalten wir mit der Laplace-Transformierten der Sprungfunktion 1 s
(3.118)
U0 s
(3.119)
U0 . s(1 + sτ )
(3.120)
ε(t) ◦−−• U (s) = und Gleichung (3.115) Uc (s) =
Abschließend erfolgt nun die R¨ ucktransformation von Gl. (3.120) in den Zeitbereich, was im folgenden Kapitel behandelt wird.
3.7 Die Ru ¨ cktransformation von Laplace-Transformierten in den Zeitbereich Zur R¨ ucktransformation einer Laplace-Funktion in den Zeitbereich ist prinzipiell das Umkehrintegral oder R¨ ucktransformations-Integral (Gl. (3.46)) zu l¨ osen s=σ+j∞ 1 f (t) = F (s)est ds . (3.121) 2πj s=σ−j∞ Dieses Integral existiert, wenn F (s) f¨ ur ω → ±∞ gegen Null strebt. F¨ ur die R¨ ucktransformation aus dem Laplace-Bereich in den Zeitbereich existieren die bereits in Kapitel 3.3 eingef¨ uhrten Nomenklaturen
42
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten Tabelle 3.2. Laplace-Transformierte einiger wichtiger Zeitfunktionen f (t)
F (s)
δ(t)
1
ε(t)
1/s
ε(t) · tn /n!
(n = 0, 1, · · ·)
ε(t) · tn e−αt /n!
1/(sn+1 )
(n = 0, 1, · · ·) 1/(s + α)n+1
ε(t) · cos βt
s/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin βt
β/(s2 + β 2 )
ε(t) · sin(βt + ϕ)
(s · sin ϕ + β · cos ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · cos(βt + ϕ)
(s · cos ϕ − β sin ϕ)/(s2 + β 2 )
ε(t) · e−αt sin(βt + ϕ)
[(s + α) sin ϕ + β · cos ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ]
ε(t) · e−αt cos(βt + ϕ)
ε(t) · e−αt sin βt
[(s + α) cos ϕ − β · sin ϕ]/[(s + α)2 + β 2 ] (s + α)/ (s + α)2 + β 2 β/ (s + α)2 + β 2
ε(t) · t cos βt
(s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t sin βt
2βs/(s2 + β 2 )2
ε(t) · t2 sin βt
2β(3s2 − β 2 )/(s2 + β 2 )3
ε(t) · t2 cos βt
ε(t) · sin2 βt
2(s3 − 3β 2 s)/(s2 + β 2 )3 (s2 + 2β 2 )/ s(s2 + 4β 2 ) 2β 2 / s(s2 + 4β 2 )
ε(t) · cosh βt
s/(s2 − β 2 )
ε(t) · sinh βt
β/(s2 − β 2 )
ε(t) · e−αt cos βt
ε(t) · cos2 βt
ε(t) ·
t 2β
ε(t) ·
sin βt t
sinh(βt)
√ ε(t) · 1/ πt ε(t) · 2 t/π
s/(s2 − β 2 )2 arctan βs √ 1/ s √ 1/(s s)
3.8 L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
43
f (t) = L−1 {F (s)}
(3.122)
f (t) ◦−−•F (s) .
(3.123)
bzw. Genauso wie bei der Fourier-Transformation ist die Zuordnung zwischen f (t) und F (s) f¨ ur alle im Bereich t > 0 stetigen Funktionen umkehrbar eindeutig. Dies bedeutet, dass das Symbol ◦−−• in beiden Richtungen gelesen werden kann. Diese Tatsache gibt Anlass zu folgender Strategie f¨ ur die R¨ ucktransformation: Man zerlegt die r¨ uckzutransformierende Laplace-Funktion F (s) in eine Summe von Teilfunktionen F (s) = F1 (s) + F2 (s) + · · · Fn (s) ,
(3.124)
deren jeweilige R¨ ucktransformation aus Tab. 3.2 bekannt ist. Insbesondere l¨ asst sich in Verbindung mit der Beziehung ε(t) ·
tn −s0 t 1 e ◦−−• n! (s + s0 )n+1
(3.125)
zu jeder rationalen Funktion in s die dazugeh¨orige Zeitfunktion unmittelbar angeben, nachdem man die Funktion in Partialbr¨ uche zerlegt hat. Da andererseits die L¨osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten im Laplace-Bereich auf rationale Funktionen f¨ uhrt, lassen sich diese DGLn, die ja lineare elektrische Netzwerke mit konzentrierten Elementen beschreiben, mit Hilfe der Laplace-Transformation besonders leicht l¨ osen.
3.8 L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten ¨ Zwecks leichterer Uberpr¨ ufbarkeit der L¨osung wenden wir uns nochmals dem Beispiel aus Kapitel 3.2 zu. Die Differentialgleichung, die den Einschwingvorgang der RC-Schaltung aus Abb. 3.4 beschreibt, lautet (Gl. (3.28) bzw. Gl. (3.112)) duc (t) RC (3.126) + uc (t) = u(t) . dt Die Anwendung der Laplace-Transformation f¨ uhrt mit τ = RC zu τ [sUc (s) − uc (0+ )] + Uc (s) = U (s) .
(3.127)
Diese algebraische Gleichung l¨asst sich leicht nach der gesuchten Gr¨oße Uc (s) aufl¨ osen (vgl. Gl. (3.116)) 1 1 + U (s) + u Uc (s) = (0 ) . (3.128) c s + τ1 τ
44
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
F¨ ur den Fall, dass u(t) eine im Zeitnullpunkt t = 0 eingeschaltete Gleichspannung U0 ist, d. h. U0 , (3.129) U (s) = s und der Kondensator zu diesem Zeitpunkt ungeladen ist (uc (0+ ) = 0), folgt Uc (s) =
U0 . τ s(s + τ1 )
(3.130)
Diese rationale Funktion wird nun in Partialbr¨ uche zerlegt, d. h. also in rationale Grundfunktionen, die in Tab. 3.2 enthalten sind U0 C2 C1 Uc (s) = . (3.131) = U0 + s+α s+β τ s(s + τ1 ) Durch Koeffizientenvergleich erh¨alt man die Werte der Konstanten α=
1 ; τ
β=0
Daraus folgt
und C2 = −C1 = 1 .
Uc (s) = U0
1 −1 1 + s s+ τ
(3.132)
.
(3.133)
Gem¨ aß Superpositionsregel und Tab. 3.2 ergibt sich folgende Zeitfunktion uc (t) = U0 − U0 e−t/τ = U0 (1 − e−t/τ ) . (3.134) Der zeitliche Spannungsverlauf der Kondensatorspannung uc (t) wurde bereits in Abb. 3.5 gezeigt. Das Ergebnis (Gl. (3.134)) entspricht der auf anderem Wege ermittelten L¨osung der linearen Differentialgleichung im Zeitbereich (Gl. (3.34)). L¨ osung f¨ ur eingeschaltete Sinusspannung Wenn die RC-Tiefpassschaltung gem¨aß Abb. 3.4 nun mit einer bei t = 0 eingeschalteten harmonischen Wechselspannung beaufschlagt wird, so l¨asst sich das Ergebnis analog ermitteln. Dazu wird zun¨achst die Eingangsspannung u(t) u(t) = ε(t) · U0 sin ω0 t (3.135) gem¨ aß der Tab. 3.2 in den Laplace-Bereich transformiert U (s) = U0
s2
ω0 . + ω02
(3.136)
Durch Einsetzen in Gleichung (3.128) erh¨ alt man die Kondensatorspannung Uc im Laplace-Bereich
3.8 L¨ osung von linearen Differentialgleichungen mit konstanten Koeffizienten
1 s+
Uc (s) =
1 τ
1 U0 ω0 · τ s2 + ω02
+ + uc (0 ) .
45
(3.137)
Eine Partialbruchzerlegung f¨ uhrt zu
1 1 uc (0+ ) 1 U0 ω0 τ −s + + . Uc (s) = 1 1 2 τ ω02 + τ 2 s + τ s2 + ω 0 s + τ1
(3.138)
Die Zuordnungstabelle (Tab. 3.2) liefert 1 τ
s2 + ω02 s2
− •−◦ ε(t) ·
1 sin ω0 t τ ω0
(3.139)
s − •−◦ ε(t) · cos ω0 t . + ω02
(3.140)
Das Ergebnis im Zeitbereich lautet also
1 1 U0 ω0 −t/τ + −t/τ + uc (0 ) · e . uc (t) = ε(t) · sin ω0 t − cos ω0 t + e τ ω02 + τ12 τ ω0 (3.141) Abbildung 3.10 zeigt den Spannungsverlauf f¨ ur einen anf¨anglich ungeladenen Kondensator uc (0+ ) = 0. Nach dem Ausgleichsvorgang (e−t/τ -Term), der mit der Zeitkonstanten τ abklingt, bleiben nur noch die beiden sin −/ cos −Wechselanteile u ¨brig, die zu einer einzigen Sinusfunktion zusammengefasst werden k¨ onnen 1 1 sin ω0 t − ω0 cos ω0 t = ω02 + 2 sin(ω0 t − ϕ) (3.142) τ τ mit ϕ = arctan(ω0 τ ) . (3.143) Dieser Teil der L¨osung beschreibt den eingeschwungenen Zustand, wie ihn auch die einfache Wechselstromrechnung liefert. F¨ ur einen anf¨anglich ungeladenen Kondensator (uc (0+ ) = 0) folgt also uC(t)
U0 1/τ
(1/τ)2+ω02
ϕ
t= ω 0
sin(ω0 t-ϕ)
t
Abb. 3.10. Einschwingverhalten des RC-Netzwerkes nach dem Einschalten der Sinus-Spannung. Der station¨ are Anteil ist gestrichelt gezeichnet.
46
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
⎤
⎡ uc (t) = ε(t) ·
1 U0 ⎣ τ 2 ω + 0
sin(ω0 t − ϕ) +
1 τ2
ω0 e−t/τ ⎦ . ω02 + τ12
(3.144)
3.9 Berechnung von Einschwingvorg¨ angen in elektrischen Netzwerken mit konzentrierten linearen passiven Bauelementen In diesem Abschnitt soll das der linearen Netzwerkanalyse zugrundeliegende Schema erarbeitet werden, das die Berechnung von Ausgleichsvorg¨angen mittels Laplace-Transformation behandelt. Neben der bereits im vorhergehenden Abschnitt besprochenen Methode, bei welcher die lineare Differentialgleichung des gegebenen Netzwerkes auf¨ gestellt und mit Hilfe der Laplace-Transformation (Uberf¨ uhrung der DGL in eine algebraische Gleichung) gel¨ost wird, gibt es n¨amlich auch die M¨oglichkeit, das zu analysierende Netzwerk direkt im Laplace-Bereich (Frequenzbereich) zu beschreiben. Dazu m¨ ussen die einzelnen Elemente (Widerstand, Kondensator oder Spule) mit Anfangswertgeneratoren versehen werden. Im Folgenden wird gezeigt, wie man daraus unmittelbar eine lineare algebraische Gleichung in der Laplace-Variablen s gewinnen kann, welche nach Aufl¨osen nach der gesuchten Gr¨oße U (s) bzw. I(s) durch eine Laplace-R¨ ucktransformation den gesuchten Spannungs- und Stromverlauf u(t) bzw. i(t) liefert (Abb. 3.11) [25].
lineare Differential-
gleichungen + Anfangsbedingungen
LaplaceTransformation
lineare algebraische Gleichungen in s
gesuchte Größen In (s), Un (s) im Laplace-Bereich
im Zeitbereich in(t), un(t)
KirchhoffGleichungen Auflösen nach den
Netzwerk mit Anfangsgesuchten Spannungen und wertgeneratoren Strömen im Frequenzbereich
LaplaceRücktransformation
Abb. 3.11. Prinzipielles Vorgehen bei der Berechnung von linearen Netzwerken mit Hilfe der Laplace-Transformation
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
47
Zwecks Gewinnung eines Ersatzschaltbildes im Laplace-Bereich m¨ ussen sowohl die Kirchhoffschen Gleichungen uν (t) = 0 (Maschengleichung) und (3.145) iν (t) = 0 (Knotengleichung) als auch die die Netzwerkelemente beschreibenden Spannungs-Strom-Beziehungen uR = RiR diL uL = L dt duC iC = C dt
(ohmscher Widerstand)
(3.146)
(Spule) (Kondensator)
in den Laplace-Bereich transformiert werden. Transformation der Kirchhoffschen Gleichungen Wenden wir uns zun¨achst den Kirchhoffschen Gleichungen zu. Da die LaplaceTransformation eine lineare Operation ist, gelten die Kirchhoffschen Gleichungen f¨ ur die Spannungen und Str¨ome in derselben Form wie im Zeitbereich Uν (s) = 0 (Maschengleichung) und (3.147) Iν (s) = 0 (Knotengleichung) . Transformation der Netzwerkelementgleichungen 1. Widerstandsgleichung Da ein idealer ohmscher Widerstand keinerlei Zeitverhalten zeigt, bleibt die Widerstandsgleichung bei der Laplace-Transformation unver¨andert (Abb. 3.12) UR (s) = RIR (s) . (3.148)
iR(t) R
u R(t)
I R(s) R
UR(s)
Abb. 3.12. Transformation eines ohmschen Widerstandes in den Laplace-Bereich
48
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
2. Kondensatorgleichung Bei der Transformation der Kondensatorgleichung m¨ ussen die Anfangswerte der Kondensatorspannung ber¨ ucksichtigt werden. Dazu betrachten wir den allgemeinen Fall, dass ein urspr¨ unglich auf eine Spannung uC (0− ) aufgeladener Kondensator zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen (Innenwiderstand Ri = 0) Spannungsquelle verbunden wird (Abb. 3.13). Dabei springt die Kondensatorspannung2 von uC (0− ) auf uC (0+ ) = U0 . i (t) t=0 U0
uc (0-)
Abb. 3.13. Kondensator, der zum Zeitpunkt t = 0 mit einer idealen Spannungsquelle verbunden wird.
Dies geht einher mit einer ebenso sprunghaft stattfindenden Ladungs¨anderung, die von einem diracf¨ormigen Strom begleitet wird [25] i(t = 0) = C[uC (0+ ) − uC (0− )]δ(t) .
(3.149)
Damit kann die allgemeine Spannungs-Strom-Beziehung des Kondensators abgeleitet werden duC iC (t) = C + [uC (0+ ) − uC (0− )]δ(t) . (3.150) dt Mit der Laplace-Transformation geht Gl. (3.150) u ¨ber in 2
Anmerkung: Es sei an dieser Stelle ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, dass die Kondensatorspannung und der Spulenstrom im Schaltzeitpunkt (hier t = 0) nur im theoretischen Grenzfall bei idealen Netzwerkelementen, d. h. nicht verlustbhafteten Kapazit¨ aten bzw. Induktivit¨ aten, und idealen Quellen (ohne Innenwiderstand) springen k¨ onnen. In der Praxis kommen diese F¨ alle jedoch nicht vor, so dass hierbei nicht zwischen einem rechtsseitigen und linksseitigen Grenzwert unterschieden werden muss. Es gilt hier stets uC (0− ) = uC (0+ ) bzw. iL (0− ) = iL (0+ ). Das Einschließen des o. g. theoretischen Grenzfalles und die daraus resultierende Unterscheidung zwischen links- und rechtsseitigem Grenzwert wird jedoch hier in Anlehnung an die Lehre von Bosse [25] beibehalten, ¨ weil sie aus Sicht des Autors das Ubertragen des Netzwerkes vom Zeit- in den Laplace-Bereich von der Vorstellung her erleichtert. Schließlich verbindet man mit den Anfangswerten zum Zeitpunkt t = 0− gedanklich stets den Zustand der Elemente (Kapazit¨ at bzw. Induktivit¨ at) unmittelbar vor dem Schalten. ¨ Man muss bei der Analyse des Netzwerkes keine Uberlegungen mehr anstellen, was im Schaltzeitpunkt geschieht.
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
IC (s) = C sUC (s) − uC (0+ ) + uC (0+ ) − uC (0− ) uC (0− ) . IC (s) = sC UC (s) − s
49
(3.151) (3.152)
Ein Kondensator im Zeitbereich l¨asst sich also gem¨aß Abb. 3.14 in den Laplace-Bereich transformieren. Die Spannungsquelle im Ersatzschaltbild repr¨ asentiert die Kondensatorspannung zum Zeitnullpunkt. Es handelt sich dabei um die Kondensatorspannung unmittelbar vor einem eventuell zum Zeitnullpunkt stattfindenden Spannungssprung.
iC (t) C
u C (t)
I C (s)
uc (0-) s sC
UC (s)
Abb. 3.14. Transformation eines Kondensators in den Laplace-Bereich [25]
3. Spulengleichung Die Strom-Spannungs-Beziehung einer Induktivit¨at uL = L
diL dt
(3.153)
besagt, dass die Spannung uL einen δ-Impuls erf¨ahrt, wenn der Spulenstrom iL und damit der magnetische Fluss in der Spule springt. Wenn man nun zul¨asst, dass der Strom zum Zeitnullpunkt t = 0 von iL (0− ) auf iL (0+ ) springt, so ergibt sich die Spannungs-Strom-Beziehung in folgender ausf¨ uhrlicher Form [25] diL uL = L + [iL (0+ ) − iL (0− )]δ(t) . (3.154) dt Die Laplace-Transformation dieser Gleichung liefert mit Gl. (3.83) (3.155) UL (s) = L s · IL (s) − iL (0+ ) + iL (0+ ) − iL (0− )
− iL (0 ) . (3.156) UL (s) = sL IL (s) − s Die entsprechende Ersatzschaltung wird in Abb. 3.15 gezeigt. Der Spule mit der Impedanz sL ist eine Gleichstromquelle parallelgeschaltet, die den im Zeitnullpunkt durch die Spule fließenden Strom repr¨asentiert und zwar ¨ den Strom unmittelbar vor der eventuellen sprunghaften Anderung.
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
50
iL (t) L
u L(t)
I L(s) i L(0-) s
sL
UL(s)
Abb. 3.15. Transformation einer Induktivit¨ at in den Laplace-Bereich [25]
Die eben hergeleiteten Ersatzschaltungen f¨ ur Induktivit¨aten, Kapazit¨aten und ohmsche Widerst¨ande reduzieren sich auf die vereinfachte Form aus der Wechselstromrechnung, wenn die Elemente vor dem Schaltzeitpunkt (hier stets als Zeitnullpunkt angenommen) energiefrei sind, d. h. die Kapazit¨aten sind spannungs- und damit ladungsfrei und die Induktivit¨aten sind strom- bzw. flussfrei. Zusammenfassung der Regeln f¨ ur die Netzwerkanalyse im Laplace-Bereich • •
Alle Zeitgr¨oßen werden f¨ ur t > 0 durch ihre Laplace-Transformierten ersetzt F¨ ur die Impedanz im Laplace-Bereich Z(s) =
U (s) I(s)
(3.157)
gilt – ohmscher Widerstand ZR (s) = R
(3.158)
ZL (s) = sL
(3.159)
– Induktivit¨at – Kapazit¨at 1 . (3.160) sC Die Anfangswerte der Kondensatorspannungen und Spulenstr¨ome (Werte zum Zeitpunkt t = 0− , also unmittelbar vor dem Schalt-Zeitpunkt t = 0) werden durch zus¨atzliche Quellen (in Serienschaltung beim Kondensator bzw. in Parallelschaltung bei der Spule) mit der Quellspannung uC (0− )/s bzw. dem Quellstrom iL (0− )/s erfasst. Die Spannungen und Str¨ome lassen sich mit den Methoden der Wechselstromrechnung und der linearen Netzwerkanalyse berechnen: ¨ – beim Ubergang zur Laplace-Transformation wird der Frequenzterm jω durch die komplexe Frequenz s ersetzt ZC (s) =
•
•
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
•
51
– die transformierten Spannungen U (s) bzw. Str¨ome I(s) entsprechen den komplexen Amplituden der Wechselstromrechnung; allerdings tragen die Laplace-Transformierten die Dimension einer Amplitudendichte (Einheit V/Hz“ bzw. A/Hz“). ” ” Nach dem L¨osen der Netzwerkgleichungen im Frequenzbereich werden die gesuchten Spannungen bzw. Str¨ome in den Zeitbereich zur¨ ucktransformiert.
Beispiel — Analyse eines Serienschwingkreises F¨ ur den in Abb. 3.16 gezeigten Serienschwingkreis (Reihenschwingkreis) ist der Strom i(t) f¨ ur t ≥ 0 zu berechnen. Dabei sind sowohl die Spannung u(t) als auch die Anfangswerte des Spulenstromes iL (0− ) und der Kondensatorspannung uC (0− ) bekannt. R
C
L
i(t) u(t) Abb. 3.16. Serienschwingkreis im Zeitbereich
Zur Berechnung wird zun¨achst das Zeitbereichsersatzschaltbild (Abb. 3.16) in den Laplace-Bereich transformiert (Abb. 3.17). Aus dem Ersatzschaltbild des Serienschwingkreises im Laplace-Bereich kann die Spannung U (s) abgeleitet werden
iL (0− ) I(s) uc (0− ) U (s) = RI(s) + sL I(s) − + + . (3.161) s sC s Diese Gleichung wird schließlich nach der gesuchten Gr¨oße I(s) aufgel¨ost I(s) =
U (s) + LiL (0− ) − uc (0− )/s . 1 R + sL + sC
(3.162)
Wir gehen davon aus, dass die beiden Energiespeicher zum Zeitnullpunkt leer sind und zu diesem Zeitpunkt eine Gleichspannung mit dem Wert U0 aufgeschaltet wird u(t) = ε(t) · U0 (3.163) iL (0− ) = 0
und
uc (0− ) = 0 .
(3.164)
Daraus folgt I(s) =
U0 s(R + sL +
1 sC )
(3.165)
52
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
sL sC
R
I(s)
uC(0-) s
i L (0-) s U(s)
Abb. 3.17. Serienschwingkreis im Laplace-Bereich
bzw. I(s) =
1 U0 · L s2 + s R L +
1 LC
.
(3.166)
Laplace-R¨ ucktransformation einer rationalen Funktion zweiten Grades Die Aufgabe, den Strom I(s) nach Gl. (3.166) in den Zeitbereich zur¨ uckzutransformieren, soll m¨oglichst allgemein formuliert werden. Deshalb wird die R¨ ucktransformierte folgender rationaler Funktion 2. Grades gesucht F (s) =
A s+B . s2 + 2 d s + ω02
Diese Funktion hat die beiden Pole s1 und s2 s1 = −d + d2 − ω02 s2 = −d − d2 − ω02 .
(3.167)
(3.168) (3.169)
F¨ ur ω02 ≤ d2 liegen die Pole bei reellen und f¨ ur ω02 > d2 bei komplexwertigen Frequenzen. Das mit einer Partialbruchzerlegung eventuell einhergehende Rechnen mit komplexwertigen Gr¨oßen l¨asst sich umgehen, indem man den Nenner von Gl. (3.166) in eine Summe von Quadraten zerlegt s2 + 2 d s + ω02 = (s + d)2 + (ω02 − d2 ) .
(3.170)
Mit der Hilfsgr¨oße ωd (sie entspricht der Kreisfrequenz, die sich im ged¨ampften Schwingkreis einstellt) ωd2 = ω02 − d2 (3.171) l¨ asst sich F (s) wie folgt angeben F (s) =
A(s + d) + B − Ad . (s + d)2 + ωd2
(3.172)
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
53
Die Anwendung des Verschiebungssatzes (Gl. (3.105)) auf die Beziehungen ε(t) · cos ω0 t ◦−−•
s s2 + ω02
(3.173)
ε(t) · sin ω0 t ◦−−•
ω0 s2 + ω02
(3.174)
und
liefert f¨ ur ωd2 > 0, also f¨ ur komplexwertige Pole, die Laplace-Zuordnungen s+d − •−◦ ε(t) · e−dt cos ωd t (s + d)2 + ωd2
(3.175)
ωd − •−◦ ε(t) · e−dt sin ωd t . (s + d)2 + ωd2
(3.176)
Unter Zuhilfenahme dieser Zuordnungen kann die zu F (s) geh¨orige Zeitfunktion f (t) angegeben werden
B − Ad f (t) = ε(t) · e−dt A cos ωd t + sin ωd t . (3.177) ωd Sollten jedoch die Pole im Reellen liegen, so wird anstatt ωd die Hilfsgr¨oße ωr2 = d2 − ω02
(3.178)
verwendet. Dies f¨ uhrt schließlich mit den Korrespondenzen s+d − •−◦ ε(t) · e−dt cosh ωr t (s + d)2 − ωr2
(3.179)
ωr − •−◦ ε(t) · e−dt sinh ωr t (s + d)2 − ωr2
(3.180)
und
zu der entsprechenden Zeitfunktion
B − Ad −dt A cosh ωr t + sinh ωr t . f (t) = ε(t) · e ωr
(3.181)
Die L¨ osungen f¨ ur komplexwertige Pole (Gl. (3.177)) und f¨ ur reellwertige Pole (Gl. (3.181)) lassen sich mit der Beziehung ωd2 = −ωr2
(3.182)
ωd = ±jωr
(3.183)
bzw. ineinander u uhren. ¨ berf¨
54
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Es ist noch der sog. aperiodische Grenzfall zu behandeln, bei dem die beiden Polstellen zusammenfallen, d. h. es gilt s1 = s2 ω02 = d2
(3.184) (3.185)
und ωd = ωr = 0 .
(3.186)
Die physikalische Deutung von Gl. (3.186) besagt, dass sich in der Sprungantwort gerade keine Schwingung mehr einstellt. Zur Berechnung der entsprechenden Zeitfunktion f (t) ist ein Grenz¨ ubergang von Gl. (3.177) bzw. Gl. (3.181) notwendig. Gleichung (3.177) beispielsweise f¨ uhrt mit lim
ωd →0
zu
sin ωd t =t ωd
f (t) = ε(t) · e−dt [A + (B − Ad)t] .
(3.187)
(3.188)
Anwendung auf den Serienschwingkreis Wenn man nun die eben abgeleiteten Transformationen auf die LaplaceGleichung anwendet, die den Strom im Serienschwingkreis beschreibt (Gl. (3.166)), so folgt mit R 2L 1 ω02 = LC d=
(3.189) (3.190)
A=0 B=
(3.191)
U0 2dU0 = R L
und ωd2
=
−ωr2
1 = LC
(3.192)
R2 C 1− 4L
(3.193)
der Strom im Serienschwingkreis beim Anlegen eines Gleichspannungssprunges U0 −dt 2d i(t) = ε(t) · e sin ωd t , (3.194) R ωd wenn die Pole komplexwertig sind, bzw.
3.9 Einschwingvorg¨ ange in Netzwerken mit linearen Bauelementen
U0 −dt 2d e sinh ωr t R ωr U0 d −dt ωr t e (e − e−ωr t ) = ε(t) · R ωr U0 −t/τ1 e − e−t/τ2 = ε(t) · 2ωr L U0 −(d−ωr )t e − e−(d+ωr )t = ε(t) · 2ωr L
55
i(t) = ε(t) ·
(3.195)
f¨ ur reellwertige Pole, d. h. wenn d2 − ω02 = ωr2 > 0 .
(3.196)
Gleichung (3.194) beschreibt eine ged¨ampfte Sinusschwingung mit der Abklingkonstanten d und der Kreisfrequenz
2 d ωd = ω0 1 − . (3.197) ω0 F¨ ur verschwindende D¨ampfung (d = 0) handelt es sich dabei um eine harmo1 nische Schwingung mit der Kreisfrequenz ω0 = √LC . Abbildung 3.18 zeigt den Stromverlauf f¨ ur solche D¨ampfungswerte, bei denen die Pole konjugiert komplex sind, so dass eine abklingende Schwingung entsteht. Liegen jedoch die Pole im Reellen, so dass i(t) durch Gl. (3.195)
i(t) U0 ωd L
Hüllkurve U0 - d t e ωd L
d= d=
ω0 4 ω0 2
aperiodischer Grenzfall (d = ω0 )
t
-
U0
ωd L
Abb. 3.18. Der Stromverlauf des Serienschwingkreises f¨ ur verschiedene D¨ ampfungswerte sowie f¨ ur den aperiodischen Grenzfall. Die Polstellen sind konjugiert-komplex.
56
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
beschrieben wird, ergibt sich ein Zeitverlauf gem¨aß Abb. 3.19. Der zeitliche Funktionsverlauf errechnet sich aus der Differenz zweier Exponentialfunktionen mit negativen Exponenten. Der aperiodische Grenzfall ω02 = d2 f¨ uhrt zu i(t) = ε(t) · 2
U0 Uo −dt d t e−dt = ε(t) · te . R L
(3.198)
In den Abbildungen 3.18 und 3.19 ist dieser Stromverlauf zum Vergleich ebenfalls eingezeichnet.
i(t) U0 2ωr L
U0 . - t / τ 1 e 2ωr L
3 ω 2 0 aperiodischer Grenzfall (d = ω0 )
d=
1
τ2 = d+ ωr
1
τ1 = d-ω r
-
U0 2ωr L
t
U0 . - t / τ e 2 2ωr L
Abb. 3.19. Vergleich des Stromverlaufs im aperiodischen Grenzfall mit dem Stromverlauf bei st¨ arkerer D¨ ampfung. Die Pole liegen im Reellen. Es bilden sich keine harmonischen Schwingungen mehr aus.
3.10 Ru ¨ cktransformation mittels Residuenmethode Heavisidescher Entwicklungssatz Ist die Laplace-Transformierte F (s) als Quotient zweier Polynome gegeben F (s) =
Z(s) , N (s)
(3.199)
und hat F (s) nur einfache Pole bei s1 · · · sn F (s) =
Z(s) , (s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sn )
(3.200)
so l¨ asst sich die zu F (s) geh¨orende Zeitfunktion f (t) nach der sog. Residuenmethode (auch als Heavisidescher Entwicklungssatz bezeichnet) berechnen [25]
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz
f (t) =
n n Z(sν ) sν t e = rν esν t . (s ) N ν ν=1 ν=1
57
(3.201)
Dabei stellt N (sν ) die Ableitung von N (s) nach s an der Stelle sν dar. F¨ ur den Fall, dass N (s) Mehrfachpolstellen enth¨alt, ist die Auswertung nach der Residuenmethode etwas aufwendiger. Daher soll an dieser Stelle nur auf die entsprechende Literatur verwiesen werden [25], [45]. Beispiel f¨ ur die Anwendung des Heavisideschen Entwicklungssatzes ¨ Wir betrachten einen Vierpol (Abb. 3.20) mit folgendem Ubertragungsverhalten GAP (s) =
s2 − 2ds + ω02 U2 (s) = 2 . U1 (s) s + 2ds + ω02
(3.202)
Ein solcher Vierpol wird auch als Allpass bezeichnet, weil er alle Frequenzen bez¨ uglich ihren Amplituden gleichermaßen behandelt. Das heißt, f¨ ur jede beliebige harmonische Anregung mit jω ergibt sich ein konstanter Betrag der ¨ Ubertragungsfunktion von |GAP (jω)| =
|U 2 (jω)| =1. |U 1 (jω)|
(3.203)
Abb. 3.20. Vierpol mit Allpasscharakter
Nur die Phase bzw. die Laufzeit der Signale wird durch den Allpass beeinflusst. Dies kann auch anhand der vollkommen symmetrischen Anordnung der Pole und Nullstellen eines Allpasses in der s-Ebene veranschaulicht werden (Abb. 3.21). Die eingerahmten Pole bzw. Nullstellen entsprechen dem Fall d2 > ω02 ; die konjugiert-komplexen Paare dem Fall d2 < ω02 . GAP (s) besitzt Pole bei s1,2 = −d± d2 − ω02 . (3.204) Es sind wiederum die drei Standardf¨alle d2 > ω02
(3.205)
d2 < ω02
(3.206)
58
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
j. ω j . √ω02 - d 2 q1
s1
-d
+d σ = Re {s}
s2
q2 - j . √ω 2 - d 2 0
Abb. 3.21. Pol-Nullstellen-Diagramm (s. S. 62) eines Allpasses. x: Polstellen, o: Nullstellen, 2 : d2 > ωo2 (s. Gl. (3.202))
und d2 = ω02
(3.207)
zu unterscheiden. Die zu GAP (s) geh¨orende Zeitfunktion gAP (t) wird als Impulsantwort des Vierpols bezeichnet (s. auch Kap. 3.11). Sie l¨asst sich nach der Residuenmethode erst berechnen, wenn wir eine Polynomdivision vornehmen. Damit wird sichergestellt, dass der Grad des Z¨ahlerpolynoms kleiner ist als der des Nennerpolynoms GAP (s) =
s2 − 2ds + ω02 4ds =1− 2 s2 + 2ds + ω02 s + 2ds + ω02
GAP (s) = 1 + G∗AP (s) .
(3.208) (3.209)
uck in den ZeitbeWir wollen nun GAP (s) mit Hilfe der Residuenmethode zur¨ reich transformieren ∗ gAP (t) = δ(t) + gAP (t) = δ(t) + r1 · es1 t + r2 · es2 t .
(3.210)
F¨ ur die beiden Residuen von G∗AP (s) ergibt sich r1 =
−2ds1 Z(s1 ) = N (s1 ) s1 + d
(3.211)
r2 =
−2ds2 Z(s2 ) = . N (s2 ) s2 + d
(3.212)
und
3.10 Heavisidescher Entwicklungssatz
Mit Gl. (3.204) folgt
bzw.
59
2d(d − d2 − ω02 ) r1 = d2 − ω02
(3.213)
−2d(d + d2 − ω02 ) r2 = . d2 − ω02
(3.214)
Mit der Hilfsgr¨oße ωr =
d2 − ω02
(3.215)
und Gl. (3.201) erh¨alt man ∗ gAP (t) = r1 e−dt eωr t + r2 e−dt e−ωr t .
(3.216)
Schließlich ergibt sich mit Gl. (3.209) die Impulsantwort gAP (t) = δ(t) + e−dt (r1 eωr t + r2 e−ωr t ) .
(3.217)
Nun sind wiederum die drei bekannten Fallunterscheidungen zu treffen: 1. d2 > ω02 : Es ergeben sich reelle Werte f¨ ur r1 , r2 und ωr . 2. d2 < ω02 : Es ergeben sich konjugiert-komplexe Werte r1 und r2 sowie ein rein imagin¨ arer Wert ωr . Mit der Beziehung ωd2 = −ωr2 (Gl. (3.182)) folgt
−2d(−d ± jωd ) d (3.218) = −2d 1 ± j r 1,2 = ±jωd ωd ∗ gAP (t) = r1 es1 t + r2 es2 t
d d ejωd t + 1 − j e−jωd t = −2d e−dt 1 + j ωd ωd d jωd t = −2d e−dt ejωd t + e−jωd t + j e − e−jωd t ωd
d gAP (t) = δ(t) − 4de−dt cos ωd t − sin ωd t . (3.219) ωd
3. d2 = ω02 (aperiodischer Grenzfall): Mit Anwendung der Regel von L’Hospital folgt gAP (t) = δ(t) − 4de−dt (1 − d t) .
(3.220)
Abbildung 3.22 zeigt die Impulsantworten des betrachteten Allpasses f¨ ur verschiedene Werte von d bez¨ uglich ω0 .
60
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
g (t) AP
2
2
d = ω2
2
0
d <ω 0
1
t 2
d > ω2 0
-4d Abb. 3.22. Impulsantwort des Allpasses f¨ ur verschiedene Werte von d
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich Wir gehen von einem Vierpol (Abb. 3.23) aus, der aus passiven linearen konzentrierten Netzwerkelementen aufgebaut ist. Der Zusammenhang zwischen dem zeitlichen Verlauf des Ausgangssignals y(t) und der zeitabh¨angigen Eingangsgr¨ oße x(t) wird u ¨ ber das Faltungsintegral hergestellt +∞ +∞ y(t) = x(t) ∗ g(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.221) −∞
−∞
Da wir kausale Systeme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) f¨ ur t < 0 verschwindet, und auch die Anregungsfunktion f¨ ur t < 0 zu Null angenommen werden darf, kann die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch 0“ ” und die obere Grenze (+∞) durch t“ ersetzt werden ” t t y(t) = x(τ )g(t − τ )dτ = x(t − τ )g(τ )dτ . (3.222) 0
0
Dabei bezeichnet g(t) die sog. Impulsantwort oder Gewichtsfunktion. Man erh¨ alt sie als Ausgangssignal f¨ ur den Fall, dass die Erregung am Ein-
x (t)
g (t)
y (t)
Abb. 3.23. Ein Vierpol kann durch seine Impulsantwort g(t) charakterisiert werden
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich
61
gang ein Dirac-Impuls δ(t) ist, d. h. (Abb. 3.24) y(t) = g(t)
f¨ ur
x(t) = δ(t) .
(3.223)
Im Laplace-Bereich vereinfacht sich das Faltungsintegral gem¨aß Kap. 3.5.4 zu einer Multiplikation der entsprechenden Laplace-Transformierten der an der Faltung beteiligten Funktionen, d. h. y(t) = L−1 {Y (s)} = L−1 {G(s) · X(s)} .
(3.224)
¨ Dabei wird G(s) als Laplace-Ubertragungsfunktion (auch Netzwerku ¨bertragungsfunktion) des Systems bzw. Vierpols bezeichnet. Im Folgen¨ den sollen die Eigenschaften und die Darstellungsm¨oglichkeiten dieser Ubertragungsfunktion G(s) und der dazugeh¨origen Zeitfunktion g(t) (Impulsantwort) n¨ aher betrachtet werden. Dirac-Stoß x(t)
x(t)
δ (t)
t=0
lineares Netzwerk Impulsantwort g(t)
Impulsantwort y(t)
t
y(t) g(t) t
Abb. 3.24. Anregung eines linearen Systems durch einen Dirac-Stoß
Es kann gezeigt werden, dass G(s) f¨ ur ein lineares passives Netzwerk aus konzentrierten Elementen als Quotient zweier Polynome darstellbar ist G(s) =
Z(s) . N (s)
(3.225)
Da G(s) gleichermaßen auch als Quotient von Laplace-Ausgangsfunktion Y (s) zu Laplace-Eingangsfunktion X(s) dargestellt werden kann G(s) =
Y (s) , X(s)
(3.226)
sind die Koeffizienten der Polynome Z(s) und N (s) reell und identisch mit den Koeffizienten der Differentialgleichung (Gl. (5.69)), die den Zusammenhang zwischen y(t) und x(t) f¨ ur t > 0 beschreibt. Aus diesem Grund liegen die Nullstellen der Polynome Z(s) und N (s) bei reellen, bei paarweise entgegengesetzt gleichen imagin¨aren oder bei paarweise konjugiert komplexen Werten. Die Pole sν von G(s), d. h. also die Nullstellen des Nennerpolynoms N (s), werden auch als Eigenwerte des Netzwerkes bezeichnet. Liegen diese Pole in der linken Laplace-Halbebene (σν < 0), dann gilt das Netzwerk als stabil, weil keine aufklingenden Schwingungen auftreten k¨onnen. Dies liegt daran, dass die Pole bzw. Eigenwerte sν die Exponenten der in der Impulsantwort
62
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
auftretenden Schwingungen in der Form esν t festlegen. Bei Netzwerken, die nur aus passiven Elementen bestehen, liegen die Pole immer in der abgeschlossenen linken Halbebene. Die Nullstellen qμ des Z¨ahlerpolynoms Z(s) hingegen sind bzgl. ihrer Lage nicht auf die linke s-Halbebene beschr¨ankt. ¨ Zur anschaulichen Darstellung von Ubertragungsfunktionen verwendet man des ¨ ofteren sog. Pol-Nullstellen-Diagramme. Abbildung 3.25 zeigt ¨ die Pol-Nullstellenverteilung einer Ubertragungsfunktion vom Grad n = 3, d. h. sie weist drei Pole auf, G(s) = const. ·
(s − q1 )(s − q2 ) . (s − s1 )(s − s2 )(s − s3 )
(3.227)
Die Pole sind im Diagramm mit Kreuzen (x) und die Nullstellen mit Rin¨ gen (o) gekennzeichnet. Das Pol-Nullstellen-Diagramm l¨asst das Ubertragungsverhalten des Vierpols, das ja durch G(s) mathematisch beschrieben wird, f¨ ur beliebige s, insbesondere auch f¨ ur s = jω, d. h. also f¨ ur unged¨ampfte harmonische Schwingungen, unmittelbar erkennen. Wenn n¨amlich das lineare Netzwerk eine rein harmonische Anregung der Form jωt jϕx (ω) jωt ˆ ˆ x(t) = Re{X(ω)e } = Re{X(ω)e e }
(3.228)
erf¨ ahrt, f¨ uhrt dies im eingeschwungenen Zustand bei einem linearen Vierpol stets zu einem Antwortsignal y(t) mit derselben Frequenz aber ver¨anderter Amplitude und Phasenlage y(t) = Re{Yˆ (ω)ejωt } = Re{Yˆ (ω)ejϕy (ω) ejωt } ,
(3.229)
ˆ =X ˆ und |Yˆ | = Yˆ gilt. Die Ubertragungsfunktion ¨ wobei |X| G(jω) des linearen Systems ist dann folgendermaßen definiert j. ω s1
s3
q1
q2
σ = Re {s}
s2 ¨ Abb. 3.25. Pol-Nullstellen-Diagramm einer Ubertragungsfunktion mit 2 Nullstellen (o) und 3 Polen (x)
¨ 3.11 Vierpol-Ubertragungsfunktion im Zeit- und Frequenzbereich
G(jω) =
Yˆ (ω) Yˆ (ω) j(ϕy −ϕx ) = |G(jω)|ejϕ(ω) . = e ˆ ˆ X(ω) X(ω)
63
(3.230)
¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(jω) l¨asst sich aufspalten in den Betragsgang |G(jω)| und den dazugeh¨origen Phasengang arg{G(jω)} = ϕ(ω). ¨ F¨ ur den Sonderfall s = jω beschreibt also diese Ubertragungsfunktion das Netzwerkverhalten f¨ ur den station¨aren harmonischen Betrieb bei der Kreisfrequenz ω. Der Funktionsverlauf G(jω) wird als Frequenzgang bezeichnet. Er ist komplexwertig und wird daher oft in den Amplitudengang und den Phasengang aufgespalten. Amplitudengang: |G(jω)| Phasengang: arg{G(jω)} Wir wollen zun¨achst den Amplitudengang betrachten |G(jω)| = |const.| ·
|jω − q1 ||jω − q2 | . |jω − s1 ||jω − s2 ||jω − s3 |
(3.231)
Die einzelnen Betragskomponenten in dieser Gleichung entsprechen den Distanzen des beliebig variierbaren Aufpunktes jω zu den einzelnen Pol- und Nullstellen sν bzw. qμ . Das Verh¨altnis dieser Betr¨age charakterisiert den Amplitudengang. Es l¨asst sich direkt aus dem Pol-Nullstellen-Diagramm ermitteln (Abb. 3.26). Es verdeutlicht auch, wie sich |G(jω)| bei Ann¨aherung an eine Polstelle vergr¨oßert und bei Ann¨aherung an eine Nullstelle verkleinert. Der Phasenwinkel von G(jω) l¨asst sich ebenfalls aus dem Diagramm bestimmen j. ω s1 ϕP1
jω − s 3
jω − s 1 s = jω
frei variierbares ω jω − q = √ω 2 + q 2
jω − q1
2
ϕP3
ϕN1
s3
q1
2
ϕN2
q2
σ = Re {s}
jω − s2 2+ 2R
= √s
(s + ω 2 2I
ϕ
P2
s2 ¨ Abb. 3.26. Bestimmung von Betrag und Phase einer Ubertragungsfunktion anhand der Einzelbeitr¨ age aller Nullstellen und Pole
64
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
< ) G(jω) = ϕN1 + ϕN2 − ϕP1 − ϕP2 − ϕP3 .
(3.232)
Allgemein kann man feststellen, dass in der linken Halbebene liegende Pole sowie die in der rechten Halbebene liegende Nullstellen mit wachsendem ω den Phasenwinkel verringern, w¨ahrend ihn die Nullstellen in der linken Halbebene erh¨ ohen. Nullstellen auf der imagin¨aren Achse liefern einen Winkel von ±π/2, ¨ der beim Uberschreiten einer Nullstelle um π springt. Der kleinstm¨ogliche Winkelbeitrag ergibt sich, wenn alle Nullstellen von ¨ G(s) in der linken Halbebene liegen. Ubertragungsnetzwerke mit dieser Eigenschaft bezeichnet man als Minimalphasensysteme. Sobald Nullstellen ¨ in der rechten Halbebene auftreten, enth¨alt das Ubertragungsnetzwerk einen Allpassanteil (s. auch Kap. 3.10).
3.12 Beschreibung von linearen zeitinvarianten Netzwerken durch ihre Sprungantwort Die Antwort y(t) eines vom Ruhezustand aus mit der Sprungfunktion ε(t) 0 f¨ ur t < 0 ε(t) = (3.233) 1 f¨ ur t ≥ 0 ¨ angeregten Netzwerkes wird Sprungantwort h(t) oder auch Ubergangsfunktion genannt (Abb. 3.27). Sie charakterisiert das Netzwerk ebenso vollst¨andig wie die Impulsantwort g(t). Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und Impulsantwort g(t) l¨asst sich leicht herleiten
t
g(τ )dτ .
h(t) =
(3.234)
0
Sprunganregung x(t)
x(t) t=0 t
Lineares Netzwerk
y(t)
Sprungantwort h(t) y(t) t
Abb. 3.27. Anregung eines linearen Netzwerkes durch einen Sprung
3.13 Bode-Diagramme
65
3.13 Bode-Diagramme ¨ Wir betrachten die Ubertragungsfunktion G(s) eines zeitinvarianten linearen Netzwerkes. Diese l¨asst sich gem¨aß Gl. (3.227) durch eine gebrochen rationale Funktion der Form G(s) =
(s − q1 )(s − q2 ) · · · (s − qn ) (s − s1 )(s − s2 ) · · · (s − sm )
(3.235)
¨ darstellen. F¨ ur den Spezialfall s = jω folgt die Ubertragungsfunktion G(jω) G(jω) =
(jω − q1 )(jω − q2 ) · · · (jω − qn ) . (jω − s1 )(jω − s2 ) · · · (jω − sm )
(3.236)
¨ Als erstes Beispiel wollen wir die einfache Ubertragungsfunktion G(jω) =
10 jω + 10
(3.237)
betrachten. Abbildung 3.283 zeigt den im linearen Maßstab gezeichneten Amplitudengang. G(jω) 1
G (s) =
100
10 s + 10
200
300
¨ Abb. 3.28. Amplitudengang der Ubertragungsfunktion G(s) = Darstellung
ω
10 s+10
in linearer
In der Praxis ist es jedoch u ¨ blich, solche Amplitudeng¨ange in doppelt logarithmischer Form aufzutragen. Dazu wird |G(jω)| logarithmiert4 , mit 20 multipliziert und in der Einheit Dezibel dB dargestellt (Abb. 3.29) 3
4
Die Einheitenbezeichnung der Frequenzachse wird hier wie in den folgenden Diagrammen weggelassen, da es sich hierbei um abstrakte Beispiele ohne konkreten Bezug zu realen Systemen handelt. Der hier verwendete Logarithmus mit der Basis 10 (Zehnerlogarithmus) wird in diesem Buch stets mit lg“ bezeichnet. ”
66
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
G(jω) 0 dB -10
G (s) =
10 s + 10
-20 -30
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.29. Amplitudengang in doppelt logarithmischer Darstellung (sowohl die Abszisse als auch die Ordinate ist logarithmisch unterteilt)
|G(jω)| = 20 · lg |G(jω)| dB .
(3.238)
Die graphische Darstellung des Phasenganges ϕ(jω) = arg{G(jω)}
(3.239)
erfolgt in aller Regel einfachlogarithmisch, d. h. man tr¨agt ϕ linear und ω logarithmisch auf. Abbildung 3.30 zeigt den Phasengang der oben betrachteten ¨ Ubertragungsfunktion (Gl. (3.237)). Man bezeichnet diese Darstellungen als Bode-Diagramm. ¨ Solange die Pole und Nullstellen der Ubertragungsfunktion im Pol-Nullstellen-Diagramm auf der negativen reellen Achse liegen, k¨onnen die Asymptoten arg{G(jω)} 0° G (s) =
10 s + 10
-45°
-90° 0,1
1
10
100
Abb. 3.30. Phasengang von G(s) =
1000
10 s+10
ω
3.13 Bode-Diagramme
67
der Diagrammverl¨aufe nach einem einfachen Schema festgelegt werden. Dazu betrachten wir wiederum beispielhaft die Funktion G(s) =
10 , s + 10
(3.240)
die einen Pol bei s1 = −10 hat. Eine einfache Analyse der Situation f¨ uhrt zu Tab. 3.3 und dem in den Abbn. 3.31 und 3.32 dargestellten asymptotischen Verhalten. ¨ Tabelle 3.3. Analyse der Ubertragungsfunktion G(s) =
10 s+10
20 · lg |G(jω)| dB Phase
ω
G(jω)
ω=0
1
0 dB
0o
ω < 0, 1|s1 |
1
0 dB
≈ 0o
ω < |s1 |
≈1
0 dB
ω = |s1 |
10 js1 +10
- 3 dB
ω > |s1 |
≈
10 jω
- 20 dB/Dekade
ω > 10|s1 | ≈
10 jω
- 20 dB/Dekade
G(jω)
−45o
≈ −90o
approximierter exakter Verlauf
0 -3 -10 dB -20
G (s) =
10 s + 10
-30
0,1
Abb. 3.31. 10 G(s) = s+10
1
10
100
1000
ω
Mit Hilfe von Asymptoten bestimmter Amplitudengang von
68
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
arg{G(jω)} 0° -6° exakter Verlauf -45°
G (s) =
10 s + 10
-84° -90°
1
0,1
10
100
1000
ω
Abb. 3.32. Mit Hilfslinien angen¨ aherter Phasengang von G(s) =
10 s+10
¨ Hat die Ubertragungsfunktion statt des Pols eine entsprechende Nullstelle bei s = q1 , kehrt sich das Diagramm um (Abbn. 3.33 und 3.34). G(jω) 50 dB 40
G (s) = s + 10
30
exakter Verlauf
23 20
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.33. Mit Asymptoten angen¨ aherter Amplitudengang von G(s) = s + 10
3.13 Bode-Diagramme
69
arg{G(jω)} +90° +84° G (s) = s + 10 +45°
exakter Verlauf
+6° 0°
0,1
1
10
100
1000
ω
Abb. 3.34. Vergleich des exakt berechneten sowie des mit Hilfslinien angen¨ aherten ¨ Phasenganges der Ubertragungsfunktion G(s) = s + 10
3.13.1 Regeln f¨ ur Bode-Diagramme (reelle Pole und Nullstellen) ¨ F¨ ur den Fall, dass die Ubertragungsfunktion mehrere reelle Pole und Null¨ stellen enth¨alt, geht man folgendermaßen vor: Man zerlegt die Ubertragungsfunktion multiplikativ in Systeme 1. Ordnung und addiert dann den logarithmisch dargestellten Amplitudengang sowie die linear dargestellte Phase. Unter der Bedingung, dass sich alle Pole und Nullstellen auf der negativen reellen Achse des Pol-Nullstellen-Diagramms befinden und der gegenseitige Abstand gen¨ ugend groß ist, lassen sich Regeln definieren, die das Absch¨atzen der Amplituden- und Phasenverl¨aufe erleichtern [66], [151]: Amplitudengang 1. Lage und Vielfachheit von Polen und Nullstellen bestimmen 2. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen 3. Bei ω → 0 beginnen: a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0: Steigung 0 dB/Dekade b) pro Pol bei s = 0: Steigung -20 dB/Dekade c) pro Nullstelle bei s = 0: Steigung +20 dB/Dekade 4. Gerade Linie bis zur n¨achsten Eckfrequenz 5. F¨ ur jeden Pol Steigung um 20 dB/Dekade verringern, f¨ ur jede Nullstelle Steigung um 20 dB/Dekade erh¨ohen. Punkte 4 und 5 so lange wiederholen, bis alle Eckfrequenzen abgearbeitet sind 6. Beschriftung der vertikalen Achse durch Ausrechnen von |G(jω)| in einem waagrechten Bereich des Bode-Diagrammes. 7. Ecken um 3 dB pro Pol bzw. Nullstelle abrunden
70
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
Phasengang 1. Achsen zeichnen und Eckfrequenzen eintragen 2. Bei ω → 0 beginnen: a) weder Pol noch Nullstelle bei s = 0: Phase 0◦ b) pro Pol bei s = 0: Phase −90◦ c) pro Nullstelle bei s = 0: Phase +90◦ d) Ein negativer reeller Vorfaktor bewirkt einen Phasenoffset von 180◦ . 3. Gerade Linie bis 0, 1× n¨achste Eckfrequenz 4. Jeder Pol subtrahiert 90◦ , jede Nullstelle addiert 90◦ u ¨ber einen Bereich von 0, 1× Eckfrequenz bis 10× Eckfrequenz verteilt. Auf diese Art alle Eckfrequenzen abarbeiten 5. Phasenskizze gl¨atten, so dass arctan-Verl¨aufe entstehen. Abrundungen ca. 6◦ pro Pol bzw. Nullstelle bei 0, 1× Eckfrequenz und 10× Eckfrequenz
Beispiel: Bode-Diagramm mit reeller Pol-Nullstellenverteilung ¨ Betrachten wir folgende Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) =
s + 1000 . (s + 10)2
(3.241)
Es befinden sich weder Pole noch Nullstellen bei s = 0, daher ergibt sich bei ω → 0 f¨ ur den Amplitudengang |G(jω)| = 20 dB und eine Steigung von 0 dB sowie f¨ ur den Phasengang arg{G(jω)} = 0. Bei s = −10 befindet sich ein doppelter Pol, daher f¨allt der Amplitudengang ab ω = 10 mit −40 dB/Dekade ab und die Phase verringert sich auf −180◦ u ¨ ber einen Bereich von ω = 1 bis ω = 100 verteilt. Die Nullstelle bei s = −1000 f¨ uhrt dazu, dass die Steigung des Amplitudenganges sich ab ω = 1000 auf −20 dB/Dekade erh¨oht und die Phase auf −90◦ ansteigt. Die Abbildung 3.35 zeigt die approximierten sowie die exakten Verl¨aufe.
3.13 Bode-Diagramme
71
G(jω) 20 17 14 10
G (s) =
s + 1000 (s + 10)
2
dB 0,1
1
10
100
1000
ω
10000
-20
-40 exakter Verlauf -60
arg{G(jω)} 0° 0,1
-45°
1
10
100
1000
ω
10000
exakter Verlauf G (s) =
s + 1000 (s + 10)
2
-90°
-135°
-180° Abb. 3.35. Approximierter und exakt berechneter Amplituden- und Phasengang
72
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
3.13.2 Regeln f¨ ur Bode-Diagramme mit komplexen Polpaaren ¨ Wenn die Ubertragungsfunktion ein komplexes Polpaar aufweist, bedeutet dies, dass ein schwingungsf¨ahiges System beschrieben wird, z. B. ein Resonanzkreis. Man hat zwei F¨alle zu unterscheiden (Abb. 3.36): j. ω schwach gedämpft
σ = Re {s}
stark gedämpft
Abb. 3.36. Konjugiert-komplexe Polstellen f¨ ur schwach ged¨ ampftes sowie stark ged¨ ampftes System
schwach ged¨ ampftes System Ob eine schwache oder eine starke D¨ampfung vorliegt, l¨asst sich an der Lage der Doppelpolstelle ablesen. Gilt f¨ ur den Betrag des Imagin¨arteils |Im(si )| |Re(si )|, so herrscht schwache D¨ampfung vor, was dazu f¨ uhrt, dass es im Amplitudengang zu einer deutlichen Resonanz¨ uberh¨ohung kommt. F¨ ur Frequenzen weit oberhalb der Eckfrequenz f¨allt der Amplitudengang mit 40 dB/Dekade aufgrund des doppelten Pols. Ferner findet die Resonanz¨ uberh¨ ohung bei ω ≈ |Im (si )| statt, d.h. in der N¨ahe des Imagin¨arteils des Pols. Diese ist umso ausgepr¨agter, je n¨aher der Pol an der imagin¨aren Achse liegt. N¨ aher“ heißt, dass der Winkel zwischen der Verbindungsgeraden (Pol ” - Nullpunkt) und der imagin¨aren Achse kleiner ist. Die Phase f¨allt an dieser Stelle wegen des doppelten Pols nahezu sprunghaft um 180◦ ab. Die N¨ahe der Pole zur imagin¨aren Achse ist ein Maß f¨ ur die Steilheit dieses Phasensprungs.
3.13 Bode-Diagramme
73
stark ged¨ ampftes System Bei stark ged¨ ampften Systemen ist der Realteil der konjugiert-komplexen Polstelle wesentlich gr¨oßer als der Imagin¨arteil. Es gilt |Im(si )| |Re(si )|. Auch hier f¨ allt der Amplitudengang mit 40 dB/Dekade f¨ ur Frequenzen oberhalb der ¨ Eckfrequenz ab. Die Uberh¨ ohung im Amplitudengang infolge Resonanz geht allerdings immer mehr zur¨ uck und verschwindet f¨ ur den Grenzfall, dass die konjugiert-komplexe Polstelle in einen Doppelpol u ¨ bergeht. In diesem Grenzfall zeigt der Amplitudengang den bereits oben diskutierten 6 dB-Abfall bei der Eckfrequenz ω ≈ |Re(si )|. Systeme mit mittlerer D¨ ampfung F¨ ur F¨ alle, die zwischen den o. g. Extrema (|Im(si )| |Re(si )| und |Im(si )| |Re(si )|) liegen, gelten folgende Regeln: ¨ 1. Ein Uberschwingen tritt auf, sobald der Imagin¨arteil der Polstelle gr¨oßer wird als der Realteil, d. h. f¨ ur |Re(si )| < |Im(si )|. 2. Die Eckfrequenz ω ergibt sich aus dem Betrag der Polstelle ω = Re(si )2 + Im(si )2 . (3.242) ¨ 3. Das Maximum der Uberschwingungsamplitude liegt zwischen der Frequenz ω = 0 und der Eckfrequenz aus Pkt. 2. Beispiele: Bode-Diagramme f¨ ur komplexe Polpaare Im Folgenden wollen wir zwei Beispiele diskutieren. Zun¨achst betrachten wir ¨ die Ubertragungsfunktion G(s) =
s2
1 . + 0, 4s + 1, 04
(3.243)
Sie besitzt lediglich ein komplexes Polpaar bei s1,2 = −0, 2 ± j. Daraus folgt, dass f¨ ur kleine ω die Phase gleich Null ist. Außerdem erh¨alt man f¨ ur ω → 0 einen waagrechten Amplitudenverlauf mit |G(jω)| ≈ 0 dB. Das Polpaar f¨ uhrt zu einer deutlichen Resonanz¨ uberh¨ohung an der Stelle ω ≈ 1; f¨ ur h¨ ohere Frequenzen l¨asst sich der Amplitudenverlauf durch eine Gerade mit −40 dB/Dekade Steigung ann¨ahern. Die Phase f¨allt bei ω ≈ 1 um −180◦ ab ¨ (Abb. 3.37). Um den Einfluss der Pol-Nullstellenkonfiguration auf das Uber¨ tragungsverhalten eines Netzwerkes zu verdeutlichen, betrachten wir die Ubertragungsfunktion G(s) =
s(s + 100)2 (s + 104 ) . (3.244) (s + 0, 2 + j)(s + 0, 2 − j)(s + 20 + 1000j)(s + 20 − 1000j)
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
74
G(jω) 20 17 10 dB 0,01
0,1
1
10
100
-20 G (s) =
1000
ω
1 s2 + 0,4s + 1,04
-40
-60
arg{G(jω)} 0° 0,01
0,1
1
10
100
1000
ω
-45° G (s) =
1 s2 + 0,4s + 1,04
-90°
-135°
-180° Abb. 3.37. Amplituden- und Phasengang mit einer Resonanz¨ uberh¨ ohung bei ω ≈ 1
3.13 Bode-Diagramme
75
j. ω s5
s2 s1 s7
s4
σ = Re {s}
s3
s6 Abb. 3.38. Gl. (3.244)
¨ Pol(x)-Nullstellen(o)-Diagramm der Ubertragungsfunktion nach
Diese Darstellung l¨asst die Lage der Pole und Nullstellen sofort erkennen (Abb. 3.38). Die Nullstelle bei s1 = 0 f¨ uhrt dazu, dass die Amplitude f¨ ur kleine ω mit 20 dB/Dekade ansteigt (Abb. 3.39). Die erste Resonanz¨ uberh¨ohung wird durch das komplexe Polpaar s2,3 = −0, 2 ± j verursacht und befindet sich bei ω ≈ 1. Hier ¨ andert sich die Steigung um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade. Als n¨ achstes folgt eine doppelte Nullstelle auf der reellen Achse bei s4 = −100. Daher ¨andert sich die Steigung bei ω = 100 um +40 dB/Dekade auf +20 dB/Dekade. Wegen des komplexen Polpaares s5,6 = −20±1000j kommt es bei ω ≈ 1000 abermals zu einer Resonanz¨ uberh¨ohung. Die Steigung des Amplitudenganges ¨andert sich um −40 dB/Dekade auf −20 dB/Dekade. Schließlich gilt es noch die Nullstelle s7 = −104 zu beachten, welche dazu f¨ uhrt, dass sich die Steigung bei ω = 104 um +20 dB/Dekade auf 0 dB/Dekade erh¨oht. Beim Vergleich des approximierten Amplitudenganges (Abb. 3.39) mit der exakten L¨ osung f¨allt auf, dass die zweite Resonanz wesentlich st¨arker ausgepr¨ agt ist als die erste. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass das Polpaar s5,6 n¨ aher an der imagin¨aren Achse liegt als das Polpaar s2,3 . N¨aher“ heißt, dass ” der Winkel der Pole mit der imagin¨aren Achse kleiner ist. Abschließend muss noch die vertikale Achse beschriftet werden. Hierzu benutzt man die Tatsache, dass der Amplitudenverlauf f¨ ur ω → ∞ waagrecht ist und dass die Amplitude dort 0 dB betr¨agt (limω→∞ |G(jω)| = 1). F¨ ur die Phase bei kleinen Frequenzen erh¨ alt man wegen der Nullstelle bei s1 = 0 den Wert +90◦. Beim ersten komplexen Polpaar ¨andert sich die Phase um −180◦ auf −90◦ . Die doppelte Nullstelle bei s4 = −100 f¨ uhrt zu einem Anstieg um 180◦ auf (ungef¨ahr) zwei Dekaden verteilt. Das zweite komplexe Polpaar verursacht wiederum eine Phasen¨ anderung um −180◦. Schließlich bleibt noch die Nullstelle s7 = −104
76
¨ 3 Ausgleichsvorg¨ ange, Frequenz-Transformation und Ubertragungsverhalten
G(jω)
60
s (s + 100)2 (s + 104 ) (s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
G (s) =
dB 40
exakter
20
Verlauf approximierter
0 0,1
1
arg{G(jω)} +90°
100
10
1000
10000
ω
4
G (s) =
s (s + 100)2 (s + 10 ) (s + 0,2 + j) (s + 0,2 - j) (s + 20 + 1000j) (s + 20 - 1000j)
exakter
Verlauf approximierter
+45°
0° 0,1
1
10
100
1000
10000
ω
-45°
-90° Abb. 3.39. Amplituden- und Phasengang mit zwei Resonanz¨ uberh¨ ohungen bei ω ≈ 1 und ω ≈ 1000
wodurch die Phase auf 0◦ zur¨ uckgeht. Betrachtet man den exakten Phasenverlauf in Abb. 3.39, so erkennt man, dass sich hier die st¨arkere zweite Resonanz in einem deutlich steileren Phasen¨ ubergang auswirkt.
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Im Gegensatz zu den vereinfachenden Annahmen, dass die in den betrachteten elektrischen Netzwerken enthaltenen Bauelemente zeitinvariant, d.h. keine Funktion der Zeit darstellen, und linear sind, d. h. keine Abh¨angigkeiten der Widerstands-, Kapazit¨ats- und Induktivit¨atswerte von den angelegten Spannungen bzw. den durch sie fließenden Str¨omen vorhanden sind, wollen wir in diesem Kapitel gerade diese Abh¨angigkeiten zulassen. Wir sprechen in diesem Fall allgemein von zeitvarianten R, L, C = f (t)
(4.1)
R, L, C = f (u, i)
(4.2)
bzw. nichtlinearen Bauelementen und Netzwerken. Sie stellen eine Verallgemeinerung der linearen Bauelemente und Netzwerke dar.
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C) 4.1.1 Vorbemerkungen Nichtlineare Bauelemente werden im Allgemeinen durch ihre Kennlinien beschrieben. Kennlinien k¨onnen als geschlossene analytische Ausdr¨ ucke, in Form von Tabellen oder als gemessene Kurven vorliegen. Bei einem Widerstand spricht man von einer Strom-Spannungs-Kennlinie, bei einer Induktivit¨at von einer Fluss-Strom-Kennlinie und bei einer Kapazit¨at von einer LadungsSpannungs-Kennlinie. Ist der Kennliniengraph punktsymmetrisch zum Ursprung, so bezeichnet man diesen als bilaterale Kennlinie. Kennlinien, die bei sehr langsam ver¨anderlichen oder zeitlich konstanten anregenden Gr¨oßen aufgenommen werden, heißen statische Kennlinien. Bei linearen Elementen und sinusf¨ormiger Anregung kann eine Kennlinie, welche die Momentanwerte von Strom und Spannung beschreibt, durch ein√ fache Skalierung mit dem Faktor 2 auf beiden Achsen gem¨aß
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_4
78
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
ˆ U Ueff = √ 2
und
Iˆ Ieff = √ 2
(4.3)
in eine Kennlinie zur Beschreibung der Effektivwerte umgewandelt werden, ˆ und Iˆ die Scheitelwerte von Spannung bzw. Strom bezeichnen. wobei U Bei Bauelementen mit nichtlinearer Kennlinie besteht nat¨ urlich keine lineare Beziehung mehr zwischen Strom und Spannung. Bei Anlegen einer sinusf¨ ormigen Wechselspannung an ein nichtlineares Element ist der Strom nicht mehr sinusf¨ ormig. Er enth¨alt neben der Grundfrequenz noch h¨ohere Harmonische. Der Effektivwert bestimmt sich dann zu 1 T 2 Ieff = i (t) dt . (4.4) T 0 Aus diesem Grunde gehen Momentanwert- und Effektivwertkennlinie nicht mehr einfach durch Maßstabs¨anderung auseinander hervor. Der Unterschied zwischen beiden Kurven ist aber im Allgemeinen gering, da sich bei der Bildung des Effektivwertes die Oberwellen quadratisch zur Grundwelle addieren und deren Amplituden (im Vergleich zur Grundwelle) mit der Ordnungszahl der Harmonischen abnehmen. 4.1.2 Nichtlinearer Widerstand Das Schaltsymbol f¨ ur einen nichtlinearen Widerstand ist in Abb. 4.1 gezeigt. Man unterscheidet zwischen stromgesteuerten Widerst¨ anden, die in der Form u = R(i) i (4.5) und spannungsgesteuerten Widerst¨ anden, die in der Form i = G(u) u
(4.6)
dargestellt werden. Im zeitvarianten Fall tritt zu der jeweiligen Abh¨angigkeit noch die der Zeit t hinzu. i u Abb. 4.1. Schaltsymbol f¨ ur nichtlinearen Widerstand
In Abb. 4.2 ist exemplarisch eine Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen (stromgesteuerten) Widerstandes gezeigt. An dieser Kennlinie sind nun allgemein zwei verschiedene Gr¨oßen zur Beschreibung des Bauteils definiert. Betrachtet man einen speziellen Arbeitspunkt (u0 , i0 ), so wird die Steigung der Ursprungsgeraden durch diesen Punkt als statischer Widerstand
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
R s (i 0)
79
R(i 0)
u u0
a)
i0
i
R
R s (i) b)
R(i) i
Abb. 4.2. a) Strom-Spannungs-Kennlinie eines nichtlinearen ohmschen Widerstandes mit Ursprungsgerade und Tangente im Arbeitspunkt (u0 , i0 ), b) statischer RS und differentieller Widerstand R
Rs (i0 ) =
u0 i0
(4.7)
bezeichnet (Abb. 4.2). Er ist eine Funktion des Arbeitspunktes. Die Steigung der Tangente an die Kurve im Arbeitspunkt (i0 ) hingegen entspricht dem differentiellen Widerstand du R(i0 ) = . (4.8) di i=i0 Neben der Betrachtung der (statischen) Kennlinie des nichtlinearen Bauelements ist auch dessen Zeitverhalten von grundlegender Wichtigkeit. So reagiert ein reales nichtlineares Bauelement, je nach zugrundeliegendem physikalischem Mechanismus, der f¨ ur die Nichtlinearit¨at verantwortlich ist, nicht so¨ fort auf eine Anderung der ¨außeren elektrischen Gr¨oßen. Innere physikalische Vorg¨ ange, die zur Nichtlinearit¨at f¨ uhren, k¨onnen z. B. einem Exponentialgesetz mit einer bestimmten Zeitkonstante τ gehorchen. Ist die Nichtlinearit¨at des Bauteils temperaturbedingt, so kann die entsprechende Erw¨armungszeitkonstante im Bereich von Sekunden oder Minuten liegen. Bauelemente mit einer im Vergleich zur Periodendauer der anregenden Gr¨oße T großen Zeitkonstanten τ bezeichnet man als tr¨ age Bauelemente. Man hat drei F¨alle zu unterscheiden [140]:
80
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
1. Die Periodendauer der anregenden Gr¨ oße ist sehr groß im Vergleich zur Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ): Hier verh¨alt sich das Bauelement tr¨agheitslos. Ein nichtlinearer Widerstand verh¨alt sich hier wie sein differentieller Widerstand im jeweiligen Arbeitspunkt. 2. Die Periodendauer der anregenden Gr¨ oße ist sehr klein im Vergleich zur Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T τ ): Das Bauelement ist tr¨age, d. h. es ¨andert seinen Widerstandswert fast nicht. Somit verh¨alt es sich bei dieser Anregung wie ein lineares Bauelement mit konstantem Widerstandswert, der seinem statischen Widerstand entspricht. Die Kennlinie geht u ¨ ber in eine Ursprungsgerade mit dem Anstieg des statischen Widerstandes. 3. Die Periodendauer der anregenden Gr¨oße liegt in der Gr¨oßenordnung der Zeitkonstanten des nichtlinearen Bauelementes (T ≈ τ ): Der Widerstandswert ¨andert sich verz¨ ogert, d. h. die Kennlinie erh¨alt die Form einer geschlossenen Kurve, die den Arbeitspunkt umfasst. Es tritt also eine Hysterese auf und Strom sowie Spannung am Widerstand werden gegeneinander in der Phase verschoben, so dass zus¨atzlich zum ohmschen Widerstand kapazitive und induktive Anteile hinzutreten.
i
u
Abb. 4.3. Kennlinie eines bilateralen Widerstandes
Passive Widerst¨ ande sind Widerst¨ande, die weder Quellen enthalten noch Halbleitereigenschaften aufweisen. Sie zeigen eine bzgl. des Koordinatenursprunges im u − i−Kennlinienfeld punktsymmetrische Kennlinie (Abb. 4.3). Man bezeichnet diese Widerst¨ande bzw. ihre entsprechende Kennlinie auch als bilateral. Die Klemmen dieses Widerstandes sind beliebig vertauschbar. Diese Punktsymmetrie geht verloren, wenn die Bauelemente Halbleiter mit ¨ pn−Uberg¨ angen enthalten, wie z. B. Dioden. Abbildung 4.4 zeigt die typische i − u−Kennlinie einer Diode
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
81
i i
u
IS
u
Abb. 4.4. Typische Diodenkennlinie mit Schaltzeichen
i = Is (eu/UT − 1),
(4.9)
wobei UT die Temperaturspannung bezeichnet UT =
k·T e
(4.10)
mit k: Boltzmannkonstante k = 1, 38 · 10−23 Ws K e: Elektronenladung e = 1, 6 · 10−19 As T : absolute Temperatur. Eine besondere Eigenschaft weisen die sog. Tunneldioden auf; sie zeigen n¨ amlich in ihrer i − u−Kennlinie Bereiche mit negativer Steigung (Abb. 4.5). Dies bedeutet, dass sich die Tunneldiode dort wie ein negativer differentieller Widerstand verh¨alt. Bez¨ uglich eines vorgegebenen Stromwertes i kann es i i di <0 du u
u
Abb. 4.5. Kennlinie und Schaltzeichen einer Tunneldiode
82
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
zu Mehrdeutigkeiten kommen. So weist die Kennlinie f¨ ur gewisse Stromwerte beispielsweise 3 Schnittpunkte mit dazugeh¨origen Spannungswerten auf. Die Tunneldiode ist daher als spannungsgesteuerter, zeitinvarianter nichtlinearer Widerstand zu betrachten. Aufgrund des negativen differentiallen Widerstands eignen sich Tunneldioden f¨ ur den Aufbau von Oszillatorschaltungen. Eine solche Schaltung ist in Abb. 4.6 gezeigt. Sie enth¨alt neben der Tunneldiode noch eine Induktivit¨at LS
Abb. 4.6. Einfache Oszillatorschaltung mit einer Tunneldiode und Induktivit¨ at.
mit zugeh¨ origem Wicklungswiderstand RS . Der Messwiderstand RShunt dient der Strommessung im Experiment. Die Schaltung wird von einer Gleichspannungsquelle U0 > 0 mit vernachl¨assigbarem Innenwiderstand gespeist. Die Differentialgleichung des vorliegenden Netzwerks lautet f¨ ur Zeiten t ≥ 0 U0 = iD (t)(RS + RShunt ) + uD (t) + LS
diD (t) . dt
(4.11)
Diese muss zu jedem Zeitpunkt erf¨ ullt sein. Die Spannung an der Tunneldiode uD (t) ist dabei mit dem Strom iD (t) u ¨ ber deren nichtlineare Kennlinie (Abb. 4.7) verkn¨ upft. Da der Diodenstrom iD (t) auch durch die Spule fließt, k¨ onnen keine Unstetigkeiten (Spr¨ unge) in dessen zeitlichem Verlauf auftreten. Abh¨ angig vom Wert der Gleichspannung U0 sind prinzipiell drei verschiedene statische Arbeitspunkte (AP) denkbar: (i) AP auf dem linken steigenden Ast der Kennlinie (bis Punkt B). (ii) AP auf dem fallenden Ast der Kennlinie (zwischen den Punkten B und D). (iii) AP auf dem rechten steigenden Ast der Kennlinie (ab D). Wird nun die Quelle U0 zum Zeitpunkt t = 0 mit dem Netzwerk verbunden, steigt der Strom zun¨achst an. Wird die Spannung U0 derart gew¨ahlt, dass sich ein statischer AP (i) ergibt, so wird der steigende Kennlinienast bis zu diesem Punkt durchlaufen und das Netzwerk hat einen stabilen Zustand erreicht. Auch der AP (iii) stellt einen stabilen Zustand des Netwerks dar. Ein AP im Bereich (ii) kann dagegen mit dem vorliegenden Netzwerk nicht erreicht werden. Der Grund hierf¨ ur ist der negative differentielle Widerstand der Tunneldiode in diesem Bereich. Wird nach Durchlaufen des steigenden Asts das lokale Maximum der Kennlinie (Punkt B) u usste der Strom ¨ berschritten, m¨
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
83
Strom iD 10
mA
u-i Diagramm der Oszillation
8 6
B
C
4 2
D A
0
-2
Diodenkennlinie
-4 -6 -8 -10
-0.1
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
V
0.6
Spannung uD Abb. 4.7. Gemessene Kennlinie der Tunneldiode und XY-Auftragung der Messdaten aus Abb 4.8.
wieder sinken, um den AP zu erreichen. Durch den negativen Spannungsbeitrag der Spule im Maschenumlauf, stellt dies aber keine g¨ ultige L¨osung der ¨ DGL (4.11) dar. Nach Uberschreiten von Punkt B springt daher die Spannung bei konstantem Strom zum Punkt C auf der Kennlinie. Von hier aus wird der steigende Ast der Kennlinie von C nach D durchlaufen. Am Punkt D der Kennlinie m¨ usste wiederum der Ast mit negativem differentiellen Widerstand durchlaufen werden, um den AP zu erreichen, was aus den genannten Gr¨ unden nicht m¨ oglich ist. Daher springt die Spannung am Punkt D bei konstantem Strom zur¨ uck nach Punkt A. Die beim entsprechend Abb. 4.7 eingezeichneten Durchlaufen der Kennlinie entstehenden Strom- und Spannungsverl¨aufe sind in Abb. 4.8 als Oszillogram dargestellt. Ein weiterer Typ von Widerst¨anden wird in der Sensorik zur Temperaturmessung eingesetzt. Es handelt sich dabei um sog. Heißleiter (NTCWiderst¨ ande) oder um Kaltleiter (PTC-Widerst¨ ande) (NTC: Negative Temperature Coefficient; PTC: Positive Temperature Coefficient). Ihr Widerstandswert ist temperaturabh¨angig (Abb. 4.9). Heißleiter bestehen aus oxidischen Mischkristallen, deren Kristallgitteraufbau an den Korngrenzen durch Mischung verschiedener Oxide gest¨ort wird.
84
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Spannung uD
Strom iD 6
0.6
uD
mA
iD
5
V
C
0.5
4
0.4
D
3
0.3
2
0.2
1
0.1
0
B
A
0
-1
-0.1 0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
ms
4
Zeit t Abb. 4.8. Strom und Spannungsverl¨ aufe der Oszillatorschaltug mit Tunneldiode.
Dadurch wird der urspr¨ unglich hohe spezifische Widerstand der reinen Oxide stark vermindert. Dieser Effekt ist, wie die Kennlinie aus Abb. 4.9 belegt, stark temperaturabh¨angig. Im Bereich der Raumtemperatur betragen die Temperaturkoeffizienten ca. −3 bis −6%/K. Heißleiter werden bis zu Temperaturen von mehreren Hundert Grad Celsius eingesetzt. R R0 3 Heißleiter
Kaltleiter
2
1
- 100
- 50
0
+50
°C
+100
ϑ
Abb. 4.9. Widerstandscharakteristiken von Heiß- und Kaltleitern
Kaltleiter hingegen weisen positive Temperaturkoeffizienten auf (Abb. 4.9). Sie bestehen aus halbleitenden polykristallinen ferroelektrischen Keramiken, z. B. Bariumtitanat (BaTiO3 ). Ihr ohmscher Widerstand steigt oberhalb der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
85
sog. Curie-Temperatur sprunghaft an (Abb. 4.9), da sich an den Korngrenzen Sperrschichten ausbilden. Sie werden aufgrund ihrer relativ hohen Kennlinienstreuung in aller Regel weniger f¨ ur Messaufgaben als f¨ ur Regelungs- und ¨ Uberwachungsaufgaben herangezogen. Die Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters wird in Abb. 4.10 gezeigt. Sie hat zun¨achst den Charaki
iE
uE
u max
uD
u
Abb. 4.10. Strom-Spannungs-Kennlinie eines typischen Kaltleiters [185, 153]
ter eines nahezu linearen ohmschen Widerstandes. Wird die Spannung weiter gesteigert, so steigt mit der zunehmend verbrauchten Leistung infolge Eigenerw¨ armung die Temperatur des Bauelementes an, bis zur sog. Einsetztemperatur, bei der sich der Widerstand nahezu sprunghaft ¨andert, so dass der Strom abnimmt (Werte uE , iE ). Der Kaltleiter k¨onnte zwar prinzipiell bis zur Durchbruchspannung uD (Abb. 4.10) betrieben werden; aus Sicherheitsgr¨ unden beschr¨ ankt man sich aber auf Betriebsspannungen u ≤ umax . Außerdem muss die Betriebsspannung auf umax begrenzt werden, um die ansonsten zu groß werdende Eigenerw¨armung zu vermeiden. 4.1.3 Nichtlineare Induktivit¨ at Induktivit¨ aten weisen h¨aufig nichtlineare Eigenschaften auf, die auf die Magnetisierungseigenschaften der verwendeten permeablen Kernmaterialien zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Auch k¨onnen sie, insbesondere in elektrischen Maschinen, ein zeitabh¨ angiges Verhalten zeigen. Das Schaltsymbol f¨ ur eine nichtlineare Induktivit¨ at ist in Abb. 4.11 dargestellt. Eine allgemeine, zeitvariante, nichtlineare Induktivit¨ at kann durch eine Funktion Φ = fL (i(t), t)
(4.12)
beschrieben werden. Dabei bedeutet Φ den magnetischen Fluss durch die Induktivit¨ at, welcher bei Betrachtung einer realen Spule dem mit der Windungs-
86
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
i u Abb. 4.11. Schaltsymbol f¨ ur nichtlineare Induktivit¨ at
zahl verketteten Gesamtfluss entspricht. Die Induktivit¨at heißt dann stromgesteuert. Es ist zu beachten, daß in Gl. (4.12) neben der direkten Zeitabh¨angigkeit außerdem der Strom i(t) eine Funktion der Zeit darstellt. Im Weiteren wird aus Gr¨ unden der Lesbarkeit nur noch i anstelle von i(t) geschrieben. Die Zeitabh¨ angigkeit des Stromes ist aber insbesondere bei der Bildung der Differentialquotienten zu beachten. Eine nichtlineare Induktivit¨at wird durch eine Fluss-Strom-Kennlinie beschrieben, wie sie bespielhaft in Abb. 4.12 dargestellt ist. Die Kennlinie ist wiederum punktsymmetrisch zum Koordinatenursprung und wird daher auch als bilateral bezeichnet. Bei einer zus¨atzlichen Zeitabh¨angigkeit ergibt sich eine Fluss-Strom-Kurvenschar mit dem Scharparameter t. M¨ogliche Hystereseerscheinungen werden hier nicht ber¨ ucksichtigt.
Abb. 4.12. Fluss-Strom-Kennlinie einer nichtlinearen, s¨ attigungsbehafteten Induktivit¨ at. Der Begriff S¨ attigungsfluß ist so zu verstehen, daß ab Erreichen dieses Wertes der Fluß nur noch mit der Steigung der Vakkuumpermeabilit¨ at μ0 ansteigt.
Die allgemeine Strom-Spannungs-Beziehung lautet nach dem Induktionsgesetz u(i, t) =
dΦ(i, t) . dt
(4.13)
Unter Ber¨ ucksichtigung der Zeitabh¨angigkeit des Stromes ergibt sich u(i, t) =
∂Φ(i, t) di ∂Φ(i, t) + . ∂i dt ∂t
(4.14)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
∂Φ(i, t) L(i0 , t) := ∂i i=i0
Dabei wird der Term
87
(4.15)
als differentielle Induktivit¨ at (im Arbeitspunkt (i0 )) definiert. Sie entspricht der Steigung der in Abb. 4.12 gezeigten Kennlinie in einem jeweils betrachteten Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) zu einem fixen Zeitpunkt t0 und wird auch als Kleinsignalinduktivit¨ at in der Umgebung dieses Arbeitspunktes bezeichnet. Ihr typischer Verlauf ist in Abb. 4.13 zu sehen. L
i Abb. 4.13. Typischer Verlauf einer Kleinsignalinduktivit¨ at (differentielle Induktivit¨ at)
Aus Gl. (4.15) ergibt sich Φ(i, t) =
L(i, t) di .
(4.16)
Unter Verwendung von Gl. (4.14) bis Gl. (4.16) findet sich schließlich als Linearisierung um den Arbeits (i0 )- bzw. Zeitpunkt t0 di dL(i, t) u(i, t) = L(i, t) +i . (4.17) dt t=t0 dt i=i0 Es sind nun verschiedene F¨alle zu unterscheiden, bei denen sich die allgemeinen Gleichungen vereinfachen: 1. zeitvariante, nichtlineare Induktivit¨ at: Dies ist der allgemeine Fall und wird durch Gl. (4.15) und Gl. (4.17) beschrieben. 2. zeitinvariante, nichtlineare Induktivit¨ at: u(i) = L(i)
di dt
und L(i) =
dΦ(i) di
(4.18)
88
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
3. zeitvariante, lineare Induktivit¨ at: u(t) = L(t)
dL(t) di +i dt dt
und
L(t) =
Φ(t) i
(4.19)
4. zeitinvariante, lineare Induktivit¨ at: Dies ist der einfachste Fall, die Induktivit¨at ist konstant und es gilt Φ di und L = . (4.20) dt i Im Fall der linearen Induktivit¨at ergibt sich als Fluss-Strom-Kennlinie eine Ursprungsgerade, deren Steigung der Induktivit¨at L entspricht. Zeitvarianz f¨ uhrt hier zu einer Schar von Ursprungsgeraden mit dem Scharparameter t. Neben der differentiellen Induktivit¨at l¨ asst sich f¨ ur ein nichtlineares Bauelement auch eine statische Induktivit¨ at definieren, und zwar als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt (i0 , Φ0 ) der Fluss-StromKennlinie Φ0 Ls (i0 , t) = . (4.21) i0 Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Induktivit¨at (vgl. Abb. 4.2). Die in der nichtlinearen Kennlinie (Abb. 4.12) erkennbaren S¨attigungseigenschaften sind auf magnetische Eigenschaften der meist verwendeten ferromagnetischen Spulenkernmaterialien zur¨ uckzuf¨ uhren. Da die Magnetisierungsvorg¨ ange in Ferromagnetika, wie z. B. Eisen, recht kompliziert sind, werden sie in aller Regel nicht auf die physikalischen Vorg¨ange in der Mikrostruktur zur¨ uckgef¨ uhrt, sondern mit der experimentell bestimmten Abh¨angigkeit (= mades magnetischen Flusses bzw. der magnetischen Flussdichte B beschrieben. gnetische Induktion) von der magnetischen Feldst¨ arke H Die Funktion B = f (H) (Abb. 4.15) wird auch als Magnetisierungskennlinie oder Magnetisierungskurve bezeichnet. Die Permeabilit¨at des Materials ist im nichtlinearen Fall nicht mehr konstant, sondern eine Funktion der anregenden magnetischen Feldst¨arke u=L
. μr = f (H)
(4.22)
Man bezeichnet die Permeabilit¨at (Kleinsignalpermeabilit¨at) in einem bestimmten Arbeitspunkt H0 als sog. differentielle Permeabilit¨ at μd . Sie entspricht der Steigung der Magnetisierungskurve im jeweiligen Arbeitspunkt. Abbildung 4.14 zeigt die Permeabilit¨atskurve von sog. Elektroblech.
Hysteresekurven Wenn ein typisch ferromagnetisches Material, wie z. B. Eisen, aus einem v¨ollig unmagnetisierten Zustand heraus erregt wird, startet die Magnetisierungskurve im Ursprung, d. h. f¨ ur i = 0 und damit H = 0 ist auch der Wert der
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
89
μr 5000 4000 3000 2000 1000 0
1
2
3
4
A 5 cm
H
Abb. 4.14. Relative Permeabilit¨ at von Elektroblech als Funktion der magnetischen Feldst¨ arke
Induktion B = 0. Mit zunehmendem Strom und damit zunehmender magnetischer Feldst¨arke1 H steigt die magnetische Flussdichte entsprechend der in Abb. 4.15 mit Neukurve bezeichneten Kurve an. B
2,0 T 1,5
Br
: weichmagnetisch
1,0
: hartmagnetisch
0,5
: Neukurve
0 -0,5
-Hc
-1,0
Hc : Koerzitivfeldstärke Br : Remanenzinduktion
-Br
-1,5 -2,0
Hc
-100
-60
-20 0 20
60 A 100 cm
H
Abb. 4.15. Hystereseschleifen einer magnetisch harten und einer magnetisch weichen Eisensorte
Wenn dann ab einem bestimmten erreichten Wert f¨ ur H bzw. B die magnetische Erregung wieder verringert wird, nimmt die magnetische Flussdichte weniger ab, d. h. sie bleibt auf h¨oheren Werten, als dies der Neukurve entspricht. 1
Bei den in diesem Kapitel folgenden Betrachtungen k¨ onnen wir uns auf die Be und der magnetischen Feldst¨
betr¨ age der magnetischen Flussdichte B arke H schr¨ anken, die vereinfacht mit B bzw. H bezeichnet werden.
90
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Insbesondere nimmt sie noch einen positiven Wert Brem (Remanenzinduktion) an, wenn die magnetische Feldst¨arke bereits auf H = 0 reduziert wurde. Der weitere Verlauf f¨ uhrt bis zu einem negativen S¨attigungswert. F¨ ur danach wieder ansteigende H-Werte wird bei H = 0 die negative Remanenzinduktion −Brem erreicht und schließlich m¨ undet die Kurve wieder in den o.g. positiven Umkehrpunkt. Dazwischen erreicht bei der sog. Koerzitivfeldst¨ arke Hc die magnetische Induktion den Wert B = 0. Die negative Koerzitivfeldst¨arke −Hc ergibt sich entsprechend im linken Kurvenast. Man bezeichnet die so gewonnene Magnetisierungskennlinie auch als Hysteresekurve. Abbildung 4.16 zeigt solche Hysteresekurven f¨ ur verschiedene Umkehrpunkte. Die von einer Hysteresekurve umschlossene Fl¨ache entspricht B
H
Abb. 4.16. Hysteresekurven eines magnetischen Materials f¨ ur verschiedene Umkehrpunkte
der dem ferromagnetischen Material bei einem Ummagnetisierungszyklus zugef¨ uhrten W¨armeenergie. Diese auch als Hystereseverlustenergie bezeichnete Energie wird bei der Drehung (Umorientierung) der Elementardipole dem Magnetfeld entzogen und in W¨arme umgewandelt. Zur n¨ aherungsweisen Ber¨ ucksichtigung des Hysterese-Verhaltens bei der Beschreibung der nichtlinearen Induktivit¨at kann das Bauelement um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erweitert werden. Dieser beschreibt nun die auftretenden Hystereseverluste. Beide Elemente k¨onnen dann wieder durch eine jeweils eindeutige Kennlinie beschrieben werden. Somit wird die Mehrdeutigkeit der Hysterese-Kennlinie eliminiert. Eine detaillierte Beschreibung der Vorgehensweise findet sich in [140]. Messung von Hysteresekurven Die Hysteresekurven von magnetischen Materialien (Abb. 4.17a)
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
B(H) = μH
91
(4.23)
k¨ onnen mittels der in Abb. 4.17b gezeigten Anordnung gemessen werden. Dazu wird ein Oszilloskop (Kap. 8) ben¨otigt, dessen Horizontalkanal (xAblenkung) von außen angesteuert werden kann, d. h. es wird nicht die standardm¨ aßige Zeitablenkung (S¨agezahnspannung) auf das x-Plattenpaar gegeben. Stattdessen nimmt man eine Spannung uR , die proportional zum ErreB
Br H
Hc a) Magnetische Probe R
Oszilloskop u
u0 I
uc
C
R shunt uR
b) Abb. 4.17. a) Hystereskurve von ferromagnetischem Material, b) Anordnung zur Messung der Hysteresekurve
gerstrom I der Prim¨arwicklung ist. Nach dem Durchflutungsgesetz ist dieser Strom n¨ amlich proportional der magnetischen Feldst¨arke I∼H.
(4.24)
Nach dem Induktionsgesetz ist andererseits die an der Sekund¨arwicklung abgreifbare Spannung dB u∼ , (4.25) dt so dass nach zeitlicher Integration dieser Spannung ein der magnetischen Induktion B proportionales Signal vorliegt B ∼ udt . (4.26)
92
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Diese Integration wird von dem an die Sekund¨arwicklung angeschlossenen RC-Tiefpass vorgenommen. Die integrierte Spannung kann am Kondensator in Form von uc abgegriffen werden, d. h. uc ∼ B .
(4.27)
Sie wird zur Darstellung der Hysteresekurve auf den Vertikalkanal gelegt. 4.1.4 Nichtlineare Kapazit¨ at Das Schaltungssymbol f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨ at wird in Abb. 4.18 gezeigt. Eine allgemeine, zeitvariante, nichtlineare Kapazit¨ at kann durch i u Abb. 4.18. Schaltsymbol f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨ at
eine Funktion q = fC (u(t), t)
(4.28)
beschrieben werden. Dann heißt die Kapazit¨at spannungsgesteuer t. Durch q wird die im Kondensator gespeicherte elektrische Ladung beschrieben. Im ¨ Weiteren wird f¨ ur die Spannung u(t) aus Gr¨ unden der Ubersicht nur u geschrieben. Die Kennlinie beschreibt die von der Kapazit¨at gespeicherte Ladung q als Funktion der angelegten Spannung (Abb. 4.19). Man spricht von einer Ladungs-Spannungs-Kennlinie. Auch hier kann eine zus¨atzliche Zeitabh¨angigkeit durch eine Kennlinienschar mit dem Scharparameter t ausgedr¨ uckt werden. q
u
Abb. 4.19. Bilaterale Ladungs-Spannungs-Kennlinie einer nichtlinearen Kapazit¨ at
4.1 Nichtlineare konzentrierte Bauelemente (R, L, C)
93
F¨ ur den allgemeinen Fall einer nichtlinearen und zeitvarianten Kapazit¨at gilt folgende Strom-Spannungs-Beziehung i(u, t) = Dabei wird der Term
dq(u, t) ∂q(u, t) du ∂q(u, t) = + . dt ∂u dt ∂t
(4.29)
∂q(u, t) C(u0 , t) := ∂u u=u0
(4.30)
als differentielle Kapazit¨ at oder Kleinsignalkapazit¨ at definiert. Sie entspricht der Steigung der Kennlinie aus Abb. 4.19 im jeweiligen Arbeitspunkt (u0 , q0 ) sowie zu einem Zeitpunkt t0 und hat typischerweise den in Abb. 4.20 gezeigten Verlauf. C
u Abb. 4.20. Typischer Verlauf einer Kleinsignalkapazit¨ at
F¨ ur die Ladung ergibt sich aus Gl. (4.30) q(u, t) = C(u, t) du
(4.31)
und unter Verwendung von Gl. (4.29) bis Gl. (4.31) folgt als Linearisierung um den Arbeits- (i0 ) bzw. Zeitpunkt (t0 ) du dC(u, t) i(u, t) = C(u, t) +u . (4.32) dt t=t0 dt u=u0 Auch hier vereinfacht sich Gl. (4.32) in vielen praktischen F¨allen: •
zeitvariante, nichtlineare Kapazit¨ at: Dies ist der allgemeine Fall, beschrieben durch Gl. (4.30) und Gl. (4.32).
•
zeitinvariante, nichtlineare Kapazit¨ at: i(u) = C(u)
du dt
und C(u) =
dq(u) du
(4.33)
94
•
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
zeitvariante, lineare Kapazit¨ at: i(t) = C(t)
•
dC(t) du +u dt dt
und
C(t) =
q(t) u
(4.34)
zeitinvariante, lineare Kapazit¨ at: In diesem Fall ist die Kapazit¨at konstant und es gilt i=C
du dt
und C =
q . u
(4.35)
Als Ladungs-Spannungs-Kennlinie der linearen Kapazit¨at ergibt sich wieder eine Ursprungsgerade deren Steigung der Kapazit¨at C entspricht. F¨ ur die statische Kapazit¨ at, definiert als die Steigung der Ursprungsgeraden durch den Arbeitspunkt der Ladungs-Spannungs-Kennlinie, ergibt sich Cs (u0 , t) =
q0 . u0
(4.36)
Im linearen Fall ist sie gleich der differentiellen Kapazit¨at. Kapazit¨ aten k¨onnen nichtlineare Eigenschaften aufweisen, wenn als Dielektrikum ein ferroelektrischer Stoff verwendet wird. Die im Dielektrikum stattfindenden Polarisationsvorg¨ange f¨ uhren zur gezeigten Kr¨ ummung der Kennlinie und zu den ersichtlichen S¨attigungserscheinungen. Wie bereits betrachtet zeigen die ferromagnetischen Materialien Hysterese-Verhalten in Bezug auf die ¨ magnetischen Feldgr¨oßen. Ahnlich zeigen auch die ferroelektrischen Materialien eine Hystereseerscheinung in Bezug auf die elektrischen Feldgr¨oßen D (dielektrische Verschiebung) und E (elektrisches Feld). Auch hier kann das Hysterese-Verhalten, analog zur hysteresebehafteten Induktivit¨at, n¨aherungsweise durch eine Erweiterung um einen nichtlinearen Wirkwiderstand erfasst werden. Eine m¨ogliches zeitabh¨angiges Verhalten einer Kapazit¨at zeigt sich ¨ beispielsweise durch Verstellen eines Drehkondensators oder durch das Andern des Plattenabstandes eines Plattenkondensators. Varaktordiode Das klassische Beispiel f¨ ur eine nichtlineare Kapazit¨at ist die sog. Varaktordiode. Diese stellt eine im Sperrbereich betriebene Halbleiterdiode dar, welche die Spannungsabh¨angigkeit der Kapazit¨at von Halbleiterdioden nutzt. Die klassischen Sperrschicht-Varaktoren mit ihrer ver¨anderlichen Sperrschichtkapazit¨ at werden oft zur Abstimmung von Schwingkreisen eingesetzt. Mit der folgenden Gleichung kann in vielen F¨allen die Abh¨angigkeit der Kapazit¨at C ¨ von der Spannung u u beschrieben werden ¨ber dem pn-Ubergang C = γ(UD + u)− k , 1
(4.37)
¨ ur den abrupten pn-Uberwobei UD die sog. Diffusionsspannung darstellt. F¨ gang mit beidseitig konstanter Dotierung wird
4.2 Gesteuerte Quellen
95
εe NA ND 2 (NA + ND )
γ=A
(4.38)
und k = 2. Dabei bedeuten A die Kapazit¨atsfl¨ache, ε die Permittivit¨at des Halbleitermaterials, e die Elementarladung, NA die Akzeptor-Konzentration und ND die Donator-Konzentration. F¨ ur diesen Fall zeigt Abb. 4.21 einen ¨ Funktionsverlauf. Beim pn-Ubergang mit linear ortsver¨anderlicher Dotierung C 60 pF 40 20 -6
V
-4
-2
0
u b)
a)
Abb. 4.21. Varaktordiode: a) Kennlinie, b) Schaltzeichen
wird k = 3, wobei sich der Wert von γ gegen¨ uber dem vorgenannten Fall entsprechend ¨andert. Durch spezielle Dotierungsverl¨aufe k¨onnen auch andere k- und γ-Werte eingestellt werden.
4.2 Gesteuerte Quellen uA uE
uE . V
uA
Stg. V uE
Abb. 4.22. Spannungsgesteuerte Spannungsquelle als Ersatzschaltung f¨ ur einen idealen Verst¨ arker
Insbesondere zur vereinfachten Beschreibung aktiver Bauelemente, wie z. B. Transistoren, oder ganzer Schaltungen, wie z. B. Operationsverst¨arker, verwendet man sog. gesteuerte Quellen. Gesteuerte Quellen sind Spannungs- oder Stromquellen, deren Quellspannung bzw. deren Quellstrom von einer Steuergr¨oße abh¨ angt. Diese Steuergr¨oße ist in aller Regel eine Spannung oder ein
96
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
Strom. So wird beispielsweise ein, abgesehen vom nicht unendlich hohen Verst¨ arkungsgrad, idealer Operationsverst¨arker durch die in Abb. 4.22 gezeigte gesteuerte Quelle beschrieben. Wird zus¨atzlich die Begrenzung der Ausgangsspannung infolge S¨attigung ber¨ ucksichtigt, so ¨andert sich die approximierte Kennlinie gem¨aß Abbildung 4.23. uA +UB -UB/V +UB/V
uE
-UB Abb. 4.23. Kennlinie eines Verst¨ arkers (Verst¨ arkungsgrad V), bei dem die S¨ attigungserscheinungen ber¨ ucksichtigt sind (approximierter Verlauf)
Die Spannung der Quelle l¨asst sich nun wie folgt angeben: ⎧ f¨ ur − UVB ≤ uE ≤ UVB ⎨ uE V . uA = +UB f¨ ur uE > UVB ⎩ −UB f¨ ur uE < − UVB
(4.39)
UB entspricht in der Praxis der um ca. 1 Volt reduzierten Versorgungsspannung des Operationsverst¨arkers. Kollektor
uBE
Basis iB
iC
u CE
Emitter
Abb. 4.24. Schaltzeichen eines Bipolartransistors
Auch Transistoren lassen sich in Form von gesteuerten Quellen darstellen. Bei Bipolartransistoren (Abb. 4.24) ist der Basisstrom iB die steuernde Gr¨oße und der Kollektorstrom die gesteuerte Gr¨oße (Abb. 4.25).
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke Die Analyse von elektrischen Netzwerken, die nichtlineare Bauelemente enthalten, ist in aller Regel bedeutend aufwendiger als die Analyse vergleichbarer linearer Netzwerke. Dies beginnt damit, dass das Superpositionsprinzip nicht mehr anwendbar ist. Selbst einfache Netzwerke mit nur einem oder zwei nichtlinearen Elementen erfordern oft numerische L¨osungen. Bei einfacheren
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
97
iB iC u CE
iB
u BE
u CE
a)
b)
Abb. 4.25. Transistorkennlinien: a) Eingangskennlinienfeld eines Bipolartransistors und b) Ausgangskennlinienfeld
Netzwerken ist die graphische Bestimmung der (des) Arbeitspunkte(s) oft eine Alternative mit Anschauungscharakter. Wir beginnen daher mit der graphii Ri
Uo
u
RL
Abb. 4.26. Zu analysierendes Netzwerk
schen Bestimmung des Arbeitspunktes des in Abb. 4.26 gezeigten linearen Widerstandsnetzwerkes, das von einer Quelle gespeist wird. Bei der graphischen L¨osung werden die beiden Geraden, welche einerseits den ohmschen Lastwiderstand RL und andererseits die Quelle mit dem Innenwiderstand Ri beschreiben, in das i−u-Kennlinienfeld eingetragen (Abb. 4.27). Der Schnittpunkt, der auch als Arbeitspunkt bezeichnet wird, liefert die L¨osung f¨ ur den Strom iAP , der durch den Zweig des Netzwerkes fließt, sowie die Spannung uAP am eingezeichneten Klemmenpaar U0 , Ri + RL RL = U0 . Ri + RL
iAP =
(4.40)
uAP
(4.41)
Im Falle eines nichtlinearen Lastwiderstandes kann es keine, eine, mehrere oder sogar unendlich viele L¨osungen, sprich Arbeitspunkte, geben (Abb. 4.28 und 4.29). Formelm¨ aßig l¨asst sich die Situation der mit einem nichtlinearen Widerstand belasteten Quelle folgendermaßen beschreiben. Die unabh¨angige Quelle mit Innenwiderstand Ri wird durch
98
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
u
Arbeitspunkt
u = RL i
U0 u
u = U0 - R i i
AP
i
AP
U0 Ri
i
Abb. 4.27. Graphische Arbeitspunktbestimmung der Schaltung aus Abb. 4.26
u = U0 − Ri i
(4.42)
charakterisiert. Wenn sich der Lastwiderstand RL durch eine analytische Funktion der Form FRL (i, u) = 0 (4.43) darstellen l¨ asst, so f¨ uhrt die Tatsache, dass der Strom durch die Quelle mit dem durch den Lastwiderstand in Betrag und Richtung identisch ist, zu der Gleichung FRL (i, U0 − Ri i) = 0 . (4.44)
u U0 Kennlinie der Quelle Kennlinie des nichtlinearen Lastwiderstandes
i
Abb. 4.28. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes – Beispiel f¨ ur nichtexistente L¨ osung
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
99
Dies ist im allgemeinen Fall eine nichtlineare transzendente Gleichung, die mit Hilfe eines geeigneten numerischen Verfahrens, z.B. mit der Newton-RaphsonMethode, gel¨ ost werden kann. Prinzipiell ist also eine Gleichung der Form f (x) = 0
(4.45)
iterativ zu l¨ osen, bis ein gew¨ unschtes Abbruchkriterium unterschritten wird. Dabei muss die L¨osung, wie Abb. 4.29 zeigt, nicht eindeutig sein, sondern sie u
Kennlinie der Quelle
U0 uAP Kennlinien zweier beispielhafter nichtlinearer Lastwiderstände iAP
i
Abb. 4.29. Graphische Bestimmung des Arbeitspunktes der Schaltung aus Abb. 4.26. Die durchgezogene Kennlinie liefert einen Arbeitspunkt, auf der gestrichelten sind zwei Arbeitspunkte m¨ oglich.
kann vom Startpunkt x(0) abh¨angen. Die L¨osung erh¨alt man durch fortlaufende Iterationen u ¨ ber n x(n+1) = x(n) −
f (x(n) ) . f (x(n) )
(4.46)
Voraussetzung f¨ ur die Anwendbarkeit des Verfahrens ist die stetige Differenzierbarkeit der Funktion f (x). Beispiel — Lineare Spannungsquelle mit Diode Es soll die in Abb. 4.30 gezeigte Schaltung analysiert werden. Die Diode l¨asst sich durch u i = Is (e UT − 1) (4.47) beschreiben. Im konkreten Fall betragen die Werte f¨ ur den S¨attigungssperrstrom der verwendeten Siliziumdiode IS = 10 pA
(4.48)
100
4 Nichtlineare elektrische Bauelemente, Schaltungen und Systeme
und f¨ ur die Temperaturspannung bei Raumtemperatur UT = 26 mV .
(4.49)
F¨ ur die Leerlaufspannung der Quelle gilt U0 = 3 V und f¨ ur ihren Innenwiderstand Ri = 1 kΩ. Da in diesem Fall zu erwarten ist, dass i IS ist, vereinfacht sich die Diodengleichung zu u i = IS e UT . (4.50)
Ri
i u
Uo
Abb. 4.30. Zu analysierende Schaltung
Wenn man jetzt die Quelle mit der Gleichung u = U0 − Ri i
(4.51)
ber¨ ucksichtigt, erh¨alt man folgende transzendente Gleichung zur Beschreibung der Schaltung u f (u) = u − U0 + Ri IS e UT = 0 . (4.52) Die Ableitung nach u ergibt f =
Ri IS Uu df =1+ e T. du UT
(4.53)
Da wir wissen, dass die Durchlassspannung von Siliziumdioden bei etwa 0, 6 V liegt, nehmen wir diesen Wert als Startwert u(0) f¨ ur das Iterationsverfahren. Es ergeben sich die Iterationen von Spalte 1 der Tab. 4.1. Auch f¨ ur kleinere Startwerte konvergiert der Algorithmus (Spalte 2). Je schlechter der Startwert gew¨ ahlt wird, umso mehr Iterationen werden ben¨otigt (Spalte 3). Weitere Verfahren zur Analyse von nichtlinearen Netzwerken finden sich in [189].
4.3 Analyse nichtlinearer elektrischer Netzwerke
101
Tabelle 4.1. Iterative L¨ osung von Gl. (4.52) f¨ ur verschiedene Startwerte u(0) Spalte 1 (0)
u
u(1) (2)
u
(3)
u
(4)
u
u(5) (6)
u
Spalte 2
=
(0)
0.6000 V u
=
0.5746 V u(1)
=
(2)
=
0.5503 V u
(3)
0.5284 V u
Spalte 3
=
(0)
0.4500 V u
=
2.0000 V
=
0.6127 V u(1)
=
1.9740 V
=
(2)
=
1.9481 V
(3)
=
1.9221 V
(4)
= .. .
1.8961 V
=
0.5871 V u 0.5621 V u
=
(4)
0.5121 V u
=
0.5388 V u
=
0.5042 V u(5)
=
0.5193 V
=
(6)
=
0.5070 V u(58)
=
0.5110 V
(7)
(59)
0.5028 V u
(7)
u
=
0.5027 V u
=
0.5031 V u
=
0.5039 V
u(8)
=
0.5027 V u(8)
=
0.5027 V u(60)
=
0.5028 V
(61)
=
0.5027 V
u
5 Messfehler
Messungen sind in der Regel fehlerbehaftet, auch wenn sie noch so pr¨azise durchgef¨ uhrt werden. Die Ermittlung und Angabe der entsprechenden Messfehler sollte zu jeder zuverl¨assigen Messung geh¨oren, damit die aus dem Messergebnis abgeleiteten Schl¨ usse bzw. Entscheidungen auf einer sicheren Grundlage basieren. So besteht bei vielen Arten von Messungen die Gefahr, dass sich die zu messenden Gr¨oßen durch das Einbringen der Messger¨ate ver¨ andern. Beispielsweise kann ein Spannungsmesser die zu messende Spannung ver¨ andern, weil er infolge seiner nicht idealen (d. h. nicht unendlich hohen) Innenimpedanz die Spannungsquelle belastet. Generell ist darauf zu achten, dass solche R¨ uckwirkungen der Messeinrichtung auf die Quelle, der die Messgr¨ oße entstammt, so gering wie m¨oglich gehalten werden. Eine weitere typische Fehlerquelle besteht in der unsachgem¨aßen Anwendung der Ger¨ate, wie z. B. dem Betrieb in einem nicht spezifizierten Frequenz- oder Temperaturbereich. Aber selbst bei bestimmungsgerechter und r¨ uckwirkungsfreier Anwendung von Messger¨aten gibt es Messfehler, die zuf¨alliger Natur sind, wie z. B. die Ablesefehler. Die Charakterisierung eines Messfehlers erfolgt durch Angabe des absoluten oder des relativen Messfehlers. Der absolute Messfehler F ist definiert als Differenz aus dem Messwert A (Anzeigewert) und dem wahren Wert W F = A−W .
(5.1)
Der relative Fehler f entspricht dem absoluten Fehler, bezogen auf den wahren Wert F f= 100% . (5.2) W Bei nicht bekanntem wahren Wert W und kleinem Messfehler (|F/A| 1) darf folgende N¨aherung angewendet werden f≈
F 100% . A
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_5
(5.3)
104
5 Messfehler
Zur Charakterisierung von Messger¨aten bezieht man den absoluten Messfehler des Ger¨ ates h¨aufig auf den Messbereichsumfang, die sog. Messspanne Msp, welche der Differenz zwischen Messbereichsendwert und Messbereichsanfangswert entspricht F f˜ = 100% . (5.4) Msp Die Gr¨ oße f˜ wird als normierter bzw. zum Teil auch als reduzierter Fehler bezeichnet. In der Messtechnik unterscheidet man prinzipiell zwischen systematischen Messfehlern und zuf¨alligen Messfehlern. Der wesentliche Unterschied zwischen diesen Fehlerarten liegt in der Vorhersagbarkeit und damit der Korrigierbarkeit der systematischen Fehler, welche bei den zuf¨alligen nicht gegeben ist. Die zuf¨ alligen Fehler lassen sich nur noch mit Hilfe von Wahrscheinlichkeiten beziffern. Der Fehler beim Ablesen einer Messger¨ateskala ist ein typischer zuf¨ alliger Fehler. Eine weitere Klassifizierung unterscheidet zwischen statischen und dynamischen Fehlern. W¨ahrend sich die statischen Fehler nur auf die statischen Eigenschaften der Messeinrichtung beziehen und damit nur f¨ ur rein statische Messgr¨oßen bzw. f¨ ur den statischen Anteil von dynamischen Messgr¨ oßen relevant sind, beschreiben die dynamischen Messfehler das Verhalten bei zeitlich variablen Messgr¨oßen. Dynamische Messfehler sind die aus ¨ den nicht idealen Ubertragungseigenschaften des Messsystems resultierenden Abweichungen vom wahren zeitlichen Verlauf der Messgr¨oße.
5.1 Systematische Messfehler Bei den systematischen Fehlern sind die Ursachen bekannt. Es gibt systematische Abweichungen, die w¨ahrend einer Messung einen konstanten Betrag und ein bestimmtes Vorzeichen haben (statische Messfehler) und solche, die eine zeitliche Ver¨anderung des Messwertes w¨ahrend einer Messreihe bewirken (dynamische Messfehler). Wenn die systematischen Fehler bekannt sind, kann nach Gl. (5.1) der wahre Wert berechnet werden. Da systematische Fehler also prinzipiell korrigierbar sind, sollten sie nach M¨oglichkeit im ersten Schritt der Messwertverarbeitung berichtigt werden. Fortpflanzung systematischer Fehler Ist das Messergebnis y eine Funktion mehrerer Messgr¨oßen xi (i = 1 ... n), so muss die gesuchte Gr¨oße y durch Auswertung des sog. Aufgabengesetzes y = Fkt.(x1 , ..., xn )
(5.5)
ermittelt werden. Mit dem wahren Wert yw ergibt sich schließlich der absolute Messfehler Δy zu
5.1 Systematische Messfehler
105
Δy = y − yw = f (x1 + Δx1 , ..., xn + Δxn ) − f (x1 , ..., xn ) .
(5.6)
uber der entsprechenWenn der absolute Einzelmessfehler Δxi klein ist gegen¨ den Einzelmessgr¨oße xi (|Δxi | |xi |), l¨asst sich Δy aus den partiellen Ablei¨ tungen und den kleinen Anderungen Δxi auf der Basis der nach den linearen Gliedern abgebrochenen Taylorreihe der Funktion y entwickeln Δy =
n ∂y Δxi . ∂x i i=1
(5.7)
Aus Gl. (5.7) lassen sich die folgenden Regeln f¨ ur die Fortpflanzung systematischer Fehler herleiten: • • • •
Bei der Addition von Messgr¨oßen werden die absoluten Fehler addiert. Bei der Subtraktion von Messgr¨oßen werden die absoluten Fehler subtrahiert. Bei der Multiplikation von Messgr¨oßen werden die relativen Fehler addiert. Bei der Division von Messgr¨oßen werden die relativen Fehler subtrahiert.
Besteht das Aufgabengesetz beispielsweise aus einer Multiplikation von Messgr¨ oßen mit gleichzeitiger Potenzierung y = kxr11 xr22 · · · xrnn ,
(5.8)
so ergibt sich der absolute Fehler Δy durch Auswertung von Gl. (5.7) Δy = y
n i=1
ri
Δxi . xi
(5.9)
Daraus kann der gesamte relative Fehler Δy/y als Summe der mit den Exponenten ri gewichteten relativen Einzelfehler fi errechnet werden Δy Δxi ri = ri fi . = y xi i=1 i=1 n
n
(5.10)
Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass die oben beschriebene vorzeichenbehaftete Behandlung von Fehlern nur Sinn macht, wenn man die Vorzeichen der Fehler explizit kennt. In vielen F¨allen allerdings sind die Richtungsabweichungen der Fehler und damit ihre Vorzeichen unbekannt. Deshalb macht man von Gl. (5.7) in abgewandelter Form Gebrauch n ∂y Δy = (5.11) ∂xi Δxi , i=1 d. h. man geht vom “worst case” aus, dass alle Fehler in die selbe Richtung weisen. Die Abweichung Δy entspricht also dann dem maximalen (Absolut-) Fehler, der auftreten kann.
106
5 Messfehler
5.2 Zuf¨ allige Messfehler 5.2.1 Normalverteilung, Mittelwert, Standardabweichung und Stichprobe Zuf¨ allige Fehler sind nicht unmittelbar erfassbare Abweichungen vom wahren Wert. Sie k¨ onnen nur in Form von Wahrscheinlichkeitsaussagen beschrieben werden. Typischerweise liefern die Wiederholungen eines Messvorganges unterschiedliche, streuende Messwerte xi . Zur Beurteilung zuf¨alliger Fehler ist es daher notwendig, mehrere bzw. soviele Messungen wie m¨oglich durchzuf¨ uhren. Aus der Annahme, dass unendlich viele voneinander unabh¨angige, gleichverteilte (rein zuf¨allige) Einflussgr¨oßen wirksam sind und gen¨ ugend (theoretisch unendlich) viele Einzelmessungen durchgef¨ uhrt wurden, liegt eine Normalverteilung (Gaußverteilung) der Messwerte vor. Dies geht aus dem Normalverteilungsgesetz f¨ ur zuf¨allige Fehler hervor. Die Abweichungen sind dann durch folgende Eigenschaften charakterisiert: positive und negative Abweichungen treten gleich h¨aufig auf und mit zunehmender Gr¨oße der Abweichung nimmt die Wahrscheinlichkeit f¨ ur ihr Auftreten ab. Die H¨aufigkeit ihres Auftretens wird durch die Wahrscheinlichkeitsdichte p(x) beschrieben. Sie entspricht einer Gauß- bzw. Normalverteilung (Abb. 5.1) p(x) =
1 x−μ 2 1 √ e− 2 ( σ ) . σ 2π
(5.12)
Der arithmetische Mittelwert μ aller Messwerte xi , der auch als Erwartungswert bezeichnet wird, ergibt schließlich den gesuchten wahren Wert xw N 1 xi . N →∞ N i=1
xw = μ = lim
Abb. 5.1. Gaußsche Verteilungsfunktion p(x)
(5.13)
5.2 Zuf¨ allige Messfehler
107
Ein Maß f¨ ur die Abweichung der Einzelwerte vom Mittelwert μ ist die mittlere quadratische Abweichung, die man als Standardabweichung σ und deren Quadrat als Varianz σ 2 bezeichnet N 1 σ = ! lim (xi − μ)2 . (5.14) N →∞ N i=1 Die statistische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P f¨ ur das Auftreten eines einzelnen Messwertes in einem Intervall x1 ≤ x ≤ x2 errechnet sich wie folgt x2 x2 2 2 1 P = p(x) dx = √ e−(x−μ) /2σ dx σ 2π x1 x1 x2 x1 2 2 1 1 −(x−μ)2 /2σ2 e dx − √ e−(x−μ) /2σ dx . (5.15) = √ σ 2π 0 σ 2π 0 2 Da das Integral ekx dx keine analytische L¨osung besitzt, wurde die sog. Errorfunction erf(x) eingef¨ uhrt w 2 2 erf(w) = √ e−c dc , (5.16) π 0 welche in Tafelwerken, z. B. in [1], tabelliert ist. Dabei besteht folgender Zusammenhang zwischen der Variablen c der Errorfunction und der Variablen x der Wahrscheinlichkeitsdichte c=
x−μ √ . σ 2
(5.17)
Aus Gl. (5.15) folgt unter Zuhilfenahme der Errorfunction die statistische Sicherheit P
1 x2 − μ x1 − μ √ √ P = erf − erf . (5.18) 2 σ 2 σ 2 Aufgrund des schiefsymmetrischen Verhaltens der Errorfunction erf(w) = −erf(−w)
(5.19)
errechnet sich die statistische Sicherheit P f¨ ur das Auftreten eines Messwertes xi im Bereich −δ ≤ x − μ ≤ δ zu
δ √ P (δ) = erf . (5.20) σ 2 In Tab. 5.1 sind charakteristische Werte von P (δ) notiert (s. auch Abb. 5.1). Wenn im Rahmen einer Messreihe die Standardabweichung σ ermittelt wurde, l¨ asst sich mit Hilfe von Tab. 5.1 der zu einer bestimmten statistischen Sicherheit P geh¨orende Vertrauensfaktor t bestimmen
108
5 Messfehler
Tabelle 5.1. Fehlerwahrscheinlichkeit P (statistische Sicherheit) bei symmetrischem Intervall −δ ≤ x − μ ≤ +δ δ 0,5 σ 0,67 σ 1 σ 1,65 σ 1,96 σ 2,58 σ 3,0 σ 3,3 σ P [%] 38,3 50 68,3 90 95 99 99,73 99,9
δ = tσ .
(5.21)
Der zuf¨allige Fehler Fxi eines Einzelmesswertes xi liegt dann mit einer statistischen Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) von P innerhalb des Intervalls ±tσ Fxi = ±tσ .
(5.22)
Bei der hier zun¨achst angenommenen unendlich hohen Anzahl von Messungen h¨ angt der Vertrauensfaktor t in der nach Tab. 5.1 bezifferten Weise nur von der frei gew¨ahlten statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) ab. Wenn beispielsweise eine statistische Sicherheit von 95 % gefordert wird, betr¨agt der Vertrauensfaktor t nach Tab. 5.1 t = 1,96. Dies bedeutet, dass die Abweichung des Einzelmesswertes vom wahren Wert μ = xw bei einer Wahrscheinlichkeit von 95 % nicht gr¨oßer ist als ± 1,96 σ. Wird die Messung einer Messgr¨oße mit denselben Mitteln und unter gleichen Bedingungen N-mal wiederholt, bezeichnet man dies als Stichprobe aus der Grundgesamtheit der theoretisch unendlich vielen Messungen. F¨ ur den praktischen Fall einer nur endlichen Anzahl von Messungen (N < ∞) kann aus den einzelnen Messwerten xi (i = 1...N ) der Mittelwert μ (wahrer Wert xw ) nicht mehr nach Gl. (5.13) gebildet werden, sondern nur noch ein Sch¨atzwert x ˜ angegeben werden N 1 x ˜= xi . (5.23) N i=1 F¨ ur eine endliche Anzahl N von Messwerten definiert man anstelle der Standardabweichung σ die Schwankung s (empirische Standardabweichung) bzw. die Streuung s2 s=!
1 (xi − x ˜)2 . N − 1 i=1 N
(5.24)
Der Wert von s wird auch als mittlerer quadratischer Fehler (vom Sch¨atzwert) der Messwerte xi bezeichnet. Tip: ¨ Diese Thematik kann man anhand der LabVIEW Ubungsaufgabe 2.2a auf der CD-ROM vertiefen.
5.2 Zuf¨ allige Messfehler
109
5.2.2 Vertrauensbereich f¨ ur den Sch¨ atzwert Im Zusammenhang mit Messfehlerabsch¨atzungen stellt sich im allgemeinen auch die Frage nach der G¨ ute des im Rahmen einer Messserie ermittelten Sch¨ atzwertes x ˜. Die Antwort auf diese Frage kann ebenfalls nur in Form einer statistischen Sicherheit P (Wahrscheinlichkeit) gegeben werden. Um die G¨ ute des Sch¨ atzwertes x ˜ anzugeben, muss festgestellt werden, wie nahe dieser Sch¨ atzwert x ˜ (Mittelwert aus N Messungen) dem wahren Wert xw (Mittelwert f¨ ur N → ∞) liegt. Dazu nehmen wir zun¨achst an, dass eine unendlich hohe Anzahl von Einzelmessungen xi vorliegt. Die Standardabweichung dieser sog. Grundgesamtheit wird mit σ bezeichnet. Wenn wir dieser Grundgesamtheit eine Stichprobe mit N Einzelmesswerten entnehmen, k¨onnen wir deren Sch¨atzwert x ˜ errechnen (Abb. 5.2). Werden mehrere solcher Stichproben genommen, so gelangt man zu einer Verteilung von Sch¨ atzwerten. Die Schwankung sx˜ dieser Sch¨ atzwerteverteilung liefert schließlich den gesuchten Vertrauensbereich des Sch¨ atzwertes x˜. In der Praxis jedoch wird man nicht mehrere Stichproben entnehmen, sondern sich auf eine beschr¨anken. Dies f¨ uhrt letztendlich zum selben Ergebnis, da wir davon ausgehen, dass alle in der Grundgesamtheit vorkommenden Messwerte xi voneinander unabh¨angig sind. Aus diesem Grund l¨ asst sich die Schwankung sx˜ berechnen, indem man das Gaußsche Fehlerfortpflanzungsgesetz (Kap. 5.2.3) auf die in Abb. 5.2 gezeigte Stichprobe selbst anwendet. Die Schwankung sx˜ l¨asst sich demnach wie folgt ermitteln
Grundgesamtheit
N, ~ x, s Stichprobe
s: Standardabweichung der Grundgesamtheit x w : wahrer Wert = Schätzwert der Grundgesamtheit
Abb. 5.2. Grundgesamtheit von Messwerten mit einer Stichprobe zu N Einzelmesswerten. Die Stichprobe hat den Sch¨ atzwert x ˜ und die Schwankung s.
110
5 Messfehler
sx˜ = !
2 N
∂˜ x i=1
Mit ∂ ∂˜ x = ∂xi ∂xi
"
∂xi
N 1 xi N i=1
σ2 .
# =
(5.25)
1 N
folgt aus dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.25)) N 1 2 1 1 ! σ = N σ2 = √ σ . sx˜ = 2 2 N N N i=1
(5.26)
(5.27)
Die Schwankung der ˜ ist also gem¨aß Gl. (5.27) √ Verteilung der Sch¨atzwerte x um den Faktor 1/ N kleiner als die der Einzelwerte xi (s. auch Gl. (5.24)). In der Praxis kann man den exakten Wert von σ nicht ermitteln, da unendlich viele Messungen vorausgesetzt werden. Daher wird man anstatt σ die Schwankung s aus der aktuellen Stichprobenverteilung (Abb. 5.2) verwenden. Die vollst¨ andige Angabe eines Messergebnisses x erfolgt durch Bezifferung des Sch¨ atzwertes x ˜ und seiner Vertrauensgrenzen V in der Form ts x=x ˜±V =x ˜± √ . N
(5.28)
Der zuf¨ allige Fehler Fx˜ des Sch¨atzwertes betr¨agt demnach ts Fx˜ = ± √ . N
(5.29)
Der Vertrauensfaktor t ist bei einer endlichen Anzahl von Messwerten neben der gew¨ ahlten statistischen Sicherheit P auch von der Anzahl N der Einzelmessungen abh¨angig. Die Funktion der entsprechenden Fehlerverteilung ist die sog. Student-Verteilung (Abb. 5.3), die auch als t-Verteilung bezeichnet wird. Die Student-Verteilung ist also die Verteilung der Stichprobe (N < ∞), welche verst¨andlicherweise breiter ist als die Normalverteilung, weil die Vertrauensgrenzen bei gleicher statistischer Sicherheit P aufgrund der Tatsache, dass man u ur N → ∞ ¨ ber weniger Messwerte mittelt, gr¨oßer sind als bei der f¨ geltenden Normalverteilung (Tab. 5.2). Mit einer f¨ ur die Praxis ausreichenden Genauigkeit gehen Student- und Normalverteilung ab N > 200 ineinander u ¨ ber. Tip: Auf der CDROM befindet sich das LabVIEW-Programm student_density.vi, mit dem die Studentverteilung graphisch dargestellt werden kann. Der Wertebereich kann frei gew¨ ahlt und Werte f¨ ur N k¨onnen definiert werden.
5.2 Zuf¨ allige Messfehler
111
p(x) pN pt
μ−σ
μ
μ+σ
x
Abb. 5.3. Vergleich von Normalverteilung pN und Student-Verteilung (t-Verteilung) pt f¨ ur N = 5
F¨ ur N = 50 Messwerte beispielsweise bedeutet dies, dass der gefundene Mittelwert (= Sch¨atzwert x ˜) mit einer Wahrscheinlichkeit von 99,73 % um √ h¨ ochstens ±3, 16 sx˜ / 50 vom unbekannten wahren Wert xw abweicht. Der Wert von t = 3, 16 kann Tab. 5.2 entnommen werden. Aus Tab. 5.2 ist auch abzulesen, dass der Vertrauensfaktor f¨ ur die Normalverteilung (N → ∞) mit dem f¨ ur die Student-Verteilung (N < ∞) ab einer Losgr¨oße von N > 200 nahezu identisch ist. Die bei einer Wahrscheinlichkeit von 68,3 % bestehende Unsicherheit wird als der mittlere Fehler Δx des Sch¨atzwertes bezeichnet s Δx = |xw − x ˜| = √ . N
(5.30)
Die zuf¨ alligen Fehler k¨onnen im Gegensatz zu den systematischen Fehlern Tabelle 5.2. Abh¨ angigkeit des Vertrauensfaktors t von der Anzahl der Messungen N bei verschiedener statistischer Sicherheit P P = 68, 3% = ˆ 1, 0σ P = 95% = ˆ 1, 96σ P = 99% = ˆ 2, 58σ P = 99, 73% = ˆ 3, 0σ √ √ √ √ t/ N t t/ N t t/ N t t/ N
N
t
2 3 4 6 10 20 50 100 200 > 200
1,84 1,32 1,20 1,11 1,06 1,03 1,01 1,01 1,00 1,00
1,30 0,76 0,60 0,45 0,34 0,23 0,14 0,10 0,07 1,00 √ N
≈0
12,7 4,30 3,18 2,57 2,26 2,09 2,01 1,98 1,97 1,96
8,98 2,48 1,59 1,05 0,72 0,47 0,28 0,20 0,14 1,96 √ N
≈0
63,7 9,92 5,84 4,03 3,25 2,86 2,68 2,63 2,60 2,58
45,0 5,73 2,92 1,65 1,03 0,64 0,38 0,26 0,18 2,58 √ N
≈0
236 19,2 9,22 5,51 4,09 3,45 3,16 3,08 3,04 3,0
167 11,1 4,61 2,25 1,29 0,77 0,45 0,31 0,22 3,00 √ N
≈0
112
5 Messfehler
grunds¨ atzlich nicht korrigiert werden. Zuf¨allige Fehler k¨onnen allerdings durch eine hinreichend große Anzahl von Einzelmessungen beliebig klein gehalten werden. Tip: Mit dem LabVIEW-Programm student_table.vi kann die Tab. 5.2 berechnet werden. Die Wahrscheinlichkeiten sowie die Werte f¨ ur N k¨onnen eingestellt werden.
Beispiel — Messreihe mit zuf¨ alligen Fehlern Im Rahmen einer Messreihe wurden folgende 10 Werte gemessen: i xi
1 85,0
2 3 4 5 6 7 8 9 10 85,6 84,7 84,9 85,8 85,2 84,6 85,3 85,1 85,4
Der Sch¨ atzwert x ˜ betr¨agt nach Gl. (5.23) 1 xi = 85, 16 . 10 i=1 10
x˜ =
(5.31)
Die Schwankung s (empirische Standardabweichung) berechnet sich nach (Gl. (5.24)) zu s=!
1 (xi − x ˜)2 = 0, 381 . 10 − 1 i=1 10
(5.32)
Der zuf¨allige Fehler Fxi der Einzelmessung beziffert sich bei einer (frei gew¨ahlten) statistischen Sicherheit von 95 % nach Tab. 5.2 auf Fxi (95 %) = ±ts = ±2, 26 · 0, 381 = ±0, 861 .
(5.33)
Der zuf¨allige Fehler des Sch¨atzwertes Fx˜ ergibt sich bei derselben statistischen Sicherheit von 95 % zu ts Fx˜ (95 %) = ± √ = ±0, 272 . N
(5.34)
Damit kann die vollst¨andige Angabe des Messergebnisses in folgender Form geschehen x = 85, 16 ± 0, 272 , (5.35) wobei sich die Angabe der absoluten Toleranzgrenzen von ±0, 272 auf eine gew¨ ahlte statistische Sicherheit von 95 % bezieht.
5.2 Zuf¨ allige Messfehler
113
Tip: Eine LabVIEW-Aufgabe zum Thema “Schwankung des Sch¨ atzwertes in Abh¨angigkeit von der Probenl¨ange” findet sich auf der CD-ROM (Aufgabe 2.2b).
5.2.3 Fortpflanzung zuf¨ alliger Fehler Wenn die gesuchte Messgr¨oße y eine Funktion mehrerer mit voneinander unabh¨ angigen zuf¨alligen Fehlern behafteter Einzelmessgr¨oßen xi (i = 1, . . . , n) ist y = Fkt.(x1 , . . . , xn ) , (5.36) l¨ asst sich der Mittelwert μy , der dem wahren Wert yw entspricht, wie folgt berechnen yw = μy = Fkt.(μ1 , . . . , μn ) , (5.37) wobei μi die Mittelwerte der Einzelmessgr¨oßen xi bezeichnen (Anzahl der jeweils aufgenommenen Messwerte N → ∞). Unter der Voraussetzung kleiner Einzelstandardabweichungen σi l¨asst sich die Standardabweichung σy des Mittelwertes μy nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz (Gl. (5.38)) ermitteln 2 n
∂y ! σy = σi2 . (5.38) ∂xi i=1
(μ1 ,μ2 ,...,μn )
Ist beispielsweise das Aufgabengesetz vom Typ y = kxr11 xr22 ,
(5.39)
so ergibt sich der mittlere relative Fehler fy (Wahrscheinlichkeit von 68,3 %) zu σy Fy = y y
2 2 r1 r2 2 σ1 + σ22 . = x1 x2
fy =
(5.40)
Dabei wurde ber¨ ucksichtigt, dass der absolute zuf¨allige mittlere Fehler Fy , d. h. der Fehler f¨ ur eine Wahrscheinlichkeit von 68,3 %, gerade der Standardabweichung σy entspricht. Da im praktischen Fall die Anzahl der aufgenommenen Messwerte endlich bleibt (N < ∞), handelt es sich bei dem errechneten Mittelwert nur um einen Sch¨ atzwert y˜ des wahren Wertes yw . Wenn x˜i den Sch¨atzwert der Einzelmessgr¨ oße xi bezeichnet, gilt ˜n ) . y˜ = Fkt.(˜ x1 , . . . , x
(5.41)
114
5 Messfehler
Unter der Voraussetzung einer Normalverteilung und f¨ ur kleine Schwankungen (si |xi |) berechnet sich die Schwankung sy˜ des Sch¨atzwertes y˜ wiederum nach dem Gaußschen Fehlerfortpflanzungsgesetz aus den Schwankungen si der Einzelmessgr¨ oßen 2 n
∂y ! s2i . (5.42) sy˜ = ∂xi i=1
(˜ x1 ,˜ x2 ,...,˜ xn )
5.3 Genauigkeitsklassen bei Messger¨ aten F¨ ur standardm¨aßige elektrische Messger¨ate wird vom Hersteller eine Genauigkeitsklasse, d. h. eine garantierte obere Fehlergrenze angegeben, die i. Allg. mit G oder Gk bezeichnet wird. Sie gibt den Betrag der auf den Messbereichsendwert bezogenen maximal m¨oglichen Abweichung Δx vom wahren Wert in Prozent an Δx |Fehlangabe| 100% = G= 100% . (5.43) xend |Messbereichsendwert| Es gibt folgende genormte Genauigkeitsklassen nach VDE 0410: • •
Betriebsmessger¨ate: 1; 1,5; 2,5; 5,0 Feinmessger¨ate: 0,05; 0,1; 0,2; 0,5.
Der entsprechende maximale relative Fehler betr¨agt demnach Δx xend G =± . x x 100%
(5.44)
Er nimmt also stark zu, wenn der Messbereich nur im unteren Teil genutzt wird. Der durch die Genauigkeitsklasse beschriebene Maximalfehler gilt selbstverst¨ andlich nur bei Einhaltung der ansonsten vom Hersteller spezifizierten Randbedingungen, wie der Einhaltung von Temperaturgrenzen, Frequenzbereich, Fremdfeldeinfluss, Lage etc.. Bei Instrumenten, deren Messbereichsanfangswert nicht mit dem Nullpunkt identisch ist, wird die Fehlangabe statt auf den Messbereichsendwert auf den Messbereichsumfang bezogen, die auch als Messspanne Msp bezeichnet wird (Gl. (5.4)).
5.4 Dynamische Messfehler Bei der Messung zeitlich variabler Gr¨oßen treten infolge der nicht-idealen ¨ Ubertragungseigenschaften der Messsysteme stets dynamische Messfehler auf. Diese sind im Wesentlichen auf Tr¨agheiten der Messeinrichtungen (Tiefpassverhalten) zur¨ uckzuf¨ uhren, welche sich infolge ihrer Speichereigenschaften bez¨ uglich mechanischer, thermischer oder elektromagnetischer Energie nicht
5.4 Dynamische Messfehler
115
vermeiden lassen. Da das Verst¨andnis von dynamischen Messfehlern grundlegende Kenntnisse auf dem Gebiet der systemtheoretischen Beschreibung von Messsystemen verlangt, folgt zun¨achst ein Abschnitt, der die entsprechende Systemtheorie kurz wiederholen soll (s. Kap. 3). ¨ 5.4.1 Das Ubertragungsverhalten von Messsystemen ¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch Impulsantwort bzw. Sprungantwort Ein lineares Messsystem liefert an seinem Ausgang die Impulsantwort g(t) (Gewichtsfunktion), wenn die Eingangsgr¨oße ein Dirac-Impuls δ(t) ist (Abb. 5.4) (Kap. 3.11).
Abb. 5.4. Impulsantwort g(t) eines linearen Messsystems
F¨ ur eine beliebige Anregungsfunktion x(t) ergibt sich das Ausgangssignal y(t) durch Faltung mit der Impulsantwort (Kap. 3.11)
+∞
y(t) = −∞
x(τ )g(t − τ ) dτ =
+∞ −∞
x(t − τ )g(τ )dτ = x(t) g(t) .
(5.45)
Da wir kausale Messsysteme voraussetzen, deren Impulsantwort g(t) f¨ ur t < 0 verschwindet und auch die Anregungsfunktion x(t) f¨ ur t < 0 zu Null annehmen, kann man die untere Grenze des Faltungsintegrals (−∞) durch 0 und die obere Grenze (+∞) durch t ersetzen (Gl. (3.222)) y(t) = 0
t
t
x(τ )g(t − τ ) dτ =
x(t − τ )g(τ ) dτ .
(5.46)
0
Anstatt ein Messsystem durch seine Impulsantwort zu beschreiben, ist es in der Messtechnik auch gebr¨auchlich, seine Sprungantwort h(t) anzugeben. Diese erh¨ alt man als Ausgangssignal, wenn man als Anregungssignal x(t) eine Sprungfunktion verwendet (Abb. 5.5), wobei die Sprungfunktion folgendermaßen definiert ist ⎧ ¨r t ≥ 0 ⎨ 1 fu ε(t) = (5.47) ⎩ 0 fu ¨r t < 0 . Der Zusammenhang zwischen Sprungantwort h(t) und Impulsantwort g(t) wurde bereits in Kapitel 3.12 hergeleitet (Gl. (3.234))
116
5 Messfehler
t
h(t) =
g(τ ) dτ .
(5.48)
0
Der Wert, der sich nach einer Sprunganregung als stabiler Wert einstellt, wird als Beharrungswert bezeichnet.
Abb. 5.5. Sprungantwort h(t) eines linearen Messsystems
¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch ¨ Ubertragungsfunktionen Aus der linearen Systemtheorie weiß man (Kap. 3.11), dass harmonische Anregungen der Form jωt jϕx (ω) jωt ˆ ˆ } = Re{X(ω)e e } x(t) = Re{X(ω)e
(5.49)
bei linearen Systemen im eingeschwungenen Zustand stets zu einem Antwortsignal y(t) mit derselben Frequenz aber ver¨anderter Amplitude und Phasenlage f¨ uhren y(t) = Re{Yˆ (ω)ejωt } = Re{Yˆ (ω)ejϕy (ω) ejωt } , (5.50) ˆ ˆ ˆ ˆ ¨ wobei |X| = X und |Y | = Y gilt. Die Ubertragungsfunktion G(ω) des linearen Systems ist dann folgendermaßen definiert G(ω) =
Yˆ (ω) Yˆ (ω) j(ϕy −ϕx ) = |G(ω)|ejϕ(ω) . = e ˆ ˆ X(ω) X(ω)
(5.51)
¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(ω) l¨asst sich aufspalten in den Betragsgang |G(ω)| und den dazugeh¨origen Phasengang arg{G(ω)} = ϕ(ω). Daraus lassen sich die D¨ampfung a(ω) und deren Phase b(ω) wie folgt errechnen a(ω) = −20 lg |G(ω)| [dB] b(ω) = −arg(G(ω)) .
(5.52) (5.53)
¨ Die Ubertragungsfunktion gibt also Auskunft dar¨ uber, wie das Messsystem die Amplitude und die Phasenlage einer harmonischen Anregung ver¨andert. ¨ F¨ ur beliebige (nicht-periodische) Zeitsignale berechnet sich die Ubertragungsfunktion eines linearen Systems aus den Quotienten der FourierTransformierten (Tab. 5.3) F {y(t)} und F {x(t)} vom Ausgangs- und Eingangssignal y(t) bzw. x(t) G(ω) =
F {y(t)} . F {x(t)}
(5.54)
5.4 Dynamische Messfehler
117
Tabelle 5.3. Definitionsgleichungen der Laplace- und Fourier-Transformationen (Kap. 3) Fourier-Transformation Fourier-R¨ ucktransformation x(t) = F −1 {X (ω)} F{x(t)} = X(ω) +∞ +∞ 1 = 2π X(ω)ejωt dω = −∞ x(t)e−jωt dt −∞ Laplace-Transformation L{x(t)} = X(s) ∞ = 0 x(t)e−st dt
Laplace-R¨ ucktransformation x(t) = L−1 {X (s)} σ+j∞ 1 = 2πj X(s)est ds σ−j∞
Mit diesen Zusammenh¨angen und der Eigenschaft, dass eine Faltung zweier Signale im Zeitbereich einer Multiplikation der Fourier-Transformierten im Frequenzbereich entspricht, erh¨alt man aus Gl. (5.45) Y (ω) = X(ω) G(ω) .
(5.55)
Daraus folgt auch, dass die Fourier-Transformierte der Gewichtsfunktion der ¨ Ubertragungsfunktion entspricht. G(ω) = F {g(t)} .
(5.56)
Beschr¨ ankt man sich auf kausale Zeitsignale (x(t) = 0 f¨ ur t < 0), so ist es zweckm¨ aßig, anstatt der Fourier-Transformation die Laplace-Transformation ¨ (Tab. 5.3) zu verwenden. Die Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) eines linearen Systems ist folgendermaßen definiert G(s) =
L{y(t)} Y (s) = . L{x(t)} X(s)
(5.57)
Dabei sind L{x(t)} und L{y(t)} die Laplace-Transformierten (Tab. 5.3) der Zeitfunktionen x(t) und y(t), wobei s = σ + jω die Laplace-Variable darstellt. Die Faltungsoperation (Gl. (5.46)) vereinfacht sich f¨ ur kausale Zeitsignale und Systeme im Laplace-Bereich ebenfalls zu einer Multiplikation der entsprechenden Laplace-Transformierten (Kap. 3.5.4) Y (s) = G(s)X(s) .
(5.58)
¨ Die Ubertragungsfunktion G(s) ist demnach auch die Laplace-Transformierte der Impulsantwort g(t) G(s) = L{g(t)} . (5.59) Entsprechend dem Integrationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.2) t $ 1 L (5.60) f (τ ) dτ = F (s) , s 0
118
5 Messfehler
wobei L{f (t)} = F (s) ,
(5.61)
¨ folgt aus Gl. (5.48) der Zusammenhang zwischen der Ubertragungsfunktion G(s) und der Sprungantwort h(t) $ G(s) h(t) = L−1 . (5.62) s Zusammengesetzte Systeme Die Gesamt¨ ubertragungsfunktionen der in Abb. 5.6 gezeigten zusammengesetzten Systeme ergeben sich wie folgt: Serienschaltung (Abb. 5.6a) Y (s) = G1 (s)G2 (s) X(s)
(5.63)
Y (s) = G1 (s) + G2 (s) X(s)
(5.64)
G(s) = Parallelschaltung (Abb. 5.6b) G(s) =
R¨ uckkoppelschaltung (Kreisschaltung) (Abb. 5.6c) G(s) =
Y (s) G1 (s) = . X(s) 1 + G1 (s)G2 (s)
(5.65)
¨ Abb. 5.6. Zusammengesetzte Ubertragungssysteme: a) Serienschaltung (Hintereinanderschaltung), b) Parallelschaltung, c) R¨ uckkoppelschaltung (Kreisschaltung)
5.4 Dynamische Messfehler
119
¨ Beschreibung des Ubertragungsverhaltens durch Differentialgleichungen F¨ ur lineare Systeme kann der mathematische Zusammenhang zwischen dem Anregungssignal x(t) und dem Ausgangssignal y(t) in Form einer Differentialgleichung mit konstanten Koeffizienten beschrieben werden ( =d/dt) ˆ a0 x + a1 x + . . . + an x(n) = b0 y + b1 y + . . . + bm y (m) .
(5.66)
Gem¨ aß dem Differentiationssatz der Laplace-Transformation (Kap. 3.5.3) L{f (n) (t)} = sn F (s) − sn−1 f (t)|t=0 − . . . sf (t)(n−2) |t=0 − f (t)(n−1) |t=0 ,
(5.67)
wobei f (n) die n-te Ableitung der Funktion f nach der Zeit t ist, kann Gl. (5.66) f¨ ur den vereinfachten Fall, dass alle Anfangswerte f (t = 0) bis f (t)(n−1) |t=0 Null sind, folgendermaßen im Laplace-Bereich dargestellt werden a0 X(s) + a1 sX(s) + . . . + an sn X(s) = b0 Y (s) + b1 sY (s) + . . . + bm sm Y (s) . (5.68) ¨ Damit ergibt sich folgender fester Zusammenhang zwischen der Ubertragungsfunktion G(s) im Laplace-Bereich und den Koeffizienten der Differentialgleichung a 0 + a1 s + a2 s 2 + . . . + an s n G(s) = , (5.69) b 0 + b 1 s + b 2 s2 + . . . + b m sm wobei stets n ≤ m gilt. Der Quotient E E=
a0 b0
(5.70)
wird auch als Empfindlichkeit des Messsystems bezeichnet. ¨ Bei Kenntnis der Laplace-Ubertragungsfunktion G(s) bzw. der Fourier¨ Ubertragungsfunktion G(ω), der Impulsantwort g(t) bzw. der Sprungantwort h(t) oder auch der Koeffizienten ai und bj der Differentialgleichung lassen sich die dynamischen Messfehler eines Messsystems beschreiben. Die Definition des dynamischen Messfehlers und seine Bestimmung anhand dieser Kennwerte wird in den beiden folgenden Abschnitten beschrieben. 5.4.2 Definition des dynamischen Messfehlers Beim Erfassen zeitlich ver¨anderlicher Messgr¨oßen entstehen aufgrund der oben ¨ beschriebenen (nicht-idealen) Ubertragungseigenschaften unweigerlich dynamische Messfehler. Da sich im Falle linearer Messsysteme die dynamischen Fehler von den statischen separieren lassen, k¨onnen wir uns im Folgenden ohne Einschr¨ ankung der Allgemeinheit auf dynamische Messfehler konzentrieren
120
5 Messfehler
und die statischen ausschließen. Der momentane dynamische Messfehler Fdyn ist definiert als Fdyn = x(t) − xw (t) , (5.71) wobei x(t) und xw (t) die zeitlichen Verl¨aufe des Messwertes bzw. des wahren Wertes darstellen. Praktischer als die Angabe der Momentanverl¨aufe von Fehlern ist die Angabe ihrer Mittelwerte. Wenn wir einen station¨aren Verlauf der Messgr¨oße voraussetzen (station¨ar heißt, dass die sich durch zeitliche Mittelung ergebenden Kenngr¨oßen, wie z. B. der quadratische Mittelwert des Signals (Kap. 6.3.1), konstant bleiben), l¨asst sich als wichtige Kenngr¨oße der mittlere quadratische dynamische Fehler angeben 1 T 2 2 Fdyn = lim Fdyn (t) dt . (5.72) T →∞ T 0 Wenn der Messgr¨oßenverlauf periodisch ist, darf die Integrationszeit T auf die 2 Periodendauer begrenzt werden. Da Fdyn einen absoluten Fehler beziffert, ist es zweckm¨ aßig, diesen auf den quadratischen Mittelwert x2 des Messsignals zu normieren (Kap. 6.3.1) x2 =
1 T
T
x2 (t) dt .
(5.73)
0
Es ergibt sich somit der bezogene quadratische Mittelwert des dynamischen 2 Fehlers fdyn 2 fdyn =
2 Fdyn
x2
.
(5.74)
5.4.3 Bestimmung des dynamischen Messfehlers Im Folgenden wird angenommen, dass der dynamische Fehler durch das (nicht¨ ¨ ideale) Ubertragungsverhalten des Messsystems, das sich durch die Ubertragungsfunktion G(s) beschreiben l¨asst (Abb. 5.7), verursacht wird. Bei deterministischen Anregungssignalen l¨asst sich der dynamische Messfehler mit der ¨ bekannten Ubertragungsfunktion des Messsystems G(s) ermitteln
¨ Abb. 5.7. Dynamischer Messfehler aufgrund des (nicht-idealen) Ubertra¨ gungsverhaltens des Messsystems. G(s) ist die Ubertragungsfunktion im LaplaceBereich.
5.4 Dynamische Messfehler
121
Fdyn (s) = X(s) − Xw (s) = Xw (s)[G(s) − 1] 1 . = X(s) 1 − G(s)
(5.75)
F¨ ur den Fall, dass das Eingangssignal (wahrer Wert) des Messsystems bekannt ist (Vorw¨ artsanalyse), erh¨alt man den Momentanverlauf des absoluten Messfehlers Fdyn (t) durch folgende Laplace-R¨ ucktransformation Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[G(s) − 1]} .
(5.76)
Im umgekehrten Fall (R¨ uckw¨ artsanalyse) ist der Messwert x(t) bekannt, und man erh¨alt Fdyn (t) als $ 1 −1 . (5.77) X(s) 1 − Fdyn (t) = L G(s) 5.4.4 Messsystem mit Tiefpassverhalten In aller Regel zeigen Messsysteme ein mehr oder weniger ausgepr¨agtes Tiefpassverhalten. Im Folgenden soll daher zun¨achst der aus einem Tiefpass 1. Ordnung resultierende dynamische Fehler berechnet werden (Abb. 5.8), wenn der wahre Wert zum Zeitpunkt t = 0 auf den Wert X0 springt.
xw (t)
Xw (s)
GM(s) =
1 1+sτ
X (s)
x (t)
M
Abb. 5.8. Messsystem (Tiefpass 1. Ordnung)
Vorw¨ artsanalyse Wenn der wahre Wert bekannt ist, l¨asst sich gem¨aß Gl. (5.76) der absolute dynamische Messfehler wie folgt berechnen Fdyn (t) = L−1 {Xw (s)[GM (s) − 1]} = L−1 {F (s)} . Mit
X0 s
(5.79)
X0 1 X0 τM −1 =− . s 1 + sτM 1 + sτM
(5.80)
Xw (s) = folgt F (s) =
(5.78)
122
5 Messfehler
Der zeitliche Verlauf des dynamischen Messfehlers lautet Fdyn (t) = −X0 · e−t/τM .
(5.81)
Der mittlere quadratische dynamische Fehler betr¨agt (Gl. (5.72)) 2 Fdyn
1 = lim T →∞ T
T
X02 e−2t/τM dt
0
T 1 −2t/τM −X02 τM lim e T →∞ T 2 0 1 −2T /τM −X02 τM lim e = −1 =0. T →∞ T 2
=
(5.82)
R¨ uckw¨ artsanalyse Hier ist nur der gemessene Wert bekannt. Aus Gl. (5.77) folgt der dynamische Fehler $ 1 −1 . (5.83) Fdyn (t) = L X(s) 1 − GM (s) Die Auswertung f¨ uhrt zum selben Ergebnis wie die Vorw¨artsanalyse $ −X0 τM −1 = −X0 · e−t/τM . Fdyn (t) = L 1 + sτM
(5.84)
Verringerung des dynamischen Fehlers durch Korrekturnetzwerk Der vom Messsystem herr¨ uhrende dynamische Fehler kann durch ein nachgeschaltetes Korrekturnetzwerk zum Teil kompensiert werden. Dies soll anhand eines Beispiels demonstriert werden. Das Ausgangssignal des Messsystems (Tiefpass 1. Ordnung) wird aus diesem Grund mittels eines OszilloskopTastkopfes abgegriffen (s. auch Kap. 10.2). Die gesamte Messkette wird in Abb. 5.9 gezeigt. Mit RT VR = . (5.85) RE ¨ lautet die Ubertragungsfunktion der gesamten Messkette (Messsystem und Tastkopf) Gges (s) =
1 XT (s) 1 + sτT = . · XW (s) 1 + sτM 1 + sτT + VR (1 + sτE )
(5.86)
Dabei wird vorausgesetzt, dass die Ein- bzw. Ausgangsimpedanzen vom Messsystem und dem Tastkopf so gew¨ahlt wurden, dass die beiden Netzwerke ¨ auch nach der Zusammenschaltung ihr urspr¨ ungliches Ubertragungsverhalten beibehalten.
5.4 Dynamische Messfehler
123
Abb. 5.9. Messsystem mit Korrekturnetzwerk (Tastkopf). Die Zeitkonstanten sind folgendermaßen definiert: τT = RT CT ; τE = RE CE .
Um die Auswirkung des Korrekturnetzwerkes auf das Ausgangssignal zu demonstrieren, werten wir wiederum das Ausgangssignal xT (t) (bzw. zun¨achst XT (s)) f¨ ur eine Sprunganregung aus XT (s) =
1 X0 1 1 + sτT · · · . +VR τE s 1 + sτM 1 + VR 1 + s τT1+V R
Mit τ∗ =
τT + VR τE 1 + VR
(5.87)
(5.88)
erh¨ alt man
1 1 + VR 1 1 + sτT = · · . X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗ Eine Partialbruchzerlegung XT ·
XT ·
B 1 + VR A C = + + X0 s 1 + sτM 1 + sτ ∗
(5.89)
(5.90)
liefert A=1 τM (τT − τM ) τM − τ ∗ τ ∗ (τT − τ ∗ ) . C = −τC = − τM − τ ∗
B = τB =
Mit
τB 1 X0 1 τC 1 + XT (s) = · − ∗ · 1 + VR s τM s + 1/τM τ s + 1/τ ∗
ergibt sich die entsprechende Zeitfunktion zu τB −t/τM τC −t/τ ∗ X0 ε(t) + . ·e − ∗ ·e x(t) = 1 + VR τM τ
(5.91) (5.92) (5.93)
(5.94)
(5.95)
124
5 Messfehler
Abbildung 5.10 verdeutlicht die Verbesserung des dynamischen Verhaltens der Messeinrichtung durch das nachgeschaltete Korrekturnetzwerk. Es wurden folgende Werte verwendet: X0 = 10 V; τM = 100 μs; VR = 9; τE = 0 (Weglassen von CE ). Die Zeitkonstante τT wird variiert. x (t) T
τ T = 1,17 τ
M
1V τ = 1,00 τ
M
τ T = 0,81 τ
M
T
0,5V
τ =0 T
100
500
t (μs)
¨ Abb. 5.10. Den schnellsten Einschwingvorgang ohne Uberschwingen erh¨ alt man, wenn die Nullstelle des Tastkopfes genau auf dem Pol des Tiefpasses liegt. Der Wert τT = 0 liefert den prinzipiellen Zeitverlauf der Sprungantwort des Messsystems ohne Korrekturnetzwerk.
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Die Grundfunktionen eines Messger¨ates gliedern sich in die Aufnahme der Messgr¨oße, die Verarbeitung des Messsignals und in die Ausgabe des Messwertes (Abb. 6.1). Bei den Messger¨aten zur Messung von elektrischem Strom bzw. elektrischer Spannung unterscheidet man zwischen den klassischen elektromechanischen Instrumenten mit analogen Zeigerskalen und den moderneren elektronischen, auf digitaler Basis arbeitenden Ger¨aten mit interner AnalogDigital-Umsetzung und Ziffern- oder Bildschirmausgabe. Obwohl die klassischen Zeigerger¨ate in den letzten Jahren an Bedeutung verloren haben, sollen diese im Kap. 6.1 ausf¨ uhrlich beschrieben werden, da die in diesen Ger¨aten genutzten Wandlungsprinzipien von grundlegender Bedeutung f¨ ur die Elektrische Messtechnik sind, insbesondere f¨ ur die Sensortechnik bei der Messung mechanischer Gr¨oßen. Auf die auf digitaler Basis arbeitenden Messger¨ate wird in Kap. 11 n¨ aher eingegangen.
Abb. 6.1. Grundfunktionen eines Messger¨ ates
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate Elektromechanische Messger¨ate beruhen auf dem Prinzip, einer zu messenden elektrischen Gr¨oße (i. Allg. Strom oder Spannung) mit Hilfe eines geeigneten physikalischen Effektes eine Kraftwirkung zuzuordnen. Diese Kraft wird auf
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_6
126
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
einen Zeiger u ¨ bertragen, der durch eine im Allgemeinen von einer Feder erzeugten Gegenkraft in einer Stellung verharrt, so dass der Zeigerausschlag ein Maß f¨ ur die Messgr¨oße darstellt, wenn m¨oglich ihr proportional ist. 6.1.1 Drehspulmesswerk Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld Einer der im Bereich der Elektromechanik vielfach genutzten Effekte ist die Kraftwirkung auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld. Wenn sich ein gerader linienf¨ormiger Leiter der L¨ange l, der einen Strom I f¨ uhrt, in befindet einem homogenen Magnetfeld mit der magnetischen Induktion B (Abb. 6.2), wirkt auf ihn die mechanische Kraft F [25] . F = I(l × B)
(6.1)
Dabei zeigt l in die positive Stromrichtung des Leiters.
Abb. 6.2. Kraft auf einen stromdurchflossenen Leiter im Magnetfeld
Aufbau und Prinzip Das Drehspulmesswerk ist ein Standardmesswerk, bei dem der eben beschriebene physikalische Effekt genutzt wird, gem¨aß dem auf einen stromdurchflossenen Leiter in einem Magnetfeld eine mechanische Kraft ausge¨ ubt wird. Das Drehspulmesswerk besteht aus einem mit Polschuhen versehenen, feststehenden Dauermagneten, der in Verbindung mit einem zylindrischen Weicheisenkern in einem begrenzten Winkelabschnitt des Luftspaltes ein radial homogenes B-Feld erzeugt (Abb. 6.3). Der Weicheisenkern wird von einer drehbar gelagerten Spule mit rechteckigem Spulenrahmen und Windungszahl N umschlossen. Die H¨ohe des Spulenrahmens betr¨agt l, seine Breite 2r. Wird die Spule von einem Strom I durchflossen, ergibt sich die Kraftwirkung auf einen einzelnen Leiter nach Gl. (6.1). Das auf die aus N Leiterwindungen el berechnet sich somit zu bestehende Spule wirkende Drehmoment M
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
127
Abb. 6.3. Drehspulmesswerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Schnitt durch den Spulenrahmen, c) Symbol
el = 2Nr × F M = 2Nr × [I(l × B)] = 2N rIlBea ,
(6.2)
wobei der Einheitsvektor ea in Richtung der Drehachse zeigt. Durch eine an der Spule angebrachte Spiralfeder (Federkonstante D) wird das R¨ uckstellmo ment Mmech erzeugt mech = −Dαea . (6.3) M mech = 0 folgt der Winkel α, bei el + M Aus der Gleichgewichtsbedingung M dem sich Gleichgewicht einstellt bzw. bei dem der Zeiger verharrt α=
2N lBr I = Si I . D
(6.4)
Dabei bezeichnet Si die Stromempfindlichkeit des Drehspulmesswerkes. In technischen Ausf¨ uhrungen wird anstatt der Spiralfeder oft ein Spannband benutzt, das neben der Erzeugung des R¨ uckstellmomentes sowohl der Stromzuf¨ uhrung als auch der reibungsarmen Lagerung der Drehspule dient. Dynamisches Verhalten eines Drehspulmesswerkes F¨ ur eine winkelgeschwindigkeitsproportionale D¨ampfung mit dem D¨ampfungsmoment η α˙ und dem Beschleunigungsmoment Θα ¨ (das Tr¨agheitsmoment der Drehspule wird mit Θ bezeichnet) ergibt sich die den Winkelausschlag α beschreibende Differentialgleichung zu Θα ¨ + η α˙ + Dα = Mel (t) ,
(6.5)
wobei ein Punkt u ¨ber dem Formelzeichen die zeitliche Ableitung der entsprechenden Formelgr¨oße nach der Zeit und zwei Punkte die zweifache zeitliche Ableitung bedeuten. Mit den Substitutionen f¨ ur die Eigenkreisfrequenz ω0 des unged¨ ampften Systems
128
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
D Θ und mit dem normierten D¨ampfungskoeffizient η˜ ω0 =
(6.6)
η η˜ = √ 2 ΘD
(6.7)
ergibt sich die folgende Differentialgleichung 1 2˜ η 1 α ¨+ α˙ + α = Mel (t) . 2 ω0 ω0 D
(6.8)
Von den L¨ osungen dieser Differentialgleichung interessiert im Allgemeinen die Antwort auf eine zeitlich sprunghaft ansteigende Eingangsgr¨oße (Sprungantwort). In Abh¨angigkeit des (normierten) D¨ampfungskoeffizienten η˜ erh¨alt man die normierte Sprungantwort α/α0 , wobei α0 den Ausschlag f¨ ur t → ∞ bezeichnet (Abb. 6.4): •
keine D¨ ampfung (˜ η = 0) α = 1 − cos ω0 t α0
•
(6.9)
periodische (schwingende) Einstellung η˜ < 1 α ω0 −˜ηω0 t e = 1− cos(ωt − ϕ) α0 ω mit ω = ω0
1 − η˜2
(6.10)
(6.11)
Abb. 6.4. Auf den Endausschlag α0 bezogene Sprungantwort eines Drehspulinstrumentes bei verschiedenen (normierten) D¨ ampfungskoeffizienten η˜
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
"
und
#
1 − η˜2
ϕ = arctan •
η˜
(6.12)
aperiodischer Grenzfall (˜ η = 1) α = 1 − e−ω0 t (1 + ω0 t) α0
•
129
aperiodische (kriechende) Einstellung (˜ η > 1) 1 1 1 α √ − e−t/τ1 + e−t/τ2 =1+ α0 τ2 τ1 2ω0 η˜ − 1 mit τ1 =
ω0 (˜ η−
und τ2 =
ω0 (˜ η+
1
1
(6.14)
(6.15)
η˜2 − 1)
η˜2 − 1)
(6.13)
.
(6.16)
D¨ ampfung beim Drehspulmesswerk Ein D¨ ampfungsmoment entsteht, wenn die durch die Drehspulenbewegung im Magnetfeld induzierte Spannung u uhrt. ¨ber einen Widerstand zu einem Strom f¨ Nach der Lenzschen Regel wirkt dieser Ausgleichstrom dem Messstrom entgegen und d¨ ampft damit die Ausschlagbewegung des Zeigers. Bei einer Spule mit Rahmenh¨ohe l und Windungszahl N betr¨agt die induzierte Spannung uind dφ d dA B uind = −N = −N dt dt % ' & ∂B − (v × B) ds =N dA A ∂t & = −N ωrB ds = −2N lrB
dα . dt
(6.17)
d ist Dabei wurde ber¨ ucksichtigt, dass ∂ B/∂t = 0. Das D¨ampfungsmoment M dem resultierenden Strom iind proportional d = 2Nr × F = 2Nr × [iind (l × B)] M
(6.18)
Md = 2N rlBiind .
(6.19)
Wenn die induzierte Spannung uind den Strom iind in einem Kreis mit Widerstand RK hervorruft, ergibt sich das D¨ampfungsmoment
130
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Md = (2N rlB)2
1 dα . RK dt
(6.20)
Mit Md = η α˙
(6.21)
folgt f¨ ur den (nicht-normierten) D¨ampfungskoeffizienten η aus Gl. (6.5) η=
(2N rlB)2 . RK
(6.22)
Dabei setzt sich der Gesamtwiderstand des Messkreises RK , der sog. Schließungswiderstand, aus dem Widerstand der Messspule RSP , einem eventuell vorhandenen Abgleichwiderstand RT und dem Widerstand des ¨außeren Kreises RA zusammen RK = RSP + RT + RA . (6.23) Wenn ein Abgleichwiderstand RT vorhanden ist, kann dieser bei konstantem RA genutzt werden, um beispielsweise eine aperiodische D¨ampfung zu erzielen. Die k¨ urzeste Einstellzeit wird allerdings f¨ ur einen D¨ampfungsgrad ¨ η˜ < 1, also nach leichtem Uberschwingen erreicht. Abbildung 6.5 zeigt die auf die Periodendauer T0 der Grundschwingung bezogene Einstellzeit TE , die das Messwerk nach einer Sprunganregung ben¨ otigt, um innerhalb einer Schwankungsbreite von ± 1,5 % des Endausschlages zu bleiben. Die f¨ ur den Wert ± 1,5 % ermittelte Zeit wird auch als Beruhigungszeit bezeichnet. Nachteilig an dem eben beschriebenen D¨ampfungsmechanismus ist allerdings, dass die Gr¨ oße der D¨ampfung u ¨ ber den Schließungswiderstand RK vom jeweiligen Widerstand RA des ¨außeren Kreises abh¨angt.
Abb. 6.5. Bezogene Einstellzeit TE /T0 als Funktion des normierten D¨ ampfungskoeffizienten η˜ bei einem zul¨ assigen Toleranzbereich von ± 1,5 % um den Endausschlag
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
131
Um diese Abh¨angigkeit zu vermeiden, setzt man vorzugsweise die sog. Rahmend¨ampfung ein, bei der die Spule auf einen elektrisch leitenden Aluminiumrahmen aufgebracht wird. In dem Aluminiumrahmen werden infolge der Drehbewegung elektrische Spannungen induziert, die im geschlossenen Rahmen Wirbelstr¨ome zur Folge haben. In Verbindung mit dem Magnetfeld des Permanentmagneten bilden sich infolge dieser Str¨ome Kr¨afte (Gegenkr¨afte) aus, die gem¨aß der Lenzschen Regel so gerichtet sind, dass sie die Bewegung bremsen und damit d¨ampfen. Im Allgemeinen werden Drehspulinstrumente so ausgelegt, dass die Rahmend¨ampfung u ¨ berwiegt, um die D¨ampfungswerte von den oben beschriebenen Einfl¨ ussen des jeweiligen Messkreises (Gln. (6.22) und (6.23)) unbeeinflusst zu lassen. 6.1.2 Galvanometer Spezielle Bauformen des Drehspulinstrumentes, die darauf abzielen, eine besonders hohe Stromempfindlichkeit zu erreichen, werden als Galvanometer bezeichnet. Da sie im Allgemeinen zum Feststellen der Stromlosigkeit in Messbr¨ ucken oder Kompensatoren eingesetzt werden, ben¨otigen Galvanometer keine in Strom- bzw. Spannungswerten kalibrierte Skala. Wenn der mechanische Zeiger durch einen Lichtzeiger ersetzt wird, f¨ uhrt dies zu besonders hoher Empfindlichkeit. Dieser Lichtzeiger besteht aus einem am Spannband befestigten Spiegel, dessen Winkelstellung mit Hilfe eines auf ihn auftreffenden und aus seiner Ruhelage ausgelenkten Lichtstrahles detektiert wird (Abb. 6.6). Typische Werte f¨ ur die Stromempfindlichkeit von solchen DrehspulSpiegelgalvanometern liegen zwischen Si = 10 mm/pA und Si = 105 mm/pA f¨ ur 1 m Lichtzeigerl¨ange. Die hohe Stromempfindlichkeit Si wird durch Verwenden einer Feder mit kleiner Drehfederkonstante D erreicht (Gl. (6.4)). Damit andererseits die Eigenfrequenz ω0 nicht zu klein und damit die Einschwingdauer nicht zu groß werden, muss auch das Tr¨agheitsmoment Θ gem¨aß Gl. (6.6) gering gehalten werden, was durch eine Spule mit geringem Rahmendurchmesser erreicht wird. Das dynamische Verhalten von Galvanometern wird durch die d¨ampfende Wirkung des im Messkreis induzierten Stromes gesteuert. F¨ ur die aperiodische D¨ ampfung η˜ = 1 fordern die Gln. (6.7) und (6.22) einen Schließungswiderstand RKaper , der sich wie folgt ergibt
Abb. 6.6. Spiegelgalvanometer
132
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
2 RKaper = √ (N rlB)2 . ΘD
(6.24)
Durch eine geeignete Wahl des Abgleichwiderstandes RT kann nach Gl. (6.23) das Galvanometer so eingestellt werden, dass sein Zeiger entweder schwingend (RK > RKaper ) oder kriechend (RK < RKaper ) seine Endstellung erreicht. Die Einstellung der D¨ampfung von Galvanometern l¨asst sich gem¨aß Gl. (6.22) bei entsprechenden Bauformen auch durch Ver¨ andern der magnetischen Induktion in Form eines ver¨anderlichen magnetischen Nebenschlusses erreichen. Es ist B allerdings zu beachten, dass durch diese Maßnahmen auch die Empfindlichkeit des Galvanometers ver¨andert wird. Kriechgalvanometer Mit Hilfe eines kriechend ged¨ampften Galvanometers (RK RKaper ), einem sog. Kriechgalvanometer, bei dem außerdem das Richtmoment vernachl¨assigbar klein ist (D → 0), kann ein Spannungsstoß = u dt (6.25) unmittelbar gemessen werden. Da wegen der kriechenden Einstellung (RK ist sehr klein) außerdem das Beschleunigungsmoment Θα ¨ vernachl¨assigt werden darf, ist in diesem Fall nur das D¨ampfungsmoment relevant. Aus den Gln. (6.2) und (6.5) folgt f¨ ur D = 0 Θα ¨ + η α˙ = Mel (t) = 2N rlBi(t) .
(6.26)
Wegen der dominierenden Spulend¨ampfung ergibt sich mit Gl. (6.20) aus Θα ¨+
2N rlBu(t) (2N rlB)2 α˙ = RK RK
(6.27)
unter Vernachl¨assigung des Beschleunigungsmoments die Spannung zu u(t) = 2N lrB bzw. der Spannungsstoß
t2
dα dα = cf dt dt
(6.28)
u(t) dt = cf [α(t2 ) − α(t1 )]
t1
= cf [α2 − α1 ] .
(6.29)
Bei bekannter Flussmeterkonstante cf kann die Gr¨oße des Spannungsstoßes unmittelbar aus der Differenz der Winkelstellungen (α2 − α1 ) des Zeigers zu den Zeiten t2 und t1 ermittelt werden. Eine solche Anordnung kann aufgrund des Zusammenhanges φ = u dt zur Messung des magnetischen Flusses φ bzw. der magnetischen Induktion unter Verwendung von Pr¨ ufspulen eingesetzt werden.
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
133
Ballistisches Galvanometer Das ballistische Galvanometer dient dem Zweck, die von einem Stromstoß gelieferte Ladungsmenge zu messen. Dies wird dadurch erreicht, dass beim ballistischen Galvanometer ein im Vergleich zur Periodendauer der Messwerkgrundschwingung zeitlich sehr kurzer Stromstoß einen Drehimpuls erzeugt. Mit Hilfe von Gl. (6.2) l¨asst sich der Drehimpuls M (t) dt, welcher der Drehspule durch den Stromstoß verliehen wird, wie folgt angeben
T
T
M (t) dt = 2N rlB 0
i(t) dt = 2N rlBQ0 .
(6.30)
0
Q0 ist die mit dem Stromstoß zugef¨ uhrte Ladungsmenge. Die Integrationszeit T in Gl. (6.30) wird so gew¨ahlt, dass der Strompuls bei t = T bereits wieder abgeklungen ist. Aus diesem Drehimpuls resultiert eine Schwingbewegung der Drehspule, die nach Gl. (6.5) beschrieben werden kann. Bei der L¨osung dieser Differentialgleichung gehen wir davon aus, dass der Drehimpuls der Drehspule eine Anfangswinkelgeschwindigkeit α(t ˙ = 0) verleiht, aber bereits zu Beginn der eigentlichen Schwingung die Anregung durch das Moment M wieder abgeklungen ist. Damit kann man sich auf die L¨osung der homogenen Differentialgleichung beschr¨anken Θα ¨ + η α˙ + Dα = 0 .
(6.31)
Mit den geltenden Anfangsbedingungen α(0) = 0
(6.32)
und 1 T M (t)dt Θ 0 1 Si DQ0 = Si ω02 Q0 = 2N rlBQ0 = Θ Θ
α(0) ˙ = ω(0) ≈ ω(T ) =
(6.33)
folgt als L¨ osung der Differentialgleichung f¨ ur den aperiodischen Grenzfall α(t) = ω(0)te−ω0 t ,
(6.34)
wobei ω0 die Kreisfrequenz der Grundschwingung der an der Drehfeder (Federkonstante D) aufgeh¨angten Drehspule mit dem Tr¨agheitsmoment Θ bezeichnet D ω0 = . (6.35) Θ Es sei erw¨ ahnt, dass der Standardbetriebsfall f¨ ur das ballistische Galvanometer der aperiodische Grenzfall (˜ η = 1) (Gl. (6.7)) ist.
134
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Beim ballistischen Galvanometer interessiert von der Drehbewegung im wesentlichen nur der sog. ballistische Ausschlag αball , welcher der ersten Schwingungsamplitude entspricht. Dieses Schwingungsmaximum erh¨alt man durch Nullsetzen der Funktion α(t) ˙ α(t) ˙ = ω(0)e−ω0 t (1 − ω0 t) = 0 .
(6.36)
Daraus folgt, dass sich der als ballistische Ausschlag bezeichnete Maximalausschlag αmax zu einem Zeitpunkt t = 1/ω0 einstellt. Der dazugeh¨orige Winkel αball ergibt sich zu αball = αmax =
ω(0) Si ω 0 Q0 . = eω0 e
(6.37)
Der ballistische Ausschlag ist somit proportional zur zugef¨ uhrten Ladungsmenge Q0 . Die Proportionalit¨atskonstante zwischen dem ballistischen Ausschlag αball und der Ladungsmenge Q0 wird als sog. ballistische Konstante cball bezeichnet e eT0 cball = = , (6.38) Si ω 0 2πSi wobei cball folgendermaßen definiert ist T Q0 =
i(t)dt = cball αball .
(6.39)
0
In Gl. (6.38) bezeichnen e die Eulersche Zahl (e = 2, 71828) und T0 die Periodendauer der unged¨ampften Messwerkgrundschwingung. 6.1.3 Elektrodynamisches Messwerk Das elektrodynamische Messwerk besitzt, ¨ ahnlich dem Drehspulmesswerk, eine bewegliche, von einem Messstrom durchflossene Drehspule, die an einer Drehfeder aufgeh¨angt ist. Der Unterschied zum Drehspulmesswerk besteht darin, dass das zur Erzeugung der mechanischen Auslenkkraft notwendige Magnetfeld von einer zweiten, feststehenden Spule, der sog. Feldspule geliefert wird. Wenn diese Feldspule einen Eisenkern besitzt, spricht man von der sog. eisengeschlossenen Form des elektrodynamischen Messwerkes (Abb. 6.7). Die feststehende Spule mit der Windungszahl N1 wird vom Strom I1 , die bewegliche mit Windungszahl N2 vom Strom I2 durchflossen. Mit dem auf die Feldspule angewendeten Durchflutungsgesetz [25] & · ds = N I H (6.40) folgt L + lFe · H Fe = N1 I1 , 2bL · H
(6.41)
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
135
I1 N1
N2
b) feststehende Spule
B bL a) Weicheisenkern
I2
hochpermeabler Drehspule Weicheisenkern
c)
Abb. 6.7. Elektrodynamisches Messwerk (eisengeschlossen): a) Prinzipieller Aufbau, b) Schaltzeichen, c) Symbol f¨ ur die eisengeschlossene Form
wobei bL den radialen Abstand zwischen Weicheisenzylinder und Polschuh, Fe die magnetische lFe die Wegl¨ ange des magnetischen Feldes im Eisen, H Feldst¨ arke im Eisen und HL die magnetische Feldst¨arke im Luftspalt bezeich = μH ergibt sich unter der Voraussetzung einer sehr großen Pernen. Mit B meabilit¨ at des Eisenkerns (μFe μ0 ) die im Luftspalt erzeugte magnetische L Induktion B L | = BL = μ0 N1 I1 . |B (6.42) 2bL el auf die vom Strom I2 durchflossene Drehspule mit der Das Drehmoment M Spulenquerschnittsfl¨ache 2rl und der Windungszahl N2 betr¨agt mit Gl. (6.2) (ea : Einheitsvektor in Richtung der Drehachse) el = 2N2r × F = 2N2r × I2 (l × B L) M = 2N2 rI2 lBLea =
μ0 rlN1 N2 I1 I2ea . bL
(6.43)
Analog zum Drehspulmesswerk resultiert daraus f¨ ur das mit einer R¨ uckstellfeder der Federkonstanten D ausgestattete elektrodynamische Messwerk ein Zeigerausschlag um den Winkel α α=
μ0 rlN1 N2 I1 I2 = kI1 I2 . bL D
(6.44)
Das elektrodynamische Messwerk ist also ein multiplizierendes Instrument, welches das Produkt zweier Str¨ome anzeigt. Wenn man das elektrodynamische Messwerk mit sinusf¨ormigen Str¨omen i1 (t) und i2 (t) (Kap. 6.3) derselben Frequenz speist
136
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
i1 (t) = Iˆ1 sin ωt i2 (t) = Iˆ2 sin(ωt + ϕ) ,
(6.45) (6.46)
dann ist die Anzeige zu dem Produkt der Effektivwerte und dem Cosinus des Phasenwinkels ϕ zwischen den Str¨omen proportional α = ki1 (t)i2 (t) = k =k
1 T
T
1 T
T
i1 (t)i2 (t) dt 0
Iˆ1 Iˆ2 sin ωt sin(ωt + ϕ) dt
0 T
Iˆ1 Iˆ2 k cos ϕ Iˆ1 Iˆ2 [cos ϕ − cos(2ωt + ϕ)] dt = k 2T 0 2 = kI1eff I2eff cos ϕ .
=
(6.47)
Bei der Auswertung von Gl. (6.47) wurde angenommen, dass die Tr¨agheit des Instrumentes so groß ist, dass es in Bezug auf die Wechselgr¨oßen eine zeitliche T Mittelung vornimmt, d. h. der Term 0 cos(2ωt + ϕ) leistet keinen Beitrag zum Zeigerausschlag α. Das Haupteinsatzgebiet von elektrodynamischen Messwerken liegt demzufolge auf dem Gebiet der Leistungsmessung. Man unterscheidet beim elektrodynamischen Messwerk zwei Bauformen: Das eisengeschlossene elektrodynamische Messwerk besitzt einen hochpermeablen Eisenkern, der oft aus geschichteten und isolierten Blechen aufgebaut ist, um die Wirbelstromverluste gering zu halten. Dabei wird auch auf geringe Hystereseverluste geachtet. Die eisengeschlossene Form erm¨oglicht geometrisch kleine Bauausf¨ uhrungen, bei L innerhalb des Luftspaltes stets in radialer der die magnetische Induktion B ¨ Richtung verl¨auft, so dass der Ubergang vom Vektorprodukt zum Skalarprodukt in Gl. (6.43) analog zum Drehspulmesswerk erlaubt ist. Außerdem bleibt der Fremdfeldeinfluss bei dieser Bauform gering. Beim eisenlosen elektrodynamischen Messwerk nach Abb. 6.8 l¨asst sich
Abb. 6.8. Elektrodynamisches Messwerk (eisenlos): a) Prinzip, b) Symbol
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
137
durch geeignete Bauformen der Spulen erreichen, dass die am Spulenrahmen in tangentialer Richtung angreifende und f¨ ur die Drehbewegung maßgebende Kraftkomponente (in Abb. 6.8 eingezeichnet) in einem Drehwinkelbereich von α = ±45◦ bei konstanten Str¨omen I1 und I2 praktisch einen konstanten Betrag hat. Denn durch spezielle Spulenformen wird gerade ein solches Magnetfeld aufgebaut, dass die sich gem¨aß Gl. (6.43) ergebende Kraft eine auf den Spulenrahmen bezogene konstante und nicht von der Winkelstellung abh¨ angige Tangentialkomponente aufweist. Damit ist das mechanische Antriebsmoment und in Folge auch der Ausschlag α wiederum proportional zum Produkt I1 I2 aus Feld- und Drehspulenstrom. Nachdem die magnetische Induktion der Feldspulen typischerweise in der Gr¨ oßenordnung B = 0, 01 T liegt, ist auf Messfehler durch Fremdfelder zu achten, z. B. auch auf die Ausrichtung im Erdmagnetfeld (B = 10−4 T). Bei eisenlosen Messwerken entfallen die Fehlereinfl¨ usse infolge von Wirbelstromund Hystereseverlusten, so dass sie als Pr¨azisionsleistungsmesser eingesetzt werden k¨ onnen. 6.1.4 Dreheisenmesswerk Als physikalischen Effekt nutzt das Dreheisenmesswerk die Kraft zwischen zwei Magnetpolen, wobei das ben¨otigte Magnetfeld von dem zu messenden Strom erzeugt wird. Man verwendet eine feststehende Spule, in deren Feld zwei Eisenpl¨ attchen gleichsinnig magnetisiert werden und sich infolgedessen abstoßen (Abb. 6.9). Die mechanische Kraft (Kraft zwischen zwei Magnetpolen) ist proportional dem Quadrat der von der Spule erzeugten magnetischen Induktion, welche wiederum proportional dem durch die Spule fließenden Strom I ist.
Abb. 6.9. Dreheisenmesswerk: a) Prinzip, b) Aufbau, c) Symbol
138
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Die in der Spule mit der Selbstinduktivit¨at L des Dreheisenmesswerks aufgrund des Messstromes I gespeicherte magnetische Energie Emagn betr¨agt Emagn =
1 2 LI . 2
(6.48)
Wenn das Messger¨at als verlustfrei angenommen wird, entspricht die Reduzierung der magnetischen Feldenergie bei einer Zeigerdrehung exakt der Zunahme der in der Drehfeder gespeicherten potentiellen Energie (dEmech = el aus der Anderung ¨ −dEmagn ). Damit l¨asst sich das erzeugte Drehmoment M der magnetischen Feldenergie errechnen el = dEmagn ea = 1 dL I 2ea . M dα 2 dα
(6.49)
Dabei bezeichnet ea den Einheitsvektor in Richtung der Drehachse. Da der Term dL/dα von der Winkelstellung abh¨angt, ergibt sich ein bauformabh¨angiger, im Allgemeinen nichtlinearer Verlauf des Drehmoments als Funktion des Winkels α. Mit dem durch eine Drehfeder (Drehfederkonstante D) erzeugten mech Gegendrehmoment M mech = −Dαea M
(6.50)
l¨ asst sich der Winkel α des Zeigerausschlages f¨ ur den Gleichgewichtszustand el + M mech = 0) angeben (M α=
1 dL 2 I = k(α)I 2 . 2D dα
(6.51)
Durch entsprechende geometrische Formgebung der Pl¨attchen, d. h. eine Beeinflussung des Terms dL/dα bzw. k(α), kann eine ann¨ahernd lineare Abh¨ angigkeit des Ausschlags α vom Strom I erreicht werden. Bei Wechselstrom schwankt das Drehmoment infolge der quadratischen Abh¨angigkeit vom Strom mit der doppelten Frequenz. Infolge der mechanischen Tr¨agheit des Messwerkes wird damit der quadratische Mittelwert, also der Effektivwert, angezeigt. Dies kann analog zum elektrodynamischen Messwerk abgeleitet werden (Gl. (6.47)). Der Energieverbrauch des Dreheiseninstrumentes und damit auch seine R¨ uckwirkung auf den Messvorgang sind gr¨ oßer als beim Drehspulinstrument. Es wird als robustes und preiswertes Betriebsinstrument vorwiegend in der elektrischen Energietechnik eingesetzt. Bei h¨oheren Frequenzen wird der Fehler vor allem von Wirbelstromverlusten in den Blechteilen des Messwerkes bestimmt. 6.1.5 Drehspulquotientenmesswerk (Kreuzspulmesswerk) Beim Drehspulquotientenmesswerk, das auch als Kreuzspulmesswerk bezeichnet wird, sind zwei Spulen mit rechteckigem Spulenquerschnitt und demselben
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
F1
Kreuzspule
F2 I2
I1
α
N
139
S
Permanentmagnet
B a)
F2
β=90°
F1 r
b)
Abb. 6.10. Drehspulquotientenmesswerk: a) Prinzipieller Aufbau, b) Symbol
Rahmendurchmesser (Windungszahlen: N1 bzw. N2 ; Spulenstr¨ome: I1 bzw. I2 ) starr miteinander verbunden, so dass ihre Querschnittsebenen einen Winkel von β = 90◦ bilden (Abb. 6.10) . Das Magnetfeld sei homogen zwischen den Polen N und S, was bedeutet, dass es im Gegensatz zum Drehspulmesswerk radial inhomogen ist. Die von den Messstr¨omen I1 und I2 hervorgerufenen mechanischen Kr¨afte F1 und F2 ergeben sich zu F1 = N1 I1 (l × B)
(6.52)
F1 = N1 I1 lB F2 = N2 I2 (l × B) F2 = N2 I2 lB .
(6.53) (6.54) (6.55)
Wenn ea den in Richtung der Drehachse der Spule zeigenden Einheitsvektor = 2r × F die und r den Radius der Spulenrahmen bezeichnen, folgen mit M Einzeldrehmomente M1 und M2 1 = 2rF1 sin α ea M 2 = −2rF2 cos α ea . M
(6.56) (6.57)
Nachdem Kreuzspulinstrumente keine Drehfedern zur Erzeugung der mechanischen R¨ uckstellkraft enthalten, lautet die Gleichgewichtsbedingung 2 = 0 . 1 +M M
(6.58)
Daraus folgt der Zusammenhang zwischen den Str¨omen I1 und I2 sowie dem Winkel α des Zeigerausschlages F2 N2 I2 = F1 N1 I1
(6.59)
I2 . α = arctan k I1
(6.60)
tan α = bzw.
140
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Es ist anzumerken, dass Drehspulquotientenmesswerke nach Gl. (6.60) unmittelbar zur Widerstandsmessung eingesetzt werden k¨onnen, da ihr Ausschlag vom Quotient zweier Str¨ome bestimmt wird (Kap. 9.1.4). F¨ ur Ausf¨ uhrungsformen, bei denen die Winkelstellung zwischen den beiden Spulen nicht 90◦ sondern β betr¨agt, gilt # "I N 2 2 I1 N1 + cos β . (6.61) α = arctan sin β 6.1.6 Drehmagnetmesswerk Das Drehmagnetmesswerk besteht aus einer feststehenden, vom Messstrom I durchflossenen Feldspule der L¨ange l und Windungszahl N (Abb. 6.11). Bei Vernachl¨ assigung der Streuverluste erzeugt der Strom in ihrem Inneren ein I , die sich aus dem DurchflutungsMagnetfeld der magnetischen Feldst¨arke H gesetz berechnet & s = NI Hd (6.62) HI =
N I. l
(6.63)
Abb. 6.11. Drehmagnetmesswerk: a) Prinzip, b) Symbol
In diesem Magnetfeld dreht sich ein Permanentmagnet. Die notwendige R¨ uck R eines zus¨atzlichen permanenten Richtmastellkraft wird durch das Feld H I ∼ I) und des Richtgneten gebildet. Die magnetischen Felder der Spule (H magneten (HR = const.) u ¨ berlagern sich vektoriell (Abb. 6.12) und der bewegliche Magnet zeigt in Richtung des resultierenden Feldes, dessen Richtung (und St¨ arke) vom Strom I abh¨angt. Der Proportionalit¨atsfaktor k ist wiederum eine Funktion des Ausschlagwinkels α, so dass die Skala nichtlinear geteilt ist. F¨ ur obige Anordnung gilt nach Abb. 6.12
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
141
¨ Abb. 6.12. Vektorielle Uberlagerung der magnetischen Felder im Drehmagnetmesswerk
tan α =
HI N = I. HR lHR
(6.64)
Mit der Stromrichtung ¨andert sich also auch das Vorzeichen des Drehwinkels, der infolge der mechanischen Tr¨agheit des Messwerkes letztlich ein Maß f¨ ur den zeitlichen Mittelwert (Gleichstromwert) des Spulenstromes ist. Die Vorz¨ uge des Drehmagnetmesswerkes liegen in seiner einfachen Konstruktion; so ist beispielsweise keine Stromzuf¨ uhrung zu den beweglichen Teilen notwendig, wie dies beim Drehspulmesswerk der Fall ist. Nachteilig wirkt sich jedoch der hohe Eigenverbrauch und seine im Vergleich zum Drehspulmesswerk geringere Empfindlichkeit aus. 6.1.7 Elektrostatisches Messwerk Die nach dem elektrostatischen Prinzip arbeitenden Messwerke beruhen auf der Coulombschen Anziehungskraft zwischen elektrischen Ladungen. Die elektrostatischen Messwerke dienen der Messung elektrischer Spannungen bzw. Ladungen. Im allgemeinen wird eine feststehende Elektrode mit dem spannungsm¨ aßig hohen Messpotential verbunden und eine mechanisch bewegliche, meist drehbar gelagerte Elektrode auf Massepotential gelegt (Abb. 6.13). Das aus der Coulombschen Anziehungskraft resultierende Drehmoment el l¨ M asst sich auf der Basis des Energieerhaltungssatzes berechnen, demzufolge sich die Zunahme der mechanischen Energie Emech aus der Abnahme der elektrischen Energie Eel ergibt bewegliche Platte α
a)
feststehende Platte (Stator)
Δx
U b)
Abb. 6.13. Elektrostatisches Messwerk: a) Prinzip, b) Symbol
142
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
dEmech = −dEel .
(6.65)
Die elektrische Energie Eel entspricht der Energie, die im Kondensator gespeichert ist, w¨ ahrend sich die mechanische aus dem Produkt von Drehmoment el und Drehwinkel α errechnet. Mit Gl. (6.65) folgt M Mel dα =
1 2 u dC , 2
(6.66)
wobei u die am Messwerk anliegende Spannung und C die Kapazit¨at zwischen den Elektroden bezeichnen. Infolge des mit Federkraft erzeugten R¨ uckstellmomentes Mmech = Dα (6.67) ergibt sich der Ausschlagwinkel α aus der Gleichgewichtsbedingung (Mmech + Mel = 0) 1 dC 2 α= u = k(α)u2 . (6.68) 2D dα Bei angelegter Wechselspannung zeigt das Ger¨at den quadrierten Effektivwert der Spannung an, falls das Messwerk als mechanisch tr¨age gegen¨ uber der Wechselspannungsfrequenz bezeichnet werden kann. Diese Tatsache kann wiederum analog zu Gl. (6.47) abgeleitet werden. Durch spezielle Plattengeometrien kann der Zusammenhang zwischen dem Ausschlagwinkel α und der angelegten Spannung u linearisiert werden. Absolute elektrostatische Hochspannungsmesser beruhen auf der Messung der Anziehungskraft zwischen parallelen Kondensatorplatten. Dabei werden Messgenauigkeiten im Bereich von 0,01 % erreicht [162]. Der ohmsche Innenwiderstand elektrostatischer Messwerke liegt in der Gr¨ oßenordnung 1012 bis 1014 Ω. Die Hochfrequenztauglichkeit wird allerdings durch den mit der Frequenz zunehmenden Blindstrom sowie den ebenfalls
Abb. 6.14. Aufbau eines elektrostatischen Messwerkes, das auf der Influenz von Ladungen basiert.
6.1 Elektromechanische Messger¨ ate
143
parasit¨ aren Einfluss der Zuleitungsinduktivit¨aten begrenzt. Eine besondere Bauform eines elektrostatischen Hochspannungsmesswerkes wird in Abb. 6.14 gezeigt. Es beruht auf der Influenz von Ladung auf der beweglichen Rotorelektrode, die u ¨ ber die Drehfeder geerdet ist. Die D¨ampfung des Messwerkes wird bei dieser Bauform durch Luftkammerd¨ampfung erzielt, also eine durch die Bewegung der Rotorplatte hervorgerufene Str¨omungsd¨ampfung. 6.1.8 Schaltzeichen f¨ ur Messger¨ ate In Tabelle 6.1 sind die f¨ ur den Bereich der elektromechanischen Messger¨ate wichtigsten Schaltzeichen und Symbole zusammengefasst. Tabelle 6.1. Symbole f¨ ur Messger¨ ate nach VDE 0410 und DIN 43802
144
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung In diesem Abschnitt wird die direkte Messung von Gleichstrom und Gleichspannung mit Hilfe von Strom- und Spannungs-Messwerken beschrieben. 6.2.1 Messung von Gleichstr¨ omen Die Messung des Gleichstromes in einem Zweig eines beliebigen, aus ohmschen Widerst¨ anden, Gleichspannungs- und Gleichstromquellen zusammengesetzten linearen Netzwerkes kann nach dem in Abb. 6.15 gezeigten Prinzip der Ersatzspannungsquelle ohne Einschr¨ankung der Allgemeinheit auf das in Abb. 6.16 dargestellte Problem reduziert werden. Wenn der Messzweig aus dem Widerstand RL besteht und das restliche Netzwerk durch die Spannungsquelle (mit Leerlaufspannung UQ und Innenwiderstand RQ ) ersetzt wird, l¨asst sich der zu messende Strom IL mit einem idealen, d. h. widerstandslosen (RM = 0) Strommesser exakt bestimmen IL =
UQ . RQ + RL
(6.69)
Bei einem realen Messger¨at fließt infolge des endlichen Innenwiderstandes RM des Messger¨ates nicht mehr der urspr¨ unglich zu messende Strom IL (wahrer
¨ Abb. 6.15. Aquivalenz von einem Tor eines linearen Netzwerkes und einer Ersatzspannungsquelle bzw. einer Ersatzstromquelle
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
145
Abb. 6.16. Strommessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes
Wert), sondern der geringere Strom IL IL =
UQ . RQ + RL + RM
(6.70)
Nur f¨ ur RM (RQ + RL ) wird n¨aherungsweise der wahre Wert gemessen (IL ≈ IL ), ansonsten f¨ uhrt der endliche Innenwiderstand des Messger¨ates bei der Strommessung zu einem Belastungsfehler. Dies ist ein systematischer Messfehler, der sich wie folgt ermitteln l¨asst. F¨ ur den vereinfachten Fall RL = 0 (Kurzschluss) berechnen sich der wahre Wert IL und der tats¨achlich gemessene Wert IL zu IL =
UQ RQ
(6.71)
IL =
UQ . RQ + RM
(6.72)
Der relative Messfehler fI betr¨agt in diesem Fall also fI =
IL − IL −1 = . RQ IL 1 + RM
(6.73)
Bei unbekanntem Innenwiderstand der Quelle RQ , muss dieser vor einer Fehlerermittlung bzw. -korrektur nach Gl. (6.73) ebenfalls gemessen werden. Dies kann im (theoretisch vereinfachten) Fall durch Messung von Leerlaufspannung UQ und Kurzschlussstrom IK der Ersatzspannungsquelle geschehen. Der Innenwiderstand RQ ergibt sich bei Messungen von UQ und IK mit idealen Messwerken zu UQ RQ = . (6.74) IK F¨ ur den allgemeinen Fall RL = 0 ist RQ durch (RQ + RL ) zu ersetzen. Das negative Vorzeichen in Gl. (6.73) bedeutet, dass infolge des systematischen Fehlers bei der Strommessung stets ein zu niedriger Wert gemessen wird. Man kann aus Gl. (6.73) bzw. der entsprechenden graphischen Darstellung (Abb. 6.17) als Regel ableiten, dass bei der Strommessung der Innenwiderstand
146
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.17. Betrag des relativen Fehlers fI bei der Strommessung als Funktion ateinnenwiderstand, RQ : Innenwiderstand der Ersatzspanvon RQ /RM . RM : Messger¨ nungsquelle
des Messger¨ ates m¨oglichst klein sein sollte. Bei bekannten Innenwiderst¨anden RMU bzw. RMI von Spannungs- bzw. Strommesswerk kann RQ aus der mit systematischen Fehlern behafteten Spannung UQ (UQ ist der Messwert, den ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlossenes Spannungs messwerk mit Innenwiderstand RMU anzeigt) und dem Strom IK (IK ist der Messwert, den ein an die Klemmen der Ersatzspannungsquelle angeschlossenes Strommesswerk mit Innenwiderstand RMI anzeigt) ermittelt werden. Die entsprechende Fehlerkorrektur liefert den exakten Wert von RQ
U RMU RMI − I Q K RQ = . (6.75) UQ I − RMU K
Messbereichserweiterung f¨ ur die Strommessung Zur Messung von Str¨omen, welche den Messbereich des unbeschalteten Messwerkes u ¨bersteigen, sind entsprechende Maßnahmen zur Messbereichserweiterung zu treffen. Drehspulmesswerke beispielsweise haben, je nach Auslegung, Endbereichswerte von nur IMend = 10 μA...100 mA bei einem Spannungsabfall von UMend = 2 mV...200 mV. Praktische Messger¨ate hingegen weisen mehrere umschaltbare Messbereiche auf, so dass auch wesentlich h¨ohere Str¨ome mit einund demselben Instrument gemessen werden k¨onnen. Um einen Strommesser f¨ ur einen h¨ oheren Messbereich vorzubereiten, wird dem Messwerk ein Widerstand RP , ein sogenannter Shunt, parallel geschaltet (Abb. 6.18). Wegen der Parallelschaltung der Widerst¨ande RM und RP gilt RM IM = RP IP = RP (I − IM ) .
(6.76)
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
IM
147
RM
IP I
RP
Abb. 6.18. Messbereichserweiterung f¨ ur die Strommessung
Damit kann die Dimensionierung von RP f¨ ur einen geforderten Messbereichsendwert Iend = vi IMend nach folgender Formel erfolgen RP = RM
RM IMend . = Iend − IMend vi − 1
(6.77)
In Gl. (6.77) bezeichnet IMend den Strom durch das Messwerk bei Vollausschlag und vi den Faktor, um den der Strommessbereich erweitert wird. Abbildung 6.19 zeigt die Schaltung eines Vielfachmessger¨ates f¨ ur Strom mit den Messbereichsendwerten 1 mA, 10 mA und 0,1 A. Durch die gezeigte Schaltung (Abb. 6.19) wird vermieden, dass der Kontaktwiderstand des Schalters das Verh¨ altnis RM /RP beeinflusst.
Abb. 6.19. Vielfachmessger¨ at zur Strommessung (IMend =0,1 mA; Iend = 1 mA bis 0,1 A)
6.2.2 Messung von Gleichspannungen Messwerke, die der Strommessung dienen, k¨onnen prinzipiell auch zur Spannungsmessung eingesetzt werden, indem der bei Anlegen einer Spannung U an das Messwerk fließende Strom mit dem Innenwiderstand RM multipliziert und als Spannung ausgegeben wird. Abbildung 6.20 zeigt die entsprechende Messschaltung. F¨ ur eine nicht vorhandene Last (RL → ∞) kann folgende Maschengleichung angegeben werden IM RQ + IM RM − UQ = 0 . Daraus folgt
(6.78)
148
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.20. Spannungsmessung in einem Zweig eines Gleichstromnetzwerkes
IM RM = UM = UQ − IM RQ .
(6.79)
Der relative Messfehler fU (Belastungsfehler) betr¨agt somit fU =
UM − UQ −1 = . M UQ 1+ R RQ
(6.80)
F¨ ur den Fall eines endlichen Lastwiderstandes RL verringert sich der relative Messfehler fU , da anstatt RQ in Gl. (6.80) jetzt der geringere Wert der Parallelschaltung von RQ und RL einzusetzen ist fU =
1+
−1 +
RM RQ
RM RL
=
−1 1 + RM
RQ +RL RQ RL
.
(6.81)
Abbildung 6.21 zeigt den Betrag des relativen Messfehlers bei der Spannungsmessung. Aus den Gln. (6.80) und (6.81) und der entsprechenden graphischen Darstellung kann die Regel abgeleitet werden, dass bei der Spannungsmessung der Innenwiderstand des Messger¨ates m¨oglichst groß sein sollte.
Abb. 6.21. Betrag des relativen Fehlers fU bei der Spannungsmessung als Funktion ateinnenwiderstand; RQ Innenwiderstand der Quelle, deren von RM /RQ . RM Messger¨ Leerlaufspannung gemessen wird.
6.2 Messung von Gleichstrom und Gleichspannung
149
Messbereichserweiterung f¨ ur die Spannungsmessung Durch Vorschalten eines Pr¨azisionswiderstandes RS kann eine Erweiterung des Spannungsmessbereiches erfolgen (Abb. 6.22). F¨ ur einen geforderten Messbereichsendwert von Uend = vu UMend folgt f¨ ur die Dimensionierung von RS RS =
vu − 1 RM . vi
(6.82)
Abb. 6.22. Messbereichserweiterung f¨ ur die Spannungsmessung
F¨ ur den Fall, dass keine Strommessbereichserweiterung (vi = 1 bzw. RP → ∞) vorgenommen wird, gilt RS = (vu − 1)RM =
Uend − RM . IMend
(6.83)
Durch Vorschalten von Widerst¨anden kann das in (Abb. 6.19) gezeigte Strommessger¨ at zu einem Universal-Vielfachmessger¨at aufger¨ ustet werden (Abb. 6.23). Es ist anzumerken, dass der Innenwiderstand von Spannungsmessger¨ aten meistens auf den Messbereichsendwert bezogen wird. Die Angabe 100 kΩ/V beispielsweise bedeutet, dass im Messbereich mit dem Endwert 10 V der Innenwiderstand des Ger¨ates 1 MΩ betr¨agt.
Abb. 6.23. Universal-Vielfachmessger¨ at f¨ ur Spannung und Strom
150
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
6.2.3 Gleichzeitiges Messen von Strom und Spannung Bei der gleichzeitigen Messung von Strom und Spannung ergeben sich zus¨atzliche Fehler. Es gibt zwei M¨oglichkeiten der Schaltungsanordnung. Bei der Variante nach Abb. 6.24a wird die Generatorspannung UM sowie der Laststrom IL pseudokorrekt angezeigt, bei der Variante nach Abb. 6.24b hingegen wird die Lastspannung UL sowie der Generatorstrom IQ pseudorichtig gemessen. Der Begriff pseudokorrekt“ bzw. pseudorichtig“ soll aussagen, dass ” ” die entsprechenden Messwerke zwar die aktuelle Messgr¨oße richtig messen, dass jedoch durch das Vorhandensein eines realen (nicht-idealen) Messwerkes die urspr¨ ungliche Messgr¨oße infolge des oben besprochenen Belastungsfehlers verf¨ alscht wird.
Abb. 6.24. Gleichzeitige Messung von Strom und Spannung: a) Messung pseudokorrekt f¨ ur Generatorspannung UM und Laststrom IL , b) Messung pseudokorrekt f¨ ur Lastspannung UL und Generatorstrom IQ
Bei den nicht pseudokorrekt“ gemessenen Gr¨oßen hingegen wird noch nicht ” einmal die aktuelle Gr¨oße richtig angezeigt. So wird beispielsweise bei der Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a die aktuelle Lastspannung UL vom Spannungsmesser nicht erfasst. F¨ ur die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24a ergibt sich folgender relativer Messfehler fIL bei der Bestimmung des Laststromes IL RQ RL + RMI (RMU + RQ ) . (6.84) fIL = − RMU RQ + (RMI + RL )(RMU + RQ ) F¨ ur die Schaltungsvariante nach Abb. 6.24b hingegen errechnet sich der relative Fehler bei der Strommessung zu fIL = −
RQ RL + RMI (RMU + RL ) . RMU RL + (RMI + RQ )(RMU + RL )
(6.85)
Bei den relativen Messfehlern nach den Gln. (6.84) und (6.85) ist als wahrer Wert stets derjenige Laststrom angenommen, welcher bei nicht vorhandenen bzw. idealen Messger¨aten fließen w¨ urde.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
151
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung 6.3.1 Begriffsdefinitionen Es sei vorausgeschickt, dass die folgenden Definitionen gleichermaßen f¨ ur eine elektrische Spannung u(t) und f¨ ur einen elektrischen Strom i(t) gelten. Eine Wechselspannung u(t) mit sinusf¨ormigem Zeitverlauf wird durch Gl. (6.86) ( den Scheitelwert der Wechselspannung, ω = 2πf ihre beschrieben, wobei U Kreisfrequenz (Einheit (s−1 )), f die Frequenz der Wechselspannung (Einheit (Hz)) und ϕ den Phasenwinkel (Einheit (rad)) bezeichnen ( sin(ωt + ϕ) . u(t) = U
(6.86)
In der Messtechnik sind folgende Gr¨oßen von Bedeutung: •
Arithmetischer Mittelwert 1 u= T
•
•
Gleichrichtwert 1 |u| = T
T
u(t) dt
(6.87)
|u(t)| dt
(6.88)
0
T
0
Effektivwert (quadratischer Mittelwert) 1 T 2 Ueff = u (t) dt . T 0
(6.89)
Eine Gleichspannung mit U = Ueff setzt in einem Verbraucher (ohmscher Widerstand) die gleiche Leistung um wie die Wechselspannung mit dem Effektivwert Ueff . In den Gln. (6.87 - 6.89) versteht man unter T = 1/f die Periodendauer der Wechselspannung (Einheit (s)). Es sei ausdr¨ ucklich darauf hingewiesen, dass obige Definitionsgleichungen auch auf nicht-sinusf¨ormige Zeitverl¨ aufe angewendet werden d¨ urfen, solange das Signal periodisch ist. Sie gelten beispielsweise auch f¨ ur Wechselspannungen mit u ¨ berlagertem Gleichanteil. Wie man den Effektivwert von Signalen ermittelt, die nicht periodisch sind, wird in Kap. 13.4.1 behandelt. Weiterhin sind definiert: •
Scheitelfaktor Scheitelfaktor (crest factor) = C =
•
( Scheitelwert U = Effektivwert Ueff
(6.90)
Formfaktor Formfaktor = F =
Ueff Effektivwert = . Gleichrichtwert |u|
(6.91)
152
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
√ F¨ ur rein sinusf¨ormige √ Gr¨oßen betr¨agt der Scheitelfaktor C = 2 und der Formfaktor F = π/(2 2) = 1, 11. Setzt sich eine Spannung uges (t) aus ei¨ ner Uberlagerung von n Teilspannungen ui (t) (Gleichspannungen oder Wechselspannungen mit sinusf¨ormigem Zeitverlauf und Frequenzen, die in einem ganzzahligen Verh¨altnis stehen) zusammen uges (t) =
n
ui (t) ,
(6.92)
i=1
¨ so ergibt sich deren Effektivwert Ueffges aus der quadratischen Uberlagerung der Effektivwerte der Teilspannungen n 2 . Ueffges = ! Uieff (6.93) i=1
Dies gilt insbesondere f¨ ur eine aus einem Gleich- (u ) und einem (reinen) Wechselanteil (u∼ ) zusammengesetzte Mischgr¨oße der Form u(t) = u + u∼ (t) .
(6.94)
Der Effektivwert des Wechselanteils U∼eff ergibt sich gem¨aß Definitionsgleichung (6.89) zu 1 T 2 U∼eff = u (t) dt . (6.95) T 0 ∼ Der Effektivwert der Mischspannung Ugeseff l¨asst sich schließlich anhand von Gl. (6.93) berechnen 2 Ueffges = u 2 + U∼eff . (6.96) In diesem Zusammenhang sollen auch die folgenden Gr¨oßen definiert werden: •
Schwingungsgehalt s s=
•
U∼eff Ueffges
(6.97)
Welligkeit w
U∼eff . (6.98) u Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass alle obigen Definitionen in analoger Weise f¨ ur einen Wechselstrom i(t) gelten. w=
6.3.2 Gleichrichtung Zur Messung von Wechselgr¨oßen mit Hilfe der in der elektrischen Messtechnik vorzugsweise eingesetzten Messwerke ben¨ otigt man Schaltungen zur Gleichrichtung des Messstromes bzw. der Messspannung. In diesen Schaltungen verwendet man heute im Allgemeinen Halbleiterdioden, die der Einweg- bzw. der Zweiweg-Gleichrichtung der elektrischen Wechselgr¨oßen dienen.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
153
Einweg-Gleichrichtung Wenn bei der Messung einer Wechselspannung eine Halbwelle unterdr¨ uckt werden soll, so ist die Gleichrichtung mit einer einfachen Diode zu bewerkstelligen. Die Anordnung nach Abb. 6.25 misst den halben Gleichrichtwert der angelegten Spannung bzw. des Stromes. Genaugenommen ist noch das nicht-ideale Diodenverhalten in Form des Diodeninnenwiderstandes sowie der Schwellenspannung von 0,7 V (bei Siliziumdioden) zu ber¨ ucksichtigen, die im
Abb. 6.25. Messung des halben Gleichrichtwertes einer Wechselspannung mit Hilfe eines Drehspulmessger¨ ates
Durchlassbetrieb stets an der Diode abf¨allt. Aus dem nicht-idealen Diodenverhalten (s. dazu die Kennlinien (ideal, idealisiert und real) einer Siliziumdiode in Abb. 6.26) resultiert das in Abb. 6.27 gezeigte Ersatzschaltbild einer Halbleiterdiode, das aus einer Serienschaltung von idealer Diode, Diodeninnenwiderstand und einer Spannungsquelle, welche die Schwellenspannung1 repr¨asentiert, besteht. Die Schwellenspannung von typischen Siliziumdioden betr¨agt ca. 0,7 V. Die Schwellenspannung von Germanium- und auch Schottky-Dioden [183] liegen bei 0,3 V. Die parasit¨are Parallelkapazit¨at (= Sperrschichtkapazit¨at) Cg wirkt sich bei h¨oheren Frequenzen (typischerweise oberhalb 10 kHz) aus, indem sie die Diode f¨ ur hochfrequente Str¨ome u uckt und damit zum ¨berbr¨ Teil ihre Gleichrichterwirkung aufhebt. iD
iD
ideale Diode
reale Kennlinie uD
idealisierte Kennlinie 0,7 V
uD
Abb. 6.26. Kennlinie einer Siliziumdiode (ideal, idealisiert und real)
1
Die Schwellenspannung wird auch als Durchlassspannung, Schleusenspannung oder Kniespannung bezeichnet.
154
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
0,7 V iD
Cg
uD
Abb. 6.27. Ersatzschaltbild einer Siliziumdiode
Zweiweg-Gleichrichtung (Vollweg-Gleichrichtung) Die Graetz-Schaltung (Abb. 6.28) erm¨oglicht die vollst¨andige Gleichrichtung beider Halbwellen, womit der vollst¨andige Gleichrichtwert mit Hilfe eines Drehspulmessger¨ates gemessen wird. Bei dieser Schaltung sind stets zwei der vier Dioden in Durchlassrichtung geschaltet, so dass die am Messger¨at anliegende Spannung uM im Vergleich zur Eingangsspannung u∼ um den doppelten Wert der Diodenschwellenspannung reduziert wird (Abb. 6.28b). Bei Anliegen der positiven Halbwelle sind die Dioden D1 und D4 leitend, w¨ahrend hingegen bei der negativen Halbwelle die Dioden D2 und D3 leiten.
Abb. 6.28. a) Graetz-Schaltung zur Erfassung beider Halbwellen bei der Gleichrichtung, b) Spannungsverlauf
6.3.3 Messung des Scheitelwertes (Spitzenwert, Peak Value) Der Scheitelwert US (Spitzenwert, Peak Value) ist der innerhalb eines definierten Zeitraumes betragsm¨aßig gr¨oßte Wert des Signals. Bei unsymmetrischem Kurvenverlauf gilt ˆ = max{U ˆ+ , U ˆ− } , US = U (6.99) ˆ− die im positiven bzw. negativen Amplitudenbereich liegenˆ+ und U wobei U ˆ+ ≥ 0 und U ˆ− ≥ 0). Zur Messung des positiven den Spitzenwerte sind (U ˆ Spannungs-Scheitelwertes (U+ ) dient die Schaltung nach Abb. 6.29. Es wird hierbei der Ladekondensator auf den Spitzenwert der angelegten Spannung
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
155
Abb. 6.29. Schaltung zur Messung des Spannungs-Spitzenwertes (bei symmetrischem Spannungsverlauf)
aufgeladen und vom Messger¨at gemessen. Zur Messung des negativen Spitˆ− muss lediglich die Diode in der Messschaltung (Abb. 6.29) umzenwertes U gepolt werden. Die durch das Messger¨at verursachten Ladungsverluste werden durch kurzzeitige Ladestr¨ome, die je Periode einmal auftreten, ausgeglichen (Abb. 6.30). Zur exakten Messung des Spitzenwertes werden daher vorwiegend Ger¨ ate mit elektronischem Eingangsverst¨arker eingesetzt, welche sehr hohe Eingangsimpedanzen aufweisen.
Abb. 6.30. Spannungsverlauf bei der Spitzenwertgleichrichtung nach Abb. 6.29
Zur Messung des Spitzenwertes von Spannungen mit unsymmetrischem Kurvenverlauf eignet sich die sog. Villard-Schaltung (Abb. 6.31), die auch als ein-stufige Kaskadenschaltung bezeichnet wird. Die beiden Dioden laden den Kondensator C2 auf die Summe der Betr¨ age von positivem und negativem Spitzenwert auf. Es handelt sich also um die Messung des Spitze-Spitze-Wertes (Peak to Peak Value) USS ˆ+ + U ˆ− . USS = U
(6.100)
Die Schaltung funktioniert so, dass w¨ahrend der negativen Halbwelle nur die Diode D1 leitet und den Kondensator C1 auf den negativen Spitzenwert aufl¨ adt
156
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.31. Villard-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS (Peak to Peak Value) bei Spannungen mit unsymmetrischem Kurvenverlauf
ˆ− . uC1 = U
(6.101)
W¨ ahrend der positiven Halbwelle leitet D2 und l¨adt die Kapazit¨at C2 am Ausgang auf die Spannung ˆ+ = U ˆ− + U ˆ+ uA = uC1 + U
(6.102)
auf. In praktischen Schaltungen sind allerdings noch die Diodenschwellenspannungen und die Entladung durch den Innenwiderstand des angeschlossenen Spannungsmesswerkes zu ber¨ ucksichtigen. Die Villard-Schaltung kann also bei gew¨ ohnlicher symmetrischer Eingangsspannung zur Spannungsverdopplung eingesetzt werden. Sie l¨asst sich aber auch in Form einer mehrstufigen Kaskadenschaltung aufbauen, so dass in jeder Stufe die Spannung verdoppelt wird. Allerdings treten dabei relativ hohe Innenwiderst¨ande auf. Die in Abb. 6.32 gezeigte Delon-Schaltung eignet sich ebenfalls zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS . W¨ahrend der positiven Halbwelle wird C1 ˆ+ aufgeladen, w¨ahrend in der negativen Halbwelle die Spanu ¨ ber D1 auf U ˆ− ansteigt, so dass sich als Ausgangsspannung nung am Kondensator C2 auf U uA wiederum der nach Gl. (6.100) definierte Spitze-Spitze-Wert USS ergibt. Die Delon-Schaltung wird auch als Greinacher-Schaltung oder als doppelte Einweg-Gleichrichterschaltung bezeichnet.
Abb. 6.32. Delon-Schaltung zur Messung des Spitze-Spitze-Wertes USS
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
157
6.3.4 Messung des Gleichrichtwertes Prinzipiell l¨ asst sich die Bestimmung des Gleichrichtwertes von Wechselgr¨oßen mit Hilfe eines Doppelweggleichrichters durchf¨ uhren. Nachteilig wirkt sich allerdings die Nichtlinearit¨at der Dioden aus. Es besteht außerdem das Problem, dass die Diodenschwellenspannung zweifach vorhanden ist. Aus diesen Gr¨ unden ist die Schaltungsvariante nach Abb. 6.34a g¨ unstiger, bei der in Reihe mit dem Messger¨at jeweils eine Diode und ein Vorwiderstand RV liegen. Der Vorwiderstand dient der in Abb. 6.33 erl¨auterten Linearisierung der Kennlinie. Da jedoch ein Teil des Stromes am Messwerk vorbeifließt, werden f¨ ur Wechselgr¨ oßen sowohl die Empfindlichkeit des Messger¨ates als auch sein Innenwiderstand geringer. Dies belegt das Beispiel eines Standard-Messger¨ates, dessen Innenwiderstand mit RM = 33 kΩ/V f¨ ur Gleichstrom und RM = 10 kΩ/V f¨ ur Wechselstrom angegeben wird.
Abb. 6.33. Linearisierung einer Diodenkennlinie durch eine Serienschaltung mit einem hochohmigen Widerstand
Bei Verwendung eines Messwandlers (Transformator mit Mittelanzapfung) (Abb. 6.34b) kann der Nachteil der Schaltungsvariante mit Vorwiderst¨anden (Abb. 6.34a) vermieden werden. Die bessere Linearit¨at erreicht man bei dieser Schaltung durch Hochtransformieren der Spannung (¨ u < 1), wodurch die Kennlinienkr¨ ummung der Diode einen geringeren Einfluss hat. Dies geht allerdings wiederum auf Kosten des Innenwiderstandes, denn der Transformator ¨ setzt diesen um den Faktor u¨2 herab (Zprim¨ar = Zsekund¨ar · u ¨2 ; u¨: Ubersetzungsverh¨ altnis des Transformators; u ¨ < 1, s. Abb. 6.34b). Außerdem lassen sich
158
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
u
iM
ü:1
RM
u Z primär
iM
RM
Z sekundär
b)
a)
Abb. 6.34. Schaltungen zur Messung des Gleichrichtwertes von Spannungen: a) Br¨ uckenschaltung mit Dioden und Widerst¨ anden, b) Transformatorbr¨ ucke
Messwandler nur zur Messung reiner Wechselspannungen (ohne Gleichanteil) einsetzen. 6.3.5 Messung des Effektivwertes Bei Verwendung eines Drehspulmesswerkes in Verbindung mit den oben gezeigten Vollweg-Gleichrichterschaltungen misst man den Gleichrichtwert |u| einer Spannung (bzw. eines Stromes |i|). F¨ ur einen bekannten Zeitverlauf kann dieser Gleichrichtwert in einen Effektivwert umgerechnet werden. Bei entsprechender Kalibrierung zeigt das Ger¨at dann den im Allgemeinen interessierenden Effektivwert an. Meistens erfolgt diese Kalibrierung f¨ ur rein sinusf¨ormige Zeitverl¨ aufe (Formfaktor F = 1,11). F¨ ur nicht sinusf¨ormige Messgr¨oßen wird somit ein falscher Messwert angezeigt. Das Dreheiseninstrument hingegen l¨asst sich unmittelbar zur Effektivwertmessung einsetzen. Es handelt sich hierbei um einen echten Effektivwertmesser, da das Messwerk die Operationen Quadrieren und Mitteln bis zu Frequenzen in der Gr¨oßenordnung von 1 kHz ohne weitere Beschaltung durchf¨ uhrt. Bei Dreheiseninstrumenten ist allerdings zu beachten, dass ihr Innenwiderstand nicht rein ohmsch ist, sondern auch merkliche induktive Anteile enth¨alt. Dies kann aber durch Zuschalten von Kapazit¨aten f¨ ur einen bestimmten Frequenzbereich wieder kompensiert werden. Auch das elektrodynamische Messwerk kann zur Effektivwertmessung eingesetzt werden. Zur Messung des Stromeffektivwertes werden beide Spulen des Messwerkes in der Regel parallel- oder auch in Reihe geschaltet. Aufgrund der mechanischen Tr¨agheit bildet das Messwerk den Mittelwert des Stromquadrates, d. h. der Ausschlagwinkel α seines Zeigers ergibt sich wie folgt α = ki2 .
(6.103)
Somit entsteht eine Anzeige, die dem quadratischen Mittelwert des Stromes und damit dem Quadrat des Effektivwertes proportional ist. Dabei ist allerdings darauf zu achten, dass die Innenwiderst¨ande beider Pfade (feststehende Spule und Drehspule) klein gegen¨ uber dem Widerstand des Messkreises sein
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
159
sollten, um die systematischen Belastungsfehler so gering wie m¨oglich zu halten. Verhalten von Standard-Zeigermesswerken bei Wechselstrom In Tabelle 6.2 wird das Verhalten der Standard-Zeigermessger¨ate im Wechselstromfall zusammengefasst. Tabelle 6.2. Das Verhalten von Standard-Zeigermessger¨ aten bei der Messung von Wechselgr¨ oßen Typ
Anzeige
Verwendung
Drehspulmesswerk
α ∼ i(t) = ¯i
Universelles Messwerk (hohe Empfindlichkeit)
Drehspulmesswerk mit Gleichrichter
α ∼ |i(t)| ∼ |i|· Formfaktor i. Allg. werden die Ger¨ ate mit einem Formfaktor F = 1, 11 f¨ ur rein sinusf¨ ormige Wechselgr¨ oßen kalibriert
elektrodynamisches Messwerk
α ∼ i1 (t)i2 (t)
Leistungsmessung (Effektivwertmesser)
Dreheisenmesswerk
2 α ∼ i(t)2 = Ieff
robustes Betriebsmessger¨ at (Effektivwertmesser)
Drehspulquotienten- α = arctan const. messwerk = Kreuzspulinstrument
i2 (t) i1 (t)
Drehmagnetmesswerk α = arctan(const. i(t))
Widerstandsmessung
robustes Betriebsmessger¨ at
6.3.6 Messwandler Messwandler haben die prim¨are Aufgabe, hohe Str¨ome bzw. Spannungen auf einfach messbare Werte zu transformieren. Weiterhin werden sie aus Sicherheitsgr¨ unden eingesetzt, wenn das Messger¨at galvanisch von den spannungsf¨ uhrenden Leitern getrennt werden soll, wie z. B. bei Messungen an ¨ Hochspannungsanlagen. Sie sind aber auch in der Lage, infolge ihrer Ubertragungseigenschaften bez¨ uglich hoher (Kurzschluss-) Str¨ome Schutzfunktionen auszu¨ uben. ¨ Messwandler sind von ihrem Aufbau her Ubertrager bzw. Transformatoren, die aus einer auf einen gemeinsamen Eisenkern gewickelten Prim¨arspule mit Windungszahl N1 und einer Sekund¨arspule mit Windungszahl N2 bestehen
160
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.35. Transformator
(Abb. 6.35). Das entsprechende, aus diskreten Schaltelementen bestehende allgemeine Ersatzschaltbild eines Transformators wird in Abb. 6.36 gezeigt. In diesem Ersatzschaltbild stellen die Widerst¨ande R1 bzw. R2 die ohmschen Widerst¨ ande von Prim¨ar- bzw. Sekund¨arwicklung dar, w¨ahrend R1E die Verluste im Eisenkern beschreibt. Die Induktivit¨aten X1σ bzw. X2σ repr¨asentieren die Streuverluste auf der Prim¨ar- bzw. Sekund¨arseite. X1h ist die Prim¨arinduktivit¨ at, die den Magnetisierungsstrom tr¨agt. F¨ ur einen idealen Transformator gilt R1 = R2 = 0 X1σ = X2σ = 0
(6.104) (6.105)
X1h → ∞ R1E → ∞ .
(6.106) (6.107)
¨ Das Ersatzschaltbild beschr¨ankt sich damit auf den idealen Ubertrager mit ¨ dem Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨. Die sekund¨arseitig angeschlossene Lastimpedanz (RL , XL ) wird B¨ urde genannt. In Abb. 6.37 wird ein zu dem Ersatzschaltbild von Abb. 6.36 ¨aquivalentes Netzwerk gezeigt. Es wurden hier jedoch alle sekund¨ arseitig auftretenden Gr¨oßen (Str¨ome und Spannungen) und Elemente ¨ auf die Prim¨arseite umgerechnet; außerdem wurde die infolge des Ubertragers stets vorhandene Potentialtrennung zwischen Prim¨ar- und Sekund¨arseite nicht ber¨ ucksichtigt. Prinzipiell w¨are auch ein weiteres Ersatzschaltbild denkbar, bei dem alle prim¨arseitigen Gr¨oßen und Netzwerkelemente auf die Sekund¨arseite transformiert werden.
Abb. 6.36. Ersatzschaltbild eines Transformators. Der im Ersatzschaltbild enthal¨ ¨ tene Ubertrager (Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨: 1) weist ideale Eigenschaften auf.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
161
Abb. 6.37. Transformator-Ersatzschaltbild, bei dem alle sekund¨ arseitig auftretenden Gr¨ oßen und Elemente auf die Prim¨ arseite umgerechnet wurden.
Stromwandler Beim Stromwandler wird der zu messende (Wechsel-) Strom durch die Prim¨arwicklung des Transformators geschickt, w¨ahrend die Sekund¨arwicklung im Idealfall von einem Strommesswerk kurzgeschlossen wird (Abb. 6.38). F¨ ur ¨ einen idealen Stromwandler (Ubertrager) ergibt sich das Verh¨altnis von Prim¨ar¨ zu Sekund¨ arstrom aus dem Ubersetzungsverh¨ altnis u ¨, dessen Kehrwert im Zusammenhang mit Messwandlern meistens mit ki bezeichnet wird I1eff N2 1 = = = ki . I2eff N1 u ¨
(6.108)
Der Stromwandler ist also ein sekund¨arseitig kurzgeschlossener bzw. niederohmig abgeschlossener Transformator, der nur aus wenigen Prim¨arwindungen besteht. Der Transformator ist i. Allg. so ausgelegt, dass bei prim¨arem Nennstrom I1 = INenn der Sekund¨arstrom I2 = 5 A bzw. I2 = 1 A betr¨agt. Bei hohen Prim¨ arstr¨omen I1 > 500 A gen¨ ugt prim¨arseitig meist eine Windung. Der Kern eines Stromwandlers ist lediglich f¨ ur den relativ geringen Differenzfluss bemessen, da der vom Prim¨arstrom erzeugte magnetische Fluss im Falle des niederohmigen sekund¨arseitigen Abschlusses bzw. Kurzschlusses von dem vom Sekund¨arstrom herr¨ uhrenden Gegenfluss kompensiert wird. Eine Auftrennung des Sekund¨arkreises h¨atte zur Folge, dass der gesamte Prim¨ arfluss pl¨otzlich vom Kern aufgenommen werden m¨ usste, was leicht zu ¨ thermischer Uberlastung f¨ uhren kann. Gleichzeitig w¨ urde eine sich aus dem ¨ Ubersetzungsverh¨ altnis ergebende hohe Spannung an den Sekund¨arklemmen anliegen.
Abb. 6.38. Stromwandlerschaltung mit standardm¨ aßiger Bezeichnung der Anschlussklemmen. K, L: Prim¨ aranschlussklemmen; k, l: Sekund¨ aranschlussklemmen.
162
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
¨ Um Spannungs¨ uberschl¨age und Uberhitzung zu vermeiden, d¨ urfen Stromwandler daher sekund¨arseitig nicht im Leerlauf betrieben werden. Oft werden ¨ aus diesem Grund Uberspannungsableiter an Stromwandlern angebracht. Abbildung 6.39 zeigt einen handels¨ ublichen Durchsteck-Stromwandler. Bei dieser Ausf¨ uhrungsform wird der den Messstrom tragende Leiter durch den Messumformer gesteckt. Dabei wird der Leiter von einem Sondenkern, auf den eine Sondenspule gewickelt ist, umschlossen. Dieses Funktionsprinzip ist prinzipiell identisch mit dem einer Strommesszange f¨ ur Wechselstrom (s. Kap. 6.3.7).
Abb. 6.39. Durchsteck-Stromwandler f¨ ur Schienenmontage mit ki = 8 (s. Gl. (6.108)) und prim¨ arseitigen Nennstrom von I1eff =40 A.
Fehler des Stromwandlers Der Fehler des Stromwandlers ist bei gegebenem Prim¨arstrom I1 die Abweichung des mit der Nenn¨ ubersetzung kNi multiplizierten Sekund¨arstromes I2 vom Prim¨ arstrom. Der relative Fehler betr¨agt fi =
I2ist − I2soll I2eff kNi − I1eff 100% = 100% . I2soll I1eff
(6.109)
Neben diesem in Gl. (6.109) angegebenen Betragsfehler gibt es noch einen Winkelfehler. Der entsprechende Fehlwinkel δi ist die Voreilung des Sekund¨arstromes gegen¨ uber dem Prim¨arstrom. Beide Fehler (Betragsfehler und Winkelfehler) lassen sich dem Zeigerdiagramm entnehmen, welches in Abb. 6.40
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
163
I1R1 j . I1X1σ
U1
U1h ü.I2R2 ü .U2
ü. j.I2 X2 σ I2 ü δi
Iμ
I1h
Iμ
I1
I1E φ
Abb. 6.40. Zeigerdiagramm eines Stromwandlers. I μ entspricht dem Magnetisierungsstrom (= Prim¨ arstrom bei sekund¨ arseitigem Leerlauf).
gezeigt ist. Man kann diesem Diagramm auch entnehmen, dass der Fehler des Stromwandlers mit dem magnetischen Fluss bzw. dem Magnetisierungsstrom I μ zunimmt. ¨ Der Magnetisierungsstrom I μ ergibt sich als vektorielle Uberlagerung aus dem eigentlichen Magnetisierungsstrom I 1h und dem entsprechenden Verluststrom I 1E (Abb. 6.36 und 6.37). Durch geeignete Dimensionierung und Materialauswahl wird daher versucht, den Magnetisierungsstrom klein zu halten. Die f¨ ur Stromwandler standardisierten Fehlerklassen sind in Tab. 6.3 notiert. Die jeweilige Fehlerklasse beziffert den maximalen relativen Betragsfehler nach Gl. (6.109) in Prozent, w¨ahrend der zul¨assige Winkelfehler von der aktuellen Belastung durch die B¨ urde abh¨angt. Mit Hilfe der Operationsverst¨arkerschaltung nach Abb. 6.41 kann der mit dem Magnetisierungsstrom gekoppelte Fluss ann¨ ahernd zu Null abgeglichen werden, so dass die Stromwandlerfehler sehr klein werden, wenn es gelingt, die Streuverluste sowie die Windungsverluste Tabelle 6.3. Fehlerklassen und Winkelfehler f¨ ur Messwandler bei 25 bis 100 % Nennb¨ urde Stromwandler Winkelfehler Spannungswandler Winkelfehler in Bogenminuten in Bogenminuten Fehlerklasse bei 1 . . . 1, 2Inenn Fehlerklasse 0, 1Inenn bei 0, 8 . . . 1, 2Unenn 0,1 0,2 0,5 1
5 10 30 60
0,1 0,2 0,5 1
5 10 20 40
164
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Abb. 6.41. Fehlerkompensierende Stromwandlerschaltung; P r: Prim¨ arwicklung; Se: Sekund¨ arwicklung; F u ¨: F¨ uhlerwicklung; R: (rein) ohmscher Widerstand.
ebenfalls klein zu halten [174]. Der in der Schaltung verwendete ohmsche Widerstand sollte eine m¨oglichst geringe parasit¨are Kapazit¨at bzw. Induktivit¨at aufweisen, weil eventuelle Blindanteile einen entsprechenden Winkelfehler verursachen. Spannungswandler Beim Spannungswandler wird die zu messende Wechselspannung an die Prim¨ arwicklung des Transformators gelegt, w¨ ahrend an die Sekund¨arwicklung ein Spannungsmesser mit sehr hohem Innenwiderstand angeschlossen wird (Abb. ¨ 6.42). F¨ ur einen idealen Spannungswandler (idealer Ubertrager) ergibt sich ¨ das Verh¨ altnis von Prim¨ar- zu Sekund¨arspannung wiederum aus dem Ubersetzungsverh¨altnis u ¨, das bei Spannungswandlern meistens mit ku bezeichnet wird U1eff N1 = =u ¨ = ku . (6.110) U2eff N2 Spannungswandler sind also sekund¨arseitig im Leerlauf betriebene bzw. sehr hochohmig abgeschlossene Transformatoren. Die Sekund¨arspannung betr¨agt bei prim¨ arseitig angelegter Nennspannung im Falle standardm¨aßiger Auslegung U2 = 100 V.
Abb. 6.42. Spannungswandlerschaltung mit standardm¨ aßiger Bezeichnung der Anschlussklemmen. U , V : Prim¨ aranschlussklemmen; u, v: Sekund¨ aranschlussklemmen.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
165
Fehler des Spannungswandlers Der Spannungsfehler eines Spannungswandlers ist bei gegebener Prim¨arspannung U1 die Abweichung der mit der Nenn¨ ubersetzung kNu multiplizierten Sekund¨ arspannung U2 von der Prim¨arspannung. Der entsprechende relative Fehler fu betr¨agt fu =
U2ist − U2soll U2eff kNu − U1eff 100% = 100% . U2soll U1eff
(6.111)
Abb. 6.43. Zeigerdiagramm eines Spannungswandlers
Sowohl dieser Betragsfehler als auch der ihm zugeordnete Winkelfehler (Winkel zwischen dem Spannungszeiger U 1 (Prim¨arspannung) und dem Spannungszeiger U 2 (Sekund¨arspannung)) sind dem Zeigerdiagramm des Spannungswandlers (Abb. 6.43) zu entnehmen. Aus dem Zeigerdiagramm ist ersichtlich, dass der Fehler des Spannungswandlers sowohl vom Wandler selbst als auch von der B¨ urde abh¨angt. Denn mit Ver¨andern der B¨ urde ¨andert sich der Stromzeiger I 2 und somit das Teilzeigerdiagramm, bestehend aus den Zeigern u¨U 2 , u ¨I 2 R2 , j¨ uI 2 X2σ und U 1h , und damit letztlich auch der Fehler. Die Genauigkeitsklassen beziffern wiederum den zul¨assigen relativen Spannungsfehler fu nach Gl. (6.111) in Prozent. Der entsprechende Spannunsfehlwinkel δu ist in Tab. 6.3 notiert. F¨ ur Messspannungen oberhalb 200 kV verwendet man kapazitive Spannungsteiler, welche die Hochspannung auf etwa 10 % ihres urspr¨ unglichen Wertes herabsetzen (Abb. 6.44). Die nachgeschaltete Drossel wird so bemessen,
Spannungswandler C1 Drossel
U1 C2
U2
Abb. 6.44. Grundschaltung des Spannungswandlers mit kapazitiver Teilung zur Messung sehr hoher Spannungen. C1 , C2 : Hochspannungs-Kondensatoren.
166
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
dass bei Nennfrequenz im Messkreis Resonanz herrscht [166]. Die zu messende Spannung U 1 und die am Spannungsmessger¨at anliegende Spannung U 2 haben in diesem Fall dieselbe Phasenlage. 6.3.7 Strommesszange f¨ ur Wechselstrom Strommesszangen sind potentialfrei arbeitende Strommesser, die nach dem Induktionsprinzip arbeiten. Es handelt sich dabei um Messsonden, die den Messstrom f¨ uhrenden Leiter zangenf¨ormig umschließen, ohne dass dabei irgendein elektrisch leitender Kontakt zwischen dem Leiter und der Messeinrichtung besteht (Abb. 6.45). Sie werden daher auch als Zangenamperemeter bezeichnet. Man setzt sie heute sowohl im Bereich der Energie- als auch der Nachrichtentechnik ein. W¨ahrend in der Energietechnik typischerweise hohe Str¨ ome (bis einige kA) niedriger Frequenz (bis 10 kHz) gemessen werden, handelt es sich bei den nachrichtentechnischen Anwendungen eher um den umgekehrten Fall niedriger Stromwerte (ab μA) bei h¨oheren Frequenzen (bis 1 GHz). Die heutigen Zangenamperemeter sind im Allgemeinen in der Lage,
Abb. 6.45. Strommesszange
sowohl Wechselstrom als auch Gleichstrom zu messen. Das Funktionsprinzip ist allerdings bei Gleichstrom ein g¨anzlich anderes. W¨ahrend Wechselstromzangen nach dem Induktionsprinzip arbeiten, basieren gleichstromgeeignete Zangen auf einem Hallsensor, der das Magnetfeld in einem hochpermeablen Kern misst, welcher den stromf¨ uhrenden Leiter wie im Wechselstromfall umschließt. Dieser gewichtige Unterschied f¨ uhrt zu der hier gew¨ahlten Gliede-
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
167
rung. Wir werden im direkten Anschluss die Wechselstrommesszangen behandeln. Danach folgt zun¨achst eine allgemeine Einf¨ uhrung in den galvanomagnetischen Effekt sowie den Aufbau von Hallelementen, bevor abschließend die Gleichstrommesszangen besprochen werden. Funktionsprinzip und Ersatzschaltbilder Strommesszangen koppeln das den Wechselstrom f¨ uhrenden Leiter stets umgebende Magnetfeld rein induktiv in die Sondenspule der Strommesszange. Abbildung 6.46 zeigt den prinzipiellen Aufbau einer Wechselstrommesszange und Abb. 6.48 das entsprechende Ersatzschaltbild. Die an der Sondenspule abgreifbare elektrische Wechselspannung ist proportional zum Strom durch den Messleiter. Diese Proportionalit¨at folgt unmittelbar aus dem Induktionsgesetz, das hier Anwendung findet. Es handelt sich bei der Anordnung aus Mes¨ sleiter und Sondenspule n¨amlich um einen Ubertrager oder Transformator, dessen Grundgleichungen (Gln. (6.112) und (6.113)) und Ersatzschaltbilder (Abb. 6.47) hier gelten [4] U 1 = jωL1 I 1 − jωM I 2 U 2 = jωM I 1 − jωL2 I 2 .
(6.112) (6.113) I mess
Kern
Sondenwicklung I mess ZL
a) I mess
rm b)
Kernquerschnittsfläche A K
Abb. 6.46. Strommesszange: a) prinzipielle Anordnung [33]; b) Querschnittsgeometrie.
168
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
I1
L1 - M
1
L2 - M
2 I2
U1
U2
M
1'
2'
Abb. 6.47. Ersatzschaltbild eines Transformators. L1 und L2 sind die EigenInduktivit¨ aten von Prim¨ ar- bzw. Sekund¨ arwicklungen. M bezeichnet die Koppelinduktivit¨ at zwischen Prim¨ ar- und Sekund¨ arseite.
Die Prim¨ arseite des Transformators (Eigeninduktivit¨at L1 ) wird vom Messleiter und seine Sekund¨arseite (Eigeninduktivit¨at L2 ) von der Sondenspule gebildet (s. Abb. 6.48). Die Koppelinduktivit¨at M sorgt f¨ ur die Kopplung von Prim¨ ar- und Sekund¨arseite. Der Kern der Sondenspule, der gleichzeitig den Messleiter umschließt, muss hochpermeabel sein, damit das Magnetfeld, das der Messleiter generiert, sich vollst¨andig im Kern konzentriert. Dadurch werden zu Messfehlern f¨ uhrende Streufelder vermieden. Der Strom durch den Messleiter erzeugt in der Umgebung des Leiters ein bzw. H-Feldlinien Magnetfeld, dessen Bden Leiter konzentrisch umschließen. in radialer Entfernung r l¨asst sich aus dem Die magnetische Feldst¨arke H Maxwellschen Durchflutungsgesetz berechnen |H(r)| =
I . 2πr
(6.114)
Aufgrund seiner hohen Permeabilit¨at konzentriert sich das Magnetfeld auf den Kern der Sondenwicklung. In dieser wird nach dem Induktionsgesetz eine Spannung induziert, die dem Messstrom proportional ist. Wenn die SondenI mess L2 - M
L1 - M ZE
M
UL
ZL
Messleiter
I mess Abb. 6.48. Ersatzschaltbild einer Strommesszange, das aus konzentrierten Eleat des stromf¨ uhrenden Messleiters, M menten besteht. L1 ist die Eigeninduktivit¨ at der Stromzangenwicklung. Z E die Koppelinduktivit¨ at und L2 die Eigeninduktivit¨ die Lastimpedanz am Messort der Zange und Z L ist die Lastimpedanz des an die Sondenwicklung angeschlossenen Spannungsmessger¨ ates.
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
169
spule (Kernquerschnitts߬ache AK ) N Windungen aufweist, wird die Spannung u0 (t) =
ds = −N ∂Φ = −N E ∂t L
μ0 μrK AK
∂H dA ∂t
(6.115)
die induzierte elektrische Feldst¨arke, L die Gesamtl¨ange induziert, wobei E der Spulenwindungen, Φ den magnetischen Fluss, AK die Querschnittsfl¨ache und μ0 μrK die Permeabilit¨at des Sondenkerns bezeichnen. Infolge der Annahme sinusf¨ormiger Zeitabh¨angigkeit l¨asst es sich die zeitliche Ableitung durch eine Multiplikation mit jω im Komplexen ersetzen ∂ = ( jω . ∂t
(6.116)
Daraus folgt f¨ ur die komplexe Amplitude U 0 der induzierten (Leerlauf-) Spannung (s. auch Abb. 6.49) Z i = jωL 2 UL
U0= jωΜΙ mess
ZL
Abb. 6.49. (Sekund¨ arseitiges) Ersatzschaltbild einer Strommesszange. Z i = jωL2 wird auch als Schleifenimpedanz der Strommesszange bezeichnet. Z L stellt die Lastimpedanz dar.
A ≈ −jωN μ0 μrK H AK = −jωM I jωN μ0 μrK Hd m mess . (6.117)
U0 = − AK
Dabei approximiert man das Integral in Gl. (6.117) durch die mittlere Induktion B m bzw. die mittlere magnetische Feldst¨arke H m (s. auch Abb. 6.46b) B m = μ0 μrK H m =
μ0 μrK I . 2πrm mess
(6.118)
Die Koppelinduktivit¨at M ergibt sich demnach wie folgt M =N
μ0 μrK AK . 2πrm
(6.119)
Die Messspannung U L l¨asst sich anhand von Abbildung 6.49 angeben. Sie betr¨ agt ZL UL = jωM I mess . (6.120) Z L + jωL2
170
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Um die Lastimpedanz Z E am Messort der Zange zu ermitteln, verwenden wir die Ersatzschaltbilder aus Abbildung 6.48 bzw. 6.50. Die Impedanz ergibt sich demnach zu ω2M 2 Z E = jωL1 + . (6.121) Z L + jωL2 Dabei ist L1 die prim¨arseitige Eigeninduktivit¨at, d. h. die Eigeninduktivit¨at des Messleiters, wenn sich die Zange am Messort befindet. I mess 1
2
ZE
UL
ZL
I mess 2'
1'
Abb. 6.50. Transformatoren-Ersatzschaltbild einer Strommesszange. Z E bezeichnet die Lastimpedanz der Strommesszange am Messort.
¨ Ubertragungsfaktor der Strommesszange (Transferimpedanz) ¨ Der Ubertragungsfaktor einer Strommesszange ist das Verh¨altnis aus der an der Sondenspule induzierten Spannung und dem Messstrom Z Tr =
UL . I mess
(6.122)
¨ Da dieser Ubertragungsfaktor die Einheit einer Impedanz tr¨agt, wird er auch als Transferimpedanz Z Tr bezeichnet. Infolge der Spannungsteilung an Z L und jωL2 (s. Abb. 6.49) ergibt sich die Transferimpedanz zu (s. auch Gl. (6.120)) UL jωM Z L Z Tr = = . (6.123) I mess Z L + jωL2 In Abh¨ angigkeit der Lastimpedanz Z L (s. Abb. 6.49) unterscheidet man folgende F¨ alle: •
1. hochohmige Last Z L : Die Transferimpedanz hat (zeitlich gesehen) differenzierenden Charakter (Anstieg von 20 dB/Dek. im Bodediagramm, s. Kap. 3.13) |Z L | ωL2 → Z Tr = jωM .
•
(6.124)
2. niederohmige Last Z L : Die Transferimpedanz ist frequenzunabh¨angig (ebener Verlauf ohne Steigung im Bodediagramm)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
|Z L | ωL2 → Z Tr =
M Z . L2 L
171
(6.125)
Insgesamt ergibt sich der typische Hochpasscharakter (Abb. 6.51) mit einer 3 dB-Eckfrequenz fg von 1 |Z L | , (6.126) fg = 2π L2 d. h., wenn |Z L | kleiner wird, verringert sich auch fg . Dies bedeutet, dass bei h¨oherer Belastung (d. h. Z L wird kleiner) die Eckfrequenz sinkt. Der von Stromzangen prinzipiell nutzbare Frequenzbereich geht von der Rauschgrenze, die stets im differenzierenden Bereich liegt, bis zu dem Resonanzbereich, der an den konstanten Frequenzgang oberhalb der Eckfrequenz anschließt. Diese Resonanzen lassen sich nicht mehr anhand des Ersatzschaltbildes (Abb. 6.48) beschreiben. Zur Erkl¨arung dieses Ph¨anomens sei auf weiterf¨ uhrende Literatur verwiesen [119]. Abbildung 6.51 zeigt die Transferimpedanz einer typischen Strommesszange. Im Allgemeinen wird man bestrebt sein, den frequenzunabh¨angigen mittleren Teil oberhalb der Grenzfrequenz fg f¨ ur die Strommessung zu nutzen. Z Tr 1000 Ω
100 10 1 0,1 1
10
100
MHz
1000 Frequenz
Abb. 6.51. Transferimpedanz einer Strommesszange [50]
Einf¨ ugeimpedanz einer Strommesszange Die Strommesszange hat infolge der induktiven Kopplung zwischen ihrer Sondenspule und dem Messleiter eine R¨ uckwirkung auf die Strombelegung des Leiters. Die St¨arke dieser R¨ uckwirkung l¨asst sich an der Gr¨oße der sog. Einf¨ ugeimpedanz ablesen. Die Einf¨ ugeimpedanz Z ins der Strommesszange entspricht der Impedanz Z E der Zange am Messort minus der Eigenimpedanz des Messleiters Z 10 = jωL10
172
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Z ins = Z E − Z 10 = jωL1 +
ω2M 2 − jωL10 Z L + jωL2
(6.127)
mit (s. Gl. (6.119)) M =N
μ0 μrK AK . 2πrm
(6.128)
Abbildung 6.52 zeigt die Einf¨ ugeimpedanz einer typischen Strommesszange. Z ins 10 Ω
1 0,1 0,01 0,001
100
1k
10 k 100 k 1 M 10 M
Hz
1G Frequenz
Abb. 6.52. Einf¨ ugeimpedanz einer Strommesszange [100]
6.3.8 Hallelement (Galvanomagnetischer Effekt) Der Halleffekt (galvanomagnetischer Effekt) wurde vom amerikanischen Physiker Edwin Herbert Hall im Jahre 1879 entdeckt und ist eine Folge der Lorentzkraft. Bewegt sich n¨amlich ein geladenes Teilchen mit der Ladung q und der Geschwindigkeit v in einem Magnetfeld der magnetischen Flussdichte B, so wirkt auf dieses die mechanische Kraft (Lorentzkraft) FL = Fmag = q(v × B).
(6.129)
Diese Kraft bewirkt eine Ablenkung der Ladungstr¨ager und f¨ uhrt in einem Hallelement (Abb. 6.53) zu einer Ansammlung von Ladungstr¨agern bzw. einer H normal Aufladung der Hilfselektroden, was wiederum ein elektrisches Feld E zum Geschwindigkeitsvektor v zur Folge hat. Dieses elektrische Feld u ¨ bt nun seinerseits wiederum die Kraft H Fel = q E
(6.130)
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
äußeres Magnetfeld
173
b d
B J
+
Sensorelektrode
EH
_
ez
UH
ey ex
I Abb. 6.53. Hallelement (Hallsensor)
auf die Ladungstr¨ager aus. Der Gleichgewichtszustand stellt sich f¨ ur Fmag + Fel = 0
(6.131)
ein. Mit dem in Abb. 6.53 eingef¨ uhrten Koordinatensystem und der Festlegung von Elektronen als Ladungstr¨ager (q = −e0 ; mit der Elementarladung e0 ) gilt Fmag = −e0 vB(−ey × ez ) = e0 vBex H . Fel = −e0 E
(6.132) (6.133)
Mit Hilfe der Gleichgewichtsbedingung (Gl. (6.131)) H + e0 vBex 0 = −e0 E
(6.134)
H berechnet sich das im Hallelement einstellende maximale elektrische Feld E zu H = vBex . (6.135) E Nun kennt man noch den Zusammenhang zwischen der Geschwindigkeit v der Ladungstr¨ ager und der elektrischen Stromdichte J J = −e0 nv = e0 nvey ,
(6.136)
wobei n die Ladungstr¨agerdichte bezeichnet, d. h. die Anzahl der freien Ladungstr¨ ager pro Volumeneinheit. Dr¨ uckt man den Betrag der elektrischen durch den Strom I aus Stromdichte |J| = |J|
I , bd
(6.137)
so erh¨ alt man unter Ber¨ ucksichtigung von Gl. (6.135) den folgenden Ausdruck H f¨ ur die elektrische Feldst¨arke E H = 1 I Bex . E ne0 bd
(6.138)
174
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
Die an den (Sensor-)Elektroden messbare Hallspannung betr¨agt somit 2 UH =
H ds = 1 1 IB = RH 1 IB . E ne0 d d
(6.139)
1
Dabei bezeichnet man den materialabh¨angigen Wert 1/(ne0 ) als Hallkonstante RH = +
1 . ne0
(6.140)
Man erkennt, dass f¨ ur eine große Hallkonstante und somit eine hohe Empfindlichkeit die Anzahl der Ladungstr¨ager gering sein muss. Damit kommen f¨ ur diesen Effekt nicht Metalle, sondern in erster Linie Halbleiter in Frage, wie die folgende Gegen¨ uberstellung zeigt: Kupfer : n = 8, 7 · 1022 1/cm3 Silizium : n = 1, 5 · 1010 1/cm3 . Ein Hallsensor liefert gem¨aß Gl. (6.139) eine Ausgangsspannung UH , die direkt proportional der magnetischen Induktion B ist, welche ihn in senkrechter Richtung durchsetzt. Allerdings h¨angt diese Hallspannung auch von der Umgebungstemperatur ab. Dies ist darauf zur¨ uckzuf¨ uhren, dass wiederum die Ladungstr¨ agerbeweglichkeit und damit die Hallkonstante RH z. T. stark von der Temperatur abh¨angig ist. In Tab. 6.4 findet man die Kennwerte von typischen Hallelementen. Tabelle 6.4. Kennwerte von typischen Hallelementen
Type
KSY10 SV200 Erkl¨ arung
Material KH in V/AT IN in mA UH in mV bei B=0,5 T R1 in kΩ R2 in kΩ α in %/K
GaAs 170-230 5 25 1 1 -0,05
InAs > 10 20 > 100 60 60 -0,1
Leerlaufempfindlichkeit (=UH /(BI)) Nennstrom Hallspannung Bahnwiderstand im Strompfad Bahnwiderstand im Spannungspfad Temperaturkoeffizient
Abbildung 6.54 zeigt schematisch die Feldverteilung in einem Hallelement. Bei nicht vorhandenem Magnetfeld (Bz = 0) handelt es sich um den Standardfall, dass die Strombahnen auf k¨ urzestem Wege von der Elektrode 1 zur ¨ Elektrode 2 verlaufen. Die Aquipotentiallinien verlaufen in vertikaler Richtung (y-Richtung). Bei eingeschaltetem Magnetfeld (Bz = 0) hingegen wirkt ¨ die Lorentzkraft und es kommt zu Feldverzerrungen. Die Aquipotentiallinien verlaufen schr¨ag, so dass an direkt gegen¨ uberliegenden Punkten (dort, wo
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
175
Ua UH Äquipotentialflächen ohne / mit Magnetfeld +
+
+
+
+
+
ΘH
1
+
+
+
Elektrode
+
E ax Fläche A _
Elektrode
jn _ _
_
_
_ 2
_
_
_
I
_
E
ΘH
Potentialdifferenz der Äquipotentiallinien = Hallspannung
EH
Beispiel: n-Halbleiter y
B
x
¨ Abb. 6.54. Verlauf der Aquipotentiallinien mit und ohne ¨ außeres Magnetfeld. ΘH ist der Hallwinkel.
die Sensorelektroden angebracht sind) eine Hallspannung anliegt. Da die beiden stromzuf¨ uhrenden Elektroden 1 und 2 aufgrund ihrer (idealen) Leiterei¨ genschaften Aquipotentialfl¨ achen darstellen, kommt es in ihrer N¨ahe zu einer weiteren Feldverzerrung. Der in Abb. 6.54 eingezeichnete Hallwinkel l¨asst sich wie folgt berechnen H| |E ΘH = arctan . (6.141) ax | |E in einem Hallelement ergibt sich aus der Uberlagerung ¨ Die Feldst¨ arke E der ax , die durch die an die stromzuf¨ Feldst¨ arke E uhrenden Elektroden angelegte außere Spannung entsteht, mit der Feldst¨arke aufgrund des Halleffektes, der ¨ H , die Gesamtfeldst¨arke Hallfeldst¨ arke E =E ax + E H = E ax − v n · B z , E dr
(6.142)
n wobei vdr die Driftgeschwindigkeit der (negativen) Ladungstr¨ager darstellt. Der sog. Hallwinkel ΘH ist der Winkel zwischen dem resultierenden elektri und dem von außen angelegten Feld E ax . schen Feld E Eine typische Anwendung von Hallelementen ist die Messung von Gleichstr¨ omen mit Hilfe von Strommesszangen.
176
6 Analoges Messen elektrischer Gr¨ oßen
6.3.9 Strommesszange f¨ ur Gleichstrom Da das Induktionsprinzip wegen der fehlenden Zeitabh¨angigkeit nicht genutzt werden kann, erfordert das Messen von Gleichstr¨omen mittels Zangenamperemeter einen Sensor, der in der Lage ist, das vom Messleiter erzeugte statische B-Feld in eine proportionale Messspannung umzuwandeln. Standardm¨ aßig geschieht dies mit Hilfe der im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen Hallelemente, die sehr wohl in der Lage sind, auch zeitlich konstante Magnetfelder zu bestimmen. Dazu wird das Hallelement in den bei einem bestimmten Umfangswinkel in radialer Richtung geschlitzten Sondenkern eingebracht (s. Abb. 6.55). Aufgrund der im Vergleich zur Luftumgebung sehr hohen Permeabilit¨at des Kerns konzentriert sich auch hier (wie schon beim nicht geschlitzten Sondenkern der Wechselstromsonde) das vom Strom im Messleiter erzeugte Magnetfeld im Kern. Die Feldlinien der magnetischen Induktion verlaufen wie schon bei der Wechselstromsonde (s. Kap. 6.3.7) im SondenB kern prinzipiell in Umfangsrichtung. Aufgrund der Stetigkeitsbedingungen von Magnetfeldern an permeablen Grenzschichten gehen die in normaler Richtung aus der Sondenfl¨ache austretenden B-Linien kontinuierlich in die B-Linien des Luftspaltfeldes bzw. in das das Hallelement durchdringende Magnetfeld u ¨ ber. Der in den Sondenkern eingebrachte Schlitz nimmt das Hallelement so auf, dass das B-Feld das Hallpl¨attchen in senkrechter Richtung durchsetzt. Die ¨ Offnung im Kern sollte m¨oglichst klein gehalten werden, damit keine nennenswerten Streufelder seitlich austreten k¨onnen. Geht man wie schon beim Wechselstromzangenamperemeter von einer |=B mittleren magnetischen Induktion |B m m Feldlinien der magnetischen Induktion B
IS
Wicklungen zur Erzeugung des Kompensationsflusses
Hallelement
IH
I mess
stromführender Leiter
RM UM
IS
Abb. 6.55. Prinzip einer Gleichstrommesszange mit Kompensationsprinzip nach [158]. Die Messspannung UM ist proportional zum Messstrom Imess .
6.3 Messung von Wechselstrom und Wechselspannung
B m = μ0 μrK H m =
μ0 μrK I 2πrm mess
177
(6.143)
aus, so l¨ asst sich die Hallspannung nach Gl. (6.139) ermitteln UH =
RH RH μ0 I mess IH B m = IH . d d 2πrm
(6.144)
Damit ist die Hallspannung proportional zum Messstrom. Bei der Messung k¨ onnen aber verschiedene Fehler auftreten. Neben dem Erdmagnetfeld, das die Genauigkeit im Allgemeinen negativ beeinflussen wird, verf¨alscht auch die Temperaturempfindlichkeit des Hallelementes die Messung. Eine M¨oglichkeit, die Messgenauigkeit zu erh¨ohen, besteht in der Anwendung des Kompensationsprinzips (s. auch Kap. 9.2). Dazu wird im Sondenkern ein dem Magnetfeld des Messstromes entgegengesetztes Magnetfeld erzeugt. Die St¨arke des Gegenfeldes entspricht genau der des prim¨aren Feldes, so dass das Magnetfeld im Sondenkern zu Null abgeglichen wird. Da somit die Hallspannung stets Null ist, geht beispielsweise auch der (temperaturempfindliche) Hallwiderstand RH nicht mehr in die Messgenauigkeit ein. Um das Gegenfeld im Sondenkern zu erzeugen, wird eine Kompensationsspule auf den Kern gewickelt (s. Abb. 6.55), die von einem geregelten Strom beschickt wird. Die Kompensationsschaltung besteht aus dem Hallelement, dessen Hallspannung auf Null abgeglichen wird, und einem Operationsverst¨arker, dessen Differenzeingangsspannung im eingeregelten Zustand ebenfalls Null ist. Der Ausgangsstrom IS des Operationsverst¨ arkers wird durch die Kompensationswicklung geschickt und erzeugt das Gegenfeld. Dieser Strom ist proportional zum Messstrom. Er wird mit Hilfe des Shunt-Widerstandes in eine Messspannung UM umgesetzt. Diese ist die Ausgangsgr¨oße der Gesamtanordnung und ein originalgetreues Abbild der Messgr¨ oße, d. h. UM ∼ Imess .
7 Messverst¨ arker
Um mit Messger¨aten auch Spannungen und Str¨ome messen zu k¨onnen, die unterhalb der Ansprechempfindlichkeit des Messwerkes liegen, werden Messverst¨arker eingesetzt. Sie wandeln die zu messende Spannung bzw. den zu messenden Strom in ein proportionales Signal h¨oherer Amplitude um. Dabei werden folgende Eigenschaften der Messverst¨arker gefordert: • • • • •
geringe R¨ uckwirkung auf die Messgr¨oße Signaltreue (Linearit¨at) hohe Amplitudendynamik (niedriges Eigenrauschen, geringe Verzerrungen bei großen Amplituden) ausreichende Bandbreite (Ausgangssignal muss dem Eingangssignal zeitlich folgen k¨onnen) eingepr¨ agtes Ausgangssignal (Spannung oder Strom).
W¨ ahrend man in der klassischen Messtechnik versucht hat, die R¨ uckwirkungsfreiheit einer Messung durch Kompensationsverfahren zu erreichen, bedient sich die elektronische Messtechnik dazu eines Messverst¨arkers mit geeigneter Eingangs- bzw. Ausgangsimpedanz. So kann beispielsweise die bei der Spannungsmessung stets vorhandene Belastung eines Messkreises infolge der endlichen Innenimpedanz des Messger¨ates und der daraus resultierende Messfehler durch die Verwendung eines Messverst¨arkers mit sehr hohem Eingangswiderstand i. Allg. soweit reduziert werden, dass sie nicht mehr st¨ort. Elektronische Verst¨arkerschaltungen werden weiterhin eingesetzt, um die in Form elektrischer Signale vorliegenden Messwerte in analoger Form weiterzuverarbeiten. So werden beispielsweise Verst¨arker verwendet, um Messwerte zu addieren, subtrahieren, multiplizieren, logarithmieren, integrieren oder zu differenzieren. Bei der Realisierung elektronischer Messverst¨arker werden, abgesehen von Anwendungen im Bereich sehr hoher Frequenzen (> 150 MHz) oder hoher Spannungen (> 150 V), heute vorwiegend integrierte Operationsverst¨ arkerschaltungen eingesetzt. Diese Operationsverst¨arker (Operational Amplifier, OpAmp) dienen dabei nicht nur als reine Messverst¨arker sondern
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_7
180
7 Messverst¨ arker
auch als universelle Grundbausteine der gesamten analogen Signalverarbeitung. Abbildung 7.1 zeigt die standardm¨aßig verwendeten Schaltsymbole f¨ ur elektronische Messverst¨arker.
Eingang
Ausgang Eingang
Ausgang
a)
uE
uA uE
uA
uE
uA
b) Abb. 7.1. Schaltsymbole f¨ ur elektronische Messverst¨ arker: a) allgemeine Symbole, b) massebezogene Darstellungen (allgemein, nicht-invertierend, invertierend)
7.1 Operationsverst¨ arker 7.1.1 Idealer Operationsverst¨ arker Abbildung 7.2 zeigt das Schaltbild eines (idealen) Operationsverst¨arkers. Er besitzt stets einen invertierenden mit N bzw. − gekennzeichneten und einen mit P bzw. + gekennzeichneten nicht-invertierenden Eingang sowie einen Ausgang. Sowohl die beiden Eingangsklemmen als auch die Ausgangsklemme bilden mit der Masseleitung jeweils ein elektrisches Tor. Das wichtigste Kennzeichen eines (idealen) Operationsverst¨arkers ist, dass die Eigenschaften des mit ihm realisierten Verst¨arkers nur durch die ¨außere Beschaltung des Operationsverst¨arkerbausteins festgelegt werden, welche i. Allg. auf rein passiven Bauelementen basiert. Ein idealer Operationsverst¨arker ist ¨aquivalent einer spannungsgesteuerten Spannungsquelle mit der Leerlaufspannungs-
N
iN iA
uD uN
P
iP
u DV0 uA
uP
Abb. 7.2. Ersatzschaltbild eines (idealen) Operationsverst¨ arkers
7.1 Operationsverst¨ arker
181
verst¨ arkung V0 → ∞. F¨ ur die Ausgangsspannung uA gilt allgemein (Abb. 7.2) uA = V0 uD = V0 (uP − uN ) .
(7.1)
Die Eingangsstr¨ome iN bzw iP des idealen Operationsverst¨arkers sind Null iN = iP = 0 .
(7.2)
Infolgedessen muss f¨ ur den Eingangswiderstand rE , der bei einem realen Operationsverst¨ arker zwischen P - und N -Eingang liegt (Abb. 7.3), rE → ∞
(7.3)
gelten. Der Ausgangswiderstand rA (Widerstand in Serie zur spannungsgesteuerten Spannungsquelle, s. Abb. 7.3) betr¨agt wie bei einer idealen Spannungsquelle rA = 0 . (7.4) Weiterhin sind beim idealen Operationsverst¨arker alle Eigenschaften frequenzund temperaturunabh¨angig. +UB iN
u gl Vgl
u'D
rE
UD0
uD
u DV0
rA
iA
iP
uN
r gl
uP I N0
r gl
-UB
uA
I P0
Abb. 7.3. Kleinsignal-Ersatzschaltbild eines realen Operationsverst¨ arkers
7.1.2 Realer Operationsverst¨ arker In Abb. 7.3 wird das Schaltbild und in Abb. 7.4 die Kennlinie der Leerlaufverst¨ arkung eines realen Operationsverst¨arkers gezeigt. Genauer gesagt handelt es sich dabei um einen dahingehend idealisierten Operationsverst¨arker, dass er innerhalb seiner Aussteuerungsgrenzen (uAmin ≤ uA ≤ uAmax ) ¨ lineare Ubertragungseigenschaften aufweist (s. Kennlinie der Leerlaufspannungsverst¨ arkung in Abb. 7.4). Die maximale und die minimale Ausgangsspannung uAmax bzw. uAmin liegen bei Standard-Operationsverst¨arkern betragsm¨ aßig etwa um 1 bis 3 V unter der Betriebsspannung ±UB des Operationsverst¨ arkers. Die wesentlichen Unterschiede zum idealen Operationsverst¨ arker sind: a) Der Eingangs- und der Ausgangswiderstand nehmen end-
182
7 Messverst¨ arker
uA +UB u Amax UD0
uD
u Amin -UB Abb. 7.4. Kennlinie der Leerlaufverst¨ arkung eines Operationsverst¨ arkers (gestrichelt: mit Offsetspannung)
liche Werte an: rE ≈ 1 MΩ bis 1 TΩ; rA ≈ 2 Ω bis 100 Ω, b) der reale Verst¨ arkungsgrad liegt zwischen 104 ≤ V0 ≤ 107 . F¨ ur den realen Operationsverst¨ arker sind die im Kap. 7.1.3 enthaltenen wichtigen Kenngr¨oßen definiert. Zum Verst¨ andnis dieser Kenngr¨oßen ist die Erl¨auterung der Funktionsweise einer R¨ uckkopplungsschaltung, und im speziellen Fall die Funktion einer Gegenkopplungsschaltung, gem¨aß Abb. 7.5 notwendig. Eine solche Gegenkopplungsschaltung enth¨alt einen Verst¨arker mit der Leerlaufverst¨arkung V0 , ein ¨ R¨ uckkoppel-Netzwerk mit der Ubertragungsfunktion Vg , welche im allgemeinen Fall frequenzabh¨angig sein kann, und einen Subtrahierer. Die Ausgangsspannung uA l¨asst sich anhand von Abb. 7.5 wie folgt angeben uA = V0 uD = V0 (uE − uA Vg ) .
(7.5)
Daraus folgt f¨ ur die Gesamtverst¨arkung V V =
uA = uE
1 V0
1 . + Vg
(7.6)
Im Falle eines idealen Verst¨arkers (V0 → ∞) ergibt sich die Gesamtverst¨arkung der Gegenkopplungsschaltung zu lim V = lim
V0 →∞
V0 →∞
1 Vg +
1 V0
=
1 . Vg
(7.7)
Die Gegenkopplungsschaltung aus Abb. 7.5 l¨asst sich f¨ ur den Fall einer sehr hohen Verst¨arkung (V0 → ∞) (Gl. (7.7)) durch einen invertierenden V0 uE
uD
Rückkoppel-Netzwerk
uA Vg
Abb. 7.5. Gegenkopplungsschaltung
7.1 Operationsverst¨ arker
183
Verst¨arker nach Abb. 7.6 realisieren, wenn die Leerlaufverst¨arkung des dort verwendeten Operationsverst¨arkers ebenfalls gegen einen unendlich hohen Wert strebt. Da bei einem Operationsverst¨arker die Eingangsstr¨ome idealerweise verschwinden (iP = iN = 0), ergibt sich aus der Schaltung nach Abb. 7.6 i1 + i2 = 0 .
(7.8)
Zwei im Schaltbild (Abb. 7.6) vorgenommene Maschenuml¨aufe ergeben weiterhin uE = R1 i1 − uD
(7.9)
uA = R2 i2 − uD = V0 uD .
R2 i1
R1
i2
iN uD
uE
(7.10)
V0 uA
Abb. 7.6. Invertierende Verst¨ arkerschaltung
Aus den Gln. (7.8 - 7.10) folgt die Gesamtverst¨arkung V V =
R2 −R uA 1 = uE 1 + V10 (1 +
R2 R1 )
.
(7.11)
F¨ ur einen idealen Operationsverst¨arker (V0 → ∞) folgt f¨ ur die Gesamtverst¨arkung V schließlich uA R2 lim V = =− . (7.12) V0 →∞ uE R1 Ein Koeffizientenvergleich zwischen den Gln. (7.7) und (7.12) liefert die Be¨ ziehung zwischen der Ubertragungsfunktion Vg des R¨ uckkoppel-Netzwerkes (Abb. 7.5) und den Werten R1 und R2 der ohmschen Widerst¨ande der Operationsverst¨ arkerschaltung nach Abb. 7.6 Vg = −
R1 . R2
(7.13)
Es sei nochmals darauf hingewiesen, dass die in Gl. (7.13) angef¨ uhrte Verst¨arkung Vg des R¨ uckkoppel-Netzwerkes nur dann mit der aus Gl. (7.6) bzw. Gl. (7.7) identisch ist, wenn V0 einen sehr hohen Wert annimmt. F¨ ur die Analyse von Operationsverst¨arkerschaltungen in Gegenkopplung (R¨ uckkopplung vom Ausgang auf den invertierenden Eingang) ist es sinnvoll,
184
7 Messverst¨ arker
die Differenzeingangsspannung uD zu betrachten. Ausgehend von Gl. (7.5) ergibt sich uE uD = . (7.14) V0 Vg + 1 Wird nun wiederum eine sehr hohe Leerlaufverst¨arkung (V0 → ∞) angenommen, so verschwindet die Differenzeingangsspannung uE = lim uD = 0 . V0 →∞ V0 Vg + 1 V0 →∞ lim
(7.15)
Die verschwindende Differenzeingangspannung uD (auch als virtueller Kurzschluss bezeichnet) erleichtert die Analyse von Operationsverst¨arkerschaltungen in Gegenkopplung erheblich. Man sollte sich aber dar¨ uber bewusst sein, dass uD = 0 eine Idealisierende Annahme darstellt, deren G¨ ultigkeit sichergestellt sein muss. F¨ ur ein großes, aber endliches V0 darf beispielsweise Vg in Gl. (7.15) nicht zu klein gew¨ahlt werden, um uD = 0 zu gew¨ahrleisten. 7.1.3 Definitionen von Operationsverst¨ arker-Kenngr¨ oßen Im Folgenden werden die wichtigsten Kenngr¨oßen von Operationsverst¨arkern bzw. Operationsverst¨arkerschaltungen beschrieben. Die verwendeten Gr¨oßenbezeichnungen beziehen sich auf die in Abb. 7.2 und Abb. 7.3 gezeigten Ersatzschaltbilder von idealem und realem Operationsverst¨arker sowie die in Abb. 7.5 gezeigte Gegenkopplungsschaltung. •
Leerlaufspannungsverst¨ arkung (open loop voltage gain) V0 Es handelt sich hierbei um die Differenzverst¨arkung der offenen Schleife, d. h. des nicht-r¨ uckgekoppelten, unbeschalteten Operationsverst¨arkers. V0 =
•
•
∂uA ∂uD
- ideal: V0 → ∞ - real: 104 ≤ V0 ≤ 107 Leerlaufspannungsverst¨ arkungsmaß V0 [dB]
∂uA V0 [dB] = 20 lg V0 = 20 lg ∂uD
(7.16)
(7.17)
- ideal: V0 → ∞ - real: 80 dB ≤ V0 ≤ 140 dB Gleichtaktspannung (common mode voltage) ugl Die Gleichtaktspannung entspricht dem arithmetischen Mittel der beiden Eingangsspannungen uN und uP ugl =
uP + uN . 2
(7.18)
7.1 Operationsverst¨ arker
•
Gleichtaktspannungsverst¨ arkung (common mode voltage gain) Vgl Bei einem realen Operationsverst¨arker erscheint die um den Faktor Vgl verst¨ arkte Gleichtaktspannung Ugl am Ausgang Vgl =
•
185
∂uA . ∂ugl
(7.19)
- ideal: Vgl = 0 - real: Vgl ≈ 1 Gleichtaktunterdr¨ uckung (common mode rejection ratio) CMRR
V0 (7.20) CMRR [dB] = 20 lg Vgl - ideal: CMRR → ∞ - real: CMRR ≈ 100 dB
•
Verst¨ arkung der geschlossenen Schleife (closed loop voltage gain), Gesamtverst¨ arkung V Es handelt sich hierbei um die Gesamtverst¨arkung V des r¨ uckgekoppel¨ ten Verst¨arkers nach Abb. 7.5 (die Ubertragungsfunktion des R¨ uckkoppelNetzwerkes wird mit Vg bezeichnet) ∂uA ∂uE
(7.21)
1 Vg
(7.22)
V0 1 + Vg V0
(7.23)
V = - ideal (V0 → ∞): V = - real (Gl. (7.6)): V = •
¨ Ubertragungsfunktion (frequency response) G(ω) ¨ Die komplexe Ubertragungsfunktion G(ω) von Operationsverst¨arkerschal¨ tungen, die auch als Ubertragungsfaktor bezeichnet wird, entspricht der komplexen Verst¨arkung, d. h. dem Verh¨altnis der in Zeigerform dargestellten Ausgangsspannung U A zur Differenzeingangsspannung U D . Die¨ se Ubertragungsfunktion l¨asst sich f¨ ur reale Operationsverst¨arker nach Gl. (7.24) approximieren G(ω) =
V U A (ω) 0 . = ω U D (ω) 1 + j ω1 1 + j ωω2
(7.24)
¨ eines Tiefpasses mit den G(ω) entspricht also der Ubertragungsfunktion beiden Eckfrequenzen ω1 und ω2 (ω2 > ω1 ) [165]. Dies bedeutet, dass
186
7 Messverst¨ arker
¨ der Betrag der Ubertragungsfunktion ab der Frequenz ω1 = 2πf1 mit 20 dB/Dekade (= ( 6 dB/Oktave) und ab der Frequenz ω2 = 2πf2 mit 40 dB/Dekade (= ( 12 dB/Oktave) f¨allt. Der Wert V0 stellt die Gleichspannungsverst¨arkung dar. Bei unbeschalteten Operationsverst¨arkern liegt f1 typischerweise im Bereich einiger Hertz, w¨ahrend f2 der oberen Grenzfrequenz des unbeschalteten Operationsverst¨arkers entspricht. Abbildung 7.7 zeigt den Frequenzgang der Leerlaufverst¨arkung des Universal-Operationsverst¨ arkers vom Typ μA 741 nach Betrag und Phase (Tiefpass-Eckfrequenzen: f1 ≈ 10 Hz und f2 ≈ 5 MHz).
|G(w)| [dB]
j (°)
120
0
80
-45 -90
40 0 -20
-135 100 102
104
-180
106 f (Hz)
a)
100 102
104
106 f (Hz)
b)
Abb. 7.7. Frequenzgang der Leerlaufspannungsverst¨ arkung des Operationsverst¨ arkers μA 741 (UB = ±15 V) bei einer Temperatur von 25◦ C: a) Betrag, b) Phase
•
Gleichtakteingangswiderstand (common mode input resistance) Der Gleichtakteingangswiderstand rgl wird wie folgt berechnet rgl =
•
(7.25)
- ideal: rgl = ∞ - real: rgl = 1 GΩ . . . 100 TΩ Differenzeingangswiderstand (differential input resistance) rE Da im Allgemeinen der Gleichtaktwiderstand rgl groß ist gegen¨ uber dem Differenzeingangswiderstand rE (rgl rE ), gilt folgende Definitionsgleichung f¨ ur den Differenzeingangswiderstand rE =
•
∂ugl + iN )
1 2 ∂(iP
∂uD − iN )
1 2 ∂(iP
- ideal: rE = ∞ - real: rE = 1 MΩ . . . 1 TΩ Ausgangswiderstand (output resistance) rA
(7.26)
7.1 Operationsverst¨ arker
∂uA rA = − ∂iA
•
•
(7.27) uD =const.
- ideal: rA = 0 - real: rA = 2 Ω . . . 100 Ω Eingangsfehlspannung (input offset voltage), Offsetspannung UD0 Durch nicht-identische Eingangstransistoren des bei Operationsverst¨arkern stets vorhandenen Differenzeingangsverst¨arkers [182] wird auch f¨ ur uN = uP = 0 beim realen Operationsverst¨arker eine Ausgangsspannung uA = 0 erzeugt. Jene Spannungsdifferenz UD0 , welche am Eingang angelegt werden muss, um die Ausgangspannung auf Null abzugleichen, wird als Eingangsfehlspannung oder als Eingangs-Offsetspannung UD0 bezeichnet. Sie erscheint im Schaltbild des realen Operationsverst¨arkers als Spannungsquelle am Eingang (Abb. 7.3). - ideal: UD0 = 0 - real: UD0 = 0, 5 μV . . . 5 mV Gesamtausgangsspannung (output voltage) uA ¨ Die Gesamtausgangsspannung uA ergibt sich als Uberlagerung aus der verst¨ arkten Leerlauf-Differenzeingangsspannung uD , die um die Offsetspannung UD0 vermindert wird, und der mit der Gleichtaktverst¨arkung multiplizierten Gleichtaktspannung uD = uP − uN uA = V0 uD + Vgl ugl = V0 (uD − UD0 ) + Vgl ugl = V0 (uP − uN − UD0 ) + Vgl ugl
•
•
•
187
(7.28) (7.29) (7.30)
Versorgungsspannungsunterdr¨ uckung (power supply rejection ratio) PSRR Die Versorgungsspannungsunterdr¨ uckung ist ein Maß daf¨ ur, welchen Einfluss eine Spannungsschwankung der Versorgung auf die Ausgangsspannung hat
∂uA PSRR [dB] = −20 lg (7.31) ∂uB - ideal: PSRR → ∞ - real: PSRR ≈ 100 dB Grenzfrequenz (cutoff frequency) fg , Bandbreite (bandwidth) Die 3-dB-Grenzfrequenz fg ist jene Frequenz, bei der die Verst¨arkung gegen¨ uber √ ihrem Gleichspannungswert um 3 dB (entspricht einem Faktor von 1/ 2) gesunken ist. Diese obere Grenzfrequenz, die im Allgemeinen der Bandbreite des Verst¨arkers entspricht, ist von der ¨außeren Beschaltung des Operationsverst¨arkers abh¨angig. F¨ ur unbeschaltete Operationsverst¨arker liegt sie bei einigen Hertz (Abb. 7.7). Anstiegsgeschwindigkeit (slew rate) SR Die Anstiegsgeschwindigkeit (Einheit V/μs) entspricht der zeitlichen Ableitung der Ausgangsspannung im Großsignalbetrieb bei Anlegen eines Spannungssprunges am Eingang
188
7 Messverst¨ arker
SR =
•
(7.32) max
- ideal: SR → ∞ V V - real: SR = 0, 5 μs . . . 10.000 μs Eingangsruhestrom (input bias current) IB Die Eingangstransistoren eines Operationsverst¨arkers weisen grunds¨atzlich Basis- bzw. Gatestr¨ome auf. Selbst bei Operationsverst¨arkerschaltungen mit einer sog. inneren Bias-Stromversorgung sind die Str¨ome IN und IP noch ungleich Null und m¨ ussen durch die ¨außere Beschaltung aufgebracht werden. Trotz des m¨oglichst symmetrischen Aufbaus der meisten Differenzeingangsstufen ist dar¨ uber hinaus IN = IP . In Datenbl¨attern sind stets die Mittelwerte von IN und IP sowie der Betrag ihrer Abweichungen voneinander angegeben. F¨ ur den mittleren Eingangsruhestrom (Biasstrom, Input Bias Current) IB gilt dabei folgende Definition IB =
•
∂uA ∂t
IN0 + IP0 2
- ideal: IB = 0 - real: IB = 3 fA(FET) . . . 1 μA (bipolar, in Sonderf¨allen bis 25 μA) Eingangsfehlstrom (input offset current), Offsetstrom ID0 Der Offsetstrom ID0 eines Operationsverst¨arkers entspricht der Differenz der Eingangsruhestr¨ome IN0 und IP0 ID0 = IN0 − IP0
•
•
•
(7.33)
(7.34)
- ideal: ID0 = 0 - real: ID0 = 1 fA ... 20 nA Offsetspannungsdrift (offset voltage drift) Die Offsetspannungsdrift beschreibt die Abh¨angigkeit der Offsetspannung UD0 von der Temperatur ϑ ∂UD0 (7.35) ∂ϑ - ideal: 0 - real: 0, 01 μV/◦C . . . 15 μV/◦ C Eingangsstromdrift Die Eingangsstromdrift beschreibt die Temperaturabh¨angigkeit des Eingangsstromes ∂(iP , iN ) (7.36) ∂ϑ uN =const.,uP =const. - ideal: 0 - real: 10 fA/◦ C . . . 1 μA/◦ C Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produkt (gain bandwidth product) V fg Wichtiger noch als der reine Verst¨arkungsfaktor ist das sogenannte Verst¨arkungs-Bandbreite-Produkt fg0 V0 , welches bei Universaltypen bei etwa
7.1 Operationsverst¨ arker
189
V0 fg0 = 106 Hz liegt und bei auf hohe Bandbreite ausgerichteten Operationsverst¨ arkern bis zu 3 · 109 Hz reicht. Durch eine Gegenkopplungsschaltung gem¨aß Abb. 7.5 wird der effektive Verst¨arkungsfaktor V und die effektive Grenzfrequenz fg der Messschaltung eingestellt. Das Produkt aus Verst¨ arkungsfaktor V und Bandbreite bzw. Grenzfrequenz fg ist f¨ ur GrenzV V0 1 0,1 f g0
0,01 0,01
0,1
1
fg 10
100
f f g0
Abb. 7.8. Zusammenhang zwischen Grenzfrequenz und Verst¨ arkungsfaktor eines Operationsverst¨ arkers (Konstanz des Verst¨ arkungs-Bandbreite-Produktes V fg )
frequenzen oberhalb von fg0 (fg > fg0 ) bei einem bestimmten Operationsverst¨ arkertyp stets ein konstanter Wert (Abb. 7.8) V fg = V0 fg0 . •
(7.37)
Transitfrequenz (unity gain bandwidth) fT Die Transitfrequenz fT ist jene Frequenz, bei der die Leerlaufspannungsverst¨ arkung auf 0 dB abgesunken ist.
In Tabelle 7.1 sind die Leistungsdaten einiger kommerziell erh¨altlicher Operationsverst¨ arker zusammengefasst. Diese Zusammenstellung enth¨alt neben den beiden Universaltypen (μA 741, TL 081) Operationsverst¨arker, die im Hinblick auf bestimmte Leistungsdaten optimiert wurden, wie z. B. hohe Transitfrequenz und hohe Slew-Rate (LMH5401), geringes Rauschen (AD797) oder hohe Ausgangsspannung (PA99). Anmerkung zu Tabelle 7.1: Rail to Rail heißt, dass der jeweilige Operationsverst¨arker bez¨ uglich Eingangsspannung (IN) bzw. Ausgangsspannung (OUT) bis an die Grenzen der Betriebsspannung betrieben werden kann [182].
190
7 Messverst¨ arker Tabelle 7.1: Leistungsdaten kommerziell erh¨ altlicher Operationsverst¨ arker Bezeichnung μA 741 Hersteller Philips OPV-Typ Urvater UD0 IB ID0 rgl V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Preis ca.
± 1 mV 80 nA 20 nA 2 MΩ 200 V/mV 90 dB 0,5 V/μs 1 MHz ∼ 1 μs
∼ 10 mA ± 18 V 0,3 EUR
Bezeichnung ACPL-790B Hersteller Avago OPV-Typ Galvanische Trennung UD0 IB ID0 rgl V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca.
± 0,4 mV -0,1 μA
TL 081 TI Universal J-FET
LM324 NXP Low Cost Universal
LMH5401 TI High Slew-Rate
3 mV 30 pA 5 pA 1012 Ω 200 V/mV 86 dB 13 V/μs 3 MHz ∼ 0,2 √ μs 18 nV Hz 1 kHz√ 10 fA HZ 1 kHz ∼ 50 mA ± 18 V 0,2 EUR
± 2 mV 45 nA ± 5 nA
± 0,4 mV ∼ 1 mA 4,6 kΩ
100 V/mV 85 dB 0,3 V/μs 1 MHz ∼ 12 μs√ 40 nV/ Hz 1 kHz
± 8 mA ± 16 V 0,15 EUR
72 dB 17,5 kV/μs 8 GHz 1 ns √ 1,25 nV/ Hz > 10 MHz √ 3,5 pA/ Hz > 200 MHz 50 mA 5,25 V 20,00 EUR
ADA4528 AD797 LTC2053 Analog Devices Analog Devices Linear Tech. Zero Drift Ultralow Noise Instrumentenverst¨ arker
0,3 μV 220 pA 440 pA 27 kΩ 225 kΩ 1 V/V 140 dB 76 dB 158 dB 0,45 V/μs 200 kHz 3 MHz 2,6 μs 7 μs √ SNR: -62 dB 5,5 nV/ Hz 1 kHz √ 0,7 pA/ Hz 1 kHz 11 mA ± 30 mA 5,5 V +6 V IN + OUT 7 EUR 3 EUR
25 μV 250 nA 100 nA 7,5 kΩ 20 V/μV 130 dB 20 V/μs 110 MHz 800 ns √ 0,9 nV/ Hz 1 kHz √ 2 pA/ Hz 1 kHz 50 mA ± 18 V 10 USD
-5 μV 4 nA 1 nA
113 dB 0,2 V/μs 200 kHz √ 2,5 μV/ Hz DC - 10 Hz
∼ 1 mA ± 5,5 V IN + OUT 8 EUR
7.1 Operationsverst¨ arker
Bezeichnung PA52 Hersteller Apex OPV-Typ High Output Current
PA99A Apex High Output Voltage
MCP6441 Microchip Low Power 450 nA
LM4702 TI Audioendstufen Driver
UD0 IB ID0 rgl V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca.
5 mV 10 pA 10 pA 100 GΩ 102 dB 100 dB > 50 V/μs 3 MHz 1 μs 10 μV RMS 100 kHz BW
2 mV 50 pA 5 pA 100 GΩ 117 dB 134 dB 30 V/μs 28 MHz
± 4 mV ± 1 pA ± 1 pA 10 TΩ 110 dB 76 dB 3 V/ms 9 kHz
10 mV 500 nA
40 A ± 100 V
50 mA ± 1250 V
550 EUR
900 EUR
50 kΩ 93 dB 15 V/μs
√ 190 nV/ Hz 1 kHz √ 0,6 fA/ Hz 1 kHz ±3 mA +6 V IN + OUT 0,75 EUR
15 EUR
Bezeichnung LMC6041 Hersteller National
MAX4223 Maxim
TLC081 TI
OPV-Typ
LTC6090 Linear Technology Ultralow Bias High Voltage
Current Feedback
R/R Low cost
UD0 IB ID0 rgl V0 CMRR SR fT ts u-Rauschen bei i-Rauschen bei Iout Ub max Rail to Rail Preis ca.
1 mV 2 fA 1 fA > 10 TΩ 120 dB 75 dB 0,02 V/μs 75 kHz 200 μs √ 83 nV/ Hz 1 kHz √ 0,2 fA/ Hz 1 kHz 22 mA 15,5 V OUT 2 EUR
0,5 mV 4 μA
80 mA ± 6V
390 μV 2 pA 3 pA 1 TΩ 120 dB 110 dB 16 V/μs 10 MHz 180ns √ 12 nV/ Hz 1 kHz √ 0,6 fA/ Hz 1 kHz 55 mA ± 17 V
9 EUR
2 EUR
2 μV RMS 20 kHz BW
300 μV 3 pA 0,5 pA
45 Ω 10 kV/mV 140 dB 21 V/μs 12 MHz 2 μs √ 14 nV/ Hz 1 kHz√ 1 fA/ Hz 50 mA 140 V OUT 10 EUR
61 dB 1100 V/μs 1 GHz 8 ns
150μV 0-30kHz√ 1,1 pA/ Hz 5,5 mA ±100 V
191
192
7 Messverst¨ arker
7.1.4 Operationsverst¨ arker-Grundschaltungen Ein Operationsverst¨arker kann durch entsprechende ¨außere Beschaltung in sehr vielf¨ altiger Weise f¨ ur Messaufgaben eingesetzt werden. Im Folgenden werden verschiedene Standard-Operationsverst¨arkerschaltungen vorgestellt, wobei jeweils das Verh¨altnis von Ausgangsgr¨ oße (i. Allg. die Ausgangsspannung uA ) zu Eingangsgr¨oße (i. Allg. die Eingangsspannung uE ) angegeben wird. Die Beziehung zwischen Ausgangs- und Eingangsgr¨oße l¨asst sich leicht ableiten, wenn man den Operationsverst¨arker in der folgenden Weise idealisiert: Eingangswiderstand rE → ∞, Eingangsstr¨ome iN = 0 bzw. iP = 0, Leerlaufverst¨ arkung V0 → ∞. Wird der Operationsverst¨arker in Gegenkopplung betrieben, kann zudem uD = 0 angenommen werden, (siehe Kap. 7.1.2) Die Auswertung der aus dem jeweiligen Schaltbild resultierenden Knoten- und Maschengleichungen liefert dann unmittelbar den gesuchten mathematischen Zusammenhang zwischen Ausgangs- und Eingangsgr¨oße. Invertierender Verst¨ arker Der invertierende Verst¨arker wurde bereits in Kap. 7.1.2 besprochen (s. Abb. 7.6). F¨ ur einen idealen Operationsverst¨arker ergibt sich das Verh¨altnis von Ausgangsspannung uA zur Eingangsspannung uE zu (s. Gl. (7.12)) uA R2 =− . uE R1
(7.38)
Invertierer Der reine Invertierer (Abb. 7.9) hat die Aufgabe, die Polarit¨at der Eingangsspannung am Ausgang umzukehren uA = −uE ,
(7.39)
was dadurch erreicht wird, dass beim invertierenden Verst¨arker (Abb. 7.6) die Widerst¨ ande R1 und R2 identisch gew¨ahlt werden.
Abb. 7.9. Grundschaltung des Invertierers
7.1 Operationsverst¨ arker
193
Nicht-invertierender Spannungsverst¨ arker Der nicht-invertierende Spannungsverst¨arker (Abb. 7.10) beh¨alt die Polarit¨at der Eingangsspannung bei und erlaubt die Einstellung des Verst¨arkungsfaktors u ¨ ber die Widerstandskombination R1 und R2 uA R2 =1+ . uE R1
(7.40)
Abb. 7.10. Nicht-invertierender Spannungsverst¨ arker
Addierender Verst¨ arker Der addierende Verst¨arker (Abb. 7.11) addiert die Eingangsspannungen und dreht die Polarit¨at nach der Summenbildung um. Mit Hilfe der Widerstandswerte R1 und R2 lassen sich die Eingangsspannungen u1 und u2 mit Gewichtsfaktoren versehen
u1 u2 uA = iG R3 = −(i1 + i2 )R3 = − R3 . + (7.41) R1 R2 Im Allgemeinen w¨ahlt man R1 = R2 = R3 , so dass eine ungewichtete Summenbildung erzielt wird uA = −(u1 + u2 ) . (7.42)
Abb. 7.11. Addierender Verst¨ arker
194
7 Messverst¨ arker
Subtrahierender Verst¨ arker Der subtrahierende Verst¨arker (Abb. 7.12) erlaubt die Differenzbildung der beiden Eingangsspannungen u1 und u2 . F¨ ur beliebige Widerstandswerte lassen sich wiederum Gewichtsfaktoren einstellen uA = u2
R4 (R1 + R3 ) R3 − u1 . R1 (R2 + R4 ) R1
(7.43)
F¨ ur den Fall R1 /R3 = R2 /R4 ergibt sich die gew¨ unschte Subtraktion der Eingangsspannungen mit zus¨atzlicher Verst¨arkung um den Faktor R3 /R1 uA =
R3 (u2 − u1 ) . R1
(7.44)
F¨ ur den reinen Subtrahierer w¨ahlt man R1 = R2 = R3 = R4 , so dass ungewichtet subtrahiert wird uA = u2 − u1 . (7.45)
Abb. 7.12. Subtrahierender Verst¨ arker
Impedanzwandler Mit Hilfe des Impedanzwandlers (Abb. 7.13), der auch als Spannungsfolger bezeichnet wird, werden Quellen mit hohem Innenwiderstand an Schaltungen mit niedrigem Widerstand angepasst. So kann beispielsweise an hochohmigen Schaltungen mit weniger hochohmigen Messwerken r¨ uckwirkungsfrei gemessen werden. Die Eingangsspannung erscheint dabei unver¨andert am Ausgang uA = uE .
(7.46)
7.1 Operationsverst¨ arker
195
Abb. 7.13. Impedanzwandler
Integrierender Verst¨ arker In der analogen Signalverarbeitung ist der auf einem Operationsverst¨arker basierende Integrierer (Integrator) eines der zentralen Elemente. Der integrierende Verst¨arker (Abb. 7.14) bildet das zeitliche Integral einer Eingangsspannung. F¨ ur den Fall, dass der Anfangswert der Ausgangsspannung uA zu Beginn der Integration den Wert Null annimmt, folgt t 1 t 1 t 1 uA = iG dt = − iE dt = − uE dt . (7.47) C 0 C 0 RC 0
Abb. 7.14. Integrierende Operationsverst¨ arkerschaltung
Differenzierender Verst¨ arker (Prinzip) Der differenzierende Verst¨arker (Abb. 7.15) hat die Aufgabe, die Eingangsspannung uE zeitlich zu differenzieren duE . (7.48) uA = iG R = −iE R = −RC dt
Abb. 7.15. Prinzip einer differenzierenden Operationsverst¨ arkerschaltung
196
7 Messverst¨ arker
Differenzierender Verst¨ arker (praktische Realisierung) Die Schwingneigung der Prinzipschaltung nach Abb. 7.15 kann vermieden werden, wenn die modifizierte Differenzierer-Schaltung nach Abb. 7.16 verwendet wird. Die reine Differenzierung der Eingangsspannung erreicht man durch die Wahl entsprechender Zeitkonstanten R1 C1 und R2 C2 . Denn w¨ahlt man diese so klein, dass die h¨ochste in der Eingangsspannung enthaltene Signalfrequenz ω klein ist gegen¨ uber den Kehrwerten der beiden Zeitkonstanten 1 R1 C1 1 , ω R2 C2
ω
(7.49) (7.50)
folgt wiederum duE . (7.51) dt Eine modifizierte Operationsverst¨arkerschaltung eines Differenzierers wird in [102] behandelt. uA = −R2 C1
Abb. 7.16. Differenzierende Operationsverst¨ arkerschaltung (technisch verwendbar)
Logarithmierender Verst¨ arker mit Diode Eine die Eingangsspannung logarithmierende Operationsverst¨arkerschaltung enth¨ alt eine Diode im R¨ uckkoppelzweig (Abb. 7.17). Mit der f¨ ur den Durchlassbereich vereinfachten (Diodensperrstrom IS Diodenstrom iD ) Diodenkennlinie iD = f (uD ) uD (7.52) iD = IS e mUT folgt unter Ber¨ ucksichtigung der Knotengleichung iD = iE die Ausgangsspannung uA als logarithmierte Eingangsspannung uE
iE uE f¨ ur uE > 0 . uA = −mUT ln = −mUT ln (7.53) IS IS R
7.1 Operationsverst¨ arker
197
Dabei bezeichnen IS den temperaturabh¨angigen Sperrstrom der Diode, m = 1...2 den stromabh¨angigen Korrekturfaktor und UT die Temperaturspannung der Diode kT UT = , (7.54) e0 die bei einer Temperatur T = 25◦ C einen Wert von UT = 25, 7 mV aufweist. In Gl. (7.54) wurden folgende Bezeichnungen verwendet: die Boltzmann-Konstante k = 1, 38 · 10−23 Ws/K, die absolute Temperatur T (K) und die Elementarladung e0 = 1, 6 · 10−19 As.
Abb. 7.17. Logarithmierende Operationsverst¨ arkerschaltung mit Diode
Logarithmierender Verst¨ arker mit Transistor Der Einfluss des stromabh¨angigen Korrekturfaktors m (Gl. (7.53)) l¨asst sich umgehen, wenn man statt der Diode einen Transistor gem¨aß Abb. 7.18 einsetzt. F¨ ur den Kollektorstrom iC gilt bei kleinem Kollektorsperrstrom ICS (ICS iC ) uBE (7.55) iC = ICS e UT , wobei uBE die Basis-Emitter-Spannung und UT die Temperaturspannung bezeichnen.
Abb. 7.18. Prinzipschaltung eines Logarithmierers mit Operationsverst¨ arker und einem Transistor im R¨ uckkoppelzweig
F¨ ur die Ausgangsspannung uA des Logarithmierers folgt daraus f¨ ur uE > 0
198
7 Messverst¨ arker
uA = −UT ln
uE RICS
.
(7.56)
e-Funktionsgenerator Wenn man in der logarithmierenden Operationsverst¨arkerschaltung (Abb. 7.19) Widerstand und Transistor vertauscht, invertiert man die mathematische Operation des Logarithmierens, d. h. der nat¨ urliche Logarithmus aus Gl. (7.56) geht u ur uE < 0 kann die Aus¨ ber in eine Exponentialfunktion. F¨ gangsspannung wie folgt angegeben werden uA = RiC = RICS e−uE /UT .
(7.57)
Abb. 7.19. Einfacher e-Funktionsgenerator
Komparator ohne Hysterese Ein unbeschalteter Operationsverst¨arker, wie er in Abb. 7.20 gezeigt wird, stellt einen Komparator ohne Hysterese dar. Seine Ausgangsspannung l¨auft f¨ ur positive Eingangsspannungen uD > 0, d. h. u1 < u2 , auf ihren positiven Grenzwert uAmax uA = +uAmax f¨ ur u1 < u2 . (7.58) Umgekehrt wird f¨ ur eine negative Differenzeingangsspannung uD < 0, d. h. u1 > u2 , der negative Grenzwert erreicht, der dem positiven mit umgekehrtem Vorzeichen entspricht uA = −uAmax
f¨ ur
u1 > u2 .
Abb. 7.20. Komparator ohne Hysterese
(7.59)
7.1 Operationsverst¨ arker
199
Invertierender Komparator mit Hysterese (Invertierender Schmitt-Trigger) Bei einem Komparator mit Hysterese, der auch als invertierender SchmittTrigger bezeichnet wird, gibt es im Gegensatz zu einem Komparator ohne Hysterese zwei Schaltschwellen, die im Folgenden mit uEauf und uEab bezeichnet werden. Dieses Schaltverhalten wird u ¨ ber eine Mitkopplung des Komparators erreicht (Abb. 7.21a), d. h. ein Teil der Ausgangsspannung uA wird mit Hilfe des aus R1 und R2 bestehenden Spannungsteilers auf den nichtinvertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers zur¨ uckgekoppelt. Bei vernachl¨ assigbarer Differenzeingangsspannung liegt die Eingangsspannung uE am Widerstand R1 des Spannungsteilers an, so dass unter Ber¨ ucksichtigung der Tatsache, dass die Ausgangsspannung infolge der Mitkopplung nur die Werte +uAmax bzw. −uAmax annehmen kann, die Schaltschwellen uEauf bzw. uEab (Abb. 7.21b) wie folgt hergeleitet werden k¨onnen R1 , R1 + R2 R1 = +uAmax . R1 + R2
uEauf = −uAmax uEab
(7.60) (7.61)
Es sei darauf hingewiesen, dass der einzige Unterschied zwischen der Schaltung eines Schmitt-Triggers (Abb. 7.21) und einem nicht-invertierenden Spannungsverst¨ arker (Abb. 7.10) die Form der R¨ uckkopplung ist. W¨ahrend der nicht-invertierende Spannungsverst¨arker gegengekoppelt ist (R¨ uckkopplung des Spannungsteilers auf den invertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers) und damit absolut stabil arbeitet, ist die R¨ uckkopplung beim SchmittTrigger eine Mitkopplung (R¨ uckkopplung auf den nicht-invertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers), so dass sich das gezeigte bistabile Verhalten einstellt, d. h. die Ausgangsspannung l¨auft entweder auf ihren positiven oder ihren negativen Endwert.
Abb. 7.21. Invertierender Schmitt-Trigger: a) Operationsverst¨ arkerschaltung, b) Kennlinien des invertierenden Schmitt-Triggers
200
7 Messverst¨ arker
Multivibrator Wenn die Ausgangsspannung eines invertierenden Schmitt-Triggers zeitlich verz¨ ogert auf den Eingang zur¨ uckgef¨ uhrt wird, entsteht ein sog. Multivibrator. Dies ist ein Oszillator, der eine Rechteckschwingung liefert. Anhand des Schaltbildes nach Abb. 7.22 l¨asst sich die Differentialgleichung f¨ ur uC (t) ableiten, indem man die Knotenregel f¨ ur den Verbindungsknoten zwischen R und C anwendet duC ±uAmax − uC = . (7.62) dt RC
Abb. 7.22. a) Multivibrator mit Komparator, b) Spannungsverl¨ aufe in der Multivibrator-Schaltung
Mit der Anfangsbedingung uC (t = 0) = uEauf ergibt sich die L¨osung dieser Differentialgleichung zu
2R1 + R2 −t/RC uC (t) = uAmax 1 − . (7.63) e R1 + R2 Die Periodendauer T der Rechteckschwingung betr¨agt somit
2R1 . T = 2RC ln 1 + R2 F¨ ur R1 = R2 folgt
T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(7.64)
(7.65)
Voltmeterschaltung Die Voltmeterschaltung (Abb. 7.23) erm¨oglicht eine hochohmige Spannungsmessung mit einem Strommessger¨at. Es handelt sich dabei um einen Spannungsverst¨ arker mit Stromausgang. Bei Vernachl¨assigung der Differenzeingangsspannung f¨allt die Eingangsspannung uE direkt am Widerstand R ab, so dass
7.1 Operationsverst¨ arker
201
uE (7.66) R gilt, woraus unmittelbar die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen uE und iM folgt iM ∼ uE . (7.67) iM =
Abb. 7.23. Voltmeterschaltung
Stromgesteuerte Spannungsquelle Abbildung 7.24 zeigt die Schaltung einer mit Hilfe eines Operationsverst¨arkers realisierten stromgesteuerten Spannungsquelle. Bei einer stromgesteuerten Spannungsquelle ist die Ausgangsspannung uA proportional dem Eingangsstrom iE . Wenn man den Operationsverst¨arkereingangsstrom iN vernachl¨assigt, folgt unmittelbar der Zusammenhang zwischen Eingangsstrom iE und der Ausgangsspannung uA uA = −iE R . (7.68) Prinzipiell k¨onnte diese Schaltung auch der Strommessung mit niedrigem Innenwiderstand dienen. Der Nachteil, dass eine Eingangsklemme auf Massepotential liegt, wird allerdings erst durch die folgende Amperemeterschaltung vermieden.
Abb. 7.24. Stromgesteuerte Spannungsquelle
202
7 Messverst¨ arker
Amperemeterschaltung Die Amperemeterschaltung (Abb. 7.25) erlaubt die niederohmige Strommessung mit einem Spannungsmessger¨at, wobei an den Messkontakten keine Spannung abf¨allt, d. h. es wird leistungslos und damit ohne einen durch den Innenwiderstand eines Messger¨ates bedingten systematischen Fehler gemessen. Bei Vernachl¨assigung der Eingangsdifferenzspannungen der Operationsverst¨ arker verschwindet die Eingangsspannung uE uE = 0 .
(7.69)
Weiterhin liegen die mit u gekennzeichneten Punkte auf gleichem Potential. Die Potentialdifferenz gegen Masse betr¨agt u . Damit kann man bez¨ uglich der Operationsverst¨arker 1 und 2 die beiden folgenden Spannungsuml¨aufe angeben −u + iE R1 + u2 = 0 (7.70) und
−u − iE R1 + u1 = 0 .
(7.71)
Die Subtraktion der Gl. (7.71) von Gl. (7.70) liefert 2iE R1 = −(u2 − u1 ) .
(7.72)
Die Differenzbildung (u2 − u1 ) der beiden Teilspannungen wird von dem nachfolgenden subtrahierenden Verst¨arker vorgenommen (siehe auch Abb. 7.12 bzw. Gl. (7.45)), so dass, wie bei der Strommessung gefordert, die Ausgangsspannung uA proportional dem Eingangsstrom iE ist uA = u1 − u2 = −(u2 − u1 ) = 2R1 iE .
Abb. 7.25. Erdfreie Amperemeterschaltung
(7.73)
7.1 Operationsverst¨ arker
203
u R1 iE
iM iE + iM R2
u
Abb. 7.26. Stromverst¨ arker
Stromverst¨ arker Beim Stromverst¨arker (Abb. 7.26) ist der Strom iM , welcher durch das am Ausgang des Operationsverst¨arkers liegende Messwerk fließt, proportional zum Eingangsstrom iE . Wenn man wiederum die Differenzeingangsspannung des Operationsverst¨arkers vernachl¨assigt, f¨allt an den Widerst¨anden R1 und R2 dieselbe Spannung u ab iE R1 = −u (iE + iM )R2 = u .
(7.74) (7.75)
Aus den Gln. (7.74) und (7.75) folgt iM = −
R1 + R2 iE R2
(7.76)
bzw. die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen dem Eingangsstrom iE und dem Strom iM durch das Messger¨at iM ∼ iE .
(7.77)
Aktiver Vollweg-Gleichrichter Mit Hilfe von Operationsverst¨arkern lassen sich auch mit realen Dioden nahezu ideale Gleichrichter in Form sog. aktiver Gleichrichterschaltungen realisieren. Der Hauptnachteil von nicht-aktiven Gleichrichterschaltungen, also Schaltungen, die nur auf Dioden basieren, beruht auf der endlichen Diodenschwellenspannung (0,7 V bei Siliziumdioden (Kap. 6.3.2)). Abbildung 7.27 zeigt eine aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung, deren Ausgangsspannung uA dem Betrag der Eingangsspannung uE entspricht uA = |uE | .
(7.78)
Der linke Abschnitt der Schaltung stellt einen aktiven Einweg-Gleichrichter dar. Es gilt
204
7 Messverst¨ arker
Abb. 7.27. Aktive Vollweg-Gleichrichterschaltung
uA1 = −uE f¨ ur uE ≥ 0
(7.79)
uA1 = 0 f¨ ur uE < 0 .
(7.80)
bzw. Die rechte Teilschaltung ist ein addierender Verst¨arker (Abb. 7.11 bzw. Gl. (7.41)), der in Verbindung mit dem Einweg-Gleichrichter insgesamt zu einem Vollweg-Gleichrichter f¨ uhrt. Damit ergibt sich die Ausgangsspannung uA f¨ ur negative Eingangsspannungswerte zu uA = −uE f¨ ur uE < 0 .
(7.81)
F¨ ur positive Eingangsspannungen uE folgt aus der f¨ ur den Addierer geltenden Beziehung zwischen Ausgangsspannung und Eingangsspannung (Gl. (7.41)) # " uE −uE + R R = uE f¨ uA = − ur uE > 0 . (7.82) R 2 Die Auswirkungen von nicht vernachl¨assigbaren Diodenschwellenspannungen bei endlicher Verst¨arkung der Operationsverst¨arker wird in [102] behandelt. Es sei darauf hingewiesen, dass aus Offsetspannungen und Eingangsstr¨omen des Operationsverst¨arkers weitere Fehler resultieren k¨onnen. 7.1.5 Operationsverst¨ arker mit differentiellem Ausgang W¨ ahrend die bisher behandelten Standard-Operationsverst¨arker einen massebezogenen Ausgang (Single-ended Output) haben, finden seit einiger Zeit auch spezielle Operationsverst¨arker mit einem differentiellen Ausgang (Abb. 7.28a) h¨ aufiger Anwendung. Statt des einen Ausgangs gibt es hierbei zwei Ausgangsleitungen, eine positive und eine negative. Die negative Ausgangsleitung ist am Invertierungszeichen zu erkennen. Die Ausg¨ange sind hier wie die Eing¨ ange differentiell geschaltet. Dies bedeutet, dass die beiden Ausg¨ange gegen¨ uber Masse betragsm¨aßig dieselbe Spannung aufweisen, sie haben nur umgekehrte Vorzeichen. Im Gegensatz zu den bisher behandelten Schaltungen
7.1 Operationsverst¨ arker
205
mit Single-ended Ausgang sind nunmehr zwei R¨ uckkopplungschleifen notwendig (Abbn. 7.29 - 7.31), welche identisch aufgebaut sein m¨ ussen. Um einen stabilen Betrieb zu erm¨oglichen, m¨ ussen die Ausg¨ange auf den Eingang mit jeweilig umgekehrter Polarit¨at (Vorzeichen) zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Ein weiterer Unterschied zum klassischen Operationsverst¨arker ist die zus¨ atzliche Eingangsklemme uglA (Abb. 7.28b). Sie hat die Aufgabe, eventuell auf beiden Eing¨angen (uP und uN ) gleichsinnig lastende St¨orspannungen, d. h. also Gleichtaktspannungen, am Ausgang zu kompensieren. Dies bedeutet, dass der Operationsverst¨arker mit differentiellem Ausgang in der Lage ist, Gleichtaktst¨ orungen zu unterdr¨ ucken. F¨ ur den Fall, dass kein Signal an den uglA -Eingang angelegt wird, erscheint die halbe Betriebsspannung als Gleichtaktsignal am Ausgang. Ansonsten erh¨alt man das angelegte uglA -Signal als Offset im Ausgangssignal.
Abb. 7.28. Differentieller Operationsverst¨ arker: a) vereinfachte Darstellung; b) Darstellung mit Eingang zur Regelung der Ausgangsgleichtaktspannung
206
7 Messverst¨ arker
Definitionen f¨ ur differentielle Operationsverst¨ arker •
Differentielle Ausgangsspannung uDA − uDA = u+ A − uA
•
Gleichtakt-Ausgangsspannung uglA uglA =
•
(7.83)
− u+ a + uA 2
(7.84)
(Gesamt-)Spannungsverst¨arkung VDA VDA =
− u+ uDA A − uA = = 2 V0 uP − uN uD
(7.85)
Abbildung 7.29 zeigt eine Verst¨arkerstufe mit differentiellem Ausgang. Es gibt nunnmehr zwei R¨ uckkopplungsschleifen, welche identische R¨ uckkopplungswiderst¨ ande (R1 ) enthalten. Die (differentielle) Spannungsverst¨arkung ergibt sich wie im Fall des Operationsverst¨arkers mit nicht-differentiellem Ausgang zu u+ − u− R1 A V = A , (7.86) + − = R2 uE − uE d. h. wie gewohnt aus dem Verh¨altnis der Widerst¨ande von R¨ uckkopplungsund Eingangszweig. Es sei nochmals betont, dass im Gegensatz zum klassischen Operationsverst¨arker hier beide R¨ uckkopplungsschleifen geschlossen werden m¨ ussen, um ein einwandfreies Arbeiten der Schaltung zu gew¨ahrleisten. Im Falle von nicht identischen R¨ uckkopplungszweigen kommt es zu Gleichtaktfehlern im Ausgangssignal. So f¨ uhrt beispielsweise eine Abweichung von 0,1 % in den Widerst¨anden zu einem CMRR (s. Gl. (7.20)) von 60 dB. In der Praxis ist oft die Konvertierung eines massebezogenen Signals in ein nicht-massebezogenes differentielles Signal gefragt. Abbildung 7.30 zeigt die beiden Schaltungsvarianten, die diese Aufgabe erf¨ ullen. Sie arbeiten beide gleichermaßen, auch wenn einmal das Eingangssignal auf den invertierenden und das andere Mal auf den nicht-invertierenden Eingang gelegt wird. Die Verst¨ arkung V ergibt sich in beiden F¨ allen wiederum aus dem Verh¨altnis der Widerst¨ ande von R¨ uckkopplungs- und Eingangszweig R1 _
uE
R2
+
uA _
+
uE
uA
R2 R1
Abb. 7.29. Differentielle Verst¨ arkerstufe
7.1 Operationsverst¨ arker
207
Abb. 7.30. Schaltungen zur Konvertierung von massebezogenen Eingangssignalen (single-ended input) in differentielle Ausgangssignale
V =
− u+ R1 A − uA = . uE R2
(7.87)
Hierbei ist zu beachten, dass der Innenwiderstand RiQ der am Eingang ange schlossenen Quelle (z. B. RiQ = 50 Ω) in die Berechnung von R2 eingeht. R2 ist also um diesen Wert (50 Ω) zu vergr¨oßern. Eine der Hauptanwendungen von differentiellen Operationsverst¨arkern ist die Ansteuerung von Analog-Digital-Umsetzern (s. Kap. 11.6). Moderne Analog-Digital-Umsetzer (ADU bzw. ADC) besitzen in der Regel einen diffe− rentiellen Eingang mit zwei Eingangssignalen u+ IN und uIN (s. Abb. 7.31). Das C1 R3 _ uE
R2
R1
+ UB
u+IN
u Esignal
R3
+
uE
C2
R2
u glA R1
_
C2
u IN
ADU u refADU
_U
B
C1 Abb. 7.31. Schaltung mit differentiellem Operationsverst¨ arker zur Ansteuerung eines Analog-Digital-Umsetzers
auf diesen differentiellen Eingang bezogene Nullsignal entspricht der Gleich− taktspannung an seinem Eingang. Diese betr¨agt 1/2 (u+ IN +uIN ). Das maximale + − Eingangssignal uIN − uIN darf die Versorgungsspannung nicht u ¨berschreiten; sie liegt meist bei wenigen Volt (3 V - 5 V). Die Bezugspotentiale des differentiellen Eingangs entsprechen dabei einerseits dem Massepotential der Schaltung
208
7 Messverst¨ arker
und andererseits dem Wert der Versorgungsspannung. In der potentialm¨aßigen Mitte liegt das Nullsignal des ADU-Eingangs, welches, wie bereits oben erw¨ ahnt, identisch ist mit der Gleichtaktspannung am Eingang des ADUs. Die klassische Schaltungstechnik zur Ansteuerung von ADUs besteht in der Verwendung von zwei Operationsverst¨arkern, die als Differenzverst¨arker arbeiten. Zus¨ atzlich ist ein dritter Operationsverst¨arker notwendig, um den Differenzverst¨ arker mit der vom ADU ben¨otigten Gleichtaktspannung vorzuspannen. Die Alternativl¨osung verwendet einen Transformator zur Signal¨ ubertragung am Eingang des ADU. Die letztgenannte L¨osung schließt allerdings die Analog-Digital-Umsetzung von Gleichsignalen aus. Hier bieten differentielle Operationsverst¨arker nunmehr die M¨oglichkeit, mit nur einem aktiven Bauteil und auch weniger passiven Bauelementen auszukommen [134]. Um ein massebezogenes Eingangssignal in der oben beschriebenen Weise auf das Eingangsspannungsintervall abzubilden, muss also die Gleichtaktspannung am Eingang des ADUs (entspricht dem Wert des Nullsignals am Eingang) von der differentiellen Ausgangsstufe des Operationsverst¨ arkers bereitgestellt werden. Da die Ausgangsgleichtaktspannung am Eingang uglA vorgegeben werden kann, nutzt man die M¨oglichkeit von modernen ADUs, genau diesen Spannungswert bereitzustellen. Die Treiberstufe f¨ ur den ADU auf Basis eines differentiellen Operationverst¨arkers funktioniert also, wenn man dieses Ausgangssignal des ADU auf den uglA -Eingang des Operationsverst¨arkers gibt. Diese Schaltung hat den Vorteil einer im Idealfall nahezu vollst¨andigen Unterdr¨ uckung von Gleichtaktst¨orsignalen am Eingang. Zudem werden infolge der differentiellen Ausf¨ uhrung die geradzahligen Vielfachen der Grundwelle und damit die harmonischen Verzerrungen (s. a. Kap. 13.6 Klirrfaktor“) re” duziert [134]. Tabelle 7.2: Leistungsdaten differentieller Operationsverst¨ arker (Stand: April 2016) Bezeichnung
ADA4960-1
Hersteller
Analog Devices
Auswahlkriterium
∗1
max. Leistung SR fT u-Rauschen Ubmax Preis ca.
LTC6406
LMH6554
LTC6412
Linear Texas Linear Technology Instruments Technology ∗2
∗3
∗4 330 mW
300 mW
63 mW
260 mW
8,7 kV/μs
630 V/μs
6,2 kV/μs
5 GHz 3 GHz 2,8 GHz 800 MHz √ √ √ √ 1,6 nV/ Hz 1,6 nV/ Hz 0,9 nV/ Hz 2,7 nV/ Hz 5,25 V
3,5 V
± 5,5 V
3,8 V
14,99 EUR
7,23 EUR
9,03 EUR
10,50 EUR
7.2 Spezielle Messverst¨ arker
Bezeichnung Hersteller Auswahlkriterium
OPA1632
THS4532
LTC6409
LMH5401
Texas Texas Linear Texas Instruments Instruments Technology Instruments ∗5
∗6
∗7
∗8
max. Leistung
210 mW
2,5 mW
275 mW
275 mW
SR
50 V/μs
200 V/s
3,3 kV/μs
17,5 kV/μs
fT u-Rauschen Ubmax Preis ca.
209
180 MHz 36 MHz 10 GHz 8 GHz √ √ √ √ 1,3 nV/ Hz 10 nV/ Hz 1,1 nV/ Hz 1,25 nV/ Hz 32 V
5,5 V
± 5,25 V
5,5 V
5,72 EUR
5,54 EUR
11,41 EUR
13,35 EUR
∗1 Die Verst¨ arkung des ADA4960-1 kann mittels eines Widerstandes eingestellt werden. ∗2 Hohe Linearit¨ at f¨ ur 16 Bit ADCs. ∗3 Der LMH6554 hat einen Abschalteingang, um die Leistungsaufnahme zu reduzieren. ∗4 Die Verst¨ arkung des LTC6412 ist mittels einer analogen Steuerspannung beeinflussbar (AGC). ∗5 Audio Anwendung nur 0,000022% THD (Oberwellen). ∗6 Low Power. ∗7 Single-Ended to Differential Amplifiers. ∗8 Low Noise.
Es sei noch erw¨ahnt, dass der durch die Bauelemente R1 und C1 gebildete Tiefpass ein Anti-Aliasing-Filter (s. Kap. 11.7.1) darstellt. Es hat ein 3 dBGrenzfrequenz von 1 fg = . (7.88) 2πR1 C1 Der Widerstand R3 entkoppelt den Ausgang des Operationsverst¨arkers von C2 , dessen Aufgabe das schnelle Laden der Eingangskapazit¨at des Wandlers (s. Kap. 11.7.2) ist. Typisch sind Werte R3 =10 bis 30 Ω und C2 = 0,1 bis 2 nF. Tabelle 7.1.5 enth¨alt typische Vertreter von kommerziell erh¨altlichen Operationsverst¨ arkern mit differentiellem Ausgang. Weitere Informationen zu differentiellen Operationsverst¨arkern findet der interessierte Leser in [88], [89].
7.2 Spezielle Messverst¨ arker 7.2.1 Differenzverst¨ arker Ein Differenzverst¨arker ist notwendig, um die Signale von Quellen mit floatendem Eingang (nicht massebezogenem Eingang) zu verst¨arken. Dabei handelt
210
7 Messverst¨ arker
es sich um Quellen, deren Potentiale gegen¨ uber Masse schwanken. Dies ist z. B. bei Strommessungen mittels Shunt oft der Fall. Auch bei massebezogenen Signalquellen bietet der Differenzverst¨arker den Vorteil hoher Gleichtaktunterdr¨ uckung (> 100 dB). Abbildung 7.32 zeigt den Schaltungsaufbau. Der
Abb. 7.32. Differenzverst¨ arker
Verst¨ arkungsgrad dieser Schaltung kann leicht nach dem Superpositionsprinzip berechnet werden uA R1 V = = . (7.89) uE2 − uE1 R2 Um die Eigenschaften des Differenzverst¨arkers zu verbessern, insbesondere im Hinblick auf eine Erh¨ohung der Eingangsimpedanz werden sog. Instrumentenverst¨arker eingesetzt, die auch als Instrumentierungsverst¨arker bezeichnet werden (s. Kap. 7.2.2). Diese besitzen eine sehr hohe Eingangsimpedanz. Dabei ist zu bedenken, dass der Innenwiderstand Ri einer an den Differenzeingang des Verst¨arkers nach Abbildung 7.32 angeschlossenen Spannungsquelle den Verst¨ arkungsgrad ver¨andert (s. Abb. 7.33) V →V =
2R1 . 2R2 + Ri
Abb. 7.33. Differenzverst¨ arker mit Signalquelle am Eingang
(7.90)
7.2 Spezielle Messverst¨ arker
211
7.2.2 Instrumentenverst¨ arker (Instrumentierungsverst¨ arker) In der Elektrischen Messtechnik werden h¨aufig pr¨azise arbeitende Messverst¨ arker ben¨otigt, die in der Lage sind, einen hohen Gleichtaktst¨oranteil m¨ oglichst vollst¨andig zu unterdr¨ ucken und nur den Differenzanteil, der in diesem Fall dem Nutzsignal entspricht, zu verst¨arken. Zur Erf¨ ullung die-
Abb. 7.34. Schaltung eines Instrumentenverst¨ arkers
ser Anforderungen scheiden somit alle Verst¨arkertypen aus, bei denen einer der Eing¨ange auf Bezugspotential liegt. Mit dem in Abb. 7.34 gezeigten Instrumentenverst¨arker, der von einem Subtrahierverst¨arker mit zwei vorgeschalteten Elektrometerverst¨arkern gebildet wird, werden die gestellten Anforderungen erf¨ ullt. Neben der hohen Gleichtaktunterdr¨ uckung zeichnet sich der Instrumentenverst¨arker vor allem durch gute Linearit¨atseigenschaften, hohen Eingangswiderstand sowie eine geringe Beeinflussung durch Eingangsst¨ orgr¨oßen aus. Die beiden Operationsverst¨arker 1 und 2 liefern die Spannung u1
uE1 − uE2 R1 R1 = 1+ uE1 − uE2 u1 = uE1 + R1 (7.91) R R R bzw. die Spannung u2 uE1 − uE2 = u2 = uE2 − R2 R
R2 R2 1+ uE2 − uE1 . R R
(7.92)
F¨ ur eine reine Gleichtakteingangsspannung uE1 = uE2 = ugl ergibt sich demnach f¨ ur beide Stufen (1 und 2) eine Gleichtaktverst¨arkung vom Wert 1 u1 u2 = =1. ugl ugl
(7.93)
212
7 Messverst¨ arker
Der nachgeschaltete Subtrahiererverst¨arker (OpAmp 3) liefert f¨ ur die folgendermaßen dimensionierten Widerst¨ande R4 R6 = R3 R5
(7.94)
die Ausgangsspannung uA (Gl. (7.43)) uA =
R4 (u2 − u1 ) . R3
(7.95)
Mit den Gln. (7.91) und (7.92) ergibt sich die Differenzverst¨arkung zu
uA R1 + R2 R4 . (7.96) 1+ = uE2 − uE1 R3 R Wenn man die Schaltung vollkommen symmetrisch aufbaut (R1 = R2 = R und R3 = R4 = R5 = R6 ), folgt 2R uA . =1+ uE2 − uE1 R
(7.97)
Die Gleichtaktverst¨arkung der Gesamtschaltung ist dann aus Symmetriegr¨ unden (Gl. (7.93)) gleich Null. Die Differenzverst¨arkung l¨asst sich u ¨ ber R einstellen, ohne dass in die (abgeglichene) Stufe 3 eingegriffen werden muss. Instrumentenverst¨arker sind komplett integriert als 1-Chip-Bausteine kommerziell erh¨ altlich (z. B. LTC 2053 von Linear Technology (s. Tab. 7.1)). 7.2.3 Zerhacker-Verst¨ arker Mit Hilfe von Zerhacker-Verst¨arkern, die auch unter dem Begriff ChopperVerst¨arker bekannt sind, werden Gleichspannungen verst¨arkt, ohne dass gr¨oßere Fehler durch Offsetspannungen auftreten. Sie stellen hochwertige Gleichspannungsverst¨arker mit geringen Spannungsdriften (5. . . 25 nV/K) dar, allerdings weisen sie h¨ohere Rauschpegel als Verst¨arker ohne Chopper auf. Das Prinzip des Zerhacker-Verst¨arkers beruht auf der Umwandlung (Zerhacken) einer Gleichspannung in eine Wechselspannung, der Verst¨arkung dieser Wechselspannung mit einem Wechselspannungsverst¨arker und einer anschließenden Synchron-Gleichrichtung. Abbildung 7.35 zeigt das Prinzip eines Eintakt-Zerhacker-Verst¨arkers. Der RC-Tiefpass am Eingang stellt sicher, dass eventuell im Eingangssignal uE enthaltene h¨oher frequente Spektralanteile weggefiltert werden; denn zum einwandfreien Funktionieren des ZerhackerVerst¨ arkers ist es notwendig, dass die Zerhackerfrequenz wesentlich gr¨oßer ist als die h¨ ochste zu verst¨arkende Signalfrequenz. Die Hochpassfilternetzwerke C2 R2 und C3 R3 befreien Verst¨arkereingangs- und -ausgangssignal jeweils vom Gleichspannungsanteil. F¨ ur den Fall eines idealen Wechselspannungsverst¨ arkers (frequenzunabh¨angige Verst¨arkung und keine Frequenzabh¨angigkeit der Phasenverschiebung) sorgt das synchrone Umschalten der beiden
7.2 Spezielle Messverst¨ arker
213
Abb. 7.35. Prinzipschaltung eines Zerhacker-Verst¨ arkers. Der Verst¨ arker V muss keine Gleichspannungs¨ ubertragungseigenschaften aufweisen, da er als reiner Wechselspannungsverst¨ arker arbeitet. Die Signalverl¨ aufe gelten f¨ ur einen Verst¨ arker, der einen Gesamt-Verst¨ arkungsfaktor (uA /uE ) von V = 2 aufweist.
Schalter S1 und S2 f¨ ur eine am Ausgangstiefpass R4 C4 anliegende Signalspannung, die im wesentlichen wieder eine Gleichspannung ist. Die Schalter S1 und S2 arbeiten dabei als Synchrongleichrichter. Wenn f¨ ur die Zerhackerkreisfrequenz die Relation 1 ωtakt (7.98) R4 C4 eingehalten wird, ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu [93] uA = V uE .
(7.99)
Als nachteilig kann sich bei Zerhacker-Verst¨arkern die geringe Signalbandbreite auswirken, welche auf die am Eingang notwendige Tiefpassfilterung zur¨ uckzuf¨ uhren ist. In der Praxis lassen sich nur Signalbandbreiten von etwa 0, 1 · ftakt bis 0, 3 · ftakt realisieren.
214
7 Messverst¨ arker
7.2.4 Ladungsverst¨ arker Die elektrische Ladung kann mit Hilfe eines ballistischen Galvanometers gemessen werden. Das ballistische Galvanometer ist eine spezielle Ausf¨ uhrungsform des Drehspulmessger¨ates, dessen Wirkung darauf beruht, dass der ballistische Zeigerausschlag des Instrumentes unter bestimmten Bedingungen der ihm zugef¨ uhrten elektrischen Ladung proportional ist (siehe Kap. 6.1.2). Mit ballistischen Galvanometern sind Ladungsmessungen ab Q = 1 nC m¨oglich, wenn die Integrationszeit (jene Zeit, in der dem Drehspulmesswerk die Ladung durch einen Strom zugef¨ uhrt wird) nicht gr¨oßer ist als 10 % der Periodendauer der mechanischen Eigenschwingung des Galvanometers. In der modernen (elektronischen) Messtechnik bedient man sich bei der Ladungsmessung elektronischer Verst¨arkerschaltungen, die als Ladungsverst¨arker bezeichnet werden. Mit Hilfe von Ladungsverst¨arkern lassen sich auch Ladungsmengen messen, die wesentlich kleiner sind als die oben angegebene Grenze von Q = 1 nC. Beim Ladungsverst¨arker (Abb. 7.36) wird eine verlustarme Kapazit¨at C ver-
Abb. 7.36. Ladungsverst¨ arker
wendet, um die von einem Strom i(t) in einem definierten Zeitintervall [0,t] gelieferte Ladung zu integrieren. Es gilt t q(t) = i(t ) dt = Cu(t) . (7.100) 0
Bei Vernachl¨assigung der Eingangsdifferenzspannung (uA = −u(t)) folgt uA (t) = −
1 q(t) . C
(7.101)
Die Ausgangsspannung uA (t) ist also proportional der vom Strom i(t) gelieferten Ladung q(t). Der effektive Eingangswiderstand eines idealen Ladungsverst¨ arkers betr¨agt RE = 0. Problematisch sind bei Ladungs- und Integrationsverst¨ arkern die Nullpunktfehlergr¨oßen, die auch bei nicht vorhandenem Eingangssignal eine Hochintegration der Ausgangsspannung bis zur Begrenzung durch eine der beiden Speisespannungen bewirken. Im Dauerbetrieb ist entweder eine zyklische R¨ ucksetzung der Spannung an der Integrationskapazit¨ at notwendig, oder es muss mit einem hochohmigen Parallelwiderstand
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
215
zur Kapazit¨ at daf¨ ur gesorgt werden, dass die durch Nullpunktfehler bedingte langsame Aufladung der Kapazit¨at durch einen ebenso großen Entladestrom kompensiert wird.
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern Unter Rauschen versteht man die statistische Abweichung eines Signals von seinem Sollwert. Bei elektronischen Bauteilen und damit auch bei elektronischen Messverst¨arkern unterscheidet man die folgenden, auf unterschiedlichen physikalischen Ursachen beruhenden Arten von Rauschen, welche verschiedenen Spektralbereichen zugeordnet werden k¨onnen (Abb. 7.37). spektrale Rauschleistungsdichte
PopcornRauschen 1/f - Rauschen (Funkelrauschen) Thermisches Rauschen, Schrotrauschen
f Abb. 7.37. Spektrale Zuordnung verschiedener Rauscharten
•
Thermisches Rauschen (Johnson-noise) Das thermische Rauschen, das auch Widerstandsrauschen genannt wird, findet man in allen elektrischen Bauteilen mit Verlustwiderst¨anden. Es ist auf willk¨ urliche Ladungstr¨agerbewegungen (W¨armebewegung der freien Elektronen (Valenzelektronen)) zur¨ uckzuf¨ uhren, die mit der Temperatur an Intensit¨at zunehmen. Ein ohmscher Widerstand kann bez¨ uglich seines Rauschverhaltens durch eines der in Abb. 7.38 gezeigten Ersatzschaltbilder dargestellt werden [20]. Die Effektivwerte der dort gezeigten RauschErsatzspannungs- bzw. Rausch-Ersatzstromquelle lassen sich anhand der sog. NYQUIST-Formel ermitteln: – NYQUIST-Formel in Bezug auf eine Ersatzspannungsquelle 2 Ureff = u2r (t) = 4kT RB
(7.102)
– NYQUIST-Formel in Bezug auf eine Ersatzstromquelle (Abb. 7.38c) 2 Ireff = i2r (t) = 4kT
1 B. R
(7.103)
216
7 Messverst¨ arker
R R ur a)
G = 1R
bzw. ir
b)
c)
Abb. 7.38. Ersatzrauschquellen eines ohmschen Widerstandes: a) rauschender ohmscher Widerstand, b) Ersatzspannungsquelle: rauschfreier Widerstand mit Rausch-Ersatzspannungsquelle, c) Ersatzstromquelle: rauschfreier Widerstand (Leitwert G = 1/R) mit Rausch-Ersatzstromquelle
Dabei bezeichnen k = 1, 38 · 10−23 Ws/K die Boltzmann-Konstante, T (K) die absolute Temperatur, B (Hz) die Beobachtungsbandbreite, R (Ω) den Wert des ohmschen Widerstandes, Ureff die effektive Leerlaufspannung der Rausch-Ersatzspannungsquelle und Ireff den effektiven Kurzschlussstrom der Rausch-Ersatzstromquelle. Das thermische Rauschen ist ein sog. Weißes Rauschen, d. h. es zeigt im interessierenden Frequenzbereich keinerlei spektrale Abh¨angigkeit. •
Schrotrauschen (Schottky-Rauschen) Das Schrotrauschen, das auch als Stromrauschen bzw. Schottky-Rauschen bezeichnet wird, entsteht in Halbleitern, wenn Ladungstr¨ager eine Sperrschicht passieren. Abbildung 7.39 zeigt die Rausch-Ersatzschaltung eines ¨ rauschenden pn-Uberganges. Es handelt sich hierbei ebenfalls um weißes Rauschen. Bei Operationsverst¨arkern wird das Schrotrauschen vom Eingangsruhestrom verursacht. Der entsprechende Effektivwert des Rauschstroms Irschrot ergibt sich aus dem Eingangsruhestrom IB , der Elektronenladung e0 sowie der Beobachtungsbandbreite B 2 Irschrot = 2|e0 |IB B .
(7.104)
I
I
rauschfrei
rauschend i rschrot
¨ Abb. 7.39. Ersatzschaltung eines rauschenden pn-Uberganges in Bezug auf sein Schrotrauschen
•
1/f-Rauschen (Funkelrauschen) Das 1/f-Rauschen, das auch als Funkelrauschen (Flicker Noise) bezeichnet
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
217
wird, erzeugt ein Rauschsignal mit einer Spektralverteilung, die mit 1/f zu h¨ oheren Frequenzen hin abf¨allt. Bei Halbleiterbauelementen werden Oberfl¨ acheneigenschaften daf¨ ur verantwortlich gemacht, genau genommen handelt es sich dabei um fluktuierende Umladungen von Oberfl¨achenzust¨anden [20]. Das Funkelrauschen ist von seiner spektralen Verteilung her gesehen ein Rosa Rauschen, d. h. ein Rauschen, dessen charakteristisches Merkmal eine konstante Rauschleistung pro Frequenzdekade ist. •
Rekombinationsrauschen (r-g-noise) (Quantenrauschen) Das Rekombinationsrauschen ist auf das willk¨ urliche Einfangen (Trapping) und Freigeben von Ladungstr¨agern in Halbleitern zur¨ uckzuf¨ uhren, d. h. es wird durch die zuf¨allige Generation bzw. Rekombination von Ladungstr¨ agern hervorgerufen.
•
Popcorn-Rauschen Das Popcorn-Rauschen, das auch als Burst-Rauschen bezeichnet wird, ist auf metallische Verunreinigungen im Halbleiter zur¨ uckzuf¨ uhren und ¨außert ¨ sich in Form zuf¨allig auftretender Anderungen der Gleichstrom-Parameter. Es erscheint in der spektralen Rauschleistungsverteilung in Form eines diracf¨ ormigen Gleichanteils bei der Frequenz f = 0 (Abb. 7.37) [64].
Die Beschreibung des Verst¨ arkerrauschens Das Verst¨ arkerrauschen wird im Allgemeinen in Form der von den (internen) Rauschquellen des Verst¨arkers erzeugten Rauschleistung bzw. der daraus resultierenden Reduzierung des Signal/Rausch-Verh¨altnisses zwischen Eingangs- und Ausgangstor angegeben. Der Berechnung dieses Signal/RauschVerh¨ altnisses legt man bei Vierpolen und somit auch bei Verst¨arkern die in Abb. 7.40 gezeigte Rauschersatzschaltung zugrunde. Dabei wird das eigentliche Verst¨arkerrauschen durch die Angabe einer Rauschspannungsquelle und einer Rauschstromquelle beschrieben. Beide Rauschquellen sind auf den Verst¨ arkereingang bezogen. Diese Rauschersatzquellen sind im Allgemeinen √ durch die spektralen Werte der Rauschspannungsdichte Ufr (f ) [nV/ Hz] bzw. √ der Rauschstromdichte Ifr (f ) [pA/ Hz] gekennzeichnet. Die ¨aquivalente Rauscheingangsspannung UrEges am Verst¨arkereingang erh¨alt man durch quadra¨ tische Uberlagerung der von den Rauschquellen am Verst¨arkereingang hervorgerufenen Spannungsanteile. Diese wiederum ergeben sich aus der Integration der spektralen Rauschdichtegr¨oßen u ¨ber das Frequenzintervall [fmin , fmax ], in dem gemessen wird. Die Effektivwerte der Rauschspannung Ureff sowie des Rauschstromes Ireff berechnen sich demnach wie folgt 2 = Ureff
2 Ireff =
fmax
fmin fmax fmin
Ufr2 (f ) df
(7.105)
Ifr2 (f ) df .
(7.106)
218
7 Messverst¨ arker
Rauschspannungsquelle
ur
Rauschstromquelle ir
uE
uA
uE
uA
RE
RE Vierpol mit Rauschquellen
rauschender Verstärker
rauschfreier Verstärker
Abb. 7.40. Ersatzschaltung eines rauschenden Verst¨ arkers
Infolge der ohmschen Spannungsteilung (Abb. 7.41) ergibt sich die quadrati¨ sche Uberlagerung der Effektivwerte zu
2
2 RE RE RQ 2 2 UrEges = Ureff + Ireff . (7.107) RE + RQ RE + RQ
Rausch-ErsatzSpannungsquelle RQ
ir uE
ur
uA RE
U0Signal Rausch-ErsatzStromquelle
Abb. 7.41. Rauschersatzschaltung eines mit einer Signalquelle beschalteten elektrischen Vierpoles
Die Spannung UrEges ist der Effektivwert der auf den Verst¨arkereingang bezogenen Rauschspannung, welche das gesamte Verst¨arkerrauschen im Frequenzintervall [fmin , fmax ] repr¨asentiert, d. h. der in Abb. 7.41 gezeigte eigentliche Verst¨ arker ist frei von Rauschquellen. In obiger Ableitung wurde die Korrelation zwischen den beiden Rauschquellen vernachl¨assigt, was in vielen praktischen F¨ allen in erster N¨aherung erlaubt ist. F¨ ur den Fall nicht vernachl¨assigbarer Korrelation findet sich die entsprechende Herleitung in der Literatur, z. B. in [111]. Das Rauschen von Operationsverst¨ arkern Im Gegensatz zu den oben beschriebenen Verst¨arkern ist beim Operationsverst¨ arker zu beachten, dass es sich hier nicht um ein Zweitor handelt. Der
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
219
Eingang des Operationsverst¨arkers besteht strenggenommen aus drei Klemmen (invertierender Eingang, nichtinvertierender Eingang und Masse). Daher sind f¨ ur die Beschreibung des Rauschens von Operationsverst¨arkern drei voneinander unabh¨angige Rauschquellen erforderlich. Abbildung 7.42 zeigt ur uD
uA
uD
uA
i r,1
i r,2
Abb. 7.42. Rauschersatzschaltung eines Operationsverst¨ arkers
einen Operationsverst¨arker und dessen Rauschersatzschaltung. Die Beschreibung mit einer Spannungsquelle und zwei Stromquellen ist die g¨angigste Darstellung, wenn auch prinzipiell andere Darstellungsformen m¨oglich sind. F¨ ur die Stromquellen gilt aus Symmetriegr¨ unden, dass die Rauschleistungsdichten gleich sind i2r,1 = i2r,2 . (7.108) Die Stromquellen sind dennoch als unkorreliert zu betrachten. Beispiele zum Rauschen von Operationsverst¨arkern finden sich in [102]. Signal/Rausch-Verh¨ altnis Das Signal/Rausch-Verh¨altnis (Signal-to-Noise-Ratio) S/N an einem elektrischen Tor ist definiert als das Verh¨altnis von Signalspannung zu Rauschspannung an diesem Tor. So ergibt sich das Signal/Rausch-Verh¨altnis am Ausgangstor des Verst¨arkers zu
S UArauschfrei [dB] = 20 lg , (7.109) N UrA wobei UArauschfrei das Nutzsignal am Verst¨arkerausgang (Effektivwert) und UrA die Rauschspannung am Verst¨arkerausgang (Effektivwert) bezeichnen. Das Signal/Rausch-Verh¨altnis l¨asst sich aber auch auf den Verst¨arkereingang beziehen. F¨ ur die in Abb. 7.41 gezeigte Beschaltung des Verst¨arkers gilt # " RE
S UErauschfrei RQ +RE U0Signal [dB] = 20 lg , (7.110) = 20 lg N UrEges UrEges wobei UErauschfrei das Nutzsignal am Verst¨arkereingang (Effektivwert) und UrEges die Rauschspannung am Verst¨arkereingang (Effektivwert) bezeichnen.
220
7 Messverst¨ arker
Bei obiger Berechnung wurde die Signalquelle (Abb. 7.41) zun¨achst als rauschfrei angenommen. Soll das Rauschen des Innenwiderstandes RQ der Signal quelle ber¨ ucksichtigt werden, muss UrEges in Gl. (7.110) durch UrEges ersetzt werden 2
RE 2 UrEges = UrEges + 4kT RQ(fmax − fmin ) , (7.111) RQ + RE wobei UrEges die bereits in Gl. (7.107) berechnete, von den internen Rauschquellen des Verst¨arkers hervorgerufene Rauschspannung bezeichnet. Rauschzahl Die Rauschzahl F eines rauschenden (Verst¨arker-)Vierpols ist definiert als das Verh¨ altnis von Signal/Rausch-Verh¨altnis am Eingangstor zum Signal/RauschVerh¨ altnis am Ausgangstor F =
PsE PrE PsA PrA
=
PsE PrA . PsA PrE
(7.112)
Dabei bezeichnen PsE die Signalleistung am Eingang, PsA die Signalleistung am Ausgang, PrE die Rauschleistung am Eingang (die von der Signalquelle oder von externen St¨orquellen eingespeiste Rauschleistung) und PrA die Rauschleistung am Ausgang. Die Rauschzahl wird oft auch in logarithmischer Form angegeben F˜ (dB) = 10 lg F . (7.113) Unter Einbeziehung der Leistungsverst¨arkung Vp des Vierpols PsA PsE
(7.114)
PrA . Vp PrE
(7.115)
Vp = erh¨ alt man F =
Wenn man voraussetzt, dass der Verst¨arker f¨ ur das Signal und das Rauschen dieselbe Leistungsverst¨arkung aufweist, folgt f¨ ur die Rauschleistung PrA am Ausgang PrA = PrE Vp + PrAamp = PrE Vp + PrEamp Vp = PrEtot Vp ,
(7.116)
wenn PrEamp die auf den Verst¨arkereingang bezogene und PrAamp die auf den Ausgang bezogene Rauschleistung des Verst¨arkers darstellen. Aus den Gln. (7.115) und (7.116) folgt f¨ ur die Rauschzahl F F =
PrEtot PrAamp PrEamp =1+ =1+ = 1 + Fz . PrE PrE Vp PrE
(7.117)
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
221
Der Term Fz bezeichnet die sog. Zusatzrauschzahl, welche im Falle eines nichtrauschenden Verst¨arkers identisch Null ist, d. h. F = 1. Da die Leistungen PrEtot und PrE am selben Widerstand, n¨amlich dem Eingangswiderstand RE des Verst¨ arkers, wirken, folgt mit den oben gew¨ahlten Bezeichnungen und der Rauschspannung UrEges aus Gl. (7.107) F =1+
2 UrEges = 1 + Fz . 2 UrQuelle
(7.118)
In Gl. (7.118) bezeichnet UrQuelle die effektive Rauschspannung der Quelle, die mit dem Teilerverh¨altnis des Eingangsspannungsteilers gewichtet am Verst¨ arkereingang wirksam wird UrQuelle = UrQuelle
RE . RE + RQ
(7.119)
Wenn das Rauschen der Quelle durch das thermische Rauschen des Innenwiderstandes RQ der Quelle beschrieben werden kann, folgt f¨ ur die entsprechende Rauschspannung UrQuelle 2 UrQuelle = 4kT RQ(fmax − fmin ) .
(7.120)
Im Weiteren wollen wir annehmen, dass der Eingangswiderstand RE des Verst¨ arkers wesentlich gr¨oßer ist als der Innenwiderstand der Signalquelle (RE RQ ). Unter dieser Annahme folgt mit Gl. (7.107) und den Gln. (7.118)(7.120) 2 2 2 Ureff + Ireff RQ F =1+ = 1 + Fz . (7.121) 4kT RQ(fmax − fmin ) Im Allgemeinen definiert man noch den sog. ¨ aquivalenten Rauschwiderstand Rr und den ¨aquivalenten Rauschleitwert Gr des Vierpols, indem man den in Gl. (7.121) vorkommenden Rauschleistungen diese Werte wie folgt zuordnet 2 Ureff = 4kT (fmax − fmin )Rr 2 Ireff = 4kT (fmax − fmin )Gr .
(7.122) (7.123)
Damit l¨ asst sich Gl. (7.121) in folgender Form schreiben F =1+
2 Rr + Gr RQ . RQ
(7.124)
Die durch Gl. (7.124) beschriebene Funktion F durchl¨auft in Abh¨angigkeit von RQ ein charakteristisches Minimum (Abb. 7.43). Man spricht von Rauschanpassung, wenn der Minimalwert Fmin der Rauschzahl erreicht wird. Der dazu notwendige optimale Innenwiderstand RQopt der Signalquelle ergibt sich durch Ableitung von Gl. (7.124) nach RQ und anschließendem Nullsetzen zu
222
7 Messverst¨ arker log F
F min R Q opt
log R Q
Abb. 7.43. Abh¨ angigkeit der Rauschzahl vom Quellenwiderstand RQ
RQopt =
Rr . Gr
(7.125)
Damit l¨ asst sich auch die bestenfalls erreichbare minimale Rauschzahl Fmin angeben Ureff Ireff . (7.126) Fmin = 1 + 2 Rr Gr = 1 + 2kT (fmax − fmin ) Rauschen von Kettenschaltungen Um die resultierende Rauschzahl einer Verst¨arker-Kettenschaltung (Abb. 7.44) zu ermitteln, wird zun¨achst jedem Vierpol eine Ersatzrauschspannungsquelle (mit der effektiven Rauschspannung UrEgesi ) zugeordnet, welche die internen Rauschquellen des Vierpoles ¨aquivalent ersetzt. Wenn man alle Spannungen auf den Eingang der ersten Vierpolstufe bezieht, folgt f¨ ur den Signal/RauschVerh¨ altnis " # S U0Signal = 20 lg (7.127) N UrEges ⎛ ⎞ ⎜ U0Signal = 20 lg ⎜ ⎝ U2 2 2 UrQuelle + UrEges1 + rEges2 + V2 u1
2 UrEges3 2 V2 Vu1 u2
⎟ ⎟ , ⎠ + ...
wobei UrEgesi die Ersatzrauschspannung des i-ten Vierpols und Vui die Spannungsverst¨ arkung des i-ten Vierpols bezeichnen. Friis hat in einer grundlegenden Arbeit [60] die Gesamtrauschzahl Fges einer Vierpol-Kettenschaltung abgeleitet (siehe auch [20]) Fges = F1 +
F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1 + + ...+ . Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)
(7.128)
In Gl. (7.128) bezeichnen Fi die Rauschzahl des i-ten Vierpoles und Vpi seine Leistungsverst¨arkung. F¨ ur mehrstufige Verst¨arkerschaltungen kann bei gen¨ u-
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
UrQuelle UrEges1
223
UrEgesn
UrEges2 .....
RQ U0Signal
Vierpol 1
Vierpol 2
Vierpol n
VU1
VU2
VUn .....
Abb. 7.44. Rauschen von Vierpol-Kettenschaltungen
gend hoher Leistungsverst¨arkung der einzelnen Stufen folgende N¨aherung angenommen werden F1
F2 − 1 F3 − 1 Fn − 1 ... . Vp1 Vp1 Vp2 Vp1 Vp2 . . . Vp(n−1)
(7.129)
Dies bedeutet, dass das Rauschverhalten der Kettenschaltung im Wesentlichen vom Rauschen der Eingangsstufe bestimmt wird. Rauschmessung: Bestimmung der Rauschzahl Ein ohmscher Widerstand gibt bei der absoluten Temperatur T gem¨aß den Gln. (7.102) und (7.103) im Frequenzintervall B = fmax − fmin bei Leistungsanpassung die Rauschleistung PrR ab PrR = kT B ,
(7.130)
wobei k die Boltzmann-Konstante k = 1, 38 · 10−23 Ws/K bezeichnet. Leistungsanpassung heißt, dass der rauschende Widerstand seine Leistung an einen Zweipol bzw. das Eingangstor eines Vierpols abgibt, dessen Innenwiderstandswert mit dem des Rauschwiderstandes u ¨ bereinstimmt, so dass am Zweipol nur die H¨alfte der urspr¨ unglichen Rauschspannung (Gl. (7.102)) anliegt. Die auf diese Weise von einem ohmschen Widerstand abgegebene Rauschleistung h¨ angt nicht vom Widerstandswert ab, sondern wird nur von der Temperatur des Widerstandes und der Beobachtungsbandbreite B bestimmt. Gem¨ aß einer zweiten Rauschzahl-Definition gibt die Rauschzahl F auch an, um welchen Faktor ein Vierpol mit der Leistungsverst¨arkung Vp bei der Referenztemperatur T0 = 290 K die thermische Rauschleistung PrR des Innenwiderstandes der Signalquelle durch sein Eigenrauschen vergr¨oßert [111]. Die Umrechnung in die urspr¨ ungliche Definition (Gl. (7.112)) l¨asst sich wie folgt durchf¨ uhren F =
PsE PrA PrA PrA . = = PsA PrE Vp PrR Vp kT0 B
(7.131)
Gleichung (7.130) findet Anwendung, um die Rauscheigenschaften von Vierpolen durch Angabe einer fiktiven Rauschtemperatur TR zu beschreiben. Dazu
224
7 Messverst¨ arker
wird der Rauschleistung PrE mit Hilfe von Gl. (7.130) die Temperatur T0 und der Rauschleistung PrEamp die Temperatur TR zugeordnet (s. auch Abb. 7.45).
Abb. 7.45. Prinzipschaltung zur Messung der Rauschzahl eines Verst¨ arkers (=DUT (Device Under Test)). Der Widerstand R gibt im Frequenzintervall B die temperaturabh¨ angige Rauschleistung PrE = PrR = kT B ab. Es wird Leistungsanpassung zwischen dem als Rauschgenerator dienenden ohmschen Widerstand R und dem Verst¨ arkereingang vorausgesetzt.
Mit Gl. (7.117) ergibt sich dann die fiktive Rauschtemperatur TR zu TR = (F − 1)T0 .
(7.132)
Die Rauschmessung kann mit Hilfe der Prinzipschaltung nach Abb. 7.45 erfolgen. Dabei wird die Rauschleistung am Ausgang eines Verst¨arkers, dessen Rauschzahl gemessen werden soll, f¨ ur zwei unterschiedliche (aber bekannte) Eingangsrauschleistungen mit Hilfe eines Leistungsmessger¨ates gemessen. Bei linearem Verhalten des Verst¨arkervierpols gilt f¨ ur die Gesamtrauschleistung PrA an seinem Ausgang in Abh¨angigkeit der am Eingang eingespeisten Rauschleistung PrE = kT B (Abb. 7.46) PrA0 = kT0 BVp + Pramp = kT0 BVp F
(7.133)
PrA1 = kT1 BVp + Pramp ,
(7.134)
bzw. wobei Pramp die Gesamtrauschleistung der internen Rauschquellen des Verst¨ arkers bezeichnet. Infolge des linearen Verhaltens (Abb. 7.46) gilt weiterhin F =
T1 T0 − 1 PrA1 PrA0 − 1
(7.135)
PrA1 ΔT − 10 lg −1 , (7.136) T0 PrA0 wobei ΔT = T1 − T0 die Rauschtemperaturdifferenz beschreibt. In der Praxis werden keine rauschenden Widerst¨ande sondern Rauschgeneratoren verwendet, die in der Lage sind, definiert einstellbare Rauschleistungen abzugeben.
bzw.
F˜ (dB) = 10 lg
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
225
PrA PrA1 kTBVP
PrA0 = kT 0 BVP F Pramp
-T R = -
Pramp kBVP
0
T0
T1
T
P rE0
PrE1
PrE =kTB
Abb. 7.46. Rauschleistung am Vierpolausgang als Funktion der Temperatur des Quellwiderstandes bzw. als Funktion der Eingangsrauschleistung. Die Steigung beider Geraden betr¨ agt kBVp
Im Allgemeinen wird dann auch die in dB gemessene Rauschleistungserh¨ohung ENR (Excess Noise Ratio)
ΔT EN R = 10 lg (7.137) T0 anstatt der Rauschtemperaturdifferenz ΔT angegeben. Der Quotient PrA1 /PrA0 wird oft auch als Y-Faktor bezeichnet Y =
PrA1 . PrA0
(7.138)
Daraus folgt F˜ (dB) = EN R − 10 lg(Y − 1) .
(7.139)
Bei vorgegebenem Wert von ENR kann mit Hilfe eines geeigneten Leistungsmessers der Y-Faktor gemessen und damit die Rauschzahl anhand von Gl. (7.139) bestimmt werden. Diese Art der Rauschmessung wird oft auch als Y-Faktor-Methode bezeichnet. Als Rauschgenerator (Noise Source) kann man eine der handels¨ ublichen Rauschquellen verwenden. Einer der meist gebr¨ auchlichen Rauschgeneratoren ist die Rauschquelle No. 346 in Ausf¨ uhrungsform A, B bzw. C (Abb. 7.47). Diese Quelle ist in der Lage, Rauschsignale im Frequenzbereich 10 MHz bis 26,5 GHz zu liefern. Ihr Excess Noise Ratio betr¨ agt 15 dB, entsprechend einer Rauschtemperatur von etwa 10.000 K (s. Gl. (7.137)). Die Kalibrierung des ENR-Wertes hat aufgrund der hohen Bandbreite, die das Ger¨at abdeckt, f¨ ur spezifische Frequenzb¨ander separat zu erfolgen. Abbildung 7.47b zeigt einen weiteren handels¨ ublichen Rauschgenerator, der bis 50 GHz spezifiziert ist. Als eigentliche Rauschquellen werden in diesen Rauschgeneratoren Siliziumdioden mit niedriger Kapazit¨at genutzt, die mit
226
7 Messverst¨ arker
Hilfe einer Konstantstromquelle im Bereich ihres Zenerdurchbruchs betrieben werden. Die Dioden liefern in diesem Betriebszustand bis zu Frequenzen von ca. 50 GHz ein nahezu konstantes Rauschspektrum [3], [74], [75].
a)
b)
Abb. 7.47. Standard-Rauschquellen: a) Rauschgenerator 346B; b) Rauschgenerator 4001A
Die Rauschzahl kann schließlich mit Hilfe eines Rauschzahlmessger¨ates (NFA (Noise Figure Analyzer)) (Abb. 7.48) oder auch eines Spektrumanalysators ge-
Abb. 7.48. Rauschzahlmessger¨ at (Noise Figure Analyzer (NFA))
messen werden. Das Herz eines Noise-Figure-Analysators besteht aus einem hochgenauen Leistungsmesser (Power Detector), der in Kombination mit einem Rauschgenerator die Rauschzahl nach der oben beschriebenen Y-FaktorMethode bestimmt. Da Spektrumanalysatoren in der Lage sind, spektrale Leistungsdichteverteilungen zu messen, l¨aßt sich mit ihrer Hilfe ebenfalls die Rauschzahl in Abh¨angigkeit der Frequenz bestimmen. Gegen¨ uber einem reinen Rauschzahlmessger¨at besitzen sie den Vorteil einer universellen Verwendbarkeit.
7.3 Rauschen von Messverst¨ arkern
227
Rauschzahlmessung in geschirmter Umgebung Die Messung von Rauschzahlen erweist sich in normaler Laborumgebung aufgrund der dort im Allgemeinen vorhandenen St¨oreinfl¨ usse oft als nicht durchf¨ uhrbar. Dies gilt insbesondere dann, wenn eine niedrige Rauschzahl (F < 3 dB) gemessen oder wenn eine hohe Messgenauigkeit gefordert wird. Solche Messungen erfordern dann entweder einen speziellen EMV-Messraum oder zumindest eine Messbox, die f¨ ur die notwendige Abschirmung gegen ¨außere elektromagnetische Felder und auch Leitungsst¨orungen sorgt. Kommerziell erh¨ altlich gibt es verschiedene Ausf¨ uhrungsformen solcher Messboxen. Eine davon wird von dem Messger¨ate-Hersteller Rohde & Schwarz (R & S) angeboten [192]. Ihre ¨außeren Abmessungen (B×H×T) betragen ca. 700 mm × 300 mm × 500 mm. Der Pr¨ ufling (DUT (Device Under Test)) wird zur Messung in das geschirmte Innere der Messbox gegeben. Die Box weist in ihrer H¨ ulle eine elektromagnetische Schirmung auf, die f¨ ur eine obere Frequenz von 3 GHz und ein (frequenzabh¨angiges) Schirmmaß von 40 bis 75 dB spezifiziert ist. In Verbindung mit einem Rauschgenerator und einem Vorverst¨arker, die sich ebenfalls beide in der Messbox befinden, sowie einem außerhalb der Box befindlichen Spektrumanalysator wird das Messsystem zur Rauschzahlmessung komplettiert (Abb. 7.49). Die Rauschmessung kann dabei automatisch per Softwaresteuerung von statten gehen. Dazu wird eine spezielle Messsoftware (FS-3K) zur Verf¨ ugung gestellt, die seitens des Spektrumanalysators, beispielsweise ein FSPx (x=3/7/13/30 steht f¨ ur die obere Grenzfrequenz des Analysators in GHz) von R & S, eine 28 V Gleichspannung bereitstellt. Mittels dieser Spannung wird der Rauschgenerator gezielt ein- und ausschaltet. Im ausgeschalteten Zustand betr¨agt seine Rauschtemperatur T0 =290 K (s. Abb. 7.46), w¨ahrend sich im eingeschalteten Zustand die Rauschtemperatur um ΔT auf T1 erh¨oht. Der Wert von ΔT l¨asst sich aus Gl. (7.137) aus dem von Hersteller angegebenen ENR-Wert ermitteln. Das vor der Rauschquelle angeordnete Filter dient der Eliminierung von St¨orungen, die sich eventuell auf der 28V-Leitung befinden. Das Meßsignal gelangt nach der (eventuellen) Vorverst¨ arkung auf den Eingang des Spektrumanalysators. Der Spektrumanalysator mißt die frequenzabh¨angigen Signalleistungen (Y-Faktor) in Abh¨angigkeit des vom Rauschgenerator vorgegebenen ENR-Wertes. Der Vorverst¨arker wird aus Entst¨orgr¨ unden von einem in der Meßbox befindlichen Akkumulator gespeist. F¨ ur den Fall, daß das Testobjekt einen Anschluß nach außen ben¨ otigt, sind weitere Anschl¨ usse in Form entst¨orter Leitungsdurchf¨ uhrungen vorhanden.
228
7 Messverst¨ arker 28 VDC
Spektrumanalysator FSPx
elektromagnetisch geschirmte Messbox Device under Test
Vorverstärker Akku
optionale Anschlussleitungen für DUT
DUT
Rauschgenerator
Filter
Abb. 7.49. Rausch-Messplatz mit elektromagnetisch geschirmter Messbox der Firma Rohde & Schwarz [192]
8 Messung der elektrischen Leistung
8.1 Leistungsmessung im Gleichstromkreis Die elektrische Leistung P an einem elektrischen Tor ergibt sich aus dem Produkt von Spannung U und Strom I P = UI .
(8.1)
Diese Leistung kann mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwerkes gemessen werden. Dazu schickt man den Strom I durch die Feldspule (Widerstand RWA ) und legt die Spannung U an die Drehspule (Widerstand RWV ) an. Abbildung 8.1 zeigt die entsprechende Schaltung mit dem elektrodynamischen Messwerk. Falls der Strom I2 durch die Drehspule gegen¨ uber dem Verbraucherstrom IV vernachl¨ assigt werden darf, ist der Zeigerausschlag α proportional zur Leistung PV des Verbrauchers ˜ 1 I2 = k(I ˜ 2 + IV )I2 ≈ kI ˜ V I2 α = kI ˜ V UV = kUV IV = kPV . = kI RWV
(8.2)
Die Feldspule sollte wegen der Strommessung niederohmig und die Drehspule wegen der Spannungsmessung hochohmig sein.
Abb. 8.1. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk. Der Punkt kennzeichnet die Polarit¨ at des Spannungspfades.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_8
230
8 Messung der elektrischen Leistung
Abb. 8.2. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk: a) Es werden der Quellstrom und die Verbraucherspannung richtig gemessen. b) Es werden die Quellspannung und der Verbraucherstrom richtig gemessen.
Die von der Quelle gelieferte Leistung PQ teilt sich in die vom Verbraucher umgesetzte Leistung PV und die vom Messger¨at ben¨otigte Leistung PM PQ = PV + PM .
(8.3)
Wie anhand von Abb. 8.2 deutlich wird, kann ein elektrodynamisches Messwerk stromrichtig oder spannungsrichtig angeschlossen werden. Die Begriffe strom- und spannungsrichtig beziehen sich dabei entweder auf die Quellenseite (Quellentor) oder die Verbraucherseite (Verbrauchertor) des Messger¨ates. Spannungsrichtig in Bezug auf die Verbraucherseite heißt, dass die am Verbraucherwiderstand RV anliegende Spannung UV gemessen wird, w¨ahrend der Strom, der durch die Stromspule des Messger¨ates fließt, dem Quellstrom, d. h. also der Summe aus Verbraucherstrom IV und Drehspulenstrom I2 , entspricht (Abb. 8.2a). Bei der in Bezug auf die Verbraucherseite stromrichtigen Messung ist es umgekehrt, hier wird der richtige Wert des Verbraucherstroms gemessen, w¨ ahrend am Spannungseingang die Summe aus Verbraucherspannung und Feldspulenspannung anliegt. Eine korrekte Messung der Verbraucherleistung PV bzw. der Quelleistung PQ ist erst m¨oglich, wenn das elektrodynamische Messwerk um eine Korrekturspule erweitert wird, welche dieselbe Windungszahl aufweist wie die Stromspule (Abb. 8.3). Durch diese Korrekturspule fließt der Strom, den auch die Drehspule f¨ uhrt (I2 ). Bei der Stromrichtung nach Abb. 8.3a addiert sich die Wirkung dieses Korrekturspulenstroms zu der des Feldspulenstroms I1 , so dass die Leistung quellrichtig gemessen wird. Bei Stromumkehr nach Abb. 8.3b kann die Leistung verbraucherrichtig gemessen werden. Es sollte jedoch erw¨ahnt werden, dass generell bei allen Messungen durch das Einbringen des elektrodynamischen Messwerkes systematische Messfehler
Abb. 8.3. Leistungsmessung mit einem elektrodynamischen Messwerk, das mit einer Korrekturspule ausgestattet ist: a) Es wird die Quelleistung richtig gemessen. b) Es wird die Verbraucherleistung richtig gemessen.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
231
auftreten. So wird bei einer verbraucherrichtigen Messung beispielsweise zwar die aktuelle Verbraucherleistung korrekt erfasst, die Verbraucherleistung jedoch, die bei nicht vorhandenem Messwerk im Verbraucher umgesetzt w¨ urde, erh¨ alt man erst nach einer Fehlerkorrektur der systematischen Messfehler.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis 8.2.1 Begriffsdefinitionen Nachdem sich mit Hilfe der Fourieranalyse jeder beliebige periodische Zeitverlauf einer Spannung bzw. eines Stromes in seine rein sinusf¨ormigen Spektralkomponenten zerlegen und in Form einer Fourierreihe darstellen l¨asst, k¨ onnen wir uns im Folgenden ohne Einschr¨ankung der Allgemeinheit auf rein sinusf¨ ormige Zeitverl¨aufe beschr¨anken u(t) = i(t) =
ˆ sin(ωt + ϕu ) U Iˆ sin(ωt + ϕi ) .
(8.4) (8.5)
Die entsprechenden Effektivwertbetr¨age erh¨alt man mit der Definition aus Kap. 6.3.1 ˆ U Ueff = √ 2 Iˆ Ieff = √ . 2
(8.6) (8.7)
Die Wechselgr¨oßen aus Gln. (8.4) und (8.5) lassen sich alternativ in komplexer Schreibweise als Zeigergr¨oßen ˆ ejϕu U ∗ = U ˆ e−jϕu U =U ˆ jϕi I ∗ = Ie ˆ −jϕi , I = Ie
(8.8) (8.9)
oder als Effektivwertzeiger angeben U eff = Ueff ejϕu I eff = Ieff ejϕi .
(8.10) (8.11)
8.2.2 Leistungsmessung im Einphasennetz In (einphasigen) Wechselstromkreisen sind die folgenden Leistungsgr¨oßen definiert:
232
8 Messung der elektrischen Leistung
Komplexe Leistung P Die komplexe Leistung P ist folgendermaßen definiert P = U eff I ∗eff = Ueff Ieff ejϕu −ϕi = Ueff Ieff ejϕui
(8.12)
P = Re(P ) + jIm(P ) = PW + jPB .
(8.13)
Wirkleistung PW Die Wirkleistung PW ist der Teil der komplexen elektrischen Leistung, der in der Impedanz Z in eine andere (nicht-elektrische) Energieform, wie z. B. in mechanische Energie oder in W¨armeenergie umgesetzt wird. Sie entspricht dem Produkt von Spannungs- und Stromeffektivwert, multipliziert mit dem Cosinus der Phasenwinkeldifferenz zwischen Strom und Spannung (Einheit Watt (W)) PW = Re(P ) = Ueff Ieff cos ϕui . (8.14) Die Messung der Wirkleistung kann direkt mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwerkes erfolgen, da bei diesem der Zeigerausschlag dem Produkt I1eff I2eff cos ϕ proportional ist (Gl. (6.47)). Es gelten ansonsten die bereits f¨ ur den Gleichstromkreis aufgestellten Regeln (Kap. 8.1). Blindleistung PB Die Blindleistung PB wird durch das Speicherverhalten einer komplexen Impedanz verursacht. Dieser Teil der Leistung pendelt periodisch zwischen der Quelle und dem Verbraucher mit der Impedanz Z hin und her (Einheit VoltAmpere-reaktiv (VAR bzw. VAr)) PB = Im(P ) = Ueff Ieff sin ϕui .
(8.15)
Die Blindleistung wird ebenfalls mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwerkes bestimmt. Allerdings muss ein 90◦ -Phasenschieber verwendet werden, der den Strom des Spannungspfades gegen¨ uber der Spannung U V um −90◦ dreht
Abb. 8.4. Messung der Blindleistung in einem Wechselstromkreis mit Hilfe eines elektrodynamischen Messwerkes und einem 90◦ -Phasenschieber.
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
233
(Abb. 8.4). F¨ ur den Zeigerausschlag α gilt dann ˜ 1eff I2eff cos ϕ ≈ kIVeff UVeff cos(ϕ − 90◦ ) = kIVeff UVeff sin ϕ . α = kI
(8.16)
Da die 90◦ -Phasenverschiebung frequenzabh¨angig ist, sind die Ger¨ate zur Blindleistungsmessung u ur eine Frequenz von 50 Hz bzw. 60 Hz ¨ blicherweise f¨ konzipiert. F¨ ur stark oberwellenhaltige Signale ergeben sich daher fehlerhafte Messwerte. Die Blindleistung wird bei induktiven Lasten positiv und bei kapazitiven Lasten negativ angezeigt. Scheinleistung PS Die Scheinleistung ist die in einer komplexen Impedanz Z umgesetzte Leistung. Sie entspricht dem Produkt der Effektivwerte von Strom und Spannung an der Impedanz Z (Einheit Volt-Ampere (VA)) 2 + P2 . (8.17) PS = |P | = Ueff Ieff = PW B Messtechnisch l¨asst sich die Scheinleistung am einfachsten durch separate Strom- und Spannungsmessungen der Effektivwerte Ieff und Ueff und die anschließende Produktbildung gem¨aß Gl. (8.17) ermitteln. 8.2.3 Leistungsmessung in Drehstromsystemen Prinzipielle Schaltungsvarianten in Drehstromsystemen Bei Drehstromsystemen unterscheidet man zwischen dem 3-Leiter-System und dem 4-Leiter-System, je nachdem, ob ein Neutralleiter vorhanden ist oder nicht. Abbildung 8.5 zeigt beide Varianten. Die komplexen Verbraucher Z 1 ,
Abb. 8.5. a) 4-Leiter-Drehstromsystem mit Sternschaltung der Verbraucher (N: Neutralleiter), b) 3-Leiter-Drehstromsystem mit Dreieckschaltung der Verbraucher
234
8 Messung der elektrischen Leistung
Z 2 und Z 3 k¨ onnen in Form einer Sternschaltung (Abb. 8.5a) oder einer Dreieckschaltung (Abb. 8.5b) zusammengeschaltet werden. Beim 4-Leiter-System hat man zwischen den Leiterspannungen (verkettete Spannung) U 12 , U 23 und U 31 (Spannungen zwischen zwei Außenleitern) und den Sternspannungen U 1N , U 2N und U 3N (Spannungen zwischen Außenleiter und Neutralleiter) zu unterscheiden (Abb. 8.5). Der Neutralleiter wird auch als Sternpunkt bezeichnet. Im Falle eines 3-Leiter-Systems kann man sich zu messtechnischen Zwecken (Abb. 8.9) einen k¨ unstlichen Sternpunkt N schaffen, indem man die drei Leiter L1 , L2 und L3 jeweils mit einem hochohmigen Widerstand R zu dem k¨ unstlichen Sternpunkt N verbindet. Im Folgenden wollen wir zun¨achst eine symmetrische Belastung voraussetzen, d. h. die drei Lastimpedanzen sind identisch Z 1 = Z 2 = Z 3 . Im Zeigerdiagramm (Abb. 8.6) erkennt man, dass sowohl die Leiterspannungen als auch die Sternspannungen um jeweils 120◦ gegeneinander phasenverschoben sind. In Drehstromnetzen gilt generell U 12 = U 1N − U 2N U 23 = U 2N − U 3N
(8.18) (8.19)
U 31 = U 3N − U 1N .
(8.20)
Dabei sollte erw¨ahnt werden, dass sich in 3-Leiter-Systemen die Bezeichnung N auf den k¨ unstlichen Sternpunkt N bezieht. Im Speziellen gilt bei symmetrischer Belastung U 1N = U U 2N = U e U 3N = U e
(8.21) −j120◦ +j120◦
(8.22) (8.23)
und |U 31 | =
√ |U 1N |2 + |U 3N |2 − 2|U 1N ||U 3N | cos 120◦ = |U 1N | 3 . (8.24)
Die Leiterspannungen sind betragsm¨aßig stets gleich
Abb. 8.6. Zeigerdiagramm eines symmetrisch belasteten Drehstromsystems. Leiterspannungen: U 12 , U 23 , U 31 ; Sternspannungen: U 1N , U 2N , U 3N
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
√ √ |U 12 | = |U 23 | = |U 31 | = |U | 3 = U 3
235
(8.25)
und ihre (Zeiger)-Summe ergibt Null U 12 + U 23 + U 31 = 0 .
(8.26)
Die Str¨ ome des 4-Leiter-Systems gen¨ ugen folgender Bedingung I1 + I2 + I3 = IN .
(8.27)
F¨ ur den Fall symmetrischer Belastung (gleiche Lastimpedanzen Z 1 = Z 2 = Z 3 ) verschwindet der Strom im Neutralleiter des 4-Leiter-Systems. Weiterhin gilt f¨ ur die Leiterstr¨ome I1 = I I2 = I e I3 = I e
(8.28) −j120◦ +j120◦
(8.29) .
(8.30)
Aus Abb. 8.7 folgt der Zusammenhang zwischen Leiterstr¨omen und Strangstr¨ omen bei einer Dreieckschaltung 1 |I 12 | = |I 23 | = |I 31 | = √ |I| . 3
(8.31)
Im 3-Leiter-System ist die Summe der drei Leiterstr¨ome infolge des nicht vorhandenen Neutralleiters stets Null I1 + I2 + I3 = 0 .
(8.32)
Abb. 8.7. Zeigerdiagramm von Leiterstr¨ omen I i und Strangstr¨ omen I ij bei der Dreieckschaltung. Die Form des gleichseitigen Dreiecks erh¨ alt man nur f¨ ur symmetrische (gleiche) Lasten Z i .
236
8 Messung der elektrischen Leistung
Messung der Wirkleistung in Drehstromsystemen F¨ ur den Fall symmetrischer Belastung gen¨ ugt ein Leistungsmesser, i. Allg. wiederum ein elektrodynamisches Messwerk. Die umgesetzte Gesamtleistung ergibt sich dabei als die dreifache Einzelleistung, welche gerade von dem einen Leistungsmesser angezeigt wird. F¨ ur den allgemeinen Fall unsymmetrischer Belastung jedoch werden beim 4-Leiter-System drei und beim 3-Leiter-System zwei Leistungsmesser ben¨otigt. Es gilt die generelle Regel, dass n−1 Leistungsmesser eingesetzt werden m¨ ussen, wenn n Leitungen zu einem Verbraucher f¨ uhren, da eine der Leitungen stets als R¨ uckleitung angesehen werden kann. 4-Leiter-System Zur Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-System werden drei elektrodynamische Messwerke gem¨aß Abb. 8.8 zusammengeschaltet. Die Gesamtwirkleistung PWges ergibt sich als Summe der einzelnen Leistungen PWi PWges = PW1 + PW2 + PW3 = U1Neff I1eff cos ϕ1 + U2Neff I2eff cos ϕ2 + U3Neff I3eff cos ϕ3 . (8.33) Dabei bezeichnet ϕi den Phasenwinkel zwischen dem Strom Ii und der Spannung UiN .
Abb. 8.8. Wirkleistungsmessung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem
3-Leiter-System Oft werden auch bei 3-Leiter-Systemen drei Leistungsmesser eingesetzt, um die einzelnen Leistungen getrennt beobachten zu k¨onnen. Das Messergebnis ist damit außerdem genauer, insbesondere bei kleinen Leistungen und großen Phasenwinkeln. Da das 3-Leiter-System keinen Mittelpunktleiter aufweist,
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
237
Abb. 8.9. Wirkleistungsmessung im 3-Leiter-System
m¨ ussen die drei Spannungspfade zu einem k¨ unstlichen Sternpunkt N verbunden werden. Dies entspricht der Schaltung nach Abb. 8.9. Dabei m¨ ussen die Widerst¨ ande bzw. Impedanzen der Spannungspfade aus Symmetriegr¨ unden gleich sein. Die Gesamtwirkleistung l¨asst sich dann wiederum nach Gl. (8.33) ermitteln. Im 3-Leiter-System gen¨ ugen allerdings auch zwei Leistungsmesser, wenn man sie in Form der sog. Aaronschaltung (Abb. 8.10) zusammenschaltet. Die beiden Messwerke zeigen die von ihnen gemessenen Wirkleistungen PW1 und PW2 an, die sich in der Summe wie folgt darstellen PW1 + PW2 = U13eff I1eff cos(<)U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(<)U 23 , I 2 ) .
(8.34)
Die gesamte in einem Drehstromsystem umgesetzte komplexe Leistung P andererseits betr¨agt definitionsgem¨aß P = U 1N I ∗1 + U 2N I ∗2 + U 3N I ∗3 .
(8.35)
Im Falle eines 3-Leiter-Systems stellen die Werte von UiN die Spannungen dar, die zwischen dem jeweiligen Leiter Li und dem k¨ unstlichen Sternpunkt liegen.
Abb. 8.10. Zwei-Wattmeter-Verfahren (Aaronschaltung)
238
8 Messung der elektrischen Leistung
Aus dem Spannungszeigerdiagramm (Abb. 8.6) lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange ablesen U 1N = U 13 + U 3N U 2N = U 23 + U 3N .
(8.36) (8.37)
Da außerdem die Summe der drei Leiterstr¨ome Null ergibt 0 = I1 + I2 + I3 ,
(8.38)
folgt aus Gl. (8.35) die gesamte komplexe Leistung P P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 + U 3N (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 ) P = U 13 I ∗1 + U 23 I ∗2 .
(8.39) (8.40)
Der Realteil von P entspricht also der im Drehstromsystem umgesetzten Wirkleistung PW PW = Re(P ) = U13eff I1eff cos(< )U 13 , I 1 ) + U23eff I2eff cos(<)U 23 , I 2 ) . (8.41) Die Identit¨ at mit Gl. (8.34) beweist, dass sich diese Gesamtwirkleistung auch als Summe von PW1 und PW2 ergibt, jenen Leistungen also, die mit den beiden Leistungsmessern der Aaronschaltung (Abb. 8.10) gemessen werden. Messung der Blindleistung Zur Messung der Blindleistung in Drehstromnetzen wird die Tatsache genutzt, dass bei (ann¨ahernd) symmetrischer Lastverteilung die Sternspannungen und Leiterspannungen paarweise um 90◦ phasenverschoben sind (Abb. 8.11). Nach diesem Prinzip arbeiten die Schaltungen nach Abb. 8.12 und 8.14.
Abb. 8.11. Spannungszeiger in Drehstromsystemen
8.2 Leistungsmessung im Wechselstromkreis
239
4-Leiter-System Die Blindleistung in einem 4-Leiter-Drehstromsystem kann mit Hilfe von drei elektrodynamischen Messwerken ermittelt werden. Dazu werden diese gem¨aß Abb. 8.12 √ angeschlossen. Die Gesamtblindleistung ergibt sich n¨amlich aus der durch 3 dividierten Summe (PB1 + PB2 + PB3 ) der Leistungen, welche die Einzelmesswerke anzeigen 1 PBges = √ (PB1 + PB2 + PB3 ) . 3
(8.42)
Die Einzelleistungen PB1 , PB2 und PB3 lassen sich unter Zuhilfenahme des Spannungszeigerdiagrammes (Abb. 8.11) und der Annahme RV = 0 wie folgt ableiten PB1 = U23eff I1eff cos(< ) U 23 , I 1 ) = U23eff I1eff cos(<) (U 1N , I 1 ) − 90◦ ) = U23eff I1eff cos(ϕ1 − 90◦ ) = U23eff I1eff sin ϕ1 √ = 3U1Neff I1eff sin ϕ1 . (8.43) Analog zu Gl. (8.43) gilt f¨ ur die Anzeigen PB2 und PB3 PB2 = U31eff I2eff cos(< ) U 31 , I 2 ) = U31eff I2eff cos(<) (U 2N , I 2 ) − 90◦ ) = U31eff I2eff cos(ϕ2 − 90◦ ) = U31eff I2eff sin ϕ2 √ = 3U2Neff I2eff sin ϕ2 (8.44) ◦ ) U 12 , I 3 ) = U12eff I3eff cos(<) (U 3N , I 3 ) − 90 ) PB3 = U12eff I3eff cos(< = U12eff I3eff cos(ϕ3 − 90◦ ) = U12eff I3eff sin ϕ3 √ = 3U3Neff I3eff sin ϕ3 .
(8.45)
Abb. 8.12. Messung der Blindleistung im 4-Leiter-System. Die Leistungsmesser haben identische Innenwiderst¨ ande.
240
8 Messung der elektrischen Leistung
Beim Anschließen der Leistungsmesser ist auf die richtige Polarit¨at zu achten, welche durch die Punkte in Abb. 8.12 angezeigt wird. Wenn die Vorwiderst¨ ande RV so gew¨ahlt werden, dass an den Spannungspfaden der Mess√ ger¨ ate eine um den Faktor 3 kleinere Spannung wirksam wird, ergibt sich die Gesamtblindleistung als Summe der drei Anzeigewerte, was durch einen Vergleich der Gln. (8.42 - 8.45) leicht verifiziert werden kann. 3-Leiter-System Im 3-Leiter-System gen¨ ugen wiederum zwei Leistungsmesser, deren Spannungspfade zu einem k¨ unstlichen Sternpunkt N gem¨aß Abb. 8.14 zusammengeschaltet werden. Dabei ist wiederum auf die richtige Polarit¨at der Leistungsmesser zu achten, die√in Abb. 8.14 durch einen Punkt am Messwerk gekennzeichnet ist. Die mit 3 multiplizierte Summe PBges der von den beiden in Abb. 8.14 dargestellten Leistungsmessern angezeigten Leistung betr¨agt √ √ PBges = 3(PB3 + PB1 ) = 3(Re(U 1N I ∗3 − U 3N I ∗1 )) . (8.46) Unter Zuhilfenahme der Abb. 8.13 kann Gl. (8.46) folgendermaßen dargestellt werden 1 PBges = √ Re((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 ) . (8.47) 3 Indem man Gl. (8.47) wie folgt erweitert 1 PBges = √ Re ((U 13 + U 12 )I ∗3 + (U 23 + U 13 )I ∗1 + U 31 I ∗2 − U 31 I ∗2 ) 3 1 (8.48) = √ Re (U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 + U 13 (I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 )) 3 und die Tatsache ber¨ ucksichtigt, dass die Summe der Leiterstr¨ome im 3-LeiterSystem verschwindet
Abb. 8.13. Zusammenh¨ ange zwischen Stern- und verketteten Spannungen
8.3 Messung der elektrischen Arbeit
I 1 + I 2 + I 3 = I ∗1 + I ∗2 + I ∗3 = 0 ,
241
(8.49)
gelangt man zur allgemeinen Blindleistungs-Beziehung 1 PBges = √ Re(U 23 I ∗1 + U 31 I ∗2 + U 12 I ∗3 ) . 3
(8.50)
Abb. 8.14. Messung der Blindleistung im 3-Leiter-System. Der Punkt gibt die Polarit¨ at des Spannungspfades an. Der Widerstand RWV entspricht dem Innenwiderstand des Spannungspfades der (identischen) Leistungsmesser.
8.3 Messung der elektrischen Arbeit Die elektrische Arbeit (Energie) ergibt sich aus der zeitlichen Integration der elektrischen Wirkleistung PW (t) E=
t
PW (t) dt .
(8.51)
0
Zur Messung der elektrischen Energie werden im Wechselstromfall sog. Induktionsmesswerke eingesetzt, die u ¨ blicherweise als Elektrizit¨atsz¨ahler bezeichnet werden. In diesen Induktionsmesswerken wird vom Strom des Leistungskreises ein magnetisches Wechselfeld aufgebaut, das in einer elektrisch leitf¨ahigen Scheibe Induktionsspannungen und damit Wirbelstr¨ome hervorruft. Auf diese wirkt ein zweites, von der Spannung des Leistungskreises generiertes Magnetfeld, das in Verbindung mit den Wirbelstr¨omen Kr¨afte erzeugt, welche die Scheibe in Rotation versetzen. Die Rotationsgeschwindigkeit der Scheibe ist letztlich ein Maß f¨ ur die elektrische Momentanleistung. Induktionsmesswerke k¨ onnen allerdings nur f¨ ur Wechselstromanwendungen eingesetzt werden, da sie auf dem Induktionsprinzip beruhen.
242
8 Messung der elektrischen Leistung
Funktionsprinzip des Induktionsmesswerkes (Elektrizit¨ atsz¨ ahler) Der prinzipielle Aufbau eines Elektrizit¨atsz¨ahlers wird in Abb. 8.16 gezeigt. Die auf dem hufeisenf¨ormigen Joch (Stromeisen) befindliche Spule 1 f¨ uhrt den Strom i(t) des Leistungskreises i(t) = Iˆ sin(ωt + ϕ) .
(8.52)
Der dadurch entstehende magnetische Fluss φ1 durchsetzt die Aluminiumscheibe und induziert in dieser die Wirbelstr¨ome iw . Entsprechend dem Durchflutungsgesetz sowie dem Induktionsgesetz lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange f¨ ur den magnetischen Fluss φ1 φ1 ∼ B1 ≈ μ0
N1 i(t) N1 ˆ = μ0 I sin(ωt + ϕ) 2δ 2δ
(8.53)
bzw. den Wirbelstrom iw ableiten iw ∼ uind ∼
dφ1 ∼ ω Iˆ cos(ωt + ϕ) . dt
(8.54)
Dabei bezeichnen B1 den Betrag der magnetischen Induktion im Stromeisen, φ1 den magnetischen Fluss im Stromeisen, N1 die Windungszahl des Stromeisens, δ den Luftspalt in Strom- und Spannungseisen (die Aluminiumscheibe z¨ ahlt in diesem Fall wegen μr = 1 zum Luftspalt) und ϕ den Phasenwinkel zwischen Spannung u und Strom i. Legt man die Spannung u(t) des Leistungskreises an die Spule 2 des Spannungseisens, welches die Aluminiumscheibe U-f¨ ormig umschließt, entsteht im Luftspalt die magnetische Induktion B2 , welche sich wie folgt aus der angelegten Spannung u(t) u ¨ ber den durch die Spule fließenden Strom i2 (t) berechnen l¨asst ˆ sin ωt u(t) = U 1 ˆ 1 t i2 (t) = u dt = − U cos ωt L 0 ωL i 2 N2 ˆ cos ωt . ∼ −U B 2 ≈ μ0 δ
(8.55) (8.56) (8.57)
Dieses magnetische Feld wirkt nun auf die in der Aluminiumscheibe induzierten Wirbelstr¨ ome (Abb. 8.15) und verursacht eine mechanische Kraftwirkung. Die entsprechende Volumenskraft fr (r¨aumliche Kraftdichte) ergibt sich nach [170] 2 − 1 H 2 gradμ , fr = Jw × B 2
(8.58)
wobei Jw den Stromdichtevektor bezeichnet, der dem Wirbelstrom iw proportional ist. Da die Aluminiumscheibe eine konstante Permeabilit¨at μ aufweist, verschwindet der Term gradμ, und der Betrag F der Gesamtkraft l¨asst sich wie folgt ermitteln
8.3 Messung der elektrischen Arbeit
243
Abb. 8.15. Wirbelstr¨ ome in der Aluminiuml¨ auferscheibe eines Elektrizit¨ atsz¨ ahlers
ˆ cos(ωt + ϕ) cos ωt . F ∼ iw B2 ∼ IˆU
(8.59)
Das auf die Aluminiumscheibe wirkende mittlere Moment Mel erh¨alt man, wenn man u ¨ ber die Periodendauer T integriert 1 T Mel ∼ F (t) dt (8.60) T 0 ˆ Iˆ ˆ Iˆ T 1 U U (cos ϕ + cos(2ωt + ϕ)) dt = cos ϕ . ∼ T 0 2 2 Gleichung (8.60) sagt aus, dass das Antriebsmoment Mel proportional der Wirkleistung PW des Leistungskreises ist Mel = k1 Ueff Ieff cos ϕ = k1 PW .
(8.61)
In der Praxis entsteht aufgrund des relativ großen Luftspaltes sowie der Eisenund Kupferverluste keine exakte 90◦ -Verschiebung zwischen dem Strom i2 in der Spule 2 und der Spannung u des Leistungskreises. Die exakte 90◦ Phasenverschiebung erreicht man erst durch den in Abb. 8.16 gezeigten magnetischen Nebenschluss des Spannungseisens (Grobabgleich der 90◦ -Phasenverschiebung durch Ver¨anderung von δN ) und eine Hilfswicklung am Stromeisen, die u ¨ ber den regelbaren Widerstand R kurzgeschlossen ist (Feinabgleich der 90◦ -Phasenverschiebung durch Ver¨anderung des Widerstandes R). Der als Wirbelstrombremse wirkende Permanentmagnet (Abb. 8.16), der auch als Bremsmagnet bezeichnet wird, erzeugt ein Bremsmoment mit dem
244
8 Messung der elektrischen Leistung
Abb. 8.16. Prinzipieller Aufbau eines Elektrizit¨ atsz¨ ahlers
Betrag Mbrems Mbrems = k2 n ,
(8.62)
wobei n die Drehzahl der Aluminiumscheibe bezeichnet. Die Drehzahl n der Scheibe l¨ asst sich nun aus der Gleichgewichtsbedingung Mbrems = Mel ermitteln k1 n = Ueff Ieff cos ϕ = kPW . (8.63) k2 Nachdem die Drehzahl n der Scheibe proportional zur Wirkleistung PW ist, erh¨ alt man die elektrische Energie durch Aufsummieren (zeitliche Integration) der Umdrehungen der Aluminiumscheibe. Dies geschieht in einfacher Weise mit Hilfe eines mechanischen Z¨ahlwerkes. Hinweis: Die Leistungsmessung in Energieversorgungsnetzen und insbesondere beim Endverbraucher hat in den letzten Jahren an Bedeutung gewonnen. Denn der erste Schritt zu einer Energieverbrauchsreduzierung ist die komfortable und effiziente elektronische Messung von Wirk- und Scheinleistung sowie die des Energieverbrauches. Dabei wird gefordert, dass die elektronischen Leistungsmesser in moderne Informationsarchitekturen, wie z. B. das Internet, einbindbar sind. Das Herzst¨ uck eines solchen elektronischen Energiemeters ist ein integrierter Schaltkreis, der mit zwei Eingangssignalen, welche dem Laststrom bzw. der Lastspannung proportional sind, gespeist werden und der an seinem Ausgang ein Signal liefert, das der verbrauchten Wirkleistung oder alternativ der verbrauchten Energiemenge entspricht. Diese elektronischen Energiemeter werden in Kap. 11.10 behandelt.
9 Messung von elektrischen Impedanzen
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden Ein ohmscher Widerstand R unterscheidet sich von einer komplexen Impedanz Z dadurch, dass er keine kapazitiven oder induktiven Anteile enth¨alt, was eigentlich einen Idealfall darstellt, der in der Praxis nie ganz erreicht werden kann. F¨ ur den ohmschen Widerstand gilt das Ohmsche Gesetz in der Form R=
u(t) , i(t)
(9.1)
d. h. Strom und Spannung sind zu jedem beliebigen Zeitpunkt direkt proportional. Die Messung ohmscher Widerst¨ande ist im Rahmen der messtechnischen Praxis eine wichtige Aufgabe, weil einige Sensoren als Widerstandsaufnehmer arbeiten; d. h. ihr Widerstandswert ist ein Maß f¨ ur die Messgr¨oße. 9.1.1 Strom- und Spannungsmessung Die Bestimmung des ohmschen Widerstandes kann durch eine Strom- und eine Spannungsmessung erfolgen. Der Widerstandswert R wird dann nach dem Ohmschen Gesetz (Gl. (9.1)) berechnet. Da hierbei stets zwei getrennte Messungen erforderlich sind, tragen sowohl der Fehler der Strommessung als auch der Fehler der Spannungsmessung zum Fehler des Messwertes R bei. Es kommen die beiden in den Abb. 9.1a und 9.1b gezeigten Schaltungsvarianten in Frage. Die jeweiligen systematischen Fehler k¨onnen korrigiert werden, wenn die Innenwiderst¨ande des Spannungs- und des Strommessger¨ates bekannt sind. In der stromrichtigen Schaltung (Abb. 9.1a) ist die Spannungsmessung fehlerhaft und der Spannungsabfall RMI I am Strommesser ist zwecks Korrektur des systematischen Messfehlers von der gemessenen Spannung abzuziehen RX =
U U − RMI I = − RMI . I I
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_9
(9.2)
246
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.1. Bestimmung des ohmschen Widerstandes RX durch separate Strom- und Spannungsmessung: a) Stromrichtige Schaltung, b) Spannungsrichtige Schaltung
In der spannungsrichtigen Schaltung (Abb. 9.1b) ist der gemessene Strom zu groß, so dass vom gemessenen Wert I der Teilstrom U/RMU abzuziehen ist, der durch den Spannungsmesser fließt RX =
U . I − RU MU
(9.3)
Da im Allgemeinen der Innenwiderstand des Strommessers RMI viel kleiner ist als der des Spannungsmessers RMU , wird die stromrichtige Schaltungsvariante f¨ ur große Widerst¨ande (RX RMI ) und die spannungsrichtige f¨ ur kleine Widerst¨ ande (RX RMU ) eingesetzt. 9.1.2 Vergleich mit einem Referenzwiderstand Spannungsvergleich Der bei getrennter Spannungs- und Strommessung auftretende Fehler l¨asst sich vermeiden, wenn ein Referenzwiderstand Rref zur Verf¨ ugung steht. Durch Messung der beiden Spannungen URX und URref (Abb. 9.2) kann bei bekanntem Referenzwiderstand Rref der Widerstand RX bestimmt werden. Die Spannung U0 , die an die aus den Widerst¨anden RX und Rref bestehende Serienschaltung angelegt wird, muss w¨ahrend der beiden Messungen konstant gehalten werden. Der Innenwiderstand des Messger¨ates geht f¨ ur den Fall, dass er bei beiden Messungen derselbe ist (Vorsicht bei Messbereichsumschaltung), nicht in den Fehler ein, da die beiden Spannungsmesswerte ins Verh¨altnis gesetzt werden. Wenn man die Spannungen URref und URX in der Schaltung nach Abb. 9.2 mit Hilfe eines Spannungsmessger¨ates mit Innenwiderstand RMU misst, ergeben sich infolge des endlichen Innenwiderstandes RMU die fehlerbehafteten Messwerte URref und URX (Rref RMU ) (Rref RMU ) + RX (RX RMU ) = U0 . (RX RMU ) + Rref
URref = U0 URX
(9.4) (9.5)
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden
247
Abb. 9.2. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwiderstandes Rref und einer Konstantspannungsquelle Wenn man jedoch die beiden Messwerte URref und URX ins Verh¨altnis setzt, k¨ urzt sich der Innenwiderstand RMU heraus, so dass das Spannungsverh¨altnis URX RX URX = = URref Rref URref
(9.6)
frei von systematischen Fehlern bleibt RX =
URX Rref . URref
(9.7)
Stromvergleich Alternativ kann ein Stromvergleich nach Abb. 9.3 genutzt werden, um den ohmschen Widerstand RX zu bestimmen. Auch hier heben sich die systematischen Messfehler bei der Messung der Einzelstr¨ome IRX und IRref auf und gehen somit nicht in die Bestimmung von RX ein. Die infolge des Innenwiderstandes RMI des Strommessger¨ates mit systematischen Fehlern behafteten Teilstr¨ ome IRref und IRX ergeben sich entsprechend der Stromteilerregel bei parallelgeschalteten Widerst¨anden zu
Abb. 9.3. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe eines Referenzwiderstandes Rref und einer Konstantstromquelle
248
9 Messung von elektrischen Impedanzen
IRref = I0 = I0 IRX
RRref RRref
RX + RMI + RX RRref . + RMI + RX
(9.8) (9.9)
Das Verh¨ altnis dieser Teilstr¨ome ist wiederum frei von Belastungsfehlern IRref RX IRref = = IRX Rref IRX
bzw. RX =
IRref Rref . IRX
(9.10)
(9.11)
W¨ ahrend der beiden Strommessungen muss der in die Parallelschaltung eingespeiste Strom I0 sowie der Innenwiderstand RMI des Messger¨ates konstant gehalten werden. 9.1.3 Verwendung einer Konstantstromquelle Eine direkte und kontinuierliche Anzeige des Widerstandswertes ist mit Hilfe einer Konstantstromquelle m¨oglich (Abb. 9.4).
Abb. 9.4. Messung eines ohmschen Widerstandes unter Verwendung einer Konstantstromquelle
Der eingepr¨ agte Konstantstrom I0 fließt dabei u ¨ber den zu messenden Widerstand RX , der gem¨aß Gl. (9.12) proportional zur gemessenen Spannung UX ist UX RX = . (9.12) I0 Mit der Korrektur des systematischen Fehlers, der durch den Innenwiderstand RMU des angeschlossenen Spannungsmessers verursacht wird, erh¨alt man RX =
UX . X I0 − RUMU
(9.13)
Eine auf einer Konstantstromquelle basierende Messschaltung wird in Abb. 9.5 gezeigt. Wenn man einen idealen Operationsverst¨arker voraussetzt (uD = 0),
9.1 Messung von ohmschen Widerst¨ anden
249
Abb. 9.5. Messung eines ohmschen Widerstandes mit Hilfe einer Konstantstromquelle. Bei der Verwendung in Digital-Multimetern werden die Spannungen an den Abgriffpunkten (1) und (2) dem Analog-Digital-Umsetzer zugef¨ uhrt.
kann die Spannung UX auch mit einem nicht-idealen Spannungsmesser ohne systematischen Messfehler gemessen werden, so dass die Auswertung f¨ ur RX nach Gl. (9.12) vorgenommen werden kann RX =
UX UX = R0 . I0 Uref
(9.14)
F¨ ur Pr¨ azisionsmessungen sind allerdings die nicht-idealen Eigenschaften des Operationsverst¨arkers zu ber¨ ucksichtigen, wie z.B. endliche Verst¨arkung, Eingangsstrom oder Offsetspannung. Als nachteilig kann sich auch die nichtmassebezogene Messung erweisen, da so leicht St¨orspannungen auftreten k¨ onnen. In Digital-Multimetern werden die beiden Spannungen Uref und UX (s. Abgriffpunkte (1) und (2) in Abb. 9.5) vom Analog-Digital-Umsetzer digitalisiert und anschließend nach Gl. (9.14) ausgewertet. Die relative Genauigkeit f¨ ur diese Messung liegt bei Standard-Digital-Multimetern typischerweise bei 0,02 bis 0,2 % (s. auch Tab. 11.14). 9.1.4 Verwendung eines Kreuzspulinstrumentes Da der Zeigerausschlag α eines Kreuzspulinstrumentes eine Funktion des Verh¨ altnisses zweier Str¨ome I2 /I1 ist (Gl. (6.60)), kann es unmittelbar zur Widerstandsmessung eingesetzt werden. Abbildung 9.6 zeigt die dazu notwendige Beschaltung. Wenn der zu bestimmende Widerstand RX gegen¨ uber dem Spulenwiderstand R1 groß ist (RX R1 ) und außerdem der Widerstand R3 groß im Vergleich zum Spulenwiderstand R2 (R3 R2 ) gew¨ahlt wird, kann RX mit Hilfe der Schaltung nach Abb. 9.6a unmittelbar gemessen werden. Der zu bestimmende Widerstand RX ergibt sich dann aus der Stromteilerregel, da die beiden Widerst¨ande RX und R3 n¨aherungsweise an der Speisespannung U0 liegen. Der Zeigerausschlag α h¨angt aber i.Allg. in nichtlinearer Weise vom Stromverh¨ altnis I2 /I1 ab (Gl. (6.60)) RX = R3
I2 1 = R3 f (α) = R3 tan α . I1 k
(9.15)
250
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.6. Widerstandsmessung mit Hilfe eines Kreuzspulinstrumentes: a) Schaltungsvariante f¨ ur große Widerst¨ ande, b) Schaltungsvariante f¨ ur kleine Widerst¨ ande
Zur Messung kleiner Widerst¨ande wird die Schaltungsvariante nach Abb. 9.6b eingesetzt. Unter der Voraussetzung (R1 + R1 ) RX und (R2 + R2 ) R3 gilt n¨ aherungsweise RX =
UX I1 (R1 + R1 ) (R1 + R1 ) R3 f˜(α) . ≈ = IX I2 (R2 + R2 )/R3 (R2 + R2 )
(9.16)
9.2 Kompensationsschaltungen Mit Hilfe sog. Kompensationsschaltungen kann die Beeinflussung des Messvorganges durch das Messger¨at infolge seiner nicht-idealen Innenimpedanz eliminiert werden. Str¨ome und Spannungen werden dabei leistungslos gemessen, d. h. Str¨ ome ohne Spannungsabfall u ¨ ber den Messkontakten und Spannungen ohne (Parallel)-Str¨ome durch ein angeschlossenes Spannungsmessger¨at. Die von klassischen Messger¨aten jedoch stets ben¨otigte Energie wird dabei einer Hilfsquelle und nicht, wie bei Standardmessungen u ¨blich, der zu messenden Schaltung entnommen. Der Hauptvorzug der Kompensatoren besteht also darin, dass bei der Messung keine Belastung des Messkreises erfolgt. Infolge der r¨ uckwirkungsfreien Messung wird eine sehr hohe Messgenauigkeit erreicht. Als eigentliches Messinstrument ist dazu lediglich ein Galvanometer zum Nullabgleich erforderlich. Da die Kompensationsschaltungen eine Vorstufe der Br¨ uckenschaltungen darstellen, die zur Messung von ohmschen Widerst¨ anden bzw. komplexen Impedanzen eingesetzt werden, sollen sie an dieser Stelle besprochen werden. 9.2.1 Gleichspannungskompensation Abbildung 9.7 zeigt das Kompensationsprinzip f¨ ur eine Gleichspannungsmessung. Der Abgriff des Widerstandes wird dabei solange ver¨andert, bis das Galvanometer G stromlos ist. Es folgt damit
9.2 Kompensationsschaltungen
UX = UR =
R U0 . R0
251
(9.17)
Bei bekannten Gr¨oßen U0 , R0 , R kann UX ohne einen durch den Leistungsverbrauch eines Messger¨ates hervorgerufenen Fehler bestimmt werden.
Abb. 9.7. Prinzip der Gleichspannungskompensation (UX ≤ U0 )
9.2.2 Gleichstromkompensation Mit der Kompensationsschaltung nach Abb. 9.8 kann ein unbekannter Strom IX kompensiert werden, indem Spannungsgleichheit an dem von dem Differenzstrom (I0 − IX ) durchflossenen Widerstand R und an dem vom Strom IX durchflossenen Widerstand R1 erreicht wird (I0 − IX )R = IX R1 .
(9.18)
Weiterhin kann die folgende Maschengleichung aufgestellt werden (I0 − IX )R + I0 (R0 − R) = U0 .
(9.19)
Aus den Gln. (9.18) und (9.19) kann unmittelbar der zu messende Strom IX bestimmt werden R IX = U0 . (9.20) R0 (R1 + R) − R2 Da u ¨ber den Messkontakten keine Spannung abf¨allt, wird leistungslos, d. h. ohne Belastung des Messkreises, gemessen. Als Nulldetektoren verwendet man
Abb. 9.8. Gleichstromkompensationsschaltung. R0 ist der Gesamtwiderstand des Spannungsteilers und R der Wert zwischen dem Teilerabgriff und dem positiven Pol der Spannungsquelle
252
9 Messung von elektrischen Impedanzen
empfindliche Galvanometer mit Spannungsanzeigen im Bereich von 0,1 μV bis 1 μV bzw. empfindliche Spannungsverst¨arker mit kleiner Offsetspannung. In der Praxis wird oft anstelle des Galvanometers ein Nullverst¨arker verwendet, der ein motorbet¨atigtes Potentiometer ansteuert. Dabei wird der Schleifer eines Potentiometers mit Hilfe eines Stellmotors so lange verstellt, bis die Eingangsspannungsdifferenz des Verst¨arkers zu Null abgeglichen ist. Damit ist die Verstellung des Schleifers der zu messenden Spannung uE proportional. Ein angekoppeltes Schreibger¨at schreibt auf einem kontinuierlich bewegten Registrierpapier einen Linienzug, der f¨ ur den Fall entsprechend schneller Regelung dem Signalverlauf uE (t) entspricht. Solche Anordnungen werden in Form sog. Kompensationsschreiber realisiert (Abb. 9.9).
Abb. 9.9. Prinzip eines Kompensationsschreibers
9.3 Gleichstrom-Messbru ¨ cken Die genaue Bestimmung von ohmschen Widerst¨anden erfolgt in der Praxis oft mit Hilfe von sog. Br¨ uckenschaltungen. Die dazu von Wheatstone vorgeschlagene Messbr¨ ucke (Wheatstonesche Messbr¨ ucke) besteht aus zwei parallelgeschalteten Spannungsteilern (Abb. 9.10), die mit der Spannung UE gespeist werden. Beim Betrieb unterscheidet man zwischen dem Ausschlagverfahren (Gleichstrom-Ausschlagbr¨ ucke), bei dem die Diagonalspannung UD mit einem hochohmigen Instrument gemessen wird, und dem Abgleich- oder Nullverfahren (Gleichstrom-Abgleichbr¨ ucke), bei dem die Diagonalspannung zu Null abgeglichen wird.
Abb. 9.10. Wheatstonesche Messbr¨ ucke
9.3 Gleichstrom-Messbr¨ ucken
253
9.3.1 Gleichstrom-Ausschlagbr¨ ucken Im nicht-abgeglichenen Zustand resultiert aus der Speisespannung UE eine Diagonalspannung UD
R2 R3 − R1 R4 R2 R4 . (9.21) = UE UD = UE − R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 ) Durch Messung der Spannungen UD und UE kann bei drei bekannten Widerst¨ anden auf den vierten unbekannten Widerstand geschlossen werden. Die Genauigkeit des Verfahrens h¨angt neben der Toleranz der Br¨ uckenwiderst¨ande von der Genauigkeit der Messger¨ate zur Bestimmung von UD und UE ab. Bei der Messung der Spannung UD ist zu ber¨ ucksichtigen, dass der Innenwiderstand RM des Messger¨ates zu einem Fehler f¨ uhrt.
Abb. 9.11. a) Gleichstrom-Ausschlag-Br¨ uckenschaltung bei Ber¨ ucksichtigung der Innenwiderst¨ ande von Speisespannungsquelle und Messger¨ at, b) bez¨ uglich der Klemmen 1 und 1 wirksame Ersatzspannungsquelle
Die unter Ber¨ ucksichtigung der Innenwiderst¨ande der Quelle RI und des Messger¨ ates RM geltende Ersatzschaltung wird in Abb. 9.11a gezeigt. Die im Falle offener Klemmen (RM → ∞) effektiv wirksame Br¨ uckenspeisespannung UE kann aus der Leerlaufspannung UE0 der Speisequelle mit RB = (R1 + R2 ) (R3 + R4 )
(9.22)
wie folgt errechnet werden RB . (9.23) RI + RB Damit l¨ asst sich auch die Leerlaufspannung UQ der Ersatzspannungsquelle aus Abb. 9.11b angeben UE = UE0
UQ = UD |RM→∞ = UE
R2 R3 − R1 R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 ) 1
UQ = UD |RM→∞ = UE0 = UE0
1+
RI (R1 +R2 +R3 +R4 ) (R1 +R2 )(R3 +R4 )
(9.24) R2 R3 − R1 R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 )
R2 R3 − R1 R4 . (R1 + R2 )(R3 + R4 ) + RI (R1 + R2 + R3 + R4 )
(9.25)
254
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.12. Dreieck-Stern-Umwandlung
Der Innenwiderstand RQ der Ersatzspannungsquelle ist der Widerstand, den man von den Klemmen 1 und 1 des Netzwerkes aus sieht. Dieser l¨asst sich durch eine sog. Dreieck-Stern-Umwandlung (Abb. 9.12) der Widerst¨ande R1 , R2 und RI zu der in der Abb. 9.13 gezeigten Schaltung vereinfachen. Die beiden Schaltungen in Abb. 9.12 sind bez¨ uglich der ¨außeren Klemmen 1, 2 und 3 ¨ aquivalent. Diese Umwandlung sowie die entsprechende Stern-DreieckUmwandlung sind z. B. in [139] beschrieben. Der Innenwiderstand RQ der Ersatzspannungsquelle nach Abb. 9.13 ergibt sich dann zu RQ = R1S + (R3 + R3S ) (R4 + R2S ) (R3 + R3S )(R4 + R2S ) . = R1S + R3 + R3S + R4 + R2S
(9.26)
Unter Ber¨ ucksichtigung des von den Widerst¨anden RM und RQ gebildeten Spannungsteilers in Abb. 9.11b l¨asst sich die Diagonalspannung UD f¨ ur den Fall nicht-idealer Innenwiderst¨ande von Quelle und Messger¨at wie folgt ableiten RM UD = UQ . (9.27) RM + RQ Aus dem Vergleich mit der Diagonalspannung UD des idealen Falles (Gl. (9.21)) l¨ asst sich schließlich der entsprechende Fehler ermitteln.
Abb. 9.13. Durch Dreieck-Stern-Umwandlung vereinfachte Schaltung aus Abb. 9.11
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden
255
9.3.2 Gleichstrom-Abgleichbr¨ ucken Zur Messung von ohmschen Widerst¨anden wird i. Allg. das Abgleichverfahren eingesetzt. Dabei wird einer der bekannten Br¨ uckenwiderst¨ande, z. B. der Widerstand R4 (Abb. 9.10), solange ver¨andert, bis die Diagonalspannung UD Null wird. Mit Gl. (9.21) folgt daraus
R2 R3 − R1 R4 R2 R4 . (9.28) = UE − UD = 0 = UE R1 + R2 R3 + R4 (R1 + R2 )(R3 + R4 ) So kann ein unbekannter Widerstand, beispielsweise R2 , aus den u ¨brigen bekannten Widerstandswerten ermittelt werden. Die Abgleichbedingung aus Gl. (9.28) lautet R2 R3 = R1 R4 , (9.29) bzw. nach dem gesuchten Widerstandswert R2 aufgel¨ost R2 = R1
R4 . R3
(9.30)
Bei Pr¨ azisionsmessbr¨ ucken werden als einstellbare Widerst¨ande sehr genaue Widerstandsdekaden verwendet. Die Messunsicherheiten liegen hierbei im Bereich 10−5 . Ein wesentlicher Vorzug des Abgleichverfahrens besteht darin, dass keine Absolutwerte von Spannungen oder Str¨omen gemessen werden m¨ ussen. Auch die Br¨ uckenspeisespannung UE geht nicht in die Messung ein, so dass an deren Konstanz keine hohen Anforderungen gestellt werden m¨ ussen. Ein weiterer Vorzug besteht in der Tatsache, dass die Diagonalspannung UD nur mittels Nullgalvanometer zu Null abgeglichen und nicht absolut erfasst werden muss.
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden Eine komplexe Impedanz (Scheinwiderstand) setzt sich aus einer Wirkkomponente R und einer Blindkomponente X zusammen Z = Re(Z) + jIm(Z) = R + jX = |Z|ejϕz .
(9.31)
Bei vernachl¨assigbarem ohmschen Anteil ergeben sich f¨ ur •
eine Kapazit¨ at C (idealer Kondensator) Z = jX =
•
−j ωC
(9.32)
eine Induktivit¨ at L (ideale Spule) Z = jX = jωL .
(9.33)
Im realen verlustbehafteten Fall wendet man die im Folgenden beschriebenen Ersatzschaltbilder an.
256
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivit¨ at Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Induktivit¨ at werden in Abb. 9.14 neben den entsprechenden Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y der verlustbehafteten Spule ergeben sich wie folgt Z = RS + jωLS =
1 = Y
1 RP
1 . 1 + jωL P
(9.34)
Mit den Ersatzschaltbildelementen k¨onnen der Verlustfaktor tan δL sowie die G¨ ute Q angegeben werden tan δL =
RS 1 ωLP = = . Q ωLS RP
(9.35)
Abb. 9.14. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Induktivit¨ at mit entsprechendem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Serienersatzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild
Reihen- und Parallel-Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazit¨ at Die Reihen- und die Parallel-Ersatzschaltung einer verlustbehafteten Kapazit¨ at werden in Abb. 9.15 neben den entsprechenden Impedanz- bzw. Admittanz-Diagrammen gezeigt. Die Impedanz Z und die Admittanz Y des verlustbehafteten Kondensators ergeben sich zu Z = RS −
j 1 = = ωCS Y
1 RP
1 . + jωCP
(9.36)
Mit den Ersatzschaltbildelementen lassen sich der Verlustfaktor tan δC sowie die G¨ ute Q bestimmen tan δC =
1 1 = ωRS CS = . Q ωRP CP
(9.37)
9.4 Messung von Schein- und Blindwiderst¨ anden
257
Abb. 9.15. Ersatzschaltbilder einer verlustbehafteten Kapazit¨ at mit entsprechendem Impedanz- bzw. Admittanz-Diagramm: a) Reihenersatzschaltbild (Serienersatzschaltbild), b) Parallelersatzschaltbild
Ermittlung des Scheinwiderstandes Zur Messung von Scheinwiderst¨anden wird eine Wechselspannungsquelle bekannter Frequenz ben¨otigt, welche die Impedanz Z speist Z = Re(Z) + jIm(Z) .
(9.38)
Der Scheinwiderstand |Z| kann nach separaten Messungen von Spannung und Strom berechnet werden Ueff |Z| = . (9.39) Ieff Nachdem die komplexe Impedanz zwei skalare Unbekannte aufweist (Betrag und Phase bzw. Real- und Imagin¨arteil), m¨ ussen zu ihrer vollst¨andigen Bestimmung immer zwei getrennte Gr¨oßen gemessen werden, wie z.B. der Scheinwiderstand und der Phasenwinkel oder der Scheinwiderstand und der Wirkwiderstand. Bei einer Spule beispielsweise k¨onnen Schein- und Wirkwiderstand auf die im folgenden beschriebene Art gemessen werden. Bei Anlegen einer Gleichspannung u− ergibt sich wegen X = 0 (Gl. (9.31)) der Wirkwiderstand R aus einer Gleichstrommessung u− R= . (9.40) i− Bei Anlegen einer Wechselspannung u∼ l¨asst sich gem¨aß Gl. (9.39) der Scheinwiderstand |Z| aus der Messung der Effektivwerte von Spannung Ueff und Strom Ieff ermitteln Ueff u∼ |Z| = = . (9.41) Ieff i∼ Anhand der Gln. (9.38), (9.40) und (9.41) kann schließlich auch der Blindwiderstand X berechnet werden X = ωL = |Z|2 − R2 . (9.42)
258
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Ermittlung einer komplexen Impedanz mittels der 3-Spannungsmesser-Methode Verlustbehaftete Kondensatoren oder verlustbehaftete Spulen lassen sich mittels der sog. 3-Spannungsmesser-Methode anhand von drei unabh¨angigen Spannungsmessungen ermitteln (Abb. 9.16). Dazu schaltet man der unbekannten Impedanz Z X einen ohmschen Widerstand RN in Serie und legt an diese Serienschaltung eine Wechselspannung U an. Anschließend misst man die Betr¨ age bzw. Effektivwerte der Spannungen U N und U X , die an dem Widerstand RN und der komplexen Impedanz Z X abfallen. Bei bekannter Zeigerl¨ ange von U hat man nunmehr drei Spannungszeiger in der komplexen Ebene, von denen man lediglich die Betr¨age kennt. Damit l¨asst sich aber bereits das in Abb. 9.16 gezeigte Zeigerdiagramm konstruieren. Allerdings gibt es ein zweites spiegelbildliches Zeigerdiagramm, das ebenfalls m¨oglich w¨are, d. h. es l¨ asst sich letztlich nur der Betrag des Phasenwinkels ϕ, nicht aber sein Vorzeichen bestimmen. Durch Anwendung des Cosinussatzes auf das Dreieck der Spannungszeiger erh¨alt man den Phasenwinkel ϕ
2 |U | − |U N |2 − |U X |2 ϕ = ± arccos . (9.43) 2|U N ||U X | Mit bekanntem Widerstandswert RN , dem ermittelten Phasenwinkel ϕ sowie den Messwerten f¨ ur |U X | und |U N | kann nunmehr Z X in Form der Elemente der Reihenersatzschaltung (Z X = RX + jXX ) angegeben werden RX =
|U | |U X | cos ϕ = RN X cos ϕ , |I| |U N |
(9.44)
XX =
|U | |U X | sin ϕ = RN X sin ϕ . |I| |U N |
(9.45)
Abb. 9.16. Bestimmung des Wirk- und Blindanteils verlustbehafteter passiver Bauelemente mit Hilfe der 3-Spannungsmesser-Methode. ϕ: Phasenwinkel von Z X
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
259
9.5 Wechselstrom-Messbru ¨ cken 9.5.1 Wechselstrom-Abgleichbr¨ ucken Prinzipiell ist die Funktionsweise einer Wechselstrom-Messbr¨ ucke mit der in Kap. 9.3 vorgestellten Gleichstrom-Messbr¨ ucke identisch. Die Bedingung f¨ ur den Nullabgleich der Br¨ uckendiagonalspannung bezieht sich hier allerdings auf die komplexen Impedanzen Z 1 , Z 2 , Z 3 , Z 4 (Abb. 9.17) Z 2Z 3 = Z 1Z 4 .
(9.46)
Abb. 9.17. Wechselstrom-Messbr¨ ucke
Gleichung (9.46) l¨asst sich in eine Betrags- und eine Winkelgleichung zerlegen |Z 2 ||Z 3 | = |Z 1 ||Z 4 |
(9.47)
ϕ2 + ϕ3 = ϕ1 + ϕ4 .
(9.48)
Aus der Tatsache, dass Gl. (9.46) jeweils f¨ ur Real- und Imagin¨arteil erf¨ ullt sein muss, ergeben sich mit Z i = Ri + jXi
(9.49)
folgende, zu den Gln. (9.47) und (9.48) ¨aquivalente, Abgleichbedingungen R2 R3 − X2 X3 = R1 R4 − X1 X4
(9.50)
X2 R3 + R2 X3 = X1 R4 + R1 X4 .
(9.51)
Da beim Br¨ uckenabgleich zwei Bedingungen zu erf¨ ullen sind, m¨ ussen auch zwei unabh¨ angig voneinander abgleichbare Elemente vorhanden sein. Standard-Wechselstrom-Messbr¨ ucken sind beispielsweise die Kapazit¨atsmessbr¨ ucke nach Wien (Wien-Br¨ ucke) zur Messung verlustbehafteter Kondensatoren oder die Induktivit¨atsmessbr¨ ucke (Maxwell-Wien-Br¨ ucke) zur Bestimmung verlustbehafteter Induktivit¨aten. Solche Standard-Br¨ ucken werden in den folgenden Abschnitten beschrieben.
260
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Wien-Br¨ ucke Die Kapazit¨ atsmessbr¨ ucke nach Wien wird in Abb. 9.18 in zwei unterschiedlichen Darstellungen gezeigt, und zwar einmal nach Abb. 9.18a zur Ausmessung der Elemente des Reihenersatzschaltbildes und in Abb. 9.18b zur Ausmessung der Elemente des Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨at.
Abb. 9.18. Zwei Schaltungsvarianten der Wien-Br¨ ucke: a) zum Bestimmen des Reihenersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨ at, b) zum Bestimmen des Parallelersatzschaltbildes einer verlustbehafteten Kapazit¨ at
Die Abgleichbedingungen der Wien-Br¨ ucke lauten f¨ ur beide Varianten R4 R3 R3 . RX = R2 R4 CX = C2
(9.52) (9.53)
Der Verlustfaktor der zu bestimmenden Kapazit¨at tan δ betr¨agt damit bei der Schaltungsvariante nach Abb. 9.18a (Reihenersatzschaltbild) tan δR = ωC2 R2
(9.54)
und bei der Schaltung nach Abb. 9.18b (Parallelersatzschaltbild) tan δP =
1 . ωC2 R2
(9.55)
Schering-Messbr¨ ucke Die Schering-Messbr¨ ucke wird vorwiegend zur Bestimmung der Elemente des Ersatzschaltbildes von Hochspannungskondensatoren bzw. Hochspannungskabeln eingesetzt (Abb. 9.19). Nachdem die Br¨ ucke mit Hochspannung gespeist wird, ist Vorsicht in der Hinsicht geboten, dass die Br¨ uckendiagonalspannung nicht zu groß wird. Es werden dementsprechend folgende Gr¨oßenverh¨altnisse gew¨ ahlt: |Z X | R2 und |Z 4 | 1/ωC3 . Die Kapazit¨at C3 muss also ein hochspannungsfester und verlustarmer Kondensator sein. Die Abgleichelemente
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
261
Abb. 9.19. Schering-Messbr¨ ucke zur Messung von Hochspannungskondensatoren
¨ sollten jedoch vorsichtshalber mit Uberspannungsableitern gesch¨ utzt werden. F¨ ur den Kapazit¨atswert CX folgt CX = C3
R4 . R2 [1 + (ωR4 C4 )2 ]
(9.56)
Der im Allgemeinen interessierende Verlustfaktor tan δX ergibt sich mit Gleichung (9.48) zu tan δX = tan(90◦ − δ4 ) =
1 = ωC4 R4 . tan δ4
(9.57)
Wien-Robinson-Br¨ ucke Br¨ ucken mit frequenzabh¨angigem Abgleich, wie die Wien-Robinson-Br¨ ucke (Abb. 9.20), k¨onnen als einfache Frequenzmessger¨ate genutzt werden. Die Abgleichbedingungen der Wien-Robinson-Br¨ ucke lauten C4 R1 R3 = − C3 R2 R4 C3 C4 =
1 ω 2 R3 R4
(9.58) .
(9.59)
H¨ aufig w¨ ahlt man R2 = R3 = R4 = R, R1 = 2R und C3 = C4 = C. Damit ist Gl. (9.58) automatisch erf¨ ullt, w¨ahrend Gl. (9.59) eine neue Abgleichbedingung ergibt, aus der die Frequenz ω der Br¨ uckeneingangsspannung ermittelt werden kann 1 ω= . (9.60) RC
262
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Abb. 9.20. Wien-Robinson-Br¨ ucke
Maxwell-Wien-Br¨ ucke Die Maxwell-Wien-Br¨ ucke (Abb. 9.21) wird zur Messung verlustbehafteter Induktivit¨ aten eingesetzt. Aus den Abgleichbedingungen dieser Br¨ ucke k¨onnen unmittelbar die Elemente LX und RX des Reihenersatzschaltbildes f¨ ur verlustbehaftete Spulen abgeleitet werden LX = C4 R2 R3 R3 . RX = R2 R4
(9.61) (9.62)
Abb. 9.21. Maxwell-Wien-Br¨ ucke
9.5.2 Einfl¨ usse von Erd- und Streukapazit¨ aten Die Einfl¨ usse von Erd- und Streukapazit¨aten kommen beim technischen Aufbau einer Wechselstrom-Messbr¨ ucke schnell zum Tragen. Abbildung 9.22 zeigt s¨ amtliche Erd- und Streukapazit¨aten, welche beim Aufbau einer Messbr¨ ucke auftreten k¨ onnen. Durch die Einf¨ uhrung definierter Erdungs- und Schirmverh¨ altnisse gilt es, die Einfl¨ usse der parasit¨aren Kapazit¨aten zu eliminieren oder diese zumindest vernachl¨assigbar klein zu machen.
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
263
Wagnerscher Hilfszweig A
CAE
CAC
Z3
Z1
CAD
Z5 F
D
C CCD
CAB CCE CBE
Z2
CBC
E
CDE Z4
CBD
Z6
B Abb. 9.22. Potentielle parasit¨ are Erd- und Streukapazit¨ aten bei Wechselstrombr¨ ucken
M¨ oglichkeiten, dies praktisch zu realisieren, sind die einseitige Erdung der Speisespannungsquelle oder die einseitige Erdung der Nullanzeigeeinrichtung. Eine weitere M¨oglichkeit zur Beseitigung der Erdkapazit¨aten stellt die Verwendung des Wagnerschen Hilfszweigs dar. Hierbei wird ein Hilfszweig analog zu Z 3 und Z 4 eingef¨ uhrt (siehe Abb. 9.22), welcher zwischen den eingef¨ uhrten Hilfszweig-Impedanzen Z 5 und Z 6 auf Erdpotential liegt. Dieser Punkt soll mit F bezeichnet werden. Nun wird abwechselnd der Zweig Z 3 ,Z 4 bzw. der Zweig Z 5 ,Z 6 hinzugeschaltet und beispielsweise anhand der Impedanzen Z 3 und Z 5 der jeweilige Zweig abgeglichen. Zeigt in beiden F¨allen das Anzeigeinstrument Null an, so liegen Punkt C und D ebenfalls auf Erdpotential und die hier angreifenden Erdkapazit¨aten werden wirkungslos [21]. Es sei angemerkt, dass der Abgleich einer Messbr¨ ucke mit Wagnerschem Hilfszweig aufwendig werden kann. 9.5.3 Halbautomatischer Br¨ uckenabgleich Abgleich von Wechselstrom-Messbr¨ ucken Da gem¨ aß den Gln. (9.47) und (9.48) bzw. den Gln. (9.50) und (9.51) bei Wechselstrom-Messbr¨ ucken stets zwei Abgleichbedingungen gleichzeitig zu erf¨ ullen sind, m¨ ussen in der Br¨ ucke mindestens zwei voneinander unabh¨angig
264
9 Messung von elektrischen Impedanzen
verstimmbare Bauelemente enthalten sein, welche den Betrags- und den Phasenabgleich (bzw. den Real- und den Imagin¨arteilabgleich) erm¨oglichen. Da sich diese beiden Abgleichvorg¨ange in der Regel gegenseitig beeinflussen, ist ein stetiger Wechsel zwischen den beiden erforderlich. Dies bedeutet konkret, dass man zun¨achst mit Hilfe eines Abgleichelementes die Diagonalspannung in ein lokales Minimum bringt. Dann setzt man den Abgleich mit dem zweiten Abgleichelement fort, bis wiederum ein neues lokales Minimum erreicht wird. Dieses schrittweise und wechselseitige Abgleichen wird solange fortgesetzt, bis die Diagonalspannung ein globales Minimum bzw. im Idealfall den Wert Null erreicht hat. Die Geschwindigkeit, mit der dieses globale Minimum eingestellt werden kann, also die Schnelligkeit des Abgleichvorganges, ist ein wesentliches G¨ utekriterium einer Wechselstrom-Messbr¨ ucke. Die dabei erzielbare Konvergenz h¨ angt von der Br¨ uckenstruktur, der Wahl der Abgleichelemente und der Empfindlichkeit des Nullindikators ab. Es sei abschließend darauf hingewiesen, dass auch bei prinzipiell abgleichbaren Br¨ ucken die Konvergenz des Abgleichvorganges nicht allgemein sichergestellt ist und von Fall zu Fall u uft ¨ berpr¨ werden muss. Dazu bedient man sich meist graphischer Methoden, bei denen die Diagonalspannung U D in Form von Ortskurven in der komplexen Ebene aufgetragen wird [73]. Eine solche Ortskurve beschreibt den Real- und Imagin¨ arteil von U D in Form einer graphischen Kurve, wobei das Abgleichelement, z. B. ein einstellbarer Widerstand, innerhalb eines bestimmten Wertebereiches variiert wird. Jedem Punkt dieser Ortskurve kann dann ein bestimmter Wert des Abgleichelements zugeordnet werden. Phasenempfindlicher Gleichrichter Da beim halb- und vollautomatischen Abgleich von Wechselstrom-Messbr¨ ucken sehr oft phasenempfindliche Gleichrichter (Synchrongleichrichter) ben¨otigt werden, soll deren Funktionsweise zun¨achst erl¨autert werden. Bei einem phasenempfindlichen Gleichrichter wird die Gleichrichterwirkung nicht, wie beim normalen Gleichrichter u ¨ blich, von der Polarit¨at der Eingangsspannung uE gesteuert, sondern von der Phasenlage bzw. Polarit¨at einer separaten Steuerspannung bestimmt (Abb. 9.23). Die Ausgangsspannung u ¯A ergibt sich aufgrund der Tiefpassfilterung als zeitlicher Mittelwert des Produktes aus uE (t) und einem Schaltersignal s(t) u ¯A = uE (t)s(t) ,
(9.63)
wobei das Schaltersignal s(t) von der Polarit¨at der Steuerspannung bestimmt wird, d. h. ⎧ ¨r ust > 0 ⎨ +1 f u s(t) = sign(ust ) = . (9.64) ⎩ −1 f u ¨r ust < 0 F¨ ur den Fall, dass die Steuerspannung einen sinusf¨ormigen Zeitverlauf mit derselben Frequenz wie die Eingangsspannung uE aufweist, jedoch zu dieser phasenverschoben ist, ergibt sich
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
265
Abb. 9.23. Phasenempfindlicher Gleichrichter: a) Prinzipschaltung bestehend aus Schmitt-Trigger, Multiplizierer und RC-Tiefpass, b) Spannungsverl¨ aufe f¨ ur sinusf¨ ormige Eingangs- und Steuerspannung, c) Schaltsymbol
ˆE sin(ωt) sign(U ˆst sin(ωt − ϕ)) uA (t) = U
(9.65)
ˆE sin(ωt + ϕ) sign(U ˆst sin ωt) . uA (t) = U
(9.66)
bzw. Daraus kann der zeitliche Mittelwert u ¯A durch Integration u ¨ ber die Periodendauer errechnet werden 1 T ˆ ˆst sin ωt) dt . u ¯A = (9.67) UE sin(ωt + ϕ) sign(U T 0 Die Signum-Funktion kann ausgewertet werden, indem man das Integral in zwei Teile aufspaltet " # T ˆE T2 U u¯A = sin(ωt + ϕ) dt − sin(ωt + ϕ) dt . (9.68) T T 0 2 Die Auswertung der beiden Teilintegrale liefert schließlich das Ergebnis, dass die Ausgangsspannung u ¯A dem Gleichrichtwert der Eingangsspannung, die mit dem Cosinus der Phasenwinkeldifferenz ϕ zwischen der Eingangs- und Steuerspannung multipliziert wurde, entspricht u ¯A =
ˆE 4T ˆE ˆE 4 U 2U U cos ϕ = cos ϕ = cos ϕ . T ω T 2π π
(9.69)
Sollten in der Steuerspannung ust (t) Spektralanteile enthalten sein, die nicht mit der Frequenz der Eingangsspannung uE identisch sind, liefern diese infolge der zeitlichen Mittelwertbildung keinen Beitrag zur Ausgangsspannung u ¯A .
266
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Unter Verwendung von zwei phasenempfindlichen Gleichrichtern, die aufgrund ihrer Steuerspannungen um 90◦ gegeneinander phasenverschoben arbeiten, l¨ asst sich eine Wechselspannung, die an beiden Eingangstoren als Eingangsspannung anliegt, in ihren Real- und Imagin¨arteil zerlegen. Wenn man in diesem Fall die beiden Ausgangsspannungen quadratisch addiert, erh¨alt man das Quadrat des (mit dem Faktor 2/π multiplizierten) Betrages des komplexen Zeigers der Eingangsspannung. Halbautomatisch abgleichbare Wien-Br¨ ucke Um den iterativen und wechselseitigen Abgleich von Wechselspannungs-Messbr¨ ucken nach Betrag und Phase zu umgehen, setzt man sog. halbautomatische Messbr¨ ucken ein, die nur noch einen einfachen manuellen Abgleich erfordern. Der zweite Abgleich erfolgt dabei automatisch im Ger¨at. Abbildung 9.24 zeigt das Prinzipschaltbild einer halbautomatisch abgleichbaren Wien-Br¨ ucke. Wenn U R2 und U R4 die Spannungen an den Widerst¨anden R2 bzw. R4 bezeichnen, ergibt sich die Br¨ uckendiagonalspannung U D wie folgt U D = U R4 − U R2 = U R4 − Re(U R2 ) − jIm(U R2 ) .
(9.70)
Da U R4 rein reell ist (U R4 = UR4 ), kann die Aufspaltung von Gl. (9.70) in Real- und Imagin¨arteil in einfacher Weise erfolgen Re(U D ) = UR4 − Re(U R2 ) Im(U D ) = −Im(U R2 ) = f (R3 , R4 ) .
(9.71) (9.72)
Phaseninformation 90° Phasenschieber
Nullabgleich durch R 4 CX
RX
R3 UD
U E0
UD C2
R 2 U R2
U st
Verstärker U DV
V
ϕ
R 4 U R4 Regler
Im ( U D )
R 2 : spannungssteuerbarer Widerstand Abb. 9.24. Halbautomatisch abgleichbare Wien-Br¨ ucke
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
267
Der in der Schaltung nach Abb. 9.24 enthaltene phasenempfindliche Gleichrichter filtert den Imagin¨arteil der Diagonalspannung U D heraus und gibt diese auf einen Regler, der den spannungssteuerbaren Widerstand R2 ansteuert. Der Realteilabgleich wird per Hand an R4 vorgenommen, w¨ahrend der Imagin¨ arteilabgleich automatisch durch den spannungssteuerbaren Widerstand R2 erfolgt. Der Realteilabgleich kann anhand des Betrages der Diagonalspannung U D durchgef¨ uhrt werden, da mit Hilfe der eben beschriebenen Regelschleife der Imagin¨arteilabgleich st¨andig nachgef¨ uhrt wird. Aus den Abgleichbedingungen ergeben sich schließlich die zu ermittelnden Bauelementgr¨oßen der verlustbehafteten Kapazit¨at R4 R3 R3 . RX = R2 R4 CX = C2
(9.73) (9.74)
9.5.4 Wechselstrom-Ausschlagbr¨ ucken Mit Hilfe von Wechselstrom-Ausschlagbr¨ ucken werden oft die Impedanz¨anderungen von kapazitiven bzw. induktiven Sensoren gemessen. Dabei geht man i. Allg. davon aus, dass die Kapazit¨aten bzw. Induktivit¨aten der Aufnehmer verlustlos sind und verwendet die Schaltung nach Abb. 9.25. Bei einer solchen Messbr¨ ucke stellt zumindest eine der Reaktanzen X1 oder X2 den Aufnehmer dar, es k¨ onnen jedoch auch sowohl X1 als auch X2 dem Aufnehmer zugeordnet sein. Die Diagonalspannung U D dieser Br¨ ucke ergibt sich analog zu Gl. (9.21) UD = UE
j(X2 − X1 ) R0 U (X2 − X1 ) . = E j(X2 + X1 ) 2R0 2 (X2 + X1 )
(9.75)
Im Weiteren unterscheidet man zwischen Viertel-, Halb- und Vollbr¨ ucken.
Abb. 9.25. Wechselstrom-Ausschlag-Messbr¨ ucke
268
9 Messung von elektrischen Impedanzen
Viertelbr¨ ucke Man spricht von einer Viertelbr¨ ucke, wenn X1 = X0 und X2 = X0 + ΔX. Die Diagonalspannung U D ist dann ann¨ahernd proportional zu ΔX UD =
U UE ΔX ≈ E ΔX . 2 2X0 + ΔX 4X0
(9.76)
Der Reaktanzanteil ΔX stellt dabei ein Maß f¨ ur die aktuelle Messgr¨oße des Aufnehmers dar. Halbbr¨ ucke Bei der Halbbr¨ ucke w¨ahlt man X1 = X0 − ΔX
(9.77)
X2 = X0 + ΔX .
(9.78)
und Die Diagonalspannung U D ist damit exakt proportional zu ΔX UD =
U E ΔX . 2 X0
(9.79)
Auch hier ist ΔX ein Maß f¨ ur die Messgr¨oße; nach M¨oglichkeit sollte ΔX proportional der vom Sensor zu detektierenden Messgr¨oße sein. Die in Gln. (9.77) ¨ und (9.78) vorkommenden entgegengesetzten Anderungen ±ΔX der Sensorreaktanz ergeben sich bei sog. Differentialsensoren [184]. Anwendungsbeispiel f¨ ur eine Halbbr¨ ucke: Tauchankersystem als Wegaufnehmer Eine Spule mit verschiebbarem ferromagnetischem Kern (Abb. 9.26) kann als einfacher Wegaufnehmer verwendet werden, da die Induktivit¨at in eindeutiger Weise von der Position des Kerns abh¨angt. Nachteilig an diesem als Tauchankersystem bezeichneten Wegsensor ist allerdings die nichtlineare Abh¨angigkeit von (Verschiebungs-)Weg und Induktivit¨at. Die Anwendung des Differenzprinzips f¨ uhrt in Erweiterung zu einem Doppelspulen-Tauchankersystem nach Abb. 9.27. Dieser Differentialsensor weist eine wesentlich bessere Kennlinien-Linearit¨at als das einfache Tauchankersystem auf. Außerdem l¨asst sich das Differenzprinzip zur Temperaturkompensation nutzen, wenn der Differential-Tauchankergeber, wie in Abb. 9.27 dargestellt, in Halbbr¨ ucken-Schaltung verwendet wird. Bei der Halb¨ br¨ ucke werden n¨amlich gleichsinnige Anderungen bez¨ uglich der Induktivit¨at der beiden Sensorspulen (Gleichtaktst¨orungen, wie Temperatureinfluss, etc.) ¨ eliminiert und gegensinnige Anderungen (der eigentliche Messeffekt) addiert.
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
269
verschiebbarer Kern a)
x0
Δx
Spule
L, L d
L
Ld L0
-3 -2 -1 0 1 2 3 b)
0 1 2 3
Δx
4 x0 6 7 8
x
Abb. 9.26. Tauchanker-System als Wegsensor. a) Aufbau; b) Induktivit¨ at L der Tauchankerspule als Funktion der Kernposition x. Ld bezeichnet die im Arbeitsaherung linearsierte Induktivit¨ at. punkt x0 in N¨
¨ Der Messeffekt f¨ uhrt zu gegensinnigen Anderungen in den Induktivit¨aten der Teilspulen, da sich der Kern aus der einen heraus und in die andere hinein bewegt. Dies f¨ uhrt zum gew¨ unschten Ergebnis, dass die Br¨ uckendiagonalspan-x
x=0
+x verschiebbarer Kern
Spule 2
Spule 1
R0
UD R0
UE Abb. 9.27. Doppelspulen-Tauchankersystem in Halbbr¨ ucken-Schaltung
270
9 Messung von elektrischen Impedanzen
nung UD u ¨ ber eine weite Wegstrecke linear von der Wegverschiebung (des Kerns) abh¨ angt. Vollbr¨ ucke Bei den Vollbr¨ ucken (Abb. 9.28) a¨ndern sich alle vier Br¨ uckenreaktanzen um ¨ den Betrag ΔX. Die Anderungen erfolgen in den Br¨ uckenzweigen 1 und 4 sowie den Br¨ uckenzweigen 2 und 3 jeweils gleichsinnig gem¨aß X1 = X4 = X0 − ΔX
(9.80)
X2 = X3 = X0 + ΔX .
(9.81)
und Analog zu Gl. (9.21) kann die Diagonalspannung U D abgeleitet werden UD = UE
X2 X3 − X1 X4 . (X1 + X2 )(X3 + X4 )
(9.82)
Die Auswertung von Gl. (9.82) ergibt, dass die Diagonalspannung U D der doppelten der Halbbr¨ ucke entspricht U D = UE
ΔX . X0
(9.83)
Abb. 9.28. Wechselstrom-Vollbr¨ ucke
Anwendungsbeispiel f¨ ur eine Vollbr¨ ucke: Druckmessung mit Halbleiter-DMS Zur Messung von mechanischen Kr¨aften oder auch Dr¨ ucken werden des ¨ofteren Dehnungsmessstreifen in Verbindung mit Federk¨orpern eingesetzt. Sie wandeln die kraft- bzw. druck-proportionale L¨angendehnung des Federk¨orpers in
9.5 Wechselstrom-Messbr¨ ucken
271
ein entsprechendes elektrisches Signal um, wenn sie mit einer Hilfsquelle gespeist werden. Dehnungsmessstreifen (DMS) ¨andern ihren relativen ohmschen Widerstand in Abh¨angigkeit einer mechanischen L¨angendehnung in linearer Weise ΔR Δl =k . (9.84) R l Standardm¨ aßig werden trotz ihres geringen k-Faktors (k ≈ 2) metallische DMS eingesetzt. Dehnungsmessstreifen aus monokristallinem Silizium hingegen zeigen sehr große k-Faktoren (typische k-Faktoren im Bereich k = 100), so dass gegen¨ uber den Metall-DMS eine wesentliche Erh¨ohung der Empfindlichkeit erreicht werden kann. Auf diesem Sachverhalt basiert die Technologie der Silizium-Drucksensoren. Die Fertigung der Federk¨orper erfolgt in Form d¨ unner Kreis- oder Rechteckmembranen. Da die Herstellung monokristalliner D¨ unnfilme technologisch nur mit hohem Aufwand zu realisieren ist, wird die gesamte Druckmembran aus monokristallinem Silizium hergestellt und die Dehnungsmessstreifen in Form piezoresistiver Zonen (Widerst¨ande) in diese hineindiffundiert (Abb. 9.29). Die Diffusion erfolgt mit typischen Fremdatomen, wie etwa Bor. Die mechanische Bearbeitung des Siliziums geschieht mit Methoden der sog. Silizium-Mikromechanik [80]. Dabei werden kleinste mechanische Strukturen aus Silizumwafern mit Hilfe von Fotolithographie und ¨ anisotropen Atzverfahren gefertigt. Dazu kommen noch D¨ unnschichtprozesse, Kontaktierung (Leiterbahn) Membranzone 1
2
R2
R1 R4
2' DMS (piezoresistive Widerstände R 1 bis R 4 ) a)
R3
Druck p DMS (piezoresistive Widerstände) Si 3N 4
Kontaktierung (Leiterbahn) SiO 2
1' SiliziumSubstrat
Glasträger SiliziumEpitaxieschicht
b)
Abb. 9.29. a) Anordnung (Aufsicht) der piezoresistiven Widerst¨ ande ande (R1 , R2 , R3 , R4 ) in der Siliziummembran eines Drucksensors. Die Widerst¨ sind zu einer Vollbr¨ uckenschaltung verschaltet. An den Kontakten 1 und 1’ kann die Diagonalspannung abgegriffen werden. An den Kontakten 2 und 2’ wird die Speisespannung der Br¨ ucke zugef¨ uhrt; b) Aufbau des mikromechanisch hergestellten Drucksensors im Querschnitt.
272
9 Messung von elektrischen Impedanzen
mit denen d¨ unne Schichten aus Siliziumoxid (SiO2 ) und Siliziumnitrid (Si3 N4 ) auf dem Siliziummaterial aufgebracht werden. Silizium zeigt ausgezeichnete elastische Eigenschaften: Es ist mit konstantem Elastizit¨atsmodul dehnbar bis zu einer Bruchdehnung von ca. 0,5 %, wobei die Reproduzierbarkeit der Dehnung und die Hysterese nicht schlechter sind als bei anderen guten Federwerkstoffen. Die Verschaltung der 4 DMS (piezoresistive Widerst¨ande) erfolgt vorteilhafterweise in Voll-Br¨ uckenschaltung. Dies ist m¨oglich, da die Widerstande R1 und R4 , die nahe dem Zentrum der Membran angeordnet sind, eine im Vergleich zu den im Außenbereich der Membran angeordeneten Widerst¨anden R2 und R3 entgegengesetzte Dehnung erfahren. Dies liegt daran, dass in der Zone zwischen diesen beiden Widerstandspaaren, also bei einem mittleren Radius, die spannungsneutrale Faser liegt. In Zonen mit gr¨oßeren (von der neutralen Faser aus gesehen) Radien wird die Membran gedehnt, w¨ahrend sie bei kleineren Radien gestaucht wird. Dies f¨ uhrt zu einer Vergr¨oßerung der Widerstandswerte bei R2 und R3 und zu einer Verringerung bei R1 und R4 . ¨ Bei Umkehr des Druckes (Uberdruck → Unterdruck) kehren sich auch bei den Widerstandswerten die Verh¨altnisse um. Somit k¨onnen die Widerst¨ande idealerweise zu einer Vollbr¨ ucke verschaltet werden. Dies f¨ uhrt, wie schon bei dem Anwendungsbeispiel zur Halbbr¨ uckenschaltung, einerseits zu einer Linearisierung sowie andererseits zu einer Erh¨ohung der Empfindlichkeit gegen¨ uber Viertel- bzw. Halbbr¨ uckenschaltungen. Man erreicht dadurch schließlich u ¨ ber weite Druckbereiche eine lineare Abh¨angigkeit der Br¨ uckendiagonalspannung vom angelegten mechanischen Druck. Bei Absolutdrucksensoren ist die untere Seite des Sensors gasdicht geschlossen, so dass im Sensor ein vorgegebener permanenter Druck eingestellt werden kann. Bei Differenzdrucksensoren hingegen ist die untere Seite durchbohrt, so dass von unten ein Referenzdruck wirkt. Die Abb. 9.29b zeigt den Aufbau eines monokristallinen (monolithischen) Silizium-Drucksensors. Die Herstellung von Silizium-Drucksensoren mit niedrigen Temperaturkoeffizienten erfordert einigen Aufwand, insbesondere wegen der vergleichsweise starken Temperaturabh¨angigkeit des spezifischen Widerstands und des k-Faktors von Silizium. Eine Reduktion der Temperaturabh¨angigkeit kann u. a. durch eine Konstantstromspeisung der Br¨ ucke erreicht werden, da der Widerstand des Siliziums mit der Temperatur ansteigt, w¨ahrend der k-Faktor hingegen mit der Temperatur abnimmt.
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale (Oszilloskope)
Es z¨ ahlt zu den Standardaufgaben der elektrischen Messtechnik, den Zeitverlauf von elektrischen Signalen unter Angabe von Zeit- und Amplitudenwerten darzustellen bzw. zu registrieren. Sehr h¨aufig wird dabei auf eine Realzeitdarstellung Wert gelegt, bei der das Signal zeitgleich mit seinem Auftreten bildlich dargestellt wird. In der Elektrischen Messtechnik setzt man zu diesem Zweck Elektronenstrahl-Oszilloskope ein, welche der Visualisierung des Zeitverlaufes einer elektrischen Spannung u(t) dienen. Die im Folgenden beschriebenen Oszilloskope sind Ger¨ate, die eine solche bildliche ¨ Darstellung des Signals entweder in Realzeit oder in Aquivalenzzeit (zeitlich gestaffelte Abtastung periodischer Signale) erlauben. Die Ger¨ate k¨onnen dabei auf analoger oder digitaler Basis arbeiten. Sie werden dementsprechend als Analog-Oszilloskope (analoge Elektronenstrahl-Oszilloskope) (Kap. 10.1) bzw. als Digital-Oszilloskope (Digital-Speicheroszilloskope, Digital Sampling Oscilloscope (DSO)) (Kap. 10.4) bezeichnet. Im Gegensatz zu den fr¨ uher verwendeten Oszillographen, welche die Registrierung von elektrischen Signalen auf fotografischem Papier erm¨oglichten, handelt es sich bei den heute eingesetzten Oszilloskopen um Sichtger¨ate, bei denen ein Elektronenstrahl mit konstanter Geschwindigkeit in horizontaler Richtung u ¨ ber eine phosphoreszierende Schicht gef¨ uhrt wird und beim Auftreffen auf diese Leuchtschicht f¨ ur eine kurze Zeitdauer einen sichtbaren Punkt erzeugt. Die vertikale Strahlablenkung ist proportional der dargestellten Spannung, so dass bei entsprechend schneller und permanenter Wiederholung des Schreibvorganges ein dauernd sichtbares Leuchtbild der darzustellenden Signalspannung entsteht.
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop 10.1.1 Aufbau und Funktion der Elektronenstrahl-R¨ ohre Das analoge Elektronenstrahl-Oszilloskop besitzt als Herzst¨ uck eine Braunsche R¨ohre, in der ein Elektronenstrahl den Zeitverlauf des angelegten elek-
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_10
274
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.1. Elektronenstrahl-R¨ ohre (Braunsche R¨ ohre) mit elektrostatischer Strahlfokussierung und elektrostatischer Strahlablenkung
trischen Signals auf eine Leuchtschicht schreibt. Abbildung 10.1 zeigt den Aufbau einer solchen Elektronenstrahl-R¨ohre. Die R¨ohre besteht aus einem evakuierten Glaskolben, der die zur Erzeugung, Fokussierung und Ablenkung des Elektronenstrahls erforderlichen Einheiten enth¨alt. Dabei werden die von einer Gl¨ uh-Kathode emittierten Elektronen infolge der zwischen Kathode und Anode anliegenden elektrischen Spannung zun¨achst in Richtung des Leuchtschirmes beschleunigt. Auf diesem Wege wird der Elektronenstrahl durch weitere elektrische Felder fokussiert, welche durch Anlegen von geeigneten elektrischen Spannungen an den Wehnelt-Zylinder, die Anoden 1 und 2 sowie die beiden Hilfsgitter erzeugt werden. Danach durchlaufen die Elektronen das Vertikal(y-Platten) sowie das Horizontal-Ablenksystem (x-Platten) und treffen schließlich auf der Leuchtschicht der R¨ohrenvorderseite auf. Abbildung 10.2 verdeutlicht die Geometrie der vertikalen Strahlablenkung, die im Folgenden in Abh¨ angigkeit der Ablenkspannung sowie der Geometrie des Ablenksystems berechnet wird. Durch das Anlegen einer Spannung uz zwischen Kathode
Abb. 10.2. Geometrie der Strahlablenkung in einer Oszilloskop-R¨ ohre
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
275
und Anode entsteht ein elektrisches Feld Ez , welches die emittierten Elektronen (Masse m0 = 9, 1 · 10−31 kg; Ladung e0 = 1, 6 · 10−19 As) auf eine Horizontalgeschwindigkeit vz beschleunigt. Aus Energieerhaltungsgr¨ unden ist die kinetische Energie Wkin des Elektrons gleich der beim Durchlaufen des elektrostatischen Feldes aufgenommenen elektrischen Energie Wel , sodass die Horizontalgeschwindigkeit vz des Elektrons aus der Anodenspannung uz wie folgt ermittelt werden kann Wkin = Wel 1 m0 vz2 = e0 uz 2 e0 uz vz = 2 m0 vz (kms−1 ) = 1, 88 · 104
(10.1) (10.2) (10.3) uz (kV) .
(10.4)
Die mechanische Kraft Fy , die das Elektron in vertikaler Richtung ablenkt, ergibt sich aus dem Produkt von Elektronenladung und der Feldst¨arke Ey , die zwischen den Vertikalablenkplatten herrscht Fy = m0 ay = e0 Ey .
(10.5)
Nach Durchlaufen der y-Plattenstrecke sz (Abb. 10.2) erreicht das Elektron seine vorerst maximale y-Geschwindigkeit vymax , die sich aus dem Produkt von y-Beschleunigung ay und der Verweilzeit Tz des Elektrons im y-Plattenpaar errechnet sz vymax = ay Tz = ay . (10.6) vz Dabei wurde die Ablenkspannung uy und damit die Vertikalbeschleunigung ay f¨ ur die Verweildauer Tz des Elektrons im Vertikalablenksystem als konstant angenommen. Die Ablenkung yL des Elektrons auf dem Schirm und damit die Vertikalposition des Leuchtflecks ergibt sich mit den in Abb. 10.2 bezeichneten Gr¨ oßen und unter Zuhilfenahme von Gln. (10.5) und (10.6) yL = yp + vymax
lz sz l z sz l z e0 = y p + ay = yp + Ey 2 . vz vz vz m0 vz
(10.7)
Mit der Vertikalkomponente Ey der elektrischen Feldst¨arke zwischen den parallelen y-Ablenkplatten uy Ey = (10.8) dy und Gl. (10.3) erh¨alt man schließlich den gesuchten Zusammenhang zwischen der vertikalen Strahlablenkung yL , der Ablenkspannung uy , der Anodenspannung uz und den geometrischen Abmessungen des Vertikalablenksystems sowie dessen Distanz lz zur Leuchtschicht yL = yp +
u y sz l z . uz 2dy
(10.9)
276
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Die absolute Auslenkung yL auf dem Leuchtschirm ist exakt proportional der Ablenkspannung uy , wenn der Beitrag von yp (Abb. 10.2) vernachl¨assigt werden darf (yp yL ), was in praktischen F¨allen in der Regel erlaubt ist u y sz l z uz 2dy
(10.10)
e 0 u y sz l z . m0 dy vz2
(10.11)
yL ≈ bzw. yL ≈
Die Proportionalit¨atskonstante zwischen uy und yL wird als Ablenkkoeffizient Ky bezeichnet uy 2dy = uz . (10.12) Ky = yL sz l z Der Ablenkkoeffizient wird i. Allg. in (V/cm) angegeben. Der Kehrwert des Ablenkkoeffizienten Ky wird Ablenkempfindlichkeit genannt. Ein kleiner Vertikal-Ablenkkoeffizient Ky und damit eine hohe Ablenkempfindlichkeit l¨ asst sich durch folgende Maßnahmen erreichen: -
-
-
-
große Plattenl¨ ange sz : Wenn die L¨ange sz der y-Ablenkplatten groß ist, sind die Elektronen der Beschleunigungskraft Fy l¨anger ausgesetzt und infolgedessen nimmt die Geschwindigkeitskomponente vymax zu, was wiederum zu h¨oheren Auslenkungen auf dem Schirm f¨ uhrt (Gln. (10.7 - 10.12)). Lange Platten f¨ uhren allerdings zu Laufzeitfehlern, da sich w¨ahrend der Verweilzeit der Elektronen zwischen den Platten die Ablenkspannung uy bereits zeitlich ¨andern kann (Kap. 10.3). So ist es zum Erreichen einer hohen Grenzfrequenz des Ablenksystems gerade notwendig, auf eine kurze Einwirkdauer der Coulombschen Anziehungskraft Wert zu legen, d. h. man fordert dementsprechend eine hohe Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem und kurze Ablenkplatten. großer Abstand lz Ablenkplatten - Leuchtschirm“: ” Die Schirmauslenkung yL ist dem Abstand lz zwischen Ablenkplatten und Schirm direkt proportional. Der Verl¨angerung dieses Abstandes steht allerdings der Wunsch nach kompakten R¨ohren mit kurzen Baul¨angen entgegen. geringer Plattenabstand dy : Je kleiner der Plattenabstand dy , desto h¨oher wird die Feldst¨arke Ey (Gl. (10.8)) und damit auch die beschleunigende Kraft Fy (Gl. (10.5)). Allerdings steht diese Forderung indirekt dem Wunsch nach langen yAblenkplatten entgegen. Denn bei langen Platten mit geringen Abst¨anden l¨ auft man Gefahr, dass die Elektronen auf die Platten auftreffen. geringe Anodenspannung uz : √ Da die Horizontalgeschwindigkeit vz proportional uz ist, sinkt mit der Anodenspannung die Horizontalgeschwindigkeit und damit steigt die Verweildauer der Elektronen zwischen den Ablenkplatten. In ihrer Wirkung
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
277
ist diese Maßnahme vergleichbar mit der Verl¨angerung der Platten. Da eine niedrige Elektronengeschwindigkeit aber aufgrund der niedrigen kinetischen Energie der auftreffenden Elektronen auch zu einer Verringerung der Strahlhelligkeit f¨ uhrt, verwendet man sog. Nachbeschleunigungselektroden (siehe Abb. 10.1). Diese auf hohem positivem Potential (10 bis 20 kV) liegenden Elektroden haben die Aufgabe, die Elektronen zu beschleunigen, nachdem sie das Ablenksystem bereits durchlaufen haben. Es wird damit erreicht, dass einerseits die Elektronengeschwindigkeit im Ablenksystem gering ist, w¨ahrend sie andererseits beim Auftreffen auf die Leuchtschicht hoch ist. Es lassen sich also hohe Ablenkempfindlichkeiten bei gleichzeitig hoher Strahlhelligkeit verwirklichen. Die Nachbeschleunigungselektrode ist i. Allg. in Form einer Graphitwendel ausgef¨ uhrt, die so aufgebaut ist, dass bei der Nachbeschleunigung eine m¨oglichst geringe parasit¨are Richtungsbeeinflussung stattfindet. Aufgrund der Nachbeschleunigung kommt es i. Allg. zu Linearit¨atsfehlern (Kap. 10.3.2), d. h. die Ablenkempfindlichkeit am Rand ist nicht mehr mit der in der Bildmitte identisch. Abschließend sei bemerkt, dass die oben abgeleiteten Beziehungen in analoger Weise auch f¨ ur das Horizontal-Ablenksystem gelten. Die Horizontalablenkplatten sind meistens nach dem Vertikal-Ablenksystem angeordnet, was aufgrund der geringeren Entfernung lz zum Leuchtschirm zu einer kleineren Ablenkempfindlichkeit f¨ uhrt (Gl. (10.12)). 10.1.2 Zeitablenkung und Triggerung ¨ Ublicherweise werden Oszilloskope als Spannungs-Zeit-Schreiber (y-t-Schreiber) genutzt. Dazu erzeugt der Horizontalverst¨arker (x-Verst¨arker) eine Spannung, die proportional zur Zeit ansteigt (S¨agezahnspannung) (Abb. 10.3). Die Anstiegszeit dieser S¨agezahnspannung legt den Zeitmaßstab f¨ ur die x-Achse fest. Der Zeitablenk-Koeff izient dieser S¨agezahnspannung Kx gibt somit jene Zeit an, die der Strahl zum Durchlaufen einer Rastereinheit ben¨otigt, z. B. Kx = 100 μs/cm. Ein scheinbar stehendes Bild entsteht nur dann, wenn immer wieder derselbe zeitliche Abschnitt eines Signals erfasst und dargestellt wird (Abb. 10.5). Daf¨ ur sorgt die sog. Triggerschaltung, die erkennt, wann der entsprechende Signalausschnitt beginnt. Nach Eintreten dieses Triggerereignisses wird die horizontale Strahlablenkung gestartet, d. h. es wird die S¨agezahnspannung an die x-Ablenkplatten gelegt. Eine Triggereinrichtung (Abb. 10.4) gestattet zun¨achst die Erzeugung einer beliebigen Vergleichsspannung mit Hilfe des Level-Potentiometers. Ein Komparator vergleicht schließlich den so gew¨ahlten Triggerpegel mit dem Eingangssignal, und wenn die Eingangsspannung den voreingestellten Pegelwert u ¨ bersteigt, liefert der Komparator eine positive Taktflanke, die wiederum die monostabile Kippstufe ausl¨ost. Bei in − -Stellung befindlichem Slope-Schalter ist der Invertierer aktiv und das Monoflop wird bei Unterschreiten des voreingestellten Pegels ausgel¨ost, d. h. es wird auf die abfallende Flanke (negative
278
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.3. Erzeugung eines Oszillogramms (Schirmbildes) mit Hilfe der Spannung agezahnspannung ux (t) uy (t) und der S¨
Triggerflanke (Abb. 10.5)) getriggert. Bei Anliegen eines periodischen Eingangssignals (Triggersignal) wird am Komparatorausgang ein Rechtecksignal erzeugt, dessen Frequenz der des Triggersignals entspricht. Die monostabile Kippstufe erzeugt bei jeder positiven bzw. negativen Flanke des Rechtecksignals einen Impuls konstanter zeitlicher L¨ange, welcher wiederum den S¨ agezahngenerator startet. Die Impulsdauer muss so kurz sein, dass auch bei der h¨ ochsten Triggersignalfrequenz die entstehenden Triggerimpulse getrennt werden k¨ onnen.
Abb. 10.4. Prinzipschaltbild einer Triggereinrichtung
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
279
Abb. 10.5. Prinzip der Triggerung: a) Generieren der S¨ agezahnspannung ux (t) bei positiver und negativer Triggerflanke, b) Schirmbilder bei positiver und negativer Triggerflanke
Mit Hilfe einer sog. verz¨ogerten Zeitbasis gelingt es, einen beliebigen zeitlichen Ausschnitt eines dargestellten Oszilloskopbildes auf die gesamte Breite des Schirmes zu expandieren. Diese Lupenwirkung l¨asst sich unter Verwendung von zwei unabh¨angigen Zeitbasen, der sog. Hauptzeitbasis (Main Time Base MTB) und der verz¨ogerten Zeitbasis (Delayed Time Base DTB), erreichen. Abbildung 10.6 erl¨autert die prinzipielle Arbeitsweise einer verz¨ogerten Zeitbasis. Sie enth¨alt am Eingang eine der Abb. 10.4 entsprechende Triggereinheit, welche die Hauptzeitbasis und damit die gew¨ohnliche Schirmbilddarstellung startet. Die dazu notwendige S¨agezahnspannung der Hauptzeitbasis wird gleichzeitig mit Hilfe des gezeigten Komparators mit einem voreingestellten Spannungswert verglichen, der einem Wert tV auf der Zeitachse des Schirmbildes entspricht. Bei Erreichen dieses Schwellwertes bzw. der Zeitmarke tV wird die verz¨ogerte Zeitbasis gestartet, deren S¨agezahnanstiegsgeschwindigkeit i. Allg. um ein Mehrfaches h¨oher liegt als die der Hauptzeitbasis. Wenn f¨ ur das dargestellte Schirmbild die S¨agezahnspannung uXV der verz¨ ogerten Zeitbasis verwendet wird, erscheint auf dem Schirmbild der mit tV bezeichnete Ausschnitt des urspr¨ unglichen Bildes (Ablenkspannung uXH ) auf der ganzen Breite des Schirmes. Im urspr¨ unglichen Schirmbild wird dieser
280
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.6. Prinzip einer verz¨ ogerten Zeitbasis: a) Prinzipschaltbild, b) Ablenkung mit Hauptzeitbasis, c) Ablenkung mit verz¨ ogerter Zeitbasis
Ausschnitt zwecks Positionierung der Zeitmarke tV und Einstellen der L¨ange tV des zu spreizenden Bildausschnittes aufgehellt dargestellt. Von dieser Art der Darstellung wird man vor allem dann Gebrauch machen, wenn ein zeitlich zu spreizendes Signaldetail erst lange Zeit nach einer m¨oglichen Triggerstelle im Signal folgt. 10.1.3 Funktionsgruppen eines Analog-Oszilloskops Abbildung 10.7 zeigt das Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops mit Standardausstattung, allerdings ohne verz¨ogerte Zeitbasis. Als Eing¨ange stehen hier die beiden y-Eing¨ange y1 und y2 zur Messung zeitabh¨angiger Spannungen, der z-Eingang zur Helligkeitsmodulation des Elektronenstrahles, der Triggereingang zum externen Start der Zeitbasis sowie ein x-Eingang zur Einspeisung einer beliebigen Horizontal-Ablenkspannung zur Verf¨ ugung. Sowohl der Eingang der Triggerschaltung als auch die Eing¨ange der y-Verst¨arker sind mit einem Gleichspannungseingang (DC) und einem Wechselspannungseingang (AC) versehen. Am Triggereingang ist ein Triggerfilter vorhanden, welches das Ausblenden von hohen oder tiefen Spektralanteilen mit Hilfe eines RC-Tief- bzw. Hochpassfilters erm¨oglicht. Die Vertikalverst¨arker (Gleichund Wechselspannungsverst¨arker) sowie die Elektronenstrahl-R¨ohre samt ihrer Ablenksysteme bestimmen die obere Grenzfrequenz des Oszilloskops, welche wiederum wesentlich den technischen Aufwand und damit die Herstellungskosten beeinflusst. Zur unverf¨alschten Darstellung bzw. Aufzeichnung eines Signals ist es generell notwendig, dass das Messsystem (Oszilloskop) ei-
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
Abb. 10.7. Blockschaltbild eines 2-Kanal-Oszilloskops
281
282
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
ne Grenzfrequenz fg−Messsystem aufweist, die mindestens so hoch liegt wie die des zu messenden Signals fg−Messsystem ≥ fg−Signal .
(10.13)
Im Falle von Oszilloskopen wird vom Hersteller anstatt der oberen Grenzfrequenz oft die Anstiegszeit tr (Risetime) angegeben. Sie ist die Zeit, die der Strahl bei einem Spannungssprung am Eingang zum Schreiben des zwischen 10 und 90 % des Endwertes liegenden Signalverlaufes ben¨otigt (Abb. 10.8).
Abb. 10.8. Definition der Anstiegszeit (Risetime) tr
Die obere Grenzfrequenz fg l¨asst sich aus der Anstiegszeit tr anhand der N¨ aherungsformel fg tr ≈ 0, 35 (10.14) bestimmen, welche in Kap. 10.3.3 hergeleitet wird. Die Verz¨ogerungsleitung im y-Kanal hat die Aufgabe, die y-Spannung zeitlich verz¨ogert auf die Ablenkplatten zu geben. Damit wird sichergestellt, dass bei Sprungsignalen auch die ansteigende bzw. abfallende Flanke noch deutlich auf dem Schirm sichtbar ist. Ohne eine solche Verz¨ogerungsleitung best¨ unde bei sehr schnellen Signalen die Gefahr, dass die Flanke schon anliegt, bevor die Zeitbasis die Strahlablenkung starten konnte. Zur gleichzeitigen Darstellung mehrerer, im Allgemeinen zweier, Signale verwendet man in der Regel ebenfalls einstrahlige Elektronenstrahl-R¨ohren, deren Vertikalablenksystem im Wechsel von verschiedenen y-Kan¨alen u ¨ ber einen elektronischen Umschalter angesteuert werden. Dieser in Abb. 10.7 mit ALT/CHOP“ bezeichnete Schalter wird u ¨ bli” cherweise in Form eines schnellen Analog-Multiplexers [182] realisiert. Die Ansteuerung der y-Platten geschieht dabei entweder im Alternierenden-Mode oder im Chopper-Mode (Abb. 10.9): •
Alternierender-Mode W¨ ahrend einer vollst¨andigen x-Ablenkperiode wird immer nur das Signal eines Kanals, z.B. das Signal y1 (t), an die y-Platten gelegt, w¨ahrend in der darauffolgenden Periode der x-Ablenkung das Signal y2 (t) des 2. Kanals geschrieben wird. F¨ ur Phasenvergleiche zwischen den Signalen y1 (t) und
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
283
Abb. 10.9. Funktionsprinzip des Chopperbetriebs: a) Zeitverl¨ aufe der Eingangssignale, b) Schirmbilddarstellung
•
y2 (t) ist darauf zu achten, dass die Triggerung immer vom selben Kanal, entweder Kanal 1 oder Kanal 2, ausgel¨ost wird. Chopper-Mode Im Gegensatz zum alternierenden Mode wird in dieser Betriebsart w¨ahrend einer einzigen x-Ablenkperiode in zeitlich sehr kurzen Abst¨anden zwischen den Kan¨alen 1 und 2 umgeschaltet, so dass die Darstellung der Signale y1 (t) und y2 (t) quasi zeitgleich, d. h. in einem, verglichen zur xAblenkperiode und damit auch zum alternierenden Betrieb, kurzzeitigen Wechsel erfolgt.
10.1.4 Sampling-Oszilloskop Das Sampling-Oszilloskop ist eine Ausf¨ uhrungsform des Oszilloskops, das auf die Darstellung periodisch wiederkehrender Signale mit sehr hohen Frequenzanteilen spezialisiert ist, wie z. B. die Visualisierung von in konstanten zeitlichen Abst¨ anden wiederkehrenden kurzen Pulsen. Dabei darf die Grenzfrequenz des (periodisch wiederkehrenden) Messsignals sogar weit u ¨ber der oberen Grenzfrequenz des Oszilloskops liegen. Die Funktionsweise des Sampling¨ Oszilloskops beruht auf einer Signaldarstellung in Aquivalenzzeit, deren Prinzip anhand von Abb. 10.10 verdeutlicht werden soll. Das Messsignal wird von einem Sampling-Oszilloskop stroboskopartig abgetastet, wobei die Abtastzeitpunkte gegen¨ uber einem zeitlich festen Bezugspunkt im Signalverlauf, z. B. dem Triggerpunkt, um ein ganzzahliges Vielfaches von ΔT versetzt werden. Dadurch gelingt die vollst¨andige Abtastung des Signals mit einer Abtastfrequenz fa , die kleiner ist als der Kehrwert der Signalperiodendauer Ts fa <
1 . Ts
(10.15)
Die Dauer der Abtastperiode Ta betr¨agt im einfachen Fall (Abb. 10.10) Ta = Ts + ΔT ,
(10.16)
284
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
¨ Abb. 10.10. Sequentielle Abtastung einer periodischen Signalfunktion in Aquiva¨ lenzzeit: a) Darstellung im Realzeitmaßstab, b) Darstellung im Aquivalenzzeitmaßstab
und im allgemeinen Fall Ta = kTs + ΔT k = 1, 2, 3, ... .
(10.17)
¨ Dadurch erreicht man pro Abtastperiode eine auf die Aquivalenzzeit, d. h. auf den einmaligen Puls, bezogene zeitliche Verschiebung des aktuellen Abtastzeitpunktes gegen¨ uber dem vorhergehenden um ΔT . Mit fa = 1/Ta , fs = 1/Ts und f¨ ur k = 1 l¨asst sich diese zeitliche Verschiebung ΔT der Abtastzeitpunkte aus den Gln. (10.16) bzw. (10.17) wie folgt ableiten ΔT =
1 1 − . fa fs
(10.18)
Nach N Abtastungen ist eine Periode des Messsignals vollst¨andig abgetastet (Rundungsfehler außer acht gelassen) N=
Ts fa = . ΔT fs − fa
(10.19)
Bei dieser Form der Signalerfassung muss der eigentliche Abtastvorgang der einzelnen Signalwerte allerdings auch in Realzeit erfolgen, d. h. die Abtastung muss so schnell erfolgen, dass das Signal w¨ahrend dieser Zeit als konstant angesehen werden kann, wohingegen die restliche Verarbeitung des Abtastwertes in einem gegen¨ uber der Realzeit gedehnten Maßstab erfolgen darf. Die
10.1 Analoges Elektronenstrahl-Oszilloskop
285
Grenzfrequenz des Oszilloskops wird damit letztlich von der Geschwindigkeit bestimmt, mit der ein einzelner Wert erfasst (abgetastet) werden kann. Das zeitliche Dehnungsverh¨altnis dvt , also das Verh¨altnis von Realzeit zu ¨ Aquivalenzzeit (auf den abgetasteten Signalausschnitt bezogene Zeit) ergibt sich zu (Abb. 10.10) dvt =
Ta fs Tend N Ta = = = . Tend N ΔT ΔT fs − fa
(10.20)
Wie die beim Sampling-Oszilloskop vorkommende Unterabtastung mit dem Shannonschen Abtasttheorem (Kap. 11.6.1) vereinbar ist, soll anhand von Abb. 10.10 und 10.11 demonstriert werden. Infolge der Abtastung entstehen jeweils Duplikate des Spektrums des abgetasteten Signals bei den ganzzahligen Vielfachen der Abtastfrequenz fa [135]. Die Abst¨ande der Spektrallinien ergeben sich stets als Kehrwert der Zeit, bei der der gesamte Abtastvorgang beendet wird. Im Falle der Abtastung nach Abb. 10.10a lassen sich zwei Endzeiten definieren. Zum einen l¨asst sich die reale Endzeit Tend (Realzeit), nach der die Abtastung aller N Signalperioden abgeschlossen ist (Abb. 10.10), gem¨aß Gln. (10.16) und (10.19) wie folgt angeben Tend = N Ta = N (Ts + ΔT ) .
(10.21)
ur das abgetastete Spektrum Damit ergibt sich der Spektrallinienabstand f0 f¨ f0 =
1 Tend
=
1 fs = . N Ta dvt
(10.22)
¨ ist die, die auf den komprimierten Zeitmaßstab (AquiDie zweite Endzeit Tend valenzzeit) bezogen wird (Abb. 10.10b) Tend =
Tend = N ΔT = Ts . dvt
(10.23)
ist hier vereinbarungsgem¨aß (Gl. (10.19)) mit der PeriDiese Endzeit Tend odendauer Ts des Signals identisch. Der Frequenzabstand f0 zwischen den
¨ Abb. 10.11. Spektrum (schematisiert) bei Abtastung in Aquivalenzzeit
286
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
einzelnen Linien im Spektrum des Originalsignals (in Abb. 10.11 mit Origi” nalspektrum“ bezeichnet) entspricht damit der Wiederholfrequenz fs in der Signalfunktion 1 f0 = = f0 dvt = fs . (10.24) Tend Unter Ber¨ ucksichtigung der oben abgeleiteten Zusammenh¨ange l¨asst sich das Originalspektrum gem¨aß dem in Abb. 10.11 gezeigten Schema aus dem real erhaltenen abgetasteten Spektrum rekonstruieren. Denn aus den Gln. (10.20), (10.22) und (10.24) folgt die Beziehung nf0 = nfa + nf0 bzw. nfs = nfa + n
fs dvt
n = 1, 2, . . . , N
(10.25)
n = 1, 2, . . . , N ,
(10.26)
welche besagt, dass die n-te Spektrallinie des Originalspektrums identisch ist mit der n-ten Spektrallinie des abgetasteten Spektrums, das bei der n-fachen Abtastfrequenz entsteht.
10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen Spannungsteiler kommen in Elektronenstrahl-Oszilloskopen als Eingangsteiler oder als Tastkopf (s. auch Abb. 10.13) vor. Zur Erzielung eines guten dynamischen Verhaltens ist es notwendig, diese Spannungsteiler frequenzkompensiert auszuf¨ uhren. Die daraus resultierende Schaltung besteht aus einem Spannungsteiler, dessen Impedanzen jeweils aus einer Parallelschaltung eines ohmschen Widerstandes und einer Kapazit¨at bestehen (Abb. 10.12). Das Teilerverh¨ altnis V T , also das Verh¨altnis von Eingangs- zu Ausgangsspannung, ergibt sich zu U RT (1 + jωRE CE ) V T = E1 = 1 + . (10.27) U E2 RE (1 + jωRT CT ) Wenn man die Zeitkonstanten τ1 und τ2 der beiden Impedanzen identisch w¨ ahlt
Abb. 10.12. Eingangsspannungsteiler eines Oszilloskops
10.2 Spannungsteiler in Elektronenstrahl-Oszilloskopen
τT = RT CT = RE CE = τE , ergibt sich das frequenzunabh¨angige Teilerverh¨altnis VTR RT V T = VTR = 1 + . RE τ1 =τ2
287
(10.28)
(10.29)
Die Eingangsimpedanz Z Eges des Teilers ist aber auch in diesem Fall sehr wohl frequenzabh¨angig. Sie betr¨agt bei Frequenzkompensation, d. h. f¨ ur den Fall τT = τE = τ , RT + RE RT + RE . (10.30) Z Eges = = 1 + jωRE CE 1 + jωτ Die entsprechende Eingangsadmittanz Y Eges ergibt sich dementsprechend zu Y Eges =
1 + jωCEges , REges
(10.31)
wobei sich REges und CEges mit dem reellen Teilerverh¨altnis VTR aus Gl. (10.29) wie folgt berechnen
Abb. 10.13. Frequenzkompensation des Eingangsteilers: a) Ersatzschaltung eines Tastteilers am Verst¨ arkereingang, b) Unterkompensation (VTC > VTR ), Kompensa¨ tion (VTC = VTR ) und Uberkompensation (VTC < VTR )
288
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
REges = VTR RE CE . CEges = VTR
(10.32) (10.33)
Der Abgleich von CT kann gem¨aß Abb. 10.13 auf sehr einfache Weise durch Anlegen einer Rechteckspannung u uft bzw. eingestellt werden. ¨ berpr¨
10.3 Fehler der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie 10.3.1 Statische Fehler (Fehler der Ablenkkoeff izienten) Die einzelnen in Serie geschalteten Messglieder des x- und des y-Kanals sind mit Empfindlichkeitsfehlern behaftet, die sich infolge der Multiplikation der Empfindlichkeiten der einzelnen Stufen im jeweiligen Kanal zum Gesamtempfindlichkeitsfehler summieren. Typische Werte der Fehlergrenzen von Ablenkkoeffizienten liegen sowohl f¨ ur die Vertikal- als auch f¨ ur die HorizontalAblenkung bei etwa 1 - 3 %. Die Fehlerangaben k¨onnen mit der absoluten Gr¨ oße des Ablenkkoeffizienten variieren, wobei i. Allg. die kleineren Ablenkkoeffizienten gr¨oßere Fehler aufweisen. Bei diesen Fehlern handelt es sich vorwiegend um systematische Fehler, die u ¨ber den gesamten Anzeigebereich konstant bleiben. Sie lassen sich also quantitativ ermitteln und korrigieren. Beispiel — Fehler bei der Anstiegszeit Es sollen die maximalen Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegsgeschwindigkeit einer Rampenspannung ermittelt werden, wenn die relativen Fehler fy und fx der Vertikal- bzw. der Horizontal-Ablenkeinheiten bekannt sind. Der relative Gesamtfehler fan bei der Ermittlung der Anstiegsgeschwindigkeit ergibt sich zu ΔUMess − ΔUw fan = ΔtMessΔUw Δtw , (10.34) Δtw
wobei ΔUMess /ΔtMess die mit dem Oszilloskop gemessene und ΔUw /Δtw die wahre Anstiegsgeschwindigkeit ist. Aus Gl. (10.34) folgt mit den Definitionsgleichungen f¨ ur die relativen Fehler fy und fx von Vertikal- und HorizontalAblenkeinheit ΔUMess = 1 ± fy (10.35) ΔUw und ΔtMess = 1 ± fx (10.36) Δtw der relative Gesamtfehler fan fan =
ΔUMess Δtw 1 ± fy −1= −1. ΔUw ΔtMess 1 ± fx
(10.37)
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
289
F¨ ur kleine Fehler (|fy | 1) und (|fx | 1) gelten die N¨aherungen 1 ≈ 1 ∓ fx 1 ± fx
(10.38)
(1 ± fy )(1 ∓ fx ) ≈ 1 ± fy ∓ fx .
(10.39)
und Damit lassen sich die Fehlergrenzen bei der Messung der Anstiegszeit als Summe der relativen (Einzel)-Fehler von Vertikal- und Horizontal-Ablenksystem angeben fan = ±(|fy | + |fx |) . (10.40) 10.3.2 Linearit¨ atsfehler Nichtlinearit¨aten im Horizontal- sowie dem Vertikal-Ablenksystem f¨ uhren zu Linearit¨ atsfehlern, die sich darin ¨außern, dass die Ablenkkoeffizienten Ky und Kx innerhalb des Schirmbildes nicht mehr konstant sind. Typischerweise a ¨ußern sich Linearit¨atsfehler in den Randbereichen des Schirmbildes (Abb. 10.14). Zur Angabe des Linearit¨atsfehlers werden die Ablenkkoeffizienten Ky und Kx jeweils im Bereich 1 des Schirmbildes (Abb. 10.14) gemittelt (K x1 bzw. K y1 ) und als wahre Werte herangezogen. Als Istwerte nimmt man jeweils die im Bereich 2 gemittelten Ablenkkoeffizienten (K x2 bzw. K y2 ), also die der Randbereiche. Damit ergibt sich der relative Linearit¨ atsfehler fNLy des Vertikalablenksystems zu fNLy =
K y2 − K y1 . K y1
(10.41)
Der entsprechende relative Linearit¨atsfehler fNLx des Horizontal-Ablenksystems ergibt sich dementsprechend
Abb. 10.14. Beispiel eines Linearit¨ atsfehlers bei der Vertikalablenkung. Die SollKennlinie ist eine Gerade.
290
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
fNLx =
K x2 − K x1 . K x1
(10.42)
Typische Werte f¨ ur die Linearit¨atsfehler liegen bei 2 - 5 %. 10.3.3 Dynamische Fehler des Oszilloskops Da die Eingangsimpedanz eines Oszilloskops aus der Parallelschaltung eines ohmschen Widerstandes und einer Kapazit¨at besteht und damit frequenzabh¨ angig ist, kann es bei der Messung von zeitlich ver¨anderlichen Spannungen zu dynamischen Messfehlern kommen. Der entsprechende systematische Fehler soll im Folgenden f¨ ur den Fall eines rein ohmschen Innenwiderstandes der Signalquelle bestimmt werden (Abb. 10.15). Der Fehler f|U| in Bezug auf den Betrag der gemessenen Spannung ergibt sich bei einer reinen Sinuswechselspannung U Q (ω) der anregenden Signalquelle zu f|U| =
|U E | − |U Q | = |U Q | 1+
1 −1. 2 RQ 2 + (ωRQ CE ) RE
(10.43)
Abb. 10.15. Beschaltung eines Oszilloskops mit einer Signalquelle
Dieser Betragsfehler ist in Abb. 10.16 als Funktion der Frequenz f¨ ur verschiedene Widerstandswerte der Signalquelle aufgetragen. F¨ ur RE und CE werden dabei die Standardwerte RE = 1 MΩ und CE = 20 pF verwendet. Bei Anregung durch einen Spannungssprung kommt es aufgrund des (verlangsamten) Anstiegs gem¨aß einer Exponentialfunktion zu Verzerrungen. Die Aufladung des Eingangskondensators erfolgt dabei mit der Zeitkonstante τ = CE
RE RQ . RE + RQ
(10.44)
Wenn man von einem urspr¨ unglich ungeladenen Kondensator ausgeht, betr¨ agt die Spannung uE (t) am Eingang des Oszilloskops bei einem Sprung der Signalquellenspannung von 0 auf U0
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
291
Abb. 10.16. Systematischer Betragsfehler bei Oszilloskopen infolge der komplexen Eingangsimpedanz Z E = (1 MΩ 20 pF)
uE (t) = U0
RE 1 − e−t/τ . RE + RQ
(10.45)
Abbildung 10.17 zeigt die Verzerrung eines anregenden Spannungssprunges infolge einer Standardeingangsimpedanz f¨ ur verschiedene Widerstandswerte RQ der Signalquelle.
Abb. 10.17. Verzerrung der (normierten) Sprungantwort bei Oszilloskopen infolge der komplexen Eingangsimpedanz (1 MΩ 20 pF) f¨ ur verschiedene Werte des Signalquellenwiderstandes RQ . Die Normierung erfolgte auf U0 = U0 RE /(RE + RQ ). Die Sprunganregung findet zum Zeitpunkt t = t0 statt.
292
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Verst¨ arker-Grenzfrequenzen Die Oszilloskop-Verst¨arker enthalten RC-Glieder, die zu einem Tiefpassverhalten f¨ uhren, das modellhaft durch ein Verst¨arkerersatzschaltbild gem¨aß Abb. 10.18 beschrieben werden kann. F¨ ur ausgangsseitigen Leerlauf ergibt ¨ sich das Ubertragungsverhalten des Verst¨ arkers im Frequenzbereich aus der ¨ komplexen Ubertragungsfunktion G(ω) G(ω) =
UA V , = UE 1 + jωRC
(10.46)
wobei R und C die Werte des Tiefpasses aus Abb. 10.18 bezeichnen und V eine in erster N¨aherung frequenzunabh¨angige Verst¨arkung ist. Die obere Grenzfrequenz fg des Verst¨arkers ist erreicht, wenn die Ausgangsspannung auf -3 dB ihres Gleichspannungswertes (ω = 0) abgesunken ist. Dies entspricht einem Verh¨ altnis von UA 1 (10.47) = √ ≈ 0, 707 . V U 2 E f =fg Mit Gl. (10.46) ergibt sich daraus die obere Kreisgrenzfrequenz ωg bzw. die obere Grenzfrequenz fg des Verst¨arkers zu ωg RC = 1
(10.48)
bzw.
1 . 2πRC Der Betragsfehler f|U| infolge dieser Bandbegrenzung betr¨agt UA −1 f|U| = V UE 1 1 f|U| = −1=
2 − 1 . 1 + (ωRC)2 1 + ffg fg =
(10.49)
(10.50) (10.51)
Abb. 10.18. Einfaches Modell eines Verst¨ arkers mit der Verst¨ arkung V
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
293
Beispiel — Fehler infolge oberer Grenzfrequenz Mit einem Oszilloskop, das eine obere Grenzfrequenz von 40 MHz aufweist, wird eine Spannungsamplitude bei 20 MHz bestimmt. Der relative Betragsfehler f|U| ergibt sich somit wie folgt 1 f|U| = 2 − 1 = −11% . 1 + 12
(10.52)
Dieser systematische Messfehler ließe sich aber gem¨aß Gl. (10.53) zur Korrektur des Messwertes Umess nutzen
2 f Uw = Umess 1 + . (10.53) fg Die anhand von Gl. (10.53) ermittelte Spannung Uw entspricht dem wahren Wert im Sinne der Fehlerrechnung. Aufgrund des Verst¨arker-Tiefpassverhaltens ergibt sich wiederum eine exponentiell ansteigende Sprungantwort
uA (t) = V U0 1 − e−t/τ , (10.54) wobei die Zeitkonstante τ die des Eingangstiefpasses aus Abb. 10.18 ist. Die Zeitkonstante τ ist demnach der Kehrwert der Kreisgrenzfrequenz ωg 1 1 = . (10.55) τ RC Somit lassen sich auch die Anstiegszeit tr und die Grenzfrequenz fg des Verst¨ arkers ineinander umrechnen. Die Anstiegszeit tr der Sprungantwort betr¨agt mit Gl. (10.54) und unter Ber¨ ucksichtigung der Anstiegszeitdefinition (tr ist die Zeit, die die Sprungantwort zwischen 10 und 90 % ihres Endwertes verweilt) tr = t2 − t1 = τ (− ln(0, 1) + ln(0, 9)) = 2, 197τ . (10.56) ωg =
Mit der Beziehung (Gl. (10.49)) fg = erh¨ alt man schließlich
1 1 = 2πRC 2πτ
(10.57)
2, 197 0, 35 = . (10.58) 2πfg fg Die Angabe der Anstiegszeit von Oszilloskopen ist von unmittelbarer praktischer Bedeutung (Kap. 10.1.3), weil ihr Zahlenwert deutlich macht, welche zeitliche Spannungs¨anderung noch korrekt darstellbar ist. Bei der Darstellung einer Rechteckspannung werden beispielsweise die Flanken als zeitlich exponentiell ansteigend bzw. abfallend mit einer Zeitkonstanten auf dem Schirmbild erscheinen, die nach den Gln. (10.55), (10.57) bzw. (10.58) aus der Anstiegszeit oder auch der oberen Grenzfrequenz des Oszilloskops ermittelt werden k¨ onnen. tr =
294
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Anstiegszeit und Grenzfrequenz des eigentlichen Ablenksystems Selbst wenn die Anstiegszeit des y-Verst¨arkers beliebig klein bzw. seine Grenzfrequenz beliebig groß w¨are, g¨abe es ein weiteres Ph¨anomen, das die Gesamtanstiegszeit des Horizontal-Ablenksystems nach unten begrenzt. Dies ist auf die endliche Laufzeit der Elektronen zwischen den Platten des Ablenksystems zur¨ uckzuf¨ uhren. Wenn man sich den das Schirmbild schreibenden Elektronenstrahl als eine Aneinanderreihung von gleich schnell fliegenden Elektronen vorstellt, so d¨ urfte klar werden, dass bei Anlegen eines Spannungssprunges an den y-Ablenkplatten die Elektronen, die sich gerade am Eingang der yAblenkeinheit befinden, zeitlich viel l¨anger der in y-Richtung beschleunigenden Kraft ausgesetzt sind als die Elektronen, die bereits gerade die y-Platten wieder verlassen. Diese endliche Verweilzeit zwischen den y-Platten f¨ uhrt im Schirmbild bei Anlegen eines idealen Spannungssprunges zu einer mit der Zeit linear ansteigenden Rampe (Abb. 10.19). Die Anstiegszeit dieser Rampe kann anhand von Gl. (10.10) ermittelt werden, welche die Strahlablenkung yL auf dem Schirm beschreibt, wenn dort anstatt der Plattenl¨ange sz die aktuelle Laufl¨ ange vz tz des Elektrons nach erfolgtem Sprung, also das Produkt aus Horizontalgeschwindigkeit vz und der aktuellen Verweildauer des Elektrons im y-Plattenpaar eingesetzt wird yL =
uy vz tz lz . uz 2dy
(10.59)
In Gl. (10.59) wurden die bereits in den Kap. 10.1.1 (Abb. 10.2) eingef¨ uhrten Bezeichnungen verwendet. Mit Gl. (10.3) ergibt sich lz 2e0 1 yL = u y tz . (10.60) 2dy m0 uz Gleichung (10.60) verdeutlicht den linearen Anstieg der Strahlablenkung yL mit der Verweildauer tz des Elektrons im y-Plattenpaar nach erfolgter Sprunganregung, wobei uy in diesem Fall der Amplitude des Spannungssprunges entspricht. Erst wenn ein Elektron nach erfolgtem Sprung der Spannung uy
Abb. 10.19. Sprungantwort des Ablenksystems. tr : Anstiegszeit, yL : vertikale Strahlablenkung
10.3 Fehler bei der analogen Elektronenstrahl-Oszilloskopie
295
die gesamte L¨ange sz durchlaufen hat, erh¨alt man den Endwert yLend der entsprechenden Strahlablenkung yLend =
u y sz l z . uz 2dy
(10.61)
Nach Normierung der zeitabh¨angigen Ablenkung yL aus Gl. (10.60) auf den station¨ aren Endwert yLend ergibt sich schließlich 2uz e0 tz yL = . (10.62) yLend m0 s z Aus Gl. (10.62) folgt unmittelbar die Anstiegszeit tr (Zeit zwischen yL = 0, 1yLend und yL = 0, 9yLend) 1 m0 tr = 0, 8sz . (10.63) 2uz e0 F¨ ur eine Plattenl¨ange sz = 5 cm und eine Anodenspannung uz = 1 kV ergibt sich bereits eine Anstiegszeit von tr = 2,1 ns. Das diesem Laufzeitfehler entsprechende Frequenzverhalten l¨asst sich aus dem Zeitverhalten der Ablenkkraft ermitteln. Die vertikale Ablenkkraft Fy betr¨ agt e0 uy (t) Fy (t) = m0 ay (t) = e0 Ey (t) = . (10.64) dy Mit bekannter Kraft Fy kann unmittelbar die y-Komponente der Elektronengeschwindigkeit vy durch zeitliche Integration errechnet werden Fy (t) e0 1 uy (t) dt . vy = ay (t) dt = dt = (10.65) m0 m0 dy Im Hinblick auf eine spektrale Bewertung des Laufzeitverhaltens wollen wir ˆ0 cos ωt voraussetzen. Es soll also eine harmonische Ablenkspannung uy (t) = U zum Zeitpunkt t = 0 die Amplitude der Sinusschwingung dargestellt werden. Die Geschwindigkeit vyp in y-Richtung, welche die Elektronen beim Verlassen des y-Plattenpaares haben, l¨asst sich demnach wie folgt berechnen vyp
e0 1 ˆ = U0 m0 dy
+
ty 2
e0 1 ˆ cos ωt dt = U0 ty m 0 dy − 2 sz + 2v z e0 1 ˆ 1 U0 sin ωt = sz m0 dy ω − 2v
z ωsz e0 2 ˆ 1 . = U0 sin m0 dy ω 2vz
sz + 2v z
sz − 2v z
cos ωt dt
(10.66)
Unter Zuhilfenahme von Gl. (10.7) und Vernachl¨assigung von yp kann die Strahlablenkung yL wie folgt angegeben werden
296
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
lz lz ˆ0 lz e0 1 1 sin yL = vymax = vyp = 2U vz vz vz m0 dy ω
ωsz 2vz
.
(10.67)
Bezieht man diese Ablenkung auf ihren wahren Wert (Gl. (10.10)) yLw =
l z sz ˆ U0 , uz 2dy
(10.68)
so ergibt sich unter Beachtung der Energiebeziehung (Gl. (10.2)) e0 u z =
1 m0 vz2 2
(10.69)
der Amplitudengang der y-Ablenkeinheit wie folgt
ωsz
sin 2vz yL ω ωsz = sinc , = = sinc ωsz yLw 2v ω z 0 2vz wobei ω0 =
2vz . sz
(10.70)
(10.71)
Dabei bezeichnet sinc(x) = sin(x)/x die Spaltfunktion. Die 3-dB-Grenzfrequenz dieses Amplitudenganges berechnet sich wiederum aus der Bedingung yL 1 = √ ≈ 0, 707 (10.72) yLw f =fg 2 zu 1, 39 1, 39 2vz 0, 44 ω0 = fg = 1, 39f0 = = 2π 2π sz sz
2e0 uz . m0
(10.73)
So ergibt beispielsweise eine Plattenl¨ange von sz = 5 cm und eine Anodenspannung von uz = 1 kV eine obere Grenzfrequenz der y-Ablenkeinheit von fg = 165 MHz. Mit dem Ergebnis f¨ ur die Anstiegszeit tr (Gl. (10.63)) l¨asst sich wiederum der Zusammenhang zwischen der Anstiegszeit tr und der oberen Grenzfrequenz ableiten (Gl. (10.58)) 0, 44 2e0 uz 1 1 fg = = 0, 44 · 0, 8 = 0, 35 . (10.74) sz m0 tr tr Abbildung 10.20 zeigt den Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit. Zwei naheliegende Maßnahmen zur Erh¨ohung dieser Grenzfrequenz bzw. zur Verringerung der Anstiegszeit sind die Erh¨ohung der Beschleunigungsspannung sowie die Verk¨ urzung der Ablenkplattenl¨ ange. Diese Maßnahmen stehen jedoch insbesondere der Forderung nach hoher Ablenkempfindlichkeit entgegen (Kap. 10.1.1). In Oszilloskopen mit Grenzfrequenzen oberhalb 200 MHz finden daher besondere Formen von Ablenkplatten, die sog. WanderfeldAblenkplatten, Einsatz [113].
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
297
Abb. 10.20. Amplitudengang der Ablenkempfindlichkeit, bedingt durch den Laufzeitfehler der Elektronen w¨ ahrend ihrer Flugzeit zwischen den Ablenkplatten
10.4 Digital-Speicheroszilloskop Im Gegensatz zum analogen Elektronenstrahl-Oszilloskop werden die Messsignale in Digital-Speicheroszilloskopen (DSO) intern in Form zeitlich diskreter Bin¨ arzahlen verarbeitet. Dadurch erm¨ oglichen diese Ger¨ate vor allem den kompatiblen Anschluss an die digitale Welt der rechnergesteuerten Messdatenerfassung sowie die der gesamten digitalen Signalverarbeitung. Andererseits kann man sie auch wie konventionelle Analog-Oszilloskope betreiben. Die Mitte der siebziger Jahre begonnene Entwicklung der Transientenrekorder zur digitalen Aufzeichnung von elektrischen Einzelvorg¨angen f¨ uhrte im Laufe der letzten beiden Jahrzehnte im Zuge ihrer konsequenten Weiterentwicklung zum Digital-Speicheroszilloskop. Diese Entwicklung st¨ utzt sich im wesentlichen auf die schnell voranschreitende Technologie der Analog-DigitalUmsetzer, welche das Herzst¨ uck eines jeden Digital-Speicheroszilloskops sind. Die Vorz¨ uge des Digital-Speicheroszilloskops beruhen auf der leichten Speicherbarkeit von digitalen Messwerten, ihrer einfachen rechnergest¨ utzten Weiterverarbeitung sowie der gleichzeitig vorhandenen M¨oglichkeit einer komfortablen Bildschirmdarstellung. Die Grenzen der digitalen Speicherung und Verarbeitung liegen in den Nachteilen der notwendigen zeitlichen und amplitudenm¨ aßigen Diskretisierung der urspr¨ unglich analogen Messwerte. 10.4.1 Prinzipielle Funktionsweise Digital-Speicheroszilloskope bestehen aus den in Abb. 10.21 gezeigten Standardbaugruppen Messkanal, Triggermodul, dem Takt- und Steuerungsmodul sowie der Anzeige. Die wesentliche Komponente eines jeden digitalen Speicher-
298
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Abb. 10.21. Blockschaltbild eines Digital-Speicheroszilloskops
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
299
Oszilloskops bildet der Analog-Digital-Umsetzer mit einem nachgeschalteten Speicher, den man sich zwecks einfacherer Erkl¨arung in Form eines Schieberegisters (FIFO = First In First Out Speicher) vorstellen m¨oge. Dieses Schieberegister enth¨alt k Digitalworte zu je n Bit. Mit jedem Taktwechsel wird der Inhalt des Schieberegisters um eine Wortstelle nach rechts verschoben, wobei das k-te Wort nach dem n¨achsten Wechsel in der Schalterstellung S (Einspeichern) verlorengeht. Nur beim Auslesevorgang (Wiedergabe, Schalterstellung W ) wird das k-te Wort beim n¨achstfolgenden Taktwechsel an der 1. Stelle wieder eingespeichert. Das Digitalwort an der k-ten Stelle wird mit Hilfe des Digital-Analog-Umsetzers jeweils in seinen entsprechenden Analogwert umgewandelt und u ¨ ber den y-Endverst¨arker auf die Vertikal-Ablenkplatten gegeben. Die Schalterstellung (S/W ) wird letztlich von der Triggereinheit gesteuert, welche aus einem Schwellwertkomparator mit nachgeschaltetem FlipFlop, einem UND-Gatter sowie einem R¨ uckw¨artsz¨ahler besteht, der eine Voreinstellung von p erh¨alt. Nach Eintreffen des Triggerereignisses z¨ahlt dieser Z¨ ahler von p auf 0 zur¨ uck und l¨ost u ¨ber die Steuerung das Umschalten des Schalters von Einspeichern“ (S) auf Wiedergabe“ (W ) aus. Das be” ” deutet, dass p Abtastwerte nach Eintreffen des Triggerereignisses und (k − p) Abtastwerte vor Eintreffen des Triggerereignisses im Schieberegister gespeichert werden, die letztlich in der Wiedergabephase im Schirmbild erscheinen. Bei den (k − p) Werten vor dem Triggerereignis spricht man vom sog. Pretrigger. W¨ ahlt man p = k, so wird nur das Signal nach dem Triggerzeitpunkt dargestellt, so wie man es vom normalen Analog-Oszilloskop her gewohnt ist. Bei der Einstellung p = 0 hingegen liegen alle k dargestellten Abtastwerte vor dem Triggerzeitpunkt. Diese Art der Messung ist interessant bei der Kl¨ arung unvorhergesehener Ereignisse, weil man auf diese Weise das Signal vor Eintreten des Triggerereignisses speichern bzw. analysieren kann. Die Horizontal-Ablenkung erfolgt ebenfalls auf digitaler Basis, und zwar mit Hilfe eines gew¨ ohnlichen Vorw¨artsz¨ahlers, der mit einem nachgeschalteten DigitalAnalog-Umsetzer eine mit der Zeit ansteigende Rampenspannung erzeugt. Die Anstiegsgeschwindigkeit wird u ¨ ber das Teilungsverh¨altnis r des Frequenzteilers vorgegeben. Nach Erreichen des Endwertes (der Strahl befindet sich dann am rechten Bildschirmrand) wird der Z¨ahler wieder zur¨ uckgesetzt, und der Strahl springt an den linken Bildrand zur¨ uck. 10.4.2 Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes Die Wiedergabe des aufgezeichneten Bildes kann entweder, wie in Abb. 10.7 angedeutet, mit Hilfe einer konventionellen analogen Elektronenstrahl-R¨ohre oder mit Hilfe eines mit magnetischer Ablenkung arbeitenden Rasterbildschirmes erfolgen. Bei neueren Ger¨aten setzt sich allerdings die Verwendung von TFT-LCD-Bildschirmen, die auch mehrfarbig ausgef¨ uhrt sein k¨onnen, immer mehr durch (Abb. 10.22). Bei der letztgenannten Methode werden die digitalen Amplitudenwerte (y-Werte) mit korrespondierenden x-Werten, welche den zeitlichen Abtastpunkten entsprechen, verkn¨ upft und als (x, y)-Bildpunkte auf
300
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale Vorverstärker ADC
Datenspeicher
μP
Bildspeicher
LCDDisplay
Abb. 10.22. Prinzip-Blockschaltbild eines digitalen Speicher-Oszilloskops
dem Rasterschirm in Form heller Bildpunkte dargestellt. Dies entspricht der sog. Punktdarstellung. Als weitere wichtige Darstellungsarten werden die lineare Interpolation und die Sinusinterpolation verwendet (Abb. 10.23). Bei der linearen Interpolation werden zeitlich aufeinanderfolgende Bildpunkte durch Geraden verbunden, was bei der Darstellung glatter Signalverl¨aufe eine hohe Anzahl von Abtastwerten erforderlich macht, z. B. mindestens 10 Abtastwerte pro Periode bei Sinusschwingungen. F¨ ur die Darstellung glatter Signalverl¨aufe ist die Sinusinterpolation empfehlenswert, bei der jedem einzelnen Abtastwert x(i) ein sin t/t-Ausgangssignal (mit Maximalwert an der Abtaststelle x(t)) zugeordnet wird. ¨ Das Ausgangssignal y(t) ergibt sich aus der additiven Uberlagerung aller sin t/t-Kurven gem¨aß
Abb. 10.23. Die wichtigsten Darstellungsarten von Digital-Speicheroszilloskopen: a) Eingangssignal, b) Punktdarstellung, c) lineare Interpolation, d) Sinusinterpolation
10.4 Digital-Speicheroszilloskop
y(t) =
x(i)
sin π t−tTaa(i)
i
π t−tTaa(i)
,
301
(10.75)
wobei ta (i) der Abtastzeitpunkt des i-ten Abtastwertes x(i) und Ta die Dauer der Abtastperiode bezeichnen. Ein entsprechend dem Nyquist-Kriterium abgetastetes, aus diskreten Abtastwerten bestehendes Signal kann n¨amlich wieder zu dem urspr¨ unglichen (zeitlich kontinuierlichen) Signal verzerrungsfrei rekonstruiert werden, wenn man die Abtastwerte in zeitlicher Folge auf einen idealen Tiefpass mit der Grenzfrequenz fg =
1 2Ta
(10.76)
gibt [135]. Dieser Tiefpass hat aber bez¨ uglich der einzelnen Abtastwerte genau die Impulsantwort, die durch Gl. (10.75) beschrieben wird. Um auch im Zuge der in der Praxis unvermeidbaren zeitlichen Begrenzung bei der Realisierung der sin t/t-Funktion noch eine gute Rekonstruktion des Originalsignals aus den Abtastwerten zu erhalten, ist es in der Praxis notwendig, mit mindestens 2,5 Abtastwerten pro Periode der h¨ochsten im abzutastenden Signal vorkommenden Frequenzkomponente zu arbeiten. Um auf der sicheren Seite zu sein, wird in der Regel eine Abtastung von 10 Abtastwerten pro Periode veranschlagt, wenn es die hardwarem¨aßigen Voraussetzungen zulassen. 10.4.3 Aufzeichnungs-/Anzeigebetriebsarten des Digital-Speicheroszilloskops Recurrent-Mode (Refresh-Mode) Diese Arbeitsweise ist ¨ahnlich dem eines gew¨ohnlichen analogen Oszilloskops. Kennzeichnend dabei ist die st¨andige Erneuerung des Speicherinhaltes, die nach jedem Triggersignal erfolgt. Das Auslesen und die Anzeige der Speicherwerte erfolgt in den Pausen zwischen den Abtastphasen. Es k¨onnen aber auch alternativ die Daten nach der Speicherphase in einen zweiten Speicher transferiert werden, aus dem sie dann zur Bilddarstellung beliebig oft und unabh¨ angig von der eigentlichen Signalerfassung ausgelesen werden k¨onnen. Single Shot Nach Eintreten des Triggerereignisses wird nur eine Aufnahme gemacht, auch wenn danach die Triggerbedingungen erf¨ ullt sein sollten. Diese Einzelaufnahme kann im Gegensatz zum analogen Oszilloskop beliebig lange auf dem Schirm dargestellt werden.
302
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Roll-Mode Diese Aufzeichnungsart erlaubt das kontinuierliche Beobachten von langsamen Vorg¨ angen, deren zeitlicher Verlauf mit dem menschlichen Auge gerade noch wahrgenommen werden kann. Das aufgezeichnete Signal wird dabei, ¨ahnlich wie auf einem Schreiber, von links nach rechts u ¨ ber den Bildschirm gezogen, wobei der aktuelle Wert am gerade noch ¨außersten rechten Bildrand erscheint, w¨ ahrend der ¨alteste Wert links aus dem Bild geschoben wird. 10.4.4 Einsatz von Digital-Oszilloskopen in Verbindung mit Computern Derzeit eingesetzte Digital-Oszilloskope sind in der Regel mit einer Schnittstelle zu Computern versehen, so dass die aufgezeichneten Signale zu einem Computer u ¨bertragen und dort weiterverarbeitet oder archiviert werden k¨onnen. Die so erhaltenen Signale werden auf dem PC mit Hilfe von Signalverarbeitungsroutinen ausgewertet und k¨onnen bei der heute u ¨blichen Speichergr¨oße selbst bei gr¨oßtem Umfang problemlos gespeichert werden. Dabei k¨onnen detaillierte Informationen u ¨ ber das betrachtete Signal extrahiert und dargestellt werden. Weitere Informationen zu diesen neuen Digital-OszilloskopTechnologien finden sich in den Kapiteln 18.11 und 18.12.
10.5 Vergleich Analog- und Digital-Oszilloskope In der Praxis werden f¨ ur verschiedene Aufgaben unterschiedliche Oszilloskope eingesetzt (Tab. 10.1). Analoge Oszilloskope werden vor allem bei schnelTabelle 10.1. Vergleich der Vorteile von Analog- und Digital-Oszilloskopen Analog-Oszilloskop + schnelle Signalerfassung + Darstellung der Signalintensit¨ at + Echtzeitdarstellung der Signale
Digital-Oszilloskop + Simultanbetrieb auf mehreren Kan¨ alen + Single-Shot Aufnahme m¨ oglich + Signalspeicherung m¨ oglich + Weiterverarbeitung der Daten im Computer + Signalanalyse m¨ oglich (z. B. FFT) + Pre-Trigger-M¨ oglichkeiten
len Signalen verwendet, die in Echtzeit betrachtet werden und deren Intensit¨ ats¨ anderung bzw. Signalstreuung durch die helligkeitsmodulierte Darstellung sichtbar werden sollen. Analoge Oszilloskope eigenen sich daher in besonderem Maße f¨ ur periodische Signale. Digitale Oszilloskope dagegen bieten den Vorteil, einmal aufgezeichnete Signale langfristig und ohne Informationsverlust speichern zu k¨onnen. Weiterhin erlauben sie einfache Analysefunktionalit¨aten, wie beispielsweise eine
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop
303
Darstellung des betrachteten Signals im Frequenzbereich. Im Weiteren k¨onnen mit dem Digital-Oszilloskop aufgezeichnete Signale mittels eines Computers weiterverarbeitet werden. Gemessene und aufgezeichnete Signale k¨onnen bei Bedarf wieder orginalgetreu abgerufen werden, so dass Vergleiche mit ¨alteren Messsignalen m¨oglich sind.
10.6 Digital-Phosphor-Oszilloskop Die Vorteile des Analog- sowie des Digital-Oszilloskops werden in einer neuartigen Oszilloskopart, dem sogenannten Digital-Phosphor-Oszilloskop (DPO), vereint. Dieses erm¨oglicht die Darstellung von schnellen Signalen in Echtzeit und kann ebenfalls die Signalintensit¨at bzw. Signalstreuung darstellen. Dadurch ist es m¨oglich, selten auftretende Signalst¨orungen zu erkennen, was insbesondere bei der Fehlersuche von Vorteil ist [178]. Das Digital-Phosphor-Oszilloskop kann die Vorteile von analogem und digitalem Oszilloskop nur deshalb vereinbaren, weil leistungsf¨ahige Signalprozessoren die Signalabbildung u ¨bernehmen. Dabei werden die Signaldaten in Echtzeit von einem Erfassungs-Prozessor verarbeitet und in geeigneter Weise gespeichert, w¨ahrend ein spezieller Signalabbildungsprozessor parallel dazu die Signaldarstellung erledigt. Der Aufbau eines solchen Oszilloskops ist schematisch in Abb. 10.24 dargestellt. Im Gegensatz zu einem digitalen SpeicherOszilloskop, welches keinen Mikroprozessor zur Aufbereitung der darzustellenden Daten besitzt (siehe Abb. 10.22), k¨onnen Digital-Phosphor-Oszilloskope die aufgezeichneten Daten schneller darstellen. Hierf¨ ur ist der spezielle Signalabbildungsprozessor verantwortlich, der die darzustellenden Werte entsprechend aufbereitet.
Vorverstärker ADC
Digital Phosphor Acquisition Rasterizer
Erfassungs-Prozessor LCDFarbdisplay
Bildspeicher
μP
Abb. 10.24. Prinzip-Blockschaltbild eines Digital-Phosphor-Oszilloskops
Durch die Nachbildung des Nachleuchteffekts“ analoger Oszilloskope wurde ” der Begriff Digital-Phosphor gew¨ahlt. Bei dieser Oszilloskopart werden die vergangenen Bildsequenzen bzw. Signalverl¨aufe in einer dritten Dimension gespeichert und dann auf dem Bildschirm ausgegeben. Die Intensit¨at eines Signals ist ein Maß f¨ ur die Signal-Varianz. So wird beispielsweise ein rauschfreies Sinussignal immer mit gleicher Intensit¨at dar-
304
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
gestellt. Wird nun dasselbe Sinussignal mit Rauschen u ¨berlagert, so ist die Sinuswelle mit gleicher Intensit¨at dargestellt. Die durch das Rauschen verursachte Varianz des Sinussignals erscheint mit einer geringeren Intensit¨at auf dem Display. Digital-Phosphor-Oszilloskope k¨onnen die Signale im Gegensatz zu Analog-Oszilloskopen farbig darstellen, wodurch sich die Signalverl¨aufe vom Beobachter leichter erkennen lassen. Abbildung 10.25 zeigt ein Digital-PhosphorOszilloskop moderner Bauart.
Abb. 10.25. Digital-Phosphor-Oszilloskop der Fa. Tektronix [178]
10.7 Analoger und digitaler Trigger Standardm¨ aßig wird das analoge Eingangssignal zum Festlegen des Triggerzeitpunktes herangezogen. Die Triggerung erfolgt also wie bei den klassischen Analog-Oszilloskopen. Im Gegensatz dazu spricht man von einem digitalen Trigger, wenn die Triggerentscheidung auf der Basis des bereits digitalisierten Messsignals erfolgt. Das bedeutet, dass der Triggerzeitpunkt unabh¨angig von der Abtastrate und einem eventuellen zeitlichen Versatz (Jitterfehler) zwischen analogem Eingangssignal und dem weiter verarbeiteten digitalisierten Signal ist. Diese Art von Oszilloskopen erreichen damit eine h¨ohere Messgenauigkeit infolge geringer Jitterfehler (Trigger-Jitter < 1 ps) [154]. Zudem werden oft dieselben digitalen Filter f¨ ur das Triggersignal vorgesehen wie f¨ ur das Messsignal,
10.7 Analoger und digitaler Trigger
305
was das Ausfiltern von u ¨berlagerten St¨orsignalen, insbesondere Rauschen, erleichtert. Es kann auch das gefilterte Triggersignal verwendet werden, um das ungefilterte Messsignal darzustellen. Herk¨ ommliche Oszillographen triggern in der Regel auf einen Spannungspegel, d. h. die Zeitablenkung wird durch eine bestimmte Spannung am Eingang gestartet. Mit der sogenannten Zone Trigger beschreitet Rohde & Schwarz einen neuartigen Weg. Das digitalisierte Eingangssignal wird dabei mittels eines ASIC (application-specific integrated circuit) in Echtzeit mit einem vorgegebenen Muster verglichen, so dass sowohl auf Spannungswerte als auch auf Pulsfolgen, bestimmte Frequenzen oder sonstige Merkmale getriggert werden kann. Diese Ereignisse k¨onnen vom Anwender frei definiert werden. Es gibt praktisch keinen Triggerjitter. Diese Art von Triggerung ist zum Beispiel in den akkubetriebenen Handheld-Oszilloskopen der Fa. Rohde & Schwarz implementiert (siehe Bild 10.26).
Abb. 10.26. Akkubetriebenes Handheld Oszilloskop RTH1004 der Fa. Rohde & Schwarz. Die Abbildung erfolgt mit freundlicher Genehmigung des Herstellers.
Bei der digitalen Signalanalyse erlaubt ein sogenannter Serial Pattern Trigger die Erkennung definierter Bitfolgen. Auf diese Art lassen sich spezielle Protokollsequenzen, wie der Header eines Telegrammrahmens, erkennen.
306
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
10.8 Mixed-Signal-Oszilloskope Zur Analyse von digitalen Logikschaltungen hat man in fr¨ uheren Zeiten zwei separate Messger¨ate eingesetzt: - Oszilloskope und - Logikanalysatoren. Diese sind mittlerweile in Form von sogenannten Mixed-Signal-Oszilloskopen in einem einzigen Ger¨at vereint. Solche Oszilloskope lassen sich vor allem f¨ ur die messtechnische Analyse von sogenannten Mixed-Signal-Schaltungen einsetzen. Bei diesen kommen in einer Schaltung sowohl analoge Signale (meistens handelt es sich dabei um Hochfrequenz-Signale) und digitale Signale (im Sinne von Logik-Signalen) vor. Dazu weisen diese Oszilloskope neben 2 bzw. 4 Analogeing¨angen 16 bzw. 32 Digitaleing¨ange auf. Die anschließende Analyse der digitalen Eingangssignale ist neben allgemeinen Logikanalysem¨oglichkeiten auf die Analyse von Standard-Bus-Systemen abgestellt, z. B. USB, I2 C, PCI, CAN, FlexRay, RS 232, RS 485, SPI. Als wesentliche Leistungsmerkmale sind zu nennen: • • • •
Anzahl der Kan¨ale (analog und digital) Abtastrate bzw. Bandbreite der erfassbaren Signale Anzahl der aufgezeichneten Punkte (=Aufzeichnungsl¨ange) und Zeitaufl¨ osung der digitalen Eingangskan¨ale.
Ist zus¨ atzlich noch ein analoger Spektrumsanalysator in das Ger¨at integriert, wie das zum Beispiel bei den von Tektronix vertriebenen Mixed-DomainOszilloskopen der Fall ist, so ist als weiteres Leistungsmerkmal die •
Bandbreite des HF-Bereiches
mit anzuf¨ uhren, die bei hochwertigen Ger¨aten im einstelligen GHz liegt. Mit Hilfe solcher Mixed-Domain-Oszilloskope ist nun erstmals die zeitgleiche bzw. zeitkorellierte Erfassung bzw. Darstellung von analogen, digitalen und HF-Signalen in einem einzigen Messger¨at m¨oglich. Dabei ist es m¨ oglich, gleichzeitig das Zeitsignal und das mit Hilfe des (analogen) Spektralanalysators ermittelte Spektrum des Signals auf dem Bildschirm darzustellen. Gew¨ ohnliche Digitaloszilloskope (DSOs) hingegen liefern als Ergebnis einer Frequenzanalyse nur das per FFT (Fast Fourier Transformation) errechnete Spektrum und das meist auch nur in sequentieller Reihenfolge mit der Signaldarstellung. Mit Hilfe der Mixed-Signal-Oszilloskope ist vor allem auch ein Triggern auf bestimmte Sequenzen, z. B. bestimmte Adressen, von Logiksignalen bis hin zur automatischen Dekodierung verschiedener Datenformate m¨oglich. F¨ ur das genaue Messen des Timing-Verhaltens von Logik-Schaltungen ist eine hohe zeitliche Aufl¨osung notwendig, die bei Ger¨ aten der Oberklasse im Bereich von ca. 60 ps liegt, was einer Abtastrate von etwa 16 Gsamples/s entspricht.
10.8 Mixed-Signal-Oszilloskope
307
Als Beispiel f¨ ur eine typische Anwendung sei hier auf eine von der Firma Tektronix vorgestellte Messung an einem seriellen USB-Interface verwiesen. Bei seriellen Bus-Systemen enth¨alt ein einziges Signal alle wesentlichen Informationen, wie Adresse, Kontroll-Bits, Daten und Takt(Clock). Die Features automatischer Trigger, Dekodierung, Suche nach Bus-Ereignissen und -Konditionen erm¨oglichen die effiziente und sichere Analyse von eventuellen Problemen. Abbildung 10.27 zeigt die mit einem Tektronix Mixed-Signal Oszilloskop der Serie MSO 4000 aufgenommenen und analysierten USB-Signale.
Abb. 10.27. Signale, die an einem USB-Interface mit Triggerung auf ein OUTZeichen aufgenommen wurden: oben: (D+)-Signal; unten: (D-)-Signal. Darunter ist der dekodierte Inhalt des USB-Signals zu erkennen mit den Paketen: START, SYNC, PID, Adresse, Ende-Zeichen, CRC, Daten und STOP.
308
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
10.9 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen Aufgrund der Tatsache, dass die Digital-Oszilloskope ihre analogen Counterparts mittlerweile vollst¨andig vom Markt verdr¨angt haben, ist die Produktvielfalt der angebotenen Digital-Oszilloskope heutzutage enorm groß. Zudem werden die Produktzyklen aufgrund des rasanten Fortschritts der Digitaltechnik immer k¨ urzer. Lesern, die sich u ¨ ber den jeweils aktuellen Stand auf dem Markt der Digital-Oszilloskope informieren wollen, sei empfohlen, die Webseiten der f¨ uhrenden Hersteller zu besuchen. Die Webadressen der namhaften Hersteller lauten: Tektronix: www.tektronix.com bzw. www.tek.com Keysight: www.keysight.com LeCroy: www.teledynelecroy.com Fluke: www.fluke.com Rigol: www.rigol.eu Rohde & Schwarz: www.rohde-schwarz.de Yokogawa: www.yokogawa-mt.de ¨ Einen Uberblick u ¨ ber den derzeitigen Stand der Technik bieten die Tabellen 10.2 und 10.3, in denen die Oszilloskope von f¨ uhrenden Herstellern herausgegriffen wurden. Der in Tab. 10.2 angegebene theoretische Gewinn an Aufl¨osung infolge Oversampling bzw. Mittelung kann anhand der Zusammenh¨ange (Gl. 11.85) S [dB] = (6N + 1, 76) N
(10.77)
ΔS/N [dB] = 10 lg m
(10.78)
bzw. (Gl. 11.43) ermittelt werden. Dabei bezeichnen N die Aufl¨osung in Bit und m den Faktor ¨ der Uberabtastung. Der Zugewinn ΔN [Bit] bez¨ uglich der Aufl¨osung l¨asst sich durch Gleichsetzen obiger Gleichungen erreichen. Dies f¨ uhrt zu ΔN [Bit] =
10 lg m − 1, 76 . 6
(10.79)
Die in Tab. 10.2 in der Spalte Theoretische Aufl¨osungszunahme angegebenen Werte lassen sich direkt aus Gl. 10.79 ermitteln. Die leichten Abweichungen ergeben sich aufgrund der Tatsache, dass vom Hersteller anstatt Gl. 11.85 ¨ bzw. Gl. 10.77 die Uberschlagsformel S/N = 6N verwendet wurde.
10.9 Stand der Technik bei Digital-Oszilloskopen
309
Tabelle 10.2. Leistungsdaten von Digital-Oszilloskopen, beispielhaft dargestellt anhand der Digital-Oszilloskop-Familien der Fa. Tektronix Bandbreite Abtastrate Aufzeichnungs- Vertikale Aufl¨ osung Produkt[GHz] l¨ ange [Bit] Familie TPS2000B 0, 1 − 0, 2 1 − 2 GS/s 2, 5 kPoints 8+ DPO2000B 0, 07 − 0, 2 2x − 1 GS/s 1 MPoints 8+ + MDO3000 0, 1 − 1 2x − 2, 5 GS/s 10 MPoints 8 / <11** MDO4000C 0, 2 − 1 2, 5 − 5 GS/s 20 MPoints 8+ / <11** DPO7000 23 200 GS/s 1 GPoints 8+ / <11* ProduktAnzahl Theor. Aufl.- Prakt. Aufl.- Max. Aufl. Mittelungen Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] Average [Bit] Familie TPS2000B 4 - 128 3,5 3,0 11,0 DPO2000B 2 - 512 4,5 4,0 13,0 MDO3000 2 - 512 4,5 4,0 13,0 MDO4000C 2 - 512 4,5 4,0 13,0 DPO7000 2 - 10000 6,6 6,0 14,1 ¨ ProduktMax. UberTheor. Aufl.- Prakt. Aufl.- Max. Aufl.Familie abtastzahl Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] Zunahme [Bit] TPS2000B 5.000 6,1 5,0 13,1 DPO2000B 5.000 6,1 5,0 13,1 MDO3000 5.000 6,1 5,0 13,1 MDO4000C 5.000 6,1 5,0 13,1 DPO7000 5.000 6,1 5,0 14,1 ProduktFamilie TPS2000B DPO2000B MDO3000 MDO4000C DPO7000 +
Stand Dez. 2012 Feb. 2015 Feb. 2016 Feb. 2016 M¨ arz 2016
Preis [Euro] 2.940 1.050 3.180 6.520 166.000
Besonderheit Isolierte Eing¨ ange, Akkubetrieb Low Coast Mixed-Signal Hohe Speichertiefe Hohe Frequenz
= Single Shot; * = Average; ** = High Resolution
Die vier verschiedenen Aufzeichnungsmodi (= Aquisitionsmodi) Single Shot, Average, High Resolution und Sequential Samling sind wie folgt charakterisiert: Single Shot: Nicht repetierender Pulsbetrieb.
310
10 Darstellung des Zeitverlaufes elektrischer Signale
Average: Das Signal muss periodisch sein und es wird ein und derselbe (zeitliche) Signalabschnitt mehrmals aufgenommen und gemittelt. High Resolution: Das Signal muss nicht periodisch sein. Es erfolgt eine um den Faktor m h¨ohere zeitliche Abtastung als in der Darstellung. Dabei werden m Samplewerte zu einem Darstellungswert gemittelt. Sequential Sampling: Das Signal muss periodisch sein. Es wird im sequentiellen Samplingmode (s. Kap. 10.1.4) abgetastet.
Tabelle 10.3. Leistungsdaten von Digital-Oszilloskopen (Stand: 2016) Modell
Hersteller
2025CL DS1102E 1275 DSOX2014A RTH1024 190-204 MSO4034B DLM4038 HDO6054 RTO2044 LabMaster10-100Zi Modell
2025CL DS1102E 1275 DSOX2014A RTH1024 190-204 MSO4034B DLM4038 HDO6054 RTO2044 LabMaster10-100Zi
UNI-T RIGOL PeakTeck Keysight R&S Fluke Tektronix Yokogawa LeCroy R&S LeCroy
Bandbreite Anzahl MHz Kan¨ ale 25 2 100 2 300 2 100 4 200 4 200 4 350 4 350 8 500 4 4000 2 100.000 4 bis 80
Abtastrate GSample/s 0,25 1 1,6 2 5 2,5 2,5 1,5 2 20 240
Speichertiefe Mpts 1 1 10 1 0,5 0,04 20 1,25 250 50 32
Au߬ osung vertikal Bit 8 8 8 8 8 10 8 8 12 16 8
Besonderheit
Preis (ca.) EUR 280,390,1.400,2.200,4.450,5.250,11.500 12.350,18.950,35.000,ca. 800.000,-
Low cost Low cost 8 Zoll Display Handheld Handheld 12 Zoll Display 16 Dig. Channels High Resolution High Speed
11 Digitale Messtechnik
Da die moderne Messtechnik zunehmend die Verfahren der rechnergest¨ utzten Messwerterfassung und digitalen Signalverarbeitung nutzt, z¨ahlt es zu den wichtigsten Aufgaben der Elektrischen Messtechnik, in analoger Form vorliegende Messsignale zu digitalisieren. W¨ahrend in der analogen Messtechnik alle Messgr¨ oßen in wertkontinuierlicher Form verarbeitet werden, kennt die digitale Messtechnik nur die bin¨are Darstellungsform. Bin¨are Signale k¨onnen den Wert 1 (alternativ H f¨ ur High) oder 0 (alternativ L f¨ ur Low) annehmen. F¨ ur den Fall, dass der Wert 1 einem hohen Spannungspegel und der Wert 0 einem niedrigen Spannungspegel entspricht, bezeichnet man dies als positive Logik, im umgekehrten Fall spricht man von negativer Logik. Bin¨are Signale bieten den großen Vorteil, dass sie sich durch nur zwei, eindeutig zu unterscheidende Betriebszust¨ande der verarbeitenden elektronischen Komponenten darstellen lassen, wie z. B. Schalter EIN“ bzw. Schalter AUS“. Alle auf ” ” Halbleiterelementen basierenden Schalter sind bez¨ uglich ihrer High- und LowSpannungspegel mit so großz¨ ugigen Toleranzb¨andern versehen, dass Digital¨ schaltungen im Allgemeinen sehr zuverl¨assig funktionieren. Beim Ubergang in die Digitalwelt m¨ ussen die wert- und zeitkontinuierlichen Signale in wert- und zeitdiskrete Signale gewandelt werden. Dazu bedient man sich entweder der Analog-Digital-Umsetzer (Kap. 11.7) oder der Z¨ahlerschaltungen (Kap. 11.5). Zum Verst¨ andnis dieser Schaltungen sind Kenntnisse u ¨ber Bin¨arcodes und digitale Grundschaltungen, wie Gatter und bistabile Kippschaltungen, notwendig. Diese Grundlagen sind Inhalt der Kap. 11.1 bis 11.3.
11.1 Duales Zahlensystem und Bin¨ arcodes 11.1.1 Dualzahlendarstellung Da Digitalschaltungen Signale nur in bin¨arer Form verarbeiten k¨onnen, muss man bez¨ uglich der Zahlendarstellung vom u ¨ blichen Dezimalsystem zum bin¨aren System u ¨ bergehen. Jede Dezimalzahl kann auch als Dualzahl dargestellt
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_11
312
11 Digitale Messtechnik
werden. Wenn wir uns zun¨achst auf ganze Zahlen beschr¨anken, l¨asst sich die Dezimalzahl Zdez mit Hilfe einer Zweierpotenzzerlegung in eine entsprechende Dualzahlendarstellung konvertieren Zdez = zN 2N + zN−1 2N −1 + . . . + z1 21 + z0 20 .
(11.1)
Die entsprechende Dualzahl Zdual besteht dann aus den 0 - oder 1 -wertigen Bin¨ arstellen zi , die mit den Koeffizienten der Zweierpotenzen identisch sind Zdual = zN zN−1 . . . z1 z0 .
(11.2)
So entspricht beispielsweise die Dezimalzahl 68 der Dualzahl 1000100. Die 0 - oder 1 -wertige digitale Informationseinheit wird dabei als 1 Bit und die zu 8 Bit zusammengefasste Datenmenge als 1 Byte bezeichnet. 11.1.2 BCD-, Hexadezimal- und Gray-Code In der Elektrischen Messtechnik wird oft der sog. BCD-Code (Binary Coded Decimals) verwendet, bei dem die Dezimalziffern 0 bis 9 mit einer vierstelligen Dualzahl der Wertigkeit 8-4-2-1“ dargestellt werden. So entspricht beispiels” weise die Dezimalzahl 68 der BCD-Zahl 0110 1000. Da die Dezimalziffer bei der BCD-Darstellung von einer vierstelligen Dualzahl mit den Stellenwerten 23 , 22 , 21 und 20 repr¨asentiert wird, wird dieser Code auch als 8-4-2-1-Code bezeichnet. Ein weiterer, insbesondere in der Computertechnik sehr verbreiteter Code ist der Hexadezimalcode, der die Zahlen 0 bis 9 mit den entsprechenden Ziffern und die Zahlen 10 bis 15 mit den Buchstaben A bis F darstellt. Der in Tabelle 11.1. Gebr¨ auchliche Formen bin¨ arer Zahlendarstellungen Dezimalzahl Dualzahl BCD-Code Gray-Code Hexadezimalzahl 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15
00000 00001 00010 00011 00100 00101 00110 00111 01000 01001 01010 01011 01100 01101 01110 01111
0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0000 0001 0001 0001 0001 0001 0001
0000 0001 0010 0011 0100 0101 0110 0111 1000 1001 0000 0001 0010 0011 0100 0101
0000 0001 0011 0010 0110 0111 0101 0100 1100 1101 1111 1110 1010 1011 1001 1000
0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 A B C D E F
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
313
der vierten Spalte von Tab. 11.1 enthaltene Gray-Code zeichnet sich dadurch ¨ aus, dass beim Ubergang von einer Zahl zur n¨achsth¨oheren nur ein einziges Bit seine Wertigkeit ¨andert, was oft zum Umgehen von Timing-Problemen in Digitalschaltungen genutzt wird. Tabelle 11.1 zeigt die Darstellung der Dezimalzahlen 0 bis 15 mittels der oben besprochenen Codes. 11.1.3 Fehlererkennung und Fehlerkorrektur Die Verf¨ alschung eines einzelnen oder auch einer ungeradzahligen Anzahl von Bits im BCD-Code beispielsweise ist erkennbar, wenn pro 4-Bit-Wort ein 5. Bit, ein sog. Pr¨ ufbit, angeh¨angt wird. Dabei wird auf gerade oder ungerade Parit¨at gepr¨ uft. Man spricht dann von einem fehlererkennenden Code [163]. Wenn neben dieser Erkennung eines Fehlers eine lokale Ortung des fehlerhaften Bits durchgef¨ uhrt werden soll, werden pro Dezimalstelle 8 Bit statt der vier des BCD-Codes ben¨otigt. Man bezeichnet diesen Code dann als einen fehlerkorrigierenden Code.
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verknu ¨ pfung mittels digitaler Schaltungen Die Funktionen digitaler Ger¨ate basieren im Wesentlichen auf dem Zusammenwirken digitaler Grundschaltungen, die auch als Gatterschaltungen bezeichnet werden. Diese Gatterschaltungen f¨ uhren die logische Verkn¨ upfung von Bin¨ arsignalen durch. In Kap. 11.2.1 sollen zun¨achst einige wichtige mathematische Grundregeln beschrieben werden, welche die Verkn¨ upfung von logischen Variablen beinhalten, bevor anschließend die digitalen Grundschaltungen selbst erkl¨art werden (Kap. 11.2.2). In Abschnitt 11.2.3 wird schließlich eine komplexere, aus mehreren logischen Grundschaltungen zusammengesetzte Schaltung beschrieben. 11.2.1 Grundregeln bei der logischen Verkn¨ upfung bin¨ arer Signale Die Grundlage der Mathematik von logischen Variablen bildet die Boolesche Algebra [196]. Die drei grundlegenden Verkn¨ upfungen zwischen zwei logischen Variablen (x1 und x2 ) zu einem Ergebnis y sind die Negation, die Konjunktion und die Disjunktion: Negation (NICHT-Verkn¨ upfung) y = x¯
(11.3)
Konjunktion (UND-Verkn¨ upfung) y = x1 ∧ x2 = x1 · x2 = x1 x2
(11.4)
314
11 Digitale Messtechnik
Disjunktion (ODER-Verkn¨ upfung) y = x1 ∨ x2 = x1 + x2 .
(11.5)
Die hardwarem¨aßigen Implementierungen obiger Verkn¨ upfungen erfolgen mit den in Kap. 11.2.2 beschriebenen Gatterschaltungen NICHT-Gatter, UNDGatter und ODER-Gatter. F¨ ur diese Grundrechenoperationen gelten eine Reihe von Gesetzen, wie die aus der Algebra reeller Zahlen bekannten Gesetze Kommutativ-Gesetz, Assoziativ-Gesetz und Distributiv-Gesetz. Besondere Formen nehmen im Falle von bin¨aren Variablen die folgenden Gesetze an: Negationsgesetz
x¯ x=0
x+x ¯=1
Tautologie
x+x=x
xx = x
Absorptionsgesetz
x1 (x1 + x2 ) = x1
x1 + x1 x2 = x1
Morgansches Gesetz
x1 x2 = x ¯1 + x ¯2
x1 + x2 = x ¯1 x¯2 .
11.2.2 Digitale Grundschaltungen (Gatterschaltungen) Im Folgenden werden die wichtigsten digitalen Grundschaltungen beschrieben, und zwar f¨ ur den Fall von zwei logischen Eingangsvariablen x1 und x2 . Das jeweilige Ergebnis bzw. das Ausgangssignal wird mit y bezeichnet. Die Gatterschaltungen werden jeweils sowohl mit dem fr¨ uher u ¨ blichen Schaltzeichen als auch in Form des eckigen Schaltzeichens dargestellt, das der heutigen Norm [43] entspricht. NICHT-Gatter (NOT-Gatter) Das NICHT-Gatter liefert am Ausgang das negierte Eingangssignal (Abb. 11.1). Der kleine Kreis, der am Ausgang des Schaltsymbols eingezeichnet ist, deutet in der Digitaltechnik stets darauf hin, dass das Bin¨arsignal bzw. die logische Variable an dieser Stelle negiert (invertiert) wird. y = x¯ xy 0 1 1 0
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
315
Abb. 11.1. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NICHT-Gatter (fr¨ uher gebr¨ auchliche Form und normgerechte Darstellung)
UND-Gatter (AND-Gatter) Mit dem UND-Gatter wird die Konjunktion realisiert, d. h. sein Ausgangssignal ist nur dann 1 , wenn alle Eing¨ange auf 1 gesetzt sind (Abb. 11.2). y = x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 0 0 1
Abb. 11.2. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das UND-Gatter
NAND-Gatter Das NAND-Gatter entspricht dem UND-Gatter mit negiertem Ausgangssignal (Abb. 11.3). y = x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
1 1 1 0
Abb. 11.3. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NAND-Gatter
316
11 Digitale Messtechnik
ODER-Gatter (OR-Gatter) Mit dem ODER-Gatter wird die Disjunktion realisiert, d. h. sein Ausgang ist dann 1 , wenn mindestens eine der Eingangsvariablen den Wert 1 aufweist (Abb. 11.4). y = x1 + x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 1
Abb. 11.4. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das ODER-Gatter
NOR-Gatter Das NOR-Gatter entspricht der ODER-Schaltung mit negiertem Ausgangssignal (Abb. 11.5). y = x1 + x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 0 0 1 0
Abb. 11.5. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das NOR-Gatter
11.2 Bin¨ are Signale und ihre Verkn¨ upfung
317
EXOR-Gatter (Antivalenz-Gatter, Exklusiv-Oder-Gatter) Das Ausgangssignal des EXOR-Gatters ist 1 , wenn genau eine Eingangsvariable den Wert 1 hat (Abb. 11.6). Diese auch als Antivalenz-Gatter bezeichnete Schaltung liefert also nur dann eine 1 am Ausgang, wenn die beiden Eingangsvariablen ungleiche bin¨are Wertigkeit aufweisen. y=x ¯1 x2 + x1 x¯2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 0
Abb. 11.6. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das EXOR-Gatter
¨ Aquivalenz-Gatter ¨ Der Ausgang des Aquivalenz-Gatters wird auf 1 gesetzt, wenn die Eingangs¨ signale dieselbe bin¨are Wertigkeit haben. Die Aquivalenz entspricht also der negierten Antivalenz (Abb. 11.7). y=x ¯1 x ¯2 + x1 x2 x1 x2 y 0 0 1 1
0 1 0 1
1 0 0 1
¨ Abb. 11.7. Wahrheitstabelle und Schaltsymbole f¨ ur das Aquivalenz-Gatter
318
11 Digitale Messtechnik
11.2.3 Digitale Addierer Halbaddierer Die Addition von zwei einstelligen Dualzahlen kann in zwei verschiedenen ¨ Ergebnis- sowie zwei unterschiedlichen Ubertragswerten resultieren (Tab. 11.2). Der entsprechende Addierer muss also einen Summenausgang s sowie einen ¨ Ubertragsausgang c besitzen. Die hardwarem¨aßige Implementierung der daTabelle 11.2. Addition zweier einstelliger Dualzahlen ¨ x + y = Summe s Ubertrag c 0 0 1 1
0 1 0 1
0 1 1 0
0 0 0 1
zugeh¨ origen Wahrheitstabelle (Tab. 11.2) enth¨alt ein Antivalenz- und ein UND-Gatter. Die entsprechende Schaltung (Abb. 11.8) wird als Halbaddierer bezeichnet, da sie nur f¨ ur die Addition der niedrigsten Dualzahlenstelle ¨ eingesetzt werden kann. Bei allen anderen Stellen muss der Ubertrag von der n¨ achstniedrigeren Stelle ebenfalls Ber¨ ucksichtigung finden.
Abb. 11.8. Halbaddierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol
Tabelle 11.3. Wahrheitstabelle des dualen Volladdierers xi yi ci si ci+1 0 0 0 0 1 1 1 1
0 0 1 1 0 0 1 1
0 1 0 1 0 1 0 1
0 1 1 0 1 0 0 1
0 0 0 1 0 1 1 1
11.3 Bistabile Kippschaltungen
319
Volladdierer ¨ Zur Ber¨ ucksichtigung des Ubertragswertes ci muss die Wahrheitstabelle (Tab. 11.2) entsprechend modifiziert werden (Tab. 11.3). Abbildung 11.9 zeigt das
Abb. 11.9. Volladdierer: a) Schaltung, b) Schaltsymbol
aus dieser modifizierten Wahrheitstabelle nach den Regeln der Booleschen Algebra abgeleitete Schaltbild des Volladdierers. Ein aus einem Halbaddierer und drei Volladdierern zusammengesetzter 4-Bit-Volladdierer ist in Abb. 11.10 dargestellt.
¨ Abb. 11.10. 4-Bit-Volladdierer mit seriellem Ubertrag
11.3 Bistabile Kippschaltungen Bei den bistabilen Kippschaltungen, die auch Flip-Flop-Schaltungen genannt werden, h¨ angt das Ausgangssignal sowohl von den Eingangssignalen als auch dem jeweiligen, von der Vorgeschichte bestimmten Zustand der Schaltung ab. Im Gegensatz zu den in Kap. 11.2 behandelten kombinatorischen Schaltwerken zeigen demnach die bistabilen Kippschaltungen Speicherwirkung. Der Begriff der Bistabilit¨at sagt aus, dass die Schaltung zwei stabile Zust¨ande kennt, die durch ein Setz-Signal bzw. ein R¨ ucksetz-Signal erreicht werden.
320
11 Digitale Messtechnik
11.3.1 RS-Flip-Flop Die bekannteste bistabile Kippschaltung ist das asynchrone RS-Flip-Flop (nicht-taktgesteuertes RS-Flip-Flop), dessen Realisierung mit Hilfe von zwei r¨ uckgekoppelten NOR-Gattern erfolgen kann (Abb. 11.11). Durch die Signalkombination S = 1 und R = 0 wird das Flip-Flop gesetzt, d. h. der Ausgang Q nimmt den Wert 1 an. Die Schaltung f¨ uhrt dabei folgende logische Operationen durch Q = S+Q=1+Q=0
(11.6)
Q = R+Q=0+0=1.
(11.7)
¯ Abb. 11.11. RS-Flip-Flop (R: Reset-Eingang; S: Set-Eingang; Q: Ausgang; Q: invertierter Ausgang): a) Realisierung mit NOR-Gattern, b) Schaltsymbol, c) Zeitdiagramm
Mit der Eingangskombination S = 0 und R = 1 wird der Ausgang Q zur¨ uckgesetzt (Q = 0). Die Ergebnisse der u ¨ brigen Eingangssignalkombinationen finden sich in Tab. 11.4. Eine alternative Implementierung des RS-Flip-Flops ergibt sich, indem man die NOR- durch NAND-Gatter ersetzt. Dabei ist zu beachten, dass die Eing¨ange des Flip-Flops nunmehr invertiert und die Zu¯ vertauscht sind (Abb. 11.12). Die Aquivalenz ¨ ordnung der Ausg¨ange Q und Q Tabelle 11.4. Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NOR-Gattern realisierten RS-Flip-Flops; (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops) SRQ
Q
0 1 0 1
Qn−1 0 1 *
0 0 1 1
Qn−1 1 0 *
speichern setzen r¨ ucksetzen nicht erlaubt
11.3 Bistabile Kippschaltungen
321
Abb. 11.12. Realisierung eines RS-Flip-Flops mit NAND-Gattern
der Schaltungen folgt auch aus dem Morganschen Gesetz, das zwei logische Variablen x1 und x2 nach den Regeln eines NOR- bzw. NAND-Gatters verkn¨ upft x1 + x2 = x ¯1 x ¯2 . (11.8) Die oben beschriebenen Kippschaltungen geh¨oren zu der Klasse der transparenten Flip-Flops, zu denen auch die im Folgenden beschriebenen taktzustandgesteuerten und taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops z¨ahlen. 11.3.2 Taktzustandgesteuertes RS-Flip-Flop Das taktzustandgesteuerte RS-Flip-Flop, das auch statisch getaktetes RSFlip-Flop genannt wird, reagiert auf Eingangssignale nur dann, wenn die statische Taktvariable (Clock) C = 1 gesetzt wird (Abb. 11.13). Es entspricht dann einem normalen RS-Flip-Flop. F¨ ur C = 0 hingegen speichert das FlipFlop gem¨ aß der Wahrheitstabelle (Tab. 11.5) den alten Zustand, da in diesem ¯ = S¯ = 1 gilt. Fall R
Abb. 11.13. Taktzustandgesteuertes (statisch getaktetes) RS-Flip-Flop: a) Schaltungstechnische Realisierung auf der Basis von NAND-Gattern (Die Schaltung innerhalb des gestrichelten Rahmens entspricht einem RS-Flip-Flop mit negiertem Eingangssignal in NAND-Realisierung gem¨ aß Abb. 11.12.), b) Schaltsymbol
322
11 Digitale Messtechnik
Tabelle 11.5. Wahrheitstabelle eines auf der Basis von NAND-Gattern realisierten RS-Flip-Flops (* je nach Innenschaltung des RS-Flip-Flops) SRQ
Q
1 0 1 0
¯ n−1 Q 0 setzen 1 r¨ ucksetzen * nicht erlaubt
1 1 0 0
Qn−1 1 0 *
11.3.3 Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop ¨ Das taktflankengesteuerte RS-Flip-Flop zeigt Anderungen am Ausgang erst bei einer Flanke des Taktsignals. Das R- und S-Signal bereiten gem¨aß der Wahrheitstabelle 11.4 das Flip-Flop zum Setzen, R¨ ucksetzen bzw. Speichern vor, jedoch erst bei einem Wechsel des Taktsignals von 0 auf 1 (ansteigende Taktflanke) bzw. von 1 auf 0 (abfallende Taktflanke) f¨ uhrt das Flip-Flop die logische Operation durch. Abbildung 11.14 zeigt die Schaltsymbole des taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops f¨ ur beide Varianten, also f¨ ur ansteigende Taktflanken (Abb. 11.14a) und abfallende Taktflanken (Abb. 11.14b). Das Zeitdiagramm (Abb. 11.14c) gilt f¨ ur die Version, die auf die ansteigende Taktflanke reagiert.
Abb. 11.14. Taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop: a) Schaltsymbol f¨ ur ansteigende Taktflanke, b) Schaltsymbol f¨ ur abfallende Taktflanke, c) Zeitdiagramm f¨ ur die Version mit ansteigender Taktflanke: tS1 Setzvorgang vorbereitet, tS2 Setzvorgang ucksetzvorgang vorbereitet, tR2 R¨ ucksetzvorgang durchgef¨ uhrt. durchgef¨ uhrt, tR1 R¨
11.3.4 Taktzustandgesteuertes D-Flip-Flop (Data-Latch) Das taktzustandgesteuerte D-Flip-Flop ist in der Lage, den Wert einer logischen Eingangsvariablen D zu speichern. Die entsprechende Schaltung wird mit Hilfe eines taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flops realisiert, bei dem eine ¯ vorgenommen wird. Zus¨atzlich zu dem Verdrahtung gem¨aß S = D und R = D
11.3 Bistabile Kippschaltungen
323
Abb. 11.15. Taktzustandgesteuertes (transparentes) D-Flip-Flop (Data-Latch): a) Schaltungstechnische Realisierung. Die innerhalb des gestrichelten Rahmens befindliche Schaltung entspricht einem taktzustandgesteuerten RS-Flip-Flop. b) Schaltsymbol
RS-Flip-Flop wird noch ein Inverter ben¨otigt (Abb. 11.15 ). Wenn die statische Taktvariable C = 1 gesetzt wird, erscheint der Wert von D am Ausgang Q. Man spricht daher auch von einem transparenten D-Flip-Flop. Tabelle 11.6. Wahrheitstabelle eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops C D Qn 0 0 1 1
0 1 0 1
Qn−1 Qn−1 0 1
F¨ ur C = 0 hingegen wird der Wert des Ausgangs Q gespeichert (Qn = Qn−1 ) (Tab. 11.6). Die so aufgebaute Schaltung wird auch als Data-Latch bezeichnet. Abbildung 11.16 zeigt eine aus nur vier Gattern bestehende schaltungstechnische Realisierung des taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops.
Abb. 11.16. 4-Gatter-Realisierung eines taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops
324
11 Digitale Messtechnik
11.3.5 Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop Beim taktflankengesteuerten D-Flip-Flop wird der Zustand des Eingangs D mit der n¨ achsten Taktflanke auf den Ausgang Q u ¨bertragen. Damit ergibt sich die Ergebnisvariable Qn im n-ten Taktzyklus aus der Eingangsvariablen Dn−1 des vorhergehenden Taktzyklusses Qn = Dn−1 .
(11.9)
Die entsprechende Schaltung l¨asst sich analog zum taktzustandgesteuerten D-Flip-Flop mit Hilfe eines taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines Inverters realisieren (Abb. 11.17). Es handelt sich hierbei um ein taktflankengesteuertes RS-Flip-Flop, bei dem, wie auch bereits bei der Schaltung des taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops, der undefinierte Zustand R = S = 1 durch die Verkopplung von R- und S-Eingang u ¨ ber ein NICHT-Gatter verhindert wird. Das Signal D = 1 f¨ uhrt zum Setzen des Q-Ausgangs, w¨ahrend das Signal D = 0 das eindeutige R¨ ucksetzen bewirkt. Mit Hilfe der nach außen gef¨ uhrten S- und R-Eing¨ange (Abb. 11.17b) l¨asst sich wiederum ein eindeutig definierter Anfangszustand herstellen. Ein solches flankengetriggertes D-
Abb. 11.17. Taktflankengesteuertes D-Flip-Flop: a) Realisierung mit Hilfe eines taktflankengesteuerten RS-Flip-Flops und eines Inverters, b) Schaltsymbol
Flip-Flop l¨ asst sich auch in Form einer Hintereinanderschaltung von zwei mit komplement¨aren Taktsignalen belegten taktzustandgesteuerten D-Flip-Flops implementieren (Abb. 11.18). Das in der Reihenfolge erste Flip-Flop wird als Master-, das zweite als Slave-Flip-Flop bezeichnet. W¨ahrend einer negativen ¨ Taktflanke (Ubergang des Taktsignals C von 1 auf 0 ) wird der Zustand von D auf den Ausgang Q1 geschaltet, d. h. das Master-Flip-Flop u ¨ bernimmt den ¨ Zustand von D. Mit der darauffolgenden positiven Taktflanke (Ubergang des Taktsignals C von 0 auf 1 ) wird der Ausgang Q1 (nun gleicher Zustand wie Eingang D) des Master-Flip-Flops u ¨ ber das Slave-Flip-Flop auf den Ausgang Q geschaltet, der damit denselben Zustand wie der Eingang D2 des SlaveFlip-Flops erh¨alt (Q = D2 ). Damit ist der Zustand des Ausgangs Q nach dem Taktflankenanstieg mit dem Zustand des Eingangs D davor identisch, was schließlich Gl. (11.9) entspricht.
11.3 Bistabile Kippschaltungen
325
Abb. 11.18. Realisierung eines taktflankengesteuerten D-Flip-Flops durch eine Master-Slave-Anordnung, die aus einer Hintereinanderschaltung von zwei taktzustandgesteuerten Flip-Flops mit komplement¨ aren Takteing¨ angen besteht.
11.3.6 Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop Das taktflankengesteuerte JK-Flip-Flop entspricht einem RS-Flip-Flop, bei dem beide Eing¨ange gesetzt sein d¨ urfen. Erreicht wird dieses durch eine R¨ uck¯ kopplung der Q- und Q-Ausg¨ ange u ¨ ber zwei UND-Gatter auf den Eingang des RS-Flip-Flops, das bei einer fallenden Taktflanke schaltet (Abb. 11.19a). Die freien Eing¨ ange der UND-Gatter bilden dabei den J- bzw. den K-Eingang. Die Signalkombination J = 1 und K = 0 setzt den Q-Ausgang auf Q = 1, w¨ ahrend ihn die Kombination J = 0 und K = 1 zur¨ ucksetzt. Die Eingangssignalkombination J = K = 1 bewirkt die Invertierung (Negierung) des aktuellen Zustandes (Tab. 11.7).
Abb. 11.19. Taktflankengesteuertes JK-Flip-Flop: a) Prinzipieller Aufbau, b) Schaltsymbol, c) Zeitdiagramm
326
11 Digitale Messtechnik Tabelle 11.7. Wahrheitstabelle eines JK-Flip-Flops J K Qn 0 1 0 1
0 0 1 1
Qn−1 1 0 Qn−1
speichern setzen r¨ ucksetzen invertieren
11.3.7 Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop) Wenn man bei einem taktflankengesteuerten JK-Flip-Flop den J- mit dem KEingang verbindet, erh¨alt man das taktflankengesteuerte T-Flip-Flop (T-Speicherglied), das auch als Toggle-Flip-Flop bezeichnet wird. Die entsprechende Wahrheitstabelle (Tab. 11.8) l¨asst sich anhand derjenigen f¨ ur das Tabelle 11.8. Wahrheitstabelle eines taktflankengesteuerten T-Flip-Flops T Qn 0 Qn−1 speichern 1 Qn−1 invertieren
JK-Flip-Flop ableiten, indem man beachtet, dass J = K geschaltet ist. Der Zustand der Ausgangsvariablen Q kann sich nur ¨andern, wenn ein 1 -Signal am T-Eingang anliegt. F¨ ur T = 1 invertiert dieses Flip-Flop nach jeder Taktflanke den Ausgang, d. h. es liefert am Ausgang Impulse mit der doppelten Periode des Taktsignals, was einer Halbierung der Eingangsfrequenz des Taktsignals entspricht (Abb. 11.20). Mit dieser Eigenschaft wird das T-Flip-Flop zu einem wichtigen Baustein in Digitalz¨ahlerschaltungen. Sowohl beim JKals auch beim T-Flip-Flop sind getrennte Setz- (S) und R¨ ucksetz-Eing¨ange (R) vorgesehen, mit deren Hilfe ein definierter Anfangszustand vorgegeben werden kann.
Abb. 11.20. Taktflankengesteuertes T-Flip-Flop (Toggle-Flip-Flop): a) Schaltsymbol f¨ ur invertierenden Taktflanken-Eingang, b) Zeitdiagramm
11.4 Monostabile Kippstufe
327
11.4 Monostabile Kippstufe Eine monostabile Kippstufe, die auch als Monoflop oder Univibrator bezeichnet wird, kennt im Unterschied zu den im Kap. 11.3 behandelten bistabilen Kippstufen nur einen einzigen stabilen Ausgangszustand. Monostabile Kippstufen haben die Aufgabe, bei einer ansteigenden oder abfallenden Taktflanke in ihrem Eingangssignal einen Rechteckpuls mit einer definierten Amplitude U0 sowie einer definierten zeitlichen L¨ange T0 als Ausgangssignal zu liefern. Eine Realisierungsm¨oglichkeit von Monoflop-Schaltungen basiert auf der in Abb. 11.21 gezeigten r¨ uckgekoppelten Gatterschaltung. Wenn die Eingangsspannung zun¨achst als Null angenommen wird (uE = 0), kann der sich daraus ergebende stabile Zustand nur in einer Ausgangsspannung uA = 0 resultieren, da nach einer bestimmten Zeit kein Kondensatorladestrom mehr durch den Widerstand fließt. Die Spannung u2 ist dann identisch +U0 , was definitionsgem¨ aß dem 1 -Pegel entspricht. Somit liegt der Ausgang des Invertierers und damit auch der zweite Eingang des NOR-Gatters auf 0 -Pegel. Im Falle eines am Eingang eintreffenden positiven Pulses schaltet das Eingangsgatter entsprechend seiner NOR-Funktion auf 0 -Pegel am Ausgang. Da die am Kondensator anliegende Spannung (u2 − u1 ) nur mit der Zeitkonstanten τ = RC ansteigt (die Umladung des Kondensators erfolgt u ¨ber den Widerstand R), wird erst nach einer Zeit T0 der stabile Grundzustand wieder erreicht. Solange aber die Umladung des Kondensators erfolgt, liegt u2 unterhalb der Schaltschwelle des Invertierers und die Ausgangsspannung uA auf hohem Potential
Abb. 11.21. Monostabile Kippstufe: a) Schaltungsvariante mit Standardgattern, b) Signalverlauf, c) Schaltsymbol f¨ ur ansteigende und abfallende Flanke
328
11 Digitale Messtechnik
( 1 -Pegel). Die Zeit T0 wird von der Zeitkonstanten τ in Verbindung mit der Schaltschwelle des Invertierers festgelegt. Mit Hilfe der in Abb. 11.22 gezeigten Monoflop-Realisierung auf der Basis von D-Flip-Flops ist es m¨oglich, einen taktsynchronen Ausgangspuls zu generieren. Die Dauer des Ausgangspulses entspricht dabei genau der Dauer einer Periode des Referenztaktes. Das erste D-Flip-Flop schaltet n¨amlich seinen Ausgang auf Q1 = 1, wenn bei einer positiven Flanke im Taktsignal uE auf 1 -Pegel liegt. Gleichzeitig wird u ¨ ber Q1 das zweite D-Flip-Flop aktiviert, sodass mit der n¨achsten positiven Taktflanke sein invertierter Ausgang auf Q2 = 0 schaltet. Daraufhin sperrt“ das UND-Gatter und die Ausgangsspan” nung uA f¨ allt wieder auf uA = 0 ab. Die Schaltung reagiert erst wieder auf einen positiven Impuls am Eingang, wenn die Eingangsspannung uE vorher mindestens f¨ ur die Zeit einer Taktperiode gleich Null war. Bei dieser Realisierungsvariante ist allerdings zu beachten, dass kurze Triggerpulse in uE , die nicht von einer positiven Taktflanke erfasst werden, keine Ausl¨osung des Monoflops bewirken.
Abb. 11.22. Realisierung einer monostabilen Kippstufe auf der Basis von taktflankengesteuerten D-Flip-Flops
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen Jede Z¨ ahlung bedeutet eine Summation, wobei bei Eintreten eines zu z¨ahlenden Ereignisses der Z¨ahlerstand jeweils um den Betrag 1 in positiver (Vorw¨artsz¨ ahlung) bzw. in negativer Richtung (R¨ uckw¨artsz¨ahlung) ver¨andert wird. Ein
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen
329
Z¨ ahler ist demnach ein Speicher, dessen Speicherpl¨atze entsprechend dem vorgesehenen Zahlencode, z. B. dem Dualzahlencode oder dem BCD-Code, besetzt werden. Diese Speicherelemente m¨ ussen definierte stabile Zust¨ande haben. Die wesentliche Eigenschaft einer Z¨ahlerschaltung besteht darin, dass ihre in einem vereinbarten Zahlencode vorliegende Ausgangsgr¨oße der Anzahl der am Eingang eingetroffenen Z¨ahlerereignisse entspricht. Diese Einzelereignisse m¨ ussen in eindeutig trennbarer Form vorliegen. Es sind dies i.Allg. ansteigende ¨ bzw. abfallende Flanken von elektrischen Pulsen oder auch das Uberoder Unterschreiten von Signalschwellwerten, insbesondere die Nulldurchg¨ange von Signalspannungen. Die Schaltsymbole f¨ ur Vorw¨arts-, R¨ uckw¨arts- und den kombinierten Vorw¨arts-R¨ uckw¨artsz¨ahler werden in Abb. 11.23 gezeigt.
Abb. 11.23. Schaltsymbole f¨ ur Z¨ ahler: a) Vorw¨ artsz¨ ahler, b) R¨ uckw¨ artsz¨ ahler, c) Vorw¨ arts-R¨ uckw¨ arts-Z¨ ahler mit umschaltbarer Z¨ ahlrichtung: ZR = 1: Z¨ ahlrichtung vorw¨ arts, ZR = 0: Z¨ ahlrichtung r¨ uckw¨ arts
11.5.1 Dualz¨ ahler Asynchroner Dualz¨ ahler Die einfachsten elektronischen Z¨ahler sind Dualz¨ahler, also Z¨ahler, deren Z¨ ahlerstand in Form einer Dualzahl codiert ist. Der asynchrone Dualz¨ahler kann in Form hintereinandergeschalteter T-Flip-Flops aufgebaut werden (Abb. 11.24), deren T-Eing¨ange alle auf 1 gesetzt sind und deren Takteing¨ange mit dem Q-Ausgang des jeweils vorhergehenden T-Flip-Flops verbunden wurden. Wie bereits in Kap. 11.3.7 erl¨autert, untersetzt jedes dieser T-FlipFlops die Frequenz des vorhergehenden im Verh¨altnis 2:1. Um die Summe der Taktimpulse zu erhalten, m¨ ussen nur die Ausg¨ange der Flip-Flops als Dualzahl interpretiert werden. Die Wertigkeit der n-ten Stufe betr¨agt Qn = 2n . ¨ Uber die Reset-Leitung, die mit R bezeichnet ist, kann der Z¨ahler auf Null gesetzt werden. Der gr¨ oßte Nachteil der asynchron arbeitenden Z¨ahler besteht darin, dass der Ausgangszustand Qn der n-ten Stufe erst nach dem Umschalten (Kippen) aller (n − 1) vorhergehenden Stufen erreicht wird, was zur Folge haben kann, dass die Z¨ahlpulse so schnell eintreffen, dass die Flip-Flops der h¨oherwertigen Stufen nicht mehr rechtzeitig schalten. Dann entspricht der aktuelle Z¨ ahlerstand nicht mehr der Anzahl der bereits eingetretenen Z¨ahlereignisse.
330
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.24. Asynchroner Vorw¨ arts-Dualz¨ ahler: a) Schaltung auf der Basis von Toggle-Flip-Flops, b) Zeitdiagramm
Synchroner Dualz¨ ahler W¨ ahrend beim asynchronen Dualz¨ahler nur das erste Flip-Flop vom Takt gesteuert wird und dadurch die eben beschriebenen Verz¨ogerungen auftreten, ist beim synchronen Dualz¨ahler ein gleichzeitiges und damit schnelleres Schalten der Flip-Flops durch einen gemeinsamen Takt gew¨ahrleistet (Abb. 11.25). Die Bedingung, dass ein in einem Dualz¨ahler enthaltenes Flip-Flop nur kippen darf, wenn alle niederwertigen Flip-Flops auf 1 gesetzt sind, wird mit Hilfe der UND-Gatter erreicht. Diese werten die niederwertigen Ausg¨ange Q0 . . . QN−1 aus und geben des Ergebnis auf den T-Eingang der n-ten Stufe, welche dann wiederum bei der n¨achsten Taktflanke den Zustand wechselt. Es ist zu erw¨ ahnen, dass die bei realen Flip-Flops auftretenden Verz¨ogerungszeiten zwischen Eintreffen der Taktflanke und dem Einstellen des entsprechenden Ergebniswertes am Ausgang daf¨ ur sorgen, dass keine undefinierten Schaltzust¨ ande auftreten.
Abb. 11.25. Schaltung eines synchronen Dualz¨ ahlers
11.5 Z¨ ahler-Schaltungen
331
11.5.2 BCD-Z¨ ahler Asynchroner BCD-Z¨ ahler Aus einem vierstelligen Dualz¨ahler kann man einen BCD-Z¨ahler aufbauen, ¨ wenn die vierstelligen Dualz¨ahler nach jeder 10. Taktflanke einen Ubertrag generieren und den Z¨ahler wieder auf 0000 setzen. Der in bin¨arer Form vorliegende Z¨ ahlerstand kann dann nach einer Dekodierung als Dezimalzahl ausgegeben werden. Mit BCD-Z¨ahlern ist die Anzeige in Form von Dezimalzahlen einfacher zu bewerkstelligen als mit reinen Dualz¨ahlern, da sich jede Dekade f¨ ur sich dekodieren l¨asst. Abbildung 11.26 zeigt eine prinzipielle Realisie-
Abb. 11.26. Prinzipschaltbild eines asynchronen BCD-Z¨ ahlers
rungsm¨ oglichkeit f¨ ur einen asynchronen Vorw¨arts-BCD-Z¨ahler. Dieser Aufbau unterscheidet sich vom asynchronen Dualz¨ ahler (Abb. 11.24) durch die Hinzunahme von zwei UND- und einem ODER-Gatter. Das UND-Gatter zwischen dem 1. und dem 2. T-Flip-Flop bewirkt, dass Q1 mit der 10. Taktflanke nicht gesetzt wird, solange Q3 = 1 ist. Dies ist eine Forderung, die sich unmittelbar aus dem entsprechenden Zeitdiagramm (Abb. 11.27) ablesen l¨asst. Das zweite UND-Gatter erreicht in Verbindung mit dem ODER-Gatter, dass Q3 nach der 10. Taktflanke wieder auf 0 geht, was ebenfalls nach dem Zeitdiagramm gefordert wird. Takt
1 2 3 4 5 6 7 8 9 1011
Q0
t
Q1
t
Q2
t
Q3
t 0 123 456 7 89 0 1
t
Abb. 11.27. Zeitdiagramm eines BCD-Z¨ ahlers
332
11 Digitale Messtechnik
Synchroner BCD-Z¨ ahler Der synchrone BCD-Z¨ahler weist im Vergleich zu der asynchronen Ausf¨ uhrung den Vorteil auf, dass er h¨ohere Z¨ahlfrequenzen gestattet. Abbildung 11.28 zeigt den prinzipiellen Aufbau eines synchronen BCD-Z¨ahlers. Das UND-Gatter zwischen dem 1. und 2. Flip-Flop bewirkt wiederum, dass Q1 mit der 10. Taktflanke nicht gesetzt wird. Die beiden weiteren UND-Gatter wirken in ahnlicher Weise wie die entsprechenden im synchronen Dualz¨ahler. Um zu ¨ erreichen, dass die 4. Kippstufe nach der 10. Taktflanke zur¨ uckgesetzt wird, ist diese als JK-Flip-Flop ausgef¨ uhrt. Der J-Eingang entspricht J = Q0 ·Q1 ·Q3 und der K-Eingang ist mit Q0 verbunden. Damit wird erreicht, dass vor der 10. Flanke J = 0 und K = 1 werden, woraufhin mit der 10. Taktflanke Q3 wieder ¨ zur¨ uckgesetzt wird. Der damit am Ausgang Q3 entstehende Ubergang von 1 ¨ auf 0 kann der Erzeugung eines Ubertragssignals f¨ ur die n¨achste Z¨ahldekade dienen.
Abb. 11.28. Prinzipschaltbild eines synchronen BCD-Z¨ ahlers
11.6 Digital-Analog-Umsetzung 11.6.1 Grundlagen und Kenngr¨ oßen Eine h¨ aufig gestellte Aufgabe der Elektrischen Messtechnik besteht darin, in digitaler Form codierte Messsignale wieder in analoge Spannungswerte zur¨ uckzuwandeln. Dazu bedient man sich der Digital-Analog-Umsetzer (DAU), die auch als Digital-Analog-Converter (DAC) bezeichnet werden. Abbildung 11.29 soll das Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung veranschaulichen. Im Folgenden wird angenommen, dass der Digitalwert Z mit einer Aufl¨osung von N Bit als Dualzahl im Dualcode vorliegt und in paralleler Form (1 Bit pro Datenleitung) zur Verf¨ ugung steht. Weiterhin werden nur unipolare Digital-Analog-Umsetzer betrachtet, d. h. solche, die nur positive Zahlen im Bereich
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
333
Abb. 11.29. Prinzip der Digital-Analog-Umsetzung. Der Digitalwert Z wird in das Eingangsregister geschrieben und vom eigentlichen Digital-Analog-Converter (DAC) in die entsprechende Analogspannung uA (t) umgesetzt, welche wiederum von einem Ausgangsverst¨ arker ausgegeben wird.
0 ≤ Z ≤ Zmax = 2N − 1
(11.10)
verarbeiten k¨onnen, wobei die Dualzahl Zdual = zN−1 . . . z1 z0 durch ihre N Bin¨ arstellen zi festgelegt wird Z = zN−1 2N −1 + . . . + z2 22 + z1 21 + z0 20 .
(11.11)
Diese am Eingang des DAC anstehende N-Bit-Dualzahl wird zun¨achst in ein Eingangsregister u ¨bernommen und bei der n¨achstfolgenden Flanke des Taktsignals in ihren entsprechenden Analogwert umgesetzt (Abb. 11.29). Die aus der Quantisierung resultierende Stufenbreite ULSB entspricht der Differenz im analogen Ausgangssignal zwischen zwei aufeinanderfolgenden Digitalwerten ULSB =
UAmax , 2N
(11.12)
wobei UAmax die maximal m¨ogliche Ausgangsspannung des Digital-AnalogUmsetzers bezeichnet. Diese Stufenbreite entspricht auch dem zum niedrigstwertigen Bit geh¨orenden Analogwert. Das niedrigstwertige Bit wird auch als Least Significant Bit (LSB) bezeichnet. Die aus K Punktwerten bestehende ¨ Ubertragungskennlinie eines idealen unipolaren Digital-Analog-Umsetzers ist in Abb. 11.30 dargestellt. Dabei ist K die Anzahl der diskreten Kennlinienpunkte, die sich aus der Bitanzahl N des Digital-Analog-Umsetzers ergibt K = 2N .
(11.13)
Die analoge Ausgangsspannung uA des Digital-Analog-Converters liegt im Intervall
334
11 Digitale Messtechnik Analogspannung u A 7 U Amax 8
U Amax 2 U Amax 4 U Amax 8 000 001 010 011 100 101 110 111 Digitalwert Z
¨ Abb. 11.30. Ubertragungskennlinie eines idealen unipolaren 3-Bit-Digital-AnalogUmsetzers (ULSB = UAmax /8).
0 ≤ uA ≤ ULSB (2N − 1) = UAmax
2N − 1 = UAmax (1 − 2−N ) . 2N
(11.14)
Weitere wichtige Kenngr¨oßen eines Digital-Analog-Umsetzers sind die Konversionsrate (wird teilweise auch als Umsetz- bzw. Wandlungsrate bezeichnet) und Konversionszeit (Umsetzzeit bzw. Wandlungszeit). Die Konversionsrate gibt an, wieviele Digitalwerte pro Zeiteinheit in analoge Werte umgesetzt werden k¨ onnen. Die Konversionszeit entspricht im Normalfall dem Reziprokwert der Konversionsrate. 11.6.2 Schaltungstechnische Realisierungen von Digital-Analog-Umsetzern Summation gewichteter Spannungen bzw. Str¨ ome In Abb. 11.31 sind zwei prinzipielle Schaltungsvarianten f¨ ur Digital-AnalogUmsetzer dargestellt. Der in Abb. 11.31a gezeigte Umsetzer enth¨alt einen u/i-Verst¨ arker, der f¨ ur eine konstante Eingangsspannung Uref den konstanten Ausgangsstrom Iref = Uref /Rref liefert. Wenn die parallel zu den ohmschen Widerst¨ anden Ri liegenden Schalter Si von einem Digitalwort Z so gesteuert werden, dass sie bei Anliegen einer digitalen 1 ¨offnen (Si (zi = 1) = 1) und bei einer digitalen 0 geschlossen bleiben (Si (zi = 0) = 0), gilt f¨ ur die Ausgangsspannung uA = Iref
N −1 i=0
Si Ri =
N −1 Uref Si Ri , Rref i=0
(11.15)
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
335
Abb. 11.31. Prinzipielle Schaltungen von Digital-Analog-Umsetzern mit N -BitAufl¨ osung: a) Variante mit u/i - Verst¨ arker, b) Variante mit i/u - Verst¨ arker
wobei die Widerst¨ande Ri bin¨ar gewichtet sind Ri = 2i R
i = 0, 1, ..., N − 1 .
(11.16)
In der in Abb. 11.31b gezeigten Schaltungsvariante wird ein i/u-Verst¨arker eingesetzt, der als invertierender Summierer betrieben wird. Im Gegensatz zur vorher beschriebenen Schaltungsvariante sind die Schalter Si bei einer digitalen 1 geschlossen (S¯i (zi = 1) = 1). F¨ ur die Ausgangsspannung uA gilt demnach N −1 1 uA = −Rref Uref , (11.17) S¯i R i i=0 wobei die Widerst¨ande Ri eine im Vergleich zu Gl. (11.16) reziproke bin¨are Gewichtung haben Ri =
R 2i
i = 0, 1, 2, ..., N − 1 ,
(11.18)
und S¯i = 1, wenn die i-te Bin¨arstelle gleich 1 ist, ansonsten S¯i = 0. Eine entsprechende auf Halbleiterschaltern basierende Realisierung wird in Abb. 11.32 gezeigt. Die Schaltung ist so dimensioniert, dass bei einer auf 1 gesetzten Bin¨arstelle zi (entspricht einer positiven Spannung im Bereich von UB , d. h. U (zi = 1) ≈ UB ) der entsprechende Transistor ¨offnet und sein
336
11 Digitale Messtechnik
Kollektorstrom, der vom Widerstand R/2i bestimmt wird, u ¨ ber den Sum” mationswiderstand“ Rref fließt. Damit ist eine Summation gem¨aß Gl. (11.17) gegeben. Die an den Widerst¨anden R/2i anliegende Spannung betr¨agt Uref , da die Diodenschwellenspannung UD ungef¨ahr der negativen Basis-EmitterSpannung UBE entspricht (UD ≈ −UBE ). Uref wird z. B. mit Hilfe einer Zenerdiode konstant gehalten.
Abb. 11.32. Realisierung eines 4-Bit-Digital-Analog-Umsetzers auf der Basis eines i/u-Verst¨ arkers
Bei solchen auf Widerstandsnetzwerken basierenden Digital-Analog-Umsetzern m¨ ussen allerdings sehr hohe Anforderungen an die Genauigkeit der in diesen Schaltungen eingesetzten Widerst¨ ande gestellt werden. Denn bei einem Digital-Analog-Umsetzer mit einer Aufl¨osung von N Bit ergibt sich der Zusammenhang zwischen der maximalen Ausgangsspannung uAmax und der Quantisierungsschrittweite ULSB zu uAmax = (2N − 1)ULSB .
(11.19)
Wenn der maximale absolute Fehler |ΔuA | der Ausgangsspannung uA kleiner als ULSB /2 bleiben soll (|ΔuA | ≤ ULSB /2), folgt aus der Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes f¨ ur systematische Fehler (Gl. (5.7)) auf Gl. (11.15) |ΔuA | =
N −1 −1 Uref N Uref ∂Ri 1 Si ΔRi = Si |ΔRi | < ULSB . Rref i=0 ∂Ri Rref i=0 2
(11.20)
Der Analogwert der ersten Quantisierungsstufe kann unter Beachtung von Gl. (11.15) und (11.16) als Funktion der Referenzspannung sowie der Widerstandswerte R und Rref ausgedr¨ uckt werden ULSB =
Uref R. Rref
(11.21)
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
337
Damit folgt aus Gl. (11.20) |ΔuA | =
N −1 Uref 1 Uref Si |ΔRi | < R. Rref i=0 2 Rref
(11.22)
Im Worst-Case sind alle Si offen (Si = 1), so dass folgende Bedingung eingehalten werden muss N −1 1 (11.23) |ΔRi | < R . 2 i=0 Wenn wir gleiche relative Fehler f¨ ur die einzelnen bin¨ar gewichteten Widerst¨ ande Ri annehmen, folgt aus Gl. (11.16) |ΔRi | = |ΔR| 2i .
(11.24)
Setzt man nun diesen Zusammenhang in Gl. (11.23) ein, erh¨alt man schließlich den aus der Forderung |ΔuA | ≤ ULSB /2 resultierenden maximal zul¨assigen relativen Fehler, den die Einzelwiderst¨ande Ri aus der Schaltung nach Abb. 11.31 haben d¨ urfen |ΔR|
N −1 i=0
bzw.
2i <
1 R 2
|ΔR| 1 < . R 2(2N − 1)
(11.25)
(11.26)
Diese Bedingung muss insbesondere bei dem Widerstand RN−1 , der f¨ ur das h¨ ochstwertige Bit, das sog. Most Significant Bit (MSB), zust¨andig ist, beachtet werden. Dieser Widerstand ist bez¨ uglich der Fehlertoleranzen der kritischste, weil er gem¨ aß Gl. (11.23) den gr¨oßten absoluten Fehler verursachen kann. F¨ ur einen 12-Bit-Umsetzer bedeutet dies, dass der Widerstand R11 mindestens folgende Genauigkeitsforderung erf¨ ullen muss |ΔR11 | 1 = 0, 00012 = ˆ 0, 012% . = R11 2(212 − 1)
(11.27)
Leiternetzwerk Der oben geschilderte Nachteil, dass Widerst¨ande, die in ihren Werten zum Teil um Gr¨ oßenordnungen auseinanderliegen, mit sehr geringen Toleranzen gefertigt werden m¨ ussen, l¨asst sich mit einem DAC auf der Basis eines R2R-Widerstandsnetzwerkes umgehen. Bei diesem meist verwendeten DACTyp wird die Gewichtung der Stufen durch Anwendung einer fortgesetzten Spannungs- bzw. Stromteilung mit Hilfe eines Leiternetzwerkes realisiert. Die entsprechende Schaltung, welche nur Widerst¨ande mit den Werten R und 2R
338
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.33. Digital-Analog-Umsetzer mit R-2R-Widerstandsnetzwerk: a) Prinzipschaltung mit Stromquellen, b) Ersatzschaltung zwischen den Knoten i und i+1 , wenn zi = 1 und alle anderen Schalter offen, c) Prinzipschaltung mit Spannungsquelle.
ben¨ otigt, wird in Abb. 11.33 gezeigt. Der Ersatzschaltung (Abb. 11.33b), welche die Verh¨altnisse zwischen zwei beliebigen Knoten i und i + 1 beschreibt, kann man entnehmen (Stromteilerregel) [102], dass das Gewichtungsverh¨altnis
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
339
der Str¨ ome Ii+1 und Ii stets den Wert 1/2 annimmt Ii+1 1 = . Ii 2
(11.28)
Dabei wurde angenommen, dass der zur i-ten Bin¨arstelle geh¨orende Schalter geschlossen ist, w¨ahrend alle anderen offen sind. Der Wert von 1/2 entspricht andererseits genau der geforderten bin¨aren Wertigkeit des Schalters Si . F¨ ur die Spannung ui erh¨alt man mit Iref = Ii + Ii+1 ui = Ii R =
2 Iref R . 3
(11.29)
Infolge der Spannungsteilung zwischen den Knoten i und i + 1 folgt 1 ui+1 = . ui 2
(11.30)
Die Ausgangsspannung uA ergibt sich mit Anwendung des Superpositionsprinzips zu N −1 2 uA = Iref R Si 2i−N +1 (11.31) 3 i=0 unter Beachtung der bin¨aren Gewichtung der Teilspannung ui . Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 11.33c wird anstatt der N Stromquellen eine Referenzspannungsquelle ben¨otigt. Infolge der fortgesetzten Spannungsteilung ergibt sich die Ausgangsspannung uA zu uA =
N −1 2 Uref Si 2i−N +1 . 3 i=0
(11.32)
11.6.3 Fehler bei der Digital-Analog-Umsetzung Statische Fehler Die statischen Fehler sollen anhand der Kennlinie uA (Z) eines 3-Bit-DigitalAnalog-Umsetzers (Abb. 11.34) dargestellt werden. In Abb. 11.34 sind neben den Kennlinienpunkten des idealen 3-Bit-Digital-Analog-Converters die des realen eingezeichnet. Durch die Punkte des realen DACs wird eine als Best” Straight-Line“ bezeichnete Bezugsgerade Ubest (Z) gelegt, welche garantiert, dass die maximale Abweichung zwischen der Punktfolge und der Geraden minimal wird. Diese Bezugsgerade weist gegen¨ uber der Sollkennlinie Uideal(Z) normalerweise einen Nullpunktfehler (Offset) sowie einen Steigungsfehler auf. Da sich diese beiden Fehler im Allgemeinen durch entsprechende Abgleichmaßnahmen auf relativ einfache Weise eliminieren lassen, sollen sie hier keine weitere Ber¨ ucksichtigung finden. Die verbleibenden Fehler sind die Abweichungen der Kennlinienpunkte von der Bezugsgeraden. Der entsprechende absolute Fehler
340
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.34. Statische Fehler eines Digital-Analog-Umsetzers. Kennlinien von idealem und realem Digital-Analog-Umsetzer. Ubest ergibt sich als Best-Straight-Line durch die realen Kennlinienpunkte.
FNLint (Z) = uA (Z) − Ubest (Z)
(11.33)
uA (Z) − Ubest (Z) Ubest (Zmax )
(11.34)
bzw. relative Fehler fNLint (Z) =
wird als integrale Nichtlinearit¨at bezeichnet (Abb. 11.34). Weiterhin weicht beim realen Umsetzer auch die Schrittweite der analogen Ausgangsgr¨oße von ihrem Sollwert ULSB ab. Der entsprechende absolute Fehler FNLdiff (Z) = [uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB
(11.35)
bzw. relative Fehler fNLdiff (Z) =
[uA (Z + 1) − uA (Z)] − ULSB ULSB
(11.36)
wird als differentielle Nichtlinearit¨at bezeichnet (Abb. 11.34). In den Datenbl¨ attern von Digital-Analog-Umsetzern werden im Allgemeinen nur die Maximalwerte |fNLint |max sowie |fNLdiff |max angegeben. Die differentielle Nichtlinearit¨ at von Digital-Analog-Umsetzern sollte ±50% entsprechend ±1/2 ULSB (absolut) nicht u ¨ bersteigen, da sonst das niedrigstwertige Bit wertlos w¨are. Von einem Monotonie-Fehler spricht man, wenn der absolute differentielle Nichtlinearit¨ atsfehler kleiner als −ULSB ist, so dass bei steigendem Digitalwert die analoge Ausgangsspannung abnimmt bzw. bei sinkendem Digitalwert zunimmt.
11.6 Digital-Analog-Umsetzung
341
Dynamische Fehler Neben den statischen Kennlinienfehlern treten bei Digital-Analog-Umsetzern auch dynamische Fehler auf. Dazu sei beispielhaft eine Eingangs-Datenwortfolge nach Tab. 11.9 sowie der zugeh¨orige ideale Ausgangsspannungsverlauf nach Abb. 11.35a betrachtet. Als wichtigste Ursachen f¨ ur dynamische Fehler sind zu nennen: •
•
¨ Ubersprechen ¨ Das im Wesentlichen auf kapazitiver Kopplung beruhende Ubersprechen der Schalter-Ansteuersignale in einem Digital-Analog-Umsetzer f¨ uhrt zu aussteuerungsabh¨angigen St¨orspitzen im Ausgangssignal. Zwischen-Codes ¨ Wenn die Schalter die Operationen Offnen bzw. Schließen unterschiedlich schnell durchf¨ uhren, so ist dies vergleichbar mit der Ansteuerung eines Digital-Analog-Umsetzers mit einer gest¨orten Digitalwortfolge (s. Tab. 11.9 bzw. Abb. 11.35b).
Abb. 11.35. Dynamische Fehler bei Digital-Analog-Umsetzern: a) Ideale Ausgangsspannung, b) Fehler durch Zwischencodes, c) Fehler infolge Tiefpassverhaltens, d) ¨ Uberlagerung der dynamischen Fehler
342
11 Digitale Messtechnik
Tabelle 11.9. Digitalwortfolge in einem DAC. zEingang bezeichnet die am Eingang anliegende und zwirksam die infolge der fehlerhaften Zwischencodes tats¨ achlich wirksame Codewortfolge.
•
t
zEingang zwirksam
t0 t1 t1 + td t2 t2 + td t3 t4 t4 + td t5 t5 + td t6
1000 0100 0100 0010 0010 0010 0101 0101 0111 0111 0111
1000 0000 0100 0110 0010 0010 0111 0101 0000 0111 0111
Tiefpassverhalten ¨ Ein realer Umsetzer weist in seinem Ubertragungsverhalten Tiefpassverhalten auf (Abb. 11.35c), das auf (parasit¨are) RC-Glieder sowie die Bandbegrenzung der verwendeten Verst¨arker zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Dieses Tiefpassverhalten f¨ uhrt nach jedem Codewechsel zu dem in Abb. 11.35c gezeigten typischen Einschwingverhalten in der Ausgangsspannung in Form von exponentiell ansteigenden oder abfallenden Flanken. Die Zeitdifferenz zwischen dem Anlegen des maximal darstellbaren Digitalwertes Zmax (Full Scale Sprung) und dem Zeitpunkt, ab dem die Ausgangsspannung des Digital-Analog Umsetzers ein Toleranzband von ±ULSB /2 nicht mehr verl¨asst, wird als Einschwingzeit (Settling time) bezeichnet. Die Summenwirkung aller oben beschriebenen dynamischen Fehler wird in Abb. 11.35d gezeigt.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung Eine der Standardaufgaben der Elektrischen Messtechnik besteht darin, analoge Messsignale in entsprechende Digitalsignale, d. h. Bin¨arzahlen, umzuwandeln. Selbst im Rahmen von einfacheren messtechnischen Aufgabenstellungen werden analog arbeitende Messger¨ate immer h¨aufiger durch Digitalmessger¨ate abgel¨ ost, und andererseits wird auch die Signalverarbeitung der aufgenomme¨ nen Messsignale zunehmend auf Digitalrechner verlagert. Ein Ubergang in die Digitalwelt ist heute nicht zuletzt wegen der preiswerten auf Personalcomputern basierenden Messdatenerfassungs- und Messsignalverarbeitungssysteme attraktiv geworden. Als wesentliche Vorteile der digitalen Messtechnik gegen¨ uber der konventionellen Analogtechnik k¨onnen angef¨ uhrt werden:
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
• • • • •
343
keine Ablesefehler unempfindlicher gegen ¨außere St¨oreinfl¨ usse, wie z.B. mechanische Ersch¨ utterungen oder Temperatureinfl¨ usse M¨ oglichkeit der direkten computergest¨ utzten Weiterverarbeitung der Messdaten ¨ direkte Ubernahme der Messwerte in digitale Signalverarbeitungssysteme einfache und langzeitsichere Speicherung.
11.7.1 Abtastung (Sampling) Der erste Schritt bei einer Analog-Digital-Umsetzung besteht aus der zeitlichen Abtastung (Sampling) des urspr¨ unglich zeit- und wertkontinuierlichen Eingangssignals. Diese Abtastung wird mittels einer sog. Abtast-HalteSchaltung (Sample & Hold-Schaltung) vorgenommen. Durch diesen Abtastvorgang entsteht ein zeitdiskretes aber noch amplituden-kontinuierliches Signal (Abb. 11.36). In einem weiteren Schritt wandelt der eigentliche AnalogDigital-Umsetzer die zeitdiskreten wertkontinuierlichen Abtastwerte in zeitund wertdiskrete Signale, die schließlich in Form von Bin¨arzahlen dargestellt werden. Es stellt sich zun¨achst die Frage, wie die Abtastfrequenz gew¨ahlt werden muss, wenn die zeitdiskreten Abtastwerte das urspr¨ ungliche Signal ohne Informationsverlust repr¨asentieren sollen, insbesondere im Hinblick auf eine
Abb. 11.36. Zeitliche und amplitudenm¨ aßige Abtastung
344
11 Digitale Messtechnik
sp¨ atere R¨ uckumsetzung in ein zeitkontinuierliches Analogsignal. Die Verh¨altnisse im Spektralbereich geben dar¨ uber Aufschluss. Abbildung 11.37 zeigt in der linken Spalte die Zeitverl¨aufe des Originalsignals y(t), der Sampling-Pulse (Abtastsignal) g(t) sowie des abgetasteten Signals y ∗ (t), das bereits durch eine Folge von zeitdiskreten Werten repr¨asentiert wird. In der rechten Spalte sind die entsprechenden Betrags-Spektren |Y (f )|, |G(f )| und |Y ∗ (f )| dargestellt. Nachdem das abgetastete Signal y ∗ (t) durch Multiplikation des Originalsignals y(t) mit dem Abtastsignal g(t) entsteht, ergibt sich das Spektrum des abgetasteten Signals Y ∗ (f ) aus dem Spektrum des Originalsignals Y (f ) durch Faltung mit dem Spektrum G(f ) der diracf¨ormigen Abtastwerte [22], [165] +∞ ∗ Y (f ) = Y (η)G(f − η) dη . (11.37) −∞
Anhand des Spektrums Y ∗ (f ) erkennt man (Abb. 11.37c), dass das Originalsignal aus dem abgetasteten Signal zur¨ uckgewonnen werden kann, wenn das Originalspektrum oberhalb der Frequenz fa /2 keine Anteile mehr enth¨alt. Denn dann kann ein Tiefpassfilter (Rekonstruktionsfilter) mit hoher Flankensteilheit und der Eckfrequenz fa /2 (Abb. 11.37c) aus dem Spektrum Y ∗ (f ) das Originalspektrum Y (f ) herausfiltern. Aus diesem l¨asst sich im Zeitbereich wieder das unverf¨alschte Originalsignal y(t) gewinnen. Wenn jedoch die
Abb. 11.37. Abtastung von Analogsignalen und die daraus resultierende Spektralverteilung: a) Urspr¨ ungliches Analogsignal mit dem h¨ ochsten Spektralanteil bei f = fsmax , b) Abtastfunktion. (Die Abtastfrequenz fa entspricht dem Kehrwert der zeitlichen Distanz Ta der Abtastwerte fa = 1/Ta .), c) abgetastetes Signal
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
345
Abb. 11.38. Verletzung des Abtasttheorems (fsmax > fa /2): a) Spektrum des Originalsignals y(t), b) Spektrum des abgetasteten Signals y (t)
Abtastfrequenz zu niedrig gew¨ahlt wird, u ¨berlappen sich in Y ∗ (f ) das Basisspektrum und das n¨achsth¨ohere Faltungsprodukt des Basisspektrums mit der Spektrallinie bei f = fa . Aufgrund dieses sog. Aliasing-Effekts l¨asst sich das Originalspektrum dann nicht mehr zur¨ uckgewinnen (Abb. 11.38). Um aus dem abgetasteten Signal das urspr¨ ungliche Signal mit Hilfe eines (im Grenzfall idealen) Tiefpasses (Abb. 11.37) wieder rekonstruieren zu k¨onnen, d¨ urfen sich also das Originalspektrum und das durch den Abtastvorgang entstehende, an der Spektrallinie f = fa gespiegelte Original-Spektrum nicht u ¨ berlappen. Aus dieser Forderung resultiert das in Form von Gl. (11.38) formulierte Shannonsche Abtasttheorem, das auch als Nyquist-Kriterium bezeichnet wird fa > 2fsmax .
(11.38)
Um sicherzustellen, dass die h¨ochste im Originalsignal vorkommende Frequenz fsmax kleiner ist als die halbe Abtastfrequenz, wird dem Sample & Hold-Glied oft ein Tiefpass mit entsprechender Grenzfrequenz vorgeschaltet (Abb. 11.39). Dieses Tiefpass-Filter wird auch als Anti-Aliasing-Filter bezeichnet.
Abb. 11.39. Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Anti-Aliasing-Filter und Sample & Hold-Schaltung (siehe Kap. 11.7.2)
346
11 Digitale Messtechnik
11.7.2 Abtast-Halte-Schaltungen (Sample & Hold-Schaltungen) Bei vielen Aufgaben der Elektrischen Messtechnik, so z. B. bei der AnalogDigital-Umsetzung von Messsignalen ist es notwendig, eine analoge, zeitlich ver¨ anderliche Spannung u(t) zu einem bestimmten Zeitpunkt abzutasten und den so erhaltenen Analogwert f¨ ur die Dauer eines festgelegten Zeitintervalles zu speichern. Bei vielen Analog-Digital-Umsetzern beispielsweise muss das Messsignal f¨ ur die Dauer des Konversionsvorganges zeitlich konstant gehalten werden. Dazu setzt man Abtast-Halte-Schaltungen ein, die i. Allg. als FolgeHalte-Schaltungen (Track-and-Hold-Schaltungen) realisiert sind.
Abb. 11.40. Grundstruktur einer Folge-Halte-Schaltung
Das Prinzipschaltbild einer solchen Folge-Halte-Schaltung wird in Abb. 11.40 gezeigt. Je nach Schalterstellung l¨adt sich der Kondensator auf den Betrag der Eingangsspannung uE (t) auf bzw. speichert den vor der Schalter¨offnung anliegenden Momentanwert der Eingangsspannung. Die beiden Operationsverst¨ arker dienen der Pufferung von Eingang bzw. Ausgang. Abbildung 11.41 zeigt eine Realisierungsm¨oglichkeit der Folge-Halte-Schaltung. Zwischen einen ersten Operationsverst¨arker, der als nicht-invertierender Verst¨arker arbeitet, und einen zweiten als Integrierer eingesetzten Operationsverst¨arker ist ein IGFET (Isolated-Gate-FET) geschaltet. F¨ ur usamp = 0 ist der FET leitend und die Ausgangsspannung uA entspricht der negativen Eingangsspannung uE , vorausgesetzt die Integrationszeitkonstante des integrierenden Verst¨arkers,
Abb. 11.41. Prinzipielle Realisierung einer Folge-Halte-Schaltung mit einem nichtinvertierenden und einem integrierenden Verst¨ arker
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
347
Abb. 11.42. Kenngr¨ oßen von Sample & Hold-Schaltungen (s. auch Tab. 11.10)
die im Wesentlichen durch die maximalen Ausgangsstr¨ome der Operationsverst¨ arker bestimmt wird, ist hinreichend klein. Wird der FET zum Zeitpunkt t = t0 gesperrt, so bleibt auch die Kondensatorladung (Kondensatorspannung) konstant und die Ausgangsspannung uA beh¨alt den beim Sperren des Feldeffekttransistors anstehenden Wert uA (t) = uA (t0 ), bis der FET wieder leitend geschaltet wird. Bei gesperrtem FET werden die Dioden leitend und vermei¨ den so eine Ubersteuerung des Operationsverst¨arkers. Die Kenngr¨oßen von Sample & Hold-Schaltungen werden anhand von Abb. 11.42 und Tab. 11.10 erl¨ autert. Tabelle 11.10. Kenngr¨ oßen von Folge-Halte-Schaltungen (s. auch Abb. 11.42) Ausgangsspannung folgt der Eingangsspannung. Ausgangsspannung ist eingefroren. Differenz zwischen Ausgangsspannung und Eingangsspannung im Sample-Betrieb. ¨ Droop: Anderung der Ausgangsspannung im Hold-Betrieb aufgrund von Kondensatorleckstr¨ omen und Eingangsstr¨ omen der Operationsverst¨ arker (Haltedrift). Slew Rate: Max. Anstiegsgeschwindigkeit der Ausgangsspannung. Zeit zwischen dem Hold-Befehl und dem vollst¨ andigen Aperture Time tAP : ¨ Offnen des Halbleiterschalters. ¨ Settling Time: Zeit zwischen Offnen bzw. Schließen des Halbleiterschalters und dem Einschwingen der Ausgangsspannung innerhalb einer bestimmten Fehlergrenze. Aperture Time Jitter: Diese statistische und signalabh¨ angige Unsicherheit der uhrt zu Amplitudenfehlern Aperturzeit ΔtAp f¨ Δu = (duE /dt)ΔtAp . Acquisition Time: Zeit (Einstellzeit) zwischen dem Sample-Befehl bzw. dem Hold-Befehl und dem Einschwingen innerhalb einer bestimmten Fehlergrenze (beinhaltet Schaltzeit, Anstiegszeit durch Slew Rate und Settling Time). (Sample) Track : Hold: Offset:
348
11 Digitale Messtechnik
11.7.3 Direktvergleichende Analog-Digital-Umsetzer Bei den Analog-Digital-Umsetzern unterscheidet man prinzipiell zwischen den in diesem Kapitel behandelten direktvergleichenden Umsetzern und denen, die eine Frequenz oder eine Zeit als Zwischengr¨oße verwenden, wie beispielsweise die wichtige Klasse der integrierenden Umsetzer. Parallel-Umsetzer (Flash-Converter, Vielfach-Diskriminator)
Abb. 11.43. 3-Bit-A/D-Umsetzer mit parallelen Komparatoren ULSB = Uref /2N = Uref /8
Um eine sehr schnelle Umsetzung zu erreichen, werden Parallel-Umsetzer eingesetzt, die auch als Flash-Converter oder als Vielfach-Diskriminatoren bezeichnet werden. Bei diesem Umsetzertyp wird die umzusetzende Spannung gleichzeitig mit (2N − 1) Referenzspannungen verglichen (Abb. 11.43). Das
Abb. 11.44. Komparator-Schaltung. Die Ausgangsspannung uA = +UB entspricht dem logischen Signal K = 1, w¨ ahrend uA = −UB dem Wert K = 0 entspricht.
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
349
Kernst¨ uck eines Parallel-Umsetzers bilden die (2N − 1) Komparatoren, deren Funktion nochmals anhand von Abb. 11.44 verdeutlicht werden soll. Die Wandlung in einem Schritt bewirkt die h¨ochstm¨ogliche Umsetzungsgeschwindigkeit, das Bereitstellen der (2N − 1) Komparatoren erweist sich jedoch als aufwendig und f¨ uhrt damit zu h¨oheren Kosten. Die Signale eines aus sieben Komparatoren aufgebauten 3-Bit-Parallel-Umsetzers sind in Tab. 11.11 enthalten. Tabelle 11.11. Signale eines 3-Bit-Parallel-Umsetzers (s. auch Abb. 11.43) Eingangsspannung
Komparatorsignale Bin¨ arcode Bin¨ arcode, in K7 K6 K5 K4 K3 K2 K1 Z2 Z1 Z0 Analogspannung uE umgerechnet
0 ≤ uE < 12 ULSB 1 U 2 LSB 3 U 2 LSB 5 U 2 LSB
0000000
000
0
≤ uE < 32 ULSB
0000001
001
Uref /8
≤ uE <
0000011
010
2 Uref /8
0000111
011
3 Uref /8
0001111
100
4 Uref /8
0011111
101
5 Uref /8
0111111
110
6 Uref /8
1111111
111
7 Uref /8
≤ uE <
5 U 2 LSB 7 U 2 LSB
7 U ≤ uE < 92 ULSB 2 LSB 9 U ≤ uE < 11 ULSB 2 LSB 2 11 13 ULSB ≤ uE < 2 ULSB 2 13 ULSB ≤ uE 2
Sukzessive Approximation (W¨ ageverfahren, Stufenumsetzer) Dieser Methode liegt das Balkenwaageprinzip zugrunde. Ein nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation arbeitender Umsetzer, der auch als Stufenumsetzer bezeichnet wird, enth¨alt neben einem Modul zur Ablaufsteuerung und einem Speicherregister als zentrales Element einen Komparator und einen Digital-Analog-Umsetzer (Abb. 11.45). In sukzessiven Schritten wird mit Hilfe des Komparators gepr¨ uft, ob die zu wandelnde Spannung gr¨oßer oder kleiner ist als die vom DAC erzeugte Spannung u(Z). Zun¨achst wird das h¨ ochstwertige Bit (MSB) gesetzt, das vom DAC in eine entsprechende Analogspannung u(Z) umgesetzt und mit der Eingangsspannung uE verglichen wird. Je nachdem, ob das Ergebnis u(Z) kleiner oder gr¨oßer ist als uE wird die Referenzspannung zum Ergebnis addiert oder subtrahiert und die entsprechende Stelle der resultierenden Ausgangsbin¨arzahl auf 0 oder 1 gesetzt. In jedem der darauffolgenden Zeitzyklen wird der eben beschriebene Vergleichsvorgang f¨ ur die jeweils n¨achst niedrigere Bin¨arstelle entsprechend wiederholt. F¨ ur einen N -Bit-Umsetzer sind somit N Vergleichsschritte notwendig, die sequentiell abgearbeitet werden m¨ ussen.
350
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.45. 4-Bit-A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der sukzessiven Approximation
Kaskadierter Vielfach-Diskriminator (Kombiniertes Parallel- und W¨ ageverfahren) Der kaskadierte Vielfach-Diskriminator schließt einen Kompromiss zwischenUmsetzungsgeschwindigkeit und Aufwand. Da f¨ ur h¨ohere Aufl¨osungen beim reinen Parallel-Umsetzer (Vielfach-Diskriminator) sehr viele Komparatoren ben¨ otigt werden, z. B. 255 bei einem 8-Bit-ADC, kaskadiert man die VielfachDiskriminatoren. Dies f¨ uhrt zu einer erheblichen Reduzierung der Anzahl an Komparatoren bei leichten Einbußen in bezug auf die Umsetzungsgeschwindigkeit. Abbildung 11.46 zeigt die Realisierung eines 8-Bit-Umsetzers durch zwei kaskadierte 4-Bit-Umsetzer (Parallel-Umsetzer). Der erste ADC u ¨ bernimmt die Grobquantisierung, also die Quantisierung der vier h¨oherwertigen Bits. Das Ergebnis dieser Wandlung wird u ¨ ber einen Digital-Analog-Umsetzer wieder in eine Analogspannung umgesetzt und von der Eingangsspannung subtrahiert. Das Differenzsignal wird vom zweiten (um den Faktor 16 feineren)
Abb. 11.46. Kaskadierter 8-Bit-Vielfach-Diskriminator
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
351
Analog-Digital-Converter quantisiert. Das Ergebnis dieser Umsetzung liefert die vier niederwertigen Bits. Die Einsparung an Komparatoren (beim obigen Beispiel reduziert sich ihre Zahl von 255 auf 30) geht auf Kosten der Umsetzungsgeschwindigkeit. Das in Abb. 11.46 gezeigte Umsetzungsprinzip wird auch als Half-Flash-Umsetzer bezeichnet. Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren) Beim Subranging-Verfahren verwendet man einen N -Bit-Parallel-Umsetzer (Flash-Converter) um einen 2N -Bit-Umsetzer nachzubilden [142]. Zur Umsetzung sind hier jedoch drei Zeitzyklen erforderlich. Gegen¨ uber dem eben beschriebenen Half-Flash-Umsetzer spart man allerdings daf¨ ur auch einen der beiden dort verwendeten Flash-Umsetzer ein. Das analoge Eingangssignal uE wird in einem ersten Taktzyklus (S1 geschlossen, S2 offen) mit Hilfe eines N -Bit-Umsetzers umgesetzt (Abb. 11.47). Das Ergebnis, das die N h¨ochstwertigen Bits liefert, wird wiederum mit einem DAC in den entsprechenden Analogwert zur¨ uckgewandelt und von der urspr¨ unglichen Eingangsspannung uE subtrahiert. Die Differenzspannung wird um den Faktor 2N verst¨arkt und erneut auf den N -Bit-Parallel-Umsetzer gegeben (S1 offen, S2 geschlossen). Durch Addition der Ergebnisse der 1. und 2. Umsetzung erh¨alt man schließlich das Endergebnis der ’Pseudo’-2N -Bit-Umsetzung. In der Praxis verwendet man Direktumsetzer mit einer h¨oheren Aufl¨osung als notwendig [76]. Die dadurch gewonnene Redundanz zieht man zur Korrektur von Linearit¨atsfehlern des Flash-Umsetzers heran. So wird beispielsweise zur Realisierung des in Abb. 11.47 gezeigten 2(N − 1)-Bit-ADC ein N -Bit-Flash-Converter eingesetzt. Bei der Realisierung der Schaltung muss darauf geachtet werden, dass der Verst¨ arkungsgrad des Verst¨arkers sehr pr¨azise abgeglichen ist, weil er das Restsignal auf den vollen Skalenbereich verst¨arkt. Aus demselben Grund sollte der DAC nur sehr geringe Linearit¨atsfehler aufweisen.
Abb. 11.47. Analog-Digital-Umsetzer nach dem Subranging-Verfahren. MSB und LSB bezeichnen hier die h¨ oherwertigen bzw. die niederwertigen Bits.
352
11 Digitale Messtechnik
Da der Markt heute schnelle Direktumsetzer mit Umsetzzeiten von 10 ns und darunter bietet, stellt der eigentliche Analog-Digital-Umsetzer bei den Subranging-Architekturen heute kaum die zeitkritische Komponente dar. Diese liegt eher im R¨ uckkopplungszweig, da vor der zweiten Umsetzung das Eingangssignal des Flash-ADC, d. h. die Differenz aus r¨ uckgewandelter Gr¨oße und Eingangssignal, um einen recht hohen Faktor verst¨arkt werden und auf die Genauigkeit des kompletten Wandlerbausteins eingeschwungen sein muss. In der Praxis h¨angt deshalb die erreichbare Konversionszeit stark von der Geschwindigkeit des R¨ uckkopplungszweiges ab. Heute sind Subranging-Umsetzer mit Konversionszeiten unter 100 ns kommerziell erh¨altlich. Steuerung und Umsetzlogik
S&H uE
V = 1, 8, 64, 512 u(Z)
a) u Uref ULSB0 =
Uref { 16
(k+1)·ULSB0 k·ULSB0
uE
4-BitFlash-ADC
V
-
u Uref u1+ 8 ULSB1=
Uref { 128
8ULSB1
uE
12-BitDAC
u Uref u 2+ 64 Uref { ULSB2= 1024
u Uref u 3+ 512 Uref { ULSB3 = 8192
8ULSB2
8ULSB3
uE
uE u1
0
Verstärkung: V = 1 Konversionszyklus Nr.: 1 b)
u3
u2
V=8 2
V = 64
V = 512
3
4
2ULSB0 u 1 = k·ULSB0 - i · 16
Abb. 11.48. 12-Bit-Analog-Digital-Umsetzer nach dem rekursiven SubrangingVerfahren. Zum Zwecke der Fehlerkorrektur werden anstatt der vier m¨ oglichen jeweils nur drei Bit genutzt, so dass die Gesamtwandlung vier Konversionszyklen anstatt der sonst drei erfordert: a) Prinzipieller Schaltungsaufbau, b) Ermittlung des Digitalwertes durch sukzessive Eingrenzung (k und i sind nat¨ urliche Zahlen).
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
353
Umsetzer nach dem Recursive-Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren) Beim Recursive-Subranging-Analog-Digital-Converter (RSR-ADC) wird mit Hilfe eines N -Bit-Parallel-Umsetzers eine Analog-Digital-Umsetzung, die zu einem n·N -Bit-Digitalwort f¨ uhrt, in theoretisch n Schritten durchgef¨ uhrt. Die prinzipielle Funktionsweise basiert auf dem Prinzip der schrittweisen N¨aherung mit dem Unterschied, dass anstatt des einfachen Analog-Komparators, der als 1-Bit-Umsetzer angesehen werden kann, ein N -Bit-Parallel-Umsetzer verwendet wird. Allerdings muss auch hier die Genauigkeit der Verst¨arker f¨ ur den vollen Skalenumfang von n · N -Bit gew¨ahrleistet sein. Wie beim reinen Subranging-Verfahren wird mit Hilfe eines DAC der digitale Ergebniswert in ein entsprechendes Analogsignal zur¨ uckgewandelt, das von der Eingangsspannung uE subtrahiert wird. Es wird dabei ein n · N -Bit DAC verwendet. Die wesentliche Verbesserung gegen¨ uber dem Verfahren der schrittweisen N¨aherung besteht darin, dass bei einer n · N -Bit-Umsetzung nur noch n anstatt ¨ der n · N Zeitzyklen ben¨otigt werden. Ahnlich wie beim vorher beschriebenen Subranging-Verfahren nutzt man das N -te Bit jeweils zur Fehlerkorrektur, was allerdings einen weiteren Taktzyklus erforderlich macht. Abbildung 11.48 zeigt das Beispiel eines nach dem rekursiven Subranging-Verfahren arbeitenden ADC mit einer Aufl¨osung von 12 Bit. Er basiert auf einem 4-Bit-ParallelUmsetzer, von dem jeweils das LSB zur Fehlerkorrektur verwendet wird. Es sind dadurch vier anstatt der drei theoretisch m¨oglichen Zeitzyklen zur Wandlung eines Wertes notwendig [199]. Pipeline-Umsetzer Die Pipeline-Umsetzer stellen eine Weiterentwicklung der Analog-Dital-Umsetzer dar, die nach dem oben beschriebenen Subranging-Verfahren (Kaskadenverfahren) arbeiten. Die Struktur dieser Umsetzer besteht aus einer Modulkette (Pipeline) von Flash-Umsetzern, die in Kooperation prinzipiell so wie beim Subrangingverfahren funktionieren. Der wesentliche Unterschied zum Subranging-Verfahren besteht darin, dass anstatt der zeitlich zyklischen Verarbeitung eines Einzelwertes die aus der Prozessortechnologie bekannte Pipeline-Technik angewendet wird. Pipeline-Technik bedeutet, dass alle Stufen zeitlich parallel arbeiten aber an verschiedenen Abtastwerten. Das heißt, dass zur Ermittlung eines vollst¨andigen Digitalwortes zwar alle Stufen zeitlich nacheinander, also Taktzyklus f¨ ur Taktzyklus, durchlaufen werden m¨ ussen, was zu einer Latenzzeit (Zeit zwischen Abtastzeitpunkt der analogen Eingangsspannung und Ausgabe des entsprechenden Digitalwortes) f¨ uhrt. Es steht aber mit jedem Taktzyklus ein fertiges Digitalwort am Ausgang zur Verf¨ ugung. Dies begr¨ undet sich damit, dass mit jedem Taktzyklus ein neuer Analog-Wert abgetastet und in jeder Stufe der Pipeline zeitlich parallel ein Teilergebnis in Form einer bestimmten Anzahl von Bits zwischen MSB und LSB errechnet wird. Diese zeitlich synchron vorliegenden Teilergebnisse
354
11 Digitale Messtechnik
Takt uE
Stufe 1
Stufe 2
N+1 Bit
.....
Stufe 3
N+1
Stufe m
N+1
N+1
Zwischenspeicher-(Latch-) und Korrektur-Modul m . N Bit (Endergebnis) Abb. 11.49. Struktur eines Pipeline-Analog-Digital-Umsetzers. Da die einzelnen Stufen zeitlich synchron an verschiedenen Abtastwerten arbeiten, m¨ ussen die mit jedem Taktzyklus gelieferten Werte in einem Zwischenspeicher gehalten und entsprechend ihrer Zugeh¨ origkeit zum m·N-Bit-Digitalwort zusammengesetzt werden.
geh¨ oren aber zu verschiedenen (wenn man zwei benachbarte Stufen betrachtet, zu zeitlich aufeinander folgenden) Analogwerten. Abbildung 11.49 zeigt die Pipeline der Einzelmodule und Abb. 11.50 die Struktur einer einzelnen Stufe. Sie besteht aus einem (N+1)-Bit-Parallelumsetzer (Flash-ADC), einem (N+1)-Bit-Digital-Analog-Umsetzer, einem Subtrahierer und einem Verst¨arker mit Verst¨arkungsgrad 2N . In der ersten Stufe der Pipeline werden die MSBs (Most signicant Bits) und in der letzten die LSBs (Least significant Bits) ermittelt. In den Zwischenstufen nimmt die Wertigkeit um jeweils den Faktor 2N ab. Die Ergebnisse werden in Form des sog. Residuums (dies ist die um den Faktor 2N verst¨arkte analoge Differenzspannung zwischen dem Signalwert der (m-1)ten Stufe und der m-ten Stufe) weitergereicht. Die Pipeline-ADCs erfordern ¨ahnlich wie die ADCs nach dem Subranging-Verfahren eine sehr hohe Linearit¨at der einzelnen Stufen, insbesondere Verst¨arker mit hoher Pr¨azision. Mit Pipeline-Umsetzern erreicht man bei einer vergleichbaren Anzahl von Komparatoren eine h¨ohere Aufl¨osung. Dies geht allerdings auf Kosten der Konversionsrate. Im Allgemeinen verwendet man das LSB einer jeweiligen Stufe zur Fehlerkorrektur, so dass aus einem vierstufigen Pipeline-ADC mit einem 4-Bit-Flash-ADC in jeder Stufe ein 12Bit-ADC resultiert. Diese Art der Fehlerkorrektur ist identisch mit der des Residuum
Sample & Hold ADC N+1 uE
DAC N+1
V=2 N zur nächsten Stufe der Pipeline
CSamp N+1 Bit
Abb. 11.50. Einzelne Stufe eines Pipeline-Analog-Digital-Umsetzers
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
355
Subranging-Verfahrens. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen Subranging- und Pipeline-Verfahren darin besteht, dass beim Subranging-ADC nur eine (N+1)-Bit-Stufe vorhanden ist, die zyklisch m mal nacheinander durchlaufen wird, w¨ahrend der Pipeline-ADC aus m aneinandergereihten (N+1)-Bit-Stufen besteht, die zeitlich synchron (an verschiedenen Abtastwerten bzw. Digitalworten arbeiten. Dies bedeutet, dass der Hardwareaufwand zwar m mal so hoch ist wie beim Subranging-Verfahren, daf¨ ur aber ist ein Pipeline-ADC bedeutend schneller (s. Tab. 11.12). Es sei noch erw¨ahnt, dass im Grenzfall statt eines Mehrbit-Umsetzters in der Einzelstufe ein 1-Bit-ADC (bzw. im Falle von Fehlerkorrektur ein 2Bit-ADC), d.h. also ein einfacher Komparator, verwendet werden kann, was zu einfachen Schaltungen mit geringer Chipfl¨ache f¨ uhrt. Da die hierbei verwendeten Komparatoren hochgenau sein m¨ ussen, ist man zu einem ZweiKomparatorprinzip (sog. Redundant Signed Digit Technik) u ¨bergegangen. N¨ aheres dazu findet der interessierte Leser in [65]. Inkrementaler Stufenumsetzer (Z¨ ahlverfahren) Bei den auf dem Z¨ahlverfahren basierenden Analog-Digital-Umsetzern wird eine Vergleichsspannung u(Z) von einem DAC erzeugt, der eingangsseitig von einem gew¨ ohnlichen Z¨ahler angesteuert wird (Abb. 11.51). Sobald u(Z) die zu wandelnde Spannung uE u ¨ bersteigt, wird die Umsetzung gestoppt. Aus dem Z¨ ahlerstand kann unmittelbar der Digitalwert der zu wandelnden Spannung errechnet werden. Der wesentliche Vorzug des Verfahrens liegt im geringen technischen Aufwand (es wird nur ein Komparator ben¨otigt), w¨ahrend als Nachteil die niedrige Geschwindigkeit angef¨ uhrt werden muss. Die Anzahl der zur Wandlung notwendigen Zeitzyklen h¨angt von der Gr¨oße der Eingangsspannung uE ab. Es k¨onnen zum Erreichen des N -Bit-Ergebniswertes maximal 2N Zeitschritte notwendig werden.
Abb. 11.51. A/D-Umsetzer nach dem Prinzip der inkrementalen Stufenumsetzung
356
11 Digitale Messtechnik
Nachlaufumsetzer (Z¨ ahlverfahren) Der Nachlaufumsetzer z¨ahlt im Gegensatz zu dem im vorhergehenden Abschnitt beschriebenen inkrementalen Stufenumsetzer r¨ uckw¨arts und vorw¨arts. Der prinzipielle Aufbau des Nachlaufumsetzers (Abb. 11.52) unterscheidet sich vom Inkrementalumsetzer im Grunde genommen nur in der Verwendung eines kombinierten Vorw¨arts-R¨ uckw¨artsz¨ahlers anstatt des reinen Vorw¨artsz¨ahlers beim inkrementalen Stufenumsetzer. Das Ausgangssignal des DAC wird da¨ durch der Eingangsspannung st¨andig nachgef¨ uhrt. Dabei darf die Anderung der Eingangsspannung w¨ahrend einer Taktperiode des Z¨ahlers nicht gr¨oßer als ULSB sein. Bei schnelleren Spannungs¨anderungen kann es recht lange dauern, bis wieder ein Abgleich erreicht ist, im ung¨ unstigsten Fall bis zu 2N Taktperioden.
Abb. 11.52. A/D-Umsetzer nach dem Nachlauf-Prinzip. Das Ausgangssignal des Komparators bestimmt die Z¨ ahlrichtung (vorw¨ arts, r¨ uckw¨ arts) des Z¨ ahlers.
11.7.4 Analog-Digital-Umsetzung mit Delta-Sigma-Modulator Die Delta-Sigma-Umsetzung ist ein Konvertierungsverfahren, bei dem eine Quantisierung mit niedriger Aufl¨osung, typischerweise 1 Bit, verwendet wird. ¨ Durch eine hohe Uberabtastung des Analogsignals wird die effektive Aufl¨osung erh¨ oht und damit das Quantisierungsrauschen reduziert. Ein nachfolgendes Digitalfilter unterdr¨ uckt zus¨atzlich noch verbleibende Rauschanteile und sorgt f¨ ur eine Bandbegrenzung. Bevor das Prinzip des auf einem Delta-Sigma-Modulator basierenden ADC beschrieben wird, soll zun¨achst die Funktionsweise eines Delta-Modulators er¨ ortert werden. Die Delta-Modulation ist eine Sonderform der in der Nachrichtentechnik gebr¨auchlichen Differenzpulscodemodulation (DPCM), bei der die Differenz zwischen einem Abtastwert und einem Vorhersagewert, z. B. dem vorhergehenden Abtastwert, digital codiert wird [105]. Das urspr¨ ungliche Signal kann schließlich auf einfache Weise wiedergewonnen werden, indem
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
Eingangssignalfolge u E(n Ta )
übertragenes Signal u E (n Ta ) − u E ((n-1) Ta ) +
+
−
+
357
Ausgangssignalfolge (rekonstruiertes Eingangssignal) u*(n E Ta )
AbtastwertSpeicher u*E ((n-1)Ta )
AbtastwertSpeicher u E((n-1) Ta)
Modulator, Codierer
Demodulator, Decodierer
Abb. 11.53. Codierung und Decodierung eines Signals in Form von Differenzwerten zum vorhergehenden Abtastwert. Die Abtastwertspeicher beinhalten stets den vor dem aktuellen Abtastwert uE (nTa ) angestandenen Abtastwert uE ((n − 1)Ta ).
die Differenzwerte zu dem jeweils vorhergehenden Abtastwert addiert werden (Abb. 11.53). Das Blockschaltbild eines Delta-Modulators wird in Abb. 11.54 gezeigt. Das zu wandelnde Signal uE (t) wird zusammen mit einer R¨ uckf¨ uhrgr¨oße uR (t) einem Komparator mit nachgeschaltetem Schmitt-Trigger zugef¨ uhrt. Der Schmitt-Trigger wiederum steuert ein D-Flip-Flop, das entweder 0 oder 1 am Ausgang Q liefert, je nachdem, ob die R¨ uckf¨ uhrgr¨oße uR gr¨oßer oder kleiner ist als die Eingangsspannung uE . Das R¨ uckf¨ uhrsignal uR (t) entsteht durch zeitliche Integration, d. h. also Mittelwertbildung, des digitalen Ausgangssignals Q. Damit kann aus der Impulsfolge am Ausgang des Delta¨ Modulators eindeutig auf die Anderung des Eingangssignals geschlossen werden. F¨ ur eine originalgetreue Erfassung des Eingangssignals ist es allerdings notwendig, dass dieses sehr hoch abgetastet wird, weil die Differenz zum vorhergehenden Wert eben nur mit einem Bit quantisiert wird. Konkret bedeutet dies, dass man in den Phasen, die in Abb. 11.54b mit Anstieg bzw. Abfall bezeichnet sind, keine Information dar¨ uber hat, wie lange es noch dauern wird, bis der aktuelle Wert der Eingangsspannung wieder eingeholt wird, bzw. wie ¨ weit sich die Eingangsspannung infolge schneller Anderung bereits vom ange-
Abb. 11.54. Prinzip des Delta-Modulators: a) Prinzipschaltbild, b) Ausgangssignal f¨ ur verschiedene Zust¨ ande der Eingangsspannung
358
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.55. Funktionsgruppen eines Delta-Sigma-Modulators mit nachgeschaltetem Digitalfilter zur Mittelwertbildung und Abtastratenreduzierung (Dezimation)
zeigten Wert entfernt hat. Damit d¨ urfte auch verst¨andlich werden, dass dieses Verfahren mit hohem Oversampling (1/Ta 2fsmax (fsmax : h¨ochste im Eingangssignal enthaltene Frequenzkomponente)) arbeiten muss [173]. Der Delta-Sigma-Modulator ist ein modifizierter Delta-Modulator, bei dem sich ein weiterer Integrierer im Vorw¨artszweig befindet. Dies setzt voraus, dass die Eingangsspannung uE (t) keinen Gleichanteil enth¨alt. Dadurch kann aus der digitalen Ausgangsimpulsfolge durch Mittelwertbildung direkt auf das analoge Eingangssignal geschlossen werden, d. h. das Eingangssignal kann durch einfache Tiefpassfilterung des seriellen Bitstromes Q am Ausgang des Delta-Modulators wieder rekonstruiert werden. Die dabei ablaufenden Signalverarbeitungsoperationen bestehen aus Integrieren, Differenzieren und Tiefpassfiltern mit Abtastratenreduzierung, der sog. Dezimation (Abb. 11.55) [133]. Um zu einer realisierbaren Struktur des Umsetzers aus Abb. 11.55 zu gelangen, ersetzen wir zun¨achst den Komparator des Delta-Modulators in Abb. 11.54 durch einen Differenzverst¨arker, was an der Funktion nichts ¨andert. In Abb. 11.56 sind die Funktionsgruppen des Delta-Sigma-Umsetzers aus
u E(t)
dt
g (t)
D
Q
Q (t)
Takt
dt Σ
Δ
Abb. 11.56. Blockschaltbild eines Delta-Sigma-Modulators
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
u E(t)
dt
D
359
Q (t)
Q
r (t) Takt Abb. 11.57. Funktionsgleiche Umwandlung des Blockschaltbildes aus Abb. 11.56
Abb. 11.55 in einem Blockschaltbild dargestellt. Man erkennt, dass sich die Eingangsspannung des Schmitt-Triggers g(t) folgendermaßen berechnet g(t) = uE (t)dt − Q(t)dt . (11.39) Da sich die linearen Operationen Integrieren und Subtrahieren vertauschen lassen, kann man das Blockschaltbild vereinfachen und gelangt zu Abb. 11.57. Durch diese Maßnahme f¨allt auch die Einschr¨ankung weg, dass keine Gleichanteile in uE (t) zul¨assig sind. Bez¨ uglich seiner Grundstruktur weist der ADC mit Delta-Sigma-Modulator ¨ große Ahnlichkeit mit der Struktur eines ADC mit sukzessiver Approximation auf. Eine einfache schaltungstechnische Realisierung zeigt Abb. 11.58. Die Schaltung um den Operationsverst¨arker stellt einen invertierenden Integrierer mit Summationspunkt dar. Da die Summe aus der Eingangsspannung uE (t) und der r¨ uckgekoppelten Spannung r(t) gebildet wird, muss der 1-Bit-DAC die Spannung invertieren. Der nachgeschaltete Komparator wirkt ebenfalls invertierend, um die Vorzeichenumkehr des Integrierers auszugleichen. Das Komparatorausgangssignal erscheint mit dem Takt am Ausgang des taktflankengesteuerten Flip-Flops. Die R¨ uckkopplung h¨alt die Abweichung zwischen C u E(t)
R
invertierender Komparator
R
K
D
r (t) inv. summierender Integrierer
Q
Q (t)
Takt Uref 1-Bit-DAC mit Invertierer Uref
Abb. 11.58. Schaltungstechnische Realisierung eines Delta-Sigma-Umsetzers
360
11 Digitale Messtechnik
uE (t) und Q(t) minimal. Der Mittelwert der 1-Bit-Datensequenz Q am Ausgang (Folge von 0 und 1 ) ist dabei der Eingangsspannung uE proportional. Zur Mittelwertbildung wird ein digitales Tiefpassfilter nachgeschaltet, welches aus dem (hochfrequenten) Ausgangssignal das interessierende (niederfrequente) Signalband herausschneidet. Schließlich wird die Abtastrate durch den Dezimator auf den gew¨ unschten Wert reduziert. Abbildung 11.59 zeigt die Struktur eines allgemeinen Analog-DigitalUmsetzers in Delta-Sigma-Technik anhand eines Blockschaltbildes. Im Teilbild 11.59a wird die oben diskutierte konventionelle 1-Bit-Technik vorgestellt, w¨ ahrend in Abb. 11.59b ein sog. Multi-Bit-Delta-Sigma-ADC gezeigt wird. Diese Multi-Bit-Technik wird zur Erzielung von Signal/Rausch-Verh¨altnissen eingesetzt, welche sich mit der 1-Bit-Technik nicht mehr erzielen lassen, weil dazu zu hohe Abtastraten erforderlich w¨aren [106].
uE
+ _
b)
Dezimator
+ _
u E (t)dt
UQ
digitales Mittelungsfilter
1-Bit-DAC
a)
uE
u E (t)dt
Dezimator
ADC
UQ
digitales Mittelungsfilter
DAC
Abb. 11.59. Analog-Digital-Umsetzer auf der Basis eines Delta-Sigma-Modulators: a) Grundstruktur in 1-Bit-Technik, b) Grundstruktur in Multi-Bit-Technik
¨ Signal/Rausch-Verh¨ altnis und Uberabtastung ¨ Allgemein l¨ asst sich sagen, dass man durch Uberabtastung eines Signals das Signal/Rausch-Verh¨altnis (Signal to Noise Ratio, S/N) einer AD-Umsetzung verbessern kann. Nehmen wir zum Beispiel an, ein Messsignal mit der Bandbegrenzung fb soll mit einem AD-Umsetzer digitalisiert werden. Nach dem Nyquist-Kriterium muss dieses Messsignal mit mehr als der doppelten Bandbreite abgetastet werden. Betrachten wir zun¨achst den Grenzfall, dass die Abtastfrequenz fs gerade 2fb betr¨agt. Der ADC verursacht eine Quantisierungsrauschleistung PQ , deren Rauschleistungsdichte dann pQ,N =
PQ fb
(11.40)
betr¨ agt, unter der Voraussetzung, dass von weißem Rauschen ausgegangen werden kann. Tastet man das Signal mit einer h¨oheren Abtastfrequenz
11.7 Analog-Digital-Umsetzung S
361
5DXVFKOHLVWXQJVGLFKWH
S 41 34 3 42 S 42
IE
IV
I
Abb. 11.60. Spektrale Verteilung des Quantisierungsrauschens PQ
fs > 2fb ab, so wird das Quantisierungsrauschen auf einen gr¨oßeren Frequenzbereich verteilt (Abb. 11.60) und man erh¨alt f¨ ur die Rauschleistungsdichte bei ¨ dieser Uberabtastung 2PQ pQ,O = . (11.41) fs Wendet man eine ideale Tiefpassfilterung mit der Grenzfrequenz fb an, so reduziert sich das Rauschen im Signalband PQ,O zu PQ,O = pQ,O · fb =
2PQ fb , fs
(11.42)
¨ und man erh¨alt f¨ ur den Gewinn ΔS/N durch die Uberabtastung (siehe Gl. 7.109) PQ PQ fs = 10 lg = 10 lg = 10 lg m , (11.43) ΔS/N [dB] = 20 lg PQ,O PQ,O 2fb ¨ ¨ wobei m der Faktor der Uberabtastung ist. Durch eine Vergr¨oßerung der Uberabtastung um den Faktor 4 erh¨alt man also eine eine Verbesserung des S/N um 6,02 dB. Dieser Zusammenhang ist in Abb. 11.61 dargestellt. ¨ Der S/N-Gewinn durch die Uberabtastung wird bei einem Delta-SigmaModulator durch die Methode des Noise-Shapings noch wesentlich verbessert [31]. Betrachten wir dazu das linearisierte Modell des Delta-SigmaUmsetzers im Laplace-Bereich (Abb. 11.62). Der Integrierer im Zeitbereich wird durch eine Multiplikation mit k/s modelliert (s. Gl. (3.81)), wobei die Verst¨ arkung k noch nicht n¨aher bestimmt ist. Der Komparator wird im Laplace-Bereich durch Addition des Quantisierungsrauschens N (s) beschrie¨ ben. Um die Ubertragungsfunktion GUE f¨ ur die Eingangsspannung zu erhal-
362
11 Digitale Messtechnik Δ S/N 18
dB
12 6 0
1 2 3 4 5
10
15
20
Faktor der Überabtastung m Abb. 11.61. Gewinn an Signal/Rausch-Verh¨ altnis nach [180, 199]
ten, setzen wir zun¨achst das Quantisierungsrauschen N (s) ≡ 0 und erhalten Q(s) = [UE (s) − Q(s)]
k . s
(11.44)
¨ Damit l¨ asst sich die Ubertragungsfunktion GUE (s) =
k Q(s) = UE (s) s+k
(11.45)
¨ berechnen. Um die Ubertragungsfunktion GN (s) f¨ ur das Rauschen zu bestimmen, setzen wir dann die Eingangsspannung UE (s) ≡ 0 und erhalten (hier: N (s) = 0) Q(s) = N (s) − Q(s) GN (s) =
k s
(11.46)
s Q(s) = . N (s) s+k
(11.47)
Der Umsetzer wirkt also wie ein Tiefpass auf die Eingangsspannung, aber wie ¨ ein Hochpass auf das Quantisierungsrauschen. Die Ubertragungsfunktionen und der Einfluss des dadurch entstehenden Noise-Shapings sind in Abb. 11.63 dargestellt. Der Ausdruck fp = k/2π steht f¨ ur die Frequenz, an der der 1V
8V (
N V
4V
Abb. 11.62. Darstellung des Delta-Sigma-Umsetzers im Laplace-Bereich
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
363
G GN
G UE
0 dB
P Q,mod
f fb
fp
Abb. 11.63. Betragsfrequenzgang der Signal- und Rausch¨ ubertragungsfunktion
¨ ¨ Pol in den Ubertragungsfunktionen auftritt. Ublicherweise wird man fp fb w¨ ahlen, so dass f¨ ur GN (s) im interessierenden Frequenzbereich (f ≤ fb ) n¨aherungsweise gilt s GN (s) ≈ . (11.48) k F¨ ur die Rauschleistungsdichte nach der Modulation pQ,mod gilt dann (s. auch Kap. 13.8) 2PQ ω 2 pQ,mod (ω) = pQ,0 |GN (jω)|2 = . (11.49) fs k 2 Durch Integration erh¨alt man das Gesamtrauschen im Signalband PQ,mod =
2πfb
pQ,mod dω = 0
2PQ 1 8(πfb )3 . fs k 2 3
Mit k = 2πfp erh¨alt man nun f¨ ur den Gewinn ΔS/N # " 3 fs fp2 PQ . = 10 lg ΔS/N [dB] = 10 lg PQ,mod 4 πfb3 ¨ Mit dem Faktor der Uberabtastung m = fs /2fb ergibt sich # " πf 2 6 3 fp2 m 2 = 30 lg m − 10 lg s2 . ΔS/N [dB] = 10 lg π fs 6fp
(11.50)
(11.51)
(11.52)
¨ Der erste Term sagt aus, dass mit jeder Verdopplung der Uberabtastrate das Signal/Rausch-Verh¨altnis um 9,03 dB zunimmt, was eine erhebliche Steige¨ rung gegen¨ uber der gew¨ohnlichen Uberabtastung bedeutet. Der zweite Term
364
11 Digitale Messtechnik
in Gl. 11.52 sollte m¨oglichst klein sein, d. h. der Pol sollte betragsm¨aßig m¨ oglichst groß sein. Dies erfordert allerdings eine gr¨oßere Verst¨arkung k. Da ¨ die Ubertragungsfunktion der offenen Schleife einem reinen Integrierer entspricht, sind dem in der Praxis stabilit¨atsbedingte Grenzen gesetzt. Um das Signal/Rausch-Verh¨altnis weiter zu steigern, k¨onnen auch DeltaSigma-Umsetzer h¨oherer Ordnung aufgebaut werden [128]. Abbildung 11.64 zeigt einen Umsetzer zweiter Ordnung, mit dem ein ΔS/N von 15,1 dB/Oktave erreicht wird. Die Herleitung dieses Zusammenhangs soll dem ambitionierten ¨ Leser als Ubung dienen [102]. N(s) UE(s)
k1 s
k2 s
Q(s)
Abb. 11.64. Delta-Sigma-Umsetzer 2.Ordnung
11.7.5 Time-Division-Multiplizierer (Impulsbreiten-Multiplizierer, S¨ agezahn-Multiplizierer) Ein weiteres AD-Umsetzverfahren, das insbesondere bei der Leistungsmessung eingesetzt wird, baut auf dem sog. Time-Division-Multiplizierer auf. Der Time-Division-Multiplizierer ist eine spezielle Form eines Analog-Multiplizierers, der bevorzugt zur Leistungsmessung mit digitaler Ergebniswertausgabe eingesetzt wird. Dazu wird eine Rechteckspannung mit fester Periodendauer T gem¨ aß Abb. 11.65 erzeugt. Die positiven und negativen Amplitudenwerte entsprechen dabei einer Eingangsspannung u1 , w¨ahrend die Differenz (t1 − t2 ) bez¨ uglich der zeitlichen Dauer von positiver und negativer Halbwelle proportional einer zweiten Eingangsspannung u2 ist. Das Tastverh¨altnis t1 /t2 wird durch einen Vergleich von u2 mit einer zeitlich s¨agezahnf¨ormigen Spannung festgelegt (Abb. 11.65). F¨ ur u2 = 0 ist demnach das Tastverh¨altnis t1 /t2 = 1. Die Periodendauer T , die dem Kehrwert der Pulsfolgefrequenz f entspricht, ergibt sich aus der Summe der Zeiten t1 und t2 von positiver und negativer Rechteckhalbwelle 1 T = t1 + t2 = . (11.53) f Aus dem in Abb. 11.65 gezeigten Zeitdiagramm l¨asst sich ablesen, dass die mit Gl. (11.54) definierte Proportionalit¨atskonstante k ku2 = t1 − t2
(11.54)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
365
Abb. 11.65. Prinzip des Time-Division-Multiplizierers. Der Mittelwert der Ausgangsspannung uA ist dem Produkt u1 u2 der Eingangsspannungen proportional: a) Zeitverl¨ aufe von Eingangs- und Ausgangsspannungen, b) Prinzipschaltbild
dem Kehrwert der Steigung der S¨agezahnspannung entspricht. Diese Konstante l¨ asst sich auch als Funktion der Periodendauer T bzw. der Pulsfolgefrequenz f sowie den S¨agezahnamplituden UΔmax ausdr¨ ucken k=
1 T = . 2UΔ max 2f UΔ max
(11.55)
Am Ausgang des Tiefpasses (Abb. 11.65b) erh¨alt man den zeitlichen Mittelwert uA der Spannung uA (t) ⎤ ⎡t T 1 T 1 1 uA = uA (t) dt = ⎣ u1 dt + −u1 dt⎦ T T 0
0
t1
1 u1 u2 = (u1 t1 − u1 t2 ) = f u1 (t1 − t2 ) = f ku1 u2 = . (11.56) T 2UΔ max Dies bedeutet, dass die Ausgangsspannung uA proportional zum Produkt der beiden Eingangsspannungen u1 und u2 ist. Die Frequenz f sollte dabei we-
366
11 Digitale Messtechnik
sentlich u ¨ber den Grenzfrequenzen der zu messenden Spannungen u1 und u2 liegen, da vorausgesetzt wird, dass u1 und u2 w¨ahrend der Periode T konstant sind. Falls die Spannung u1 proportional der Spannung eines Leistungskreises und die zweite Eingangsspannung u2 proportional dem Strom dieses Leistungskreises ist, stellt der Time-Division-Multiplizierer ein elektronisches Wattmeter dar (Abb. 11.66). Wenn an den Time-Division-Multiplizierer ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer angeschlossen wird, ist die Frequenz ein Maß f¨ ur die im Leistungskreis verbrauchte Leistung Pel , w¨ahrend der Z¨ahlerstand, welcher in einem nachgeschalteten Z¨ahler aufl¨auft, der innerhalb der Z¨ahlerTorzeit verbrauchten elektrischen Energie Wel entspricht.
Abb. 11.66. Elektronischer Leistungsmesser bzw. Energiez¨ ahler auf der Basis eines Time-Division-Multiplizierers. Es wird vorausgesetzt, dass infolge zeitlicher Mittelung am Ausgang des Time-Division-Multiplizierers bereits der der Wirkleistung entsprechende Anteil der Momentanleistung vorliegt.
11.7.6 Analog-Digital-Umsetzung mit Zeit oder Frequenz als Zwischengr¨ oßen Single-Slope-Umsetzer (u/t-Umsetzer) Bei einem Single-Slope-Umsetzer, den man auch als S¨agezahnumsetzer bezeichnet, wird mit Hilfe eines Z¨ahlers die Zeit bestimmt, die vergeht, bis eine zeitlich linear vom Wert Null ansteigende Spannung in bezug auf ihre Amplitude die zu wandelnde Eingangsspannung uE erreicht hat (Abb. 11.67). Bei einem Spannungswert der S¨agezahnspannung von Null wird der Z¨ahler gestartet. Erreicht die S¨agezahnspannung die zu wandelnde Eingangsspannung uE (nach einer Zeit tX ), wird der Z¨ahler wieder gestoppt. Der Z¨ahlerstand NX ist damit proportional der zu wandelnden Spannung uE . Mit dem Kehrwert K der Anstiegsgeschwindigkeit der S¨agezahnspannung ergibt sich der Zusammenhang zwischen der Messzeit tX (Torzeit des Z¨ahlers) und der Eingangsspannung uE tX = KuE . (11.57)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
u
K1
uE
y & K2
ZE
Takt f ref
367
uE uS
NX 0
tX
t
y
uS Start
Steuerung
Rücksetzen
a)
t
ZE
t
b)
Abb. 11.67. Single-Slope-Umsetzer (S¨ agezahnumsetzer): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
Mit Hilfe der Taktfrequenz fref kann der Z¨ahlerstand NX berechnet werden NX = tX fref = Kfref uE .
(11.58)
Gleichung (11.58) zeigt die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen dem Z¨ahlerstand NX und der Eingangsspannung uE . Als Nachteile dieses Verfahrens sind unter anderem anzuf¨ uhren, dass Steigungsfehler der S¨agezahnspannung (Konstante K in Gl. (11.58)) und Taktfrequenzfehler (fref in Gl. (11.58)) unmittelbar das Ergebnis verf¨alschen. Dual-Slope-Umsetzer (Integrierender Zweirampen-Umsetzer) Bei dieser Art der Analog-Digital-Umsetzung werden nicht einzelne Werte der Eingangsspannung abgetastet, sondern der Mittelwert der Eingangsspannung u ¨ber ein bestimmtes Zeitintervall gebildet und dieser in eine Bin¨arzahl umgesetzt. Die Umsetzungszeit ist zwar h¨oher als bei den Momentanwertumsetzern, die Dual-Slope-Umsetzer liefern daf¨ ur allerdings im Allgemeinen eine wesentlich h¨ ohere Genauigkeit. Beim Dual-Slope-Umsetzer wird die Eingangsspannung innerhalb einer ¨ Zeitspanne integriert, die durch das Uberlaufen eines mit konstanter Taktfrequenz fref angesteuerten Z¨ahlers festgelegt ist (Abb. 11.68). Der Schalter S1 befindet sich w¨ahrend dieser Zeit in Stellung 1. Diese Integration findet zwischen den Zeitpunkten t1 und t2 statt (Abb. 11.68b). Wenn der Z¨ahler bei einem Z¨ ahlerstand Nmax u ¨ berl¨auft, ergibt sich die entsprechende Zeitdifferenz (t2 − t1 ) wie folgt Nmax t 2 − t1 = . (11.59) fref Ab dem Zeitpunkt t2 wird durch Umschalten von S1 die Referenzspannung −Uref integriert, so dass die Integratorausgangsspannung uA zu einem Zeitpunkt tX wieder den Wert Null erreicht. Daraufhin wird u ¨ber das Kompara-
368
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.68. Dual-Slope-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
torausgangssignal K mit Hilfe des nachgeschalteten UND-Gatters der Z¨ahlvorgang gestoppt. Der dann erreichte Z¨ahlerstand sei mit NX bezeichnet. Die Zeitdifferenz (tX − t2 ) ist proportional zu diesem Z¨ahlerstand NX gem¨aß NX . fref
tX − t2 =
(11.60)
Nachdem die Spannung uA zum Zeitpunkt tX wieder den Wert Null hat, kann man die in den Zeitintervallen (t2 − t1 ) und (tX − t2 ) integrierten Ausgangsspannungs¨ anderungen gleichsetzen. Es gilt demnach t2 tX 1 1 uE (t) dt = Uref dt . (11.61) RC t1 RC t2 Mit 1 uE = t 2 − t1
t2
uE (t) dt t1
(11.62)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
369
folgt aus Gl. (11.61) 1 1 Uref (tX − t2 ) . uE (t2 − t1 ) = RC RC
(11.63)
Die Zusammenh¨ange in Gln. (11.59) und (11.60) best¨atigen in Verbindung mit Gl. (11.63) die gew¨ unschte Proportionalit¨at zwischen dem Z¨ahlerstand NX und dem Mittelwert der Eingangsspannung uE NX =
uE Nmax = const. · uE . Uref
(11.64)
Man erkennt, dass weder die Zeitkonstante RC des Integrierers noch die Taktfrequenz fref das Ergebnis verf¨alschen k¨onnen. Mit Hilfe des Schalters S2 wird sichergestellt, dass zu Beginn der n¨achsten Umsetzungsphase die Kondensatorspannung Null ist. Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer) Die Spannungs-Frequenz-Umsetzung kann als besondere Art der AnalogDigital-Umsetzung aufgefasst werden. Die zu wandelnde Spannung wird dabei zun¨ achst in die proportionale Zwischengr¨oße Frequenz“ umgesetzt, die wie” derum mit Hilfe eines Z¨ahlers leicht in eine digitale Information gewandelt werden kann (Abb. 11.69). Die Messunsicherheit kann dabei aufgrund der u ¨ blicherweise hohen Genauigkeit des Zeitnormals sehr klein gehalten werden. Bei dieser Methode der Analog-Digital-Umsetzung ist allerdings zu beachten, dass der Spannungswert 0 V aus verfahrenstechnischen Gr¨ unden nicht umgesetzt werden kann, was in praktischen Schaltungen durch Aufschalten eines Spannungsoffsets am Eingang des u/f-Umsetzers und Subtraktion des entsprechenden Z¨ ahlerwertes vom aktuellen Z¨ahlerstand umgangen werden kann. Infolge der bei der Messung sehr niedriger Frequenzen auftretenden Fehler geht man in diesen F¨allen zu einer Messung der Periodendauer (reziproke Frequenzmessung) u ¨ ber. Eine elegante L¨osung bietet sich in Form des rechnenden Z¨ahlers an, der das einfache Umschalten zwischen den beiden Messmethoden direkte Frequenzmessung“ und reziproke Frequenzmessung“ erm¨oglicht (s. ” ” Kap. 12.5) [199]. Ein weiterer Vorzug solcher Z¨ahlverfahren besteht darin, dass periodische St¨orspannungen ohne Einfluss bleiben, wenn man eine Torzeit w¨ ahlt, welche einem Vielfachen der Periodendauer des St¨orsignals entspricht.
Abb. 11.69. Prinzip der Analog-Digital-Umsetzung mit Hilfe von SpannungsFrequenz-Umsetzer und Z¨ ahler
370
11 Digitale Messtechnik
Ein Spannungs-Frequenz-Umsetzer ist ein Oszillator, dessen Schwingfrequenz von einer von außen angelegten elektrischen Spannung gesteuert wird. Abbildung 11.70 zeigt eine m¨ogliche Schaltungsrealisierung. Diese besteht aus einem integrierenden Verst¨arker, der im zeitlichen Wechsel die Eingangsspannung uE bzw. ihren invertierten Wert −uE integriert. Das jeweilige Ergebnis dieser Integration wird mit Hilfe zweier Komparatoren mit den Referenzspannungen +Uref und −Uref verglichen. Wenn die Ausgangsspannung uA des integrierenden Verst¨ arkers den Wert uA = +Uref erreicht, schaltet der Komparator K1 und setzt das RS-Flip-Flop. Gleichzeitig wird von der Steuerung der Schalter S am Eingang umgelegt, so dass nunmehr die Spannung +uE integriert wird. Die Eingangsspannung uE wird also solange integriert (fallende Rampe), bis die Integratorspannung die untere Schwelle (−Uref ) unterschreitet, woraufhin die Steuerung den Eingangsschalter S umschaltet, so dass danach wieder die invertierte Eingangsspannung integriert wird (steigende Rampe), bis die
Abb. 11.70. Spannungs-Frequenz-Umsetzer (u/f-Umsetzer): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe am Ausgang des Integrierers (uA ) sowie am Ausgang des RS-FlipFlops (Q) f¨ ur eine kleine (linkes Teilbild) und eine gr¨ oßere Eingangsspannung uE (rechtes Teilbild)
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
371
obere Schwelle (+Uref ) erreicht ist. Im stetigen Wechsel zwischen diesen zwei Zust¨ anden entsteht am Ausgang des Integrierers eine Schwingung mit einem Zeitverlauf, der einem gleichschenkeligen Dreieck entspricht. Der Q-Ausgang des RS-Flip-Flops liefert daraufhin eine unipolare Rechteckspannung mit derselben Frequenz. Anhand von Abb. 11.70b lassen sich die folgenden Zusammenh¨ ange ableiten 1 uA (t) = − u1 (t) dt (11.65) RC 1 uE (tmax − tmin ) (11.66) uAmax = +Uref = −Uref + RC 1 uE (TX + tmin − tmax ) . uAmin = −Uref = Uref − (11.67) RC Die Subtraktion der Gln. (11.67) und (11.66) liefert 4Uref =
1 uE TX . RC
(11.68)
Daraus l¨ asst sich schließlich der gesuchte Zusammenhang zwischen der Frequenz fX des Rechtecksignals am Ausgang des RS-Flip-Flops und der Eingangsspannung uE ableiten fX =
1 1 uE = const. · uE . = TX 4Uref RC
(11.69)
Die Frequenz des Rechtecksignals am Ausgang ist also gem¨aß Gl. (11.69) proportional zur Eingangsspannung uE . Sie l¨asst sich aus dem Z¨ahlerstand bei vorgegebener Torzeit leicht ermitteln. ADC nach dem Ladungskompensationsverfahren (Charge-Balancing-Converter) Eine Spannungs-Frequenz-Umsetzung l¨asst sich auch mit Hilfe eines sog. Charge-Balancing-Converters durchf¨ uhren, dessen prinzipielle Funktionsweise anhand von Abb. 11.71 erl¨autert werden soll. Beim Charge-BalancingConverter wird die Eingangsspannung uE ebenfalls bis zu einem vorgegebenen Schwellwert USW integriert. Bei Unterschreiten des Schwellwertes USW wird f¨ ur eine Zeit T0 , die von der monostabilen Kippstufe definiert wird, zus¨atzlich eine Stromquelle an den Ladekondensator angeschlossen. Mit diesem zus¨atzlichen (Ent-) Ladevorgang erreicht die Ausgangsspannung uA nach Ablauf der Zeit T0 ihren Spitzenwert uAmax = USW + ΔuA .
(11.70)
Anschließend ist wiederum ausschließlich die Eingangsspannung uE am Ladevorgang beteiligt, sodass sich der zeitliche Verlauf der Ausgangsspannung uA f¨ ur diese Zeitphase wie folgt ergibt
372
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.71. Analog-Digital-Umsetzung nach dem Ladungskompensationsverfahren (Charge-Balancing-Converter): a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe
1 uA (t) = uAmax − RC
T0 +t
uE (t ) dt .
(11.71)
T0
Nach einer Zeit Tload wird (vom Abtrennen der Stromquelle an gerechnet) wiederum der Schwellwert USW erreicht. Es gelten folgende Zusammenh¨ange 1 uE Tload (Ladevorgang) RC
1 uE Iref − T0 (Entladevorgang) . ΔuA = C R
ΔuA = +
(11.72) (11.73)
Aus den Gln. (11.72) und (11.73) kann bereits die Frequenz fX der Rechteckfolge angegeben werden, welche schließlich mit Hilfe des Z¨ahlers und einer Torzeitvorgabe bestimmt werden kann fX =
1 1 = uE . Tload + T0 RIref T0
(11.74)
Gleichung (11.74) l¨asst erkennen, dass die Frequenz fX nicht mehr vom Kapazit¨ atswert des Ladekondensators C abh¨angt, was bedeutet, dass dieser nur noch kurzzeitstabil sein muss. Wenn man das in bezug auf Genauigkeit kritischste Bauelement, die Monoflopstufe, durch ein D-Flip-Flop ersetzt, das von einem hochgenauen Taktgenerator angesteuert wird, gelangt man zum getakteten Ladungskompensations-Konverter (Abb. 11.72) [136]. Dieses Schaltungsprinzip weist den
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
373
Abb. 11.72. Getakteter Ladungskompensationskonverter [136]
großen Vorzug auf, dass die Dauer und damit auch die Gr¨oße der Ladungspulse durch die Periodendauer derselben Frequenz (Taktfrequenz) bestimmt wird, die auch die Torzeit des Z¨ahlers festlegt. Damit wird vermieden, dass dieser Frequenzwert die Messgenauigkeit beeintr¨achtigt. Die Aufladung durch die Eingangsspannung uE erfolgt kontinuierlich durch den dabei fließenden Eingangsstrom iE uE . (11.75) iE = R Zur Entladung wird wiederum eine Stromquelle verwendet, die von einem D-Flip-Flop geschaltet wird, dessen Steuertakt mit dem Referenztakt fref identisch ist. Der mittlere Entladestrom ¯ientl ergibt sich demnach zu ¯ ¯ientl = Iref fS , fref
(11.76)
ur den Stromschalter ist. wobei f¯S die mittlere Frequenz der Steuerimpulse f¨ Infolge der durch die Schaltersteuerung entstehenden R¨ uckkopplung wird sich die mittlere Schaltersteuerfrequenz so einstellen, dass der zeitlich gemittelte Entladestrom ¯ientl gleich dem Ladestrom iE ist. Mit iE = ¯ientl
(11.77)
liefern die Gln. (11.75) und (11.76) den Zusammenhang zwischen der mittleren Schaltfrequenz f¯S und der Eingangsspannung uE fref uE . f¯S = R Iref
(11.78)
Dieser Frequenzwert ist also wiederum der Eingangsspannung proportional.
374
11 Digitale Messtechnik
11.7.7 Vergleich der Grundprinzipien direktvergleichender Analog-Digital-Umsetzer In Tab. 11.12 werden die sechs wesentlichen bei der Analog-Digital-Umsetzung verwendeten Grundprinzipien verglichen. Tabelle 11.13 zeigt Analog-DigitalUmsetzer der oberen Leistungsklasse. Das Parallel-Verfahren findet u ¨ berall dort Anwendung, wo es auf h¨ochste Umsetzgeschwindigkeit (Konversionsrate) ankommt. F¨ ur Aufl¨osungen oberhalb von 10 Bit greift man i.Allg. zu den Kaskadenverfahren, wo ein oder mehrere N -Bit-Parallel-Umsetzer in theoretisch n Zeitzyklen einen Umsetzer mit einer Aufl¨osung von n · N Bit realisieren. Das Kaskadenverfahren ist ein kombiniertes Parallel-W¨age-Verfahren. Das reine W¨ ageverfahren bietet eine Kompromissl¨osung, einerseits zum ParallelVerfahren und andererseits zum Z¨ahlverfahren. Im Bereich von 8 bis 10 Bit ist es langsamer, aber wegen der wesentlich geringeren Anzahl von Komparatoren deutlich kosteng¨ unstiger als das Parallel-Verfahren, w¨ahrend es bei Tabelle 11.12. Grundprinzipien zur Analog-Digital-Umsetzung Prinzip
Zahl der Zyklen
Zahl der Typ. Aufl¨ osung Komparatoren Typ. Konversionsraten 14 ≤ N ≤ 24 < 2 MSamples/s
Delta-SigmaVerfahren 2N − 1
N < 10 > 10 MSamples/s
ParallelVerfahren (Flash)
1 (word at a time)
W¨ ageVerfahren (SAR)
N (Bit at time)
N
8 ≤ N ≤ 18 10 kSamples/s − 2 MSamples/s
Z¨ ahlVerfahren
2N (max.) (level at a time)
1
8 ≤ N ≤ 20 < 1 kSamples/s
KaskadenVerfahren (Kombiniertes ParallelW¨ age-Verfahren)
n (bei einer Aufl¨ osung von n · N Bit)
2N − 1
PipelineVerfahren
1 (aber mit Latenzzeit von n Zyklen)
8 ≤ N ≤ 16 1 MSamples/s − 100 MSamples/s
n(2N -1) 8 ≤ N ≤ 16 bzw. < 1 GSamples/s n(2N+1 -1) bei Fehlerkorrektur
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
375
Aufl¨ osungen im Bereich 12 bis 16 Bit h¨ohere Konversionsraten erlaubt als das Z¨ ahlverfahren, allerdings bei h¨oheren Kosten. Die Z¨ahlverfahren erm¨oglichen h¨ ochste Genauigkeit bei deutlich niedrigeren Konversionsraten. Tabelle 11.13. Analog-Digital-Umsetzer der oberen Leistungsklasse Prinzip Delta-SigmaVerfahren
Hersteller Texas Instr. Anal.Devices Texas Instr.
Typ ADS1253 AD7760 ADS1605 ADS1675
ParallelVerfahren (Flash)
National Semicond.
ADC12D1800 12 Bit
W¨ ageVerfahren (SAR)
Analog AD7641 Devices AD7667 Texas Instr. ADS5500
KaskadenMaxim Verfahren (Kombiniertes Linear ParallelTechnology W¨ age-Verfahren (Half-Flash)) PipelineVerfahren
Au߬ osung 24 Bit 24 Bit 16 Bit 24 Bit
Konversionsrate 20 kSamples/s 2,5 MSamples/s 5 MSamples/s 4 MSamples/s
Leistung 8 mW 958 mW 560 mW 575 mW
3,6 GSamples/s 4,1 W
18 Bit 16 Bit 14 Bit
2 MSamples/s 75 mW 1 MSample/s 133 mW 125 MSamples/s 780 mW
MAX1193
8 Bit
45 MSamples/s
LTC2242-12
12 Bit
250 MSamples/s 740 mW
8 Bit 12 Bit
250 MSamples/s 590 mW 1 GSamples/s 2,2 W
Anal.Devices AD9480 Texas Instr. ADS5400
57 mW
11.7.8 Fehler bei der Analog-Digital-Umsetzung Statische Fehler Bei einem realen Analog-Digital-Umsetzer entsteht durch die endliche Stellenzahl und die daraus resultierende (stufenf¨ormige) Quantisierung ein sy¨ stematischer Fehler, der sog. Quantisierungsfehler, welcher in der Ubertragungskennlinie des ADC abgelesen werden kann (Abb. 11.73). Er betr¨agt beim idealen Umsetzer maximal die H¨alfte der niedrigstwertigen Stelle ULSB . Wird das digitalisierte Signal u ¨ ber einen Digital-Analog-Umsetzer wieder in ein Analogsignal umgesetzt, so ¨außert sich dieser Fehler als eine Rauschspannung, die als Quantisierungsrauschen bezeichnet wird. Im Folgenden soll das Signal/Rausch-Verh¨altnis als Funktion der ADC-Aufl¨osung bestimmt werden. Das Signal/Rausch-Verh¨altnis S/N ist definiert als
S Useff [dB] = 20 lg , (11.79) N Ureff
376
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.73. Quantisierungsfehler bei der Analog-Digital-Umsetzung. Die Spannung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang des AD-Umsetzers auftritt: a) ideale und reale Kennlinie eines ADC, b) Quantisierungsfehler als Funktion der Eingangsspannung
wobei Useff und Ureff die jeweiligen Effektivwerte der Signalspannung (Nutzspannung) bzw. der St¨orspannung (Rauschspannung) bezeichnen. Zur Ermittlung des Signal/Rausch-Verh¨altnisses eines N -Bit-Umsetzers nimmt man eine Vollaussteuerung des ADC mit einem Sinussignal us (t) an ˆ sin ωt . us (t) = U Wenn die maximale Aussteuerung des Umsetzers UAmax UAmax = 2N − 1 ULSB ≈ 2N ULSB
(11.80)
(11.81)
betr¨ agt, gilt somit ˆ = UAmax . 2U
(11.82)
Damit ergibt sich der Effektivwert Useff einer sinusf¨ormigen Signalspannung an einem N -Bit-Umsetzer bei Vollaussteuerung zu 1 1 N 1 1 2 − 1 ULSB ≈ √ 2N ULSB . Useff = √ 22 22
(11.83)
Die effektive Rauschspannung des Umsetzers l¨asst sich aus dem Zeitverlauf des Quantisierungsrauschens bestimmen, wenn keine sonstigen Fehlspannungen ber¨ ucksichtigt werden m¨ ussen. Wenn man annimmt, dass die Eingangsspannung uE zeitlich linear ansteigt, berechnet sich der Effektivwert Ureff der
11.7 Analog-Digital-Umsetzung
377
Rauschspannung aus dem zeitlichen Verlauf des Quantisierungsrauschens zu (der Zeitverlauf l¨asst sich aus Abb. 11.73b ablesen, wenn man ber¨ ucksichtigt, dass uE zeitlich linear ansteigt) +T 2 2
1 t ULSB Ureff = ! ULSB dt = √ . (11.84) T T 12 −T 2
Das Signal/Rausch-Verh¨altnis ergibt sich damit wie folgt S [dB] = 20 lg N
Useff Ureff
= 20 lg
√1 1 2N ULSB 22 U√LSB 12
" = 20 lg
# 3 N 2 (11.85) 2
= (6N + 1, 76) . In realen Analog-Digital-Convertern ergibt sich aufgrund zus¨atzlicher Fehler eine h¨ ohere Rauschspannung und damit unter praktischen Gegebenheiten ein geringeres Signal/Rausch-Verh¨altnis als das in Gl. (11.85) angegebene. Solche ¨ Fehler sind z. B. Offsetfehler (Ubertragungskennlinie geht nicht durch den ¨ Ursprung) oder Verst¨arkungsfehler (Steigung der Ubertragungskennlinie hat nicht den Wert Eins). Weitere Fehler treten insbesondere in Form von Nichtlinearit¨aten auf, die sich darin ¨ außern, dass die Stufen der Kennlinie verschieden hoch bzw. verschieden breit sind. Bei einer nichtlinearen Kennlinie liegen die Eckpunkte der Stufenfunktion also nicht mehr auf einer Geraden (Abb. 11.74). Die Abweichungen der Eckpunkte ui der bez¨ uglich Offset- und Steigungsfehler korrigier-
¨ Abb. 11.74. Ubertragungsverhalten eines AD-Umsetzers mit Linearit¨ atsfehler. Die Spannung uA (Z) ergibt sich durch ideale DA-Umsetzung der Zahl Z, die am Ausgang des AD-Umsetzers auftritt. Die Spannung ui liegt in der Mitte des Spannungsintervalls, das durch die beiden benachbarten Schaltschwellen definiert wird.
378
11 Digitale Messtechnik
ten realen Kennlinie (Abb. 11.74) zu denen der realen Kennlinie ohne Linearit¨ atsfehler bilden den sog. integralen (totalen) Nichtlinearit¨atsfehler FNLint bzw. fNLint FNLint (i) = ui − iULSB (11.86) bzw. fNLint (i) =
ui − iULSB . ULSB
(11.87)
Die Abweichungen von der idealen Stufenbreite ULSB werden als differentielle Nichtlinearit¨at FNLdiff bzw. fNLdiff bezeichnet FNLdiff (i) = (ui+1 − ui ) − ULSB bzw. fNLdiff (i) =
(ui+1 − ui ) − ULSB . ULSB
(11.88)
(11.89)
Dynamische Fehler Die Dauer eines Umsetzungsvorgangs ergibt sich aus der als Acquisition Time bezeichneten Summe von Aperture Time und Settling Time des Sample & Hold-Gliedes (Tab. 11.10) sowie der Konversionszeit (Conversion Time) des eigentlichen Analog-Digital-Umsetzers. Diese Zeiten begrenzen daher die maximale Abtastfrequenz, d. h. ihre Summe muss kleiner sein als der Reziprokwert der doppelten Signalgrenzfrequenz fsmax , um das Shannonsche Abtasttheorem zu erf¨ ullen (Nyquist-Kriterium) fa > 2fsmax .
(11.90)
Die maximal m¨ogliche Abtastfrequenz famax errechnet sich dabei als Reziprokwert der Summe aller am Umsetzungsprozess beteiligten Zeiten 1 1 . = Tamin ApertureTime + SettlingTime + ConversionTime (11.91) Schwankungen der Aperture Time, die auch als Apertur Jitter bzw. AperturUnsicherheit bezeichnet werden, bedeuten Schwankungen der Abtastzeitpunkte, was zu einem dynamischen Fehler f¨ uhrt. Dieser Fehler ist um so gr¨oßer, ¨ je gr¨ oßer die zeitliche Anderung der Eingangsspannung (duE /dt) ist. Diese zeitlichen Schwankungen der Abtastzeitpunkte machen sich in Form von Amplitudenunsicherheiten bemerkbar, welche um so gr¨oßer werden, je steiler der zeitliche Anstieg der Eingangsspannung ist. Im Allgemeinen fordert man, dass der daraus resultierende Betrag des absoluten Fehlers |ΔU | kleiner als 1 /2 ULSB bleiben soll, da ansonsten das niedrigstwertige Bit (Least Significant Bit (LSB)) wertlos w¨are 1 |ΔU | ≤ ULSB . (11.92) 2 famax =
11.8 Digital-Multimeter (DMM)
379
Um die aus dieser Vorgabe (Gl. (11.92)) resultierende Forderung bez¨ uglich der zeitlichen Schwankungen ΔTjitter der Abtastzeitpunkte herzuleiten, wollen wir annehmen, dass die Eingangsspannung uE einen sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweist ˆ sin ωt . uE (t) = U (11.93) Mit der Beziehung
ΔU =
duE (t) dt
Δt
(11.94)
max
folgt aus den Gln. (11.92) und (11.93) die entsprechende Forderung bez¨ uglich des zeitlichen Jitters ΔTjitter ΔTjitter ≤
1 ULSB . ˆω 2 U
(11.95)
ˆ = UAmax ) l¨asst sich daraus die Grenze f¨ ur Bei Vollaussteuerung des ADC (2U den absoluten Jitterfehler angeben ΔTjitter ≤
ULSB 1 1 = N ≈ N . UAmax ω (2 − 1)ω 2 ω
(11.96)
Soll beispielsweise mit Hilfe eines 8-Bit ADC ein 50-MHz-Signal umgesetzt werden, leitet sich daraus die Forderung ab, dass die zeitliche AperturUnsicherheit ΔTjitter ≤ 12, 5 ps sein muss.
11.8 Digital-Multimeter (DMM) 11.8.1 Anzahl der Stellen und Genauigkeit Digital-Multimeter (DMM) sind universelle Messger¨ate zur standardm¨aßigen Messung von Spannung, Strom und ohmschen Widerst¨anden. Sie bestehen neben einem Netzwerk von Messwiderst¨anden und einer Stromquelle zur Widerstandsmessung (s. Abb. 11.75) aus einem Effektivbaustein (s. Abschn. 11.8.2), einem Analog-Digital-Converter (ADC) und einer Digitalanzeige. Als ADCs
Abb. 11.75. Blockschaltbild eines Digital-Multimeters
380
11 Digitale Messtechnik
verwenden sie meist Dual-Slope-Umsetzer, da diese bei ausreichender Messgeschwindigkeit hohe Messgenauigkeiten bei geringem Hardware-Aufwand garantieren. Digital-Multimeter arbeiten mit drei bis zehn (in Sonderf¨allen bis zu einigen hundert) Wandlungen in der Sekunde. Je nach Genauigkeitsanforderungen liegt die Anzahl der angezeigten Stellen zwischen 3 1/2 und 8 1/2 (Tab. 11.14). Dabei bezeichnet die erste Ziffer die Zahl der angezeigten Nachkommastellen. Die f¨ uhrende eins wird als halbes Digit angegeben. Tabelle 11.14. Daten von Digital-Multimetern Anzahl der Stellen
AnzeigeUmfang
Au߬ osung
typische Genauigkeit (Gleichspannung)
3 1/2 4 1/2 5 1/2 7 1/2
± ± ± ±
5·10−4 5·10−5 5 ·10−6 5·10−8
0,25 % 0,05 % 0,01 % 0,001 %
1,999 1,9999 1,99999 1,9999999
Es ist eine gewisse Diskrepanz zwischen der Aufl¨osung und der Genauigkeit festzustellen. Der grunds¨atzliche Fehler von Digital-Multimetern betr¨agt ±1 Digit, wobei 1 Digit der letzten angezeigten Nachkommastelle entspricht. Ein typisches Ger¨atebeispiel soll dies verdeutlichen. So betr¨ agt die (relative) Aufl¨osung eines 3 1/2 -stelligen DMM 1/(2000) = 0, 0005. Die Genauigkeit wird jedoch mit 0, 25% angegeben, was 5 Digits entspricht (5/2000 = 0, 25%). Da sich die Verh¨altnisse bei Digital-Multimetern mit noch mehr Stellen eher verschlechtern, muss in der Praxis meist die letzte angezeigte Stelle wegen ihrer großen Unsicherheit bei den Genauigkeitsbetrachtungen gestrichen werden. 11.8.2 Beispiel eines 4 1/2 -stelligen Digital-Multimeters In diesem Abschnitt soll der Zusammenhang zwischen den angezeigten Stellen des Digital-Multimeters und der Aufl¨osung seines Analog-Digital-Converters (ADC) ermittelt werden. Nimmt man beispielsweise ein 4 1/2 -stelliges DMM, so betr¨ agt seine relative Aufl¨osung 5 · 10−5 . Die entsprechende absolute Aufl¨ osung ergibt sich zu 2 V · 5 · 10−5 = 10−4 V. Dieser Wert entspricht gleichzeitig dem absoluten Spannungspegel des Least Significant Bit (ULSB ) des Analog-Digital-Converters. Mit dem Zusammenhang Umax = (2N − 1) · ULSB folgt 2 V = (2N − 1) · 10−4 V 2N − 1 = 2 · 104
(11.97)
11.8 Digital-Multimeter (DMM)
381
2N ≈ 2 · 104 lg(2 · 104 ) N= lg(2) lg(2 · 104 ) = 14, 3 → N = 15 . lg(2)
(11.98)
Die entsprechenden Aufl¨osungen f¨ ur Digital-Multimeter mit anderer Stellenanzahl k¨ onnen Tab. 11.14 entnommen werden. Im Allgemeinen bestimmt der Widerstand eines Eingangsspannungsteilers den Eingangswiderstand des Digital-Multimeters (meistens in der Gr¨oßenordnung 10 MΩ), w¨ahrend die eigentliche Messschaltung Innenwiderst¨ande von > 108 Ω aufweist. Moderne leistungsf¨ahige Digital-Multimeter (Abb. 11.77) verf¨ ugen im Allgemeinen u ¨ ber Standard-Rechnerschnittstellen, wie RS 232, IEC-Bus, USB bzw. Ethernet (Kap. 16.7). F¨ ur den Aufbau von Digital-Multimetern sind integrierte Schaltungen erh¨ altlich, die bereits wesentliche Funktionen, wie Verst¨arkung, Vorzeichendetektion mit Invertierung, Tiefpass-Filterung, A/D-Umsetzung und Ausgangsregister aufweisen. Digital-Multimeter enthalten zur Wechselspannungsbzw. Wechselstrom-Messung entweder Gleichrichter-Schaltungen zur Bildung des Gleichrichtmittelwertes oder eine Schaltung zur Bildung des echten Effektivwertes nach Gl. (6.89). Die letztgenannten beruhen auf einem integrierenden Operationsverst¨arker sowie einem als Quadrierer und einem als Radizierer geschalteten Multiplizierermodul (Abb. 11.76). Die Operationsverst¨ arker-Schaltung realisiert einen Tiefpass 1. Ordnung mit der Eckfrequenz fg = 1/(2πRC). Solche Schaltungen weisen Fehler im Bereich von 0,5 % auf. Schaltungen zur Gleichricht-Mittelwert-Bildung arbeiten mit kleineren Fehlern (0,1 %). Allerdings f¨ uhrt die Messung nicht-sinusf¨ormiger Gr¨oßen zu entsprechenden Fehlern.
Abb. 11.76. Prinzipschaltung eines Effektivwertbausteines
382
11 Digitale Messtechnik
11.8.3 Messungen des echten Effektivwertes von Signalen mit Gleichanteil In den Schalterstellungen “AC-Voltage” (Wechselspannung) bzw. “AC-Current” (Wechselstrom) wird der Gleichanteil (DC-Anteil) bei der Messung unterdr¨ uckt. Das f¨ uhrt dazu, dass auch mit echter Effektivwertmessung ausgestattete Digital-Multimeter (DMM mit true RMS-Messung) nicht mehr den echten Effektivwert messen, wenn das Messsignal einen Gleichanteil enth¨alt. Hier hilft nur folgende Vorgehensweise: Man muss zwei seperate Messungen durchf¨ uhren, und zwar wird einmal in Schalterstellung “AC” der Effektivwert des reinen Wechselanteils (mit abgetrenntem Gleichanteil) gemessen und in einer zweiten Messung in Schalterstellung “DC” der reine Gleichanteil. Der Wechselanteil wird dabei automatisch “herausintegriert”. Der echte Effektivwert des Gesamtsignals wird schließlich ¨ durch effektivwertm¨aßige, d. h. quadratische, Uberlagerung gem¨aß xrms(AC+DC) = x2rmsAC + x2rmsDC (11.99) bestimmt. Bei der Messung des DC-Anteils sollte u ¨ ber mindestens 10 Perioden der Energieversorgungsnetzfrequenz (50 Hz in Europa bzw. 60 Hz in USA) gemittelt werden. Intelligente Multimeter, wie z.B. das Agilent 34411A (Abb. 11.77) messen unmittelbar nach ihrer Inbetriebnahme die Netzfrequenz und stellen die Integrationszeit des verwendeten Dual-Slope-ADC (Kap. 11.7.6) auf optimale Mittelung ein. So garantiert dieses Ger¨at im langsamen Messmodus f¨ ur 6 1/2 Stellen (Digits) eine Unterdr¨ uckung des Netzsignals um 70 dB. ¨ Bei Uberlegungen zur Messgenauigkeit von Digital-Multimetern bei ACMessungen muss des Weiteren der Scheitelfaktor (Crest Factor) (s. Gl. (6.90)) ins Kalk¨ ul gezogen werden. Denn je gr¨oßer der Scheitelfaktor, um so gr¨oßer sind die Signalanteile bei (im Vergleich zur Grundwelle) h¨oheren Frequenzen (h¨ oheren Harmonischen), so dass mit zunehmendem Scheitelfaktor auch die Messfehler bei der echten Effektivwertmessung steigen (s. Kap. 11.8.4). 11.8.4 Gesamtfehler infolge Scheitelfaktor Als Beispiel wird hier eine Absch¨atzung der Fa. Agilent u ur ¨ bernommen, die f¨ das 6 1/2 stellige DMM Modell 34411A (Abb. 11.77) gilt. Der Gesamtfehler infolge Crest Factor (Scheitelfaktor) setzt sich wie folgt zusammen Gesamtfehler = Fehler (Sinus) + Fehler (Crest Factor) + Fehler (Bandbreite) (11.100) Der Fehler (Bandbreite) ist der infolge der h¨oheren Harmonischen. Er wird wie folgt abgesch¨atzt Fehler (Bandbreite) =
(C.F.)2 · F , 4π · BW
(11.101)
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion (Source Measure Units)
383
Abb. 11.77. 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter, Typ 34411A, der Fa. Agilent [2]
wobei C.F. der Crest Factor, F die Grundfrequenz des Messsignals und BW die - 3 dB -Bandbreite (Bandwidth) des Messger¨ates ist (hier 1000 kHz). F¨ ur einen beispielhaften C.F. = 3 und eine Fundamentalfrequenz F = 20 kHz ergibt sich ein Fehler (Bandbreite) von 1, 4 %. Mit den Fehlerspezifikationen f¨ ur das o. g. Ger¨at summiert sich der Gesamtfehler zu Gesamtfehler = 0, 08% + 0, 15% + 1, 4% = 1, 6% .
(11.102)
Dies bedeutet, dass der Bandbreitefehler infolge Scheitelfaktor den Gesamtfehler dominiert.
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit Ru ¨ ckmessfunktion (Source Measure Units) 11.9.1 Source Measure Units in automatischen Testsystemen Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion, auch als Source Measure Units bezeichnet, bieten folgende vier Grundfunktionen bei der Messung elektrischer Gr¨ oßen: • • • •
Spannungsquelle Spannungsmesser Stromquelle Strommesser
So kann beispielsweise im Zuge der Pr¨ ufung elektrischer bzw. elektronischer Bauelemente dem Pr¨ ufling (Device under Test = D. u. T. bzw. DUT) ein Konstantstrom eingepr¨agt und gleichzeitig die Spannung an seinen Klemmen gemessen werden. Umgekehrt kann das Ger¨at die Stromaufnahme des
384
11 Digitale Messtechnik
Pr¨ uflings messen, w¨ahrend er mit einer Konstantspannung beaufschlagt wird. Da diese Source Measure Units (SMUs) in aller Regel einen vollst¨andigen 4Quadrantenbetrieb erlauben, kann das gesamte Kennlinienfeld des Pr¨ uflings aufgenommen werden, indem Spannung bzw. Strom in systematischen Schritten ver¨ andert werden. Zwecks komfortabler Bedienung bzw. f¨ ur automatisierte Testabl¨aufe in der Produktion beispielsweise sind alle Funktionen der SMUs programmierbar. Hauptanwendungsgebiete sind die vollautomatisierte Charakterisierung von Halbleiterbauelementen, Leckstrommessungen an MOSFETs oder Untersuchungen zur Elektromigration. SMUs sind standardm¨aßig mit IEC-Bus-Interfaces ausgestattet. Die neueren Generationen enthalten auch USB- und Ethernet-Schnittstellen. Um die Testabl¨ aufe zu beschleunigen und die zentralen Steuerrechner zu entlasten, besitzen die SMUs leistungsf¨ahige Controller, so dass komplette Testreihen eigenst¨ andig ablaufen k¨onnen. So werden bei den meisten Fertigungsendpr¨ ufungen von elektronischen Bauteilen und Komponenten sich st¨andig wiederholende Testfolgen gefordert, bei denen eine Spannung oder ein Strom eingespeist bzw. gemessen wird. Dabei wird festgestellt, ob das Bauteil innerhalb der spezifizierten Grenzwerte liegt. F¨ ur die Fertigungskontrolle werden immer h¨aufi-
GPIB
Beladeroboter Digital I/O 2602 SourceMeter
Test-Leitungen
TSP-Link 2602 SourceMeter
mechanische Verbindung DUT
Test-Leitungen
TSP-Link 2602 SourceMeter
Test-Leitungen
TSP-Link Series 2600 SourceMeter
Test-Leitungen
Digital I/O (Trigger Signale) weitere Instrumente Abb. 11.78. TSP-basierendes Testsystem mit mehreren Source Measure Units, die u ¨ ber TSP-Link vernetzt sind [91] (TSP = Test Script Processor)
11.9 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion (Source Measure Units)
385
ger Testzeiten von unter 10 ms pro Bauteilpr¨ ufung verlangt, was zu erh¨ohten Anforderungen bez¨ uglich der Einschwingzeiten f¨ uhrt. Des¨ofteren sind Chips mit h¨ oheren Pinzahlen zu pr¨ ufen. Um die entsprechenden Pr¨ ufungen zahlreicher Zweitore zeitsynchron durchf¨ uhren zu k¨onnen, werden mehrere SMUs zu einem Testsystem zusammengeschaltet (Abb. 11.78). Die SMUs der 2600Familie der Fa. Keithley beispielsweise enthalten dazu einen sog. Test Script Processor (TSP) und einen Hochgeschwindigkeitsbus (in Abb. 11.78 mit TSPLink bezeichnet) zur Vernetzung mehrerer SMUs im Master-Slave-Modus mit entsprechenden Triggerfunktionen. Auf diese Weise ist ein echter Parallelbetrieb der angeschlossenen SMUs m¨oglich [13]. 11.9.2 Messung kleiner Str¨ ome bzw. Spannungen mit SMUs Bei den im vorigen Abschnitt besprochenen automatisierten Testabl¨aufen besteht eine weitere Problematik in der genauen Messung geringer Spannungen und Str¨ome, welche pr¨azise Quellen- und Messfunktionen mit geringem St¨ orpegel obligatorisch machen. So sind Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion kommerziell erh¨altlich, die Str¨ome im Sub-FemtoampereBereich messen k¨onnen. Abbildung 11.79 zeigt ein solches Sub-FemtoampereMeter der Fa. Keithley, einem der f¨ uhrenden Hersteller auf diesem Gebiet.
Abb. 11.79. Source Measuring Unit (Typ 6430) der Fa. Keithley f¨ ur Messungen im Sub-Femtoampere-Bereich. Spezifikationen: Rauschgrenze: 0, 4 fA (peak-to-peak) (= 4 · 10−16 A); 6 1/2 stelliges Digital-Multimeter; 2000 Messungen pro Sekunde [91].
Das Ger¨ at arbeitet mit einem Remote-Vorverst¨arker, der u ¨ ber ein 2 m langes Kabel an die eigentliche SMU angeschlossen ist. Dieser hochwertige Messverst¨ arker ist mit einem extrem hohen Eingangswiderstand ausgestattet und mit einer sog. schwimmenden Masse (Guard) versehen. Er wird u ¨ ber ein Triax-Kabel angeschlossen. Bei den Triax-Kabeln befindet sich zwischen
386
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.80. Aufbau eines Triax-Kabels
dem zentralen Innenleiter und dem Außenleiter (Schirmgeflecht wie beim Koaxkabel) ein weiterer geflochtener metallischer Leiter (= Schutzschirm = Guard) zwecks Schirmung (Abb. 11.80). Abbildung 11.81 zeigt das Anschlussprinzip unter Verwendung von Triax-Kabeln. Die gezeigte Schaltung dient der Unterdr¨ uckung von Leckstr¨omen infolge des endlichen Kabelisolationswiderstandes. Die entsprechende Technik wird auch als Guard- oder Schutzschirmtechnik bezeichnet. Dabei wird der innere Leiter von dem Schutzschirm (Guard) umh¨ ullt. Mit Hilfe des Operationsverst¨arkers wird nun die Potentialdifferenz zwischen Innenleiter und Schutzschirm auf ann¨ahernd Null gebracht, so dass keine Ausgleichsstr¨ome durch den Isolationswiderstand RL fließen k¨ onnen. Ein weiterer Vorteil dieser Schaltung ist, dass auch eine parallel zu RL liegende Streu- bzw. Kabelkapazit¨at wirkungslos gemacht wird. Damit ¨ wird das Ubertragungsverhalten f¨ ur h¨oherfrequente Signale verbessert. Quelle
Leitung mit Guard-Ring (Triax-Kabel) Guard
Ri
hochohmiger Spannungsmesser
innerer Leiter
uD ≈ 0
RL
Spannungsmesser äußerer Leiter Abb. 11.81. Prinzip der Triax-Kabel-Verbindung einer Spannungsquelle mit einem hochohmigen Voltmeter
11.10 Elektronische Leistungsmesser
387
11.10 Elektronische Leistungsmesser Elektronische Leistungsmesser haben in j¨ ungster Zeit stark an Bedeutung gewonnen, insbesondere auch im h¨auslichen Bereich, wo sie in Haussteuerungen den Energieverbrauch von privaten und ¨offentlichen Geb¨auden messen. In Kap. 11.7.5 wurde in Form des Time-Division-Multiplizierers ein bereits seit l¨angerer Zeit eingef¨ uhrter elektronischer Leistungsmesser vorgestellt. In diesem Abschnitt sollen neben der klassischen Leistungsmessung mit einem Hallelement, die im Wesentlichen im Analogen stattfindet, vor allem auf digitaler Signalverarbeitung basierende ICs behandelt werden, die in modernen Leistungs- und Energiemessger¨aten zum Einsatz kommen. Dabei wird vorausgesetzt, dass die Str¨ome und Spannungen aus dem elektrischen Energieversorgungsnetz stammen, also bei einer Frequenz von 50 Hz harmonisch sind und der Oberwellenanteil gering bleibt. In Abschnitt 11.10.4 wird ein Leistungsmessungs-IC behandelt, der f¨ ur Hochfrequenz-Anwendungen bis 6 GHz geeignet ist. Solch hohe Frequenzen erfordern allerdings wieder eine analoge Signalverarbeitung. 11.10.1 Leistungsmessung mit Hallelement Das in Kap. 6.3.8 behandelte Hallelement kann in idealer Weise zur Messung der in einem Gleichstromkreis verbrauchten elektrischen Leistung eingesetzt werden. Dazu muss der Strom IL dieses Kreises mit Hilfe eines als Spulenwicklung ausgef¨ uhrten Shunts (Strommesswiderstand) in ein magnetisches Feld dem Strom umgesetzt werden (Abb. 11.82), dessen magnetische Induktion B IL proportional ist. Dieses B-Feld durchsetzt das Hallpl¨attchen in DickenRichtung (s. Abb. 6.53). Die Hallspannung UH ist daher gem¨aß Gl. (6.139) und damit auch proportional IL proportional |B| UH ∼ IL .
(11.103)
Hallelement I H UL UH UL. I L = P Lastimpedanz
UL
B
IL B
Φ
IL
als Wicklung ausgeführter Shunt
Abb. 11.82. Leistungsmessung im Gleichstromkreis mit Hallelement. Es wird die in der Lastimpedanz umgesetzte Leistung P gemessen.
388
11 Digitale Messtechnik
Die leistungsbestimmende Spannung UL liegt an der Lastimpedanz an und wird zum Erzeugen des Hallstromes herangezogen. Der durch das Hallelement fließende Hallstrom IH ist somit proportional der Lastspannung UL IH ∼ UL .
(11.104)
Da gem¨ aß Gl. (6.139) die Hallspannung UH auch proportional dem Hallstrom IH ist, folgt schließlich die Proportionalit¨ at zwischen der Hallspannung und der in der Last umgesetzten Gleichstrom-Leistung P P = UL · IL ∼ UH .
(11.105)
ur die verbrauchte elekSomit liefert die Hallspannung UH ein lineares Maß f¨ trische Leistung P . Das Hallelement u ¨ bernimmt dabei die Aufgabe des (Analog-)Multiplizierers, der Strom und Spannung multipliziert. Es wird daher oft auch als Hall” Multiplizierer“ bezeichnet. F¨ ur eine genaue Leistungsbestimmung muss darauf geachtet werden, dass das Hallelement im linearen Bereich betrieben wird. F¨ ur typische Hallelemente sollte die magnetische Induktion betragsm¨aßig unter 100 mT bleiben, da f¨ ur gr¨ oßere Induktionswerte starke Nichtlinearit¨aten infolge S¨attigung auftreten. Ein weiterer Punkt, den es zu beachten gilt, ist die Temperaturempfindlichkeit von Halbleiter-Hallelementen, die in aller Regel eine Temperaturkompensation erforderlich macht. Dies kann eleganterweise durch eine Anordnung in Form einer Halbbr¨ uckenschaltung (s. Kap. 9.5.4) oder auch einer Vollbr¨ uckenschaltung geschehen. 11.10.2 Integrierte Schaltkreise zur Leistungsmessung Die Messung der elektrischen Momentanleistung P (t) besteht stets aus der Produktbildung der durch Einzelmessung gewonnenen Gr¨oßen Strom iL (t) und Spannung uL (t) P (t) = uL (t) · iL (t) . (11.106) Werden Spannung und Strom zun¨achst ohne Beachtung ihres Phasenbezugs zu Effektivwerten verarbeitet und dann multipliziert, so erh¨alt man die Scheinleistung. Wenn die Spannung und der Strom in Phase sind, ergibt sich daraus unmittelbar die Wirkleistung; sind sie hingegen um 90◦ phasenverschoben, handelt es sich dabei um eine Blindleistung. Diese Zusammenh¨ange werden in Kap. 8 dieses Buches ausf¨ uhrlich beschrieben. Bei den in diesem Abschnitt behandelten elektronischen Leistungsmessern handelt es sich in allererster Linie um Wirkleistungsmesser, da f¨ ur die finanzielle Abrechnung der Lieferung elektrischer Energie durch einen Energieversorger die Wirkleistung bzw. Wirkenergie herangezogen wird. Ein integrierter Schaltkreis zur Ermittlung der elektrischen Leistung besteht eingangsseitig aus zwei Kan¨alen, einem Strom- und einem Spannungsmesskanal. Die Spannung wird dabei entweder u ¨ ber einen transformatorischen
11.10 Elektronische Leistungsmesser
389
Spannungswandler (s. Kap. 6.3.6) oder einen ohmschen Spannungsteiler abgegriffen. Der Strom wird i. Allg. mit Hilfe eines Messshunts in eine proportionale Spannung umgewandelt. Eine weitere M¨oglichkeit, den Strom in eine Spannung umzusetzen, besteht in der Verwendung einer sog. Rogowski-Spule (Abb. 11.83). Hierbei wird der Leiter, der den zu messenden Laststrom f¨ uhrt, durch eine konzentrisch gewickelte Spule hindurchgef¨ uhrt. Man ben¨otigt einen ∂Φ Wechselstrom, da erst durch die zeitliche Ver¨anderung ( ∂i ∂t = 0 bzw. ∂t = 0; Φ: magnetischer Fluss) eine Spannung in der Spule induziert wird. Gem¨aß dem Induktionsgesetz ist diese Spannung der zeitlichen Ableitung des Laststromes proportional di(t) u∼ . (11.107) dt
stromführender Leiter
i (t)
u(t)
di(t) dt
u(t)
Abb. 11.83. Prinzip einer Rogowski-Spule. Die in der Spule induzierte Spannung u(t) ist gem¨ aß dem Induktionsgesetz proportional dΦ(t) ∼ u(t) bzw. di(t) ∼ u(t). dt dt
In Abb. 11.84 ist die Struktur eines typischen Leistungsmessungs-ICs dargestellt. Die Ansteuerschaltung besteht aus einem Transformator-Wandler, der den Laststrom iL in eine proportionale Spannung u1 wandelt. Diese steht am Eingang des Strommesskanals zur Verf¨ ugung. Die Lastspannung uL wird mit Hilfe eines ohmschen Spannungsteilers in eine proportionale Spannung u2 umgesetzt. Die Eingangsspannungen u1 und u2 werden mit Hilfe je eines Verst¨ arkers, dessen Verst¨arkungsgrad programmiert werden kann, in ein f¨ ur den jeweiligen Analog-Digital-Converter (ADC) normiertes Eingangssignal konvertiert. Typischerweise werden hier 16-Bit-Umsetzer eingesetzt, die nach dem Delta-Sigma-Verfahren arbeiten (s. Kap. 11.7.4). Nach der Digitalisierung durch die ADCs werden die beiden in Form von Digitalwerten vorliegenden Spannungen in einem Digital-Multiplizierer multipliziert. Um anschließend die korrekte Wirkleistung zu erhalten, muss unter Umst¨anden noch eine Phasenkorrektur zwischen Strom- und Spannungskanal durchgef¨ uhrt werden. Dabei wird eine eventuell zwischen Strom- und Spannungsmesskanal vorhandene parasit¨ are Phasenverschiebung (Phasenoffset) wieder korrigiert. Dies kann im
390
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.84. Vereinfachtes Blockschaltbild eines typischen ICs zur Leistungs- bzw. Energiemessung mit digitaler Signalverarbeitung
11.10 Elektronische Leistungsmesser
391
Zuge der Kalibrierung erfolgen. Diese Phasenkorrektur entspricht einer zeitlichen Verschiebung der Abtastwerte, welche mit Hilfe eines Schieberegisters vorgenommen wird (s. Abb. 11.84). Nach dem digitalen Multiplizierer, der ausgangsseitig die Momentanleistung P (t) in Form von digitalen Abtastwerten liefert, folgt ein digitales Tiefpassfilter, an dessen Ausgang die zeitlich gemittelte Leistung P (t) vorliegt. Die Periodendauer der Mittelung ist so gew¨ahlt, dass Schwankungen in der Leistung noch sinnvoll dargestellt werden. Die Wirkleistung entspricht bei rein sinusf¨ ormigen Gr¨oßen dem Gleichanteil des Signals, da sich die Leistung wie folgt errechnet (s. Abb. 11.85) uL = u ˆL · sin ωt ˆ ) {uL , iL }) iL = iL · sin(ωt + <
(11.108) (11.109)
P (t) = uL (t) · iL (t) u ˆLˆiL u ˆLˆiL · cos(< ) {uL , iL }) − · cos(2ωt+ < ) {uL , iL }) = 2 2 uˆLˆiL · cos(< ) {uL , iL }) P (t) = Pwirk = 2 ) {uL , iL }) . = uLeff · iLeff · cos(<
(11.110)
(11.111)
Da die Wirkleistung jedoch auch zeitlichen Schwankungen unterworfen ist, handelt es sich nicht mehr um einen (theoretisch) reinen Gleichanteil, sondern um den spektralen Anteil von P (t), der sich im Vergleich zum mit 2ω spektrale Leistung
u L. i L cos ϕ 2
u L. i L 2
Übertragungsfunktion des Tiefpassfilters
1. Oberwelle
8Hz . 2π
ω
2ω
Kreisfrequenz
Abb. 11.85. Funktion des Tiefpassfilters aus Abb. 11.84 zur Abtrennung des Wirkleistungsanteils. Die Eckfrequenz des Tiefpassfilters liegt typischerweise bei fg = 8 Hz. Der Wert von 2ω entspricht 100 Hz · 2π.
392
11 Digitale Messtechnik
flukturierenden Anteil nur langsam ¨andert, d. h. seine Periodendauer ist groß gegen die der 100 Hz-Oberwelle. Der als Ausgangssignal vorhandene Wirkleistungswert ergibt sich aus der Integration u ¨ ber n Perioden der Grundfrequenz P (t) = Pwirk
1 = n·T
n·T P (t)dt
(11.112)
0
T : Periodendauer. Mit l¨ angerer Integrationsdauer erzielt man zwar h¨ohere Genauigkeiten, integriert aber auch unter Umst¨anden u ¨ ber zu messende Fluktuationen der Wirkleistung hinweg. Die Integration wird mit Hilfe des in Abb. 11.84 ge¨ zeigten Tiefpassfilters vorgenommen. Dessen Laplace-Ubertragungsfunktion (s. Kap. 3.13) lautet GTP (s) =
1 1 = , 1 + nT s 1 + ωsgr
(11.113)
wobei ωgr die Eckfrequenz des Tiefpassfilters ist (s. auch Abb. 11.85). Um den in Abb. 11.85 angegebenen Wert von ωgr = 8 Hz ·2π zu erreichen, m¨ usste u ur eine gr¨oßere Anzahl n von ¨ ber eine Periode (n = 1) gemittelt werden. F¨ 1 Mittelungsperioden erg¨aben sich geringere Eckfrequenzen ωgr = n·T . Im Anschluss an das digitale Tiefpassfilter folgt ein Digital-zu-FrequenzKonverter, der die Wirkleistung P (t) in eine Pulsfolge umwandelt. Die Pulsfolgefrequenz ist dabei proportional der Wirkleistung P (t). Dieses Pulsfolgesignal wird zum einen direkt ausgegeben. Es handelt sich dabei um ein frequenzcodiertes Signal (s. Kap. 1.6), dessen aktuelle Pulsfolgefrequenz dem momentanen Wert der verbrauchten Wirkleistung Pwirk = P (t) entspricht. Zum anderen werden die Pulse mit Hilfe eines Z¨ahlers akkumuliert, was einer zeitlichen Integration der Wirkleistung entspricht. Dies liefert als zweites Ausgangssignal die verbrauchte (Wirk-)Energie T Ewirk =
Pwirk dt .
(11.114)
0
Diese kann in Werten mit der u ¨blichen Einheit kWh ausgegeben werden. Energiemeter-IC mit Wirk- und Scheinleistungsbestimmung Im Folgenden soll stellvertretend f¨ ur ¨ahnliche kommerziell erh¨altliche ICs der integrierte Baustein ADE7763 [10] vorgestellt werden. Dieser integrierte Schaltkreis erlaubt neben der Messung der Wirkleistung Pwirk sowie der verbrauchten Wirkenergie Ewirk auch die Bestimmung der Scheinleistung Pschein . Als Eingangssignale m¨ ussen, wie bei dem im vorigen Abschnitt besprochenen Leistungs- bzw. Energiemesser, zwei Spannungssignale bereitgestellt werden, die der Lastspannung bzw. dem Laststrom proportional sind
11.10 Elektronische Leistungsmesser
393
u1 ∼ iL
(11.115)
u2 ∼ uL .
(11.116)
Die beiden programmierbaren Eingangsverst¨arker (PGA) liefern wiederum das normierte Signal f¨ ur zwei 16-Bit-Delta-Sigma-Umsetzer, die zeitlich synchron die beiden leistungsbestimmenden Signale u1 und u2 abtasten und in Digitalwerte umsetzen. Dem ADC des Spannungsmesskanals folgt wiederum ein Schieberegister, das der Phasensynchronisierung von Strom- und Spannungsmesskanal dient. Der Strommesskanal kann alternativ auf einen Temperatursensor aufgeschaltet werden, der eine nachtr¨agliche softwarem¨aßige Temperaturkompensation erlaubt. Ein eventuell vorhandener Gleichspannungsoffset (DC-Offset) wird im Strommesskanal durch ein entsprechendes digitales Hochpassfilter (Filter HP1 ) ausgeblendet. Diesem Digitalfilter folgt ein Integrierer, der bei Verwendung von Rogowski-Spulen zur Stromdetektion aktiv und ansonsten u uckt geschaltet wird. Im Fall von Rogowski-Stromsensoren ¨ berbr¨ (Abb. 11.83) ist das erhaltene Spannungssignal (gem¨aß Gl. (11.107)) proportional der zeitlichen Ableitung von iL , so dass die Integration wiederum zu einem dem Laststrom iL proportionalen Signal f¨ uhrt. Der anschließende Mulitplizierer multipliziert die beiden Signale u1 ∼ iL und u2 ∼ uL zur Momentanleistung. Der Tiefpass TP2 filtert wiederum gem¨aß Abb. 11.85 die Wirkleistung Pwirk in Form des Gleichanteils von P (t) heraus P (t) = Pwirk .
(11.117)
Danach folgen noch ein Summierer zur Offset-Korrektur sowie ein Multiplizierer, der mittels eines Kalibrierfaktors die genaue (im Sinne von kalibriert) Wirkleistung Pwirk liefert. Danach durchl¨auft das Signal auch hier einen DCF (Digital-zu-Frequenz-Konverter) und einen Z¨ahler, so dass am Ausgang wiederum ein Pulssignal zur Verf¨ ugung steht, dessen Pulsfolgefrequenz proportional der Wirkleistung ist. Der Z¨ahler liefert schließlich die verbrauchte Wirkenergie in der Einheit kWh. Die beiden in Abb. 11.86 gezeigten Betragsquadrat-Bausteine mit nachgeschalteten Tiefp¨assen bzw. Radizierern dienen der Bestimmung der jeweiligen Effektivwerte uLeff bzw. iLeff . Diese werden nach entsprechenden OffsetKorrekturen, die durch Summationsbausteine erfolgen, in einem Multiplizierer zur Scheinleistung Pschein = uLeff · iLeff = Peff (11.118) multipliziert. Nach Kalibrierung mit Hilfe eines weiteren Multiplizierers steht diese am Ausgang in Form eines Digitalwertes zur Verf¨ ugung. Sowohl Pwirk als auch Pschein = Peff lassen sich u ¨ ber ein Register des Bus-Interfaces auslesen.
394
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.86. Vereinfachtes Blockschaltbild des Energiemeter-ICs ADE7763 (SinglePhase Active and Apparent Energy Metering IC) [10]
11.10 Elektronische Leistungsmesser
395
3-Phasen-Energiemeter-IC Im Rahmen des Energiemeterings in Haussteuerungen muss der Energieverbrauch aller 3 Phasen des Drehstromnetzes gemessen werden (s. auch Kap. 8.2.3). Dazu gibt es ebenfalls spezielle integrierte Bausteine, welche gleichzeitig die Wirkleistungen aller 3 Phasen des Drehstromnetzes messen. Hier soll ein solcher IC anhand des 3-Phasen-Energiemeter-ICs ADE7752 der Fa. Analog Devices [9] vorgestellt werden. Abbildung 11.87 zeigt das vereinfachte Blockschaltbild dieses Schaltkreises. In Abb. 11.88 wird gezeigt, wie die Strom- und die Spannungsmesskan¨ale angekoppelt werden k¨onnen. Dabei ist sicherzustellen, dass bei Volllast, d. h. bei maximalem Strom bzw. bei der h¨ ochsten zu messenden Spannung (i.Allg. Ueff = 230 V) die Eingangsspannung der ersten Verst¨arkerstufe (betragsm¨aßg) 500 mV nicht u ¨ bersteigt. Es ist noch zu erw¨ ahnen, dass die Tiefp¨asse am Eingang (Abb. 11.88) dem Zweck dienen, h¨ oherfrequente St¨orsignale zu unterdr¨ ucken. In einem 3-phasigen Energiemeter stehen nun f¨ ur jeden Strom- und Spannungsmesskanal ein Analog-Digital-Konverter mit standardm¨aßig 16-Bit Aufl¨ osung bereit, um die verst¨arkten und damit pegelm¨aßig normierten Eingangssignale in entsprechende Digitalwerte umzusetzen. Wie schon bei der oben besprochenen einphasigen Energiemeterschaltung folgen f¨ ur jede Phase (L1 , L2 , L3 ) ein digitales Hochpass-Filter (im Strommesskanal) zur Beseitigung des DC-Offsets sowie eine Phasenkorrektur (im Spannungsmesskanal). Danach u ¨ bernimmt ein digitaler Multiplizierer die Produktbildung. Die dadurch erhaltenen Momentanwirkleistungen PLi (t) (mit i=1,2,3) werden, wie ebenfalls bereits oben beschrieben, je einem Tiefpassfilter (Grenzfrequenz fg = 8 Hz) zugef¨ uhrt. Diese Tiefpassfilter liefern am Ausgang den Gleichanteil von PLi (t), welcher der Wirkleistung der jeweiligen Phase entspricht PLi (t) = Pwirk Li .
(11.119)
ur Absolutwert bzw. Je nach Wert des Signals am ABS-Eingang (ABS steht f¨ Betragsbildung) wird der Wert von PLi entweder vorzeichenbehaftet oder betragsm¨ aßig einem Summierer zugef¨ uhrt Pwirk =
3
Pwirk Li
f¨ ur
ABS = 1
(11.120)
|Pwirk Li |
f¨ ur
ABS = 0 .
(11.121)
i=1
bzw. Pwirk =
3 i=1
Die Option, die Summe der Betr¨age zu bilden (ABS = 0 ), bietet die M¨oglichkeit, auch dann einen korrekten Wert f¨ ur die Gesamtwirkleistung am Ausgang zu erhalten, wenn das Energiemeter falsch an das Energienetz angeschlossen ist, z. B. wenn die Anschl¨ usse des Stromwandlers verpolt wurden.
396
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.87. Vereinfachtes Blockschaltbild des 3-Phasen-Energiemeter-ICs ADE7752 (Polyphase Energy Metering IC with Pulse Output) [9]
11.10 Elektronische Leistungsmesser
397
Am Ausgang konvertiert wiederum ein Digital-Frequenz-Konverter (DFC) den Summenwert (Summe bzw. Absolut-Summe der 3 Wirkleistungen) in eine Rechteckpulsfolge, dessen Pulsfolgefrequenz proportional dem Summenwert bzw. dem Absolutsummenwert der 3 Einzelwirkleistungen ist.
i L(t)
500 mV
Stromwandler
Eingangsverstärker des ICs Tiefpässe
a) L1 (Ueff = 230 V) 500 mV
Spannungswandler
Eingangsverstärker des ICs Tiefpässe
b1) L1 (Ueff = 230 V)
500 mV Eingangsverstärker des ICs b2)
Abb. 11.88. Ankopplungsm¨ oglichkeiten des Strom- und Spannungsmesskanals an das Energieversorgungsnetz: a) Strommesskanal; b1) Spannungsmesskanal u ¨ ber Wandler; b2) Spannungsmesskanal u ¨ber ohmschen Spannungsteiler.
398
11 Digitale Messtechnik
11.10.3 Smart Meter f¨ ur die Messung des Verbrauchs an elektrischer Energie Ein f¨ ur den elektrischen Energieverbrauch bestimmtes Smart Meter besteht aus einem eichf¨ahigen elektronischen Verbrauchsz¨ahler zur Messung des elektrischen Energieverbrauchs in einem Haushalt oder einem Unternehmen. Dabei wird mit Hilfe der oben beschriebenen elektronischen Leistungsmesser der Energieverbrauch durch zeitliche Integration der momentanen elektrischen Wirkleistung bestimmt und abgespeichert. Die dabei typischerweise verwendeten Zeitintervalle betragen 15 Minuten. Das heißt, dass jede Viertelstunde der Verbrauch an elektrischer Energie an der Messstelle elektronisch protokolliert wird. Diese Daten werden u ¨ ber das Verbrauchsjahr summiert und an den Energieverbraucher u ¨ ber einen sicheren Informationskanal, z. B. GSM, u ¨ bermittelt. Dem Verbraucher selbst ist aber der Energieverbrauch als Funktion der Zeit (mit den 15-min¨ utigen Abtastintervallen) zug¨anglich. Bei Großverbrauchern (die Definition ist l¨anderspezifisch, z. B. 6 000 kW/Jahr in Deutschland) werden die gemessenen Energieverbrauchswerte in t¨aglichen Intervallen an den Energielieferanten u ¨ bermittelt. F¨ ur den Einsatz von solch intelligenten Stromz¨ahlern sprechen verschiedene Gr¨ unde: 1. Der Verbraucher kann seinen Energieverbrauch genau im Auge behalten und gegebenenfalls im Hinblick auf eine Verbrauchsminderung selbst steuernd eingreifen. 2. Es lassen sich tageszeit- bzw. in Zukunft auch lastabh¨angige Stromtarife einf¨ uhren, d. h die elektrische Energie kann preiswerter bezogen werden, ¨ wenn Uberschuss herrscht. 3. In fernerer Zukunft wird unter Umst¨anden die lastabh¨angige Steuerung des Stromnetzes oder Teilen davon (Inseln im Sinne der sog. SmartGrid-Technologie) notwendig, die mit Hilfe von Smart Metern geschehen k¨ onnte. Die Smart Meter dienen dann als Beobachter (im Sinne von Energieverbrauchs-Sensoren) f¨ ur den aktuellen Vor-Ort-Energieverbrauch. K¨ unftig soll zwischen Messstellenbetreiber unterschieden werden. Das w¨ urde bedeuten, dass der intelligente Stromz¨ahler von einem separaten Unternehmen installiert oder zumindest gewartet wird. Mit welcher Geschwindigkeit die Umr¨ ustung auf intelligente Stromz¨ahler in Deutschland nun erfolgen wird, ist ¨ derzeit schwer absch¨atzbar. In Osterreich hingegen hat jeder Netzbetreiber bis Ende 2019 daf¨ ur zu sorgen, dass 95 % der an sein Netz angeschlossenen Z¨ ahler Smart Meter sind. 11.10.4 Leistungsmessungs-IC f¨ ur HF-Anwendungen Die bisher behandelten Leistungsmessungs-Schaltkreise sind bez¨ uglich ihrer h¨ ochsten Spektralkomponente, die sie verarbeiten k¨onnen, auf den Energieversorgungsbereich beschr¨ankt. In diesem Abschnitt sollen jedoch Schaltkreise
11.10 Elektronische Leistungsmesser
399
vorgestellt werden, welche die Leistungsmessung von Hochfrequenz-Signalen gestatten. Stellvertretend f¨ ur ¨ahnliche kommerziell erh¨altliche Schaltkreise wird hier der IC AD8362 der Fa. Analog Devices [7] behandelt. Dieser Schaltkreis erlaubt die wellenformunabh¨angige Leistungsmessung von elektrischen Signalen in einem Frequenzbereich von 50 Hz bis 3,8 GHz. Der sehr ¨ahnlich aufgebaute Schaltkreis AD8363 [8] erweitert den messbaren Frequenzbereich sogar bis 6 GHz. Die Dynamikbereiche umfassen 65 dB (AD8362) bzw. 50 dB (AD8363). Dabei werden Absolutleistungen von – 65 dBm1 (AD8362) bzw. – 50 dBm (AD8363) bis 0 dBm gemessen. Typische Anwendungen liegen im Bereich Mobilkommunikation, wie z. B. den Mobilfunkstandards [7] • • • •
GSM = Global System for Mobile Communication LTE = Long Term Evolution CDMA = Code Division Multiple Access W-CDMA = Wideband Code Division Multiple Access.
Abbildung 11.89 zeigt das vereinfachte Blockschaltbild des Schaltkreises. Das Eingangssignal, das von einer massebezogenen Quelle mit 50 Ω-Innenwiderstand stammt, wird einem Eingangsteiler bzw. Verst¨arker mit steuerbarer Verst¨ arkung zugef¨ uhrt. Darauf folgt ein hochgenauer Quadrierer-Baustein. Dessen Ausgangssignal wird verglichen mit dem eines zweiten (identisch aufgebauten) Quadrierer-Bausteins, der vom Eingangssignal VTGT (Gleichspannung) gespeist wird. Die Differenz dieser Signale wird mit Hilfe des Ausgangsverst¨ arkers verst¨arkt und gleichzeitig integriert bzw. tiefpassgefiltert. Die Zeitkonstante wird dabei mit Hilfe des internen Kondensators CF bzw. der zus¨atzlichen, extern zuschaltbaren Kapazit¨at CFext festgelegt. Im hier ausschließlich betrachteten Leistungsmesser-Mode wird die Ausgangsspannung VOUT auf den Eingang VSET zur¨ uckgekoppelt (VOUT = VSET). Das Ausgangssignal ist dann proportional zum rms-Wert (= Effektivwert; rms steht f¨ ur root mean square) am Eingang, gemessen in der Einheit dBm (1 dBm = ( 50 mV). Der IC ist noch f¨ ur weitere Betriebsmodi ausgelegt, z. B. einem Mode, wo er als Leistungsregler arbeitet. Diese werden im entsprechenden Datenblatt [7] beschrieben.
1
Die Einheit dBm bezieht sich auf den logarithmischen Leistungspegel Lp = 10 lg
P dBm . 1 mW
400
11 Digitale Messtechnik
MesssignalEingang VIN
Variable Gain Amplifier VSIG VGA
Wide-BandQuadrierer X2
Referenzsignal VSET
X2
Σ
I SIG
VATG
I TGT
Ausgangs-Verstärker und Tiefpass-Filter Ausgangssignal VOUT
CF I diff = I SIG - I TGT
Spannungsteiler zur Einstellung der Verstärkung (V=5)
CFext
evtl. zusätzliche externe Kapazität a)
INHI INLO
X2
CLPF
Σ
VTGT
VTGT
VOUT
X2 ACOM VSET
b)
Abb. 11.89. Leistungsmessungs-IC AD8362 [7] der Fa. Analog Devices a) Vereinfachtes Schaltbild; b) Vereinfachtes Blockschaltbild mit offiziellen PINBezeichnungen des Herstellers INHI, INLO: Differentieller Eingang; VIN = INHI – INLO VSET: Setpoint-Eingang (VSET = VOUT) im Leistungsmesser-Mode VTGT: Gleichspannungs-Eingang zur Festlegung der Empfindlichkeit (mV/dBm) bzw. des verarbeitbaren Crest-Faktors ACOM: Masse des Ausgangssignals VOUT: Ausgangssignal CLPF: Eingang f¨ ur zus¨ atzliche Kapazit¨ at des Integrierers
11.10 Elektronische Leistungsmesser
401
Die Differenz der Ausgangsstr¨ome ISIG und ITGT der beiden Quadrierer wird mit Hilfe des integrierenden Ausgangsverst¨arkers und der ¨außeren R¨ uckkopplung des Schaltkreises im zeitlichen Mittel zu Null geregelt, so dass gilt Idiff = ISIG − ITGT = 0 .
(11.122)
Da die Quadrierer identisch sind, resultiert daraus die Forderung VSIG 2 = VATG 2 ,
(11.123)
d. h. VSIGeff = rms{VSIG } = VATGeff = rms{VATG } .
(11.124)
Dies wird durch Einstellen eines entsprechenden Verst¨arkungsgrades des VGA (Variable Gain Amplifier = Verst¨arker mit spannungsgesteuertem Verst¨arkungsgrad) erreicht. Dieser Verst¨arkungsgrad GSET ergibt sich aus der konstanten Grundverst¨arkung G0 und dem Quotienten2 VSET /VGNS wie folgt GSET = G0 e−VSET /VGNS .
(11.125)
Dabei ist VGNS die Spannung, welche den (logarithmischen) Leistungsmaßstab (in dB pro Volt) definiert, und VSET ist die Spannung am VSET-Eingang des ICs. Die Spannung VSIG ergibt sich damit zu VSIG = GSET · VIN = G0 · VIN · e−VSET /VGNS .
(11.126)
Einsetzen in Gl. (11.123) liefert (G0 · VIN · e−VSET /VGNS )2 = (VATG )2
(11.127)
rms{G0 · VIN /VATG } = eVSET /VGNS
(11.128)
VSET = VGNS · ln(rms{VIN }/VZ ) ,
(11.129)
bzw. und wobei VZ folgendermaßen definiert ist VZ =
VATG . G0
(11.130)
Die Spannung VATG ergibt sich aus der am VTGT-Eingang angelegten Gleichspannung und dem konstanten Verst¨arkungsgrad des entsprechenden EingangsVerst¨ arkers. Sie bestimmt letztlich die Empfindlichkeit. Im LeistungsmesserMode (s. o.) gilt infolge der direkten R¨ uckkopplung (s. o.) VOUT = VSET . 2
(11.131)
Die elektrischen Spannungen werden in diesem Abschnitt mit ’V ’ bezeichnet, um zum Original-Datenblatt des ICs kompatibel zu bleiben.
402
11 Digitale Messtechnik
Daraus folgt VOUT = VSLP · lg(rms{VIN }/VZ ) ,
(11.132)
wobei VSLP die sog. Slope-Spannung VSLP mit der Einheit mV/dB ist VSLP = VGNS · ln(10) = 2, 303 · VGNS .
(11.133)
Im IC wird mit Hilfe von Laser-Trimmung die Slope-Spannung auf den Wert von 50 mV/dB abgeglichen. Abschließend soll noch einmal erw¨ahnt werden, dass die Leistungsmessung hier auf eine Spannungsmessung reduziert wird. Es wird n¨ amlich die Leistung unter der Annahme ermittelt, dass die Eingangsspannung, deren Effektivwert-Quadrat gemessen wird, an einer 50 Ω Impedanz anliegt, d. h. der leistungsm¨aßige Bezugswert ist die 50 Ω Impedanz. 11.10.5 HF-Leistungsmessung mit kaskadiertem logarithmischem Verst¨ arker Eine weitere M¨oglichkeit, Leistungen im HF-Bereich zu messen, besteht in der Verwendung eines in Form einer Kaskade aufgebauten Verst¨arkers. Die Kaskade besteht bei dem Analog IC AD8307 [6] aus 9 HF-Verst¨arkern, welche ihr jeweiliges Eingangssignal um 14,3 dB verst¨arken (Abb. 11.90). Das Ausgangssignal einer jeden Verst¨arkerstufe wird mit Hilfe einer Diode gleichgerichtet und einem Summationsnetzwerk zugef¨ uhrt. Mit gr¨oßer werdendem Eingangssignal geht zun¨achst der in der Kaskade am weitesten hinten angeordnete Verst¨arker in die S¨attigung. Steigt das Eingangssignal weiter an, antworten die in der Verst¨arkerkette weiter vorn liegenden Stufen mit S¨attigung. Die gleichgerichteten Signale der einzelnen Stufen werden so aufsummiert, dass das Ausgangssignal in logarithmischer Form vom Eingangssignal HF-Signal Eingang +14,3 dB 1
2
3
4
5
6
7
8
9
Summationsnetzwerk DC-Signal-Ausgang (25 mV/dB)
Abb. 11.90. Prinzipschaltbild eines logarithmischen Verst¨ arkers in Kaskadenform [6]. Die Leistungsmessung erfolgt von DC bis f = 500 MHz. Die 9 Verst¨ arkerstufen haben jeweils +14,3 dB Verst¨ arkung bei einer 3 dB-Eckfrequenz von 900 MHz. Es wird eine Signalquelle mit 50 Ω Innenimpedanz vorausgesetzt.
11.10 Elektronische Leistungsmesser
403
abh¨ angt. Dadurch ist eine (lineare) Anzeige in dB-Werten m¨oglich. Der Dynamikbereich umfasst – 75 dBm bis + 17 dBm, hat also einen Umfang von 92 dB (50 Ω-Quelle vorausgesetzt). Der Frequenzbereich reicht von DC bis 500 MHz. Die Empfindlichkeit betr¨agt 25 mV/dB. 11.10.6 HF-Leistungsmessung mittels thermoelektrischem Wandler Bei sehr hohen Frequenzen im Bereich oberhalb von 10 GHz sind Spannungsbzw. Strommessung kaum mehr m¨oglich. Hier tritt die reine Leistungsmessung an ihre Stelle. Diese wird dann im Allgemeinem mit Hilfe von thermischen Leistungsmessern durchgef¨ uhrt. Dabei wird die zu messende HF-Leistung in einem geeigneten Widerstand in Folge des von ihr erzeugten W¨armestromes in eine proportionale Temperatur umgesetzt. Die Temperatur wiederum wird mittels eines thermoelektrischen Wandlers, eines sog. Thermoelements (s. Kap. 11.10.7), in ein proportionales elektrisches Signal umgewandelt (Abb. 11.91). Die neuesten Leistungssensoren der Fa. Rohde & Schwarz beispielsweise erlauben auf diesem Weg hochgenaue Leistungsmessungen im Mikrowellenbereich (bis f = 67 GHz) [157]. Die thermischen Leistungssensoren sind ab einer Leistung von 1 μW einsetzbar. Unter Zuhilfenahme von kalibrierten D¨ampfungsgliedern oder Richtkopplern kann der erfassbare Leistungsbereich bis in den Megawatt-Bereich erweitert werden.
Abb. 11.91. Thermoelektrischer Leistungsmesser. Das Thermoelement (s. Kap. 11.10.7) misst die Temperatur des Abschlusswiderstandes, in dem die zu messende Leistung umgesetzt wird. Als Referenz dient die Umgebungstemperatur.
Die Vorz¨ uge der thermischen Leistungsmessung beruhen vor allem auf hoher Messgenauigkeit. So werden HF-Signale ohne systematische Bewertungsfehler in W¨ arme umgewandelt, unabh¨angig von der Kurvenform des Messsignals. Bei modulierten Signalen gibt es keine prinzipiellen Linearit¨atsabweichungen. Die Messdynamik liegt typischerweise zwischen 30 und 50 dB. Sie wird nach unten durch die Empfindlichkeit des thermischen Sensors einerseits und die W¨ armeisolierung (gegen¨ uber der Umgebung) andererseits begrenzt. Die maximal messbare Leistung h¨angt von der Temperaturbest¨andigkeit der Werkstoffe sowie der Linearit¨at des Sensors ab.
404
11 Digitale Messtechnik
Abb. 11.92. Leistungsmesskopf NRP-Z51 der Fa. Rohde & Schwarz (Maße: L×B×H, 17 cm×4,8 cm×3,1 cm). Der Messkopf enth¨ alt einen thermoelektrischen Umformer, der die in einer definierten Impedanz umgesetzte HF-Leistung in W¨ arme und anschließend in eine ¨ aquivalente Signalspannung umsetzt (Foto: Rohde & Schwarz GmbH & Co KG, M¨ unchen) [154].
Abbildung 11.92 und 11.93 zeigen den thermoelektrischen Leistungsmesskopf NRP-Z51 (bis NRP-Z57) der Fa. Rohde & Schwarz. Die wesentlichen Komponenten sind dabei einmal der Abschlusswiderstand, in dem die HF-Leistung in W¨arme umgewandelt wird, sowie das Thermoelement (s. Kap. 11.10.7), das aus einem Metall-Halbleiter-Kontakt besteht. Der Abschlusswiderstand wird in D¨ unnfilmtechnik hergestellt und besteht aus einer Tantalnitrid- oder aus einer Chrom-Schicht [155]. Die Empfindlichkeit des Messkopfes betr¨agt 200 μV/mW. Da bei dieser Messzelle der Abschlusswiderstand und das Thermoelement galvanisch getrennt werden konnten, er¨ ubrigt sich der sonst u ¨ bliche Koppelkondensator, so dass mit einem einzigen Messkopf der gesamte Frequenzbereich von DC bis zur oberen Grenzfrequenz erfasst werden kann. In der hier beschriebenen Messzelle nutzt man die relativ geringe W¨armeleitf¨ ahigkeit von Silizium zum Erreichen einer hohen W¨armeisolation. Zum anderen ist die thermoelektrische Kraft des Metall-Halbleiter-Thermoelements mit etwa 700 μV/K recht hoch. Ein weiterer Vorteil ist die geringe W¨armekapazit¨ at des Sensors, was Ansprechzeiten im Millisekunden-Bereich erm¨oglicht. Mit Hilfe einer Reihe von individuellen Messwertkorrekturen gelingt es, die Messunsicherheit im Bereich von 0,04 dB (100 MHz) bis 0,25 dB (67 GHz) zu halten [156].
11.10 Elektronische Leistungsmesser
405
(a) Innere Struktur
(b) Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme Abb. 11.93. Thermoelektrische Messumformerzelle R&S NRP-Z51 (Foto und Abbildung: Rohde & Schwarz GmbH & Co KG, M¨ unchen) [154]
11.10.7 Thermoelement (Seebeck-Effekt) An der Ber¨ uhrungsstelle zweier unterschiedlicher Metalle A und B findet stets ein Elektronenaustausch statt. Das Metall mit der geringeren Austrittsarbeit (beispielsweise Metall A) gibt Elektronen ab und wird somit positiv geladen. Nach Einstellung des Gleichgewichtzustandes zwischen den von A nach B diffundierenden Elektronen und denen, die infolge des entstehenden elektrischen von B nach A bewegt werden, bildet sich an der Ber¨ Feldes E uhrungsstelle eine Kontaktspannung U . Der entsprechende physikalische Effekt wird als Seebeck-Effekt bezeichnet. Die Kontaktspannung kann folgendermaßen berechnet werden [190].
406
11 Digitale Messtechnik
U=
kT nA ln = kAB T , e0 nB
mit kAB
k = · ln e0
nA nB
(11.134)
(11.135)
wobei k = 1, 381 · 10−23 Ws/K die Boltzmann-Konstante, T die absolute Temperatur der Kontaktstelle, e0 = 1, 6 · 10−19 As die Elementarladung, nA und nB die Anzahl der freien Elektronen pro Volumeneinheit der Metalle A und ur die Materialkombination A/B entsprechende ThermokoB und kAB der f¨ effizient sind. Um die einzelnen Koeffizienten kAB nicht f¨ ur alle m¨oglichen Werkstoffkombinationen bestimmen zu m¨ ussen, wurde die Thermoelektrische Spannungsreihe zusammengestellt. Diese beinhaltet die einzelnen Thermokoeffizienten der verschiedenen Materialien bezogen auf Platin. Tabelle 11.15 enth¨ alt die Werte der Thermokoeffizienten f¨ ur wichtige Werkstoffe. Tabelle 11.15. Thermokoeffizienten wichtiger Metalle Material X
kX−Pt in mV/100K
Konstantan (CuNi) Nickel (Ni) Platin (Pt) Kupfer (Cu) Eisen (Fe) Nickel-Chrom (NiCr)
– 3,47 bis – 3,04 – 1,9 0 0,7 1,9 2,2
Abbildung 11.94 zeigt schematisch ein komplettes Thermoelement einschließlich seiner zwei Zuleitungen, die in diesem Fall aus Kupfer bestehen. Entsprechend Gl. (11.134) entsteht an allen vier Kontaktstellen zwischen zwei
Abb. 11.94. Thermoelement mit vier Kontaktstellen (Tm : Messtemperatur; Tr : Referenztemperatur)
11.10 Elektronische Leistungsmesser
407
verschiedenen Metallen eine Thermospannung ui . Zum praktischen Messen liegen drei der Kontaktstellen auf der Referenztemperatur Tr und eine Kontaktstelle auf der Messtemperatur Tm . Aus der Definitionsgleichung (Gl. (11.134)) kann die Beziehung zwischen Thermokoeffizienten abgeleitet werden kAC = kAB + kBC
(11.136)
kAB = −kBA .
(11.137)
und Damit lassen sich die Thermospannungen ui in Abb. 11.94 gem¨aß Gl. (11.134) berechnen u1 = kCu−Fe Tr u2 = kFe−CuNi Tm
(11.138) (11.139)
u3 = kCuNi−Fe Tr u4 = kFe−Cu Tr .
(11.140) (11.141)
Die gesamte Thermospannung uth , die an den ¨außeren Klemmen (Abb. 11.94) ¨ abgenommen werden kann, ergibt sich durch Uberlagerung der vier Kontaktspannungen uth = u1 + u2 + u3 + u4 uth = (kCu−Pt − kFe−Pt)Tr + (kFe−Pt − kCuNi−Pt )Tm
(11.142)
+(kCuNi−Pt − kFe−Pt )Tr + (kFe−Pt − kCu−Pt )Tr = −kCuNi−Pt (Tm − Tr ) + kFe−Pt(Tm − Tr ) = (kFe−Pt − kCuNi−Pt )[Tm − Tr ] = kFe−CuNi [Tm − Tr ] . (11.143) Die Thermospannung nach Gl. (11.143) ist also direkt proportional zur Temperaturdifferenz (Tm −Tr ) zwischen Mess- und Referenzelement. Die Spannung bei einer Temperaturdifferenz von Tm − Tr =1 K bezeichnet man als Thermoelektrische Kraft. Mit dem Peltier-Effekt steht auch ein reziproker Effekt zum SeebeckEffekt zur Verf¨ ugung. Fließt durch eine Kontaktstelle verschiedener Metalle elektrischer Strom, so wird eine Erw¨armung bzw. eine K¨ uhlung, je nach Stromrichtung, festgestellt. Dieser Effekt wird in Peltier-Elementen zur K¨ uhlung von elektronischen Bauteilen oder f¨ ur Kleink¨ uhlschr¨anke genutzt [190]. 11.10.8 Bolometer Abschließend sei noch erw¨ahnt, dass die auf thermoelektrischen Wandlern beruhenden Leistungsmesser weitgehend die ¨alteren thermischen Leistungsmesser, die mit Thermistoren arbeiten, abgel¨ost haben. Es handelt sich dabei um die sog. Bolometer. Diese haben einen temperaturabh¨angigen Widerstand,
408
11 Digitale Messtechnik
den Thermistor, der mit Hilfe einer Wheatstoneschen Messbr¨ ucke (s. Kap. 9.3) ausgewertet wird. Dabei wird der in einem Br¨ uckenzweig befindliche Thermistor mit der zu messenden HF-Leistung gespeist. Andererseits wird in einem Regelkreis genau soviel Gleichstromleistung zugef¨ uhrt, dass die Messbr¨ ucke abgeglichen ist. Die Messbereichsdynamik von Bolometern (30 dB) ist allerdings deutlich geringer als die von den anderen thermischen Leistungsmessern. 11.10.9 HF-Leistungsmessung mit Diodengleichrichter Wenn eine sehr hohe zeitliche Aufl¨osung gefordert wird, sind thermische Leistungsmesser zu tr¨age. Es kommen dann im Allgemeinen Leistungsmessk¨opfe mit Diodengleichrichtern zum Einsatz. Diese erlauben obere Grenzfrequenzen von u ¨ ber 100 GHz. Hierbei richtet eine Halbleiterdiode (s. Kap. 4.1.2) die an einem 50 Ω-Abschlusswiderstand anliegende HF-Spannung gleich (Abb. 11.95). Die Dioden des Doppelweg-Gleichrichters speisen dabei je einen Ladekondensator, der dadurch aufgeladen wird. Je nach Zeitkonstante, also Produkt aus Kapazit¨atswert des Ladekondensators und vorgeschalteten ohmschen Widerstand (Diodengleichstromwiderstand in Verbindung mit externen Widerst¨ anden) kann somit entweder die H¨ ullkurvenleistung oder die Spitzenleistung PEP (Peak Envelope Power) gemessen werden. Als Dioden kommen vor allem sog. Zero-Bias-Schottky-Dioden zur Anwendung, welche im Gegensatz zu gew¨ohnlichen Schottky-Dioden keine DCVorspannung brauchen [29]. Ansonsten zeichnen sich diese Dioden durch eine geringe Sperrschichtkapazit¨at und geringes Eigenrauschen aus. Die mit solchen Dioden ausgestatteten Leistungsmessk¨opfe erschließen den Leistungsbereich zwischen 100 pW und 100 mW. Gegen¨ uber thermischen Leistungsmessern weisen sie im oberen Leistungsbereich h¨ohere Messunsicherheiten auf, sind daf¨ ur aber schneller (h¨ohere Messgeschwindigkeit) bzw. erlauben h¨ohere Frequenzen (¨ uber 100 GHz). Der Leistungsbereich ist nach unten (ca. 100 pW) durch Rauschen und Nullpunktdrift begrenzt. Im unteren Leistungsbereich arbeiten sie im quadratischen Bereich der Diodenkennlinie, d. h. ihr Ausgangssignal entspricht dem echten Effektivwert und Oberwellen werden leistungskorrekt MesssignalEingang
RTP 50 Ω AbschlussWiderstand
CL
1
Ua
CL
2
C
TP
Abb. 11.95. Prinzipschaltbild eines Leistungsmesskopfes mit Doppelweg-DiodenGleichrichtung. CL1 und CL2 sind die Ladekondensatoren. Ua ist die Gleichspannung am Ausgang, die je nach Zeitkonstante der H¨ ullkurvenleistung oder der Spitzenleistung des HF-Signals entspricht. RTP und CTP bilden einen Tiefpass zur Entkopplung.
11.10 Elektronische Leistungsmesser
409
behandelt, und im Falle von H¨ ullkurvenmodulation wird die mittlere Leistung angezeigt. Die abgegebene Gleichspannung ist proportional zur Leistung (typ. 1 mV/μW). Bei Ausgangsspannungen zwischen 10 mV und einigen Volt zeigt der Diodensensor st¨arkere Nichtlinearit¨aten, die durch entsprechende Korrekturen bzw. Kalibriermaßnahmen auszugleichen sind. Schottky-Diode Im Gegensatz zur Standard-Halbleiterdiode (pn-Diode), die aus einer p- und einer n-leitenden Silizium-Schicht besteht, setzt sich die sog. Schottky-Diode aus einer Metallschicht und einer n-leitenden Siliziumschicht zusammen. Diese Diode wurde von dem Physiker Walter Schottky im Jahre 1938 vorgestellt. Im Englischen wird sie als Hot Carrier Diode bezeichnet. Die f¨ ur das elementare Funktionieren dieser Diode notwendige Sperrschicht (auch als SchottkySperrschicht bezeichnet) entsteht an der Grenze zwischen Silizium und Metall. Aus dem n-Silizium k¨onnen die Elektronen leichter in die Metallschicht diffundieren als die Elektronen des Metalls in das Silizium eindringen k¨onnen. Infolge dieser Ladungstr¨agerdiffusion bildet sich eine Raumladungszone an der Grenze zwischen Metall und n-Silizium, die sog. Sperrschicht, und es baut sich ein entsprechendes elektrisches Feld auf, das die Ladungstr¨agerdiffusion begrenzt. Bei Polung in Durchlassrichtung wird diese Raumladungszone abgebaut, w¨ ahrend sie sich in Sperrrichtung (Pluspol ist mit n-Si und Minuspol mit Metall verbunden) weiter ausdehnt. Beim Betrieb in Durchlassrichtung k¨ onnen die Elektronen somit ungehindert vom n-Silizium in das Metall fließen. Unter dem Aspekt der Anwendung besteht der wesentliche Unterschied zwischen normalen pn-Halbleiterdioden und den Schottky-Dioden darin, dass Schottky-Dioden vergleichsweise sehr geringe S¨attigungskapazit¨aten aufweisen. Dies begr¨ undet sich damit, dass im Gegensatz zur pn-Halbleiterdiode keine Minorit¨atsladungstr¨ager auftreten. Dadurch kann das Umschalten vom Durchlasszustand in den Sperrzustand und auch umgekehrt sehr schnell erfolgen. Infolgedessen eignen sich die Schottky-Dioden f¨ ur sehr schnelle Schaltvorg¨ ange, wie sie bei Hochfrequenzanwendungen vorkommen. SchottkyDioden weisen eine niedrigere Schwellenspannung auf (ca. 0,4 V) als pn-Dioden (ca. 0,7 V) (s. auch Abb. 6.27). Als Nachteil von Schottky-Dioden sind allerdings ihre im Vergleich zu pn-Dioden h¨oheren Leckstr¨ome zu nennen.
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
In der modernen Messtechnik werden in zunehmendem Maße die Zeit und Frequenz als informationstragende Parameter genutzt. Einer der Hauptvorz¨ uge dieser Codierungsart liegt in der sehr hohen Genauigkeit, mit der Zeitintervalle und Frequenzen gemessen werden k¨ onnen. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass sich die im Allgemeinen in analoger Form vorliegenden Messsignale auf einfache Weise mit Hilfe von Z¨ahlerschaltungen digitalisieren lassen. Zeit- und Frequenzmessungen sind eng miteinander verkn¨ upft, da beide mit Hilfe von Z¨ ahlern durchgef¨ uhrt werden. Man kann erreichen, dass der Messfehler bei der Zeit- bzw. Frequenzmessung im Wesentlichen auf die Ungenauigkeit der eingesetzten Zeitbasis beschr¨ankt bleibt, deren Genauigkeit wiederum von dem dort verwendeten frequenzbestimmenden Element definiert wird. Dieses Frequenznormal basiert standardm¨aßig auf einem Schwingquarz, der zur Erh¨ ohung der Genauigkeit temperaturstabilisiert betrieben werden kann. Selbst mit einfachen nicht temperaturstabilisierten Uhrenquarzen sind relative Frequenzfehler von weniger als 10−5 m¨oglich. Durch geeignete Temperaturregelungen lassen sich die relativen Fehler bez¨ uglich der Temperaturdrift sogar noch um drei bis vier Gr¨oßenordnungen reduzieren. Pr¨azisionsfrequenzz¨ahler hingegen enthalten Rubidium-Elemente, die Genauigkeiten im Bereich 10−10 bis 10−11 erm¨oglichen. In speziell eingerichteten Laboratorien, wie z. B. der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) in Braunschweig, werden bei der Zeitmessung sogar Genauigkeiten von 5 · 10−15 erzielt [17]. Wenn zeitlich ¨aquidistante Impulse (Pulsfolgefrequenz f ) eines Signals in einem Z¨ ahler w¨ahrend eines Zeitintervalls T summiert werden (Abb. 12.1), ergibt sich der Z¨ahlerstand NX aus dem Produkt dieser beiden Gr¨oßen NX = f T .
(12.1)
Bei der Zeitmessung wird die Anzahl NX der Impulse eines frequenzstabilen Referenzsignals mit der Taktfrequenz fref mit Hilfe eines Z¨ahlers w¨ahrend der zu messenden Zeit TX gez¨ahlt. Damit berechnet sich die Zeit TX zu TX =
NX . fref
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_12
(12.2)
412
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.1. a) Prinzipschaltbild der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung, b) Zeitdiagramm
Bei der Frequenzmessung hingegen werden die w¨ahrend der Referenzzeit Tref (Torzeit) einlaufenden Impulse des Messsignals gez¨ahlt. Aus dem Z¨ahlerstand NX und der mit hoher Genauigkeit vorgegebenen Torzeit Tref kann die Frequenz fX bestimmt werden NX fX = . (12.3) Tref
12.1 Mechanische Frequenzmessung Zur Messung der Netzfrequenz mit Hilfe mechanischer Messwerke befinden sich teilweise noch die zur Kategorie der Vibrationsmesswerke z¨ahlenden Zungenfrequenzmesser im Einsatz. Diese Messwerke besitzen bewegliche Komponenten, die infolge elektromagnetischer Anregung in resonante Schwingungen versetzt werden. Nennenswerte Auslenkungen treten nur bei der jeweiligen (mechanischen) Resonanzfrequenz der Zungen auf. Beim Zungenfrequenzmesser ist vor den Polschuhen eines Elektromagneten ein Kamm aus weichmagnetischen Stahlzungen angeordnet, welche sich in bezug auf ihre Resonanzfre¨ quenz unterscheiden (Abb. 12.2). Diese Messwerke dienen der Uberwachung eines schmalen Frequenzbandes, typischerweise 47 - 53 Hz bzw. 46 - 54 Hz, in dem die Netzversorgungsspannung liegt. Die Frequenzunterschiede der einzelnen Zungen liegen bei 0,5 Hz. Daneben gibt es auch Ausf¨ uhrungsformen f¨ ur andere Frequenzbereiche, z. B. 10 Hz - 2 kHz.
12.2 Digitale Frequenzmessung
413
Abb. 12.2. Aufbau eines Zungenfrequenzmessers [174]
12.2 Digitale Frequenzmessung Bei der digitalen Frequenzmessung wird das Messsignal zun¨achst in einem als Impulsformer dienenden Schmitt-Trigger in eine Folge von Rechteckpulsen gewandelt. Diese Pulse werden w¨ahrend einer definierten Messzeit Tref , die durch einen Referenztakt, einen Frequenzteiler mit Teilerverh¨altnis Nref sowie ein Toggle-Flip-Flop vorgegeben wird, von einem Vorw¨artsz¨ahler zu einem Z¨ ahlerstand NX summiert. Die prinzipielle Schaltung zur digitalen Frequenzmessung wird in Abb. 12.3 gezeigt. Die zu messende Frequenz fX ergibt sich zu NX fref fX = = NX . (12.4) Tref Nref Der Z¨ ahler muss zu Beginn jeder neuen Messperiode zur¨ uckgesetzt werden. Es sei darauf hingewiesen, dass dieser R¨ ucksetzvorgang von der in Abb. 12.3 gezeigten Prinzipschaltung noch nicht automatisch vorgenommen wird. Soll das Verh¨ altnis zweier Frequenzen gebildet werden, so ist dies mit Hilfe einer leicht modifizierten Schaltung (Abb. 12.4) ebenfalls m¨oglich. Analog zur einfachen digitalen Frequenzmessung kann das Frequenzverh¨altnis abgeleitet werden. Dazu ist in Gl. (12.4) fX durch f1 /N1 und Tref durch N2 /f2 zu ersetzen
Abb. 12.3. Digitale Frequenzmessung
414
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
f1 N1 = NX . f2 N2
(12.5)
Abb. 12.4. Messung eines Frequenzverh¨ altnisses
12.3 Digitale Zeitmessung 12.3.1 Zeitintervallmessung (Zeitdifferenzmessung) Bei der digitalen Zeitintervallmessung werden die von einem Taktsignal mit bekannter Referenzfrequenz w¨ahrend der zu messenden Zeit TX in einen Z¨ahler einlaufenden Impulse gez¨ahlt (Abb. 12.5). Der konstante Referenztakt wird von einem Rechteckoszillator geliefert, der sich durch hohe Frequenzstabilit¨ at auszeichnet. Seine Pulse werden gez¨ahlt, solange der zweite Eingang des UND-Gatters auf 1 liegt. Dieses zweite Eingangssignal entspricht dem Ausgangssignal eines RS-Flip-Flops, dessen Setzen und R¨ ucksetzen mit der jeweils ansteigenden Flanke des Start- bzw. Stopsignals erfolgt. Wird das RS-FlipFlop zur¨ uckgesetzt, sperrt das Gatter und der Z¨ahler wird gestoppt. Aus dem Z¨ ahlerstand NX und der bekannten Referenzfrequenz fref kann das Zeitinteraß vall TX gem¨ 1 TX = NX (12.6) fref ermittelt werden. F¨ ur den Fall, dass Start- und Stop-Signal auf ein und derselben Leitung einander folgen, wird anstatt des RS-Flip-Flops ein T-Flip-Flop eingesetzt (Abb. 12.6). Infolge eines anf¨anglichen Resetsignals erscheint am Eingang des ersten T-Flip-Flops ein 1 -Signal. Daraufhin wird mit der n¨achsten ansteigenden Flanke des Messsignals (Start-Marke) der Ausgang des ersten T-FlipFlops auf 1 gesetzt und bewirkt damit u ¨ber das UND-Gatter das Durchschalten des Referenztaktsignals auf den Z¨ahler. Die n¨achste ansteigende Flanke des Messsignals (Stop-Marke) stoppt den Z¨ahlvorgang durch R¨ ucksetzen des ersten T-Flip-Flops und das damit einhergehende Sperren des UND-Gatters.
12.3 Digitale Zeitmessung
Abb. 12.5. Digitale Zeitintervallmessung mit getrennten Signalleitungen: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
415
Start-/Stop-
Das gleichzeitige R¨ ucksetzen von T1 = Q2 = 1 auf T1 = Q2 = 0 bewirkt, dass das erste T-Flip-Flop bis zum n¨achsten Resetimpuls verriegelt wird und nur noch Speicherwirkung hat, woraufhin die Schaltung auf keine weiteren Startbzw. Stopimpulse mehr reagiert. Aus Genauigkeitsgr¨ unden sollte die Taktfrequenz m¨oglichst hoch liegen, da die unweigerlich vorhandene Unsicherheit des Z¨ahlerstandes bei ±1 liegt. Dieser sog. Quantisierungsfehler ist stets vorhanden, weil die Phasenlage zwischen Takt und den Intervallgrenzen des Zeitintervalls TX i.allg. nicht koh¨arent ist, was zu einer absoluten Messzeitunsicherheit ΔTX f¨ uhrt. Der daraus resul-
Abb. 12.6. Signalleitung
Digitale
Zeitintervallmessung
mit
gemeinsamer
Start-/Stop-
416
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
tierende relative Messfehler betr¨agt ΔTX ±1 1 1 = TX NX = NX = fref TX .
(12.7)
Gleichung (12.7) sagt aus, dass der Fehler umso kleiner wird, je h¨oher die Taktfrequenz fref und je l¨anger das Zeitintervall TX ist. Bei der Messung kleinerer Zeitintervalle werden daher oft sog. Zeitexpander eingesetzt. Ein Zeitexpander f¨ uhrt analog zu einem Frequenzteiler eine Zeittransformation durch, d. h. ein kurzes Zeitintervall wird in ein l¨angeres u uhrt. Beim Schwebungsfrequenz-Zeitexpander werden zwei phasen¨ berf¨ starr verbundene Rechteckoszillatoren G1 und G2 mit den Pulsfolgefrequenzen f1 = 1/T1 und f2 = 1/T2 vom Start- bzw. vom Stop-Signal des zu messenden Zeitintervalls TX gestartet (Abb. 12.7). Dabei wird vorausgesetzt, dass das Zeitintervall TX k¨ urzer ist als die Periodendauer T1 . Da die Pulsfolgefrequenz f2 geringf¨ ugig gr¨oßer ist als f1 , wird nach einer Zeit TKoinzidenz erstmalig die Phasenkoinzidenz der beiden Oszillatoren erreicht sein. Wenn man von Rundungsfehlern absieht, kann die Koinzidenzzeit TKoinzidenz wie folgt berechnet werden TKoinzidenz = TX + NX T2 = NX T1 . (12.8)
Abb. 12.7. Zeitdiagramm eines Schwebungsfrequenz-Zeitexpanders (Rundungsfehler außer acht gelassen)
Das zu messende Zeitintervall TX und das Zeitexpansions-Verh¨altnis dt ergeben sich zu TX = NX (T1 − T2 ) TKoinzidenz T1 = . dt = TX T1 − T2
(12.9) (12.10)
Abbildung 12.8 zeigt eine entsprechende Schaltung mit den dazugeh¨origen
12.3 Digitale Zeitmessung
417
Signalverl¨ aufen. Nach einem anf¨anglichen Resetsignal ist die Schaltung vorbereitet, die Start- und Stop-Marke des zu messenden Zeitsignals TX in Form einer ansteigenden bzw. abfallenden Flanke eines Rechteckpulses u ¨ ber die Leitung uE zu empfangen. Das T1 -Flip-Flop startet daraufhin den Generator G1 , w¨ ahrend das T2 -Flip-Flop nach Ablauf des Zeitintervalls TX den Generator G2 in Gang setzt. Der Schaltung kommt nun noch die wesentliche Aufgabe zu, zu erkennen, wann die erste ansteigende Taktflanke des G2 -Signals (geringf¨ ugig) fr¨ uher eintrifft als die korrespondierende Flanke des G1 -Signals. Dann n¨amlich
Abb. 12.8. Schwebungsfrequenz-Zeitexpander: a) Prinzipschaltung, b) Signalverl¨ aufe
418
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
ist der Z¨ ahler, der die G1 -Pulse z¨ahlt, zu stoppen und der Z¨ahlerstand zur Auswertung nach Gl. (12.9) heranzuziehen. Schaltungstechnisch wird dies durch die R¨ uckkopplung der Q3 - und Q4 -Ausg¨ange erreicht. Dadurch kann das T4 -Flip-Flop erstmals kippen (dazu muss T4 = 1 sein und gleichzeitig eine positive Taktflanke am Takteingang anliegen), wenn die ansteigende G2 Taktflanke fr¨ uher eintrifft als die korrespondierende des G1 -Signals. Dies wird m¨ oglich, da diese (korrespondierende) G1 -Taktflanke jedesmal das T3 -FlipFlop auf Q3 = 1 bzw. Q3 = 0 schaltet, sodass das T4 -Flip-Flop wegen T4 = 0 gegen ein Umschalten verriegelt wird. Erst bei einem fr¨ uheren Eintreffen findet die ansteigende G2 -Flanke ein mit T4 = 1 umschaltbares T4 -Flip-Flop vor. Durch diesen Schaltvorgang wird der Z¨ahler u ¨ ber das UND-Gatter an seinem Eingang gestoppt. Gleichzeitig kann anhand des Q4 -Signals erkannt werden, wann die Messung zu Ende ist. 12.3.2 Periodendauermessung Bei der Periodendauermessung wird das Messsignal uE (t) von einem SchmittTrigger zun¨ achst in ein Rechtecksignal mit derselben Periodendauer umgeformt. Die beiden T-Flip-Flops der in Abb. 12.9 gezeigten Schaltung bewirken, dass bei einer ansteigenden Flanke der Signalspannung uSt das Q1 -Signal ¨ auf 1 geht, wenn vorher beide Flip-Flops zur¨ uckgesetzt waren. Uber das am UND-Gatter anliegende Q1 -Signal (Q1 = 1) wird der Z¨ahler dadurch f¨ ur genau eine Periode der Dauer TX ge¨offnet (Abb. 12.9b). Aus dem w¨ahrend dieser
Abb. 12.9. Periodendauermessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
12.4 Digitale Phasenwinkelmessung
419
Periode erhaltenen Z¨ahlerstand NX kann die zu messende Periodendauer TX ermittelt werden NX TX = . (12.11) fref Nach Ablauf dieser Periode wird das T1 -Flip-Flop u ¨ ber das Q2 -Signal (Q2 = 0) f¨ ur weitere Messungen gesperrt, bis die beiden T-Flip-Flops u ¨ ber ein gemeinsames Resetsignal wieder zur¨ uckgesetzt werden.
12.4 Digitale Phasenwinkelmessung Bei der digitalen Phasenwinkelmessung soll die Phasenwinkeldifferenz ϕX zwischen zwei Sinusspannungen u1 (t) und u2 (t) derselben Frequenz
Abb. 12.10. Digitale Phasenwinkelmessung: a) Prinzipschaltbild, b) Zeitdiagramm
420
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
u1 (t) = u ˆ1 sin ωt
(12.12)
ˆ2 sin(ωt + ϕX ) u2 (t) = u
(12.13)
bestimmt werden. Eine solche Phasendifferenzmessung kann auf die Messung der Zeitdifferenz ϕX TX = , (12.14) ω die zwischen zwei gleichsinnigen Nulldurchg¨angen der beiden Sinusspannungen vergeht, zur¨ uckgef¨ uhrt werden. Die Zeitdifferenz TX kann mit Hilfe der in Abb. 12.10a gezeigten Schaltung gemessen werden. Abbildung 12.10b soll die prinzipielle Funktionsweise anhand der Signalverl¨aufe erl¨autern. Der Phasenwinkel ϕX ergibt sich aus dem Z¨ahlerstand NX und der Kreisfrequenz ω des Eingangssignals 1 ϕX = ωTX = ω NX . (12.15) fref
12.5 Rechnender Z¨ ahler Rechnende Z¨ahler enthalten zwei Z¨ahlwerke, welche die Pulse vom Referenztaktsignal und Messsignal getrennt z¨ahlen (Abb. 12.11). Die Steuerfunktion sowie die numerische Auswertung u ¨ bernimmt ein Mikrocomputer. Der rechnende Z¨ ahler misst Frequenz und Periodendauer auf die gleiche Weise, wobei bei beiden Messungen die Eingangsimpulse und die Pulse des Referenztaktsignals gez¨ ahlt werden. Anschließend wird die Frequenz fX des Messsignals aus dem Quotienten der beiden Z¨ahlerst¨ande NX und NY berechnet fX =
NX fref . NY
(12.16)
Der Kehrwert 1/fX entspricht der Periodendauer des Eingangssignals. Wenn die Messung mit dem Messsignal uE synchronisiert wird, bezeichnet man die Messung als eingangssynchronisierte oder reziproke Messung; erfolgt die Synchronisierung hingegen mit dem Referenztakt der Zeitbasis, spricht man von taktpulssynchronisierter oder konventioneller Messung.
Abb. 12.11. Rechnender Z¨ ahler
12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer)
421
12.6 Zeit-Spannungs-Umsetzer (t/U-Umsetzer) Wenn die Impulsdauer der Informationstr¨ager eines Messsignals ist (Pulsdauermodulation, Kap. 1.6), kann der Messwert mit Hilfe eines Zeit-SpannungsUmsetzers (t/U-Umsetzer), der im einfachsten Fall aus einem RC-Tiefpass besteht, in eine analoge Spannung zur¨ uckgewandelt werden. Wenn n¨amlich das pulsdauermodulierte Signal uE (Rechteckpulsfolge mit konstanter Taktfrequenz 1/T0 und konstanter Amplitude U0 ) einem RC-Tiefpass zugef¨ uhrt wird, kann an dessen Ausgang eine Spannung abgegriffen werden, deren zeitlicher Mittelwert u ¯A proportional der Pulsl¨ange TX ist (Abb. 12.12) T0 TX TX 1 1 u ¯A = u ¯E = uE (t) dt = U0 dt = U0 . (12.17) T0 0 T0 0 T0 Bez¨ uglich der Zeitkonstanten des RC-Gliedes ist ein Kompromiss zu schließen zwischen dem Aufl¨osungsverm¨ogen, das von der Restwelligkeit begrenzt wird, und der Anzeigegeschwindigkeit, d. h. der Tr¨agheit beim Einstellen auf neue Messwerte.
Abb. 12.12. RC-Tiefpass als einfacher Zeit-Spannungs-Umsetzer
12.7 Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) Wenn die Frequenz der Informationstr¨ager des Messsignals ist (Frequenzmodulation, Kap. 1.6), wird zur analogen Weiterverarbeitung der Messwerte eine Frequenz-Spannungs-Umsetzung notwendig. Zur Analoganzeige drehzahlproportionaler Frequenzsignale wird beispielsweise oft ein mittelwertbildender Frequenz-Spannungs-Umsetzer (f/U-Umsetzer) eingesetzt (Abb. 12.13). Nach eventueller Pulsformung durch einen Schmitt-Trigger wird auf die Eingangsflanke eines jeden Pulses hin ein Rechteckpuls definierter zeitlicher L¨ange T0 und Amplitude U0 erzeugt. Dies geschieht mit Hilfe einer monostabilen Kippstufe (Kap. 11.4). Der zeitliche Mittelwert der Ausgangsspannung uA ist proportional der momentanen Puls-Frequenz fX der Eingangsspannung uE TX T0 1 1 u ¯A = uAM (t) dt = U0 dt = U0 T0 fX . (12.18) TX 0 TX 0
422
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Die zeitliche Mittelwertbildung erfolgt wiederum mit Hilfe eines RC-Tiefpasses. Abbildung 12.13 zeigt das entsprechende Blockschaltbild der Gesamtschaltung, bestehend aus Impulsformer (Schmitt-Trigger), monostabiler Kippstufe (Monoflop) und RC-Tiefpass, sowie den Spannungsverlauf uAM (t) f¨ ur verschiedene Zeitverl¨aufe der Eingangsspannung uE . Ein solcher FrequenzSpannungs-Umsetzer wird in der Messtechnik auch oft als Z¨ahlratenmesser verwendet. Die Welligkeit der Ausgangsspannung kann bei geringen Z¨ahlraten bzw. kleiner Zeitkonstante sehr ausgepr¨agt sein. Die Zeitkonstante l¨asst sich allerdings nicht beliebig erh¨ohen, da sich die Schaltung sonst unter Umst¨anden nicht mehr schnell genug auf die aktuelle Z¨ahlrate einstellen kann.
Abb. 12.13. Frequenz-Spannungs-Umsetzer: a) Prinzipschaltbild, b) Signalverl¨ aufe f¨ ur zwei verschiedene Eingangsspannungen
12.8 Oszillatoren 12.8.1 Grundlagen Unter dem Begriff Oszillator versteht man in der Elektrotechnik eine Schaltung, die der Erzeugung unged¨ampfter Schwingungen mit definierter Frequenz und konstanter Amplitude dient. Der Schwingungserzeuger (Oszillator) erscheint dabei in einem elektrischen Netzwerk als ein aus aktiven und passiven Bauelementen bestehender Zwei- oder Vierpol. Der Begriff Oszillator ist aber nicht auf das Gebiet der Elektrotechnik beschr¨ankt. So bezeichnet ein Oszillator allgemein ein schwingendes Gebilde, wie z. B. das einfache MasseFeder-System, welches einen typischen mechanischen Oszillator repr¨asentiert. Man unterscheidet zwischen harmonischen Oszillatoren und Relaxationsoszillatoren. Harmonische Oszillatoren erzeugen Schwingungen mit harmonischem
12.8 Oszillatoren
423
(sinusf¨ ormigem) Zeitverlauf, w¨ahrend die Relaxationsoszillatoren zur Generierung von Schwingungen mit nicht-sinusf¨ormigem Zeitverlauf, z. B. Rechteckspannungen, herangezogen werden. Zur Erzeugung harmonischer Schwingungen ist eine R¨ uckstellkraft erforderlich, die proportional mit der Auslenkung (Schwingungsgr¨oße) zunimmt. Beim mechanischen Masse-Feder-Oszillator ergibt sich diese R¨ uckstellkraft aus dem Hookeschen Gesetz F = cx . (12.19) Dabei bezeichnen F die mechanische Kraft, die stets zur Gleichgewichtslage hin gerichtet ist, c die Federkonstante und x die Auslenkung. In Verbindung mit dem Newtonschen Gesetz ergibt sich die Schwingungsdifferentialgleichung f¨ ur das Masse-Feder-System wie folgt m
d2 x + cx = 0 . dt2
(12.20)
Dabei bezeichnen m die Masse des Schwingers und t die Zeitvariable. Die L¨ osung von Gl. (12.20) liefert die harmonische Schwingung in Form einer zeitlich sinusf¨ormigen Auslenkung ˆ sin(ω0 t + ϕ) x(t) = X
(12.21)
ˆ und ϕ sowie der Schwingkreisfrequenz ω0 (Resonanzmit den Konstanten X kreisfrequenz) c ω0 = . (12.22) m Analog dazu ergibt sich folgende Differentialgleichung f¨ ur den elektrischen LC-Schwingkreis (Parallelkreis) C
d2 u 1 + u=0. dt2 L
(12.23)
In Gl. (12.23) bezeichnen C die Kapazit¨at, L die Induktivit¨at und u die Spannung an den beiden (parallelgeschalteten) Elementen. Die L¨osung ergibt sich analog zu Gl. (12.21) ˆ sin(ω0 t + ϕu ) u(t) = U (12.24) mit
1 ω0 = √ . LC
(12.25)
Harmonische Oszillatoren werden oft auch direkt als Sinusgeneratoren bezeichnet. Im Gegensatz zu den harmonischen Oszillatoren dienen die Relaxationsoszillatoren der Erzeugung periodischer Signale mit nicht-sinusf¨ormigem Verlauf, insbesondere werden sie zum Generieren von periodischen Rechteck- und Dreiecksignalen herangezogen. Die Schaltungen von Relaxationsoszillatoren
424
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
besitzen als zentrale Komponente einen Komparator mit Hysterese, der im gleichm¨ aßigen zeitlichen Wechsel seine beiden Ausgangsspannungszust¨ande +UAmax bzw. −UAmax annimmt und damit eine periodische Rechteckspannung erzeugt (Kap. 12.8.4). 12.8.2 Harmonische Oszillatoren Harmonische Oszillatoren bestehen aus einem Verst¨arker mit der komple¨ xen Ubertragungsfunktion V (ω) und einer R¨ uckkopplungsschleife (Mitkopp¨ lung) mit der komplexen Ubertragungsfunktion K(ω) (Abb. 12.14). Die Gesamt¨ ubertragungsfunktion des r¨ uckgekoppelten Systems lautet UA V = . UE 1−V ·K
(12.26)
Abb. 12.14. Prinzip einer harmonischen Oszillatoranordnung
Die Schwingbedingung ist erf¨ ullt, wenn sich f¨ ur ein verschwindendes Eingangssignal (U E → 0) eine harmonische Ausgangsspannung U A mit konstanter Amplitude einstellt. Die Schwingbedingung ergibt sich aus der Polstelle der Gesamt¨ ubertragungsfunktion nach Gl. (12.26) V ·K =1.
(12.27)
Wenn man Gl. (12.27) nach Betrag und Phase aufspaltet, ergeben sich zwei Bedingungen, n¨amlich die Amplitudenbedingung | V |= | K |−1
(12.28)
ϕV + ϕK = 2πk ,
(12.29)
und die Phasenbedingung wobei k eine ganze Zahl ist. Als Beispiel f¨ ur einen typischen Vertreter eines harmonischen Oszillators wird im folgenden Abschnitt der LC-Oszillator besprochen.
12.8 Oszillatoren
425
12.8.3 LC-Oszillator Abbildung 12.15 zeigt einen mit einem Operationsverst¨arker aufgebauten LC-Oszillator, der im eingeschwungenen Zustand eine sinusf¨ormige Ausgangsspannung mit konstanter Frequenz und Amplitude liefert. Im Weiteren wird ein idealer Operationsverst¨arker mit verschwindender Eingangsdifferenzspannung (uD = 0) angenommen. Der Oszillator besteht also aus einem Elektrometerverst¨ arker mit der reellen Verst¨arkung V = V V =
UA , UC
(12.30)
die sich aus dem Verh¨altnis der beiden Widerst¨ande R2 und R3 des Ausgangsspannungsteilers ergibt R2 + R3 V = . (12.31) R3
Abb. 12.15. Operationsverst¨ arker-Schaltung eines LC-Oszillators
Andererseits bilden der LC-Parallelschwingkreis, dessen Zweipol-Impedanz mit Z LC bezeichnet werden soll, und der ohmsche Widerstand R1 einen Span¨ nungsteiler, welcher die Ubertragungsfunktion K des R¨ uckkoppel-Netzwerkes definiert K=
UC Z LC 1 = = UA Z LC + R1 1 + ZR1
LC
1
= 1+
R1 (1−ω 2 LC) jωL
.
(12.32)
Entsprechend der Schwingbedingung V · K = 1 nach Gl. (12.27) folgt aus Gl. (12.32) R2 + R3 1 =1. (12.33) 2 R (1−ω 1 0 LC) R3 1+ jω0 L
Gleichung (12.33) ist erf¨ ullt, wenn der Realteil des Ausdruckes auf der linken Seite gleich Eins wird und der Imagin¨arteil verschwindet.
426
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Daraus folgt R2 + R3 =V =1 R3 und die Resonanzkreisfrequenz ω0 des Oszillators 1 ω0 = √ . LC
(12.34)
(12.35)
ullung von Gl. (12.34) R2 = 0 gew¨ahlt Wenn also der Widerstand R2 zur Erf¨ wird, stellt sich eine stabile harmonische Schwingung mit konstanter Amplitude ein. Die Frequenz f0 (Resonanzfrequenz) dieser Spannung betr¨agt gem¨aß Gl. (12.35) 1 1 1 √ f0 = ω0 = . (12.36) 2π 2π LC Die diese Schwingung beschreibende allgemeine (d. h. die Schwingbedingung muss nicht erf¨ ullt sein) Differentialgleichung erh¨alt man, wenn man die Knotengleichung am nicht-invertierenden Eingang des Operationsverst¨arkers aufstellt, d. h. es m¨ ussen die drei in den Knoten einfließenden Teilstr¨ome von Kondensator C, Spule L und Widerstand R1 in Summe Null ergeben. Damit erh¨ alt man die folgende Differentialgleichung t uA (t) − uC (t) 1 duC (t) − −C uC (t ) dt − iL (t0 ) = 0 . (12.37) R1 dt L t0 Mit dem (reellen) Verst¨arkungsgrad V =
uA (t) uC (t)
(12.38)
folgt aus Gl. (12.37) nach Differentiation d2 uC 1 1 − V duC · + · uC = 0 . + dt2 R1 C dt LC
(12.39)
uhrt zu folgender L¨osung Der f¨ ur den Oszillatorbetrieb relevante Fall α2 < ω02 f¨ der Differentialgleichung
ˆ e−αt sin uC (t) = U (12.40) ω02 − α2 · t + ϕuC , wobei gilt
1−V . 2R1 C Demnach hat man die folgenden drei F¨alle zu unterscheiden: α=
(12.41)
1. V < 1, d. h. α > 0 Die Amplitude der Ausgangsspannung nimmt exponentiell mit der Zeit ab, d. h. die Schwingung ist ged¨ampft.
12.8 Oszillatoren
427
2. V = 1, d. h. α = 0 Dies ist der bereits oben behandelte Fall einer Sinusschwingung mit konstanter Amplitude und der Frequenz f0 . Mit diesem Wert f¨ ur α bzw. V ist die Schwingbedingung exakt erf¨ ullt. 3. V > 1, d. h. α < 0 Bei Verst¨arkungsgraden V > 1 steigt die Amplitude der Ausgangsspannung exponentiell an. Dieser Zustand ist lediglich in der Einschaltphase (Anschwingphase) erw¨ unscht. Der exponentielle Anstieg wird automa¨ tisch durch die daraus resultierende Ubersteuerung des Verst¨arkers beendet, woraufhin sich stets automatisch der gew¨ unschte stabile Zustand (Verst¨ arkungsgrad V = 1) einstellt. 12.8.4 Relaxationsoszillatoren Relaxationsoszillatoren sind auch unter den Namen Multivibratoren bzw. astabile Kippstufen bekannt. Sie sind in der Lage, eine Folge von Dreieck- oder Rechteckpulsen zu liefern. Die frequenzbestimmenden Komponenten sind Widerst¨ ande, Kapazit¨aten oder auch Spannungen. Daher werden Relaxationsoszillatoren oft auch zur Messung dieser Gr¨oßen eingesetzt, insbesondere in der Sensortechnik bei der Messung nicht-elektrischer Gr¨oßen. Abbildung 12.16 zeigt zwei prinzipielle Schaltungsvarianten von Funktionsgeneratoren zur gleichzeitigen Erzeugung von Dreieck- und Rechtecksignalen. Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a wird je nach Schalterstellung ein Kondensator mit dem Konstantstrom +Iref bzw. −Iref aufgeladen. Die am Kondensator anliegende Spannung uC (t) kann am Ausgang des nachgeschalteten Impedanzwandlers abgegriffen werden. F¨ ur das Zeitintervall 0 ≤ t ≤ T /4 folgt 1 t 1 uC (t) = Iref dt = Iref t . (12.42) C 0 C ˆA1 des Komparators zur Zeit t = T /4 Nach Erreichen der Schaltschwelle +U (Abb. 12.16c) wird die Polarit¨at des Ladestromes gewechselt und der KonˆA1 entladen. Der Komdensator wird bis auf den negativen Schwellwert −U paratorausgang liefert infolge dieser st¨andigen Polarit¨atswechsel eine Rechteckspannung uA2 mit der Frequenz f , welche mit der der Dreieckspannung identisch ist Iref f= . (12.43) ˆA1 4C U Bei der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16b sind die zwei Stromquellen durch Spannungsquellen ersetzt worden, die alternierend an den Eingang eines integrierenden Verst¨arkers angeschlossen werden. Dadurch ergibt sich das gleiche Verhalten wie das der Schaltungsvariante nach Abb. 12.16a. Ein einfacher Multivibrator l¨asst sich bereits mit Hilfe eines mit einem RCGlied r¨ uckgekoppelten Operationsverst¨arkers realisieren (Abb. 12.17). Wenn wir annehmen, dass zum Zeitpunkt t = 0 die Spannung am Kondensator
428
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Abb. 12.16. Prinzipieller Aufbau von Multivibratoren (Generatoren zur Erzeugung von Dreieck- und Rechteckspannungen): a) Schaltung mit Konstantstromladung eines Kondensators, b) Schaltung mit Integrator, c) Ausgangssignalverl¨ aufe
uC = UK2 und die Ausgangsspannung uA = +UB sind, l¨adt sich der Kondensator C u ¨ber den Widerstand R auf. Zum Zeitpunkt t = T /2 wird die Umschaltschwelle UK1 erreicht UK1 = UB
R2 . R1 + R2
(12.44)
Dabei kippt der Operationsverst¨arkerausgang infolge der Mitkopplung auf uA = −UB , woraufhin der Kondensator entladen wird. Zum Zeitpunkt t = T
Abb. 12.17. Multivibrator mit Operationsverst¨ arker: a) Schaltbild, b) Spannungsverl¨ aufe
12.8 Oszillatoren
429
wird die negative Schwellenspannung UK2 = −UK1 erreicht und die Komparatorausgangsspannung springt wieder auf uA = +UB . Auf diese Weise entsteht ein Rechtecksignal mit den Amplituden ±UB . Die Periodendauer T dieser Rechteckspannung l¨asst sich anhand des Zeitverlaufes der Kondensatorspannung uC (t) errechnen, welche sich f¨ ur den Aufladevorgang wie folgt ergibt (Abb. 12.17)
R1 + 2R2 − t (12.45) uC (t) = UB 1 − e RC . R1 + R2 Weiterhin gilt
T = UK1 uC 2
R2 T R1 + 2R2 −T /2RC = UB 1 − = UB e . uC 2 R1 + R2 R1 + R2
(12.46) (12.47)
Da die beiden Schwellenspannungen UK1 und UK2 betragsm¨aßig gleich sind, kann aus Gl. (12.47) die Periodendauer T abgeleitet werden
2R2 . (12.48) T = 2RC ln 1 + R1 F¨ ur R2 = R1 vereinfacht sich Gl. (12.48) zu T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(12.49)
Eine alternative Realisierung eines Multivibrators basiert auf zwei Digitalinvertern und einem RC-Glied. Die entsprechende Schaltung mit Signalverl¨aufen ist in Abb. 12.18 dargestellt. In dieser Schaltung repr¨asentieren die Spannungen u2 und uA Digitalsignale, wobei die Ausgangsspannung uA stets dem
u2
1 R
uA
1
u1 3 2 U0 U0 USW = 2 - U0 2
C
t
u2
u1
t
uA
a)
b)
Τ/2
Τ/2
t
Abb. 12.18. Multivibrator mit Invertern: a) Schaltbild, b) Signalverl¨ aufe (USW bezeichnet die Schaltschwelle des Komparators (ohne Hysterese) am Eingang.)
430
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
logisch negierten Wert von u2 entspricht (Abb. 12.18b). Demzufolge wird der Kondensator u ¨ber den Widerstand abwechselnd geladen und entladen. Wenn die Schaltschwelle USW des Komparators genau in der Mitte zwischen den beiden Ausgangspegeln liegt, ergibt sich die Schwingungsdauer wiederum zu T = 2RC ln 3 ≈ 2, 2RC .
(12.50)
12.8.5 Quarzoszillator Die Genauigkeit bei der digitalen Zeit- bzw. Frequenzmessung h¨angt neben dem Quantisierungsfehler im Wesentlichen von der Genauigkeit der verwendeten Referenzfrequenz bzw. Referenzzeit ab. Der bei einer Messung erhaltene Z¨ ahlerstand N = f T ist sowohl proportional der Messzeit T als auch proportional der Messfrequenz f . Bei der digitalen Zeitmessung muss also die Referenzfrequenz fref und bei der digitalen Frequenzmessung die Referenzzeit Tref konstant gehalten werden. Im Rahmen praktischer Schaltungen wird dies in beiden F¨allen im allgemeinen durch einen Quarzoszillator gew¨ahrleistet, an dessen Frequenzkonstanz demzufolge hohe Anforderungen gestellt werden. Daf¨ ur geeignete piezoelektrische Resonatoren bestehen u ¨ blicherweise aus nat¨ urlichen Quarzkristallen (SiO2 ) mit bestimmter Kristallorientierungsrichtung und definierten geometrischen Abmessungen.
z (optische Achse)
z
Q
AT
Q BT
j y
x
=
y (mechanische Achse)
x (elektrische Achse)
>
Abb. 12.19. Quarzkristallschnitte: a) Quarzkristall (SiO2 ) mit seinen Achsen und Darstellung der Orientierung des AT- sowie des BT-Schnittes, b) Schnittwinkel θ und ϕ zwischen Schwingquarz und optischer (z) Achse bzw. elektrischer (x) Achse
12.8 Oszillatoren
431
Schwingquarze sind d¨ unne Pl¨attchen, die mit bestimmter Orientierungsrichtung aus einem einkristallinen piezoelektrischen Quarzmaterial herausgeschnitten und mit Elektroden versehen werden (Abb. 12.19). Die Winkel, unter denen die Quarzpl¨attchen in bezug auf die optische, mechanische und elektrische Achse aus dem nat¨ urlichen Quarzkristall herausgeschnitten werden, legt die f¨ ur eine Anwendung als frequenzbestimmendes Element relevanten Eigenschaften des Quarzschwingers fest. Solche Quarzschwinger sind spezielle piezoelektrische Wandler, die im interessierenden Frequenzbereich eine scharfe Resonanzstelle aufweisen, bei welcher der Schwinger in mechanische Resonanz ger¨at. Genauer gesagt, handelt es sich dabei infolge des piezoelektrischen Effektes (und der daraus resultierenden Verkopplung von mechanischer und elektrischer Energie) um ein Resonanzstellenpaar, welches aus einer sog. Parallelresonanz (mit fp bezeichnet) und einer sog. Serienresonanz (mit fs bezeichnet) besteht. In der Serienresonanz schwingt das Quarzpl¨attchen, wenn seine Elektroden elektrisch kurzgeschlossen werden, w¨ahrend es in Parallelresonanz angeregt wird, wenn die beiden elektrischen Kontakte unbeschaltet bleiben bzw. sehr hochohmig abgeschlossen werden, d. h. wenn der Schwinger im elektrischen Leerlauf betrieben wird. Man kennt verschiedene Standard-Quarzschwingertypen, die sich in Kristallrichtung sowie geometrischer Gestalt und damit auch in bezug auf ihre charakteristische Schwingungsform und Schwingfrequenz unterscheiden. So setzt man beispielsweise Biegeschwinger (NT-Schnitt) im Frequenzbereich zwischen 1 und 80 kHz ein, w¨ahrend die Fl¨achenscherschwinger (CT- oder DT-Schnitt) den daran anschließenden Frequenzbereich von 100 kHz bis knapp unterhalb 1 MHz abdecken (Abb. 12.20b). Die L¨angsschwinger (GT-Schnitt) arbeiten, in dem diese Frequenzbereiche u ¨ berlappenden Intervall von etwa 50 - 200 kHz. Der am h¨aufigsten verwendete Quarzschwinger ist der Dickenscherschwinger (AT-Schnitt), dessen Grundmode-Schwingungsform in Abb. 12.20a gezeigt (n) wird. Er f¨ uhrt Dickenscherschwingungen aus, deren Resonanzfrequenzen fp (Parallelresonanz) n¨aherungsweise durch
Abb. 12.20. Schwingungsformen von Standard-Quarzschnitten: a) AT-Schnitt (Dickenscherschwinger, b) CT-Schnitt und DT-Schnitt (Fl¨ achenscherschwinger)
432
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
fp(n)
n nc = = 2d 2d
cD 66
n = 1, 2, 3, . . .
(12.51)
gegeben ist. Dabei bezeichnen d die Dicke des Quarzpl¨attchens, seine Dichte, cD 66 den maßgebenden elastischen Schermodul und c die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Scherwelle und n die Ordnung der Harmonischen. Das (1) Produkt aus Grundwellenresonanzfrequenz fp und Schwingerdicke d ist eine Konstante, die sog. Frequenzkonstante N , deren Wert sich aus den Materialdaten des verwendeten Schwingquarzes ergibt ⎧ ur AT-Schnitt ⎨ 1, 67 MHz mm f¨ fp(1) d = N = . (12.52) ⎩ 2, 50 MHz mm f¨ ur BT-Schnitt Der typischerweise genutzte Frequenzbereich von Dickenscherschwingern reicht von einigen hundert Kilohertz bis zu etwa 25 MHz in der Grund- und etwa 200 MHz in der 9. Oberwelle. Detaillierte Beschreibungen des mechanischen und elektrischen Verhaltens von Schwingquarzen findet man in der einschl¨agigen Literatur [30], [191], [107], [108], [109], [179]. Das vereinfachte elektrische Ersatzschaltbild eines Quarzschwingers sowie der Verlauf der elektrischen Impedanz Z Q (ω) = R(ω) + jX(ω) werden in Abb. 12.21 gezeigt. In diesem Ersatzschaltbild, welches das Verhalten des Schwingquarzes in der Umgebung der Grundschwingung (Grundwellenreso(1) nanz) fp = fp approximativ beschreibt, bedeuten C0 die statische Parallelkapazit¨ at (Kapazit¨at, wenn der Quarz nicht schwingt), C1 die dynamische Kapazit¨ at, L1 die dynamische Induktivit¨at und R1 den dynamischen Verlustwiderstand. Die komplexe Eingangsadmittanz Y Q (ω) zwischen den Eingangsklemmen ergibt sich aus dem Schaltbild
Abb. 12.21. Schwingquarz: a) Schaltzeichen, b) Elektrisches Ersatzschaltbild (Typische Werte f¨ ur einen 1-MHz-Schwingquarz sind: C0 = 60 pF, C1 = 0, 016 pF, L1 = 1, 5 H, R1 = 60 Ω), c) Wirk- und Blindanteil der Eingangsimpedanz eines Schwingquarzes mit den unter b) angegebenen Werten der Ersatzschaltbildelemente C0 , C1 und L1 . Der Widerstandswert R1 wurde, um die Details des Impedanzdiagrammes besser aufl¨ osen zu k¨ onnen, mit R1 = 600 Ω angenommen, was zu einer um den Faktor 10 reduzierten G¨ ute f¨ uhrt.
12.8 Oszillatoren
Y Q (ω) = G(ω) + jB(ω) Y Q (ω) =
R12 + ωL1 −
(12.53) ⎞
⎛
R1
1 ωC1
433
⎜ 2 + j ⎝ωC0 −
1 ωL1 − ωC ⎟ 1 2 ⎠ .
1 R12 + ωL1 − ωC 1
(12.54) Der Verlustwiderstand R1 kann bei Schwingquarzen aufgrund ihrer hohen G¨ ute i. allg. vernachl¨assigt werden, so dass sich die Eingangsimpedanz des Quarzes Z Q wie folgt vereinfacht Z Q ≈ jX =
ω 2 L1 C1 − 1 j . ω C0 + C1 − ω 2 L1 C1 C0
(12.55)
Bei der Parallelresonanzfrequenz fp des Quarzes strebt der Reaktanzanteil der Eingangsimpedanz gegen unendlich (X → ∞). Damit l¨asst sich fp aus der Polstelle der Funktion Z Q (Gl. (12.55)) ermitteln 1 √ fp = 2π L1 C1
1+
C1 . C0
(12.56)
Bei der Serienresonanzfrequenz fs des Quarzes verschwindet hingegen der Reaktanzanteil (X = 0) (Abb. 12.21c). Dementsprechend ergibt sich fs aus der Nullstelle des Z¨ahlers von Gl. (12.55) fs =
1 1 √ . 2π L1 C1
(12.57)
Der relative Frequenzabstand zwischen Parallel- und Serienresonanz ergibt sich unter Ber¨ ucksichtigung der in der Praxis gegebenen Kapazit¨atsverh¨altnisse (C1 C0 ) zu fp − fs 1 C1 ≈ . (12.58) fs 2 C0 Die G¨ ute Q, die dem Reziprokwert des tan δs = R/X entspricht, l¨asst sich ebenfalls aus den Elementen des elektrischen Ersatzschaltbildes bestimmen. 1 L1 1 Q= = . (12.59) tan δs R1 C1 Sie liegt bei Schwingquarzen typischerweise zwischen 5 · 103 und 5 · 105 . 12.8.6 Operationsverst¨ arker-Schaltung eines Quarzoszillators Abbildung 12.22 zeigt die Schaltung eines Quarzoszillators, bei welcher der Quarz im Mitkopplungszweig eines Operationsverst¨arkers liegt. Nur bei der Serienresonanzfrequenz des Schwingquarzes ist die Schwingbedingung erf¨ ullt
434
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
und die Impedanz Z Q des Quarzzweipols betragsm¨aßig so gering, dass bei dieser Frequenz eine unged¨ampfte harmonische Schwingung zustandekommt. F¨ ur alle anderen Frequenzen stellt der Quarz aufgrund seiner hohen Impedanzwerte ein Sperrfilter dar. Der LC-Schwingkreis am Eingang dient dabei lediglich dem sicheren Anschwingen der Oszillatorschaltung auf der Grundwelle bzw. auf der gew¨ unschten Oberwelle.
Abb. 12.22. Operationsverst¨ arker-Schaltung eines Quarzoszillators
12.8.7 Fehler von Schwingquarzen Als wesentlicher Fehler von Schwingquarzen macht sich deren Temperaturabh¨ angigkeit bemerkbar, insbesondere bei Oszillatoranwendungen mit hohen Forderungen an die Frequenzstabilit¨at. Die Temperaturabh¨angigkeit der Resonanzfrequenz l¨asst sich bei Quarzen wie folgt approximieren f (ϑ) = f (0◦ C)(1 + αϑ + βϑ2 + γϑ3 ) .
(12.60)
F¨ ur bestimmte Schnittwinkel, so z.B. auch den meist verwendeten AT-Schnitt, verschwindet der lineare Temperaturkoeffizient α. Da außerdem der kubische Temperaturkoeffizient γ i. allg. bereits um einige Zehnerpotenzen unter dem linearen und quadratischen liegt, f¨allt dann nur der quadratische Temperaturkoeffizient β ins Gewicht. Abbildung 12.23 zeigt die Abh¨angigkeit des linearen Temperaturkoeffizienten α vom Schnittwinkel sowie die relative Frequenz¨ anderung eines AT-Schnitt-Dickenscherschwingers als Funktion der Temperatur ϑ. Der Temperatureinfluss ist insbesondere bei den AT-Schnitten sehr gering. Er l¨asst sich um weitere ca. drei Zehnerpotenzen reduzieren, wenn die Quarze in einem temperaturstabilisierten Geh¨ause betrieben werden. Neben dem parasit¨aren Temperatureinfluss sind Schwingquarze einem Alterungsprozess unterworfen, welcher sich in Form eines relativen Frequenzfehlers bemerkbar macht, der mit der Zeit einem asymptotischen Endwert zustrebt. Dieser Endwert liegt bei etwa Δf /f = 10−9 /Tag und wird bereits nach einigen Wochen erreicht (Tab. 12.1). Schwingquarze lassen sich
12.8 Oszillatoren
435
a (K-1) 10-4 1 HT DT
0
-10
BT
CT
2
-4
a)
AT
-90° -60° -30° 0° 30° 60° 90° Schnittwinkel Q
Df f 2·10-5 J0
0 -2·10-5 b)
-20 0
20 40 60 80 100 J (°C)
Abb. 12.23. Temperaturabh¨ angigkeit von Schwingquarzen [12, 58]: a) Linearer Temperaturkoeffizient α als Funktion des Schnittwinkels; 1: Dickenscherschwinger; 2: Fl¨ achenscherschwinger, b) Relative Frequenzabweichung eines AT-SchnittDickenscherschwingers als Funktion der Schwingquarztemperatur
auch als sehr pr¨azise arbeitende frequenzanaloge Temperatursensoren einsetzen. F¨ ur diese Anwendung wird der sogenannte HT-Kristallschnitt verwendet, der recht große Temperaturkoeffizienten aufweist α = 90 · 10−6 (K −1 ), β = 60 · 10−9 (K −2 ) und γ = 30 · 10−12 (K −3 ) (Gl. (12.60)). Die relativen Frequenz¨ anderungen sind zwar sehr gering, aber aufgrund der pr¨azisen Fertigungstechnik und der Stabilit¨at des Quarzmaterials der Messgr¨oße sehr exakt zuzuordnen bzw. andererseits auch wiederum mittels elektronischer Z¨ahlerschaltungen sehr genau messbar. Wesentlich bessere Genauigkeiten erh¨alt Tabelle 12.1. Typische Werte f¨ ur Kurzzeitkonstanz, Temperaturdrift und Alterungsrate von Schwingquarzen ohne Temperaturregelung Kurzzeitkonstanz < 3 · 10−9 (1 Sekunde) Temperaturdrift < 10−5 (0◦ C - 50◦ C) Alterungsrate < 10−8 /Tag
mit Temperaturregelung < 10−11 < 10−8 < 10−9 /Tag
436
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
man mit atomaren Frequenz-Standardelementen, bei denen die Atomresonanz zur Frequenzstabilisierung genutzt wird. So weisen beispielsweise RubidiumNormalelemente relative Abweichungen von nur 10−11 im Kurzzeitbereich (Sekundenbereich) auf. Die Alterungsraten liegen bei 10−11 /Monat. Bei C¨asium-Elementen sind keine Alterungseinfl¨ usse messbar. Aufgrund ihres hohen Anschaffungspreises und ihres hohen Gewichtes werden sie jedoch nur in Labors f¨ ur Pr¨azisionsmesstechnik sowie als Frequenznormal f¨ ur Zeitzeichensender eingesetzt. Die Gesamtunsicherheit der beiden C¨asiumNormaluhren CS1 und CS2 der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig wird mit 3 · 10−14 bzw. 1, 5 · 10−14 angegeben [18]. So wurde ein mittlerer Gangunterschied der beiden Uhren von 0,76 μs pro Jahr, entsprechend einem relativen Fehler von 2, 5 · 10−14 , ermittelt. Wenn auch die Kurzzeitkonstanz der Normalfrequenzaussendung des bekannten Zeitzeichensenders DCF-77 (s. Kap. 12.10.2) die eines sorgf¨altig aufgebauten temperaturgeregelten Quarzoszillators (OCXO) nicht wesentlich u ¨ bersteigt, so ist doch die Langzeitstabilit¨at des DCF-77 um Gr¨oßenordnungen besser. Es bietet sich also an, temperaturgeregelte Quarzoszillatoren einzusetzen und deren Langzeitstabilit¨at mit Hilfe einer DCF-77-Synchronisation zu erh¨ohen. Ein entsprechendes hard- und softwarem¨aßiges Realisierungskonzept wird in [101] vorgestellt. Detaillierte Angaben u ¨ ber die Genauigkeit von Zeit- und Frequenznormalen finden sich in [18].
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung Fehler bei der Messung eines Zeitintervalls Der absolute Fehler ΔTX bei der Messung eines Zeitintervalls TX ergibt sich aus der Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.2) zu ΔTX =
∂TX ∂TX Δfref + ΔNX . ∂fref ∂NX
(12.61)
Daraus l¨ asst sich leicht der entsprechende maximale relative Fehler ableiten ΔTX Δfref ΔNX = + (12.62) TX fref NX . In Gl. (12.62) beziffert der Term ΔNX /NX den bereits in Kap. 12.3.1 angesprochenen Quantisierungsfehler (Z¨ahlfehler), der sich wie folgt angeben l¨asst ΔNX ±1 1 1 = (12.63) NX NX = NX = fref TX . Der Term Δfref /fref in Gl. (12.62) hingegen beschreibt den Fehler der Zeitbasis, d. h. die relative Frequenzabweichung des Quarzoszillators. Dieser Fehler
12.9 Fehler bei der digitalen Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung
437
liegt bei praktischen Z¨ahlern in der Gr¨oßenordnung 10−7 ≤ Δfref /fref ≤ 10−5 . Abbildung 12.24 (TX -Achse) zeigt den gesamten relativen Fehler bei der Zeitmessung f¨ ur den beispielhaften Fall, dass die Frequenz des Referenzsignals fref = 1 MHz und der relative Fehler der Zeitbasis 10−6 betragen. Fehler bei der Frequenzmessung Der maximale relative Fehler bei der Frequenzmessung ergibt sich analog zu Gl. (12.61) ΔfX ΔTref ΔNX ΔTref = + = + 1 = ΔTref + 1 fX Tref NX Tref NX Tref Tref fX . (12.64) Der Ausdruck ΔTref /Tref entspricht dabei wiederum dem relativen Fehler der Zeitbasis. Damit ergibt sich im Prinzip wieder derselbe relative Messfehler wie bei der Zeitintervallmessung Gl. (12.62). Er kann aus Abb. 12.24 abgelesen werden, wenn die fX -Achse verwendet wird. F¨ ur die Berechnung des relativen Fehlers bei der Frequenzmessung wurden eine Torzeit von Tref = 1 s sowie ein Zeitbasisfehler von ΔTref /Tref = 10−6 angenommen. Fehler bei der Periodendauermessung Die großen Messfehler bei der Messung tiefer Frequenzen (Abb. 12.24) lassen sich umgehen, wenn man eine Reziprokmessung durchf¨ uhrt, d. h. anstatt der Frequenz die Periodendauer misst und den Kehrwert bildet.
Abb. 12.24. Relativer Fehler bei der Zeitintervall- bzw. Frequenzmessung. TX Achse: Fehlerdiagramm f¨ ur die Messung eines Zeitintervalles TX . Es wurde fref = 1 MHz und ein Zeitbasisfehler Δfref /fref von 10−6 angenommen. fX -Achse: Fehlerdiagramm f¨ ur die Frequenzmessung. Es wurde eine Torzeit von Tref = 1 s und ein Zeitbasisfehler ΔTref /Tref von 10−6 angenommen.
438
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Wenn man den Fehler der Zeitbasis zun¨achst vernachl¨assigt, ergibt sich durch Anwendung des Fehlerfortpflanzungsgesetzes auf Gl. (12.11) der relative Messfehler bei der Periodendauermessung zu ΔTX 1 1 fX = = = . TX NX fref TX fref
(12.65)
Der relative Fehler h¨angt also lediglich vom Verh¨altnis Messfrequenz fX zu Referenzfrequenz fref ab. Wenn man beispielsweise fref = 1 MHz annimmt, so wird der Fehler einer Standardquarzzeitbasis von 10−6 erst bei einer Frequenz von 1 Hz erreicht. F¨ ur h¨ ohere Frequenzen dominiert der Quantisierungsfehler. Von praktischer Bedeutung ist noch die Messfrequenz fXeq , bei der die Periodendauermessung (Reziprokmessung) und die direkte Frequenzmessung auf den gleichen relativen Fehler f¨ uhren. Das Gleichsetzen der relativen Fehler f¨ uhrt unter Vernachl¨ assigung der Zeitbasisfehler zu 2 fXeq =
fref , Tref
(12.66)
wobei fref die Taktfrequenz bei der Periodendauermessung und Tref die Torzeit bei der Frequenzmessung bedeuten. Wenn beispielsweise diese Taktfrequenz zu fref = 1 MHz und die Torzeit zu Tref = 1 s gew¨ahlt werden, ergibt sich f¨ ur beide Messprinzipien der gleiche Fehler bei fXeq = 1 kHz. Unterhalb dieser Frequenz f¨ uhrt die Periodendauermessung (reziproke Frequenzmessung) zu geringeren Messfehlern, w¨ahrend sich im Frequenzbereich oberhalb fXeq die direkte Frequenzmessung als g¨ unstiger erweist (Abb. 12.25).
Abb. 12.25. Relativer Messfehler bei der digitalen Frequenzmessung (direkte Mesur die Perisung und Reziprokmessung). Es wurde eine Taktfrequenz fref = 1 MHz f¨ ur die Frequenzmessung angenomodendauermessung sowie eine Torzeit Tref = 1 s f¨ men. Der relative Fehler der Zeitbasis liegt bei 10−6 .
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
439
Messfehler durch u ¨ berlagertes Rauschen Dem Messsignal u uhren zu Fehlern bei der Zeit¨ berlagerte St¨orspannungen f¨ und Frequenzmessung, die zum Teil erheblich sein k¨onnen. Diese Fehler werden durch zu fr¨ uhe bzw. zu sp¨ate Triggerausl¨osung verursacht. Der so entstandene Triggerfehler addiert sich zu den oben bereits diskutierten Fehlern (Quantisierungsfehler und Zeitbasisfehler). Zur Absch¨atzung des Triggerfehlers wollen wir annehmen, dass das Messsignal um (t) sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweist ˆm sin(ωt) . um (t) = U (12.67) Die maximale zeitliche Steigung dum /dt der Spannung wird im Nulldurchgang erreicht und betr¨agt
dum ˆm ω . =U (12.68) dt max ˆr kann den Zeitpunkt des NulldurchEine St¨ orspannung mit der Amplitude U ganges, der gleichzeitig Triggerzeitpunkt ist, um die Zeit ΔTtrigg verschieben ˆr U ΔTtrigg = ΔT = dum dt
max
=
ˆr ˆr U U . = ˆm ω ˆm 2πfX U U
(12.69)
Diese zeitliche Verschiebung des Triggerzeitpunktes wird als der absolute Triggerfehler bezeichnet. Der entsprechende relative Triggerfehler ergibt sich bei der einfachen Periodendauermessung (Messung einer einzelnen Periode TX ) zu ˆr ˆr ΔTtrigg U 1 1 U = = . (12.70) ˆm ˆm TX 2πfX TX U 2π U Um diesen Fehler zu reduzieren, geht man zur sog. Mehrfachperiodendauermessung u ¨ ber, bei der anstatt der Dauer einer einzigen Periode nunmehr die Dauer von m Perioden bestimmt wird. Bei diesem integrierenden Messverfahren reduziert sich sowohl der Triggerfehler als auch der Quantisierungsfehler um den Faktor m. Wie bei der Frequenzmessung ist auch hier eine gr¨oßere Genauigkeit nur auf Kosten der Messzeit zu erzielen.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation 12.10.1 Atomuhren Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) [137] in Braunschweig hat die Aufgabe u ur die Bundesrepublik Deutschland die absolute ¨ bernommen, f¨ (amtliche) Zeit festzulegen. Dies geschieht mit Hilfe einer sog. Atomuhr, welche im konkreten Fall eine C¨asium-Normaluhr ist. Das Bureau International des Poids et Mesures (BIPM) in Paris wiederum legt aus den Werten von solchen u ¨ ber 260 weltweit verteilten Atomuhren die sog. Internationale Atomzeit (TAI) als Referenzzeit fest.
440
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Eine Atomuhr ist eine Uhr, deren Zeittakt aus atomaren Schwingungszust¨anden abgeleitet wird. F¨ ur die genauesten Uhren verwendet man das nicht-radioaktive ¨ Isotop 133 des Elements C¨asium. Die Resonanzfrequenz beim Ubergang (sog. ¨ Hyperfeinstruktur-Ubergang) zwischen zwei ausgew¨ahlten Energiezust¨anden dieses C¨ asium-Atoms ist temperaturunabh¨angig, sehr langzeitstabil und betr¨ agt 9 192 631 770 Hz. Im Jahre 1967 wurde die SI-Einheit ’Sekunde’ u ¨ ber diesen Wert festgelegt (sog. SI-Sekunde). ¨ Um die Resonanzfrequenz des Hyperfeinstruktur-Ubergangs messen zu k¨ onnen, muss zun¨achst einer der beiden besagten Energiezust¨ande selektiert werden, was entweder durch optisches Pumpen mit Laserlicht bewerkstelligt werden kann oder indem man den Atomstrahl durch ein starkes inhomoge¨ nes Magnetfeld schickt. Die Hyperfeinstruktur-Uberg¨ ange und die Messung der o. g. Resonanzfrequenz finden schließlich in einem speziellen Mikrowellenresonator statt. N¨aheres zu dieser Technik findet der interessierte Leser beispielsweise in folgenden Referenzen: [137], [126]. Auf dieser Basis arbeiten derzeit die vier C¨asium-Atomuhren CS1 bis CS4 bei der PTB. Es handelt sich hierbei um Zeitnormale, die weltweit zu den genauesten Uhren z¨ahlen. So weicht die von der in Braunschweig installierten Atomuhr CS2 bestimmte Sekunde mit einer Wahrscheinlichkeit von 67% um nicht mehr als ±1, 2 ·10−14 von der idealen SI-Sekunde ab. Dies entspricht einer Abweichung von einer Sekunde in 2,5 Millionen Jahren. Als 5. Zeitnormal betreibt die PTB eine noch genauere Uhr, eine sog. C¨asium-Font¨ane. Bei ihr werden die C¨asium-Atome auf eine Temperatur sehr nahe dem absoluten Nullpunkt abgek¨ uhlt. Dadurch werden die Atome in ihrer Fortbewegungsgeschwindigkeit sehr stark verlangsamt, was im Weiteren zu einer l¨ angeren Beobachtungszeit (ca. 1 Sekunde) bei der Frequenzmessung genutzt werden kann. Somit sind exaktere Messungen der o. g. Resonanzfrequenz m¨ oglich. Die Gangunsicherheit der C¨asium-Font¨ane ist um den Faktor 10 geringer als der einer (Standard-)C¨asium-Uhr. Auch das amerikanische Pendant zur Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, das National Institute of Standards (NIST) in Boulder, Colorado, entwickelt und betreibt Atomuhren mit hoher Ganggenauigkeit. So wurde auch dort eine C¨ asium-Font¨ane mit dem Namen NIST-F1 entwickelt. Sie arbeitet mit 6 Infrarot-Lasern, welche die C¨asium-Atome in Form eines kleinen lokalen Clusters (Ball) zusammendr¨angen, was zu der bereits oben erw¨ahnten Abk¨ uhlung in den Bereich des absoluten Nullpunktes und infolgedessen zu einer Verlangsamung der Atombewegungen f¨ uhrt. Infolge kontinuierlicher technischer Verbesserungen konnte die Ungenauigkeit der NIST-F1 im Sommer 2005 auf ±5 · 10−16 abgesenkt werden, was einer Abweichung von 1 Sekunde in 60 Millionen Jahren gleichkommt. Weitere Einzelheiten und neuere Entwicklungen findet der interessierte Leser auf der Homepage der PTB [137] unter der Rubrik Zeitnormale - Arbeitsgruppe 4.41 sowie auf der Homepage des National Institute of Standards [126]. Von der letztgenannten Homepage aus l¨asst sich auch eine Videoanimation zur Arbeitsweise einer C¨asium-Font¨ane starten.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
441
Der Nachteil der oben beschrieben C¨asium-Atomuhren ist, dass sie technisch sehr aufwendig sind und daher nur in einem speziellen Labor installiert werden k¨ onnen. So sind sie nicht geeignet, in einem Satelliten betrieben zu werden. Hierf¨ ur verwendet man aber ebenfalls Atomuhren. Anstatt des Elementes C¨ asium nutzt man Resonanzen von Rubidium. Diese Rubidium-Uhren sind wesentlich kleiner, leichter und preiswerter als C¨asium-Uhren. Moderne Rubidium-Uhren erreichen bei einem Volumen von 40 cm3 und einem Leistungsbedarf von 1 Watt eine Gangunsicherheit von nur ±3 · 10−12 , was einer Abweichung von 1 Sekunde in 10.000 Jahren entspricht. Damit sind sie immer noch um den Faktor 105 genauer als herk¨ommliche Quarzuhren. Aufgrund dieser Eigenschaften eignen sie sich in hervorragender Weise f¨ ur den Einsatz in mobilen Systemen, wie beispielsweise Satelliten. 12.10.2 DCF-77 Zeitzeichensender Um die amtliche Normalzeit landesweit verf¨ ugbar zu machen, benutzt man einen L¨ angstwellensender mit einer Tr¨agerfrequenz unterhalb des vom ¨offentlichen Rundfunk genutzten Langwellenbereiches. Dieser Frequenzbereich erlaubt in aller Regel das problemlose Eindringen der elektromagnetischen Wellen in Geb¨ aude. Die von der PTB mit Hilfe der Uhrennormale bestimmte Normalzeit (MEZ (=UTC + 1h) bzw. MESZ (=UTC + 2 h)) wird nach dem BCD-Code codiert und u ¨ ber den Zeitzeichensender DCF-77 in Mainflingen bei Frankfurt/Main ausgestrahlt. Seine Reichweite betr¨agt, je nach Empfangssituation, bis zu 2000 km. Der Tr¨ ager von DCF-77 wird dazu auf zwei Arten moduliert, n¨amlich zum einen mit einer Amplitudenmodulation und zum anderen in Form einer pseudozuf¨ alligen Umtastung der Tr¨agerphase. Bei der im Jahre 1970 eingef¨ uhrten Amplitudenmodulation wird die Amplitude der 77,5-kHz-Tr¨agerschwingung zu Beginn einer jeden Sekunde bei einer zu u ur ¨ bertragenden digitalen 0 f¨ 0,1 s und bei einer digitalen 1 f¨ ur 0,2 s auf 25 % des normalen Wertes abgesenkt (Abb. 12.26). Die pseudozuf¨allige Umtastung der Tr¨agerphase (Binary Phase Shift Keying BPSK) wurde erst im Jahre 1988 eingef¨ uhrt [81].
Abb. 12.26. Modulation einer log. 0 bzw. einer log. 1 beim Zeitzeichensender DCF-77
442
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Mit Hilfe beider Modulationsformen werden einmal pro Minute die Zahlen u ur Minute, Stunde, Tag, Wochen¨ bertragen, welche die aktuellen Werte f¨ tag, Monat und Jahr repr¨asentieren, und zwar bei der Amplitudenmodulation durch Impulsdauermodulation der Sekundenmarken und bei der BPSK durch Invertieren einer Pseudozufallsfolge. Abbildung 12.27 zeigt das Kodierschema und die Zuordnung zwischen u ¨ bertragener Information und den einzelnen Sekundenmarken. Die Sekunden innerhalb einer Minute sind u ¨ ber diese Amplituden¨ anderungen inkremental zu z¨ahlen. Das Fehlen der 59. Sekunde weist auf den Beginn der folgenden Minute hin. Dabei werden Pr¨ ufbits zur St¨orerkennung verwendet [81].
Abb. 12.27. Minutenprotokoll beim Zeitzeichensender DCF-77. Bits 17 und 18: Zeitzonenbits (MEZ: 0, MESZ:1); Bit 20: Startbit f¨ ur Zeitinformation (stets 1); Bit 28: erg¨ anzt Bits 21-27 auf gerade Parit¨ at; Bit 35: dto. f¨ ur Bits 29-34; Bit 58: dto. f¨ ur Bits 36-57.
12.10.3 NAVSTAR/GPS-Satellitennavigation Bereits in den sechziger Jahren war erkennbar, dass die herk¨ommliche Funknavigation den k¨ unftigen Anforderungen nicht mehr gen¨ ugen w¨ urde. Zu diesen Anforderungen geh¨ort die weltweite dreidimensionale und hochpr¨azise Positionsbestimmung in Echtzeit, wobei das System wetterunabh¨angig 24 Stunden am Tag zur Verf¨ ugung stehen muss. Dar¨ uber hinaus sollen die Empf¨anger leicht zu handhaben sein. Unter Federf¨ uhrung der US Air Force entwickelten die amerikanischen Streitkr¨afte ab 1973 das NAVigation Satellite Timing ” And Ranging/Global Positioning System (NAVSTAR/GPS)“, welches auch f¨ ur die zivile Nutzung freigegeben ist. Systemaufbau Das Gesamtsystem besteht aus drei Segmenten: 24 von der Firma Rockwell entwickelte Satelliten, welche verteilt auf sechs Kreisbahnen in circa 20 000 Ki-
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
443
lometern H¨ ohe die Erde in ungef¨ahr 12 Stunden je einmal umlaufen, bilden das Raumsegment. Auf der Erdoberfl¨ache befindet sich das Kontrollsegment, bestehend aus f¨ unf weltweit verteilten Monitorstationen zur Satellitenbeobachtung und einer Master Control Station, um die Bahndaten der Satelliten vorauszuberechnen und das Verhalten der Satellitenuhren zu extrapolieren, sowie Bodenantennen, um die ermittelten Werte an die Satelliten zu senden. Das Benutzersegment wird von allen milit¨arisch und zivil genutzten GPSEmpf¨ angern gebildet (Abb. 12.28). Jeder Satellit strahlt permanent ein kodiertes Signal ab (Frequenzen 1575,42 bzw. 1227,60 MHz), welches unter anderem die genaue interne Satellitenzeit und die aktuellen Bahndaten des Satelliten, insbesondere seine aktuelle Position, enth¨ alt. Zu diesem Zweck sind die Satelliten mit jeweils vier hochgenauen Atomuhren ausgestattet. Die absolute Genauigkeit der in den GPS-Satelliten im Einsatz befindlichen RubidiumUhren wird mit 3 · 10−9 Sekunden angegeben. Ein Benutzer empf¨angt die Signale und misst die Laufzeit zwischen dem Zeitpunkt des Sendens am Satelliten und dem Empfangszeitpunkt. Wird nun die gemessene Laufzeit mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit der elektromagnetischen Wellen multipliziert, so erh¨ alt man die Entfernung zwischen dem Empf¨anger und dem Satelliten, dessen Signal empfangen wurde. Im Idealfall l¨asst sich mit einer Messung eine Kugelstandfl¨ache ermitteln, das heißt, der Empf¨anger befindet sich auf einer Kugeloberfl¨ ache mit dem angepeilten Satelliten im Mittelpunkt. Aus diesem Grund werden die genauen Positionsdaten des Satelliten mitgesendet. Misst man gleichzeitig die Signale zweier Satelliten, so befindet man sich auf der Schnittlinie der beiden zugeh¨origen Kugelstandfl¨achen, also einer Kreisstandlinie. Bei einer dritten Messung erh¨alt man den genau definierten Standort des Empf¨ angers. Da jedoch die Empf¨anger aus Kostengr¨ unden anstatt mit
Abb. 12.28. Funktionsprinzip des Global-Positioning-Systems (GPS)
444
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Atomuhren nur mit Quarzuhren ausger¨ ustet sind, entsteht ein Messfehler, so dass das Signal eines vierten bzw. auch die Signale von weiteren NAVSTARSatelliten herangezogen werden m¨ ussen, um eine entsprechende Fehlerkorrektur durchf¨ uhren zu k¨onnen. Minimale Zeitfehler entstehen zwangsl¨aufig auch aufgrund der sich zeitlich ¨andernden Wellenausbreitung in Iono- und Stratosph¨ are. Es gibt zwar Modelle, die diesen Einfluss zu beschreiben versuchen, ihre Anwendung kann aber die existierenden Fehler nicht vollst¨andig eliminieren. Jeder Satellit sendet seine Signale auf zwei Frequenzen im L-Band, wobei f¨ ur den zivilen Nutzer nur das L1-Signal (1575,42 MHz) wichtig ist. Dazu wird diesem Signal zun¨achst der C/A-Code (Clear/Access-Code)“ in Form ” einer Pseudo-Random-Noise-Sequenz aufmoduliert. Dabei handelt es sich um eine scheinbar zuf¨allige Sequenz, die sich jedoch im Intervall von einer Millisekunde st¨ andig wiederholt. Benutzt wird die Methode der Phasenmodulation mit einem Modulationstakt von 1,023 MHz. Zus¨atzlich wird dem Signal - ebenfalls durch Phasenmodulation - mit einem Takt von 50 Bit/s die Navigationsnachricht aufmoduliert, welche die Satellitenzeit und die Bahndaten des sendenden Satelliten enth¨alt. Die f¨ ur die zivile Navigation wichtigen Daten sind in Bl¨ocken von 150 Bit enthalten, die sich st¨andig wiederholen. Die Navigationsnachricht wird innerhalb von 30 Sekunden empfangen. Am Empf¨anger wird mit einem Signalprozessor die Laufzeit des Signals gemessen, indem zun¨achst intern pseudo-gleichzeitig“ ein ebenfalls mit dem ” C/A-Code versehenes Vergleichssignal erzeugt wird. Dann wird durch Kreuz¨ korrelation eine Ubereinstimmung der Bitmuster des empfangenen und des intern erzeugten Signals herbeigef¨ uhrt. Die eigentliche Messgr¨oße ist also die ¨ Phasenverschiebung, die notwendig ist, um eine Ubereinstimmung der Signale zu erzeugen und die proportional zur Laufzeit der Signale zwischen Satellit und Empf¨ anger ist. Diese Information wird an einen Navigationscomputer weitergegeben, der aus mindestens vier Laufzeiten unter Zuhilfenahme der demodulierten Navigationsnachrichten ein System aus (mindestens) vier Gleichungen l¨ ost. Ber¨ ucksichtigt man die Tatsache, dass sich der C/A-Code jede Millisekunde wiederholt, so erh¨alt man alle 300 Kilometer eine Mehrdeutigkeit, welche jedoch in der Praxis durch weitere Informationen eindeutig zu kl¨aren ist. Der milit¨arische P-Code (Protected-Code) benutzt eine PRN-Sequenz von 266 Tagen Dauer, wobei mit einem Modulationstakt von 10,23 MHz gearbeitet wird. Daraus resultiert nicht nur eine zehnmal so große Genauigkeit sondern auch eine erheblich kompliziertere Entschl¨ usselbarkeit. Die Betreiber des GPS sind auch in der Lage, die den zivilen Nutzern zug¨anglichen Signale und Daten bestimmter Satelliten k¨ unstlich zu verschlechtern. Dazu wird der Lauf der Satellitenuhren moduliert bzw. kleinere Fehler in die Bahndaten eingearbeitet. Eine Eliminierung dieser Fehler ist nur mittels geheimer Verfahren m¨ oglich. Diese mit Selective Availability bezeichnete Einschr¨ankung der Genauigkeit wurde im Jahr 2000 von den Vereinigten Staaten aufgehoben, so dass fortan f¨ ur die zivile Nutzung Genauigkeiten in der Positionsbestimmung von weniger als ± 10 Metern zur Verf¨ ugung stehen. Vor der Aufhebung der
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
445
Beschr¨ ankung betrug die Genauigkeit lediglich ± 100 Meter. Es ist dem Verteidigungsministerium der Vereinigten Staaten jedoch weiterhin m¨oglich, die f¨ ur zivile Nutzer zug¨anglichen Daten und Signale beispielsweise in Kriegsgebieten gezielt zu verf¨alschen bzw. abzuschalten, was dann mit dem Begriff Selective Deniability bezeichnet wird. Differential GPS - DGPS Um die Genauigkeit des GPS-Satellitennavigationssystem weiter zu verbessern, wurde das Differential Global Positioning System (DGPS) entwickelt. Dabei wird an einem Ort, dessen exakte geographische Lage bekannt ist, die Position mittels GPS bestimmt. Aus der Differenz zwischen der dabei errechneten Position und der bekannten tats¨achlichen geographischen Lage ergibt sich der lokale Fehler des GPS-Systems. Es ist m¨oglich, den Fehler jedes in Reichweite befindlichen Satelliten zu errechnen und diesen Fehler an ¨ DGPS-Empf¨ anger zu u der Fehler an geeignete ¨ bermitteln. Zur Ubertragung Empf¨ anger werden FM-Frequenzen sowie Satelliten benutzt. Da der Fehler der einzelnen GPS-Satelliten in der jeweiligen Region nun bekannt ist, ist eine genauere Berechnung der aktuellen Position m¨oglich. DGPS-Empf¨anger k¨ onnen die Position metergenau bestimmen, typischerweise werden Genauigkeiten von unter ± 5 Metern erreicht. SBAS - Satellite Based Augmentation Systems Bei den SBA-Systemen handelt es sich um ein satellitengest¨ utztes Differential GPS (DGPS). Die Korrekturdaten werden hier im Gegensatz zum StandardDGPS von geostation¨aren Satelliten ausgesandt, was den Vorteil mit sich bringt, dass weder weitere terrestrische Sendestationen noch ein separater (Korrektursignal-)Empf¨anger beim Nutzer ben¨otigt werden. Es gibt hier vier, f¨ ur unterschiedliche Regionen entwickelte Systeme, die untereinander weitestgehend kompatibel sind. Das sog. Wide Area Augmentation System (WAAS) (Erweiterungssystem f¨ ur einen großen Bereich), ist in USA und Kanada verf¨ ugbar und wird speziell in der Luftfahrt verwendet. Dabei kontrollieren 25 Bodenstationen das GPS-Signal und schicken entsprechende Korrekturdaten an zwei geostation¨are WAAS-Satelliten, die ihrerseits wiederum die entsprechenden Empf¨anger versorgen. Das MSAS (Multi-Functional Satellite Augmentation System) wurde in Japan entwickelt und deckt ein Teil des asiatischen Raums ab. Das GAGAN-System (GPS Aided Geo Augmentation Navigation) wurde in Indien entwickelt und befindet sich in einer Experimentierphase. In Europa wird derzeit ebenfalls ein solches System unter dem Namen EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service) aufgebaut. Es sind 34 u ¨ ber ganz Europa verteilte Bodenmessstellen, sog. RIMS (Ranging and Integrity Monitoring Station = Entfernungsmess- und Integrit¨ atsbeobachtungs-Stationen), und 3 geostation¨are Satelliten geplant. Bei
446
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
den Satelliten handelt es sich um sog. Inmarsat-Satelliten (International Maritime Satellite), die infolge geschickter ¨ortlicher Anordnung u ¨ ber dem Atlantik, Zentralafrika und ¨ostlich von Afrika den gesamten europ¨aischen Raum abdecken. Zu Problemen kann es allenfalls im nordeurop¨aischen Raum kommen, da hier die geostation¨aren Satelliten unter einem Winkel von nur 20 Grad zu sehen sind, was leicht zu Abschattungen und damit zu entsprechenden Empfangsproblemen f¨ uhrt. Die jeweilige Position der RIM-Stationen ist exakt bekannt (wenige Zentimeter Abweichung). Sie sind mit GPS-Empf¨angern und Auswerterechnern ausgestattet, die beim Empfang bzw. der Auswertung des GPS-Signals die Abweichung bestimmen. Außerdem kann aufgrund der Tatsache, dass die Stationen sowohl das L1- als auch das L2-Band empfangen, die Laufzeitverz¨ ogerungen durch die Ionossph¨are f¨ ur jeden einzelnen Satelliten ermittelt werden. Da beim Empfang von mehr als vier Satelliten die Auswertung des GPS-Signales u ¨ berbestimmt ist, kann man auch auf Fehler (Uhrenfehler bzw. Positionsfehler) der einzelnen Satelliten schließen. Diese Informationen werden an ein sog. Central Processing Centre weitergeleitet, wo sie zur GesamtKorrektur weiterverarbeitet werden. Die Hauptfehlerquelle von Ein-FrequenzEmpf¨ angern, so wie sie von privaten Nutzern verwendet werden, liegt bei der in der Ionossphare stattfindenden Signalverz¨ogerung. Hier hilft das von den SBA-Systemen errechnete aktuelle Korrekturgitter (IONO-Korrekturgitter) weiter, das gr¨oßte positive Auswirkung auf die Korrektur der GPS-Signale hat. So kann die maximale Abweichung von EGNOS bei der horizontalen Ortsbestimmung auf etwa 2 Meter heruntergedr¨ uckt werden. Damit ist es beispielsweise hervorragend geeignet, dem Luftverkehr eine Exaktheit bei der Positionsbestimmung zu gew¨ahrleisten, die prinzipiell ausreichen w¨ urde, ein Flugzeug ohne Landestrahl zu landen. Allerdings wird das EGNOS nicht in der Lage sein, die h¨ochste Stufe (CAT III, d. h. Minimum-Sichtweite bei Nebel ca. 100 m) des derzeit im Luftverkehr verwendeten ILS (Instrumentenlandesystem) zu ersetzen. Dennoch wird es in hervorragender Weise die Navigation im Luft- und Schiffsverkehr erg¨anzen und bestehende erdgebundene Navigationsysteme abl¨osen [131]. Voraussichtlich wird EGNOS bereits Anfang des Jahres 2011 zur Verf¨ ugung stehen. Finanziert wird das Projekt von der EU. Die europ¨ aische Raumfahrtagentur ESA hat die Koordination u ¨ bernommen. 12.10.4 Galileo-Satellitennavigation Aufgrund fehlender Alternativen zu dem US-amerikanischen GPS oder dem russischen GLONASS Satellitennavigationssystem beschloss die Europ¨aische Union (EU) in den 90er Jahren ein unabh¨ angiges Satellitennavigationssystem zu entwickeln. Dies wurde notwendig, da keines der bestehenden Systeme aus milit¨ arischen Gr¨ unden eine uneingeschr¨ankte Funktions- bzw. Verf¨ ugbarkeitsgarantie gew¨ ahrt. Außerdem ist so bei einem technischen Ausfall eines Systems noch ein weiteres vorhanden, was einen wesentlichen Sicherheitsaspekt darstellt.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
447
Systemaufbau Das derzeit im Aufbau befindliche Navigationssystem soll im endg¨ ultigen Ausbaustadium 30 Satelliten umfassen, von denen 27 dem Betrieb des Systems dienen und drei weitere sich als Ersatzsatelliten im Orbit befinden. Die Satelliten werden in ca. 24.000 km H¨ohe auf drei verschiedenen Kreisbahnen fliegen und ben¨otigen f¨ ur eine Erdumrundung etwa 14 Stunden. Sie bilden das Raumsegment“, das in Abb. 12.29 dargestellt ist. Dabei werden jeweils ” 10 Satelliten auf einer Bahn gleichm¨aßig verteilt. Davon fungiert jeweils ein Satellit, also insgesamt drei, als Reserve f¨ ur eventuell ausfallende Satelliten. ¨ Auf der Erde werden weltweit vernetzte Bodenstationen die Uberwachung ¨ der Satelliten u von Diagnose- und ¨ bernehmen und Echtzeit-Ubertragungen Fehlermeldungen steuern. Es wird zwei gleichberechtigte Haupkontrollzentren (GCC = Galileo Control Center) geben, eines in Deutschland (Oberpfaffenhofen) und eines in Italien (Fucino). Ein weiteres Kontrollzentrum, welches das Safety-of-Life-Signal (s. u.) u ¨ berwacht und Redundanzzwecken dient, wird in Spanien errichtet. Daneben werden die von den Galileo-Satelliten ausgesendeten Signale von 30 Signalkontroll-Empfangsstationen (GSS Galileo Sensor Station) u unf Satelliten-Kontrollstationen (TTC Telemetry, ¨ berwacht. F¨ Tracking and Command) u ¨bernehmen die Bahnverfolgung und -steuerung der Satelliten. Es soll 9 Uplink-Stationen (ULS = Up-Link Stations) geben, von welchen aus die im Betrieb notwendigen Korrektur-, Kontroll- und Steuerdaten im C-Band (5 GHz) zu den einzelnen Satelliten gesendet werden k¨onnen. Das Bodensegment wird komplettiert durch ein sog. Performance-Center, das
Abb. 12.29. Satellitennavigationssystem Galileo [49]
448
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
permanent die Qualit¨at der zur Erde gesendeten Satellitensignale auswertet. Die u ¨ bergeordneten, administrativen Aufgaben des Galileo-Systems werden einer zivilen Galileo-Betreibergesellschaft (Galileo Operating Company) u ¨ bertragen, deren Sitz auf Frankreich (Toulouse) und England (London) aufgeteilt wurde. Das Galileo-System wird bez¨ uglich seiner Fl¨achenabdeckung bis zu einem n¨ ordlichen Breitengrad von 75◦ (Nordkap) und s¨ udlich bis u udspitze ¨ ber die S¨ Europas reichen. Insgesamt stellt das System 11 Navigationssignale zur Verf¨ ugung, wobei eines davon ausschließlich dem Search and Rescue Service“ zugeteilt ist. Es ” werden insgesamt drei Frequenzb¨ander f¨ ur die Signal¨ ubertragung verwendet: 1164 − 1215 MHz, 1260 − 1300 MHz und 1559 − 1593 MHz. Das Galileo-Navigationssystem befindet sich derzeit noch immer in der Aufbauphase, obgleich mit den Planungen f¨ ur Galileo schon im Jahre 1994 begonnen wurde. Am 28. Dezember 2005 wurde ein erster Test-Satellit (Name: GIOVE-A1; Masse: 600 kg; Abmessungen: 1,3 m × 1,8 m × 1,65 m; Leistung: 700 W) mit einer Sojus-Tr¨agerrakete in den Orbit transportiert, ein zweiter folgte am 26. April 2008 (Name: GIOVE-B; Masse: 520 kg; Abmessungen: 1 m × 1 m × 2,4 m; Leistung: 950 W). Diese beiden Satelliten sind bereits seit 2012 aber wieder außer Betrieb. Am 21. Oktober 2011 wurden die ersten beiden IOV-Satelliten (IOV = In Orbit Validation) von einer Sojus-Tr¨agerrakete in ihre Umlaufbahn (in 23.222 km H¨ ohe; die Orbitalebenen der Satelliten haben einen Inklinationswinkel von 56◦ ) gebracht. Die n¨achsten beiden IOV-Satelliten folgten im Oktober 2012. Von diesen ist aber nur noch einer verf¨ ugbar. Gem¨ aß dem Stand Mitte 2016 sind 7 Satelliten aktiv und 2 befinden sich in der Inbetriebnahmephase. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Testphase werden weitere ca. 20 Satelliten folgen. Das europ¨aische Navigationssystem Galileo wird nach dem heutigen Kenntnisstand den zivilen und milit¨arischen Nutzern in vollem Umfang (30 Satelliten) nicht vor dem Jahr 2020 zur Verf¨ ugung stehen. Die gesch¨atzten Kosten f¨ ur das Gesamtprojekt liegen derzeit bei ca. 12 Mrd. Euro.
12.10 Atomuhren, Zeitzeichensender und Funknavigation
449
Dienstleistungen Das von der EU geplante Navigationssystem soll vor allem der zivilen Nutzung zu Gute kommen. Es sind f¨ unf Ortungs-Dienstleistungen geplant: • •
•
•
•
Open Service: frei verf¨ ugbar Zielapplikation: Konsumerger¨ate Safety of Life“ Service: sehr genaue Ortsaufl¨osung, hohe Datenper” formance, hohe Sicherheit Zielapplikation: Navigation f¨ ur Flugzeuge, Schiffe und Z¨ uge Commercial Service: geb¨ uhrenpflichtig, Ortsaufl¨osung lokal angeblich bis zu 10 cm [49], verschl¨ usselter Datentransfer Zielapplikation: Daten-, Zeit- und Hochpr¨azisionsdienstleistungen Public Regulated Service: garantierte Verf¨ ugbarkeit unter schwersten Bedingungen; verschl¨ usselter Datentransfer Zielapplikation: Dienste f¨ ur ¨offentliche Organe, beispielsweise Polizei Search and Rescue Service: Echtzeit¨ ubertragung von Notsignalen, genaue Ortsaufl¨osung von wenigen Metern Zielapplikation: humanit¨are Hilfs- und Rettungsdienstleistungen internationaler Vereinigungen.
Kompatibilit¨ at zu GPS In einem Vertrag zwischen der EU und USA wurde im Jahre 2004 vereinbart, dass Galileo zu GPS kompatibel sein wird. Die Frequenzb¨ander L1 bei 1575, 42 MHz und L5 bei 1176, 45 MHz werden von beiden Systemen gemeinsam benutzt. Das L2-Band (1227, 6 MHz) ist f¨ ur GPS reserviert, w¨ahrend Galileo das Band E6 (1278, 75 MHz) allein nutzt. Wenn das Galileo-System vollst¨ andig ausgebaut ist, werden sich also 60 zur Navigation nutzbare Satelliten im All befinden. Die im Durchschnitt erreichbare Genauigkeit der Ortsbestimmung l¨asst sich mit einer solche hohen Anzahl an Satelliten prinzipiell erh¨ ohen, da im Mittel mehr Satellitensignale an einem Ort gleichzeitig empfangen werden k¨onnen. 12.10.5 St¨ orfaktoren bei der Satellitennavigation Um eine Postionsbestimmung zu erm¨oglichen, ist der gleichzeitige Empfang von mindestens 4 Satelliten erforderlich. F¨ ur eine Fehlerkorrektur jedoch ist ¨ man auf die Uberbestimmung des mit vier Unbekannten (L¨ange, Breite, H¨ohe, Zeit) versehenen Gleichungssystems angewiesen, die mindestens den Empfang eines 5. Satelliten notwendig macht. Dies bringt Probleme bei der Navigation in St¨ adten mit hohen Geb¨auden mit sich, wo sich diese Forderung nicht immer erf¨ ullen l¨ asst. In den meisten F¨allen ist auch eine Satellitennavigation im Inneren massiver, z. B. in Stahlbetonbauweise errichteter Bauwerke so gut wie ausgeschlossen.
450
12 Die Messung von Frequenz und Zeit
Folgende, aus physikalischen Gr¨ unden unabwendbare Einfl¨ usse f¨ uhren in der Regel zu Fehlern bei der Positionsbestimmung: •
• • •
¨ Witterungsbedingte Anderungen bei der Ausbreitung elektromagnetischer Wellen, z. B. Ionosph¨areneinfl¨ usse: Fehler bis ca. 0,5 Meter Gangungenauigkeit der verwendeten Uhren: Fehler bis ca. 2 Meter Fehler durch Mehrwegeausbreitung der elektromagnetischen Wellen: Fehler bis ca. 0,5 Meter Abweichung von der geplanten Satellitenbahn infolge Graviation: Fehler bis ca. 2,5 Meter
Gezielte Beeinflussung durch St¨ orsender Leider gibt es die M¨oglichkeit, gezielt St¨orsender gegen Satellitennavigationssysteme, wie GPS oder Galileo, einzusetzen. Die Frequenzen dieser St¨orsender sind mit denen der Satelliten identisch. Sie arbeiten außerdem mit den gleichen Codefolgen, die allerdings in aller Regel unsinnige Nutzdaten u ¨ bermitteln. Solche St¨orsender werden als GPS-Jammer bezeichnet, solange sie nicht gezielt falsche Postionsdaten vort¨auschen. In dieser Funktionalit¨at jedoch werden sie als GPS-Faker bezeichnet. GPS-Faker erfordern allerdings eine entsprechend genaue Zeitbasis (Atomuhr), was deren Realisierung aufwendig macht. Es ist geplant, f¨ ur das Galileo-System eine Authentifizierung zur Erkennung gef¨alschter Positionsdaten anzubieten.
13 Messsignalverarbeitung
13.1 Aufgaben und Bedeutung Die wesentlichen Aufgaben der Messsignalverarbeitung bestehen in der Messwert-Vorverarbeitung sowie der Analyse der aufgenommenen Messsignale mit Hilfe von Filtern, Funktionaltransformationen, Korrelationsverfahren, Mittelwertbildern, Effektivwertbausteinen, Klirrfaktor-Messbr¨ ucken, etc. (Abb. 13.1). Dabei sollen die in den gewonnenen Messwerten enthaltenen und f¨ ur ihre weitere Verwendung (z. B. Regelung, Steuerung, etc.) relevanten Informationen extrahiert werden. Oft wird die im Rahmen einer Messung interessierende Zielgr¨oße erst durch entsprechende Signalverarbeitungsmaßnahmen gewonnen. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein stark verrauschtes Messsignal erst durch geeignete Filtermaßnahmen vom St¨orsignal getrennt werden muss. Zu den wichtigsten Signalverarbeitungsmaßnahmen z¨ahlen:
Abb. 13.1. Messwerterfassung sowie analoge und digitale Messwertverarbeitung in einem Messsystem
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_13
452
• • • • • • • •
13 Messsignalverarbeitung
Kennlinien-Korrektur Filterung Mittelwertbildung Korrelationsbildung Bildung von Verteilungsfunktionen Ermittlung von speziellen Kenngr¨oßen, wie z. B. dem Klirrfaktor Ausf¨ uhren mathematischer Operationen, wie z. B. Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren, etc. Effektivwertermittlung.
Grunds¨ atzlich ist zwischen analoger und digitaler Messsignalverarbeitung zu unterscheiden. Als Vorteile der Analogtechnik sind unter anderem das hohe Aufl¨ osungsverm¨ogen und die hohe Verarbeitungsgeschwindigkeit zu nennen. Außerdem entfallen die bei digitalen Systemen stets ben¨otigten Module zur Abtastung und Analog-Digital-Umsetzung. Im Zuge der in den letzten Jahrzehnten zu beobachtenden Qualit¨atsverbesserungen elektronischer Digital-Bausteine (insbesondere in bezug auf Geschwindigkeit und Aufl¨osung) bei gleichzeitig stark reduziertem finanziellen Aufwand werden die Systeme zur analogen Signalverarbeitung zunehmend von digitalen abgel¨ost. So lassen sich mit Hilfe universeller digitaler Systeme, wie z. B. digitaler Signalprozessoren (DSP), komplexe Aufgaben wie Funktionaltransformationen relativ leicht in Form von Computerprogrammen implementieren, die bei Analogl¨osungen einen entsprechenden Aufwand an Hardware notwendig machen. Der Beitrag der analogen Messsignalverarbeitung hingegen wird sich k¨ unftig vor allem auf Spezialprobleme bzw. Aufgaben mit h¨ ochsten Geschwindigkeitsanforderungen konzentrieren. Mit den M¨oglichkeiten der modernen digitalen Signalverarbeitung lassen sich nun auch anspruchsvolle messtechnische Aufgabenstellungen bew¨altigen, die in der Vergangenheit oft aus Mangel an geeigneter Hardware oder auch aus Kostengr¨ unden nicht angegangen wurden. Die M¨oglichkeit, komplexe Signalverarbeitungsaufgaben auf dem PC bzw. auf einem daran angeschlossenen digitalen Signalprozessor zu bearbeiten, erlaubt auch dem Messtechniker, auf preiswertem Wege die Methoden der modernen digitalen Signalverarbeitung zu nutzen. W¨ ahrend die analoge Technik meist teure (Spezial-) Hardware in Form von Einzweckger¨aten voraussetzt, l¨asst sich die digitale Signalverarbeitung - von Problemen mit sehr hohen Geschwindigkeitsanforderungen einmal abgesehen - auf einem General-Purpose-Rechner, wie z. B. einem PC oder einer Workstation, bzw. auf einem universellen digitalen Signalprozessor relativ einfach softwarem¨ aßig implementieren. Einzige Voraussetzung ist die korrekte zeitliche Abtastung des Signals sowie die anschließende Analog-Digital-Umsetzung (Kap. 11.6) der in der Regel in analoger Form vorliegenden Messsignale. Der große Vorteil des digitalen Konzeptes besteht in der hohen Flexibilit¨at der entsprechenden softwaretechnischen Implementierungen.
13.2 Signalarten und Analyseformen
453
13.2 Signalarten und Analyseformen Die in der Messsignalverarbeitung angewendeten Analyseformen h¨angen sehr stark von der Art des zu analysierenden Signales ab. Daher sollte man sich zun¨ achst einmal mit der prinzipiellen Art der vorliegenden Messsignale auseinandersetzen, d. h. man sollte sie klassifizieren. Abbildung 13.2 gibt einen ¨ Uberblick u ¨ber die prinzipiell m¨oglichen Signalklassen.
nichtdeterministische Signale Rauschen
analoge Signale
nicht-stationäre Signale kein konstanter Mittelwert stationäre Signale konstanter Mittelwert
transiente Signale Pulse
nicht-periodische Signale quasi-periodische Signale deterministische Signale vorhersagbar allg. periodische Signale periodische Signale harmonische Signale Sinus Abb. 13.2. Klassifizierung von Signalen
Am einfachsten lassen sich die periodischen Signale analysieren. Sie z¨ahlen zu den deterministischen Signalen, die bei Kenntnis nur einer einzigen Periode f¨ ur jede Zeit vorhersagbar sind. Bei den nicht-periodischen deterministischen Signalen muss auf eventuelle Abbruchfehler geachtet werden, die entstehen, wenn man anstatt der bei periodischen Signalen u ¨blichen festen Periodendauer eine beliebige Zeitspanne w¨ahlt. Insbesondere bei der Anwendung der Schnellen Fourier-Transformation (Fast Fourier Transformation FFT) werden oft nicht periodische Signale in das der FFT zugrundeliegende Korsett der Periodizit¨ at gezw¨angt, woraus entsprechende Fehler entstehen.
454
13 Messsignalverarbeitung
Bei den nicht-deterministischen Signalen, den stochastischen Rauschsignalen also, kann man die Signalanalyse in aller Regel auf die Ermittlung von Mittelwerten beschr¨anken. Man muss dabei beachten, dass diese Mittelwerte nur bei den station¨aren Signalen zeitlich konstant sind. Wenn die zeitliche Schwankung der Mittelwerte infolge von Instationarit¨aten groß wird, wird die Signalanalyse dementsprechend schwierig bzw. liefert wenig aussagekr¨aftige Resultate.
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren Die im Zuge der analogen Messsignalverarbeitung standardm¨aßig ben¨otigten mathematischen Operationen Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren und Radizieren lassen sich mit Hilfe von Schaltungen implementieren, die einen Analog-Multiplizierer enthalten. Das Schaltsymbol eines Analog-Multiplizierers wird in Abb. 13.3 gezeigt. Wenn man sich die Eingangsvariablen uE1 und
Abb. 13.3. Analog-Multiplizierer: a) altes Schaltsymbol. E ist ein Bezugsspannungswert von typ. 10 V, b) neues Schaltsymbol mit Angabe eines Bewertungsfaktors (hier: − 2 ).
uE2 in einem kartesischen Koordinatensystem aufgetragen denkt, kann man entsprechend ihrer Position, welche die verarbeitbare Polarit¨at der Eingangsspannungen beschreiben soll, nach Ein-, Zwei- oder Vier-Quadranten-Multiplizierern unterscheiden (Tab. 13.1). Tabelle 13.1. Grundtypen von Analog-Multiplizierern Bezeichnung
Polarit¨ at der Eingangsspannungen
Ein-Quadranten-Multiplizierer Zwei-Quadranten-Multiplizierer Vier-Quadranten-Multiplizierer
uE1 ≥ 0, uE2 ≥ 0 uE1 ≥ 0, uE2 beliebig uE1 und uE2 beliebig
13.3 Multiplizieren, Dividieren, Quadrieren, Radizieren
455
Schaltungen zur hardwarem¨aßigen Realisierung dieser Multiplizierer finden sich unter anderem in [182]. Solche Schaltungen sind kommerziell in Form von integrierten Bausteinen erh¨altlich. Dividierer Ein Analog-Dividierer l¨asst sich mit der in Abb. 13.4 gezeigten Operationsverst¨ arkerschaltung realisieren. Wenn man die Eingangsdifferenzspannung uD idealerweise zu Null annimmt, kann man aus Gleichung uD = uE2 −
uE1 uA =0 E
(13.1)
ableiten, dass sich die Ausgangsspannung uA durch Division der beiden Eingangsspannungen ergibt uE2 uA = E . (13.2) uE1
Abb. 13.4. Dividierer-Schaltung
Radizierer Wenn man hingegen beide Eing¨ange des Multiplizierers mit dem Operationsverst¨ arkerausgang verbindet (Abb. 13.5), entsteht aufgrund der Beziehung uD = uE1 −
u2A =0 E
(13.3)
ein Radizierer, solange die Eingangsspannung positiv bleibt (uE1 ≥ 0). Daraus folgt uA = EuE1 . (13.4)
456
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.5. Radizierer-Schaltung
Frequenzverdoppler Mit Hilfe des in Abb. 13.6 gezeigten Quadriererbausteins und dem nachgeschalteten Hochpassfilter l¨asst sich ein Frequenzverdoppler realisieren. Wenn man n¨ amlich die Sinusspannung ˆ sin ωt uE = U
(13.5)
an den Eingang dieser Schaltung legt, entsteht am Eingang des Hochpasses die Spannung ˆ2 ˆ2 U 1U sin2 ωt = (1 − cos 2ωt) . (13.6) E 2 E Wenn man weiterhin annimmt, dass die Kreisfrequenz ω weit oberhalb der Eckfrequenz des Hochpasses liegt, folgt f¨ ur die Ausgangsspannung uA =
ˆ2 1U cos 2ωt . 2 E
(13.7)
Das heißt, man erh¨alt am Ausgang ein Signal mit sinusf¨ormigem Zeitverlauf, das in bezug auf das Eingangssignal die doppelte Frequenz und eine mit dem ˆ /(2E) multiplizierte Amplitude aufweist. Faktor U
Abb. 13.6. Frequenzverdoppler-Schaltung
13.4 Ermittlung des Effektivwertes
457
13.4 Ermittlung des Effektivwertes Der Effektivwert xeff eines Signals, welcher auch als Root Mean Square Value xRMS bezeichnet wird, entspricht der Wurzel des quadratischen Mittelwertes (13.8) xeff = xRMS = μ2x + Δx2 = μ2x + σx2 . Dabei wurde angenommen, dass sich das station¨are Zeitsignal x(t) aus einem Gleich- μx und einem Wechselanteil Δx(t) zusammensetzt x(t) = μx + Δx(t) .
(13.9)
Die Varianz σx2 (Standardabweichung σx ) entspricht also dem Effektivwertquadrat des Wechselanteils. Der Effektivwert l¨asst sich neben der in Kap. 6.3.5 erw¨ahnten indirekten, aber kurvenformabh¨angigen Methode (Messung des Gleichrichtwertes und Umrechnung in den Effektivwert) auch direkt mit Hilfe von echten Effektivwertmessern, z. B. mittels eines Dreheiseninstruments oder durch thermische Verfahren (Hitzdrahtinstrument), erfassen. Neben diesen klassischen Effektivwertmessern bietet die moderne Messtechnik integrierte Bausteine an, die auf elegante Weise die Bestimmung des kurvenformunabh¨angigen Effektivwertes erlauben (siehe auch Kap. 11.8). Schaltung eines analogen Effektivwertbausteins Eine Schaltung zur Bestimmung des echten (nicht kurvenformabh¨angigen) Effektivwertes eines Messsignals besteht aus der Hintereinanderschaltung eines Quadrierers, eines Tiefpasses und eines Radizierers (Abb. 13.7). Die Eingangsspannung uE wird zun¨achst quadriert und tiefpassgefiltert, sodass sich die Spannung u ¯1 am Eingang des Radizierers als der quadrierte Effektivwert der Eingangsspannung ergibt u ¯1 =
1 T
T 0
u2E (t) dt . E
(13.10)
Abb. 13.7. Prinzipschaltung zur Bestimmung des kurvenformunabh¨ angigen Effektivwertes
458
13 Messsignalverarbeitung
Die Ausgangsspannung uA entspricht schließlich dem (kurvenformunabh¨angigen) Effektivwert 1 T u2E (t) uA = E dt = uEeff . (13.11) T 0 E Ein nicht unwesentlicher Nachteil der in Abb. 13.7 gezeigten Schaltung besteht in der Einschr¨ankung ihres Dynamikbereiches, was letztlich auf die Quadrierung des Eingangssignals zur¨ uckzuf¨ uhren ist. Wenn die Schaltung aufgrund ihrer hohen Bandbreite dennoch eingesetzt wird, muss im Allgemeinen die Eingangsdynamik auf etwa 20 dB, d. h. also ein Verh¨altnis von 1:10 zwischen kleinster und gr¨oßter Eingangsspannung, begrenzt werden, um den Gesamtfehler gering (typischerweise ca. 0,1 %) zu halten. Die Schaltungsvariante nach Abb. 13.8 hingegen deckt einen wesentlich gr¨ oßeren Dynamikbereich ab, da die Quadrierung am Eingang mit einer gleichzeitigen Division verbunden ist. Diese Division ersetzt die ansonsten notwendige Radizierung am Ausgang. Infolge dieser Schaltungstechnik variiert die Signalamplitude innerhalb der gesamten Schaltung nur linear mit der Eingangsamplitude, womit eine entsprechende Dynamikerweiterung verbunden ist. Die Ausgangsspannung des kombinierten Quadrierer-Dividierer-Bausteins betr¨ agt u2 u1 = E . (13.12) uA Der nachgeschaltete Tiefpass f¨ uhrt die zeitliche Mittelwertbildung durch
u1 =
u2E uA
=
1 T
0
T
u2E (t) dt . uA (t)
(13.13)
Mit verschwindender Eingangsdifferenzspannung des Operationsverst¨arkers folgt 1 T u2E (t) uA = dt = u1 . (13.14) T 0 uA (t) Im station¨ aren Zustand ist die Ausgangsspannung uA konstant und damit gleich dem Effektivwert der Eingangsspannung
Abb. 13.8. Schaltung zur Messung des kurvenformunabh¨ angigen Effektivwertes
13.4 Ermittlung des Effektivwertes
uA =
1 T
459
T
u2E (t) dt = uEeff .
(13.15)
0
Weitere Variante eines analogen Effektivwertbausteins Eine weitere M¨oglichkeit, den kurvenformunabh¨angigen Effektivwert zu ermitteln, bietet sich unter Zuhilfenahme der mathematischen Operation des Logarithmierens an. Abbildung 13.9 zeigt das Prinzip der entsprechenden Schaltung. Die Ausgangsspannung uA entspricht dem echten“ kurvenformu” nabh¨ angigen Effektivwert
uA =
(e[ln(|uE (t)|2 )−ln(uA )] )
uA = u2E (t) = uEeff .
=
u2E (t) uA
=
u2E (t) uA
(13.16) (13.17)
Abb. 13.9. Schaltung zur echten“ (kurvenformunabh¨ angigen) Effektivwertmes” sung auf der Basis eines Logarithmierers
13.4.1 Messung des Effektivwertes f¨ ur beliebige Signalverl¨ aufe Der Effektivwert wurde anhand von Gl. (6.89) f¨ ur einen periodischen Spannungsverlauf definiert. Dabei wird u ¨ ber eine Zeitdauer T integriert, die der Periodendauer entspricht. Es stellt sich nun aber noch die Frage, wie der Effektivwert f¨ ur nicht-periodische Signalverl¨aufe ermittelt werden kann. Wir wollen dazu von einem allgemeinen Zeitsignal ausgehen, dessen Effektivwert auch keineswegs zeitlich konstant sein muss, d. h. es existiert ein Effektivwert ueff (t), der zeitlich variieren kann. Dieser allgemeine Fall einer zeitlich beliebig verlaufenden Spannung u(t) wird von den Effektivwert-Messschaltungen nach Abb. 13.7 und 13.8 ebenfalls abgedeckt. Man erh¨alt am Ausgang eine Spannung uA , die dem Kurzzeiteffektivwert uT eff entspricht uA = uT (13.18) eff (τ ) .
460
13 Messsignalverarbeitung
Dabei h¨ angt der von der Schaltung ausgegebene Wert von der Integrationsdauer T ab, die hier im Gegensatz zu periodischen Signalen nicht mehr der Periodendauer, sondern einer frei w¨ahlbaren Integrationszeit entspricht 1 τ T ueff (τ ) = u2 (t) dt . (13.19) T τ −T E Man erh¨ alt so einen zeitlich sich ver¨andernden Effektivwert, welcher der Energie des Signales im Integrationszeitraum entspricht. In der Praxis muss sich diese Integrationsdauer T an der Geschwindigkeit orientieren, mit der sich der Effektivwert a¨ndert bzw. auch daran, welche Information man dem Effektivwert gerade entnehmen m¨ochte. So kann man bei der Effektivwertmessung von Audiosignalen mit den typischerweise verwendeten Schallpegelmessern bei der Intgerationszeit zwischen Impulsauswertung, schnell und langsam w¨ahlen, je nachdem, mit welcher Geschwindigkeit man das Signal gerade verfolgen m¨ ochte. Tip: Auf der DVD-ROM befindet sich das LabVIEW-Programm kurzzeiteffektivwert.vi, welches die Ermittelung des Kurzzeiteffektivwertes demonstriert. Der Anwender kann dort auf dem Frontpanel eine einzulesende wav-Datei ausw¨ahlen und die Integrationsdauer T f¨ ur die Effektivwertberechnung einstellen. Nach dem Start des Programms wird im Signalverlaufsgraph das Zeitsignal sowie der Verlauf des Kurzzeiteffektivwertes dargestellt.
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten In der Messtechnik muss sehr oft auf Mittelungswerte (Mittelwerte) zur¨ uckgegriffen werden, weil diese aussagekr¨aftiger sind als die direkte Zeitgr¨oße. Dies gilt insbesondere f¨ ur stochastische Gr¨oßen, wie Rauschsignale, bei denen der Momentanwert nahezu ohne Aussage bleibt. Arithmetischer Mittelwert Der einfachste Mittelungswert ist der arithmetische Mittelwert μx einer Folge aus Abtastwerten x(tn ) bzw. eines kontinuierlichen Signals x(t) (s. auch Gl. (6.87)), der wie folgt definiert werden kann +N 1 x(tn ) N →∞ 2N + 1
μx = lim
n=−N
bzw.
(13.20)
13.5 Bestimmung von Mittelungswerten
1 T →∞ 2T
μx = lim
461
+T
x(t) dt .
(13.21)
−T
Da die Mittelungen aus ger¨atetechnischen Gr¨ unden nur u ¨ ber endliche Zeitintervalle durchgef¨ uhrt werden k¨onnen, beschr¨ankt man sich auf sog. Kurzzeitmittelwerte, welche lediglich Sch¨atzwerte der obigen theoretischen Mittelwerte sind. Dabei wird vorausgesetzt, dass der Signalverlauf x(t) station¨ar ist, damit der Mittelwert in der endlichen Beobachtungsdauer T repr¨asentativ f¨ ur den ganzen Signalverlauf ist. Diese Voraussetzung ist bei periodischen Signalen exakt erf¨ ullt, wenn die Beobachtungsdauer T gerade gleich einem ganzzahligen Vielfachen der Periodendauer gew¨ahlt wird. F¨ ur periodische Signale mit der Periodendauer N bzw. T vereinfachen sich die Gln. (13.20) und (13.21) daher zu N 1 μx = x(tn ) (13.22) N n=1 bzw.
1 T x(t) dt . (13.23) T 0 Der arithmetische Mittelwert entspricht bei station¨aren Signalen dem Gleichanteil eines Signals. Er wird auch als Moment 1. Ordnung bezeichnet. Bei der zeitlichen Mittelung wird also der Gleichanteil xDC eines Signals von seinem Wechselanteil xAC getrennt μx =
x(t) = μx + Δx(t) = xDC + xAC (t) .
(13.24)
Laufende Mittelung Wenn man die Entstehung des Mittelwertes ab dem Vorliegen der ersten (beiden) Messwerte beobachten m¨ochte, bietet sich die sog. laufende Mittelung an, die wie folgt anhand des aktuellen Abtastwertes xn und des nach (n − 1) Schritten berechneten Mittelwertes μn−1 durchgef¨ uhrt werden kann μn = μn−1 +
xn − μn−1 . n
(13.25)
Die Richtigkeit dieser Formel l¨asst sich durch folgende Umformung beweisen nμn−1 − μn−1 + xn n (n − 1)μn−1 + xn = n n−1 1 (n − 1) (n−1) xi + xn i=1 = n n 1 xi . = n i=1
μn =
(13.26)
462
13 Messsignalverarbeitung
Ein Sonderfall der laufenden Mittelung ist die exponentielle Mittelung, bei der ¨ altere Messwerte stets geringer gewichtet werden als neuere. Diese Art der Mittelung l¨asst sich durch ein Tiefpassfilter 1. Ordnung realisieren, wobei bez¨ uglich der Grenzfrequenz dieses Tiefpasses ein Kompromiss zwischen schnellem Einschwingen des Mittelwertes (hohe Grenzfrequenz w¨ unschenswert) und dem Eliminieren des von sehr tiefen Frequenzanteilen hervorgerufenen station¨aren Fehlers (tiefe Grenzfrequenz g¨ unstig) geschlossen werden muss. Gleitende Mittelung Bei der gleitenden Mittelung (moving averaging) wird ein arithmetischer Mittelwert u ¨ber die letzten N Messwerte wie folgt gebildet μn = μn−1 +
xn − xn−N . N
(13.27)
F¨ ur den Fall, dass die letzten N Samplewerte nicht mehr verf¨ ugbar sind, l¨asst sich Gl. (13.27) durch folgendes Bildungsgesetz approximieren μn ≈ μn−1 +
xn − μn−N . N
(13.28)
Dabei wurde der Samplewert xn−N durch den Mittelwert μn−N ersetzt.
13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale Man hat generell zwischen Signalen mit periodischem Zeitverlauf und solchen mit nicht-periodischem Zeitverlauf zu unterscheiden (Abb. 13.10). Die folgenden Betrachtungen beschr¨anken sich ausschließlich auf periodische Signale, die im allgemeinen Fall einen nicht-sinusf¨ormigen Zeitverlauf aufweisen. Ein nicht-sinusf¨ormiges Signal wird dann als periodisch bezeichnet, wenn die in ihm enthaltenen Sinusfrequenzen im Verh¨altnis rationaler Zahlen zueinander stehen. Man kann sich ein beliebiges, nicht-sinusf¨ormiges Signal x(t) als Summe von (im allgemeinen Fall unendlich) vielen Sinusschwingungen
Abb. 13.10. Signalarten: a) Nicht-periodischer Signalverlauf, b) periodischer Signalverlauf
13.6 Kenngr¨ oßen nicht-sinusf¨ ormiger periodischer Signale
463
unterschiedlicher Frequenz und Phasenlage in Form einer Fourierreihe zusammengesetzt denken. Bei einer periodischen Schwingung stehen die Frequenzen dieser Sinusschwingungen in einem ganzzahligen Verh¨altnis. Die Folgefrequenz eines periodischen Signals entspricht der Zahl der Perioden pro Sekunde. Mit Hilfe einer Fourieranalyse (Kap. 3) kann das Signal in seine Sinus-Komponenten (Fourier-Komponenten) zerlegt werden [165]. Die Amplituden der einzelnen Sinusschwingungen werden im sog. Amplitudenspektrum dargestellt. Abbildung 13.11 zeigt als Beispiel das Amplitudenspektrum eines periodischen Rechtecksignals. Auch ein urspr¨ unglich rein ¨ monofrequentes Sinussignal kann auf seinem Ubertragungsweg nichtlinearen (Schaltungs-)Einfl¨ ussen ausgesetzt sein, woraufhin Oberwellen des Originalsignals (d. h. der Grundwelle) entstehen. Diese Nichtlinearit¨aten kommen beispielsweise in Verst¨arkern vor, wenn die Signalamplituden in den Bereich der Aussteuerungsgrenzen vorstoßen. In Audioanlagen sind die dabei entstehenden nichtlinearen Verzerrungen manchmal sogar akustisch wahrnehmbar. Diese Verzerrungen, die anhand des sog. Klirrfaktors bemessen werden, sind ungewollt und man ist bestrebt, sie zu unterdr¨ ucken.
Abb. 13.11. Amplituden-Spektrum einer unendlichen Folge von Rechteckpulsen mit der Periodendauer T1 = 1/f1
Klirrfaktor Durch Nichtlinearit¨aten in elektrischen (oder mechanischen) Schaltkreisen entstehen Oberschwingungen mit den Amplituden u ˆ2 , u ˆ3 , ... eines urspr¨ unglich sinusf¨ ormigen Signals mit der (Grundwellen-)Amplitude uˆ1 . Als Maß f¨ ur diese Oberschwingungen wird der Klirrfaktor k angegeben, welcher das Verh¨altnis des Effektivwertes aller Oberwellen zum Effektivwert des Gesamtsignals angibt 2 + U 2 + U 2 + ... U2eff 3eff 4eff k= 2 2 + U 2 + U 2 + ... 100% U1eff + U2eff 3eff 4eff k=
u ˆ21
u ˆ22 + u ˆ23 + u ˆ24 + ... 100% . 2 2 +u ˆ2 + u ˆ3 + u ˆ24 + ...
(13.29)
464
13 Messsignalverarbeitung
Dabei bezeichnen u ˆ1 : U1eff : u ˆ2 , u ˆ3 , ...: U2eff , U3eff , ...
Amplitude der Grundwelle Effektivwert der Grundwelle Amplituden der Oberwellen : Effektivwerte der Oberwellen.
Zur Messung des Klirrfaktors werden Klirrfaktor-Messbr¨ ucken eingesetzt, welche obige Formel mit Hilfe von Filterschaltungen auswerten (Abb. 13.12).
Abb. 13.12. Schaltung zur Ermittlung des Klirrfaktors
Dazu wird das zu analysierende Signal, je nachdem, ob es sich um ein hochoder niederfrequentes Signal handelt, auf den entsprechenden Eingang gegeben und zun¨achst direkt einem Effektivwertmesser zugef¨ uhrt, der den kurvenformunabh¨angigen ( echten“) Effektivwert des Gesamtsignals misst und ” anzeigt bzw. speichert. Danach wird das Eingangssignal in einer zweiten Messung u uhrt. Dies ist eine steilflankige Bandsperre, ¨ber ein sog. Notchfilter gef¨ die eine bestimmte (einstellbare) Spektralkomponente unterdr¨ uckt und das restliche Signal durchl¨asst. Wenn man mit Hilfe des Notchfilters die Grundwelle ausfiltert, den dabei gemessenen Effektivwert ins Verh¨altnis zum gemessenen Effektivwert des Gesamtsignals setzt und den Quotienten in Prozent ausdr¨ uckt, erh¨alt man schließlich als Ergebnis den aktuellen Wert des Klirrfaktors des Eingangssignals. Abschließend soll noch erw¨ahnt werden, dass aus der Angabe des Klirrfaktors keine R¨ uckschl¨ usse auf den Zeitverlauf des Signals gezogen werden k¨onnen, da aus dem Wert des Klirrfaktors weder die Phasenbeziehungen der Harmonischen zueinander noch die Werte ihrer Einzelamplituden hervorgehen.
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
465
Spektralanalyse Die spektrale Zusammensetzung eines periodischen Signals l¨asst sich mit Hilfe eines abstimmbaren steilflankigen Bandpassfilters und eines Effektivwertoder Amplitudenmessger¨ates auf analoger Basis messen. Dazu wird das Filter, das durch seine Mittenfrequenz fm und seine Bandbreite Δf gekennzeichnet ist, nacheinander auf die einzelnen Spektrallinien des periodischen Signals x(t) abgestimmt. Die jeweiligen Ausgangsspannungen des Filters werden mit Hilfe eines Effektivwertspannungsmessers ermittelt. Bei einer automatischen Messung wird die Mittenfrequenz des Bandpassfilters zwischen einer unteren fu und einer oberen Grenzfrequenz f0 variiert und die jeweils gemessene Ausgangsspannung u ¨ber der Frequenz aufgetragen. Wenn ein reines Linienspektrum (d. h. man hat ein periodisches Eingangssignal) gemessen wird, entsteht aufgrund der Faltung der einzelnen Spektralli¨ nien mit der Ubertragungsfunktion des Bandpasses ein resultierendes Spektrum, das an den Stellen der Spektrallinien das Spektrum des Bandpasses zeigt. Aus diesen Gr¨ unden ist es einleuchtend, dass die Bandpass¨ ubertragungsfunktion so schmalbandig wie m¨oglich sein sollte. Dies geht allerdings zu Lasten der Einschwingzeit, die proportional mit 1/Δf ansteigt.
13.7 Messung von Signaleigenschaften durch Bestimmung der Korrelationsfunktionen
Abb. 13.13. Direkte Messmethode
Neben der bereits in den vorangegangenen Kapiteln behandelten, standardm¨aßig eingesetzten direkten Messmethode (Abb. 13.13) sowie der in den Kapiteln 9.2 - 9.5 behandelten indirekten Messmethode auf der Basis von Kompensationsschaltungen (Abb. 13.14) gibt es noch eine dritte grundlegende Messmethode, n¨ amlich die Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal. Bei diesem in Abb. 13.15 gezeigten Verfahren wird die Messgr¨oße nach einer Signalumformung mit einem Modellsignal, das wiederum auch das Messsignal selbst sein kann, mit Hilfe eines Korrelators verglichen. Aus dieser Vergleichsmessung lassen sich wesentliche Signaleigenschaften der Messgr¨oße ableiten. Um die dabei ablaufenden Vorg¨ange besser zu verstehen, sollen zun¨achst die Korrelationsfunktionen definiert und anschließend gezeigt werden, welche Signaleigenschaften sich aus ihren Funktionsverl¨aufen ablesen lassen.
466
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.14. Indirekte Messung durch Kompensation
Korrelationsfunktionen: Kreuzkorrelationsfunktion, Autokorrelationsfunktion Es sind zwei Arten von Korrelationsfunktionen definiert, n¨amlich die Kreuzkorrelationsfunktion Rxy +T 1 Rxy (τ ) = lim y(t)x(t + τ ) dt (13.30) T →∞ 2T −T sowie die Autokorrelationsfunktion Rxx +T 1 Rxx (τ ) = lim x(t)x(t + τ ) dt , T →∞ 2T −T
(13.31)
wobei x(t) und y(t) beliebige zeitkontinuierliche Funktionen sind. Die Korrelationsfunktionen bilden die Grundlage der Korrelationsmesstechnik, in der ¨ die Ahnlichkeit von Signalverl¨aufen ermittelt wird. Praktische Auswertung von Korrelationsfunktionen In der praktischen Messtechnik allerdings muss man bei der Anwendung der obigen Definitionsgleichungen (Gln. (13.30) und (13.31)) vorsichtig sein, da sich der Grenz¨ ubergang f¨ ur T → ∞ in der Regel nicht mehr sinnvoll gestalten l¨ asst.
Abb. 13.15. Messung durch Korrelation mit einem Modellsignal
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
467
F¨ ur periodische Signale kann man den Grenzwert T → ∞ ohne Probleme durch T = T0 ersetzen, wenn T0 die Periodendauer ist. F¨ ur nicht-periodische Signale hingegen greift diese Vereinfachung nicht. Man muss dabei sehr wohl nach der Art des zu korrelierenden Signals unterscheiden. Aus diesem Grund sollen die im folgenden bei der Korrelation behandelten Signale zun¨achst einmal definiert werden. Man unterscheidet dabei 4 Arten von Signalen: 1. Energiesignale Ein Signal x(t) wird als Energiesignal bezeichnet, wenn folgende Relation erf¨ ullt ist +∞ +∞ x(t) · x(t + τ )dt = |x(t)|2 dt < ∞ . (13.32) −∞
−∞
2. Leistungssignale Wenn das Integral nach Gl. (13.32) divergiert, aber der Grenzwert 1 T →∞ τ →0 2T
+T
lim
−T
1 T →∞ 2T
x(t) · x(t + τ )dt = lim
+T
−T
|x(t)|2 dt < ∞ (13.33)
existiert, spricht man von Leistungssignal. 3. Station¨ are Signale Ein stochastisches Signal (in diesem Zusammenhang oft auch als Prozess bezeichnet) wird als station¨ar bezeichnet, wenn seine statistischen Eigenschaften zeitinvariant sind. So ist beispielsweise f¨ ur station¨are Signale neben der Existenz von Mittelwerten auch deren zeitliche Konstanz gew¨ahrleistet. 4. Ergodische Signale Zur Ermittlung eines bestimmten Mittelwertes eines station¨aren Signales muss man aber immer noch u ¨ber eine theoretisch unendliche Zeitdauer mitteln, bzw. man muss einen “Supermittelwert” aus vielen Mittelwerten bilden, die u ¨ ber ein endliches Zeitintervall zu verschiedenen Zeitpunkten t1 , t2 , ..., tn aufgenommen wurden. Da aber zur korrekten Mittelwertbildung diese Messungen immer noch an der gesamten Schar der Zufallssignale vorgenommen werden m¨ ussen, stellt sich die Frage, ob es f¨ ur bestimmte station¨are Prozesse nicht gen¨ ugt, diese Messungen repr¨asentativ an einer einzigen Musterfunktion vorzunehmen. Solche Signale (Prozesse), f¨ ur die alle Zeitmittelwerte gleich den entsprechenden Scharmittelwerten sind, nennt man ergodische Signale. F¨ ur ein sog. schwachergodisches Signal (Prozess) wird diese Identit¨at nur f¨ ur den linearen Mittelwert und die Autokorrelationsfunktion gefordert [105]. Die
468
13 Messsignalverarbeitung
Bedeutung dieser als Ergodentheorem bezeichneten Aussage ist sehr weitreichend, da sie besagt, dass die statistischen Aussagen eines solchen Zufallsprozesses aus einer einzigen Musterfunktion bestimmt werden k¨onnen. F¨ ur die ¨ Praxis ist sie allerdings in der Regel nur von geringem Wert, da sich die Aquivalenz von Scharmittelwert und Zeitmittelwert h¨ochstens in Ausnahmef¨allen beweisen l¨ asst. Die Ergodizit¨at spielt daher vielfach die Rolle einer n¨ utzlichen Annahme, welche die experimentelle Analyse und mathematische Beschreibung eines realen stochastischen Signals u ¨ berhaupt erst erm¨oglicht [197]. Autokorrelation nicht-periodischer Signale Ergodische (stochastische) Signale Aufgrund der Definition ergodischer Signale (siehe oben) ist die Ermittlung von deren Autokorrelierten m¨oglich, indem u ¨ber ein beliebiges (endliches) Zeitintervall gemittelt wird. Energiesignale F¨ ur Energiesignale, d. h. Signale mit endlicher Energie (s. obige Definition), ist die Autokorrelationsfunktion nach der Definitionsgleichung (Gl. (13.31)) infolge der Grenzwertbildung mit T → ∞ stets Rxx (τ ) ≡ 0. Um der Korrelationsbildung in solchen F¨allen wieder eine Sinnhaftigkeit E zu geben, geht man vielfach zur sog. Impulskorrelationsfunktion Rxx u ¨ ber. Diese entspricht der Korrelationsfunktion bis auf die zeitliche Normierung auf 1/2T , die einfach weggelassen wird E Rxx (τ )
+T
= lim
T →∞
x(t)x(t + τ ) dt .
(13.34)
−T
Man darf allerdings nicht u ¨ bersehen, dass die Korrelationsfunktionen mit ihren entsprechenden Impulskorrelationsfunktionen bez¨ uglich der Einheit nicht mehr u ¨ bereinstimmen. Bei Spannungssignalen beispielsweise ergeben sich die Einheiten wie folgt Rxx (τ ) [V 2 ] E (τ ) Rxx
2
[V s] .
(13.35) (13.36)
Dies bedeutet insbesondere auch, dass sich der Effektivwert (bzw. dessen QuaE drat) nicht mehr aus Rxx (τ = 0) ergibt. Wer diese Nachteile umgehen m¨ochte, dem bleibt der Weg, stattdessen Kurzzeitkorrelationsfunktionen zu ermitteln. Diese entsprechen den Definitionsgleichungen (Gln. (13.30) und (13.31)) mit dem Unterschied, dass nicht der Grenzwert T → ∞ gebildet wird, sondern sich die zeitliche Mittelung auf ein endliches Zeitintervall T bezieht. Das heißt, dass anstatt der
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
469
exakten Auto- bzw. Kreuzkorrelationsfunktion (approximative) Sch¨atzwerte ermittelt werden T ˆ T (τ ) = 1 R x(t + τ ) · x(t) dt (13.37) xx T 0 bzw. ˆ T (τ ) = 1 R xy T
T
x(t + τ ) · y(t) dt .
(13.38)
0
Die Unterschiede zwischen Impulskorrelationsfunktion und Kurzzeitkorrelationsfunktion soll anhand eines Beispiels erl¨autert werden. Beispiel f¨ ur Impuls- und Kurzzeitskorrelationsfunktion Wenn man eine Sprungfunktion ε(t) auf einen RC-Hochpass mit der Zeitkonstanten 1/α = RC gibt, so erh¨alt man die (Sprung-)Antwort A · e−αt f¨ ur t ≥ 0 h(t) = . (13.39) 0 f¨ ur t < 0 Die entsprechende Impulskorrelationsfunktion ergibt sich aus E Rhh (τ ) = lim
T →∞
+T
−T T
= lim
T →∞
E (τ ) = Rhh
h(t) · h(t + τ ) dt h(t) · h(t + τ ) dt
(13.40)
0
A2 −ατ ·e . 2α
(13.41)
Alternativ kann man die Kurzzeitkorrelationsfunktion gem¨aß 1 T ˆ hh R (τ ) = T
T
h(t) · h(t + τ ) dt
(13.42)
A2 T ˆ hh · e−ατ (1 − e−2αT ) (τ ) = R 2αT
(13.43)
0
ermitteln. Dies resultiert in
und bedeutet, dass die Kurzzeitkorrelationsfunktion (in entscheidendem Maße) von der gew¨ahlten Mittelungsdauer T abh¨angt. W¨ahlt man nun T so, dass die zu analysierende Funktion h(t) fast nahezu abgeklungen ist, beispielsweise T = 3/α (e−3 ≈ 0, 05), so ergibt sich A2 −ατ A2 −ατ T ˆ hh ·e ·e (τ ) = (1 − e−6 ) ≈ . R 6 6 Das Quadrat des entsprechenden Effektivwertes l¨asst sich gem¨aß
(13.44)
470
13 Messsignalverarbeitung 2 ˆ T (τ = 0) = h2 (t) = h2 = A R hh eff 6
(13.45)
bestimmen. Die f¨ ur die Mittelungsdauer T ermittelte Kurzzeitkorrelationsfunktion ent¨ spricht im Ubrigen der exakten Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) f¨ ur eine sich periodisch wiederholende Pulsfunktion h(t) mit der Periodendauer T . Tip: Es sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass das auf beiliegender CD verwendete Programm LabVIEW in vielen F¨ allen ebenfalls diese Kurzzeitkorrelationsfunktionen berechnet bzw. (gleichbedeutend) die exakte Korrelationsfunktion der entsprechenden mit T periodischen Funktion. Durch Festlegen der Abtastrate bzw. der Abtastdauer (Dauer zwischen zwei Abtastzeitpunkten t) und der Anzahl N an Abtastungen wird automatisch die Zeit T = N · t festgelegt. Man kann sie als Mittelungsdauer T bei der Berechnung des Kurzzeitkorrelationswertes interpretieren oder alternativ als Periodendauer T , nach der sich das abgetastete bzw. eingegebene Signal wiederholt. Betrachten Sie dazu das Programm demo_kurzzeitkorrelationsfunktion.vi auf der CDROM.
Bestimmung von Signaleigenschaften durch Messung der Korrelationsfunktionen ¨ Die Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) stellt ein Maß f¨ ur die Ahnlichkeit zwischen den beiden Signalen x(t) und y(t) dar. Wenn die aus den Signalen x(t) und y(t) gebildete Kreuzkorrelationsfunktion f¨ ur alle Zeitverschiebungswerte τ den Wert Null annimmt, heißt das, dass sich die beiden Signale in keiner Weise ¨ahnlich sind. Man bezeichnet sie dann als statistisch unabh¨angig bzw. als unkorreliert. Die Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) beschreibt die Best¨ andigkeit eines Signals in Abh¨ angigkeit einer Zeitverschiebung τ . Ist Rxx (τ ) groß, so muss x(t + τ ) sehr ¨ahnlich x(t) f¨ ur diesen speziellen Wert von τ sein. F¨ ur den Fall, dass die Autokorrelationsfunktion verschwindet (Rxx (τ ) = 0), sind x(t) und x(t + τ ) orthogonal zueinander. Die Autokorrelationsfunktion hat folgende grunds¨atzliche Eigenschaften: •
Ihr Wert f¨ ur τ = 0 entspricht dem zeitlichen Mittelwert des quadrierten Zeitsignals. Dieser ist wiederum mit dem Quadrat des Effektivwertes identisch Rxx (0) = x2 . (13.46)
•
Die Autokorrelationsfunktion erreicht f¨ ur τ = 0 stets ihren Maximalwert Rxx (τ ) ≤ Rxx (0) .
(13.47)
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
•
Die Autokorrelationsfunktion ist immer eine gerade Funktion bez¨ uglich der Zeitverschiebungsvariablen τ Rxx (τ ) = Rxx (−τ ) .
•
(13.48)
Ihr Wert f¨ ur τ → ∞ entspricht dem Quadrat des zeitlichen Mittelwertes x ¯ Rxx (∞) = x2 .
•
471
(13.49)
Bei periodischen Signalen (Periodendauer T) ist auch deren Autokorrelierte mit der selben Periodendauer periodisch Rxx (τ ) = Rxx (τ + T ) .
(13.50)
Die sog. bezogenen Korrelationsfunktionen rxx bzw. rxy liefern aufgrund der in den Gln. (13.51) und (13.52) beschriebenen Normierungen nur Werte im Zahlen-Intervall [−1, +1] Rxx (τ ) Rxx (0) Rxy (τ ) = . Rxx (0)Ryy (0)
rxx =
(13.51)
rxy
(13.52)
Die Art und Weise, wie die Autokorrelationsfunktion vom Wert Rxx als Funktion der Verschiebungszeitspanne τ abf¨allt, ist f¨ ur die Erhaltungstendenz (innere Koh¨arenz) des Signals x(t) charakteristisch. Diese innere Koh¨arenz eines Signals l¨ asst sich aus der sog. Koh¨arenzzeit τ0 ablesen, welche aus der Subtangente der Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) an der Stelle τ = 0 wie folgt ermittelt werden kann τ0 =
−Rxx (0) d dτ Rxx (τ )|τ =0+
=
Rxx (0) d dτ Rxx (τ )|τ =0−
.
(13.53)
Große Koh¨ arenzzeitwerte deuten auf eine hohe Erhaltungstendenz des Signals hin. Mit Hilfe des Korrelationsverfahrens l¨asst sich u ufen, ob das zu unter¨ berpr¨ suchende Signal bestimmte vorgegebene Eigenschaften besitzt. H¨aufig gen¨ ugt es bereits, den zeitlichen Produktmittelwert von Messsignal x(t) und einem zu definierenden Modellsignal y(t) zu bilden. Dieser entspricht n¨amlich dem Anfangswert der Korrelationsfunktion [147] Rxy (0) = x(t)y(t) .
(13.54)
Aus der Gr¨ oße des Produktmittelwertes bzw. dem Verlauf der Korrelationsfunktion kann man beispielsweise feststellen, ob ein unregelm¨aßiges Signal eine verdeckte Periodizit¨at besitzt. Außerdem l¨asst sich aus ihrem Verlauf gegebenenfalls die Periodendauer dieser Periodizit¨at ablesen (Abb. 13.16).
472
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.16. Ermittlung von Periodizit¨ aten mit Hilfe der Autokorrelationsfunktion: a) mit Rauschen u ¨ berdecktes harmonisches Signal, b) harmonisches Signal
Die Kreuzkorrelation zweier gleichfrequenter harmonischer Signale u(t) = u ˆ sin(ωt + ϕ)
(13.55)
uM (t) = u ˆM sin(ωt + ϕM )
(13.56)
und beispielsweise ergibt sich nach Auswertung von Gl. (13.30) zu RuuM (τ ) =
uˆu ˆM cos(ωτ + ϕM − ϕ) . 2
(13.57)
Sie verl¨ auft also ebenfalls sinusf¨ormig mit der Variablen τ und der Kreisfrequenz ω. In Abbildung 13.17 werden die Autokorrelationsfunktionen von normalverteiltem und bandbegrenztem Rauschen verglichen. Anwendungen der Korrelationstechnik bei der Distanzmessung Die Korrelationstechnik kann genutzt werden, um auf einfache Weise unter Zuhilfenahme von in Wellenform ausbreitungsf¨ahigen, stochastischen Signalen Distanzmessungen durchzuf¨ uhren.
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
473
Abb. 13.17. Beispiele von Autokorrelationsfunktionen: a) Normalverteiltes Rauschen, b) Bandbegrenztes Rauschen
Tip: Diese Methode der Distanzmessung kann man anhand der ¨ LabVIEW-Ubungsaufgabe 2.4 auf der CD-ROM in einem simulierten Experiment testen. In der Akustik regt man dazu einen Lautsprecher mit einem (bandbegrenzten) Rauschsignal an (Abb. 13.18), das im Folgenden als Sendesignal x(t) (Abb. 13.19a) bezeichnet wird. Um die Strecke Lx zwischen dem Lautsprecher und einem Mikrophon zu messen, gen¨ ugt es, das vom Mikrophon gelieferte Emp-
Abb. 13.18. Prinzip der Distanzmessung mit Hilfe akustischer Rauschsignale und der Korrelationstechnik
474
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.19. Akustische Distanzmessung: a) Sendesignal, b) Empfangssignal
fangssignal y(t) (Abb. 13.19b) mit dem Sendesignal einer Kreuzkorrelation zu unterwerfen. Die entsprechende Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ) zeigt eine Spitze bei der Zeit τ1 , die der Laufzeit des akustischen Signals zwischen Lautsprecher und Mikrophon entspricht (Abb. 13.20). Bei bekannter Schallausbreitungsgeschwindigkeit c kann daraus die Distanz Lx in einfacher Weise anhand folgender Gleichung bestimmt werden Lx = cτ1 .
(13.58)
Abb. 13.20. Kreuzkorrelationsfunktion, die aus Sendesignal x(t) und Empfangssignal y(t) gebildet wird
Spektrale Leistungsdichte Neben der bekannten Fourier-Transformierten X(ω) eines Zeitsignals x(t) (Abb. 13.21) ist auch die Fourier-Transformierte der entsprechenden Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) definiert. Der daraus resultierende Funktionsverlauf Sxx (ω) wird spektrale Leistungsdichtefunktion genannt
13.7 Messung von Signaleigenschaften mittels Korrelationsfunktion
475
Abb. 13.21. Fourier-Transformation eines Zeitsignals x(t), seiner Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) und seiner spektralen Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) nach [150]
Sxx (ω) =
+∞
Rxx (τ )e−jωτ dτ
−∞ +∞
Rxx (τ ) cos(ωτ ) dτ .
=2
(13.59)
0
Die inverse Fourier-Transformation f¨ uhrt wiederum zu der Autokorrelationsfunktion Rxx (τ ) +∞ 1 Rxx (τ ) = Sxx (ω)ejωτ dω 2π −∞ 1 +∞ Sxx (ω) cos(ωτ ) dω . (13.60) = π 0 Die Gln. (13.59 - 13.60) werden Wiener-Khintchine-Beziehungen genannt (s. auch Abb. 13.21). Parcevalsches Theorem Das Parcevalsche Theorem besagt, dass die mittlere totale Signalleistung im Zeitbereich gleich derjenigen im Frequenzbereich ist. Das Integral u ¨ber die
476
13 Messsignalverarbeitung
spektrale Leistungsdichtefunktion Sxx (ω) von ω = −∞ bis ω = +∞ entspricht der mittleren totalen Leistung des Signals +∞ 1 1 ∞ 2 x = Rxx (0) = Sxx (ω) dω = Sxx (ω) dω . (13.61) 2π −∞ π 0 Der Autokorrelationskoeffizient Rxx (0) gibt also die in dem Signal enthaltene mittlere Gesamtleistung an und Sxx (ω) beschreibt die spektrale Leistungsverteilung des Signals. Dies bedeutet aber auch, dass sich das Leistungsdichtespektrum eines Signals und insbesondere auch das eines stochastischen (station¨ aren) Signals durch Bandpassfilterung messtechnisch ermitteln l¨asst. Ein steilflankiges Bandpassfilter mit der Mittenfrequenz f0 und der Bandbreite Δf liefert das Zeitsignal x (t) und damit die Leistungsdichte bei der Frequenz f0 1 2 Sxx (f0 ) = x , (13.62) Δf wobei die Bandbreite Δf klein werden muss, um die Mittelungsfehler gering zu halten.
¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen Stochastische Fehler Zu den system-inh¨arenten Fehlern (Verf¨ alschungen) der Messsignale infol¨ ge der deterministischen Ubertragungseigenschaften des Messsystems treten zuf¨ allige dynamische St¨oreinwirkungen d(t) hinzu (Abb. 13.22), wie beispiels˜ weise additiv u des ¨ berlagertes Rauschen. Die Laplace-Transformierte D(s) am Ausgang des Messsystems wirksamen St¨orsignals ergibt sich nach den bekannten Gesetzm¨aßigkeiten der Systemtheorie auch im Falle eines stochastischen St¨ orsignals d(t) prinzipiell aus dem Produkt der Laplace-Transformier¨ ten D(s) und der wirksamen Ubertragungsfunktion G2 (s) des Messsystems ˜ D(s) = G2 (s)D(s) .
(13.63)
Da jedoch f¨ ur stochastische Signale bez¨ uglich ihrer Signalverl¨aufe nur statistische Aussagen sinnvoll sind, muss eine geeignete mathematische Beschreibungsform gefunden werden.
¨ Abb. 13.22. Messsystem mit deterministischen (inneren) Ubertragungsfehlern ¨ (charakterisiert durch die Ubertragungsfunktionen G1 (s) und G2 (s)) und additiv u außeren St¨ oreinwirkungen d(t) mit stochastischem Charakter ¨ berlagerten, ¨
¨ 13.8 Außere St¨ oreinwirkungen
477
¨ Ubertragung stochastischer Signale ¨ Die Ubertragungsfunktion von deterministischen Signalen u ¨ber ein kausales ¨ Ubertragungssystem mit der Impulsantwort g(t) (z. B. Filter-Vierpol) wird entsprechend Abbildung 13.23 dargestellt.
¨ Abb. 13.23. Ubertragung von deterministischen Signalen u ¨ ber ein lineares Netz¨ werk, das durch die Ubertragungsfunktion G(jω) beschrieben wird
Anstatt der Fourier-Transformierten X(ω) und Y (ω) werden bei stochasti¨ scher Anregung zur Ermittlung des Ubertragungsverhaltens bzw. des resultierenden Ausgangssignals die entsprechenden spektralen Leistungsdichtefunktionen S xx (ω) und S yy (ω) verwendet (Abbildung 13.24).
¨ Abb. 13.24. Beschreibung des Ubertragungsverhaltens mit Hilfe von Leistungsdichtefunktionen (S xx und S yy )
Dabei geht allerdings die Phaseninformation des Signals verloren. Es gilt nach [135] S yy (ω) = S xy (ω) G(jω) , (13.64) wobei S xy (ω) die spektrale Kreuzleistungsdichtefunktion zwischen den Signalen x(t) (Eingangssignal) und y(t) (Ausgangssignal) ist (Rxy (τ ) ist die entsprechende Kreuzkorrelierte) ∞ S xy (ω) =
Rxy (τ )e−jωτ dτ .
(13.65)
−∞
Diese spektrale Kreuzleistungsdichte S xy (ω) ist also die Fourier-Transformierte ¨ der Kreuzkorrelationsfunktion Rxy (τ ). Mit der konjugiert-komplexen Ubertra∗ gungsfunktion G (jω) folgt der Zusammenhang [135] S xy (ω) = S xx (ω) G∗ (jω) und unter Ber¨ ucksichtigung von Gl. (13.64)
(13.66)
478
13 Messsignalverarbeitung
¨ Abb. 13.25. Ubertragung eines stochastischen oder gemischt-stochastischen Signals mit der spektralen Auto-Leistungsdichte (S xx ) bzw. der spektralen Kreuzleistungs¨ ¨ mit der Ubertragungsfunktion dichte S xy (ω) u ¨ ber ein lineares Ubrtragungssystem G(jω)
S yy (ω) = |G(jω)|2 S xx (ω) .
(13.67)
Der Inhalt von Gl. (13.67) wird in Abb. 13.25 graphisch dargestellt. Bezogen auf Abb. 13.22 bedeutet dies, dass anstelle von Gl. (13.63) der folgende Zusammenhang verwendet wird, der die spektralen Leistungsdichtefunktionen S dd (ω) und S d˜d˜ (ω) der Signale d und d˜ nutzt S d˜d˜ (ω) = |G2 (jω)|2 S dd (ω) .
(13.68)
Dabei berechnet sich S dd nach Gl. (13.59) aus der entsprechenden Autokorrelationsfunktion Rdd +∞ S dd (ω) = Rdd (τ )e−jωτ dτ , (13.69) −∞
wobei sich Rdd (τ ) aus Gl. (13.31) ergibt +T 1 d(t)d(t + τ ) dt . Rdd (τ ) = lim T →∞ 2T −T
(13.70)
Die R¨ ucktransformation der spektralen Leistungsdichtefunktion S dd (ω) gem¨aß Gl. (13.60) in den Zeitbereich ergibt wiederum die Autokorrelationsfunktion Rdd +∞ 1 Rdd (τ ) = S (ω)ejωτ dω . (13.71) 2π −∞ dd
Abb. 13.26. Filterwirkung eines Messsystems gegen¨ uber St¨ orsignalen. G(jω) ist ¨ die Ubertragungsfunktion des Messsystems und S dd (ω) die spektrale Leistungsdichtefunktion des stochastischen St¨ orsignals.
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
479
Nach dem Parcevalschen Theorem (Gl. (13.61)) kann der h¨aufig interessierende quadratische Mittelwert d˜2 des St¨orsignals aus der spektralen Leistungs¨ dichtefunktion des St¨orsignals und der Ubertragungsfunktion des Messsystems wie folgt berechnet werden 1 ∞ 1 ∞ S d˜d˜ (ω) dω = S dd (ω)|G2 (jω)|2 dω . (13.72) d˜2 = π 0 π 0 ¨ Die Filterwirkung des Messsystems infolge der Ubertragungsfunktion G2 (jω) ¨ kann sich sehr positiv auswirken, wenn sich der f¨ ur die Ubertragung relevante Spektralbereich des Messsystems und der Spektralbereich, in dem sich das St¨ orsignal befindet, nicht u ¨berlappen (Abb. 13.26). Maßnahmen gegen dynamische St¨ orwirkungen Es bieten sich mehrere M¨oglichkeiten der St¨orunterdr¨ uckung an: • • • •
Abschirmung der St¨orquellen Dynamische Kompensation der St¨orwirkung St¨ orungsunterdr¨ uckung durch F¨ uhrungsregelung St¨ orungsunterdr¨ uckung durch Filterung (Abb. 13.27).
Der Nutzen der direkten Filterwirkung durch das Messsystem selbst (Abb. 13.26) tritt nur dann ein, wenn die Grenzfrequenz des Messsystems unterhalb des f¨ ur das St¨orsignal relevanten Spektrums liegt. Nachdem aber hochwertige Messsysteme recht hohe Grenzfrequenzen aufweisen, wird i. Allg. auch das St¨ orsignal mit erfasst. In diesen F¨allen sind zus¨atzliche Filtermaßnahmen erforderlich.
Abb. 13.27. Dynamische St¨ oreinwirkungen in Messsystemen und ihre Unterdr¨ uckung durch Filterung
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter) ¨ 13.9.1 Ubertragungsfunktion eines Optimalfilters Eine besondere Form der St¨orungsunterdr¨ uckung l¨asst sich durch ein sog. Optimalfilter erreichen, das nach seinem Erfinder, Prof. Norbert Wiener, auch als Wiener-Filter [195] bezeichnet wird. Bei diesem Filtertyp handelt es sich
480
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.28. Prinzip eines Optimalfilters (Wiener-Filter)
um ein sog. Sch¨atzfilter gem¨aß Abb. 13.28. W¨ahrend man beim klassischen Filterentwurf davon ausgeht, dass sich Nutz- und St¨orsignal frequenzm¨aßig trennen lassen (siehe Abb. 13.26), da sie unterschiedliche Frequenzbereiche dominieren, wird dies bei der Optimalfiltertechnik nicht vorausgesetzt, d. h. Nutz- und St¨orsignal d¨ urfen im selben Frequenzbereich liegen. Damit l¨asst sich keine frequenzm¨aßige Trennung durch Unterteilung in Durchlass- und Sperrbereich durchf¨ uhren. Das Unterscheidungskriterium, welches hier genutzt wird, basiert vielmehr auf den unterschiedlichen statistischen Eigenschaften von Nutz- und St¨orsignal. Das von Wiener vorgeschlagene Optimalfilter gestattet es also, das Nutzsignal anhand statistischer Eigenschaften von additiven St¨orungen zu trennen. Ziel der Optimalfiltertechnik ist die bestm¨ ogliche Ann¨aherung des Ausgangssignals x ˆ(t) an das urspr¨ ungliche Messsignal x(t), d. h. das in Abb. 13.28 gezeigte Sch¨ atzfilter hat die Aufgabe, die bestm¨ogliche Approximation des Messsignals am Ausgang in Form von xˆ(t) zu bewirken. Als Optimierungskriterium wird wiederum (s. Kap. 14.1) die mittlere quadratische Abweichung zwischen Messsignal x(t) und Sch¨atzsignal xˆ(t) verwendet ! e2 = [ˆ x(t) − x(t)]2 = min. .
(13.73)
Infolge des stochastischen Charakters des St¨orsignals n(t) handelt es sich auch bei dem Differenzsignal e(t) zwangsl¨aufig um ein Zufallssignal (Zufallsgr¨oße, Zufallsprozess) im mathematischen Sinne. Wenn wir auf Gl. (13.73) das Parcevalsche Theorem (Gl. (13.61)) anwenden, erhalten wir +∞ 1 2 e = Ree (0) = See (ω) dω . (13.74) 2π −∞
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
481
^ x(t)
e(t)
- x(t) ¨ Abb. 13.29. Das Fehlersignal e(t) entsteht aus der additiven Uberlagerung des Zufallssignales x ˆ(t) mit dem Messsignal x(t)
Dies bedeutet, dass die mittlere Leistung des Fehlersignals e2 = E{e2 (t)} 1 mit Hilfe des Leistungsdichtespektrums See (ω) ermittelt werden kann. Dieses ¨ Leistungsdichtespektrum entsteht durch die additive Uberlagerung der beiden Signale (Zufallsgr¨oßen) x ˆ(t) und x(t) (Abb. 13.29). Das entsprechende Leistungsdichtespektrum ergibt sich wie folgt [92] See (ω) = Sxˆxˆ (ω) − Sxˆx (ω) − Sxˆx (ω) + Sxx (ω) .
(13.75)
Gem¨ aß den Gleichungen (13.64), (13.66) und (13.67) l¨asst sich See (ω) auch ¨ als Funktion der Ubertragungsfunktion H(ω) des Sch¨atzfilters ausdr¨ ucken See (ω) = Szz (ω)|H(ω)|2 − Szx (ω) H(ω) − Sxz (ω) H ∗ (ω) + Sxx (ω) . (13.76) Das Optimalfilter (entspricht dem Sch¨atzfilter mit der Bedingung e2 = min.) erh¨ alt man durch Ableiten nach H(ω), was getrennt nach Betrag und Phase zu erfolgen hat. Dies f¨ uhrt schließlich zu dem gesuchten Optimalfilter [92] H(ω) = Hopt (ω) =
∗ (ω) Sxz (ω) Szx = . Szz (ω) Szz (ω)
(13.77)
Im Folgenden wollen wir voraussetzen, dass das Messger¨at aus Abb. 13.28 durch ein lineares zeitinvariantes System beschrieben werden kann und das Rauschsignal n(t) nicht mit der Messgr¨oße x(t) korreliert ist (d. h. Sxn = 0 und Snx = 0 bzw. Syn = 0 und Sny = 0). Demzufolge lassen sich die spektralen ¨ Leistungsdichten Szz und Sxz (ω) in Abh¨angigkeit der Ubertragungsfunktion ∗ G(ω) bzw. G (ω), die das Messger¨at beschreibt, ausdr¨ ucken Szz (ω) = Syy (ω) + Snn (ω) = Sxx (ω)|G(ω)|2 + Snn (ω) bzw. 1
Sxz (ω) = Sxx (ω) · G∗ (ω) + Sxn (ω) ,
(13.78)
(13.79)
Aufgrund des stochastischen Signalcharakters spricht man hier von einem sog. Erwartungswert E des Signals (siehe auch Kap. 14.1.2, Definition: Erwartungswert).
482
13 Messsignalverarbeitung
wobei die Kreuzleistungsdichte Sxn (ω) verschwindet, da Mess- und St¨orsignal nicht korreliert sind. Mit den Gln. (13.77) bis (13.79) und Sxn = 0 erh¨alt man schließlich die ¨ Ubertragungsfunktion des Optimalfilters Hopt (ω) =
Sxx (ω) · G∗ (ω) . Sxx |G(ω)|2 + Snn (ω)
(13.80)
Gleichung (13.80) ist insofern angenehmer als Gl. (13.77), als sie nur noch Gr¨ oßen enth¨alt, die sich leicht ermitteln lassen. In den meisten F¨allen wird ¨ das Ubertragungsverhalten des Messger¨ates bekannt sein, so dass nur noch die Leistungsdichtespektren Sxx (ω) und Snn (ω) des Messsignals bzw. des St¨orsignals ermittelt werden m¨ ussen. F¨ ur den Fall, dass das Messger¨at keine nennenswerten Deformationen am Messsignal vornimmt (G(ω) = 1), besteht die Aufgabe des Optimalfilters darin, das Messsignal m¨oglichst gut von seinen u ¨ berlagerten Rauschanteilen zu ¨ befreien (Abb. 13.30). Die Ubertragungsfunktion des Wienerschen Optimalfilters vereinfacht sich dann mit G(ω) = G∗ (ω) = 1 zu Hopt (ω) =
Sxx (ω) . Sxx (ω) + Snn (ω)
(13.81)
Das Optimalfilter zur Rauschbefreiung stellt also einen frequenzabh¨angigen Teiler im Verh¨altnis der mittleren Signalleistung zur Summe aus mittlerer Signalleistung und St¨orleistung dar. Eine wesentliche Eigenschaft von solchen Optimalfiltern ist ihre NichtKausalit¨ at, d. h. es hat eine Impulsantwort, die in den Zeitbereich t < 0 hineinreicht. Prinzipiell sind auch solche nicht-kausalen Filter einsetzbar, wenn man die Signale nicht in Echtzeit, d. h. zeitgleich mit ihrem Vorliegen, filtern muss. Man kann n¨amlich ein nicht-kausales Filter zu einem quasi-kausalen machen, indem man die Signale in ihrer vollst¨andigen zeitlichen L¨ange aufzeichnet, d.h. originalgetreu speichert, und erst danach dem Filter zur Verarbeitung anbietet. Dies kommt einer zeitlichen Verschiebung der Impulsantwort gleich, die dazu f¨ uhrt, dass die Impulsantwort nunmehr vollst¨andig im Bereich von Zeiten t ≥ 0 zu liegen kommt. Dies k¨onnen wir durch eine reine Phasenverschiebung in der Optimalfilter¨ ubertragungsfunktion Hopt (ω) ber¨ ucksichtigen Hopt (ω) =
Sxx (ω) · e−jωT0 . Sxx (ω) + Snn (ω)
Abb. 13.30. Optimalfilter zur Rauschunterdr¨ uckung
(13.82)
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
483
Gleichung (13.82) sagt aus, dass wir vor das urspr¨ ungliche Optimalfilter (Gl. (13.81)) einen Allpass in Serie schalten. Solche Allp¨asse (Kap. 3.10) stellen Zweitore dar, die zu keinerlei Amplitudendeformationen f¨ uhren, sondern ein beliebiges Eingangssignal am Ausgang nur zeitverz¨ogert ausgeben. Gem¨aß Gl. (13.82) betr¨ agt diese Zeitverz¨ogerung hier T0 . Um Kausalit¨at zu erreichen, muss T0 positiv sein und so groß gew¨ahlt werden, dass die Impulsantwort oder zumindest der wesentliche, d. h. der energiem¨ aßig relevante, Teil im positiven Zeitbereich zu liegen kommt. Ist T0 dagegen negativ, so wird vom Filter eine Pr¨adiktion gefordert, d. h. es bleibt damit nicht-kausal (Abb. 13.31).
Abb. 13.31. Impulsantworten eines kausalen und eines nicht-kausalen Optimalfilters. Diese Graphik sowie alle folgenden wurden mit Hilfe des Programmes LabVIEW berechnet und gezeichnet.
13.9.2 Beispiel f¨ ur ein Optimalfilter Das Messsignal x(t) sei die Impulsantwort eines Tiefpassfilters, die sich mit der Periodendauer T periodisch wiederholt √ 2T S1 − t x(t) = ε(t) e τ ∗ δ(t − i · T ) mit i ∈ Z . (13.83) τ Dieses sei von weißem Rauschen n(t) (Kap. 7.3) additiv u ¨ berlagert (Abb. 13.32). Die beiden Signale sind unkorreliert und ihre spektralen Leistungsdichten sind S1 Sxx (ω) = (13.84) 1 + τ 2 ω2
484
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.32. Messsignal mit u ¨ berlagertem weißen Rauschen
bzw. Snn (ω) = S0 .
(13.85)
¨ Daraus l¨ asst sich unter Zuhilfenahme von Gl. (13.82) die Ubertragungsfunktion des Optimalfilters wie folgt errechnen Hopt (ω) =
S1 · e−jωT0 . S1 + S0 + τ 2 S0 ω 2
(13.86)
Abbildung 13.33 zeigt die Leistungsdichtespektren von Messsignal und St¨orung ¨ sowie den Betrag der Ubertragungsfunktion des Optimalfilters. Abbildung 13.34 vergleicht die entsprechenden Spektren am Ausgang des Filters mit dem ungest¨ orten Signal. Um die Impulsantwort hopt (ω) des Filters zu berechnen, ¨ zerlegt man die Ubertragungsfunktion des Optimalfilters Hopt (ω) wie folgt [72] α 2αβ α −jωT0 Hopt (ω) = 2 + e−jωT0 · e = (13.87) β + ω2 β − jω β + jω mit α=
1 2τ
und 1 β= τ
S1 S1 · S0 S0 + S1
1+
S1 . S0
(13.88)
(13.89)
Mittels einer Fourier-R¨ ucktransformation erh¨alt man schließlich die gesuchte Impulsantwort hopt (t) des Optimalfilters
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
485
Abb. 13.33. Leistungsdichtespektren von Messsignal und St¨ orung (oben) sowie ¨ Betrag der Ubertragungsfunktion des Optimalfilters (unten).
hopt (t + T0 ) = Diese l¨ asst sich auch als
α · eβt t < 0 . α · e−βt t ≥ 0
hopt = αe−β|t−T0 |
(13.90)
(13.91)
ausdr¨ ucken. Die Impulsantwort ist also symmetrisch zu t = T0 (Abb. 13.35). Mit wachsender St¨orung geht α gegen null und die Zeitkonstante 1/β strebt gegen τ . Im umgekehrten Fall, d. h. bei abnehmender St¨orung, w¨achst α an und die Zeitkonstante 1/β geht gegen Null. F¨ ur den Fall, dass die St¨orung
486
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.34. Vergleich des gefilterten und des ungefilterten Spektrums mit dem ungest¨ orten Spektrum
verschwindet (S0 = 0), erh¨alt man als Impulsantwort des Optimalfilters trivialerweise den Dirac-Puls an der Stelle t = T0 hopt (t) = δ(t − T0 ) ,
(13.92)
Abb. 13.35. Impulsantwort des Optimalfilters f¨ ur eine zeitliche Verz¨ ogerung von ur verschiedene starke St¨ orer S0i T0 = 1s bei der Filterung f¨
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
487
was gleichbedeutend ist mit einem idealen Allpass der Verz¨ogerungszeit T0 . Es l¨ asst sich nun auch der mittlere quadratische Sch¨atzfehler e2min des Optimalfilters errechnen e2min(t) = E{(x(t) − x ˆ(t))2 } .
(13.93)
Nach H¨ ansler [72] kann dieser f¨ ur das obige Beispiel folgendermaßen ermittelt werden S1 S0 2 emin = . (13.94) 2τ S0 + S1 Damit kann man auch den auf die Signalleistung normierten minimalen quadratischen Fehler angeben e2min S0 = . (13.95) Sxx (0) S0 + S1 Kausales Optimalfilter Ein kausales Optimalfilter bringt den Vorteil, dass es in Echtzeit das Messsignal filtern kann, d.h. es wird keine Zeitverz¨ogerung T0 im Sinne einer vorherigen Speicherung mehr ben¨otigt, um das Filter praktisch einsetzen zu k¨onnen. ¨ Die Ubertragungsfunktion des kausalen Optimalfilters l¨asst sich aus den Ergebnissen des obigen Beispiels ableiten. Dazu setzt man in der Impulsantwort hopt (t) des nicht-kausalen Optimalfilters die Zeit T0 = 0 und blendet den im negativen Zeitbereich liegenden Teil der Impulsantwort aus (Abb. 13.36). Man erh¨ alt somit α · e−βt t ≥ 0 hopt kaus (t) = . (13.96) 0 t<0
Abb. 13.36. Impulsantwort des kausalen Optimalfilters
488
13 Messsignalverarbeitung
Abb. 13.37. Amplitudeng¨ ange von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter
¨ Die Fourier-Transformation liefert die entsprechende Ubertragungungsfunktion 1 S1 α = . β + jω 2 (S0 + S1 ) + jωτ S0 (S0 + S1 ) (13.97) Abbildung 13.37 vergleicht die Amplitudeng¨ange von kausalem und nichtkausalem Optimalfilter. In Abb. 13.38 werden die mit den beiden Filtern gefilterten Messsignale verglichen. Hopt kaus (ω) = F {hopt kaus (t)} =
Tip: Der hier analytisch hergeleitete Entwurf eines Optimalfilters kann mit dem LabVIEW-Programm optimalfilter.vi auf der CDROM numerisch u uft werden. Dabei lassen ¨ berpr¨ sich viele Parameter variieren. Im Einzelnen bietet das Programm folgende M¨oglichkeiten: • • • • •
Simulation des Messsignals Simulation eines Rauschsignals mit einstellbarem Frequenzgang Entwurf des Optimalfilters Darstellung der Impulsantworten des kausalen und des nicht-kausalen Filters ¨ Uberlagerung und Filterung der Signale gem¨aß Abb. 13.30
13.9 Optimalfilter (Wiener-Filter)
489
Abb. 13.38. Vergleich von kausalem und nicht-kausalem Optimalfilter anhand der gefilterten Messsignale
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
14.1 Regressionsverfahren In der Messtechnik kommt es h¨aufig vor, dass eine Schar von aufgenommenen Messpunkten durch eine geeignete analytische Funktion in Form einer Anpasskurve beschrieben werden soll. Im Folgenden gehen wir davon aus, dass n Messungen durchgef¨ uhrt werden, welche die Wertepaare {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n) liefern. Anschließend wird an diese Messwerte eine Kurve y˜(x) angepasst. Daraus ergeben sich die Abweichungen Δi zwischen den einzelnen Messpunkten und der Anpasskurve im jeweiligen Messpunkt xi zu Δi = y˜(xi ) − yi .
(14.1)
Dabei wird x als unabh¨angige (vorgebbare) Variable und y als abh¨angige Variable bezeichnet. Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate gem¨aß dem sog. Gaußschen Minimalprinzip [95] (Gaußsches Prinzip der kleinsten Quadrate) ergibt Δ=
n i=1
Δ2i =
n
! [˜ y (xi ) − yi ]2 = min. .
(14.2)
i=1
In Gleichung (14.2) ist als unbekannte Funktion die Anpasskurve y˜(x) enthalten. Die beschriebene Fehlerquadratsumme Δ h¨angt nun von der Wahl dieser Anpasskurve ab. Die Festlegung der diese Anpasskurve beschreibenden analytischen Funktion und die anschließende Berechnung ihrer Koeffizienten (s. u.) wird als Regressionsverfahren bezeichnet. Falls Proportionalit¨at zwischen der abh¨ angigen und unabh¨angigen Variablen herrscht, l¨asst sich in diesem Fall die Schar von Messwerten durch eine Gerade beschreiben. Man spricht dann von einer Ausgleichsgeraden, die durch sog. lineare Regression bestimmt wird.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_14
492
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
14.1.1 Ausgleichsgerade (lineare Regression) Die lineare Regression ist die f¨ ur die ingenieurm¨aßige Praxis wichtigste Form der Regressionsanalyse. Sie hat das Ziel, durch eine Schar von (in aller Regel) experimentell bestimmten Wertepaaren {xi , yi } eine Ausgleichsgerade zu legen. Dabei wird x als unabh¨agige und y als abh¨angige Variable betrachtet. Die Ausgleichsgerade bestimmt letztlich die nach dem Gaußschen Minimalprinzip beste lineare Approximation der Funktion y(x), die hier von diskreten Wertetupeln repr¨asentiert wird. Im Folgenden gehen wir davon aus, dass n Messwerte {xi , yi }(i = 1, 2, . . . , n) vorliegen. An diese Messwerte soll eine Gerade der Form y˜(x) = mx + b angepasst werden (Abb. 14.1). Die Abweichung der i-ten Einzelmessung lautet Δi = y˜(xi ) = [mxi + b] − yi .
(14.3)
Der Ansatz der minimalen Fehlerquadrate liefert gem¨aß Gl. (14.2) Δ=
n
Δ2i =
n
i=1
! [mxi + b − yi ]2 = min. .
(14.4)
i=1
Bei dem in Gl. (14.4) geforderten Minimum m¨ ussen die partiellen Ableitungen nach den unbekannten Koeffizienten m und b gleich Null sein. Das f¨ uhrt zu der im Folgenden beschriebenen Ermittlung von Steigung und Achsenabschnitt der Ausgleichsgeraden. y(x) y4
Δ4
y3
Δ3
Δ2
y2 y1
Δ1
x1
x2
x3
x4
x
Abb. 14.1. Ausgleichsgerade zur linearen Approximation aufgenommener Messwerte
14.1 Regressionsverfahren
493
Ermittlung von Steigung m und Achsenabschnitt b der Ausgleichsgeraden Die partielle Differentiation von Gl. (14.4) nach m ergibt 2
n
[mxi + b − yi ]xi = 0 .
(14.5)
i=1
Aus der Differentiation nach b folgt 2
n
[mxi + b − yi ] = 0 .
(14.6)
i=1
Die Gleichungen (14.5) und (14.6) k¨onnen wie folgt umgeformt werden m
n
x2i + b
m
xi =
i=1
i=1
bzw.
n
n
n
yi xi
(14.7)
i=1 n
xi + nb =
i=1
yi .
(14.8)
i=1
L¨ ost man dieses Gleichungssystem (Gl. (14.7) und (14.8)) nach den gesuchten Werten m bzw. b auf, so erh¨alt man die Geradensteigung m n
m=
n
xi
i=1
yi − n
i=1 n
−n
i=1 n
=
i=1
x2i −
i=1
und den Achsenabschnitt b 1 b= n
"
n i=1
n
(14.9) x2i
i=1
xi yi −
n
xi yi
i=1
2
xi
n
1 n
n
xi
i=1
1 n
yi − m
n
n
yi
i=1 2
xi
i=1
n
# xi
.
(14.10)
i=1
Die Koeffizienten m und b lassen sich nach dem in Abb. 14.2 gezeigten Schema berechnen. Nachdem die Koeffizienten der Ausgleichsgeraden bestimmt wurden, stellt sich im Allgemeinen die Frage nach der Qualit¨at dieser linearen Approximation, d. h. nach der G¨ ute bei der linearen Regression. Um letztlich die Vertrauensbereiche f¨ ur die Parameter der Ausgleichsgeraden angeben zu k¨ onnen, sind noch einige mathematische Definitionen notwendig, die im folgenden Abschnitt (Kap. 14.1.2) behandelt werden.
494
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Schema zur linearen Regression: Berechnung einer Ausgleichsgeraden aus n Messwertepaaren {xi , yi } 1. Berechnung der Mittelwerte μx = x =
n 1
xi n i=1
μy = y =
n 1
yi n i=1
2. Berechnung von 3 Hilfsgr¨ oßen1 Qx =
s2x (n
− 1) =
n
n
(xi − x) = 2
i=1
Qy =
s2y (n
− 1) =
n
i=1
(yi − y) = 2
i=1
Qxy = sxy (n − 1) =
1 − n
x2i
n
n
yi2
i=1
1 − n
n
2 xi
i=1
n
2 yi
i=1
(xi − x) (yi − y)
i=1
=
n
x i yi −
i=1
n n 1
xi yi n i=1 i=1
3. Berechnung der Koeffizienten m und b: Steigung2 Achsenabschnitt
m = Qxy /Qx 1 b = y − mx = n
n
i=1
yi − m
n
xi
i=1
Abb. 14.2. Schema zur linearen Regression: Berechnung einer Ausgleichsgeraden aus n Messwertepaaren {xi , yi }
1
2
Qx , Qy werden auch als Summe der quadratischen Abweichungen bezeichnet (abgek¨ urzt: S.d.q.A.). sx und sy bezeichnen die Varianz von x bzw. y und sxy die Kovarianz zwischen x und y (siehe folgenden Abschnitt). Die Steigung m wird auch als Regressionskoeffizient bezeichnet.
14.1 Regressionsverfahren
495
14.1.2 G¨ ute der Anpassung bei der linearen Regression (Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient) Nach der eigentlichen Ermittlung der Ausgleichsgeraden gilt es, die G¨ ute dieses Ergebnisses zu beurteilen. Konkret heißt dies, Vertrauensbereiche f¨ ur die Koeffizienten m (Geradensteigung) und b (Achsenabschnitt) anzugeben. Um diese berechnen zu k¨onnen, ben¨otigen wir quantitative Angaben f¨ ur Varianz, Kovarianz, Restvarianz und Korrelationskoeffizient [68]. Diese und weitere, im Zusammenhang dazu stehende Begriffe sollen zun¨achst einmal in mathematischer Form definiert werden. Definition: Wahrscheinlichkeitsdichte (Wahrscheinlichkeitsverteilung) Im Folgenden bezeichnet p(x) die Wahrscheinlichkeitsdichte (Wahrscheinlichkeitsverteilung) f¨ ur eine Zufallsgr¨oße x mit den Eigenschaften +∞ p(x) dx = 1 (14.11) −∞
p(x) ≥ 0 .
(14.12)
Die Wahrscheinlichkeit P (a), dass ein Funktionswert x kleiner oder h¨ochstens gleich a ist, ergibt sich aus dem Integral p(x) a p(x) dx. (14.13) P (a) = −∞
P {a < x < b} entspricht der Wahrscheinlichkeit, mit der der Funktionswert x zwischen den Gr¨oßen a und b liegt b P {a < x < b} = p(x) dx. (14.14) a
Definition: Gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte Die gemeinsame Wahrscheinlichkeitsdichte pxy (x, y) zweier Zufallsvariablen (x, y) ist gegeben als ∂ 2 Pxy (x, y) (14.15) pxy (x, y) = ∂x∂y bzw. Pxy (a, b) =
b
a
−∞
−∞
pxy (x, y) dxdy ,
(14.16)
wobei die Wahrscheinlichkeitsverteilung Pxy (a, b) = P {a ≥ x ∧ b ≥ y}
(14.17)
zweier Zufallsvariablen x, y die Wahrscheinlichkeit P angibt, mit der der Funktionswert von x kleiner oder h¨ochstens gleich a ist und der Funktionswert von y kleiner oder h¨ochstens gleich b ist.
496
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Definition: Erwartungswert Der Erwartungswert eines Zufallssignales x (auch als Zufallsvariable, Zufallsgr¨ oße bzw. Zufallsprozess bezeichnet) entspricht dem Integral u ¨ber dem Produkt aus der Zufallsgr¨oße x und seiner Wahrscheinlichkeitsdichte p(x)
+∞
E{x} =
x p(x)dx .
(14.18)
−∞
Der Erwartungswert ist ein linearer Operator. Definition: Erwartungswert 2. Ordnung Der Erwartungswert-Operator l¨asst sich auch auf das Produkt mehrerer Zufallssignale bzw. deren Potenzen anwenden [92]. Das sog. Gemeinsame Moment zweier Zufallssignale ist definiert als +∞ +∞ k n μxy,kn = E{x y } = xk y n pxy (x, y)dxdy . (14.19) −∞
−∞
F¨ ur den Spezialfall k = n = 1 folgt +∞ μxy = E{xy} = −∞
+∞
−∞
xypxy (x, y)dxdy .
(14.20)
Definition: Varianz Die Varianz entspricht dem Quadrat der (empirischen) Standardabweichung (s. auch Kap. 5.2) Var(x) = s2x = E{(x − μx )2 } . (14.21) Dabei ist μx der Mittelwert der Zufallsvariablen x (siehe Abb. 14.2) und E bezeichnet den Erwartungswert. Die Varianz l¨asst sich auch mit Hilfe der Wahrscheinlichkeitsdichte px ausdr¨ ucken +∞
Var(x) = −∞
(x − μx ) px (x) dx .
(14.22)
Die Varianz s2x einer diskreten Zufallsvariablen-Stichprobe3 x1 , x2 , . . . , xn ist demnach folgendermaßen definiert 1 1 (xi − x)2 = (xi − μx )2 . n − 1 i=1 n − 1 i=1 n
s2x = 3
n
(14.23)
Um kompatibel zu der u ¨ brigen Messtechnik-Literatur zu bleiben, wird im Folgenden nicht mehr zwischen Varianz (Gesamtheit des Loses (N → ∞)) und Schwankung (=empirische Standardabweichung (N < ∞)) unterschieden.
14.1 Regressionsverfahren
Dies l¨ asst sich auch ausdr¨ ucken als 1 2 1 = x − n − 1 i=1 i n(n − 1) n
s2x bzw.
1 2 n 1 μ2x = = xi − n − 1 i=1 n−1 n−1 n
s2x
"
n
497
#2 xi
(14.24)
i=1
" n
# x2i
−
n μ2x
.
(14.25)
i=1
Aus der Varianz l¨asst sich leicht die ebenfalls oft verwendete Summe der quadratischen Abweichung Qx (S.d.q.A.) (s. auch Abb. 14.2) errechnen Qx = (n − 1) s2x .
(14.26)
Definition: Kovarianz Im Zuge der Regressionsanalyse ist die Frage zu kl¨aren, inwieweit zwei Zufallsvariable x und y voneinander abh¨angig sind. Dies wird durch die sog. Kovarianz festgelegt Cov(x, y) = sxy = E{(x − μx )(y − μy )} = E{x, y} − μx μy .
(14.27)
Dabei sind μx und μy die Mittelwerte der Zufallsvariablen x und y (siehe Abb. 14.2) und E entspricht dem Erwartungswert. Die Kovarianz, die auch als erstes gemeinsames Moment bezeichnet wird, l¨ asst sich auch mit Hilfe der gemeinsamen Wahrscheinlichkeitsdichte pxy ausdr¨ ucken +∞ +∞ Cov(x, y) = (x − μx )(y − μy )pxy (x, y)dxdy . (14.28) −∞
−∞
Sie beschreibt die statistische Abh¨angigkeit zweier Zufallssignale. Die beiden Zufallsvariablen sind statistisch unabh¨angig, wenn ihre Kovarianz Null ist Cov(x, y) = 0. In diesem Fall berechnet sich die Wahrscheinlichkeitsdichte p(x, y) f¨ ur das gleichzeitige Eintreten der Ereignisse x und y aus dem Produkt der Einzelwahrscheinlichkeiten p(x, y) = p(x) p(y). Außerdem gilt E{x, y} = E{x} E{y}. Die Kovarianz zweier diskreter Zufallsvariablenfolgen x und y ergibt sich aus 1 (xi − μx ) (yi − μy ) n − 1 i=1 n
sxy =
1 = n−1 sxy =
" n
Qxy . n−1
# xi yi − n μx μy
(14.29)
i=1
(14.30)
498
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Definition: Restvarianz Die Restvarianz sr der Ausgleichsgeraden (Kap. 14.1.1) berechnet sich wie folgt " # Q2xy Qy Qy − m Qxy 2 = 1− , (14.31) sr = n−2 n−2 Qx Qy wobei m der Steigung der Ausgleichsgeraden und n der Anzahl der behandelten Messpunkte entspricht. Sie wird ben¨otigt, um die Vertrauensbereiche von Geradensteigung m und Achsenabschnitt b quantifizieren zu k¨onnen. Definition: Korrelationskoeffizient Der Korrelationskoeffizient r ist ein die G¨ ute der Anpassung charakterisierender Parameter (0 < r < 1). Je n¨aher der Korrelationskoeffizient r bei 1 liegt, desto besser ist die Anpassung. Der Korrelationskoeffizient r l¨asst sich aus den beiden Einzelvarianzen sx und sy sowie der Kovarianz sxy (siehe Abb. 14.2 bzw. Gln.(14.25) und (14.29)) bestimmen sxy r= . (14.32) sx sy Mit den Wurzeln der Einzelvarianzen sx und sy und der Kovarianz sxy ergibt sich schließlich der Korrelationskoeffizient, der die G¨ ute der Anpassung der Ausgleichsgeraden beschreibt
n 2 n 1 2 xi − n xi sxy Qxy i=1 rxy = = = m i=1 (14.33)
n 2 . n sx sy Qx Qy ! 1 2 yi − n yi i=1
i=1
Angabe der Vertrauensbereiche f¨ ur die Parameter der Ausgleichsgeraden Mit obigen Definitionsgleichungen kann schließlich die Angabe der Vertrauensbereiche (Konfidenzintervalle) f¨ ur die Parameter m und b der Ausgleichsgeraden bzw. deren Ordinatenwerte erfolgen m ± t(n − 2, P )!
n s2r 2 x n Qx i=1 i
(14.34)
s2r Qx
(14.35)
b ± t(n − 2, P )
14.1 Regressionsverfahren
y ± t(n − 2, P )
(x − x)2 n(s2x − m2 s2x ) + s2x . n (n − 2) s2x
499
(14.36)
Der Vertrauensfaktor t ergibt sich nach Vorgabe der gew¨ unschten statistischen Sicherheit P [%] aus der Student-Verteilung (s. Tab. 5.2) f¨ ur die Ereignisanzahl (n − 2). Die Anzahl der betrachteten Messpunkte betr¨agt n. Tip: Diese Berechnungen k¨onnen mit dem Programm berechne_regressionsgerade.vi auf der CDROM nachvollzogen werden. Es k¨onnen simulierte Messwerte eingelesen, die statistischen Gr¨oßen berechnet und Regressionsgeraden ermittelt werden.
14.1.3 Ausgleichspolynome Die Erweiterung der linearen Regression (Kap. 14.1.1) f¨ uhrt zur polynomialen Regression, bei der die Anpasskure y˜ durch ein Polynom p-ten Grades beschrieben wird y˜ = a0 + a1 x + a2 x2 + . . . ap xp . (14.37) Die Vorgehensweise soll zun¨achst anhand des folgenden Beispiels verdeutlicht werden. Die Anpasskurve wird hier in Form eines Polynoms dritten Grades beschrieben y˜(x) = a0 + a1 x + a2 x2 + a3 x3 . (14.38) Das bereits oben angewandte Gaußsche Prinzip der kleinsten Quadrate (Gaußsches Minimalprinzip) soll auch hier Anwendung finden Δ=
n
Δ2i =
i=1
n
! [˜ y (xi ) − yi ]2 = min. .
(14.39)
i=1
Dabei werden wiederum n Messwertepaare {xi , yi } vorausgesetzt. Das Nullsetzen der partiellen Ableitungen nach den Koeffizienten ai (i = 1, 2, 3) ∂Δ ∂Δ ∂Δ ∂Δ = = = =0 ∂a0 ∂a1 ∂a2 ∂a3 f¨ uhrt zu folgendem Gleichungssystem ⎛ ⎞ n n n n xi x2i x3i ⎜ ⎟ i=1 i=1 i=1 ⎜ n ⎟ n n n ⎜ ⎟ ⎜ xi x2i x3i x4i ⎟ ⎜ i=1 i=1 i=1 i=1 ⎟ ⎜ ⎟ n n n n ⎜ ⎟ 2 3 4 5⎟ ⎜ xi xi xi xi ⎟ ⎜ ⎜ i=1 i=1 i=1 i=1 ⎟ ⎝ ⎠ n n n n x3i x4i x5i x6i i=1
i=1
i=1
i=1
(14.40)
⎛ ⎞ n yi ⎜ i=1 ⎟ a0 ⎜ n ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜a ⎟ ⎜ xy ⎟ ⎜ 1 ⎟ ⎜ i=1 i i ⎟ ⎜ ⎟=⎜ ⎟. n ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ 2 ⎟ ⎜ a2 ⎟ ⎜ xi yi ⎟ ⎝ ⎠ ⎜ ⎜ i=1 ⎟ ⎝ ⎠ n a3 x3i yi ⎛
⎞
i=1
(14.41)
500
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Die L¨ osung dieses Gleichungssystems ergibt schließlich die gesuchten Koeffizienten ai (i = 0, 1, 2, 3) des Polynoms. 14.1.4 Mehrfache lineare Regression Die mehrfache lineare Regression (auch als multiple lineare Regression bezeichnet) ist eine Erweiterung der einfachen linearen Regression. Dabei h¨angt ein Messergebnis y linear von nunmehr mehreren Variablen x1 , x2 , . . . xp (man spricht in diesem Zusammenhang auch von Covariablen) ab y = a0 + a1 x1 + a2 x2 + . . . + ap xp + E ,
(14.42)
wobei E eine St¨orgr¨oße repr¨asentiert, also eine stochastische Variable (Zufallsvariable). Damit ist das Ergebnis ebenfalls eine Zufallsvariable. Die Aufgabe der mehrfachen linearen Regression ist es nun, die abh¨angige Variable y als Funktion mehrerer (in Bezug auf die Laufvariable i) unabh¨angiger Variablen, die in Form eines Variablenvektors [xip ] = (xi1 , xi2 , . . . , xip ) zusammengefasst werden, mit Hilfe eines Sch¨atzwertes yˆ vorherzusagen yˆ = b0 + b1 x1 + b2 x2 + . . . + bp xp .
(14.43)
Dabei bilden die bj (j = 1, 2, . . . , p) die Elemente des Vektors der gesch¨atzten Regressionskoeffizienten. Wir wollen davon ausgehen, dass f¨ ur jeden Vektor [xip ](i = 1, 2, . . . , n) jeweils n Messwerte yi (i = 1, 2, . . . , n) vorliegen. Somit ergibt sich f¨ ur jede Beobachtung (Messung) i(i = 1, 2, . . . , n) eine Gleichung der Form yi = a0 + a1 xi1 + a2 xi2 + . . . + ap xip + Ei .
(14.44)
Das daraus resultierende Gleichungssystem l¨asst sich mit Hilfe der folgenden [n × (p + 1)]-Matrix [X] ⎛
1 x11 x12 . . . x1j . . . x1p
⎜ ⎜1 x x ... 21 22 ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ .. ⎜. ⎜ [X] = ⎜ ⎜1 x x ... i1 i2 ⎜ ⎜ ⎜ ⎜ .. ⎜. ⎝
⎞
⎟ x2j . . . x2p ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ .. .. ⎟ . . ⎟ ⎟ ⎟ xij . . . xip ⎟ ⎟ ⎟ ⎟ .. .. ⎟ . . ⎟ ⎠
1 xn1 xn2 . . . xnj . . . xnp
(14.45)
14.1 Regressionsverfahren
sowie der n-dimensionalen Vektoren ⎛ ⎞ y1 ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ y2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ [y] = ⎜ ... ⎟ , ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ yi ⎟ ⎝ ⎠ yn und dem [p + 1]-dimensionalen Vektor ⎛
⎛
E1
⎞
⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ E2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ E=⎜ . ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ Ei ⎟ ⎝ ⎠ En
a0
501
(14.46)
⎞
⎜ ⎟ ⎜a ⎟ ⎜ 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ a2 ⎟ ⎜ ⎟ ⎟ [a] = ⎜ ⎜ . ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ aj ⎟ ⎝ ⎠ ap
(14.47)
wie folgt darstellen [y] = [X] [a] + [E] .
(14.48)
Die einfache lineare Regression ergibt sich aus obigen Gleichungen f¨ ur p = 1. Der Fall p ≥ 2 repr¨asentiert die mehrfache lineare Regression. Wie bei der linearen Regression wird wiederum die Summe der quadratischen Abweichungen minimiert. Nach dem sog. Gauß-Markov-Theorem erh¨alt man schließlich den Vektor der gesch¨ atzten Regressionskoeffizienten [b] als [127]4 ⎛ ⎞ b0 ⎜ ⎟ ⎜b ⎟ ⎜ 1⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ −1 ⎜ ⎟ [b] = ⎜ ⎟ = [X]T [X] [X]T [y] . (14.49) ⎜b ⎟ ⎜ j⎟ ⎜ ⎟ ⎜ ⎟ ⎜ .. ⎟ ⎜ . ⎟ ⎝ ⎠ bp 4
Um die hier verwendete Schreibweise mit der Darstellung in [127] vergleichbar zu machen, ist f¨ ur die Matrix [X] deren Transponierte [X]T zu verwenden (siehe S. 62 in [127]).
502
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Dabei bezeichnet [X]T die Transponierte der Matrix [X]. Dieser Sch¨atzer ist der sog. beste lineare unverzerrte Sch¨ atzer (Best Linear Unbiased Estimator = BLUE). Mit Hilfe dieses Sch¨atzers (Minimum-Quadrat-Sch¨atzer) ergibt sich folgendes Gleichungssystem [y] = [X] [b] + [e] = [ˆ y] + [e] ,
(14.50)
wobei [ˆ y ] die Sch¨atzwerte von [y] enth¨alt und [e] den Vektor der Residuen repr¨ asentiert. Der Vektor der Sch¨atzwerte berechnet sich also aus [ˆ y ] = [X] [b] = [X]([X]T [X])−1 [X]T [y] = [H][y] ,
(14.51)
wobei die [n×n]-Matrix [H] als sog. Hat-Matrix (Hut-Matrix) bezeichnet wird. Die Residuen ergeben sich demnach wie folgt [e] = [y] − [ˆ y ] = [y] − [H] [y] .
(14.52)
Im Allgemeinen interessiert man sich f¨ ur die sog. Prognose yˆ0 von [y] f¨ ur ein gegebenes Wertetupel [x0 ] (= Messstelle [x01 , x02 , . . . , x0p ]). Sie berechnet sich zu yˆ0 = b0 + b1 x01 + b2 x02 + . . . + bp x0p = [x0 ]T [b] .
(14.53)
14.2 Lineare Korrelation Die lineare Korrelation besch¨aftigt sich mit der Frage, inwieweit Wertepaare {xi , yi } linear abh¨angig sind. Im Gegensatz zur linearen Regression wird hier y nicht als abh¨angige und x nicht als unabh¨angige Variable bezeichnet. Da nunmehr keine Unterscheidung nach abh¨angiger und unabh¨angiger Variable erfolgt, ist die Definition von zwei Ausgleichsgeraden sinnvoll, nachdem die Wertepaare {xi , yi } in ein x-y-Diagramm eingetragen wurden. Zur Festlegung der Geraden wird wiederum das bereits bei der linearen Regression eingesetzte Verfahren der Fehlerquadratminimierung (Gaußsches Minimalprinzip) eingesetzt (s. Kap. 14.1.1). Die beiden Ausgleichsgeraden (Abb. 14.3) lassen sich wie folgt definieren y˜ = m1 x + b1
(14.54)
x˜ = m2 y + b2 .
(14.55)
bzw. Daraus resultieren zwei M¨oglichkeiten, die Fehlerquadratminimierung durchzuf¨ uhren ! (˜ y − yi )2 = min. (14.56) bzw. ! (˜ x − xi )2 = min. .
(14.57)
14.2 Lineare Korrelation
503
y
x Abb. 14.3. Messwertepaare {xi , yi }, die durch zwei Ausgleichsgeraden gem¨ aß Gl. (14.54) bzw. Gl. (14.55) approximiert werden.
Im Allgemeinen f¨ uhrt dieser Prozess zu unterschiedlichen Geraden. F¨ ur den Fall, dass vollkommene lineare Unabh¨angigkeit zwischen den Werten der Variablen x und y besteht, streben die beiden Steigungen m1 und m2 gegen Null (Abb. 14.4). F¨ ur den Fall, dass die beiden Geraden zusammenfallen (Abb. 14.5), besteht ein direkter funktionaler Zusammenhang. Je nach Grad der linearen Abh¨angigkeit variieren die Geradensteigungen also zwischen den Werten m1 = m2 = 0 (lineare Unabh¨angigkeit) und einem oberen Wert m1 = 1/m2 (vollst¨andige lineare Abh¨angigkeit). Da dieser obere Wert aber nicht von vorneherein feststeht, l¨asst sich der Grad der linearen y m 2= 0
m 1= 0
x Abb. 14.4. Fall der vollst¨ andigen linearen Unabh¨ angigkeit (m1 = m2 = 0)
504
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
y
1 m 1= m
2
x Abb. 14.5. Fall des funktionalen Zusammenhangs: Die beiden Ausgleichsgeraden fallen zusammen.
Abh¨ angigkeit erst nach einer Normierung beurteilen. Dies f¨ uhrt zu einer normierten Steigung r, die dem Korrelationskoeffzient entspricht (siehe auch Gl. (14.32) und Gl. (14.33)). Im Gegensatz zur Kovarianz ist der Korrelationskoeffizient eine reine Maßzahl ohne Einheit. Der Korrelationskoeffizient nimmt Werte zwischen −1 und +1 an (−1 ≤ r ≤ +1). Ein Korrelationskoeffizient r = 0 bedeutet, dass keine lineare Abh¨angigkeit besteht. Bei vollkommener linearer Abh¨angigkeit nimmt r den Wert +1 bzw. −1 an. Das Vorzeichen beschreibt dabei die Steigungsrichtung der gemeinsamen Geraden (Abb. 14.5). Der Korrelationskoeffizient l¨asst sich wie folgt angeben n
Qxy r= = % Qx Qy n ! y2 − i=1
i
xi yi −
i=1
1 n
n
i=1
1 n
n i=1
2 ' % yi
xi
n i=1
n
yi
i=1
x2i −
1 n
n
2 '
. (14.58)
xi
i=1
Bei der Beurteilung der linearen Abh¨angigkeit anhand des Korrelationskoeffizienten muss die Stichprobenanzahl mit ins Kalk¨ ul gezogen werden. So liefern beispielsweise zwei Wertepaare immer den Wert r = 1. Aus diesem Grund ist zu dieser Beurteilung noch der im Folgenden behandelte Vertrauensbereich von r hinzuzuziehen.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
505
Vetrauensbereich des Korrelationskoeffizienten Da der nach Gl. (14.58) ermittelte Korrelationskoeffizient nur ein Sch¨atzwert des Korrelationskoeffizienten ρ der Grundgesamtheit (setzt unendlich viele Messungen voraus) darstellt, sollte man den Vertrauensbereich f¨ ur r ermitteln, um eine Aussage der m¨oglichen Abweichungen von ρ als Funktion einer gew¨ ahlten statistischen Sicherheit zu erhalten. Um den Vertrauensbereich eines anhand einer Stichprobe mit n Einzelmessungen ermittelten Korrelationskoeffizienten anzugeben, bedient man sich des nachfolgenden Schemas in Abb. 14.6. Die Grundlagen hierzu findet der interessierte Leser beispielsweise in [95].
Korrelation und Kausalit¨ at Ein hoher Korrelationskoeffizient ist auf eine starke lineare Abh¨angigkeit zur¨ uckzuf¨ uhren. Daraus darf aber nicht unmittelbar auf eine Kausalit¨at im Sinne eines Ursache-Wirkungs-Prinzips geschlossen werden. Es gibt unz¨ ahlige Beispiele f¨ ur Scheinkorrelationen oder sogar Unsinnrelationen, die durchaus nicht auf eine gemeinsame Ursache zur¨ uckzuf¨ uhren sind. Ein kausaler Zusammenhang muss zun¨achst einmal von der Sache her begr¨ undet sein. Anhand einer dazu durchgef¨ uhrten Korrelation l¨asst sich lediglich pr¨ ufen, ob eine Hypothese zu einem bestimmten Ursache-Wirkungs-Prinzip h¨alt oder nicht. Es darf aber keinesfalls aus einem hohen Korrelationsgrad unmittelbar auf einen entsprechenden Ursache-Wirkungs-Zusammenhang geschlossen werden. Als Beispiel k¨onnte angef¨ uhrt werden, dass die steigende Lebenserwartung und die steigende Preisentwicklung sicherlich keinen unmittelbaren kausalen Zusammenhang aufweisen, aber dennoch zwischen beiden ein von Null verschiedener Korrelationskoeffizient besteht.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren) 14.3.1 Testen von Hypothesen, Entscheidungen Die Wahrscheinlichkeitsverteilung, welche die Grundgesamtheit beschreibt, wird als wahre Wahrscheinlichkeitsverteilung bezeichnet. Diese wahren Verteilungen sind aber in der praktischen Messtechnik nicht bekannt. Mit Hilfe von sog. Tests muss daher des ¨ofteren entschieden werden, ob bestimmte Vermutungen u ¨ ber die Wahrscheinlichkeitsverteilungen bzw. deren Parameter zutreffen oder nicht. Zur Durchf¨ uhrung eines Tests stellt man eine Arbeitshypothese auf. Diese wird als Nullhypothese H0 bezeichnet. Die dieser Nullhypothese widersprechende Vermutung wird Alternativhypothese H1 genannt.
506
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Schema zur Berechnung tionskoeffizienten
des
Vertrauensbereiches
des
Korrela-
1. Vorgabe der gew¨ unschten statistischen Sicherheit, z. B. P = 99% 2. Anhand Abbildung 14.7 ist der Wert des Vertrauensfaktors t bzw. der folgende Wert c zu ermitteln c=
t = f (P [%]) σ
mit σ= √
1 . n−3
3. Berechnung des Korrelationskoeffizienten r (Sch¨ atzwert) gem¨ aß Gl. (14.58) n
Qxy = r= Qx Qy n y2 − i=1
i
i=1
x i yi −
1 n
n
1 n
n
i=1
2 yi
i=1
xi
n
i=1
n
yi
i=1
x2i
−
1 n
n
2
.
xi
i=1
4. Ermittlung der Hilfsvariablen z0 1 1+r = artanh (r) . z0 = ln 2 1−r 5. Bestimmung der Randwerte r1 und r2 des Konfidenzintervalls gem¨ aß t r1 = tanh z0 − √ = tanh (z0 − c) n−3 bzw.
t = tanh (z0 + c) . r2 = tanh z0 + √ n−3
6. Angabe des Vertrauensbereiches des Korrelationskoeffizienten ρ f¨ ur die unter 1. gew¨ ahlte statistische Sicherheit r1 ≤ ρ ≤ r 2 . Abb. 14.6. Schema zur Berechnung des Vertrauensbereiches des Korrelationskoeffizienten
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
507
P(c) 100 %
50
p(x)
-c μ c
x
10 0 0
1. σ
2. σ
3. σ
c
Abb. 14.7. Statische Sicherheit (Wahrscheinlichkeit) P (c) als Funktion der Vielfachen der Standardabweichung σ. P (c) gibt an, mit welcher statistischer Sicherheit ein Wert einer Normalverteilung x im Intervall ±c um den Mittelwert μ liegt, d. h. |x − μ| ≤ c [149].
Zweck dieser Tests ist es nun, auf der Basis eines Stichprobenergebnisses eine Entscheidung dar¨ uber zu treffen, ob die Nullhypothese oder die Alternativhypothese gilt. Die konkrete Stichprobe wird dabei als Pr¨ ufgr¨ oße bezeichnet. Der Wertebereich der Pr¨ ufgr¨oße wird in einen kritischen und einen nichtkritischen Bereich (Akzeptieren der Nullhypothese) unterteilt. Dabei muss bedacht werden, dass es bei der Durchf¨ uhrung von Tests zu Fehlern im Sinne einer falschen Entscheidung kommen kann. Man spricht von Fehler 1. Art, wenn f¨ ur H1 entschieden wird, obgleich H0 richtig ist, und im umgekehrten Fall von Fehler 2. Art (s. Tab. 14.1). Als Signifikanzniveau α wird die dem Test eigene Wahrscheinlichkeit bezeichnet, die zum Verwerfen der Nullhypothese f¨ uhrt, obwohl sie gilt ( =Fehler 1. Art). In den meisten praktischen F¨allen wird das Signifikanzniveau vorgege¨ ben. Ubliche Werte sind α = 0, 01 bzw. α = 0, 05. Beim Test besteht nun die Aufgabe darin, nach Vorgabe des Stichprobenumfanges den kritischen Bereich so festzulegen, dass das vorgew¨ahlte Signifikanzniveau eingehalten wird und gleichzeitig die Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Fehler 2. Art so gering wie m¨oglich bleibt. In den meisten F¨allen lassen sich die zugelassenen Wahrscheinlichkeitsverteilungen durch einen Parameter ϑ in eindeutiger Weise beschreiben. Als
508
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Operations-Charakteristik OC des Tests wird die Funktion L(ϑ) bezeichnet, die mit einer vorgebbaren Wahrscheinlichkeit zum Nichtverwerfen der Nullhypothese f¨ uhrt. Die hierzu komplement¨are Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Verwerfen der Nullhypothese H0 hingegen heißt G¨ utefunktion G(ϑ). Demnach erg¨ anzen sich die beiden Funktionen zu G(ϑ) + L(ϑ) = 1 .
(14.59)
Dies bedeutet, dass G(ϑ) die Wahrscheinlichkeit f¨ ur das Eintreten des Fehlers 1. Art beziffert, w¨ahrend L(ϑ) den entsprechenden Wert f¨ ur den Fehler 2. Art darstellt. F¨ ur viele Standardtests sind in der Literatur [68] zu vorgegebenen Signifikanzniveaus α und festgelegten Stichprobenumf¨angen die OperationsCharakteristiken L(ϑ) graphisch dargestellt. In dem in Abb. 14.8 gezeigten Schema wird das prinzipielle Vorgehen bei Tests nochmals zusammengefasst. Vorgehen bei Hypothesen-Tests 1. Problemdefinition: • Voraussetzungen kl¨ aren • Nullhypothese H0 und Alternativhypothese H1 aufstellen 2. Testverfahren ausw¨ ahlen 3. Signifikanzniveau α festlegen (unter Beachtung der Folgen eines Fehlers 1. Art) 4. Stichprobenumfang festlegen: Falls die Operationscharakteristik OC des Tests bekannt ist, l¨ asst sich der Stichprobenumfang so bestimmen, dass f¨ ur eine bestimmte Wahrscheinlichkeitsverteilung unter der Alternativhypothese eine konkrete Wahrscheinlichkeit f¨ ur den Fehler 2. Art eingehalten wird. 5. Wirksamkeit des Tests anhand OC bestimmen (falls diese bekannt ist) 6. Pr¨ ufwert ermitteln 7. Entscheiden: Vergleich des Pr¨ ufwertes mit dem kritischen Wert 8. Ergebnis der Entscheidung interpretieren Abb. 14.8. Schema zum prinzipiellen Vorgehen bei Hypothesen-Tests Tabelle 14.1. Fehler bei Hypothesen-Testentscheidungen, H0 : Arbeitshypothese, H1 : Alternativhypothese Realit¨ at Test H0 trifft zu H1 trifft zu √ H0 angenommen Fehler 2. Art √ H1 angenommen Fehler 1. Art
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
509
14.3.2 Beispiele f¨ ur Tests Pr¨ ufung auf Normalverteilung Da viele Fehleranalysen darauf beruhen, dass die Messwerte normalverteilt sind, ist es wichtig zu wissen, wie eine Stichprobe getestet werden kann, ob sie einer Normalverteilung (Gauß-Verteilung) entstammt. Die prinzipiell einfachste M¨oglichkeit eines solchen Tests besteht darin, die Messwerte in ein sog. Summenh¨aufigkeitspapier5 einzutragen. Die eingetragenen Punkte liegen im Falle einer Normalverteilung auf einer Geraden. Der Erwartungswert μ wird bei der Summenh¨aufigkeit von 50 % abgelesen. Zur Beurteilung, ob eine Normalverteilung vorliegt oder nicht, wird anhand von zwei Kriterien beurteilt: 1. Wie groß ist die Abweichung der Punkte von der Geraden? 2. Wie groß ist die Abweichung des aus der Stichprobe errechneten Mittelwertes x vom abgelesenen Erwartungswert μ ? Die zweite Testm¨oglichkeit besteht im sog. χ2 -Test (Abb. 14.9). Der Grundgedanke dieses Tests besteht in der Unterteilung der x-Achse (unabh¨angige Variable) in Teilintervalle und der Berechnung der zu diesen Intervallen geh¨ orenden Wahrscheinlichkeiten der betreffenden Zufallsvariablen x. Diese Wahrscheinlichkeiten werden aus der in der Hypothese angenommenen Verteilungsfunktion F (x) ermittelt. Die so ermittelten Wahrscheinlichkeiten werden dann mit den relativen Klassenh¨aufigkeiten der gegebenen Stichprobe verglichen. Bei zu großen Abweichungen wird die Hypothese (F (x) ist die Verteilungsfunktion von x) verworfen. Tip: Zu dieser Thematik befinden sich mehrere LabVIEWProgramme auf der CDROM. Die Dichtefunktion der χ2 Verteilung kann mit chi_square_density.vi als Kurvenschar mit dem Parameter nf als Freiheitsgrad gezeichnet werden. Ein Beispiel f¨ ur einen χ2 -Test, wie er auf der folgenden Seite beschrieben wird, ist in chi_square_test_example.vi zu finden. Dort werden die Fehler, mit denen eine Messung behaftet ist, daraufhin u uft, ob sie normalverteilt sind. Die Grafik in Abb. 14.10 ¨berpr¨ kann mit dem Programm chi_square_chart.vi erzeugt werden, wobei die Wahrscheinlichkeitsgrenzen eingestellt werden k¨onnen.
5
Beim Summenh¨ aufigkeitspapier ist die Abszisse gem¨ aß einer Gaußschen Normalverteilung verzerrt, so dass diese wie eine Gerade auf dem Summenh¨ aufigkeitspapier erscheint.
510
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Die Durchf¨ uhrung des χ2 -Tests besteht aus folgenden Schritten [149]: 1. Ermittlung von Mittelwert x (Sch¨ atzwert) und Schwankung s: x=
n 1
xi n i=1
s=
1 n−1
n
(xi − x)2 =
i=1
2 n n
1 1
2 x − xi . n − 1 i=1 i n i=1
2. Einteilung der Messwerte in K Klassen (K ≥ 4), so dass in einem Intervall mindestens 5 Messwerte liegen. 3. Bestimmung der mit nei bezeichneten Anzahl der in den einzelnen Klassen befindlichen Messwerte. 4. Anhand einer Normalverteilung (mit μ = x und σ = s) werden die Wahrscheinlichkeiten Pi (i = 1, 2, . . . , K) ermittelt, mit der die Messwerte in der Klasse i liegen. Daraus wir die Anzahl noi von Messwerten ermittelt, die im jeweiligen Intervall i im Falle der Normalverteilung liegen w¨ urden noi = n Pi , wobei n den Umfang der Stichprobe bezeichnet. 5. Anhand des folgendermaßen errechneten χ2 -Wertes χ2 =
K
(nei − noi ) 2 noi i=1
entscheidet man u ¨ ber die Annahme bzw. das Verwerfen der Hypothese, ob die Stichprobe zu einer Normalverteilung geh¨ ort oder nicht. 6. Vorgabe des Signifikanzniveaus α, typischerweise 1 % bzw. 5 %. 7. L¨ osen der Gleichung P (χ2 ≥ c) = 1 − α anhand einer Graphik bzw. einer Tabelle, welche die χ2 -Verteilung beschreiben. Dabei wird die Anzahl nf der Freiheitsgrade durch nf = K − 1 festgelegt. Abbildung 14.10 zeigt die α = 5 % (95 %) und α = 1 % (99 %).
χ2 -Verteilung f¨ ur
die
Werte
Abb. 14.9. Schema zur Durchf¨ uhrung des χ2 -Tests (Pr¨ ufung, ob eine Normalverteilung vorliegt)
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
511
χ2 50 p(χ 2 )
40
c1
30
Hypothese verwerfen
χ2
c2
c2 = 5 %
men neh n a ese oth Hyp c1 = 5 %
c2 = 1 %
20
10
Hypothese verwerfen
c1 = 1 %
5 0 2
4
10
20
26
nf = K - 1
Abb. 14.10. χ2 -Verteilung f¨ ur die Signifikanzniveaus 1 % und 5 % als Funktion des Freiheitsgrades nf = K − 1 (s. auch Schema in Abb. 14.9) [149].
χ2 -Verteilung Sind n unabh¨angige Zufallsvariable xi mit Normal-Verteilung im Intervall [0,1] gegeben, so hat ihre Quadratsumme yn = x21 + x22 + . . . x2n
(14.60)
die folgende Wahrscheinlichkeitsdichte, die auch χ2 -Verteilung mit n Freiheitsgraden genannt wird (Γ : Gamma-Funktion (s. u.)) [92, 95] / 2
fyn (y = χ ) =
1 n 2 Γ(n 2 )2
0
n
y
y 2 −1 e− 2
f¨ ur
χ2 ≥ 0 ,
f¨ ur
χ2 < 0 .
(14.61)
Gamma-Funktion Γ (α) bezeichnet die sog. Gamma-Funktion, die durch folgendes Integral gegeben ist ∞ Γ (α) = e−t tα−1 dt (α > 0) . (14.62) 0
√ Es gilt Γ (1) = 1, Γ (1/2) = π und Γ (n + 1) = n! .
512
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Pr¨ ufung auf lineare Abh¨ angigkeit von Messwerten Im Zuge der linearen Regression wurde eine Ausgleichsgerade f¨ ur eine Schar von Messwerten ermittelt (Kap. 14.1.1). Dabei zeigte sich, dass eine lineare Abh¨ angigkeit vorliegt, wenn die Steigung m der Geraden (Gl. (14.3)) signifikant von Null abweicht. Um dieses zu testen, geht man nach dem in Abb. 14.11 gezeigten Schema vor [149]. Test auf lineare Abh¨ angigkeit 1. Berechnung des Ausdrucks (s. Kap. 14.1.1) (n − 2)s2x c = m s2y − m2 s2x
.
2. Ermittlung der Wahrscheinlichkeit (statistischen Sicherheit) P [%], mit der die Gerade von einer mit der Steigung m = 0 abweicht anhand der StudentVerteilung (t-Verteilung) (Abb. 14.12 bzw. Tab. 5.2) P = P (c, n − 2) . 3. Entscheidung: F¨ ur kleine Werte von P , z. B. P ≤ 1 %, wird die Hypothese, dass m = 0 sei, verworfen. Damit ist statistisch gesichert, dass lineare Abh¨ angigkeit vorliegt. Abb. 14.11. Test auf lineare Abh¨ angigkeit von Messwerten
Student t-Verteilung Die Studentsche t-Verteilung6 bildet die Grundlage wichtiger statistischer Tests. Es sind zwei unabh¨angige Zufallsvariable x und y gegeben. Dabei besitzt x im Intervall [0,1] eine Normalverteilung und y eine χ2 -Verteilung mit n Freiheitsgraden (s. vorhergehenden Abschnitt). Die Zufallsvariable x t= (14.63) y/n hat dann die Wahrscheinlichkeitsdichte Γ n+1 ft (t) = √ 2 n · nπ 2 1+
1
t2 (n+1)/2 n
.
(14.64)
Die Verteilung ft (t) wird als Student t-Verteilung mit n Freiheitsgraden bezeichnet [92, 95]. Mit wachsendem n strebt die Verteilungsfunktion der tVerteilung gegen die Verteilungsfunktion der Normalverteilung mit dem Mittelwert 0 und der Varianz 1. 6
Sie wurde von W.S. Gosset eingef¨ uhrt und unter dem Namen “Student” ver¨ offentlicht.
14.3 Testverfahren (Hypothesen-Testverfahren)
513
P
%
10 8
p(x)
6 5 4
P/2
P/2 -c 0 c
3
t
2
1.0 0.8 0.6 0.5 0.4 0.3 0.2
0.1 1
2
3
4 5 6 7 8 9 10
30 40 50 60
100 c
nf = 5 n f = 10 nf =
8
nf = 1 nf = 2 nf = 3
20
Abb. 14.12. Student-Verteilung (t-Verteilung bzw. Studentsche t-Verteilung): P gibt die Wahrscheinlichkeit an, mit der gilt |t| ≥ c. Der Parameter ist der Freiheitsgrad nf [149].
Tip: Mit dem Programm teste_lin_abh.vi kann zus¨atzlich zur Berechnung von Regressionsgeraden auch noch der hier beschriebene Test auf lineare Abh¨angigkeit durchgef¨ uhrt werden. Die Darstellung der Student-Verteilung nach Abb. 14.12 kann mit dem Programm students-t-verteilung.vi nachvollzogen werden.
514
14 Regression, lineare Korrelation und Hypothesen-Testverfahren
Test des Korrelationskoeffizienten In Kap. 14.2 wurde der Korrelationskoeffizient r f¨ ur die Verteilung zweier unabh¨ angiger Variablen xi und yi ermittelt. Dieser Korrelationskoeffizient r der Stichprobe ist nur ein Sch¨atzwert des Korrelationskoeffizienten ρ der Grundgesamtheit und damit fehlerbehaftet. Es soll die Hypothese ρ = 0 gegen eine Alternativhypothese ρ > 0 getestet werden. Dazu geht man nach dem in Abb. 14.13 gezeigten Schema vor [95].
Test des Korrelationskoeffizienten 1. Vorgabe eines Signifikanzniveaus, z. B. α = 1 % bzw. α = 5 % . 2. Ermittlung des Wertes c anhand der Student-Verteilung (Abb. 14.12 bzw. Tab. 5.2) mit (n − 2) Freiheitsgraden (n: Stichprobenumfang) P (c, (n − 2)) = 1 − α . 3. Berechnung von t0 als Funktion des ermittelten Korrelationskoeffizienten r und dem Stichprobenumfang n n−2 . t0 = r 1 − r2 4. Entscheidung: Annahme der Hypothese ρ = 0 f¨ ur den Fall t0 ≤ c d. h. P (|t0 | ≤ t) = 1 − α und Verwerfen der Hypothese andernfalls. Abb. 14.13. Test des Korrelationskoeffizienten
15 Grundlagen der Rechnergestu ¨tzten Messdatenerfassung
15.1 Aufgaben, Bedeutung und Grundstrukturen von rechnergestu ¨ tzten Messsystemen Im Digitalrechnerbereich wurden in den letzten Jahren in bezug auf Rechenleistung, Datentransfergeschwindigkeit sowie Speichergr¨oße enorme Fortschritte erzielt. Daher werden die Digitalrechner, insbesondere die immer leistungsf¨ ahigeren und preiswerteren Personalcomputer, auch gerne zur Bew¨altigung komplexer und umfangreicher Aufgaben im Rahmen der Messung elektrischer und nicht-elektrischer Gr¨oßen herangezogen. Die Hauptaufgabengebiete sind dabei die Messdatenerfassung und die Messsignalverarbeitung. Daneben werden Digitalrechner auch zur Steuerung und Regelung von Anlagen und als Prozessleitsysteme eingesetzt. Generell kann man Digitalrechner, die mit einem technischen Prozess gekoppelt sind, als Prozessrechner bezeichnen. Die Hauptaufgaben bei der rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung sind die korrekte Erfassung der Messdaten, ihre anschließende Auswertung inklusive Fehlerkorrektur sowie ihre Visualisierung und effiziente Speicherung (Archivie¨ rung) (Abb. 15.1). Die Ubernahme von Messdaten in einen Digitalrechner kann dabei auf verschiedenen Wegen geschehen. Eine der Standardmethoden basiert auf an den Rechnerbus angeschlossenen Messmodulen, die auf einer
Erfassen Auswerten (inkl. Fehlerkorrektur) Visualisieren
Archivieren
Abb. 15.1. Hauptaufgaben der rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_15
516
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
Computereinsteckkarte realisiert sind (Instrument-on-a-Card) und in der Regel einen Analog-Digital-Umsetzer mit vorgeschaltetem Multiplexer enthalten (Abb. 15.2a). Eine weitere gebr¨auchliche Methode besteht in der indirekten Steuerung von intelligenten“ Messger¨aten u ¨ber digitale Computer” Schnittstellen (Computer Controlled Instruments (CCI )) (Abb. 15.2b). Die wichtigsten Anforderungen an ein Messdatenerfassungssystem sind neben der korrekten Erfassung der Messsignale die schnelle Reaktion auf externe bzw. interne Ereignisse, die Priorit¨atensteuerung der verschiedenen Aufgaben, gute Visualisierungs- und Archivierungsm¨oglichkeiten, einfache Bedienung, hohe Zuverl¨ assigkeit sowie die Erweiterbarkeit, Portierbarkeit und Wartbarkeit bez¨ uglich der Software. Als Hauptvorz¨ uge der computergest¨ utzten Messdatenerfassung sind zu nennen: • • • • • •
Automatisierung kompletter Messabl¨aufe Einsparung redundanter Hardware (durch zeitlichen Multiplexbetrieb) sichere und effiziente Speicherung von Messdaten Ersatz von dedizierten und an spezielle Aufgaben gebundene HardwareKomponenten durch anwendungsflexible Software-Module, z. B. bei der Filterung gute Visualisierungs- und Archivierungsm¨oglichkeiten durch Nutzung vielfach vorhandener Standard-PC-Software leichte Einbindung der Messdatenerfassung in Regelsysteme oder Anlagen der Automatisierungstechnik.
Abb. 15.2. Digitalrechner in der Messdatenerfassung: a) Instrument-on-a-Card, b) Computer Controlled Instruments (CCI)
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Messsystemen
517
Bei der Auswahl der einzelnen Systemkomponenten stehen i. Allg. folgende Gesichtspunkte im Vordergrund: • • • • •
Amplituden- und Zeitverhalten der Eingangssignale (Aufl¨ osung und Abtastrate der zu verwendenden Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzer) Anzahl der zu verarbeitenden Messpunkte (Abtastumfang bestimmt durch die Speichergr¨oße) Verf¨ ugbarkeit unterschiedlicher Triggerm¨oglichkeiten (Abb. 15.3) Genauigkeit Kosten, Zuverl¨assigkeit und Wartbarkeit.
u
u + Flanke
- Flanke
T+
T-
T
Pegel- (Flanken-) Triggerung
t
u
t
sequentielle Triggerung
u
T
T Fenster-Triggerung
t
Alarm-Triggerung
T' t
Abb. 15.3. In der Messdatenerfassung verwendete Triggerarten (T bezeichnet den Triggerzeitpunkt) [164]
Bei der Messdatenerfassung unterscheidet man prinzipiell zwischen Onlineund Offline-Erfassung. Bei der Online-Erfassung werden die Messdaten direkt in den Prozessrechner eingelesen, w¨ahrend sie bei der Offline-Erfassung nach der Digitalisierung in einem Massenspeichermedium, z. B. einer USBFestplatte, zwischengespeichert und erst zu einem sp¨ateren Zeitpunkt, oft nach einem Transport des Speichermediums von einer externen Messstelle, in den Auswerterechner u ¨bernommen werden.
518
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
Abb. 15.4. Prinzipielle Struktur eines rechnergesteuerten Messdatenerfassungssystems. Die gestrichelt gezeichneten Funktionsbl¨ ocke z¨ ahlen bereits zu einem Datenausgabesystem.
Abbildung 15.4 zeigt die prinzipielle Hardware-Struktur eines rechnergest¨ utzten Messdatenerfassungssystems, w¨ahrend Abb. 15.5 den prinzipiellen Funktionsablauf der Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Messdatenerfassung mit anschließender Messsignalverarbeitung anhand eines Flussdiagrammes verdeutlichen soll. Die Grundfunktionen eines solchen Messdatenerfassungssystems lassen sich unterteilen in Empfang, Verst¨arkung, Selektion des Messkanals, Abtastung, Analog-Digital-Umsetzung und Daten¨ ubernahme. Bei der Implementierung dieser Grundfunktionen ist folgendes zu beachten: •
•
•
Empfang Die wichtigste Maßnahme beim Empfang ist die Vorsorge gegen St¨orungen des Messsignals auf der Verbindungsleitung Prozess-Messdatenerfas” sungssystem“. Um einen m¨oglichst st¨orungsfreien Empfang der Signale zu erm¨ oglichen, werden vorzugsweise Trennverst¨arker [182] eingesetzt und entsprechende Schirmungsmaßnahmen durchgef¨ uhrt (s. auch Kap. 15.2.3). Verst¨ arkung Im Allgemeinen ist ein Verst¨arker (Anpassungsverst¨arker) notwendig, um den Messkanalpegel (Sensorpegel) an den Eingangsspannungsbereich des A/D-Umsetzers anzugleichen. Die Verst¨arker werden weiterhin zur Erzielung einer hohen Gleichtaktunterdr¨ uckung eingesetzt. Selektion des Messkanals Die Auswahl des gerade zu messenden Signals aus einer Reihe von vorhandenen Messkan¨alen geschieht mittels sog. Analog-Multiplexer. Als Schalter werden dabei vorzugsweise Halbleiterschalter eingesetzt, wenn die Prio-
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Messsystemen
519
Abb. 15.5. Ablaufplan zur Softwaresteuerung bei der rechnergesteuerten Messdatenerfassung
rit¨ at auf hoher Umschaltgeschwindigkeit liegt, w¨ahrend man bei kompletter galvanischer Trennung die langsameren Relaisschalter bevorzugt (s. auch Kap. 15.2.2). Bei der Struktur von Analog-Multiplexern unterscheidet man zwischen der massefreien“ Messung einer Differenzspannung und ” der Messung der Signale gegen ein festes Massepotential. Man unterscheidet weiterhin zwischen Analog-Multiplexer-Schaltungen, die ohne Zeitversatz zwischen den Abtastzeitpunkten der einzelnen Kan¨ale funktionieren (Abb. 15.6) und solchen, die mit Zeitversatz arbeiten, daf¨ ur aber mit einem Sample & Hold-Glied auskommen (Abb. 15.7). Der Zeitversatz l¨asst sich nur vermeiden, wenn f¨ ur jeden Messkanal ein separates Sample &
520
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
S&H
Analogeingänge
AnalogMultiplexer (MUX)
S&H
ADC
Digitalausgang
S&H
Triggerpuls Abb. 15.6. Analog-Multiplexing ohne Zeitversatz zwischen den Abtastpunkten der einzelnen Messkan¨ ale
•
Hold-Glied verwendet wird, so dass alle Messkan¨ale zeitsynchron abgetastet werden k¨onnen. Abtastung (Sampling) Wenn das Messsignal w¨ahrend der Konversionszeit des Analog-DigitalUmsetzers konstant gehalten werden muss, wird eine Sample & HoldSchaltung eingesetzt. Dabei wird das zeitkontinuierliche Messsignal in ein zeitdiskretes umgesetzt (Abb. 11.36). Eine besondere Form der Abtastung wird in Abb. 15.8 gezeigt. Mit Hilfe dieses Schaltungsprinzips kann ein schnelles“ Signal in Form eines ” zeitlich kurzen Pulses von einem vergleichsweise langsamen“ ADC um” gesetzt werden. Durch die Verwendung von n Sample & Hold-Gliedern, die von den Ausg¨angen einer n-stufigen Verz¨ogerungsleitung (Tapped Delay Line) angesteuert werden, wird das Signal an n ¨aquidistanten zeitlichen St¨ utzstellen abgetastet und der i-te Abtastwert vom i-ten Sample & Hold-Glied erfasst. Der Analog-Multiplexer ruft dann die Abtastwerte nacheinander ab und f¨ uhrt sie dem ADC zu. AnalogMultiplexer (MUX) Analogeingänge
S&H
ADC
Digitalausgang
Triggerimpuls Abb. 15.7. Analog-Multiplexing mit Zeitversatz zwischen den Abtastzeitpunkten der einzelnen Messkan¨ ale
15.1 Grundstrukturen von rechnergest¨ utzten Messsystemen
521
Triggerleitungen
Tapped Delay Line
ΔT
S&H
..........
S&H
AnalogMultiplexer (MUX) zum ADC
... S&H
Startpuls
u E (t)
uE
uE Spannungswerte einzelner Sample & Hold-Glieder
ΔT
t
Abb. 15.8. Schaltung zur zeitlichen Abtastung schneller“ , transienter Signale mit ” langsamen “ A/D-Umsetzern ”
•
•
Analog-Digital-Umsetzung Das Herzst¨ uck eines jeden rechnergest¨ utzten Datenerfassungssystems ist der A/D-Umsetzer, der das analoge Signal in eine entsprechende Dualzahl konvertiert. Dabei finden die in Kap. 11.7 beschriebenen Umsetzungsprinzipien Anwendung. Daten¨ ubernahme Die vom A/D-Umsetzer ausgegebenen Digitalwerte werden in einem Busregister gespeichert. Da meist mehrere Datenerfassungskomponenten auf den Rechnerbus geschaltet sind, werden die Ausg¨ange des Registers als Tristate-Ausg¨ange [182] implementiert.
Neben den eigentlichen Datenerfassungssystemen sind auf den einschl¨agigen PC-Einsteckkarten zur Messdatenerfassung in der Regel auch Datenausgabesysteme enthalten, deren Aufgabe es ist, in bin¨arer Form vorliegende Signale in analoger Form auszugeben. Diese Analogsignale werden nach entsprechender Verst¨ arkung im Allgemeinen zur Ansteuerung von Aktoren verwendet. Die Hauptfunktionen eines Datenausgabesystems bestehen darin, das zu wandelnde Digitalwort in ein Busregister zu schreiben (Daten¨ ubergabe), dieses Digitalwort anschließend mit Hilfe eines Digital-Analog-Umsetzers in ei-
522
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
Datenbus DAC
Steuerbus
AblaufSteuerung
. . .
S&H
u1
S&H
u2
. . .
. . .
S&H
uk
Abb. 15.9. Prinzip eines Datenausgabesystems mit k Ausgabekan¨ alen
ne Analogspannung umzusetzen (D/A-Umsetzung) und auf einen Ausgangsverst¨ arker zu geben (Ausgabe). Abbildung 15.9 zeigt die typische Struktur eines Datenausgabesystems, das mehrere Ausgabekan¨ale aufweist. Rechnergesteuerte Datenausgabesysteme haben in letzter Zeit als flexible Funktionsgeneratoren große Bedeutung erlangt. Solche sog. Arbitrary Waveform Synthesizer erlauben die rechnergesteuerte Synthese von (im Rahmen der zeitlichen Abtastung sowie Amplitudendynamik) beliebigen Signalformen. Die in Datenerfassungs- und Datenausgabesystemen typischerweise auftretenden Fehler sollen im Folgenden kurz zusammengefasst werden: • • • • • •
¨ Ubersprechen (Crosstalk) zwischen den einzelnen, insbesondere benachbarten, Kan¨alen Gleichtaktst¨orungen Fehler der Sample & Hold-Schaltung in Form von Apertur-Unsicherheiten, ¨ Ubersprechen, etc. (s. Kap. 11.7.1 und 11.7.2) Fehler des A/D-Umsetzers, z. B. Quantisierungsfehler (s. Kap. 11.7.8) Fehler des D/A-Umsetzers, z. B. transiente Spannungsspitzen und Zeitfehler (s. Kap. 11.6.3) Systemfehler der digitalen Signalverarbeitung, z. B. Rundungs-, Abbruch¨ und Uberlauffehler.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung Das zentrale Element einer jeden rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung bildet der oft auch als Prozessrechner bezeichnete Steuerrechner, welcher u ¨ ber Einrichtungen f¨ ur die direkte informationstechnische Kopplung (Kommunikation) mit dem Prozess verf¨ ugt. Als Steuerrechner kommen prinzipiell Mikround Minicomputer, Workstations und insbesondere leistungsf¨ahige Personalcomputer in Frage. Es sind in Abh¨angigkeit von der Geschwindigkeit“ des ” Prozesses vor allem schnelle Computer gefragt, welche die F¨ahigkeit haben,
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung
523
rechtzeitig“ auf externe Prozess-Ereignisse zu reagieren. Man spricht in die” ¨ sem Zusammenhang auch von Echtzeitf¨ahigkeit (Realtimef¨ahigkeit). Uber die Realtimef¨ ahigkeit eines Computers entscheidet neben seinen hardwarem¨aßigen Leistungsmerkmalen (vor allem die Geschwindigkeit) das verwendete Betriebssystem [55]. Die zur Messdatenerfassung ben¨otigte Hardware gliedert sich in den eigentlichen Steuerrechner sowie die daran angeschlossenen bzw. die darin enthaltenen Schnittstellen zur Prozessperipherie (Abb. 15.10). Die ProzessrechnerHardware unterscheidet sich bez¨ uglich ihrer Grundkomponenten zun¨achst nicht von der Architektur eines jeden anderen gew¨ohnlichen Digitalrechners. Der Unterschied in bezug auf die Hardware besteht lediglich in der Verf¨ ugbarkeit von einer oder von mehreren der folgenden Komponenten (Abb. 15.10):
Abb. 15.10. Struktur eines Digitalrechners mit Peripherie-Schnittstellen zu einem Prozess
• •
Prozessperipheriekarte mit Analog- und Digital-Ein/Ausg¨angen zum direkten Anschluss an externe Prozesse Bus-Controller zum externen Busanschluss, z. B. IEC-Bus oder VXI-Bus (s. Kap. 16.7 und 16.8).
F¨ ur die Verbindung zur Prozessperipherie sind im Konkreten folgende Standardl¨ osungen (Abb. 15.11) u ¨ blich: • •
(Multifunktions-) Einsteckkarten mit eigenem Multiplexer und A/D-Umsetzer Messger¨ ate (mit internem A/D-Umsetzer), die u ¨ ber eine serielle Schnittstelle, z. B. eine RS232-Schnittstelle, zwecks Messger¨atesteuerung und Daten¨ ubernahme mit dem Rechner verbunden sind
524
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
Abb. 15.11. Standardm¨ aßig verwendete Anschlussvarianten der Prozessperipherie an einen Digitalrechner: a) Multifunktions-Einsteckkarte, b) RS232C-Schnittstelle, c) IEC-Bus, d)Datenlogger
• •
Intelligente Messger¨ate (mit internem A/D-Umsetzer), die an einen externen Rechnerbus, z. B. einen IEC-Bus, zwecks Messger¨atesteuerung und Daten¨ ubernahme angeschlossen sind Autonom arbeitende Messger¨ate mit Speicherm¨oglichkeit (Datenlogger), die eine sp¨atere Offline-Daten¨ ubergabe in den Auswerterechner u ¨ ber eine serielle oder parallele Schnittstelle, z. B. den IEC-Bus, erlauben.
15.2.1 Multifunktions-Einsteckkarten Multifunktions-Einsteckkarten enthalten einen eigenen Analog-Multiplexer, einen Analog-Digital-(ADC) und im Allgemeinen auch mindestens einen Digital-Analog-Converter (DAC). In Abh¨angigkeit vom Rechnertyp und der jeweiligen Anwendung stellt der heutige Markt eine Vielzahl von Einsteckkarten zur Verf¨ ugung. In Abb. 15.12 wird die Struktur einer typischen MultifunktionsEinsteckkarte gezeigt. Sie erm¨oglicht die Erfassung von 16 bzw. 32 Messkan¨ alen im Multiplexbetrieb. Sollten die 16 bzw. 32 analogen Eingangskan¨ale nicht ausreichen, k¨onnen diese durch spezielle Multiplexerkarten auf bis 8192
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung
525
Adress- / Steuerbus 1 2
1 2
...
AnalogEingänge
16
16
Multiplexer (MUX)
S&H
ADC
Trigger MUX
Trigger Modul
Steuerung Timer
TimingEingang 1 AnalogAusgänge
2
DAC 2 DAC 1
Busregister
Datenbus Abb. 15.12. Blockschaltbild einer typischen Multifunktions-Einsteckkarte
Eingangskan¨ale erweitert werden. Dabei werden die Analog-Kan¨ale gruppenweise auf die I/O-Kan¨ale der Karte gelegt (Abb. 15.13). In ¨ ahnlicher Weise lassen sich die Analogausg¨ange mit 1 zu 32 demultiplexen. Die Kanalwahl und die Konfiguration erfolgt u ¨ber die Digital-Ausg¨ange der Messkarte. Diese Zusatzkarten bieten auch die M¨oglichkeit der flexiblen Signalkonditionierung. Die Parametrierung dieser Signalkonditionierung erfolgt ebenfalls u ¨ ber die Digitalausg¨ange der Messdatenerfassungskarte [110]. Diese Zusatzkarten erweitern den Spannungsbereich auf bis zu 50 V, sie erm¨oglichen die Messung von Temperaturen mit Pt100-Temperaturf¨ uhlern und sie verf¨ ugen u ¨ ber Stromeing¨ange der Standard-Strom-Schnittstelle 0...20 mA. Bei Abtastraten von 100 ksamples/s bis 300 ksamples/s sind typischerweise A/Dbzw. D/A-Umsetzungen mit 16-Bit-Aufl¨osung m¨oglich. Schnellere Messdatenerfassungskarten erlauben mittlerweile Abtastraten von 500 ksamples/s bei 16 Bit-Aufl¨osung. Die Auswahl an solchen Peripheriekarten f¨ ur PCs ist mittlerweile sehr umfangreich und vielf¨altig geworden. Hochgeschwindigkeitskarten erlauben Abtastraten von bis zu 100 Msamples/s oder mehr bei einer typischen Aufl¨osung von 8 Bit. Bei 10 Msamples/s werden noch 12 Bit erreicht. F¨ ur hochgenaue Anwendungen besteht die M¨oglichkeit, Messwerte mit 21 Bit aufzul¨osen. Dies l¨asst eine maximale Abtastrate von 10 ksamples/s zu und erfordert einen sorgf¨altigen Aufbau der gesamten Messschaltungen, um am unteren Ende des Dynamikbereiches Probleme infolge Rauschen oder elektromagnetischer Einstreuungen zu vermeiden. F¨ ur die sehr hohen Abtastraten ist es wichtig, dass gen¨ ugend Memory zum Zwischenspeichern der Messwerte auf der Karte selbst zur Verf¨ ugung steht.
526
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
Abb. 15.13. Beispiel f¨ ur erweitertes Multiplexing mit 256 Analogeing¨ angen auf eine Messdatenerfassungskarte. Es ist eine Erweiterung auf ein 8192-zu-32-Multiplexing m¨ oglich [110].
Daf¨ ur stehen auf hochwertigen Karten mittlerweile 64 MByte Memory pro Messkanal bereit. Solche Karten sind f¨ ur alle g¨angigen PC-Busse, wie PCIBus, PXI-Bus oder USB-Schnittstelle, lieferbar. Treiberroutinen sind f¨ ur die Standard-Betriebssysteme erh¨altlich. Zur Triggerung durch externe Signale ist ein Timing-Eingang vorgesehen. Weiterhin enthalten die Karten meist zwei Digital-Analog-Umsetzer, welche Digitalwerte, die auf den Datenbus gelegt werden, in entsprechende Analogspannungswerte umsetzen und mit Hilfe von Ausgangsverst¨arkern ausgeben. Die Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten sind in Tab. 15.1 enthalten.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung
527
Tabelle 15.1. Leistungsdaten typischer Multifunktions-Datenerfassungskarten Modell Hersteller Anzahl Analogeing¨ ange single ended differentiell Aufl¨ osung des ADC Summen-Abtastrate Uin digitale I/O Kan¨ ale Analogausg¨ ange Sockel Netto-Preis ca. Modell Hersteller Anzahl Analogeing¨ ange single ended differentiell Aufl¨ osung des ADC Summen-Abtastrate Uin digitale I/O Kan¨ ale Analogausg¨ ange Sockel Netto-Preis ca.
PCIe-6320 PCIe-6363 National Instruments National Instruments 16 8 16 Bit 250 ksamples/s ±0, 2 bis ±10 V 24 0 PCI Express 600,- EUR
32 16 16 Bit 2 Msamples/s ±0, 1 bis ±10 V 48 4 PCI Express 1.900,- EUR
PCI-DAS08 PLUG-IN
ADQ-258 ALLDAQ
8 12 Bit 40 kHz ±5 V 3 0 PCI 250,- EUR
8 potentialfrei 18 Bit 1,6 Msamples/s ±10, 24 V 8 0 PCI 1.700,- EUR
15.2.2 Multiplexer Der Multiplexer ist ein wesentliches Schaltungselement in Messdatenerfassungssystemen. Als Multiplexer eignen sich neben den klassischen Relais die Halbleiter-Analogschalter (HL-Analog-Schalter). W¨ ahrend die verschleißfreien Halbleiterschalter hohe Schaltgeschwindigkeiten bis in den MHz-Bereich zulassen, aber den Nachteil keiner vollst¨andigen galvanischen Trennung haben, bieten die Relais gerade diesen Vorzug, der bei vielen industriellen Anwendungen gefordert wird. Daf¨ ur zeigen sie wesentlich niedrigere Schaltgeschwindigkeiten (Tab. 15.2). 3- und 5-polige Relais werden verwendet, um EMV-St¨orungen (EMV = Elektromagnetische Vertr¨aglichkeit) infolge Erdschleifen und elektromagnetischer Einkopplungen zu vermeiden (Abb. 15.14). Der 3. Pol dient der Schirmtrennung, die beiden weiteren der 5-poligen Relais der zus¨atzlichen Trennung der Stromversorgung.
528
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung Tabelle 15.2. Multiplexer in der Messdatenerfassung
Typ
Vorteile
Nachteile
HL-AnalogSchalter
schnell (Dauer eines Schaltzyklus: 50 ns − 2 μs)
evtl. Offsetspannungen und Gleichtaktst¨ orungen, evtl. zu geringe Schaltspannung
Relais (2-polig)
galvan. Trennung
langsam, evtl. Erdschleifen (Dauer eines Schaltzyklus > 5ms)
Relais (3-polig)
galvan. Trennung auch vom Schirmanschluss
langsam, h¨ ohere Kosten
Relais (5-polig)
zus¨ atzliche galvan. Trennung der Sensor-Stromversorgung
hohe Kosten
Abb. 15.14. Relais dienen der vollst¨ andigen galvanischen Trennung von Sensor und Messschaltung. Im Falle der 3-poligen Relais kann der Schirm f¨ ur jeden Messkanal getrennt werden, so dass nur der Schirm des aktuellen Messkanals durchgeschaltet wird.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung
529
15.2.3 St¨ orungen infolge Erdschleifen und Einkopplungen Als Erdschleifen werden St¨orkreise bezeichnet, die durch Mehrfacherdung zustandekommen (s. Beispiel der 2-poligen Relaisschaltung aus Abb. 15.14). So ist beispielsweise das 50 Hz-Netzbrummen bei Verst¨arkeranlagen auf solche Erdschleifen zur¨ uckzuf¨ uhren. Es handelt sich dabei um eine galvanische und/oder induktive Kopplung, die anhand eines Beispiels erl¨autert werden soll. Eine Quelle Q und ein Empf¨anger E sind u ¨ ber eine Zweidrahtleitung verbunden (Abb. 15.15). Beide Ger¨ate sind separat mit der Schutzerde PE verbunden. Eine St¨orspannung UESt kann nun entweder durch galvanische Kopplung u ¨ber die gemeinsame Koppelimpedanz (RSL und LSL ) oder durch induktive Einkopplung in die Schleife, die sich zwischen einem Leiter und der Erdverbindung bildet, entstehen. •
•
galvanische Kopplung Der Strom IPE1−2 im Schutzleiter f¨ uhrt zu einer Spannung zwischen den Punkten 1 und 2 und wegen der Impedanzen Z Q und Z E zu unterschiedlichen St¨ orstr¨omen in den beiden Leitern. Dies hat eine St¨orspannung UESt im Signalkreis zur Folge. induktive Kopplung Infolge magnetisch-induktiver Kopplung kann es zur Induktion von weiteren St¨ orspannungen (Abb. 15.15) kommen. Leitungswiderstände und Leitungsinduktivitäten der Zweidrahtleitung
Quelle 1' ZQ
1
ISt 2
ISt 1
Empfänger 2'
UESt
dΦ2 dt
ZE
2
Erdschleife dΦ1 dt I PE1-2 . Z kopp
Schutzerdung der Quelle
PE1
PE2
I PE1-2 UStind
RSL
L SL
= Z kopp Koppel-Impedanz der Schutzerdung
Schutzerdung des Empfängers
Abb. 15.15. Erdschleife infolge Mehrfacherdung
530
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
So wird in der Erdschleife, die sich zwischen den Punkten P E1, 1, 2 und P E2 aufspannt, eine St¨orspannnung UStind induziert, wenn die zeitli1 ¨ che Anderung des magnetischen Flusses ∂Φ ∂t ungleich Null ist. Selbst bei ∂Φ2 ge¨ offneter Erdschleife kann infolge ∂t = 0 eine weitere St¨orspannung zwischen den Signalleitungen (1 − 2) und (1 − 2 ) induziert werden. Die ist eine Gegentaktst¨orung. Zur Unterscheidung von Gleich- und Gegentaktst¨orungen ist anzumerken: • •
Gleichtaktst¨ orungen (common mode noise voltage) Es handelt sich dabei um St¨orspannungen zwischen den Signalleitungen und Masse (zur mathematischen Definition siehe Gl. (7.18)). Gegentaktst¨ orungen (differential mode noise voltage) Diese St¨ orspannungen treten zwischen den Signalleitungen auf.
Gegenmaßnahmen gegen Erdschleifen • •
•
Auftrennen der Erdschleife, d. h. nur einseitige Erdung. Vorsicht: Dies widerspricht oft den g¨ ultigen Sicherheitsbestimmungen, die in jedem Fall einzuhalten sind! Trenntransformator in die Signalleitung einbauen. Beide eben genannten Maßnahmen verlieren bei hohen Frequenzen wegen der stets vorhandenen Streukapazit¨aten, die dann zunehmend als Kurzschluss wirken, an Wirkung. Potentialtrennung durch Optokoppler. Diese wirkungsvolle Maßnahme wird sehr oft bei speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) eingesetzt.
Gegenmaßnahmen gegen induktive Gegentaktst¨ orungen Gegen induktive Einkopplungen zwischen den Signalleitungen (Φ2 in Abb. 15.15) helfen verdrillte Signalleitungen (Twisted-Pair-Leitungen). Gegenmaßnahmen gegen Gleichtaktst¨ orungen Die Verwendung von Differenzverst¨arkern, insbesondere von Instrumentenverst¨ arkern (Kap. 7.2.2), unterdr¨ uckt Gleichtaktst¨orungen weitgehend. Voraussetzung ist allerdings, dass Signaleing¨ange beim Empf¨anger erd- bzw. massefrei angelegt werden k¨onnen. Weiterhin muss die Eingangsimpedanz des Differenzverst¨ arkers groß gegen¨ uber der Innenimpedanz der Quelle sein.
15.2 Basis-Hardware zur Messdatenerfassung
531
15.2.4 Serielle Schnittstellen Serielle Schnittstellen, wie z. B. die Standardschnittstellen RS232 bzw. RS422 geh¨ oren zur Standardhardware-Ausstattung eines jeden Rechners. Sie erlau¨ ben den einfachen Anschluss von Peripherieger¨aten an diesen Rechner. Uber die serielle Schnittstelle k¨onnen sowohl Befehle zur Ger¨atesteuerung abgesetzt werden als auch Daten vom Messger¨at in den Rechner transferiert werden. Infolge der seriellen Daten¨ ubertragung ist die Daten¨ ubertragungsrate jedoch relativ niedrig. Die Verwendung serieller Schnittstellen in der Messdatenerfassung wird in Kap. 16.1 bis 16.6 beschrieben. 15.2.5 Parallelbussysteme Ein Bussystem ist ein aus parallelen Leitungen bestehender elektrischer Verbindungsweg f¨ ur digitale bzw. auch analoge Daten mit fest vereinbarten ¨ Hardware-Komponenten, Signalpegeln und Ubertragungsprotokollen. Im Vergleich zu seriellen Schnittstellen sind Parallelbussysteme aufgrund der parallelen Daten¨ ubertragung wesentlich leistungsf¨ahiger, speziell in bezug auf die Datentransferrate. Sie erfordern jedoch den Einbau einer dedizierten Schnittstellenkarte, auf der ein entsprechender Schnittstellen-Controller arbeitet. Der IEC-Bus ist ein solches Bussystem, das mittlerweile auf dem Gebiet der rechnergesteuerten Messdatenerfassung zum Industriestandard avanciert ist. Nachdem inzwischen auch viele autonom arbeitende Messger¨ate, wie z. B. Digital-Multimeter und Spektrumanalysatoren, mit diesem Standard-Interface ausgestattet werden, lassen sich solche Ger¨ate mittels eines Rechners auf elegante Weise steuern bzw. zu kompletten Messsystemen zusammenschalten. Dabei kann die gesamte Bedienung der Messger¨ate vom Rechner aus erfolgen (s. Kap. 16.7). 15.2.6 Datenlogger Eine weitere M¨oglichkeit der Anbindung von Prozessen an Rechner sind sog. Datenlogger. Diese nehmen vor Ort Prozessdaten auf und speichern diese, um sie nach anschließendem Transport des Ger¨ates via serieller oder paralleler Schnittstelle (z.B. IEC-Bus) offline dem Rechner zu u ¨ bergeben. Dieser Datentransport kann auch mit Hilfe eines Modems u ¨ ber das ¨offentliche Telefonnetz oder via Internet geschehen.
532
15 Grundlagen der Rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung
15.3 Grundtypen des Datentransfers Der Datentransfer zwischen den peripheren Messger¨aten und dem Rechner kann auf folgende Arten erfolgen: 1. Abfrage (Polling) Bei dieser Kommunikationsmethode startet der Rechner die Datenerfassung in einem Peripherieger¨at und wartet anschließend auf dessen Fertigmeldung. Danach k¨onnen die Daten vom Rechner u ¨ bernommen werden. Vorteil: - einfach zu implementieren Nachteil: - Rechner ist bis zur Fertigmeldung blockiert 2. Interrupt-Methode Der Rechner arbeitet nach dem Starten des Peripherieger¨ates im gerade aktuellen Programm weiter, bis das Ger¨at als Fertigmeldung ein InterruptSignal liefert. Das Interrupt-Signal bewirkt die von der Interrupt-ServiceRoutine gesteuerte Daten¨ ubernahme. Danach erfolgt ein R¨ ucksprung an ¨ das unterbrochene Programm. Ublicherweise werden f¨ ur verschiedene Interrupts gestufte Priorit¨atsebenen festgelegt. Vorteile: - unverz¨ ugliche Reaktion auf Triggerereignisse - im Gegensatz zum Polling keine Blockierung des Steuerrechners zwischen den Einlesephasen Nachteil: - Betriebssystem muss echtzeitf¨ahig sein bzw. zumindest die einwandfreie Interruptverarbeitung gestatten 3. Direct Memory Access (DMA) Bei dieser Methode wird der Datentransfer von einem sog. DMA-Controller ohne Beteiligung der CPU (abgesehen von der Initialisierung des Transfers) gesteuert. Die Daten gelangen dabei direkt in den Arbeitsspeicher des Rechners. Vorteil:
- schneller Datentransfer
¨ Nachteile: - keine zwischenzeitliche Uberpr¨ ufung der Daten - gr¨oßerer Hardwareaufwand (z. B. Speicher im Peripherieger¨at). - direkte Verbindung zum Rechnerbus erforderlich
16 Messdatenerfassung im Labor
Bei der computergesteuerten Messdatenerfassung nutzt man im Wesentlichen zwei M¨ oglichkeiten, digitale Signale zu u ¨ bertragen, n¨amlich u ¨ ber Punkt-zuPunkt-Verbindungen oder u ¨ ber Bussysteme. Bei den Punkt-zu-PunktVerbindungen sind zwei Teilnehmer, beispielsweise ein Messger¨at und ein Steuerrechner, u ¨ ber eine bidirektionale Datenleitung verbunden. An Bussysteme hingegen lassen sich stets mehrere Teilnehmer gleichzeitig anschließen. ¨ Bei den Bussystemen wird je nach Form der Ubertragung, die bitseriell oder bitparallel erfolgen kann, zwischen dem seriellen Bus und dem Parallelbus ¨ unterschieden. Tabelle 16.1 soll einen Uberblick u ¨ ber die wichtigsten im Rahmen der computerunterst¨ utzten Messdatenerfassung und Messwertverarbeitung genutzten Standardschnittstellen geben. Auf die in der Messtechnik am h¨ aufigsten verwendeten Schnittstellen, z. B. die serielle RS232-Schnittstelle oder die parallele IEC-Bus-Schnittstelle, wird in den folgenden Abschnitten n¨ aher eingegangen. Weiterhin wird der derzeitige Stand der Feldbussysteme besprochen. Tabelle 16.1: Computer-Schnittstellen in der Messdatenerfassung RS232
Punkt-zu-Punkt-Verbindung, serielle Daten¨ ubertragung mit 19200 Bit/s bei max. 20 m, d. h. max. ca. 2000 Zeichen/s (in der Praxis jedoch wird die RS232C-Schnittstelle abweichend von ¨ der Norm auch mit h¨ oherer Ubertragungsrate (38400 Bit/s) bzw. ¨ f¨ ur l¨ angere Ubertragungswege genutzt), Parit¨ atspr¨ ufung m¨ oglich, Synchronisation von Sender und Empf¨ anger mittels Soft- oder Hardware-Handshake.
RS422 (RS485)
Serielle Schnittstelle, differentielle Signal¨ ubertragung und damit ¨ h¨ ohere St¨ orsicherheit, max. Ubertragungsdistanz: 1200 m, bis 10 (32 bei RS485) Teilnehmer m¨ oglich, Daten¨ ubertragungsrate bis zu 12 MBit/s (siehe auch Tab. 16.6).
USB
(Universal Serial Bus) serielle Busverbindung, Daten¨ ubertragung mit bis zu 480 MBit/s bei einer maximalen Distanz von 5 m, die durch Einf¨ ugen von Repeatern auf bis zu 30 m erweitert werden kann; max. 127 Teilnehmer.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_16
534
16 Messdatenerfassung im Labor
IEC-Bus
(auch IEEE488, HP-IB bzw. GPIB) Bussystem mit einem Controller (im Normalfall der Steuerrechner), Talkern und Listenern, max. 15 Ger¨ ate anschließbar (29 bei Verwendung eines Bus¨ Expanders), Ubertragungsdistanzen: von Ger¨ at zu Ger¨ at max. 2 m, total max. 20 m, Daten¨ ubertragungsrate: typ. 500 kByte/s, max. 1 MByte/s.
VME-Bus
(VERSA Module Europe) Mikrorechner-Bus f¨ ur Datenwortbreiten bis zu 32 Bit, der auf u ¨ blichen Europakarten-Steckverbindern basiert, Daten¨ ubertragungsrate: max. 24 MByte/s.
VXI-Bus
(VME Bus Extensions for Instrumentation) Um den Steckverbinder P3 erweiterter VME-Bus mit Versorgungsleitungen, Taktleitungen (bis 100 MHz), Trigger-Leitungen und Leitungen f¨ ur lokale Teilbusse. Die Steuerungs- und Kommandostruktur orientiert sich am IEC-Bus-Standard, d. h. eine Mischung von VME-, VXI- und IEC-Bus-Modulen in einem Messsystem ist m¨ oglich, Daten¨ ubertragungsrate: max. 40 MByte/s.
PXI-Bus
(PCI Extension for Instrumentation) auf dem PCI-Bus (PCI=Peripheral Component Interconnect) basierendes Bussystem mit bis zu 64 Bit Datenbreite, Datentransferrate bis zu 528 MByte/s, max. 31 Ger¨ ate anschließbar, Triggerleitungen und Leitungen f¨ ur lokalen Bus analog zum VXI-Bus vorhanden.
Computer Application for Measurement and Control (Euratom 1969). Ein Bussystem, welches zun¨ achst f¨ ur die Belange der europ¨ aischen Kernforschungseinrichtungen entwickelt wurde, jedoch auch f¨ ur andere Prozessautomatisierungsaufgaben eingesetzt wird. ¨ bis zu 400 MBit/s; Fire Wire Standard-PC-Schnittstelle; Ubertragungsraten max. 63 Teilnehmer; bidirektionaler Datenfluss; max. Entfernung (i.Link, ange: 72 m; paketIEEE 1394) zwischen 2 Teilnehmern: 4, 5 m; max. Gesamtl¨ orientierte Daten¨ ubertragung; flexibles 6-adriges Kabel, davon 4 Datenleitungen und 2 f¨ ur Stromversorgung. Der neue Standard ¨ IEEE 1394b wird Ubertragungsraten von bis zu 3, 2 GBit/s erlauben.
CAMAC
Alle diese Digital-Schnittstellen bestehen aus normgem¨aß abgestimmten Verdrahtungs- und Logiksystemen, die den Ablauf der Datenverbindungen steuern. Diese m¨ ussen in jedem einzelnen Ger¨ at, welches an die jeweilige Schnittstelle angeschlossen ist, implementiert sein. Ein wesentliches Ziel ist es dabei, die Ger¨ ate verschiedener Hersteller mittels solcher Schnittstellen st¨orungsfrei zu verbinden. Mit Hilfe von sog. Schnittstellenwandlern lassen sich Standardschnittstellen ineinander konvertieren. So gibt es beispielsweise standardisierte Schnittstellenwandler, die serielle RS232-Schnittstellensignale in IEC-BusSchnittstellensignale umsetzen.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
535
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle) F¨ ur die serielle Daten¨ ubermittlung stehen mehrere Standardschnittstellen zur Verf¨ ugung, deren Normung von zwei Beh¨orden, n¨amlich dem CCITT = Comit´e Consultatif International T´el´egraphique et T´el´ephonique (Internationales Standardisierungsgremium im Fernmeldebereich) sowie der EIA = Electronic Industry Association (Nationales Normungsinstitut der USA), vorgenommen wurde. Die im Rahmen der Messdatenerfassung interessanten seriellen Schnittstellen sind: • • • •
CCITT-Empfehlung V.24 entspricht der US-Norm EIA RS232C CCITT-Empfehlung V.11 entspricht der US-Norm EIA RS422A CCITT-Empfehlung V.10 entspricht der US-Norm EIA RS423A Strom-Schnittstelle; auch als Linienstrom-, 20 mA-, Current-Loopoder TTY-Schnittstelle bezeichnet.
¨ Die maximale Leitungsl¨ange betr¨agt 1000 m und die h¨ochste Ubertragungsrate 9,6 kBit/s. Die ebenfalls genormte RS485-Schnittstelle entspricht der RS422ASchnittstelle mit dem Unterschied, dass 32 anstatt 10 Teilnehmer angeschlossen werden k¨onnen. Die Unterschiede bez¨ uglich der beiden wichtigsten Schnittstellen, der RS232C und der RS422A, sind in Tab. 16.6 dargestellt. Urspr¨ unglich wurde die RS232C-Schnittstelle f¨ ur Daten¨ ubertragungseinrichtungen, den Modems (Modulator/Demodulator), zur Daten¨ ubermittlung auf Telefonleitungen vorgesehen. Heute dient sie vorwiegend der Kopplung von Digitalrechnern mit Peripherieger¨aten. Die US-Norm RS232C (Recommended Standard Number 232, Revision C) beschreibt sowohl die elektrischen als auch die funktionellen Eigenschaften der Schnittstelle. Die Nutzung der RS232CSchnittstelle im Rahmen von Messdatenerfassungsaufgaben bietet vor allem einen Kostenvorteil, da diese Schnittstelle in den verwendeten Digitalrechnern in der Regel vorhanden ist. Als Nachteil muss die geringe Daten¨ ubertragungsrate angef¨ uhrt werden, die sich insbesondere beim Transfer gr¨oßerer Datenmengen, z. B. den oft umfangreichen Datens¨atzen von DigitalspeicherOszilloskopen, negativ bemerkbar macht. ¨ 16.1.1 Ubertragungsmedien Zum Aufbau von seriellen Daten¨ ubertragungsstrecken verwendet man vorwiegend verdrillte Leitungspaare (Twisted-Pair-Leitungen), Koaxialkabel oder auch Lichtwellenleiter. W¨ahrend die kostenintensiven Lichtwellenleiter in be¨ zug auf Bandbreite und u uckbare Distanz ausgezeichnete Ubertragungs¨ berbr¨ m¨ oglichkeiten bieten, beschr¨anken sich die verdrillten Leitungen auf m¨aßige Bandbreite und Entfernung. Sie sind daf¨ ur aber wesentlich preisg¨ unstiger. ¨ Die Koaxialkabel stellen bei der Nutzung der Ubertragung im Basisband eine Kompromissl¨osung dar (Tab. 16.2).
536
16 Messdatenerfassung im Labor ¨ Tabelle 16.2. Ubertragungsmedien in der Messdatenerfassung
¨ Ubertragungsu uckbare St¨ oranf¨ alligkeit Kosten ¨ berbr¨ bandbreite Distanz Koaxialkabel (Basisband) 10 MBit/s < 200 m + + ++ + verdrillte Leitungspaare 1 GBit/s < 20 m (Twisted-Pair-Leitungen) + − −/+ + + + Lichtwellenleiter 40 GBit/s km-Bereich (LWL) + + + ++ + + + − − −
16.1.2 Leitungsbelegung und Steckerverbindung der RS232C-Schnittstelle Abbildung 16.1b zeigt die Belegung des im Allgemeinen verwendeten 25poligen Subminiatur-Steckers vom Typ Cannon 7529 mit den wichtigsten Signalen. In der Praxis werden RS232C-Schnittstellen f¨ ur Rechnerverbindungen in der in Abb. 16.1a gezeigten Konfiguration verwendet, die auch von den meisten seriellen Interface-Bausteinen unterst¨ utzt wird. Zu dieser Konfiguration geh¨ oren die in Tab. 16.3 angef¨ uhrten Signalleitungen. Die RS232C-Schnittstellenleitungen lassen sich nach ihrer Funktion in die folgenden Gruppen untergliedern, deren wichtigste Vertreter im Folgenden kurz erl¨ autert werden: •
Betriebserde und R¨ uckleiter – PG (Protective Ground) Schutzerde (Stift 1): Die Schutzerde wird mit dem Geh¨ause und dem Schutzleiter der beiden ¨ gekoppelten Ubertragungseinrichtungen verbunden. Betriebserde und Schutzerde m¨ ussen voneinander isoliert sein. – SG (Signal Ground) Betriebserde (Stift 7): Die Betriebs- oder Signalerde liegt auf einem Spannungspegel von 0 V. Tabelle 16.3. Leitungen der RS232C-Schnittstelle
Leitungstyp
Bedeutung und Leitungsnummer
Masse und R¨ uckleiter Schutzerde (PG): 1; Signalerde (SG): 7 Datenleitungen Sendedaten (TxD): 2; Empfangsdaten (RxD): 3 Steuerleitungen Sendeteil einschalten (RTS): 4; DEE betriebsbereit (DTR): 20 Meldeleitungen Sendebereitschaft (CTS): 5; Betriebsbereitschaft (DSR): 6; Rufanzeige (RI): 22; Empfangssignalpegel (DCD): 8 ¨ (DCE): 15; Taktleitungen Sendeschrittakt von DUE ¨ (DTE): 24; Sendeschrittakt zur DUE ¨ (DCE): 17 Empfangsschrittakt von DUE
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
537
(1) Schutzerde, Protective Ground (PG) (2) Sendedaten, Transmitted Data (TxD) (3) Empfangsdaten, Received Data (RxD) (4) Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS) (5) Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS) (6) Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR) Rechner (DEE =DTE)
(7) Betriebserde, Signal-GND (SG) (8) Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD) (20) DEE betriebsbereit, Data Terminal Ready (DTR)
Peripheriegerät (DÜE =DCE) z. B. Modem
(15) Sendeschrittakt von DÜE (17) Empfangsschrittakt von DÜE (22) Rufanzeige, Ring Indicator (RI ) (24) Sendeschrittakt zur DÜE
a)
Sendeschrittakt zur DÜE Rufanzeige, Ring Indicator (RI) DEE betriebsbereit, Data Terminal Ready (DTR) Empfangsschrittakt von DÜE Sendeschrittakt von DÜE
13 24 22 20 8 7 6 17 5 4 15 3 2 1
Empfangssignalpegel, Data Carrier Detect (DCD) Betriebserde, Signal-GND (SG) Betriebsbereitschaft, Data Set Ready (DSR) Sendebereitschaft, Clear To Send (CTS) Sendeteil einschalten, Request To Send (RTS) Empfangsdaten, Received Data (RxD) Sendedaten, Transmitted Data (TxD) Schutzerde, Protective Ground (PG)
b) Abb. 16.1. a) Leitungsbelegung bei der RS232C-Schnittstelle (die Zahlen beziehen sich auf den entsprechenden Stift des 25-poligen Steckers (DEE = Datenendeinrich¨ = Daten¨ tung (= DTE: Data Terminal Equipment), DUE ubertragungseinrichtung (= DCE: Data Communication Equipment)), b) 25-poliger Standard-RS232-Stecker vom Typ Cannon 7529
•
Datenleitungen – TxD (Transmit Data) Sendedaten (Stift 2): ¨ Uber diese Leitung werden der Empfangsstation die zu u ¨ bertragenden digitalen Daten als serieller Bitstrom zugef¨ uhrt. Die Daten¨ ubertragung ist aber nur dann m¨oglich, wenn sich die Steuerleitungen RTS und DTR (Stifte 4 und 20) sowie die beiden Meldeleitungen CTS und DSR (Stifte
538
16 Messdatenerfassung im Labor
5 und 6) im EIN-Zustand befinden. In den Sendepausen (idle state = Ruhezustand) befindet sich die TxD-Leitung im Zustand log. 1 . – RxD (Receive Data) Empfangsdaten (Stift 3): ¨ Uber diese Leitung empf¨angt die DEE den ihr zugef¨ uhrten seriellen Bitstrom. • Steuerleitungen – RTS (Request to Send) Sendeteil einschalten (Stift 4): Durch Setzen des RTS-Signals zeigt die Datenendeinrichtung (DEE), dass sie Daten u ubertragungseinrichtung ¨bertragen will und die Daten¨ ¨ (DUE) diese u ¨ bernehmen soll. Bei Verwendung eines Modems dient die RTS-Leitung der Steuerung des Modem-Sendeteils. Befindet sich die Leitung im EIN-Zustand, schaltet das Modem in den Sendezustand und verbleibt dort solange, bis die Leitung wieder in den AUS-Zustand wechselt. Die RTS-Leitung kann auch, z. B. bei einer direkten RechnerRechner-Kopplung, zusammen mit der CTS-Leitung als HandshakeLeitung (Abb. 16.7) benutzt werden (RTS/CTS-HardwareProtokoll). – DTR (Data Terminal Ready) DEE betriebsbereit (Stift 20): Der EIN-Zustand auf dieser Leitung signalisiert dem Modem, dass die DEE eingeschaltet und betriebsbereit ist. Geht die DTR-Leitung in ¨ den AUS-Zustand u ab¨ber, wird das Modem vom Ubertragungskanal geschaltet. • Meldeleitungen – CTS (Clear to Send) Sendebereitschaft (Stift 5): ¨ Uber diese Leitung zeigt das Modem der DEE seine Bereitschaft (EIN¨ Zustand) an, Daten von der DEE zu u ¨bernehmen und u ¨ber den Ubertragungskanal zu senden. – DSR (Data Set Ready) Betriebsbereitschaft (Stift 6): Auf dieser Leitung signalisiert das Modem der DEE durch den EIN¨ Zustand, dass es mit dem Ubertragungskanal verbunden und betriebsbereit ist. – DCD (Data Carrier Detect) Empfangssignalpegel (Stift 8): Der EIN-Zustand auf dieser Leitung zeigt der DEE an, dass der Emp¨ fangssignalpegel des Ubertragungskanals innerhalb bestimmter Toleranzgrenzen liegt. Wird die Kopplung zweier Ger¨ate durch eine direkte Kabelverbindung (ohne Zwischenschalten eines Modems und eines ¨ Ubertragungskanals) vorgenommen, zeigt die DCD-Leitung nach Aktivierung der beiden Schnittstellen an, ob die Kabelverbindung hergestellt ist oder nicht. • Taktleitungen F¨ ur die synchrone Daten¨ ubertragung stehen folgende Taktleitungen zur Verf¨ ugung: ¨ – Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt von der DUE (Stift 15): Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit dem die von der DEE kommenden Sendedaten (TxD) getaktet werden.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
539
¨ – Receiver Signal Element Timing, Empfangsschrittakt von der DUE (Stift 17): Das Modem liefert auf dieser Leitung das Taktsignal an die DEE, mit dem die vom Modem empfangenen Daten in Richtung DEE u ¨ber die Leitung RxD getaktet werden. ¨ (Stift – Transmitter Signal Element Timing, Sendeschrittakt zur DUE 24): Es handelt sich hierbei um das Taktsignal, mit dem die Sendedaten (TxD) aus der DEE in Richtung Modem getaktet werden. 16.1.3 Pegelfestlegung und deren logische Zuordnung Alle Signale der RS232C-Schnittstelle sind bipolare Spannungen, die u ¨blicherweise im Bereich von -15 V ... +15 V liegen. Der Bereich von -3 V ... +3 V ist ¨ der Ubergangsbereich, in dem der Signalzustand nicht definiert ist. 16.1.4 Logikdefinition f¨ ur Datenleitungen Ist die Spannung eines Signals auf einer Datenleitung (RxD, TxD) gegen¨ uber der Signalerde (SG) betragsm¨aßig gr¨oßer als 3 V und • •
negativ, so herrscht der Signalzustand log. 1 , auch als MARK (marking condition) oder Ruhezustand (idle state) bezeichnet. positiv, so herrscht der Signalzustand log. 0 , auch als SPACE (spacing condition) bezeichnet (Abb. 16.2).
+u + 15V log. '0' (SPACE) EIN-Zustand + 3V 0 - 3V
Übergangsbereich (undefiniert)
Potential von SG
t
log. '1' (MARK) AUS-Zustand Ruhezustand = idle state - 15V -u Abb. 16.2. Pegeldefinition bei der RS232C-Schnittstelle
540
16 Messdatenerfassung im Labor
16.1.5 Logikdefinition f¨ ur Steuer- und Meldeleitungen Ist die Spannung eines Signals auf einer Steuer- bzw. Meldeleitung gegen¨ uber der Signalerde (SG) im Betrag gr¨oßer als 3 V und • •
negativ, so herrscht der AUS-Zustand. positiv, so herrscht der EIN-Zustand.
16.1.6 Synchronisierung Die Synchronisierung zwischen Sender und Empf¨anger sorgt bei der seriellen Daten¨ ubertragung daf¨ ur, dass die Taktgeschwindigkeiten auf der Sende- und Empfangsseite u ¨bereinstimmen und auch der Anfang und das Ende des in Form eines seriellen Bitstromes u ¨ bertragenen Datenwortes vom Empf¨anger richtig erkannt werden. Dabei unterscheidet man zwischen synchroner und ¨ asynchroner Ubertragung: ¨ Asynchrone Ubertragung (Start-/Stop-Verfahren) Da bei der asynchronen Daten¨ ubertragung die Synchroninformation jedem u ugt wird, ben¨otigt man keine zus¨atzlichen Steuer¨ bertragenen Zeichen beigef¨ oder Taktleitungen. Der entsprechende asynchrone Zeichenrahmen setzt sich aus der in Abb. 16.3 gezeigten Bitfolge zusammen. Zwecks Fehlererkennung kann zus¨ atzlich zu den eigentlichen Datenbits sowie dem Start- und dem Stopbit ein Parit¨atsbit u ¨ bertragen werden. Dazu wird die im Zeichenrahmen befindliche Anzahl der logischen 1 auf eine gerade (even parity) bzw. eine un¨ gerade Anzahl (odd parity) aufgef¨ ullt. Dem Zeichenrahmen wird in der DUE und DEE durch Festlegen der gemeinsamen Baudrate das gleiche Zeitraster zugeordnet. Bei der Abtastung der Bits wird als Abtastrate ein Vielfaches ¨ der Ubertragungsgeschwindigkeit gew¨ahlt (Faktor 16, 32 oder 64). F¨ ur den asynchronen Betrieb ben¨otigt man h¨ochstens 9 Leitungen (Pins 1-8 und 20), da die Taktleitungen (15, 17 und 24) entfallen.
Abb. 16.3. Asynchroner Zeichenrahmen, bestehend aus: 1 Startbit, 5 ... 8 Datenbits (das LSB wird zuerst gesendet), evtl. 1 Parit¨ atsbit, 1, 1.5 oder 2 Stopbits
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
541
¨ Synchrone Ubertragung Bei der synchronen Daten¨ ubertragung werden mehrere Datenw¨orter zu einem Datenblock zusammengefasst und flankiert von Synchronzeichen u ¨ bertragen (Abb. 16.4). Dabei wird in der Regel das Zeichen SYN = 16 H (synchronous idle) zweimal zu Beginn eines jeden Blockes gesendet, w¨ahrend das Zeichen ETB = 17 H (end of transmission block) das Ende eines Blockes markiert. Am Ende einer Sendung steht das Zeichen EOT = 4 H (end of transmission). Zur Taktsynchronisierung wird das Taktsignal des Senders (Pin 24) genutzt.
. SYN SYN
Daten
ETB Pause SYN SYN ......
Abb. 16.4. Synchroner Zeichenrahmen
16.1.7 Handshake-Verfahren (Quittierungsverfahren) Zur Kontrolle der Daten¨ ubertragung, z. B. um die Empfangsbereitschaft des Empf¨ angers zu signalisieren, verwendet man die im Folgenden erl¨auterten Handshake-Verfahren, die sowohl in Software als auch in Hardware implementiert sein k¨onnen. Dies wird anhand einer DTE-DTE-Strecke, d. h. einer Rechner-Rechner-Verbindung, erl¨autert. Die beiden DTEs werden mit einem sog. Nullmodemkabel verbunden. Nullmodemkabel sind dadurch gekennzeichnet, dass die Leitungspaare (2,3), (4,5) und (6,20) gekreuzt sind. F¨ ur den Fall einer DTE-DCE-Strecke, d. h. einer Rechner-Modem-Verbindung, wird ein sog. Modemkabel verwendet, das nur direkt durchverbundene (keine gekreuzten) Leitungen aufweist [26]. 16.1.8 Software-Handshaking Beim Software-Handshaking werden bestimmte Steuerzeichen in den seriellen Bitstrom integriert. Die beiden gebr¨ auchlichsten Formen des SoftwareHandshakings sind: XON/XOFF-Protokoll Zu Beginn der Empfangsbereitschaft sendet der Empf¨anger ein XON-Zeichen (i. Allg. DC1 = 11 H). Daraufhin u ¨ bermittelt der Sender Daten, bis er vom Empf¨ anger durch ein XOFF-Zeichen (i.Allg. DC3 = 13 H) aufgefordert wird, den Datenstrom anzuhalten. Danach wartet der Sender auf das n¨achste XONZeichen des Empf¨angers, bevor er wieder Daten sendet. Die entsprechende Verdrahtung der Leitungen, die in Abb. 16.5 gezeigt wird, ist bez¨ uglich der ben¨ otigten Leitungen minimal (es werden nur drei Leitungen ben¨otigt).
542
16 Messdatenerfassung im Labor
DTE DTE 2 TxD TxD 2 3 RxD RxD 3 4 4 RTS RTS 5 5 CTS CTS DSR DSR 6 6 20 20 DTR DTR 8 8 DCD DCD 7 SG SG 7 Abb. 16.5. Leitungskonfiguration f¨ ur das XON/XOFF-Protokoll
ETX/ACK-Protokoll Bei diesem Protokoll werden Datenpakete definierter L¨ange u ¨ bertragen, wobei ¨ ein Uberlauf des Empf¨angerspeichers prinzipiell vermieden werden muss. Bei Empfangsbereitschaft wird die DTR-Leitung vom Empf¨anger auf log. 1 -Pegel gesetzt. Gleichzeitig wird vom Empf¨anger das Steuerzeichen ACK = 06 H gesendet, woraufhin der Sender das Datenpaket an den Empf¨anger schickt und mit ETX = 03 H abschließt. Nachdem der Empf¨anger die Daten verarbeitet hat, zeigt er seine erneute Empfangsbereitschaft mit ACK = 06 H an. Die Leitungskonfiguration, die diesem Protokoll zugrunde liegt, wird in Abb. 16.6 gezeigt. DTE TxD RxD RTS CTS DSR DTR DCD SG
2 3
6 20 7
4 5 8
DTE 2 TxD 3 RxD 4 RTS 5 CTS 6 DSR 20 DTR 8 DCD 7 SG
Abb. 16.6. Leitungskonfiguration f¨ ur das ETX/ACK-Protokoll
16.1.9 Hardware-Handshaking Beim Hardware-Handshaking wird die Kontrolle der Daten¨ ubertragung von der Schnittstellenhardware u ur das Leitungspaar RTS/CTS ¨ bernommen, die daf¨ zur Verf¨ ugung stellt. Beim Mehrdraht-Handshake mit RTS/CTS-Protokoll (Abb. 16.7) zeigt der empfangsbereite Partner seine Empfangsbereitschaft an, indem er seine RTS-Leitung in den EIN-Zustand versetzt. Die Leitung wird wieder in den AUS-Zustand zur¨ uckversetzt, wenn er keine Daten mehr aufnehmen kann, etwa weil der Empfangspuffer u ¨ berzulaufen droht. Der jeweilige Sender erkennt dies anhand des Zustandes (EIN/AUS) seiner CTSLeitung. Man beachte die gekreuzten Leitungspaare des in Abb. 16.7 verwendeten Nullmodemkabels.
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
DTE TxD RxD RTS CTS DSR DTR DCD SG
543
DTE 2 TxD 3 RxD 4 RTS 5 CTS 6 6 DSR 20 20 DTR 8 8 DCD 7 7 SG 2 3 4 5
Abb. 16.7. Leitungskonfiguration f¨ ur Hardware-Handshake
16.1.10 Hardware-Realisierung von seriellen Schnittstellen Die hardwarem¨aßige Realisierung von seriellen Schnittstellen erfolgt i. Allg. mit Hilfe von Standardschnittstellenbausteinen. Ein solcher Schnittstellenbaustein hat zun¨achst die wichtige Aufgabe, ankommende serielle Datenstr¨ome in parallele Datenw¨orter zu wandeln und an den Parallelbus des Rechners zu Parallel-Bus (interner Rechner-Bus)
Daten
Transmitter
Receiver
Serieller Ausgang (TxD)
Serieller Eingang (RxD) Empfangstakt
Steuersignale
Taktsignal
.....
gemeinsame Taktleitung Sende/EmpfangsSteuerung
Zustandskontrolle
Taktgenerierung Synchronisierung
Abb. 16.8. Prinzipschaltbild eines Universal Asynchronous Receiver Transmitters (UART)
544
16 Messdatenerfassung im Labor
u ¨ bergeben bzw. umgekehrt von dort kommende parallele Datenw¨orter in serielle Datenstr¨ome zu wandeln und an den seriellen Ausgang der Schnittstelle zu senden. Das Prinzipschaltbild eines solchen Schnittstellenbausteins, der auch als UART (Universal Asynchronous Receiver Transmitter) bezeichnet wird, ist in Abb. 16.8 zu sehen. Daneben gibt es auch Bausteinvarianten, die zus¨atzlich die synchrone Daten¨ ubertragung erlauben. Es handelt sich dabei um sog. USARTs (Universal Synchronous and Asynchronous Receiver Transmitter). Als Beispiel f¨ ur einen in der Praxis oft eingesetzten USART soll hier der
D7 ... D0
Datenbuspuffer
Sendepuffer
Reset CLK C/D RD WR
LeseSchreibSteuerlogik
Sendesteuerung
TxRDY TxE TxC
Modemsteuerung
Empfangspuffer
RxD
Empfangssteuerung
RxRDY RxC Syndet
DTR RTS
a)
b)
CS DSR CTS
interner Datenbus
D2 D3 RxD Gnd D4 D5 D6 D7 TxC WR CS C/D RD RxRDY
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14
8251
28 27 26 25 24 23 22 21 20 19 18 17 16 15
TxD
D1 D0 Vcc RxC DTR RTS DSR Reset CLK TxD TxEmpty CTS Syndet TxRDY
Abb. 16.9. Universal Synchronous Asynchronous Receiver Transmitter USART 8251: a) Blockschaltbild, b) Pinbelegung
16.1 Die serielle RS232C-Schnittstelle (V.24-Schnittstelle)
545
Chip 8251 der Firma Intel besprochen werden. Dieser in NMOS-Technologie gefertigte Peripheriebaustein wird als Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler u. a. auf Boards der 8086-Mikroprozessor-Familie verwendet. Seine Ein- und Ausg¨ ange sind TTL-kompatibel. Das Blockschaltbild des 8251 sowie die Pinbelegung seines 28-Pin-Standardgeh¨auses werden in Abb. 16.9 gezeigt. Dieser Baustein erm¨oglicht die folgenden Betriebsarten: Tabelle 16.4. Signale des Bausteins USART 8251 Bezeichnung Bedeutung/Aufgaben der Signalleitung ProzessorSchnittstelle: D0 ... D7 RD WR C/D Reset CLK CS
bidirektionaler Datenbus; es werden auch Statusinformationen, Steuer- und Kommandow¨ orter u ¨ bertragen Lesesignal Schreibsignal Auswahl des Steuerregisters (Control/Data): C/D = 0 : Daten; C/D = 1 : Kommando, Status R¨ ucksetzeingang TTL-Takteingang Bausteinauswahl-Eingang (Chip Select)
Serielle DatenSchnittstelle: RxD T xD
Empfangsdaten Sendedaten
Modemsteuerung: RT S CT S DT R DSR
Sendeaufforderung (Request to Send) Sendebereitschaft (Clear to Send) Datenstation bereit (Data Terminal Ready) ¨ bereit (Data Set Ready) DUE
Sendesteuerung: T xRDY T xE T xC
Sender bereit (Transmitter Ready) Sendepuffer leer (Transmitter Empty) Sendetakt (Transmitter Clock)
Empfangssteuerung: RxRDY RxC Syndet
Empf¨ anger bereit (Receiver Ready) Empfangstakt (Receiver Clock) Synchronisationserkennung (SYNC Detect) f¨ ur Synchronbetrieb
546
•
•
• •
16 Messdatenerfassung im Labor
Asynchronbetrieb: 5 bis 8 Bit Wortl¨ange, Baudratenfaktor (1, 16, 64), programmierbar 1, 1.5 oder 2 Stop-Bits. Die Synchronisierung erfolgt durch die fallende Flanke des Startbits. Synchronbetrieb: 5 bis 8 Bit Wortl¨ange, interne oder externe Zeichensynchronisierung, automatisches Einf¨ ugen von SYN-Zeichen zur Markierung des Datenstrombeginns Baudrate bis 9,6 kBit/s ¨ Fehlererkennung durch Parit¨ats- und Uberlaufpr¨ ufung.
In Tab. 16.4 ist die Bedeutung der im Blockschaltbild (Abb. 16.9a) bzw. bei der Pinbelegung (Abb. 16.9b) gezeigten Leitungen stichwortartig erl¨autert. Weitere Details zur Hardware sowie zur Programmierung dieses Bausteins finden sich in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z. B. in [146].
16.2 Kenngr¨ oßen der seriellen Datenu ¨ bertragung Im Folgenden sollen die wichtigsten Kenngr¨oßen der seriellen Daten¨ ubertragung erl¨ autert werden. Diese sind: • • • •
Schrittgeschwindigkeit (Baudrate) ¨ ¨ Ubertragungsgeschwindigkeit (Ubertragungsrate) Zeichengeschwindigkeit Wirkungsgrad (Datendurchsatz).
Die Schrittgeschwindigkeit vS (Baud = Bit/s) gibt die Anzahl der Kennzustandswechsel pro Sekunde an und entspricht dem Reziprokwert der Bitzeit TS , die oft mit der Schrittdauer identisch ist vS =
1 . TS
(16.1)
Die Zeichengeschwindigkeit vZ (Zeichen/s) gibt die effektive Leistung einer Daten¨ ubertragungseinrichtung an, d. h. die Anzahl der pro Sekunde u ¨ bertragenen Zeichen 1 1 vS vZ = . (16.2) = = TZ ZTS Z Dabei bezeichnet Z die Anzahl der Einheitsschritte in einem Zeichenrahmen und TZ die Dauer eines Zeichenrahmens. ¨ Die Ubertragungsgeschwindigkeit vU ¨ (Bit/s) gibt die Anzahl der pro Sekunde u ¨ bertragenen Bits an. Im Falle bin¨arer Codierung (n = 2 Kennzust¨ ande) entspricht sie der Schrittgeschwindigkeit, w¨ahrend f¨ ur n > 2 folgende Definitionsgleichung zu beachten ist vU¨ = vS ld n = ZvZ ld n
(16.3)
16.3 Die RS485-Schnittstelle
mit ld n =
lg n . lg 2
547
(16.4)
Dabei bezeichnet n den Kennzustand. Der Wirkungsgrad nU ur die asynchrone Da¨ (Datendurchsatz) ist f¨ ten¨ ubertragung wie folgt definiert nU¨ =
Datenbits . Startbit + Datenbits + Parit¨atsbit + Stopbits
(16.5)
16.3 Die RS485-Schnittstelle Die RS485-Schnittstelle hat in den letzten Jahren f¨ ur das Gebiet der Messda¨ tenerfassung gr¨oßte Bedeutung erlangt, da sie sich zunehmend als Ubertragungsmedium f¨ ur die industriellen Feldbussysteme (s. auch Kap. 17.10) durchsetzt. Die RS485-Schnittstelle entspricht weitgehend der bereits erw¨ahnten RS422A-Schnittstelle. Das elektrische Grundprinzip ist bei beiden identisch. Sie arbeiten nach dem differentiellen Prinzip mit einem Spannungspegel von ±5 V . W¨ahrend jedoch die RS422A-Schnittstelle f¨ ur Punkt-f¨ ur-PunktVerbindungen ausgelegt ist, ¨ahnlich dem RS232C-Interface, wird die RS485Schnittstelle hingegen zum Aufbau von Mehrpunktverbindungen genutzt, d.h. es k¨ onnen mehrere Teilnehmer an eine RS485-Verbindungsleitung angeschlossen werden. Es handelt sich also um ein serielles Bussystem. Die wichtigsten Unterschiede zwischen RS232C- und RS485-Schnittstelle sind in den Tabn. 16.5 bis 16.7 festgehalten. Tabelle 16.5. Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS232C log. 0 log. 1
+3 V < U < +15 V −15 V < U < −3 V
Tabelle 16.6. Vergleich der seriellen Schnittstellen RS232C und RS422A (RS485) RS232C max. Leitungsl¨ ange
20 m (19,2 kBit/s) 900 m (1,2 kBit/s) ¨ max. Ubertragungsgeschwindigkeit 19,2 kBit/s) min. Eingangsspannung des 3V Empf¨ angers (single-ended) Versorgungsspannung ±15 V
RS422A (RS485) 1,2 km (100 kBit/s) 12 MBit/s (20 m) 200 mV (differentiell) ±5 V
548
16 Messdatenerfassung im Labor
Tabelle 16.7. Pegeldefinitionen bei der seriellen Schnittstelle RS422A (RS485) Sender log. 0 log. 1
+1, 5 V ≤ U < +5 V −5 V ≤ U < −1, 5 V
Empf¨ anger U > + 0,2 V U < -0,2 V
An eine RS485-Leitung k¨onnen bis zu 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Es existieren zwei Versionen von Verdrahtungen, die aus einer bzw. zwei TwistedPair-Leitungen bestehen: 16.3.1 Eine Twisted-Pair-Leitung Die Kommunikation geht in beiden Richtungen u ¨ ber eine einzige Doppelleitung (Abb. 16.10), d. h. es wird im Halbduplex-Betrieb gearbeitet. Alle Teilnehmer haben Tristate-Ausgangsstufen [182]; ihr Eingangswiderstand betr¨agt 12 kΩ. Die Doppelleitung ist an ihren Enden mit einem Abschlusswiderstand (Rt = 120 Ω) reflexionsfrei abgeschlossen.
R t = 120 Ω
R t = 120 Ω
.....
Abb. 16.10. RS485-Schnittstelle im Halbduplex-Betrieb
16.3.2 Zwei Twisted-Pair-Leitungen In diesem Fall braucht der Master keine Tristate-Ausgangstreiberstufe, da die Slaves unabh¨ angig vom Master u ¨ber das zweite Twisted-Pair-Kabel senden. ¨ Generelle Vorteile der differentiellen (erdfreien) Ubertragung ist ihre wesentlich geringere St¨oranf¨alligkeit gegen¨ uber unterschiedlichen Erdpotentialen der verschiedenen Teilnehmer und sonstigen Gleichtaktst¨orungen. Dies in Verbindung mit dem beidseitigen reflexionsfreien Leitungsabschluss erlaubt
16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C)
549
Datenraten von 12 MBit/s bei Distanzen von ca. 20 m. Die maximale Distanz innerhalb eines Segments betr¨agt 1,2 km bei Datenraten von etwa 100 kBit/s. Neueste Chiptechnologien erlauben mittlerweile 25 MBit/s. Abbildung 16.11 zeigt die in der Praxis eingesetzte Schaltung, die mit unipolarer Spannungsversorgung (+5 V) auskommt. 5V
R1 = 390 Ω Rx R2 = 220 Ω
Tx
R3 = 390 Ω
Abb. 16.11. Schaltung einer RS485-Schnittstelle
16.4 Die 20 mA-Stromschleife Neben der in der Elektrotechnik wegen ihrer hohen St¨orsicherheit oft eingesetzten analogen 20 mA-Stromschleife gibt es in der Kommunikationstechnik ¨ auch eine digitale 20 mA-Stromschleife zur Ubertragung von bin¨aren Signalfolgen. Die entsprechenden Signalpegel sind in Tab. 16.8 enthalten. Die maximale Leitungsl¨ ange betr¨agt 1000 m bei 9,6 kBit/s. Tabelle 16.8. Pegeldefinitionen bei der 20 mA-Stromschleife log. 0 log. 1
0 mA ≤ I ≤ 3 mA 14 mA ≤ I ≤ 20 mA
16.5 Inter Integrated Circuit (I2 C) Der Inter Integrated Circuit, auch I2 C genannt, ist ein synchrones serielles Datenbussystem, das von der Firma Philips in den 1980er Jahren entwickelt
550
16 Messdatenerfassung im Labor
wurde. H¨ aufig wird dieses Bussystem zur ger¨ateinternen Kommunikation zwischen einzelnen Bausteinen eingesetzt. Aus lizenzrechtlichen Gr¨ unden wird der I2 C Bus bei der Firma Atmel als TWI (Two Wire Interface) bezeichnet. Beide Systeme sind jedoch identisch. Mittlerweile existiert das Bussystem in ¨ der sechsten Generation, womit Ubertragungsraten von 5 MHz m¨oglich sind. Eine detaillierte Beschreibung des I2 C Standards kann [82] entnommen werden. Allgemeine technische Daten: Der I2 C Bus besitzt eine einfache MasterSlave Struktur. Der Datentransfer wird durch den Master eingeleitet, welcher daraufhin mit dem adressierten Slave kommuniziert. Ein Multimasterbetrieb ist prinzipiell m¨oglich, wobei ein angesprochener Master dann als gew¨ ohnlicher Slave arbeitet. Das Bussystem besteht aus Datenleitung, Taktleitung und einer Leitung f¨ ur die Versorgungsspannung. Die Busteilnehmer besitzen einen Open-Collector-Ausgang, was bei der vereinbarten positiven Logik in einer Wired-AND Schaltung der einzelnen Busteilnehmer resultiert (siehe Abb. 16.12). VDD Pull-up Widerstände
Data Clock
Master
Slave
Clock IN
Data IN
Clock IN
Data IN
Clock OUT
Data OUT
Clock OUT
Data OUT
Abb. 16.12. Anschluss der Busteilnehmer an den I2 C Bus
Daten¨ ubertragung: Die Taktrate wird vom Master vorgegeben. Ist sie jedoch f¨ ur einen Teilnehmer zu hoch, so kann der entsprechende Slave zwi¨ schen der Ubertragung einzelner Bits die Taktleitung auf dem Low-Pegel halten (Clock-Stretching) und damit den Master bremsen. Der Master gibt demnach die maximal m¨ogliche Taktrate vor, die tats¨achliche Frequenz orientiert sich allerdings am langsamsten Busteilnehmer. Prinzipiell gibt es keine minimale Taktrate, allerdings kann es durchaus sein, dass bestimmte Busteilnehmer eine minimale Taktfrequenz ben¨otigen. Als High-Pegel wird ein Spannungswert von mindestens 0,7 VDD , als Low-Pegel ein Spannungswert von maximal 0,3 VDD interpretiert. Einzelbits werden als g¨ ultig akzeptiert, wenn sich der logische Pegel w¨ahrend einer Clock-High-Phase nicht ¨ andert. Ausnahmen davon sind die sog. Steuerbits (z.B. Startbit,
16.6 Die USB-Schnittstelle
551
Stopbit). Eine fallende Flanke auf der Datenleitung w¨ahrend einer ClockHigh-Phase wird als Startbit, eine steigende Flanke auf der Datenleitung w¨ ahrend einer Clock-High-Phase als Stopbit interpretiert. Ein Datenpaket besteht aus acht Datenbits sowie einem Acknowledgement-Bit, welches vom Slave w¨ahrend der neunten Clock-High-Phase durch einen Low-Pegel auf der Datenleitung gesendet wird. Der Slave muss den Low-Pegel an der Datenleitung anlegen, bevor das Clock Signal auf High ist, um zu vermeiden, dass die restlichen Busteilnehmer ein Startbit erkennen. Kommunikationsprotokoll: Zu Beginn der Kommunikation sendet der Master ein Byte, wobei die ersten sieben Bits der Adressierung des angesprochenen Slaves dienen. Das achte Bit ist ein Read/Write-Bit und signalisiert dem angesprochenen Slave, ob er Daten empfangen (Low-Pegel) oder Daten senden (High-Pegel) soll. Die 7-Bit-Adressierung erlaubt maximal 128 Adressen. 16 Adressen sind allerdings f¨ ur Sonderzwecke reserviert, was die maximale Teilnehmerzahl auf 112 reduziert. Jeder I2 C-f¨ahige Chip besitzt eine vom Hersteller vorgegebene Adresse, wobei einige Adressbits u ¨ ber Steuerpins vorgegeben werden k¨onnen, sodass auch gleichartige Chips an einem I2 C Bus betrieben werden k¨onnen. In der aktuellen Version wurde der Adressraum auf 10 Bit erweitert, was eine h¨ohere Anzahl an Busteilnehmern erlaubt. Abbildung 16.13 zeigt die Kommunikation auf dem I2 C Bus, wobei der Master Daten von einem der Slaves abruft. Der I2 C Bus zeichnet sich vor allem durch seinen einfachen Aufbau aus. Taktleitung
Sender
Master
Master
Master Slave
Slave
Stopbit
Nutzdaten (hier: 10110010)
ACK
ACK
Slaveadresse (hier: 1010100)
R/W Bit
Bedeutung
Startbit
Datenleitung
Master Master
Abb. 16.13. Beispielhafte Kommunikation zwischen Master und Slave gem¨ aß dem I2 C Protokoll
Busteilnehmer k¨onnen w¨ahrend des Busbetriebs entfernt und hinzugef¨ ugt werden (Hot-Plug-f¨ahig). Der einfache Aufbau des Protokolls ist allerdings ¨ zugleich der Nachteil, da sich die Ubertragung mittels I2 C aufgrund des Verzichts auf Fehlererkennung als st¨oranf¨allig erweist. Damit ist das Bus¨ system ungeeignet zur Uberbr¨ uckung gr¨oßerer Distanzen. Der Einsatz des 2 I C beschr¨ankt sich auf st¨orarme Umgebungen.
16.6 Die USB-Schnittstelle Ein serielles Standard-Bussystem stellt die USB-Schnittstelle (Universal Serial Bus) dar. Sie findet sich in vielen Consumer-Ger¨aten und nahezu allen
552
16 Messdatenerfassung im Labor
Computern wieder. USB-Ger¨ate k¨onnen leicht in ein System integriert werden, da sie von einem Host-Controller erkannt werden, sobald sie mit dem System verbunden werden und durch die im Ger¨at gespeicherten Informationen ein Treiber installiert werden kann. Ein weiterer Vorteil des USB ist die Hot-Plug-F¨ahigkeit. Ein Ger¨at kann also im laufenden Betrieb bspw. an einen Computer angeschlossen werden. Dadurch entf¨allt ein Neustart des Systems und das entsprechende Ger¨at steht unmittelbar zur Verf¨ ugung. Eine detaillierte Beschreibung des USB Standards kann [14] und [47] entnommen werden. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung erfolgt symmetrisch u ¨ ber zwei Datenleitungen, wobei die zweite Leitung das inverse Signal der ersten u ¨ bertr¨agt. Der Empf¨anger bildet die Differenzspannung bei¨ der Leitungen, wodurch die Ubertragungssicherheit erh¨oht wird. Daneben existiert ein weiteres Leitungspaar f¨ ur die Versorgungsspannung (5 V und Ground). Mittlerweile gibt es eine Vielzahl von unterschiedlichen Steckern f¨ ur USB-Ger¨ate. Am weitesten verbreitet ist jedoch der USB-A Stecker. Dar¨ uber hinaus gewinnen vor allem im Bereich der mobilen Endger¨ ate zunehmend Mini-USB und Micro-USB Stecker an Bedeutung (siehe Abb. 16.14). Zum Anschluss von USB-Ger¨aten werden standardisierte USB 2.0 A Stecker
USB 2.0 Mini - A Stecker
12 mm
USB 2.0 Micro - A Stecker
6,8 mm
6,85 mm VCC D- D+ GND
GND
D+ D-
VCC
4,5 mm
VCC D- D+ GND
3 mm
1,8 mm
Abb. 16.14. Standard Steckertypen des USB 2.0 Standards
Kabel verwendet. Diese bestehen aus einem verdrillten Leitungspaar f¨ ur die Signal¨ ubertragung und einem Leitungspaar f¨ ur die Spannungsversorgung. F¨ ur ¨altere Ger¨ate, die mit geringen Daten¨ ubertragungsraten arbeiten, ist ein verdrilltes Signalleitungspaar nicht zwingend vorgeschrieben, wird aber dennoch aufgrund der St¨orsicherheit empfohlen. Die USB Version 3.0 ben¨otigt im Vergleich zur Vorg¨angerversion f¨ unf zus¨atzliche Pins, was zu einem ung¨ unstigen Format des USB 3.0 Micro Steckers gef¨ uhrt hat. Dies hat letztlich dazu beigetragen, dass sich dieser Standard im Micro-Stecker Bereich nicht durchsetzen konnte. Vor allem bei mobilen Endger¨ aten haben sich die Hersteller mit dem Micro-USB-Stecker der Vorg¨ angerversion USB 2.0 arrangiert, wenngleich damit nur eine geringere elektrische Leistung von 2,5 W (5 V, 500 mA) u ¨ ber den Anschluss u ¨ bertragen werden kann. Das A-Steckerformat des USB 3.0 Standards ist demgegen¨ uber abw¨artskompatibel. Der Standard USB 3.1 besitzt im
16.6 Die USB-Schnittstelle
553
Vergleich zu USB 3.0 ein verbessertes Stecksystem (Typ-C-Stecksystem) und erlaubt dar¨ uber hinaus Leistungen von bis zu 100 W (20 V, 5 A) zu u ¨ bertragen. Topologie und Daten¨ ubertragung: Die Bustopologie des USB-Standards ist sternf¨ormig, wobei der Host-Controller im zentralen Sternpunkt sitzt und damit jedes angeschlossene Ger¨at direkt ansprechen kann. Der HostController ist f¨ ur die Koordinierung des Busses zust¨andig, die angeschlossenen Endger¨ate stellen die USB-Slaves dar. Ein Host kann bis zu 127 Teilnehmer verwalten, wobei an einem Port nur ein Teilnehmer angeschlossen werden kann. Um an einem USB-Port mehrere Busteilnehmer anschließen zu k¨ onnen, wird ein USB-Hub ben¨otigt. Durch Hubs kann die maximaTabelle 16.9. USB Standards Version USB USB USB USB
1.0 2.0 3.0 3.1
Bezeichnung / 1.1 (1996) (2000) (2008) (2013)
Daten¨ ubertragungsrate
Low Speed / Full Speed 12 Mbit/s Hi-Speed 480 Mbit/s SuperSpeed 4 Gbit/s SuperSpeed+ 10 Gbit/s
le Leitungsl¨ange auf 30 m erweitert werden, wobei die Abst¨ande zwischen den einzelnen Hubs eine maximale Kabell¨ange von 5 m nicht u ¨berschreiten d¨ urfen. Hierf¨ ur sind allerdings aktive Hubs notwendig, die eine zus¨atzliche Spannungsversorgung des Busses bereitstellen und auch Signalaufbereitungsfunktionalit¨aten (Repeater-Funktion) u ¨ bernehmen. Mit der USB3.1-Schnittstelle sind Daten¨ ubertragungsraten von 10 Gbit/s m¨oglich. Tabelle 16.9 zeigt die bisherigen Spezifikationen des USB-Standards. Codierung: Bis zur Version 2.0 wurden die Daten im Non Return to Zero Verfahren codiert (siehe Abschnitt 17.8.3). Der Nachteil dieses Verfahrens liegt darin, dass sehr lange Intervalle von gleichartigen logischen Zust¨ anden entstehen k¨onnen. Eine Taktsynchronisation wird dann zunehmend schwierig. Um dieses Problem zu umgehen, wird sp¨atestens nach f¨ unf gleichartigen Bits, notfalls durch Einf¨ ugen eines Bits, ein Bitwechsel erzwungen (Bitstuffing). Bei der Version 3.0 werden die Daten nach dem 8b-10b Verfahren codiert. Dabei werden 8-Bit-W¨orter auf 10-Bit-W¨orter abgebildet. Mit dieser Konvertierung k¨ onnen lange Folgen von Nullen oder Einsen verhindert werden. Eine 8-Bit-Folge bietet 256 Bitkombinationen an, bei einer 10-Bit-Folge existieren jedoch 1024 m¨ogliche Bitkombinationen. Aus diesen 1024 M¨oglichkeiten werden nur diejenigen verwendet, welche maximal f¨ unf aufeinander folgende Nullen oder Einsen besitzen. Das bedeutet allerdings auch, dass ein Overhead von 20 % besteht. Um ¨ beim USB 3.0 Standard auf eine effektive Ubertragungsrate von 4 GBit/s ¨ zu gelangen, muss die eigentliche Ubertragungsrate demnach 5 GBits/s betragen. Eine genauere Beschreibung der 8b-10b Codierung findet sich
554
16 Messdatenerfassung im Labor
in [130]. Beim USB 3.1 Standard nutzt man eine 128b-130b Codierung, womit der Overhead deutlich reduziert wird. Buskommunikation: Der Host-Controller vergibt an alle angeschlossenen Ger¨ ate eine 7 Bit lange Adresse, was maximal 127 angeschlossene Ger¨ate erlaubt. Ein USB-Ger¨at kann wiederum Unteradressen, sog. Endpunkte, ¨ besitzen. Uber diese Unteradressen k¨onnen verschiedene Funktionen des USB-Ger¨ats angesprochen werden. Die Kommunikation mit den Endpunkten eines Ger¨ats geschieht mit einer Ausnahme unidirektional, weshalb zur bidirektionalen Kommunikation zwei Endpunkte ben¨otigt werden. In jedem Ger¨at muss der Endpunkt 0 vorhanden sein, u ¨ ber den die Erkennung und Konfiguration geschieht. Ein Ger¨ at kann maximal 31 Endpunkte besitzen (0, 15 Input, 15 Output). Wird an einem USB-Port ein neues Ger¨at detektiert, so sendet der Host-Controller zun¨achst ein Reset-Signal, indem er beide Signalleitungen f¨ ur mindestens 10 ms gegen Masse schaltet. Anschließend vergibt der Host eine neue Adresse. Adresskonflikte sind ausgeschlossen, da der Host alle Ports zeitlich nacheinander bearbeitet. Danach wird der sog. Device-Descriptor (Beschreibung des Ger¨ats) des Slaves abgefragt. Damit nicht f¨ ur jedes Ger¨at ein eigener Treiber notwendig ist, hat man sich auf unterschiedliche Ger¨ateklassen geeinigt, f¨ ur die jeweils generische Treiber entwickelt wurden. F¨ ur jede Ger¨ateklasse stehen damit gewisse Grundfunktionen zur Verf¨ ugung. Ein Scanner, Drucker oder eine Tastatur kann dann auch ohne speziellen Treiber an einem PC verwendet werden. Jedoch stehen dann herstellerspezifische Sonderfunktionen nicht ¨ zur Verf¨ ugung. Tabelle 16.10 gibt einen Uberblick u ¨ ber einige wichtige Ger¨ ateklassen. Tabelle 16.10. Ger¨ ateklassen im USB Standard Klasse Bezeichnung 0x01 0x03 0x06 0x07 0x08 0x09 0xE0
Beispiel
Audio Lautsprecher, Mikrofon, Soundkarte KID (Human Interface Device Tastatur, Maus Image Kamera, Scanner Printer Drucker Mass Storage USB Stick, Festplatten, SD Cards Hub USB Hub Wireless Controller Bluetooth-Adapter
¨ ¨ Ubertragungsarten: F¨ ur die Ubertragung der Daten stehen verschiedene Modi zur Verf¨ ugung. Beim Isochronen-Transfer wird einem Endpunkt vom Controller eine gewisse Datenrate garantiert. Der Host Controller muss dabei pr¨ ufen, ob die erforderliche Datenrate zur Verf¨ ugung gestellt werden kann. Beim Interrupt-Transfer teilt der Endpunkt dem Host mit, ¨ in welchen Zeitabst¨anden er abgefragt werden soll. Diese Ubertragungsart eignet sich vor allem f¨ ur kleine Datenpakete, die unregelm¨aßig zur
16.7 Der IEC-Bus
555
Verf¨ ugung stehen (z.B. Maus, Tastatur). Bei Full Speed Ger¨aten betr¨agt das kleinstm¨ogliche Abfrageintervall bspw. 1 ms. Bei gr¨oßeren Datenmengen, die als nicht zeitkritisch eingestuft werden (z.B. Schreiben/Lesen auf USB-Festplatte) findet der Bulk-Transfer Anwendung. Je nachdem, ob noch eine ausreichende Datenrate zur Verf¨ ugung steht oder nicht, wird im isochronen Transfer Modus oder im Interrupt Transfer Modus gearbeitet. Bei Low-Speed-Ger¨aten gibt es diesen Modus allerdings nicht. Der ¨ sog. Control-Transfer ist die einzige Endpunkt Endpunkt Ubertragung, die bidirektional ablaufen kann. Ein Transfer kann somit vom Empf¨anger best¨ atigt werden. Der Endpunkt 0, welcher f¨ ur die Erkennung und Konfiguration benutzt wird, arbeitet in diesem Modus.
16.7 Der IEC-Bus Die in der rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung am h¨aufigsten genutzte und mittlerweile zum Industriestandard avancierte Schnittstelle zum Anschluss von Messger¨aten an Digitalrechner ist die (parallele) IEC-Bus-Schnittstelle. Sie entstand in der Absicht, den Aufbau von Messdatenerfassungssystemen zu standardisieren und dabei die Schnittstelle so einfach und kosteng¨ unstig wie m¨ oglich zu gestalten. Die IEC-Bus-Schnittstelle ist definiert als ein Schnitt” stellensystem zur Verbindung von programmierbaren und nicht-programmierbaren elektronischen Messger¨aten mit anderen Ger¨aten, aus denen Messsysteme zusammengestellt werden“ [11] . 16.7.1 Historie des IEC-Bus 1965 Die Firma Hewlett Packard (HP) stellt ein Interface-System vor, das programmierbare Messger¨ ate verschiedener Hersteller u ¨ ber eine gemeinsame Busstruktur verbinden soll, den sog. Hewlett-Packard-Interface-Bus (HP-IB). 1974 Vom Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) wird der IEEEStandard No. 488 herausgegeben, der auf dem HP-IB basiert. 1976 Das American National Standard Institute (ANSI) ver¨ offentlicht diese Industrienorm als Standard ANSI MC1.1. 1977 Die International Electrotechnical Commission (IEC) erstellt einen entsprechenden Normentwurf (IEC66.22), der heute international als Norm IEC625 G¨ ultigkeit hat und in Deutschland unter DIN IEC625 bekannt ist [44].
16.7.2 Bezeichnungen des IEC-Bus Im Laufe der Zeit haben sich in der Praxis mehrere Bezeichnungen f¨ ur den IEC-Bus eingeb¨ urgert, die aber alle den urspr¨ unglich von Hewlett Packard entwickelten Bus bezeichnen. Unterschiede gibt es allenfalls in der Form der verwendeten Anschlussstecker: •
HP-IB (Hewlett-Packard-Interface-Bus)
556
16 Messdatenerfassung im Labor
Abb. 16.15. IEC-Bus mit Peripherieger¨ aten
• • • •
GPIB (General-Purpose-Interface-Bus) IEC625 (DIN IEC625) [44] IEEE488 [11] ANSI MC1.1 [11].
16.7.3 IEC-Bus-Komponenten Der aus 16 Leitungen bestehende IEC-Bus l¨asst sich in folgende Funktionsgruppen untergliedern (Abb. 16.15): • • •
Datenbus (Data Bus): 8 Datenleitungen Steuerbus (Management Bus): 5 Steuerleitungen ¨ Ubergabesteuerbus (Handshake Bus): 3 Signalleitungen.
Es k¨ onnen nach der Normempfehlung bis zu 15 Ger¨ate gleichzeitig auf den parallelen Bus geschaltet werden (Abb. 16.15), die mindestens eine der folgenden Grundfunktionen ausf¨ uhren: • • •
Steuerfunktion (Controller) Sender-/Sprecherfunktion (Talker) Empf¨ anger-/H¨orerfunktion (Listener).
¨ Die Ubertragung der Nachrichten erfolgt bitparallel und byteseriell im 7-BitASCII-Code (American Standard Code for Information Interchange).
16.7 Der IEC-Bus
557
16.7.4 Ger¨ ategrundfunktionen •
•
•
Controller: Der Controller (Steuerger¨at) steuert und u ¨ berwacht alle Vorg¨ange auf dem Bus. In einem Messsystem darf stets nur ein Ger¨at als Controller arbeiten, das jederzeit eingeschaltet sein muss. Der Controller muss auch in der La¨ ge sein, Talker- und Listener-Funktion zu u wird ¨ bernehmen. Ublicherweise die Controller-Funktion von dem (zentralen) Steuerrechner ausge¨ ubt. Die Kommandos (Busbefehle), die ein Controller sendet, heißen Schnittstellennachrichten. Talker: Der Talker (Sender) kann nach Aktivierung durch den Controller, welche mit der Adressierung durch eine Interface-Message erfolgt, Daten auf den Bus geben, welche von anderen Ger¨aten aufgenommen werden k¨onnen. Es darf stets nur ein Talker aktiv sein, um Konflikte auf dem Bus zu vermeiden. Listener: Der Listener (Empf¨anger) kann nach Aktivierung durch den Controller (erfolgt ebenfalls mit der Adressierung durch eine Interface-Message) auf dem Bus befindliche Daten aufnehmen (h¨oren). Es d¨ urfen mehrere Listener gleichzeitig aktiv sein. Die vom Talker stammenden Nachrichten heißen Ger¨atenachrichten. Abbildung 16.16 zeigt beispielhaft einen u ¨ ber den IECBus zusammengeschalteten Messplatz, bestehend aus einem Steuerrechner, der Controller-, Talker- und Listener-Funktionen u ¨ bernehmen kann, einem Digitalvoltmeter, das als Talker und Listener arbeiten kann, und einem Signalgenerator, welcher nur als Listener fungiert. Controller + Talker + Listener Rechner
IEC-Bus
Talker + Listener Digitalvoltmeter
Listener Signalgenerator
Analogeingang
Analogausgang
Abb. 16.16. Beispiel eines IEC-Bus-Messplatzes
16.7.5 IEC-Bus-Leitungen •
Datenbus: Die acht Datenleitungen des Datenbusses (Data Bus) werden mit DIO1 ... DIO8 (DIO = Data Input/Output) bezeichnet (Abb. 16.15). Sie die¨ nen der bidirektionalen Ubertragung von Daten, Adressen und Befehlen. Der Datentransfer erfolgt so, dass das LSB eines Bytes der DIO1-Leitung
558
16 Messdatenerfassung im Labor
zugeordnet wird. Diese sog. Mehrdrahtnachrichten, die u ¨ ber den Datenbus u ¨ bertragen werden, sind entweder Kommandos zur Ger¨atesteuerung (Schnittstellennachrichten) (ATN = aktiv (true)), Einstelldaten (Statusinformationen), oder es handelt sich um Messdaten (Ger¨atenachrichten) (ATN = nicht-aktiv (false)). Entsprechend unterscheidet man auch zwi¨ schen Befehlsmode zur Ubertragung von Schnittstellennachrichten und Datenmode bei Ger¨atenachrichten. • Schnittstellen-Steuerbus: Die f¨ unf Leitungen des Steuerbusses (Management Bus) kontrollieren den Informationsfluss auf dem gesamten Bus in Form von folgenden Eindrahtnachrichten: – IFC Interface Clear (Schnittstellensystem r¨ ucksetzen) Durch diese Nachricht kann das System-Steuerger¨at (Controller) alle angeschlossenen Ger¨ate in eine normgem¨aße Grundeinstellung bringen. – ATN Attention (Achtung) Durch diese Nachricht wird vom System-Steuerger¨at festgelegt, ob die Information auf dem Datenbus als Schnittstellennachricht (ATN = aktiv) oder als Ger¨atenachricht (ATN = nicht-aktiv) zu interpretieren ist. – SRQ Service Request (Bedienungsruf) Durch Setzen dieser Nachricht kann ein Ger¨at Bedienung anfordern (Interrupt). – REN Remote Enable (Fernsteuerungsfreigabe) Durch diese Nachricht kann das System-Steuerger¨at alle beteiligten Ger¨ ate in einen Fernsteuerungszustand versetzen und die lokalen Bedienungsfunktionen sperren. – EOI End Or Identify (Ende oder Kennung) Ein Talker (Sprecher) zeigt hiermit das Ende einer Block¨ ubertragung an, falls ATN = nicht-aktiv ist; das Steuerger¨at kann daraufhin die Talkerfunktion wieder beenden. Falls ATN = aktiv ist, wird durch EOI vom Steuerger¨at die Identifizierung eines SRQ-Rufes (Service Request) eingeleitet (s. Kap. Statusabfrage“ ). ” ¨ • Ubergabesteuerbus (Handshake-Bus): ¨ Die drei Leitungen des Ubergabesteuerbusses kontrollieren die Daten¨ ubertragung zwischen Talker und Listener (s. auch Abschnitt Handshake-Ver” fahren“ ): – DAV Data Valid (Daten g¨ ultig) ¨ Uber dieses Signal erkl¨art ein Talker eine von ihm auf den Datenbus gesetzte Mehrdrahtnachricht f¨ ur g¨ ultig (eingeschwungen). – NRFD Not Ready For Data (nicht bereit zur Daten¨ ubernahme) Dieses Signal wird von einer Ger¨ateschnittstelle gesetzt, solange sie nicht in der Lage ist, ein neues Datenwort aufzunehmen. – NDAC Not Data Accepted (Daten noch nicht u ¨ bernommen) Dieses Signal wird von einer Ger¨ateschnittstelle gesetzt, solange sie
16.7 Der IEC-Bus
559
Tabelle 16.11. Logische Verkn¨ upfung von Open-Kollektor-Ausgangsstufen positive/negative Logik
Verkn¨ upfungs- Verdrahtungsgesetz mechanismus
active = high (positive Logik) Q = Q1 ∧ Q2 active = low (negative Logik) Q = Q1 ∨ Q2
WIRED–AND WIRED–OR
¨ mit der Ubernahme eines auf dem Datenbus anstehenden Wortes besch¨aftigt ist. 16.7.6 Bus-Logik Der IEC-Bus arbeitet mit den Spannungspegeln 0 V und 5 V der StandardTTL-Familie. Bei Signalleitungen, an die mehrere Ger¨ate gleichzeitig angeschlossen sind, verwendet man u ¨ blicherweise die in Abb. 16.17 gezeigten Open-Kollektor-Ausgangsstufen, welche einen npn-Transistor besitzen, dessen Emitter direkt auf Massepotential liegt [182]. Die Ausg¨ange von verschiedenen Ger¨ aten lassen sich damit parallelschalten, wobei der gemeinsame Ausgang Q (Busleitung) u ¨ ber einen Kollektorwiderstand an die 5 V Speisespannung angeschlossen ist (Abb. 16.17). Die einfache galvanische Kopplung der Ausg¨ange f¨ uhrt zu einer UND-Verkn¨ upfung, wenn dem hohen Spannungspegel (5 V) der logische Zustand 1 zugeordnet wird. Man spricht in diesem Fall von positiver Logik, die auch mit active high (active = high) bezeichnet wird. Bei Verwendung der positiven Logik erh¨alt man auf der Busleitung also nur dann ein High-Signal, wenn alle Ger¨ate ein High-Signal senden. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von einem wired-and (fest verdrahtetes UND). F¨ ur den Fall, dass hingegen eine negative Logik vereinbart wurde, unterliegen die logischen Zust¨ande der einzelnen parallelgeschalteten Ausgangsstufen einer ODER-Verkn¨ upfung (Tab. 16.11). +5V (TTL-Pegel) +5V RP ....
Q Abb. 16.17. Parallelgeschaltete Open-Kollektor-Ausgangsstufen (npn-Transistor mit Emitter an Masse)
560
16 Messdatenerfassung im Labor
Da die meisten Busleitungen des IEC-Busses eine ODER-Verkn¨ upfung ben¨ otigen (z. B. wahlweises Senden mit einem der Ger¨ate), hat man in der Norm alle Pegel als active-low“ , definiert, d. h. true = 0 V (low) und fal” se = 5 V (high). Es handelt sich beim IEC-Bus also vereinbarungsgem¨aß um eine negative Logik. Daraus ergeben sich f¨ ur den IEC-Bus die in Tab. 16.12 angegebenen Beziehungen zwischen elektrischen Signalpegeln und logischen Zust¨ anden. Tabelle 16.12. Zusammenhang zwischen logischen Zust¨ anden und elektrischen Signalpegeln der IEC-Bus-Leitungen Zustand
logischer Zustand TTL-Pegel
aktiv 1 nicht-aktiv 0
low (0 V) high (5 V)
16.7.7 Handshake-Verfahren (Dreidraht-Handshake) Um Messger¨ate mit unterschiedlichen Verarbeitungsgeschwindigkeiten zusam¨ menschalten zu k¨onnen, erfolgt die Ubertragung asynchron mit einer Kontrolle durch Quittungssignale (Handshake-Signale). Zum Verst¨andnis der Daten¨ ubertragung in IEC-Bus-Systemen ist im Wesentlichen nur die Erkl¨arung des sog. Dreidraht-Handshakes notwendig. Den Ablauf dieses Dreidraht-Handshakes zeigt das in Abb. 16.18 dargestellte Zeitdiagramm. F¨ ur einen Zyklus muss der Talker Daten bereitstellen (1) und alle Listener bereit sein (NRFD = false) (2). Es ist zu erw¨ahnen, dass der Zeitpunkt (2) auch vor (1) liegen kann. Daraufhin erkl¨art der Talker die Daten f¨ ur g¨ ultig (DAV = true) (3), was die Listener veranlasst NRFD = true zu setzen (4) und die Daten zu u ¨ bernehmen. Sobald ein Listener mit der Daten¨ ubernahme fertig ist, setzt er NDAC = false (5). Ist auch der langsamste Listener fertig (6), so kann der Talker die G¨ ultigkeit der Daten aufheben (DAV = false) (7) und die Daten entfernen (8). Auf DAV = false reagieren die Listener mit dem R¨ ucksetzen von NDAC = true (9). Generell gilt, dass eine Daten¨ ubertragung erst dann begonnen werden kann, wenn alle Ger¨ate ihre Bereitschaft (NRFD = false) angezeigt haben, und eine Daten¨ ubertragung erst dann abgeschlossen wird, wenn alle Ger¨ate ihre Fertigmeldung (NDAC = false) gesendet haben. Da der Anbieter der Information, die sog. Source (i. Allg. der Talker), nur die Bus-Signale NDAC und NRFD auswertet, kann die Source nicht feststellen, wieviele Listener an dem Datentransfer beteiligt sind. Vielmehr wartet die Source solange, bis auch das langsamste Ger¨at seine Information ordnungsgem¨ aß u ¨bernommen und verarbeitet hat. Problematisch kann die Verz¨ogerung
16.7 Der IEC-Bus
Talker
Listener
H DIO 1-8 data input output L DAV H data valid L H NRFD not ready for data L H NDAC not data accepted L
1
Datenbyte 3
2 alle
bereit 1. bereit 2. bereit Zeichenübernahmephase
8
gültig
false
7
true false
4 keiner
true
bereit 5
561
false true alle haben übernommen 6
9
¨ Abb. 16.18. Zeitdiagramm zur Ubertragung eines Datenbytes auf dem IEC-Bus (Dreidraht-Handshake)
durch ein langsames Ger¨at dann werden, wenn mit dem Bussystem besonders zeitkritische Operationen durchgef¨ uhrt werden m¨ ussen. ¨ Uber den IEC-Bus werden nicht nur Daten, sondern alle Arten von Mehrdrahtnachrichten, wie z. B. Steuerkommandos, Adressen oder Statusinformationen mit Hilfe des Dreidraht-Handshakes u ¨ bertragen. In diesem Zusammenhang spricht man nicht mehr von Talker und Listener, sondern man unterscheidet ganz allgemein zwischen Source (Sender, Quelle) und Acceptor (Empf¨ anger, Senke). Die Verbindung zwischen Messger¨ at und IEC-Bus Zur Realisierung der Schnittstelle Messger¨at-IEC-Bus“ , ist neben der eigent” lichen IEC-Bus-Schnittstelle eine Ger¨ateschnittstelle erforderlich (Abb. 16.19). Das Messger¨at hat n¨amlich neben der Ger¨atefunktion, z. B. dem Messen von Spannungen bei einem Digitalvoltmeter, die folgenden Funktionen zu erf¨ ullen:
Abb. 16.19. Schnittstellen zwischen Messger¨ at und dem IEC-Bus
562
16 Messdatenerfassung im Labor Tabelle 16.13. Schnittstellenfunktionen
Schnittstellenfunktion
Abk¨ urzung Erl¨ auterung
Handshake-Quelle (Source Handshake)
SH
wird von Talker bzw. Controller ben¨ otigt, um Nachrichten im DreidrahtHandshake-Mode zu u ¨ bertragen
Handshake-Senke (Acceptor Handshake)
AH
M¨ oglichkeit, Nachrichten im Dreidraht Handshake-Mode zu empfangen
Sprecher oder erweiterter Sprecher (Talker oder Extended Talker)
T bzw. TE
Ger¨ at hat Sprecherfunktion
H¨ orer oder erweiterter H¨ orer L bzw. (Listener oder Extended Listener) LE
Ger¨ at hat H¨ orerfunktion
Bedienungsruf (Service Request)
SR
Ger¨ at kann Interrupt an Controller schicken
Umschaltung in den Fernsteuermode (Remote/Local)
RL
Fernsteuerbarkeit
Ger¨ at r¨ ucksetzen (Device Clear)
DC
Ger¨ at r¨ ucksetzbar
Ger¨ at ausl¨ osen (Device Trigger)
DT
Triggerm¨ oglichkeit
Parallelabfrage (Parallel Poll)
PP
Controller kann Statusinformation in 1-Byte-Form erhalten
Steuereinheit (Controller)
C
Ger¨ at kann Steuerfunktion u ¨ bernehmen, d. h. SchnittstellenNachrichten u ¨ bertragen
Ger¨ atefunktionen Die Ger¨ atefunktionen beschreiben die von dem jeweiligen Ger¨at ausgef¨ uhrten spezifischen Aufgaben, wie z. B. das Messen einer elektrischen Spannung bei einem Voltmeter. Schnittstellenfunktionen Die IEC-Norm definiert 10 Schnittstellenfunktionen (Tab. 16.13), die den reibungslosen Arbeitsablauf von IEC-Bus-Messger¨aten gew¨ahrleisten. Die IECBus-Schnittstelle eines Ger¨ates kann in Abh¨angigkeit von den jeweiligen M¨ oglichkeiten des Ger¨ates auch auf eine Teilausr¨ ustung dieser Schnittstellenfunktionen beschr¨ankt sein. 16.7.8 Nachrichtenarten Man unterscheidet zwischen externen Nachrichten, die wirklich auf den IECBus gelangen, und internen Nachrichten, welche nur zwischen dem Ger¨at (Ger¨ atefunktion) und der eigentlichen Schnittstelle u ¨bermittelt werden (Abb. 16.20). Die IEC-Norm definiert 19 interne Nachrichten (Tab. 16.14).
16.7 Der IEC-Bus
563
Nachrichtenarten Interne Nachrichten
Externe Nachrichten
zwischen Geräteschnittstelle und IEC-Bus-Schnittstelle; gelangen nicht auf den IEC-Bus
zwischen den verschiedenen IEC-Bus-Teilnehmern; gelangen auf den IEC-Bus
SchnittstellenNachrichten Befehlsmode (ATN = aktiv) Ein- oder MehrdrahtNachrichten
GeräteNachrichten Datenmode (ATN = nicht-aktiv) stets MehrdrahtNachrichten
Abb. 16.20. Nachrichtenarten beim IEC-Bus Tabelle 16.14. Interne Nachrichten beim IEC-Bus Nachricht
gts ist ltn lon lpe lpd lun nba pon rdy rsv rtl tca tcs ton sre sic rpp rsc
Bedeutung, Funktion (go to standby) (individual status) (listen) (listen only) (local poll enable)
Bereitschaftszustand einnehmen Ger¨ atezustand H¨ oren nur H¨ oren intern zur Parallelabfrage freigeben (local poll disable) nicht zur Parallelabfrage freigeben (local unlisten) H¨ oren beenden (new byte available) neues Byte verf¨ ugbar (power on) Ger¨ at Ein“ , ” (ready) bereit f¨ ur n¨ achstes Byte (request service) Bedienung anfordern (return to local) Eigensteuerung Ein“ , ” (take control Kontrolle asynchron asynchronously) u ¨ bernehmen (take control Kontrolle synchron synchronously) u ¨ bernehmen (talk only) nur sprechen (send remote enable) Fernsteuerungsfreigabe senden (send interface clear) R¨ ucksetzbefehl senden (request parallel poll) Parallelabfrage anfordern (request system control) Systemsteuerung anfordern
Beteiligte Schnittstellenfunktion C PP L, LE L, LE PP PP L, LE SH alle AH SR RL C C T, TE C C C C
564
16 Messdatenerfassung im Labor
Die externen Nachrichten wiederum gliedern sich in die Eindrahtnachrichten der einzelnen Signalleitungen des Steuer- und Handshake-Busses sowie die Mehrdrahtnachrichten des Datenbusses. Man unterscheidet (Tab. 16.15): • • • •
adressierte Befehle Universal-Befehle Adressen (H¨orer- und Sprecher-Adressen) Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen.
Tabelle 16.15. Codierung der Busbefehle und Adressen auf dem IEC-Bus (Codierungs¨ ubersicht gem¨ aß ISO-7-Bit-Code) (ATN = aktiv) Datenleitungen DIO Dezimal¨ aquivalent 7654321 000 .. . 011 00 100 .. . 111 000 .. 01 . 111 111
00
10 11
0 .. . 15 16 .. . 31 32 .. . 62 63
00000 .. 10 . 11110 11111
64 .. . 94 95
00000 .. 11 . 11111
96 .. . 127
11 00 11 00
Adressierte Befehle (Adressed Command Group (ACG)) Universal-Befehle (Universal Command Group (UCG)) H¨ orer-Adressen (Listener Address Group (LAG)) H¨ orer entadressieren (Unlisten (UNL)) Sprecher-Adressen (Talker Address Group (TAG)) Sprecher entadressieren (Untalk (UNT)) Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen (Secondary Command Group (SCG))
Adressierte Befehle Die Gruppe der adressierten Befehle (ACG = Addressed Command Group) wirkt auf alle am Bus angeschlossenen Ger¨ate, die sich im Fernsteuerungszustand befinden. Diese Ger¨ate m¨ ussen jedoch entweder als Sprecher oder als H¨ orer adressiert sein (Tab. 16.16). •
GET (Group Execute Trigger, Ger¨ategruppe ausl¨osen) Dieser Befehl l¨ost in allen als H¨orer eingestellten Ger¨aten einen Triggerim-
16.7 Der IEC-Bus
565
puls aus, was vor allem der M¨oglichkeit dient, dass verschiedene Messger¨ate gleichzeitig mit einer Messung beginnen k¨onnen. • •
• •
PPC (Parallel Poll Configure, zur Parallelabfrage einstellen) Alle als H¨orer eingestellten Ger¨ate werden f¨ ur die Parallelabfrage vorbereitet. TCT (Take Control, Steuerung u ¨ bernehmen) Der zur Zeit aktive Controller veranlasst ein als Sprecher eingestelltes Ger¨ at, die Steuerung zu u ¨ bernehmen, falls es als Controller zu arbeiten in der Lage ist. GTL (Go To Local, auf Eigensteuerung schalten) Alle als H¨orer eingestellten Ger¨ate werden auf manuelle Bedienung umgeschaltet. SDC (Selected Device Clear, adressiertes Ger¨at zur¨ ucksetzen) Ein oder mehrere als H¨orer adressierte Ger¨ate werden zur¨ uckgesetzt.
Universal-Befehle Die Universal-Befehle (UCG = Universal Command Group) wirken ebenfalls auf alle am Bus angeschlossenen Ger¨ate, die sich im Fernsteuerungszustand befinden. Es ist dabei nicht entscheidend, ob sie sich im adressierten Zustand befinden oder nicht (Tab. 16.16). Neben den beiden Befehlen SPD und SPE, die das Schnittstellensystem f¨ ur eine Serienabfrage einstellen bzw. sperren, geh¨oren zu dieser Gruppe folgende wichtige Befehle: • • •
DCL (Device Clear, Ger¨at r¨ ucksetzen) S¨ amtliche Ger¨atefunktionen (außer den Schnittstellenfunktionen) aller am Bus betriebenen Ger¨ate werden in ihren Grundzustand zur¨ uckgesetzt. LLO (Local Lock Out, Steuerung verriegeln) Die manuelle Bedienung der Ger¨ate wird gesperrt. PPU (Parallel Poll Unconfigure, Parallelabfrage zur¨ ucknehmen) Die Bereitschaft f¨ ur eine Parallelabfrage wird bei allen Ger¨aten aufgehoben.
H¨ orer- und Sprecher-Adressen Mit Hilfe dieser Nachrichten (Tab. 16.17) werden die am Bus angeschlossenen Ger¨ ate als H¨orer oder als Sprecher eingestellt. Die H¨orer-Adressen werden mit LAG (Listener Address Group) und die Sprecher-Adressen mit TAG (Talker Address Group) bezeichnet. Nachdem nun ein Ger¨at u ¨ ber die Datenleitungen DIO1 bis DIO5 eine H¨orer-Adresse (LAG) empfangen hat, wird anschließend diese Adresse mit der am Ger¨at voreingestellten verglichen. Bei ¨ Ubereinstimmung wird LAG als richtige Adresse MLA (My Listener Address) interpretiert, woraufhin das Ger¨at die H¨orer-Funktion u ¨ bernimmt. Stimmt die empfangene Adresse nicht mit der voreingestellten u ¨berein, wird LAG als falsche Adresse OLA (Other Listener Address) gedeutet und das Ger¨at verbleibt in seinem Zustand. In engem Zusammenhang mit den H¨orer- und Sprecher-Adressen stehen die beiden folgenden Entadressierbefehle:
566
16 Messdatenerfassung im Labor Tabelle 16.16. IEC-Bus-Befehle (Auswahl)
Befehlsklasse
Befehl
ASCII- Bedeutung Zeichen
Entadressier- UNL (unlisten) Befehle UNT (untalk)
UniversalBefehle
LLO
? −
(local lockout) DC1
DCL (device clear) DC4
Adressierte Befehle
PPU (parallel poll unconfigure) SPE (serial poll enable) SPD (serial poll disable)
NAK
SDC
EOT
(selective device clear) GTL (go to local)
CAN EM
SOH
GET (group execute BS trigger) PPC (parallel poll ENQ configure) TCT (take control) HT
• •
L¨ oscht alle Listener L¨ oscht alle Talker (Talker k¨ onnen auch durch eine nicht verwendete Talkadresse gel¨ oscht werden) Setzt die manuelle Bedienung des Ger¨ ates außer Betrieb Bringt alle Ger¨ ate in den Einschaltzustand Bereitschaft f¨ ur Parallelabfrage wird zur¨ uckgenommen Setzt alle Bedingungen f¨ ur serielle Statusabfragen L¨ oscht die Bedingung f¨ ur serielle Statusabfragen Bringt das adressierte Ger¨ at in einen definierten Anfangszustand Setzt das adressierte Ger¨ at in den manuellen Bedienmode zur¨ uck L¨ ost eine Messung bei allen vorprogrammierten Ger¨ aten aus Bestimmt, welches Bit ein Ger¨ at bei der Parallel-Poll-Abfrage aktivieren soll ¨ Ubergibt die Kontrolle vom aktiven Controller an das adressierte Ger¨ at
UNL (Unlisten) Alle als H¨orer eingestellten Ger¨ate werden entadressiert. UNT (Untalk) Dieser Befehl f¨ uhrt zur Entadressierung des als Sprecher eingestellten Ger¨ ates. F¨ ur den Fall, dass ein als Sprecher eingestelltes Ger¨at die eigene H¨ orer-Adresse MLA oder eine fremde Sprecher-Adresse OTA erkennt, muss es sich selbst¨andig entadressieren. Damit vermeidet man Konfliktsituationen, bei denen mehr als ein Sprecher gleichzeitig am Bus aktiv ist.
Sekund¨ ar-Befehle und Unteradressen Die mit der erweiterten H¨orer-Funktion LE oder mit der erweiterten SprecherFunktion TE ausgestatteten Ger¨ate werden mit einer 2-Byte-Adresse angesprochen. Soll ein solches Ger¨at als H¨orer adressiert werden, empf¨angt es zun¨ achst die Nachricht MLA und wartet anschließend auf den Befehl SCG (Se-
16.7 Der IEC-Bus
567
Tabelle 16.17. H¨ orer- und Sprecher-Adressen LAG MLA OLA TAG MTA OTA
(Listener Address Group) (My Listener Address) (Other Listener Address) (Talker Address Group) (My Talker Address) (Other Talker Address)
H¨ orer-Adressen eigene H¨ orer-Adresse fremde H¨ orer-Adressen Sprecher-Adressen eigene Sprecher-Adresse fremde Sprecher-Adressen
condary Command Group). Erst wenn diese Nachricht mit der am Ger¨at eingestellten Sekund¨ar-Adresse u ¨ bereinstimmt, u ¨bernimmt das Ger¨at die H¨orerFunktion. Die Sprecheradressierung erfolgt in analoger Weise. •
SCG (Secondary Command Group) Den Ger¨ aten mit 2-Byte-Adressierung wird mit diesem Befehl nach Empfang einer MLA- oder MTA-Nachricht eine Sekund¨ar-Adresse mitgeteilt.
16.7.9 Schlusszeichen Bei Ger¨ atenachrichten sind Schlusszeichen zur Identifizierung des letzten Bytes eines Datenblocks notwendig, um den beteiligten H¨orern das Ende der Daten¨ ubertragung zu signalisieren. Die Norm l¨asst die folgenden zwei Endeoder Schlusszeichen zu: • •
Eindrahtnachricht EOI des Steuerbusses Mehrdrahtnachricht EOS (End of String).
Wenn die Mehrdrahtnachricht EOS verwendet werden soll, muss das Endezeichen im Sprecher und im H¨orer u ¨bereinstimmend festgelegt werden. Es werden hierf¨ ur in der Regel die beiden folgenden Steuerzeichen benutzt • •
CR (Carriage Return) und LF (Line Feed).
Nach diesen Zeichen folgt schließlich die Ger¨atenachricht EOS . 16.7.10 Statusabfrage Der Controller kann jederzeit eine Statusabfrage an die an den IEC-Bus angeschlossenen Ger¨ate senden, die daraufhin ein Statusbyte zur¨ ucksenden. Neben dieser programmierten Abfrage ist auch die M¨oglichkeit vorgesehen, dass die Aufforderung zur Statusabfrage direkt von den einzelnen Ger¨aten per Interrupt an den Controller ergeht. Die Statusabfrage kann auf zwei Arten erfolgen: • •
serielle Abfrage (Serial Poll) parallele Abfrage (Parallel Poll).
568
16 Messdatenerfassung im Labor
+ GND GND GND GND GND GND GND REN DIO 8 DIO 7 DIO 6 DIO 5
24 12
18 6
13 1
+ SHIELD (GND) ATN SRQ IFC NDAC NRFD DAV EOI DIO 4 DIO 3 DIO 2 DIO 1
+ a) IEEE488
GND GND GND GND GND GND GND GND DIO 8 DIO 7 DIO 6 DIO 5
25 13
18 5 14 1
SHIELD (GND) ATN SRQ IFC NDAC NRFD DAV EOI REN DIO 4 DIO 3 DIO 2 DIO 1
+
b) IEC625
Abb. 16.21. Standardm¨ aßig verwendete IEC-Bus-Steckverbindungen: a) IEEE488Stecker, b) IEC625-Stecker
F¨ ur den Serial Poll wird von allen angeschlossenen Ger¨aten dieselbe BusLeitung verwendet. Der Controller muss also, nachdem er den Service-Request empfangen hat, das entsprechende Ger¨at heraussuchen, indem er die in Frage kommenden Ger¨ate der Reihe nach adressiert, bis er vom rufenden Ger¨at eine Best¨ atigung erh¨alt. Mit der Best¨atigung sendet das rufende Ger¨at auch noch weitere Informationen, welche die Art der Bedienung pr¨azisieren. Bei dieser R¨ uckantwort handelt es sich um das sog. Status-Byte. Beim Parallel Poll wird jedem daf¨ ur vorgesehenen Ger¨at vom Controller eine der Datenleitungen f¨ ur die R¨ uckantwort zugewiesen. W¨ahrend des Betriebes kann nun der Controller periodisch abfragen und Ger¨ate, die eine Bedienung w¨ unschen, melden dies u ¨ ber die ihnen zugewiesene Datenleitung. Dabei wird aber kein Statuswort gesendet. Man sollte also den Parallel Poll nur dann verwenden, wenn man weiß, welche Art der Bedienung vom betreffenden Ger¨ at gew¨ unscht wird. 16.7.11 IEC-Bus-Hardware Historisch bedingt gibt es zwei verschiedene Steckverbindungen f¨ ur den IECBus, die beide in Abb. 16.21 gezeigt werden. Die entsprechenden Pinbelegungen sind in Tab. 16.18 zusammengefasst, w¨ahrend Tab. 16.19 Aufschluss ¨ u bzw. maximalen Entfer¨ ber die maximalen Ubertragungsgeschwindigkeiten nungen in Abh¨angigkeit der verwendeten Treiberschaltungen gibt. Mit Hilfe von IEC-Bus-Expandern ist es m¨oglich, bis zu 29 Ger¨ate gleichzeitig an den IEC-Bus anzuschließen. Das Prinzip der Verkabelung von IEC-Bus-Ger¨aten wird in Abb. 16.22 gezeigt.
16.7 Der IEC-Bus
569
Abb. 16.22. Verkabelung von IEC-Bus-Ger¨ aten Tabelle 16.18. Pinbelegung der IEC-Bus-Steckverbindungen IEC625 und IEEE488 Kontaktstift Signalleitung Bedeutung IEC 625 IEEE 488 1 2 3 4 5 6 7 8
1 2 3 4 17 5 6 7
DI01 DI02 DI03 DI04 REN EOI DAV NRFD
9
8
NDAC
10
9
IFC
11
10
SQR
12
11
ATN
13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 -
12 13 14 15 16 24 18 19 20 24 22 23 21
DI05 DI06 DI07 DI08 -
Datenleitungen zum Transfer von Befehlen (ATN = aktiv) und Daten (ATN = nicht-aktiv) Fernsteuerbetrieb Ende oder Kennung Daten g¨ ultig Meldung eines Ger¨ ates, dass es nicht empfangsbereit ist Meldung eines Ger¨ ates, dass es die Daten noch nicht u ¨ bernommen hat Schnittstellensystem r¨ ucksetzen (Einstellen des Grundzustandes aller Ger¨ ate) Service Request (Bedienungsanforderung durch ein Ger¨ at) Anzeige, ob Befehle (ATN = aktiv) oder Daten (ATN = nicht-aktiv) u ¨ bertragen werden Abschirmung Datenleitungen zum Transfer von Befehlen (ATN = aktiv) oder Daten (ATN = nicht-aktiv) Masse/GND Masse/(EOI) Masse/(DAV) Masse/(NRFD) Masse/(NDAC) Masse/GND Masse/(SRQ) Masse/(ATN) Masse/(IFC)
570
16 Messdatenerfassung im Labor
¨ Tabelle 16.19. Ubertragungsgeschwindigkeiten und max. Entfernungen am IEC-Bus ¨ Ubertragungsmaximale maximale erforderliche Ausgangsgeschwindigkeit Entfernung Entfernung von stufen (Treiber (insgesamt) Ger¨ at zu Ger¨ at -schaltungen) 250 kByte/s 500 kByte/s 1 MByte/s
20 m 20 m 10 m
2m 2m 1m
48 mA, Open Collector 48 mA, Tristate 48 mA, Tristate
Realisierung der IEC-Bus-Schnittstelle Bei hardwarem¨aßiger Implementierung der IEC-Bus-Schnittstelle kennt man drei Arten des Schaltungsaufbaus [146]: • • •
diskrete Halbleiter-Schaltungen IEC-Bus-Chips in VLSI-Technik intelligente Universal-Interface-Bausteine.
Das Herzst¨ uck einer solchen Implementierung bildet in der Regel ein IECBus-Interface-Controller, der durch weitere Komponenten, wie z. B. DMAController, Adress-Dekodierer und Datentransceiver erg¨anzt wird. Auf solchen Schaltungen basierende Module m¨ ussen sowohl in den IEC-Bus-Messger¨aten als auch in dem als Controller arbeitenden Steuerrechner vorhanden sein. Dabei hat sich der Ingenieur, der einen IEC-Bus-Messplatz zusammenzustellen hat, insbesondere um die Ausstattung seines Steuerrechners zu k¨ ummern. F¨ ur den Einsatz in PCs werden heute IEC-Bus-Einsteckkarten zum Anschluss an Standard-PC-Bussysteme in großem Umfang und in vielen Varianten kommerziell angeboten. Abbildung 16.23 zeigt das Blockdiagramm einer solchen Karte. Mit diesen IEC-Bus-Karten stellt der Hersteller i. Allg. auch geeignete Treiber-Software zur Verf¨ ugung, mit deren Hilfe sich die Funktionen des Moduls in einer Standard-Hochsprache, wie z. B. C, oder einer anwenderorientierten Sprache, wie NI LabVIEW, programmieren lassen.
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus VME-Bus In der Prozessrechnertechnik wird in vielen Anwendungsf¨allen auch auf konfigurierbare Systeme zur¨ uckgegriffen, die auf Standard-Parallelbus-Systemen basieren. In diesem Zusammenhang spielt der VME-Bus (Versa Module Europe) eine zentrale Rolle. Der VME-Bus ist ein auf Europakarten basierendes,
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
571
Address Decoder
Turbo 488
Data Transceivers
GPIB Monitor
IEEE 488.2 Interface Controller
IEEE 488.1 Transceivers
IEEE 488.1 Transceivers
IEC-Bus
PC AT-Bus
DMA und Interrupt Controller
PC AT-Bus Interface Logic
Abb. 16.23. Blockschaltbild einer Einsteckkarte mit IEC-Bus-Interface f¨ ur PCs mit AT-Bus nach Unterlagen der Firma National Instruments [120]
aus der Mikrocomputertechnik stammendes 32-Bit-Bussystem mit den funktionellen Eigenschaften des 1981 von der Firma Motorola ins Leben gerufenen VERSA-Busses [54]. Die wesentlichen Leistungsmerkmale und Eigenschaften des VME-Busses sind: • • • • • • • • •
Daten- und Adressbusbreite bis 32 Bit Multiprozessorf¨ahigkeit (Multimasterbetrieb) Datentransferrate bis 24 MByte/s asynchrones Busprotokoll zus¨ atzlicher serieller Bus (sog. Inter Intelligence Bus) 7 Interrupt-Ebenen Blocktransfer jeweils 96 Pins u ¨ ber P1- und P2-Europakartensteckverbindungen im Wesentlichen auf Prozessoren der Serie MC68000 ausgerichtet.
Die Bed¨ urfnisse der Prozessmesstechnik f¨ uhrten schließlich zu einer Weiterentwicklung des VME-Busses, dem sog. VXI-Bus (VME-Bus Extensions for Instrumentation), der im Folgenden n¨aher beschrieben wird. 16.8.1 VXI-Bus Beim VXI-Bus handelt es sich um eine speziell auf die Belange der Messtechnik zugeschnittene Erweiterung des VME-Busses. Im IEEE-Normvorschlag P1155 werden dazu weitere Pin-Belegungen von P2 sowie ein zus¨atzlicher dritter
572
16 Messdatenerfassung im Labor
Steckverbinder (P3) definiert. Damit erh¨ alt der VXI-Bus im Vergleich zum Standard-VME-Bus neben weiteren Versorgungs-, Takt- und Triggerleitungen einen Analog-Summenbus sowie Leitungen f¨ ur lokale Teilbusse zur Verbindung benachbarter Module. Jedes VXI-Bus-System ben¨otigt einen sog. Mainframe. Es handelt sich dabei um ein Geh¨ause (VXI-Buscrate) mit Spannungsversorgung und einer R¨ uckwand (Backplane), in welche Europakarten verschiedener Gr¨oßen eingeschoben werden k¨onnen (Abb. 16.24). Das in Steckplatz 0 (Slot 0) befindliche P1 VME-Bus
P1 P2 P1 P2
VXI-Bus
P1 P2 P3
100 x 160 mm 233,35 x 160 mm
233,35 x 340 mm
366,70 x 340 mm
Abb. 16.24. Einsteckkarten bei VME- und VXI-Bus-Systemen
Modul muss unter anderem die Takt- und Triggerinformationen f¨ ur die restlichen Einsteckkarten in den Steckpl¨atzen 1 bis 12 zur Verf¨ ugung stellen. Die wesentlichen Merkmalerweiterungen zum VME-Bus sind: • • • •
h¨ ohere Datentransferrate: max. 40 MByte/s durch einen Triggerbus k¨onnen verschiedene Messungen zeitgleich gestartet und miteinander synchronisiert werden es ist eine dem IEC-Bus ¨ahnliche Kommunikation m¨oglich es ist eine Schnittstelle zum IEC-Bus definiert.
Die Zielsetzung der VXI-Bus-Entwicklung war es, die Vorz¨ uge des IEC-Busses (Standard der Messtechnik) mit denen des VME-Busses (Leistungsf¨ahigkeit) zu vereinigen. Dies bedeutet aber auch, dass der VXI-Bus eine Konkurrenz zu einem IEC-Bus nur dort sein kann, wo es auf h¨ohere Leistungsf¨ahigkeit, insbesondere h¨ohere Geschwindigkeiten, ankommt. Die VXI-Bus-Ger¨ate sind in Form von Einsteckkarten-Modulen ausgef¨ uhrt und beinhalten im Allgemeinen keine Anzeigen oder Bedienelemente. Von diesen Einsteckmodulen lassen sich in der Regel 13 St¨ uck in einem Mainframe unterbringen. Sie arbeiten entweder als Resource Manager, Commander oder Servants.
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
573
16.8.2 Resource Manager (System Manager) In Steckplatz 0 wird der sog. Resource Manager eingesteckt. Es handelt sich dabei um eine f¨ ur jeden VXI-Mainframe notwendige Kontrolleinheit, die alle angeschlossenen VXI-Bus-Ger¨ate identifiziert und die Adressentabelle des VXI-Systems (address map) verwaltet. Weiterhin startet bzw. u ¨ berwacht der Resource Manager alle Systemoperationen. Bei den restlichen Modulen unterscheidet man zwischen sog. Commanders und Servants, die in eine hierarchische Struktur eingebettet sind. Der Resource Manager konfiguriert und verwaltet alle Commander/Servant-Hierarchien des entsprechenden VXISystems. 16.8.3 Commander Ein Commander kontrolliert eine Gruppe von Servants. Im Rahmen einer u ¨ bergeordneten Hierarchie wiederum kann ein Commander aber auch als Servant eines weiteren Commanders dienen. Bei einem Commander handelt es sich stets um ein sog. nachrichtenorientiertes Modul (message based module). Solche Module sind in der Lage, ASCII-Zeichen als Kommandos zu interpretieren. 16.8.4 Servant Der Servant ist ein Modul, welches unter der Kontrolle eines Commanders arbeitet. Ein Servant kann gegen¨ uber Servants einer untergeordneten Hierarchieebene wiederum Commanderfunktion (Masterfunktion) besitzen, so dass er in der Gesamthierarchie andere Servants kontrollieren kann. Servants k¨onnen sowohl nachrichtenorientiert als auch registerorientiert arbeiten (registerorientiertes Modul, register based module). Registerorientierte Module verf¨ ugen u ber keine lokale Intelligenz, d. h. dass sie nicht in der Lage sind, Befehle in ¨ Form von ASCII-Zeichen zu empfangen. Diese Einschr¨ankung f¨ uhrt allerdings auch zu der angenehmen Eigenschaft, dass sie direkt und damit sehr schnell ansprechbar sind. Daneben gibt es noch Speichermodule (memory devices) vom Typ RAM oder ROM. 16.8.5 Busgliederung/Teilbusse Der VXI-Bus besteht aus den folgenden acht Teilbussen: • • • •
Standard-VME-Bus Takt-Bus (liefert Taktsignale f¨ ur alle angeschlossenen Module) Star-Bus (dient der schnellen asynchronen Kommunikation zwischen Modulen ohne Belastung des VME-Busses) Trigger-Bus (8 TTL und 8 ECL-Leitungen zur internen und externen Triggerung)
574
• • • •
16 Messdatenerfassung im Labor
lokaler Bus (zur Inter-Modulkommunikation) Analog-Summenbus (Summation von Stromsignalen verschiedener Module) Modul-Identifikationsbus (dient der automatischen Konfiguration) Spannungsversorgungsbus (zus¨atzlich zum VME-Bus werden ±24 V, −2 V und −5, 2 V zur Verf¨ ugung gestellt)
Einzelheiten zu VXI-Bussystemen finden sich in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z. B. in [39], [164]. 16.8.6 VXI- und IEC-Bus Ein großer Vorteil des VXI-Systems beruht auf der Tatsache, dass seine Steuerungs- und Kommandostruktur in Anlehnung an die IEC-Bus-Norm festgelegt wurde. Auf diese Weise k¨onnen in einem einzigen System VMEBus-, VXI-Bus- und IEC-Bus-Module gleichzeitig verwendet werden. So ist beispielsweise die Steuerung von VXI-Modulen von einem IEC-Bus-Controller aus m¨ oglich. Der Slot 0 kann f¨ ur diesen Fall eine VXI-Bus/IEC-Bus-Schnittstelle enthalten, die mit einem Rechner kommuniziert, der ebenfalls eine IECBus-Schnittstelle enth¨alt (Abb. 16.25). Das VXI-Bus-System erscheint dem Anwender in diesem Fall als eines von eventuell mehreren angeschlossenen IEC-Bus-Ger¨aten.
Abb. 16.25. VXI-Bus-System mit IEC-Bus-Verbindung zu einem Host-Rechner und einem Messger¨ at
16.8.7 PXI-Bus Infolge der weiten Verbreitung von PC-Karten in der Automatisierungstechnik und den geringen Kosten f¨ ur Hard- und Software f¨ ur Desktop-PCs wurde ein auf dem PCI-Bus (Peripheral Component Interconnect) basierender Standard f¨ ur Messdatenerfassung entwickelt. Dieser wurde den rauhen Bedingungen im industriellen Messumfeld angepasst und robust gegen¨ uber St¨orungen
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
575
ausgelegt. Im Jahre 1996 wurde durch die PICMG (PCI Industrial Computer Manufacturers Group) der CompactPCI-Standard definiert, der Datenraten bis zu 264 MByte/s zul¨asst. Hard- und softwarebedingt konnten allerdings keine definierten Interruptverz¨ogerungen eingehalten werden und Anwendungen, die ein exaktes Timing erfordern, k¨onnen daher nicht auf diesen Standard zur¨ uckgreifen. Der CompactPCI-Standard wurde 1997 von National Instruments [122] konsequent weiterentwickelt und 1998 als PXI-BUS eingef¨ uhrt. Heute z¨ahlt das Firmenkonsortium PXI System Alliance (PXISA), das die Entwicklung des PXI-Bus und der darauf basierenden Standards vorrantreibt, mehr als 60 Mitglieder. Dazu z¨ahlen viele namhafte Industrieunternehmen der Automatisierungstechnik. Der PXI-Bus (PCI eXtension for Instrumentation) stellt einen offenen Standard dar und verbindet wirkungsvoll bereits existierende Technologien, um Messdatenerfassungssysteme mit hoher Performance zu schaffen. Der PXIBus adaptiert den PCI-Bus, der derzeit vor allem im Desktopcomputerbereich verwendet wird, f¨ ur messtechnische Aufgaben und erweitert ihn um Robustheit in Bezug auf elektromagnetische Vertr¨aglichkeit, Temperatur- und Feuchtebedingungen im industriellen Messumfeld. Anders als beim Compact-PCI Standard wurden Softwaretreiber sowie Anforderungen an die K¨ uhleigenschaften und die elektromagnetische Vertr¨aglichkeit mit in den Standard einbezogen. Analog zu VXI-Bus-Systemen werden auch PXI-Systeme in Form eines Mainframe aufgebaut (Abb. 16.26). In dieses Mainframe-Geh¨ause (enth¨alt auch die Spannungsversorgung) werden zwischen vier und 18 Europakarten (ANSI 310-C, IEC 297 und IEEE 1101.1) verschiedener Gr¨oßen (3 oder 6 Gr¨ oßeneinheiten) eingeschoben. Im Steckplatz 1 (slot 1) befindet sich der Systemcontroller, der entweder eine Fernsteuerung des Systems mittels eines Desktop-PCs erm¨oglicht, oder aber einen Embedded Controller mit einem eigenst¨ andigen Betriebssystem. Module zur Erweiterung des Messdatenerfassungssystems, wie Signalgeneratoren, Signalanalyseger¨ate oder Messger¨ate, k¨ onnen in die verbleibenden Steckpl¨atze eingebracht werden (Abb. 16.27). Außerdem existiert die M¨oglichkeit, das System mit einem Stern-TriggerController zu erweitern, um ¨ahnlich den VXI-Systemen weitergehende Synchronisations- und Timingm¨oglichkeiten zu verwirklichen.
576
16 Messdatenerfassung im Labor
System-Controller-Modul Controller Erweiterung-Slots
leerer Slot
periphere Module
P2
Backplane
P1 Chassis 1
2
3
System-Slot Star-TriggerController oder peripherer Slot
4
5
6
7
8
maximal 7 verfügbare Einsteckplätze
Abb. 16.26. Aufbau eines PXI-Chassis
Abb. 16.27. PXI-Chassis mit Controller und sieben Peripheriemodulen
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
577
Die Hauptmerkmale des PXI-Bus sind: • • • • • •
Taktrate: 33/66 MHz Datenbreite: 32 bzw. 64 Bit Datentransferrate: 132 MByte/s (32 Bit, 33 MHz) bis 528 MByte/s (64 Bit, 66 MHz) Systemerweiterung mittels PCI-PCI Br¨ ucken m¨oglich Einbettung in 3,3 V-Systeme Plug-and-play F¨ahigkeit
Der PXI-Standard stellt folgende Synchronisierungs-, Timing- und Kommunikationsm¨ oglichkeiten zur Verf¨ ugung: • • • • •
Referenztakt (zur Synchronisierung mehrerer Komponenten; 10 MHz-TTLSignal) Trigger-Bus (8 Leitungen zur internen und externen Triggerung) lokaler Bus (13 Leitungen zur internen Kommunikation, die die PXIBandbreite nicht schm¨alern. Es k¨onnen TTL-Signale oder Signale bis zu 42 V verwendet werden.) Stern-Trigger-Bus (je eine Trigger-Leitung f¨ ur ein Modul in sternf¨ormiger Anordnung, um so einen m¨oglichst kleinen Bitversatz und genaueste Synchronisierung zwischen den PXI-Modulen zu gew¨ahrleisten.) PCI-PCI Br¨ ucken erm¨oglichen die Erweiterung eines PXI-Systems um weitere Steckpl¨atze, wobei nur ein PXI-Controller ben¨otigt wird.
Einen großen Vorteil von PXI-Systemen stellt die M¨oglichkeit dar, CompactPCI-Module zu integrieren. Diese k¨onnen zu einem g¨ unstigen Preis die gew¨ unschte Funktionalit¨at, wie sie beispielsweise eine Netzwerkkarte bietet, in ein bestehendes System einbinden, wobei dann auf die erweiterten PXI-Signale verzichtet werden muss. Die Verwendung eines PCs als Controller und die Anbindung an ein PXI-Geh¨ause mittels einer PCI-PCI-Br¨ ucke stellt einen h¨ aufigen Anwendungsfall von PXI-Systemen dar. Hierbei wird sowohl auf alle preisg¨ unstigen Ressourcen eines PCs zur¨ uckgegriffen als auch die schnellen Timing- und Synchronisierungsf¨ahigkeiten des PXI-Busses genutzt. Durch die Verwendung von PCI-PCI-Br¨ ucken kann ein PXI-System auf bis zu 31 Einsteckkarten erweitert werden. Es ist m¨oglich, auch gr¨oßere Systeme zu erstellen; durch den aktuellen PXI-Standard (PXI Hardware Revision 2.2) wird diese Grenze jedoch vorgegeben. 16.8.8 PCI-Express PCI-Express (Peripheral Component Interface Express, abgek¨ urzt PCIe bzw. PCI-E) ist prinzipiell als Nachfolger des PCI-Bus zu sehen. Aber im Gegensatz zum PCI-Bus ist PCIe kein paralleler Bus, sondern eine schnelle Punkt-zuPunkt-Verbindung, bei der die Daten¨ ubertragung u ¨ ber vollduplexf¨ahige Leitungspaare, sog. Lanes, erfolgt. F¨ ur die derzeit maximal m¨oglichen 16 (k¨ unftig
578
16 Messdatenerfassung im Labor
32) Lanes (als PCIe x 16 bezeichnet) sind in Zukunft Daten¨ ubertragungsraten von bis zu 1 GByte/s pro Lane geplant. Zur Zeit liegen diese bei 250 MByte/s pro Richtung. Im PC-Bereich wird PCIe x 1 als Ersatz f¨ ur den bekannten PCIBus hergenommen, w¨ahrend leistungsf¨ahige Graphikkarten mittels PCIe x 16 angebunden werden. PCIe ist hotplugf¨ahig, d. h. ein Einbau der Karten ist w¨ ahrend des laufenden Rechnerbetriebes m¨oglich. Weitere Informationen zu PCIe findet man in [138]. 16.8.9 PXI-Express (PXIe) Ebenso wie der PXI-Standard die M¨oglichkeit zur Instrumentierung basierend auf dem Desktop Computer Standard PCI gibt, greift PXI-Express den neuen Computer-Bus-Standard PCI-Express auf. Die M¨oglichkeiten zur Instrumentierung umfassen bei PXI-Express neben den Merkmalen von PXI einen neuen differentiellen 100 MHz System-Takt, differentielle Point-to-Point-Trigger sowie einen variablen Point-to-Point-Takt. Den typischen Aufbau eines PXI-Express-Systems zeigt Abb. 16.28. F¨ ur die in einem Chassis vorhandenen Einsch¨ ube (Slots) definiert der Standard mehr M¨ oglichkeiten als bei den PXI-Systemen. Der System-Slot auf der linken Seite ist obligatorisch, ebenso das Vorhandensein von Standardeinsch¨ uben f¨ ur die Instrumente (Peripheral Slots). Die System-Timing-Slots erm¨oglichen die Nutzung der neuen Timing- und Triggerm¨oglichkeiten von PXI-Express. Weiterhin k¨ onnen PXI-1-Slots vorhanden sein, in welchen die herk¨ommlichen PXI-Karten betrieben werden k¨onnen. Eine Besonderheit stellen die Hybrid Slots dar. Dort k¨onnen sowohl PXI- als auch PXI-Express-Karten verwendet werden. Ebenso wie bei den PXI-Systemen bleibt die Kompatibilit¨at zu Compact PCI vorhanden. Die Spezifikationen bez¨ uglich der Daten¨ ubertragungsraten ist von der jeweiligen Implementierung abh¨angig und gibt somit den Entwicklern von PXIExpress-Systemen die M¨oglichkeit, Kosten und Performance gegeneinander abzuw¨ agen. Als Maximalwert f¨ ur die Daten¨ ubertragung des Systemmoduls ¨ sind 6 GB/s pro Ubertragungsrichtung und f¨ ur die einzelnen periph¨aren Module je 2 GB/s definiert. Da die PXI-Express-Backplane mehrere Datenpfade zu Verf¨ ugung stellt, sind Gesamt¨ ubertragungsraten von u ¨ ber 32 GB/s in jede Richtung m¨ oglich. Diese Daten beziehen sich auf die aktuelle PXI-ExpressHardware-Spezifikation (Revision 1.0). 16.8.10 MXI-Bus Die erste Generation des MXI-Bus (Multisystem-Extension-Interface-Bus) ist ein 32-Bit breiter Bus zur Verbindung mehrerer VXI-Mainframes bzw. zur Anbindung von VXI-Modulen an einen PC [121]. Mit Hilfe des bis zu 20 m langen Buskabels k¨onnen bis zu 32 Mainframes verbunden werden. Die physikalische Verbindung basiert auf 48 single-ended verdrillten Leitungspaaren
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
579
PXI Express System Timing Slot PXI Express peripherer Slot
PXI Express Hybrid Slot
Module
Backplane Interface Connectors
PXI Express System Slot
Backplane Chassis 1
System-Erweiterungs-Slots
2
3
4
5
6
H
7
H
8
Periphere Slots
Abb. 16.28. Typischer Aufbau eines PXI-Express-Systems
(twisted pairs), die einen hohen Grad an St¨orsicherheit gew¨ahrleisten. Neben dem gemultiplexten, bis zu 32-Bit breiten Daten- und Adress-Bus gibt es u. a. eine Interrupt-Leitung, eine Fehlerleitung zur Behandlung von Deadlocks (Endlosschleifen) sowie Handshake-Steuerleitungen. Die theoretisch maximale Datentransferrate des MXI-Busses der ersten Generation liegt bei 20 MByte/s, wobei in der Praxis nur ca. 5 MByte/s erreicht werden. Abbildung 16.29 zeigt die prinzipielle Struktur einer MXI-Bus-Verbindung zwischen einem HostRechner und VXI-Bus-Systemen. Die Weiterentwicklung des MXI-Busses wird als MXI-2 bezeichnet. Sie nutzte die damals neueste Technologien f¨ ur Desktop-Computer, wobei vor allem durch den Einsatz des PCI-Busses eine erhebliche Verbesserung des Datendurchsatzes auf theoretisch 33 MByte/s und praktisch ca. 23 MByte/s erreicht wurde. Weitere Verbesserungen des MXI-2 Busses stellen die Verwendung von DMA (Direct Memory Access) und die M¨oglichkeit zur asynchronen Steuerung dar. Die Einf¨ uhrung des synchronen MXI-Protokolls brachte eine deutliche Reduzierung des Protokoll-Overheads und damit eine Erh¨ohung des Datendurchsatzes.
580
16 Messdatenerfassung im Labor
HostRechner
VXI-Bus-System I Resource Manager Commanders und Servants
MXI-BusInterface
VXI-Bus-System II Resource Manager Commanders und Servants
Abb. 16.29. VXI-Bus-Systeme mit MXI-Bus-Verbindungen zu einem Host-Rechner
Die dritte Generation des MXI Standards (MXI-3) basiert, unter Ber¨ ucksichtigung des Compact-PCI- und PXI-Standards, auf der PCI-Technologie. Im Prinzip verh¨alt sich eine MXI-3-Verbindung wie eine PCI-PCI-Br¨ ucke, welche aus einem prim¨aren (PCI-MXI-3-Board) und einem sekund¨aren (CompactPCI/PXI-MXI-3-Modul) Interface besteht, die mit einem Kupfer- oder Lichtwellenleiterkabel miteinander verbunden sind und somit eine transparente Ankopplung von Compact-PCI/PXI-Systemen an Standard-PCs erlaubt. Die Leitungsl¨ange darf bei Verwendung von Kupferkabeln 10 m und bei Lichtwellenleitern 200 m nicht u ussen gr¨oßere Distanzen u ¨ berschreiten. M¨ ¨ berwunden werden, so kann dies durch Repeater, die nach der jeweils maximalen Kabell¨ ange eingesetzt werden, realisiert werden. Der theoretisch maximale Datendurchsatz von MXI-3 betr¨agt 100 MByte/s, wobei praktisch ca. 90 MByte/s erreicht werden. 16.8.11 PXI MultiComputing (PXImc) Mit den gr¨ oßer werdenden Datenmengen, welche Instrumentierungs- und Messdatenerfassungssysteme zu generieren in der Lage sind, w¨achst auch der Bedarf an Prozessorleistung vor Ort. Klassischerweise werden alle Daten, beispielsweise in PXI-Systemen, vom zentralen Steuerrechner verarbeitet. Mittlerweile sind allerdings Systeme gew¨ unscht, die u ¨ber mehr Rechenleistung verf¨ ugen, als von einer einzigen Prozessoreinheit zur Verf¨ ugung gestellt werden kann. Auf der anderen Seite bieten konventionelle Bussysteme, wie MXI oder Ethernet, nicht die notwendige Bandbreite bzw. besitzen zu große Verz¨ogerungszeiten. Aus dieser Motivation heraus wurde im Jahr 2009 der PXImc-Standard entwickelt, der aktuell in der PXI MultiComputing Hardware Specification (Revision 1.0) niedergelegt ist. Dieser neue Standard basiert auf den PXISpezifikationen und den PCIe-External-Cabling-Spezifikationen, was den Vorteil hat, dass beim Aufbau eines PXImc-Systems im Wesentlichen auf bekannte Komponenten, Kabel und Verbinder zur¨ uckgegriffen werden kann.
16.8 VXI-Bus, PXI-Bus und MXI-Bus
PXImc Device PXI Peripheral Module Form Factor
Primary System Host
PCI Host Bus Bridge
581
PXI Backplane Clock
PXImc Logic Bus PCI NTB
PCI Host Bus Bridge
PCI-Bus
Abb. 16.30. PXImc-Kommunikation innerhalb eines PXI-Chassis
Abbildung 16.30 zeigt die Grundkomponenten eines PXImc-Systems. In jedem System ist genau ein Primary System Host vorhanden, der als Controller fungiert. Daneben k¨onnen mehrere PXImc Devices existieren. Die ¨außere Form des Hosts ist nicht vorgegeben, es kann sich dabei um einen PC oder auch um ein PXI-System-Module in einem PXI Chassis handeln. Letztere Variante ist in Abb. 16.30 dargestellt, wobei dort auch ein PXImc Device im selben Geh¨ ause untergebracht ist. Das PXImc Device beinhaltet einen eigenen Prozessor, Speicher und den PCIe Root Complex, der die Kommunikation u ¨ber den PCI-Bus steuert. Neben diesen Standardkomponenten muss ein PXImc Logic Block vorhanden sein. Dieser beinhaltet eine nicht-transparente PCI Bridge (NTB) sowie die notwendige Elektronik f¨ ur die Referenztaktsignale des Primary System Hosts. Die Kommunikation erfolgt in diesem Fall ausschließlich u ¨ ber die NTB. Es wird die Backplane des PXI-Chassis genutzt, wodurch maximale Daten¨ ubertragungsraten erreicht werden k¨onnen. Daneben k¨onnen externe PXImc Devices u ¨ ber PCI Express Kabel angeschlossen werden. 16.8.12 Historie der bisher diskutierten Bus-Standards Abschließend sind die Zeitpunkte der Einf¨ uhrung aller bisher diskutierten BusStandards angef¨ uhrt: 1981 VME 1987 VXI 1989 MXI
1995 VME64
Etablierung des VME-Standards (VERSAmodule Eurocard) National Instruments f¨ uhrt VXI (VME eXtension for Instrumentation) als offenen Standard ein Einf¨ uhrung von MXI (Multisystem eXtension Interface) zur Anbindung von Computern an VXISysteme Weiterentwicklung des VME- zum VME64-Standard durch Erweiterung auf 64-Bit-Datenbreite
582
16 Messdatenerfassung im Labor
1996 MXI-2
MXI-2 erm¨oglicht deutlich h¨ohere Datenraten und Datendurchsatz 1997 VME64x VME64x (eXtension) erweitert VME64 u. a. um 3, 3 V Spannungsversorgung, zus¨atzlich wird die max. Datenrate auf bis zu 160 MByte/s erh¨oht. 1998 PXI Einf¨ uhrung von PXI (PCI eXtension for Instrumentation), um die preisg¨ unstigen PCI (Peripheral Component Interconnect) Produkte des Desktop-PC Bereichs nutzen zu k¨onnen. 1999 MXI-3 Unter Verwendung von MXI-3 ist es m¨oglich, PXISysteme mit hohen Datenraten an PCs anzubinden 2004 PCIe PCIe (PCI-Express bzw. PCI-E) ist eine schnelle Punkt-zu-Punkt-Verbindung mit 16 vollduplexf¨ahigen Leitungspaaren mit je 250 MByte/s. 2005 PXIe Erweiterung von PXI um die Spezifikationen von PCIe, was Datenverkehr innerhalb eines PXIeSystems (PXI Express) von bis zu 32GB/s erm¨oglicht. 2009 PXImc PXImc (PXI MultiComputing) ist ein Standard, der die verteilte Rechenleistung von Multiprozessorsystemen mit der Bandbreite schneller PCI oder PCIExpress-Verbindungen vereint.
17 Messdatenerfassung im Feld
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) 17.1.1 Aufbau einer SPS Speicherprogrammierbare Steuerungen sind modulare und frei programmierbare Steuerger¨ate, die nicht als fertige Komplettsysteme angeboten, sondern nach den Anforderungen der jeweiligen Applikation anhand von Einzelmodulen konfiguriert werden. Die Grundausstattung einer SPS beinhaltet: • • • •
eine Stromversorgung, einen Prozessor (CPU), Speichermodule (RAM, NOV-RAM, EPROM, EEPROM), mindestens je eine Eingangs- und Ausgangsbaugruppe.
Es existieren noch zahlreiche weitere Baugruppen f¨ ur speicherprogrammierbare Steuerungen, wie beispielsweise Schnittstellenerweiterungen, Kommunikationsbaugruppen oder CPUs f¨ ur spezielle Aufgaben, die je nach Anforderungen zu der SPS-Hardware hinzugef¨ ugt werden k¨onnen. So entsteht ein optimal an die Anwendung angepasstes Hardwaresystem, das keine ungenutzten Komponenten enth¨ alt. Die Modularit¨at von speicherprogrammierbaren Steuerungen hat auch den Vorteil, dass bestehende Systeme leicht durch weitere Baugruppen ausgebaut werden k¨ onnen bzw. bei gegebener Kompatibilit¨at ein leistungsf¨ahigerer Prozessor einen f¨ ur die gew¨ unschte Aufgabe zu langsamen Prozessor ersetzt, ohne etwas an den anderen Baugruppen oder gar am Programmcode ver¨andern zu m¨ ussen. Detaillierte Informationen zu speicherprogrammierbaren Steuerungen findet man in der Spezialliteratur [69], [70], [125]. 17.1.2 Programmstruktur Steuerprogramme bestehen aus Aufrufen von Bausteinen (Programm-Module), die unabh¨ angig voneinander programmiert werden. Dadurch k¨onnen im Laufe
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_17
584
17 Messdatenerfassung im Feld
der Zeit große Bausteinbibliotheken entstehen, die auch in anderen Programmen verwendet werden. Traditionell unterscheidet man zwischen Programmbausteinen, Funktionsbausteinen, Organisationsbausteinen und Schrittbausteinen, wobei die beiden letztgenannten Bausteine im Standard IEC 61131-3 durch die Einf¨ uhrung von Tasks bzw. durch die Ablaufsprache ersetzt wurden. Die traditionellen Bausteine unterscheiden sich nach Art der Anwendung folgendermaßen: Funktionen: es werden Parameter u ¨ bergeben und ein Parameter eines bestimmten Typs wird zur¨ uckgegeben. Der R¨ uckgabeparameter wird nicht gespeichert (= ohne Ged¨achtnis). Funktionsbl¨ ocke: erhalten Eingangsparameter und f¨ uhren bestimmte, von den Parametern abh¨angige Funktionen aus. Nach Ablauf der Funktion stehen die Ergebnisse in Form von Parametern dauerhaft zur Verf¨ ugung (= mit Ged¨achtnis). ¨ Programme: erf¨ ullen Aufgaben ohne Ubergabe von Parametern. Organisationsbausteine: steuern den zeitlichen Ablauf von Programmen und Funktionsbausteinen. Schrittbausteine: steuern den Ablauf von Programmen. 17.1.3 Permanent-zyklischer Betrieb Da speicherprogrammierbare Steuerungen nicht die u ¨ bliche Architektur von Computern besitzen, ist auch der Programmablauf anders gestaltet. SPSProzessabbild Eingänge
SteuerungsProgramm
Prozess
Prozessabbild Ausgänge
Abb. 17.1. Permanent-zyklischer Betrieb einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS)
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
585
Programme laufen im permanent-zyklischen Betrieb ab, wobei vor und nach jedem Programmzyklus sog. Prozessabbilder ver¨andert werden. Das Prozessabbild (Abb. 17.1) beschreibt den Zustand der Ein- und Ausg¨ange zu einem bestimmten Zeitpunkt. Nur in Ausnahmef¨ allen wird ein bestimmter Wert eines Eingangs bzw. Ausgangs direkt gelesen bzw. gesetzt (d. h. nicht erst zum Ende des Programmdurchlaufs). Der typische Ablauf eines Zyklus beginnt mit dem Erstellen des Prozessabbildes der Ein- und Ausg¨ange. Da w¨ahrend des Programmdurchlaufs nur auf das Prozessabbild zugegriffen wird, ist nur eine Momentaufnahme des Zustands der Ein- und Ausg¨ange w¨ahrend der Programmbearbeitung ¨ verf¨ ugbar. Alle Anderungen am Zustand der Ausg¨ange werden erst nach dem ¨ Ende des Programmdurchlaufs durch das Ubertragen des Prozessabbildes der ¨ Ausg¨ ange auf die physikalischen Ausg¨ange wirksam. Anderungen des Zustands von Eing¨ angen nach dem Erstellen des Prozessabbildes k¨onnen erst bei dem n¨ achsten Programmdurchlauf ber¨ ucksichtigt werden (Abb. 17.2). Die Zykluszeit bezeichnet die Zeitdauer zwischen zwei Schreibvorg¨angen auf die physikalischen Ausg¨ ange. Diese ist nicht konstant, da die Bearbeitung des Programmes in aller Regel situationsabh¨angig ist. Infolge bestimmter Ereignisse oder Meldungen werden jeweils andere Programmteile durchlaufen. Manche Hersteller bieten die M¨oglichkeit an, den Zyklus in zeitlich a¨quidistanten Schritten zu starten, wobei w¨ahrend der verbleibenden Zeit entweder nichts geschieht oder Kommunikation mit anderen Ger¨aten betrieben wird.
Prozessabbild der Eingänge einlesen
Prozessabbild der Ausgänge ausgeben
Programmbearbeitung
Prog.bearb.
Zyklus
Zyklus
Prog.bearb.
Prog.bearb.
Zyklus
Zyklus
Ereignis
...
Reaktion Reaktionszeit
Abb. 17.2. Reaktionszeit einer speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS)
586
17 Messdatenerfassung im Feld
17.1.4 Ausnahmen vom permanent-zyklischen Betrieb Durch Verwendung spezieller Befehle besteht die M¨oglichkeit, den Wert eines Eingangs direkt einzulesen bzw. einen Ausgangswert direkt zu setzen. Dies ist ¨ f¨ ur F¨ alle notwendig, bei denen z. B. unmittelbar auf eine Anderung ein Ausgang gesetzt werden muss. Bei der Verwendung solcher Befehle kann zwar, bezogen auf diesen Ausgang, Zeit eingespart werden, auf mehrere Ein- bzw. Ausg¨ ange angewandt, wird die Zyklusdauer jedoch erheblich verl¨angert. Daher ist es in den meisten F¨allen sinnvoll, wie oben geschildert, nur auf die Prozessabbilder zuzugreifen. 17.1.5 Besonderheiten der Programmierung Aufgrund des permanent-zyklischen Betriebs ist es nicht m¨oglich, innerhalb eines Programmdurchlaufs auf bestimmte Ereignisse zu warten. Es ist bei¨ spielsweise unm¨oglich, innerhalb eines Programmzyklus die Anderung eines Eingangswertes zu detektieren, da das Eingangsprozessabbild nur eine Momentaufnahme der Eing¨ange zum Zeitpunkt des Zyklusstarts darstellt und das Programm lediglich auf diese zur¨ uckgreifen kann. Des Weiteren ist es nicht ¨ m¨ oglich, an einer bestimmten Stelle im Programm auf die Anderung einer Bedingung, z. B. das Verstreichen einer Zeitspanne, zu warten. Der permanentzyklische Betrieb muss vom Programmierer sichergestellt werden, andersfalls ¨ kommt es zu einer Uberschreitung der Zykluszeit, die je nach SPS entweder zu einem Abbruch der Programmausf¨ uhrung, einer Fehlermeldung oder Problemen mit der Kommunikation zur Außenwelt f¨ uhrt. Bei der Programmierung solcher Aufgaben wird daher die Ablaufsteue¨ rung genutzt, die aufgrund von Ubergangsbedingungen daf¨ ur sorgt, dass der n¨ achste Schritt im Programm ausgef¨ uhrt wird. Dagegen wird die Verkn¨ upfungssteuerung verwendet, um innerhalb eines Programmdurchlaufs alle Ausgangswerte in Abh¨angigkeit von bestimmten Eingangswerten und deren Verkn¨ upfungen zu setzen. 17.1.6 Programmiersprachen f¨ ur SPS nach IEC 61131-3 Es gibt viele Programmiersprachen f¨ ur speicherprogrammierbare Steuerungen, wobei leider nur wenige standardisiert sind und erst seit geraumer Zeit die Einsicht w¨achst, dass nur ein Programmierstandard die Portabilit¨at und damit die Zukunft von SPS-Programmen gew¨ahrleistet. Viele SPS-Hersteller entwickelten anfangs speziell auf ihren SPS-Typ zugeschnittene Programmiersprachen, wodurch der Austausch einer SPS mit Modellen anderer Hersteller nicht ohne weiteres m¨oglich war. Erst in der Norm IEC 61131-3 wurden einige Programmiersprachen standardisiert und so die gew¨ unschte Portabilit¨at erreicht. Es ist zu erw¨ahnen, dass die dort beschriebenen Programmiersprachen beliebig miteinander kombinierbar sind, um die St¨arken der einen oder anderen Sprache in einem Programm nutzen zu k¨onnen.
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
587
Folgende Programmiersprachen werden durch die IEC Norm 61131 definiert [125]: • • • • •
Anweisungsliste AWL, instruction list IL Strukturierter Text ST, structured text ST Kontaktplan KOP, ladder diagram LD Funktionsbausteinsprache FBS, function block diagramm FBD Ablaufsprache AS, sequential function chart SFC
Generell wird zwischen graphischen und textorientierten Sprachen unterschieden, wobei die Sprachen AWL und ST textorientiert, dagegen KOP und FBS graphisch sind. AS ist sowohl textorientierte als auch graphische Programmiersprache. Textorientierte Programmiersprachen AWL: wie der Name schon sagt, besteht diese Programmiersprache aus einer Liste von Anweisungen, wobei jede Anweisung in einer neuen Zeile beginnt und einen Operator sowie, je nach Operatortyp, einen oder mehrere durch Komma getrennte Operanden beinhaltet. Es finden auch IdentifikatorMarken Verwendung, die als Sprungpunkte dienen. ST: ist an Hochsprachen wie Basic, C oder Pascal angelehnt, eignet sich vor ¨ allem f¨ ur h¨aufig benutzte Konstrukte und dient der Ubersichtlichkeit des Programmes. So k¨onnen Schleifen einfach implementiert werden. Strukturierter Text ist außerdem eine leicht lesbare Programmiersprache, die bei stark verschachtelten Anweisungen Vorz¨ uge bietet. Graphische Programmiersprachen KOP: ist an das Prinzip von elektrischen Schaltungen angelehnt. Die Sprache eignet sich zur Konstruktion logischer Schaltwerke, zur Steuerung von Funktionsbausteinaufrufen oder aber zum Erstellen von Netzwerken. Auf der linken und rechten Seite des Netzwerks wird selbiges von einer Stromleitung begrenzt, wobei mittels dazwischen angeordneter Kontakte, Spulen und Verbindungslinien ein Kontakt zwischen den Stromleitungen hergestellt werden kann. Kontakte sind dabei Datenquellen, wie z. B. boolesche Variablen oder Eingangssignale, und Spulen stellen Datensinken dar, z. B. boolesche Variablen oder Ausgangssignale. FBS: FBS-Programme k¨onnen sehr abstrakt und kompakt sein und zudem elegant und auch z¨ ugig erstellt werden. Wesentliche Sprachelemente sind Funktionen, Funktionsbl¨ocke, Funktionsbausteine, Variablen sowie horizontale und vertikale Linien. Daten fließen von links nach rechts und werden an beiden Seiten durch Variablen begrenzt. Die Verwendung von Sprungmarken und Spr¨ ungen ist vorgesehen, allerdings sollten diese nur begrenzt verwendet werden, um die Lesbarkeit des Programmes zu gew¨ ahrleisten.
588
17 Messdatenerfassung im Feld
Ablaufsprache AS: ist sowohl eine textbasierte als auch eine graphische Programmiersprache. Wesentliche Bestandteile der Programmiersprache stellen Schritte, ¨ Transitionen (Ubergangsbedingungen) und Verbindungen dar. Bei jedem Schritt wird eine bestimmte Menge von Aktionen f¨ ur diesen Schritt durch¨ gef¨ uhrt, diese Aktionen werden solange ausgef¨ uhrt, bis die Ubergangsbedingung zum n¨achsten Schritt erf¨ ullt ist. Jedes Programm bzw. jeder Funktionsbaustein kann als AS-Programm betrachtet werden, selbst wenn daf¨ ur andere Sprachen zur Verwendung gekommen sind, da dann ein ASProgramm aus nur einem Schritt besteht. 17.1.7 Beispiele f¨ ur die IEC-genormten SPS-Programmiersprachen Im Weiteren werden die standardisierten Programmiersprachen anhand von kleinen Beispielen vorgestellt: AWL-Beispiel:
¨ Abb. 17.3. Beispiel eines AWL-Programmes (R¨ uhrkessel-Uberwachung)
¨ Die Uberwachung eines R¨ uhrkessels soll als Beispiel f¨ ur ein AWL-Programm dienen. Abbildung 17.3 zeigt ein solches Programm, im oberen Teil die Variablendeklarationen und im unteren Teil die Implementierung des Programmes. Steigt die Kesseltemperatur u ¨ ber eine bestimmte Maximaltemperatur oder sinkt die Kesseltemperatur unter einen Minimalwert, so wird die Variable NotAUS“ gesetzt und weitere Aktionen w¨ urden folgen. In diesem Beispiel” programm wurden folgende Befehle verwendet:
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
589
lade Variable in Stack (lower than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen kleiner als ein bestimmter Wert ist EQ (equals) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen gleich einem bestimmten Wert ist GT (greater than) Abfrage, ob der Wert der im Stack befindlichen Variablen gr¨ oßer als ein bestimmter Wert ist AND Und-Verkn¨ upfung von Bedingungen OR Oder-Verkn¨ upfung von Bedingungen ST Speichere Wert im Stack in Variable. LD LT
Eine AWL-Anweisung besteht immer aus einem Operator und, je nach Befehl, einem oder mehreren Operanden. Es k¨onnen auch Sprungmarken definiert werden (Sprungmarke:) oder Kommentare am Ende der Zeile eingef¨ ugt werden ((* Kommentar*)). ST-Beispiel:
Abb. 17.4. Beispiel eines ST-Programmes (Raumtemperatur-Regelung)
Abbildung 17.4 zeigt ein kurzes ST-Programm, welches mehrere Male denselben Funktionsblock zur Raumtemperaturregelung aufruft. Im oberen Teil der Abbildung sind die Deklarationen zu erkennen, im unteren Teil die Implementierung des Programmes. Die Benutzung von Schleifen erlaubt es, den Programmcode im Gegensatz zu den anderen Sprachen sehr kompakt zu formulieren. Die Sprache ST ¨ahnelt der Hochsprache Pascal. Der im Deklarationsteil des Programmes erw¨ahnte Funktionsblock T2PmitHysterese ist als ST-Funktionsblock in Abb. 17.5 zu sehen. Der Funktionsblock u uft, ob die Raumtem¨ berpr¨ peratur geringer ist als der vorgegebene Sollwert, abz¨ uglich eines Hysteresewertes. Der jeweils g¨ ultige Sollwert kann dabei entweder durch ein Tagbzw. Nachtprogramm oder ansonsten durch einen Sollwertsteller vorgegeben werden. Die gleiche Funktionalit¨at besitzt auch der in Abb. 17.7 gezeigte FBS¨ Funktionsblock, wobei die Ubersichtlichkeit und Anschaulichkeit der Funktion durch die Sprache FBS eher gegeben ist als bei Verwendung von ST.
590
17 Messdatenerfassung im Feld
Abb. 17.5. Beispiel eines ST-Funktionsblocks
KOP-Beispiel: Das KOP-Beispiel (Abb. 17.6) zeigt die einfache Verkn¨ upfung mehrerer Bedingungsvariablen. Die Variablen F1 , F2 und F3 stellen den Zustand von Fenstern dar. Wenn nur eines dieser Fenster ge¨offnet ist, dann soll die Variable Q gesetzt (= WAHR) werden. Sind weniger oder mehr als ein Fenster offen, so wird die Variable nicht gesetzt (= FALSCH). Es wurden die Elemente Kontakt und Spule verwendet, wobei die M¨oglichkeit der Negierung jeweils auf zwei der L¨ uftervariablen in einem Parallelzweig angewendet wurde. Die dabei realisierte Funktion lautet Q = (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ) ∨ (F1 ∧ F2 ∧ F3 ). F¨ ur diesen Funktionsblock m¨ ussen die Variablen deklariert sein, dieser Deklarationsblock k¨onnte folgendermaßen aussehen:
Abb. 17.6. Beispiel eines KOP-Funktionsblocks
17.1 Die speicherprogrammierbare Steuerung (SPS)
591
FUNCTION BLOCK EIN FENSTER OFFEN VAR INPUT F1, F2, F3: BOOL; END VAR VAR OUTPUT Q: BOOL; END VAR VAR END VAR
FBS-Beispiel:
Abb. 17.7. Beispiel eines FBS-Funktionsblocks (Raumtemperatur-Regelung)
Am Beispiel einer Raumtemperaturregelung (Abb. 17.7) wird die Sprache FBS vorgestellt. Es wird zwischen folgenden Szenarien unterschieden: • • •
Steuerung durch Raumsollwertsteller Steuerung durch Tagprogramm Steuerung durch Nachtprogramm.
Ist eines der Programme aktiv, so wird der jeweils definierte Sollwert herangezogen, andernfalls wird der Wert des Raumsollwertstellers verwendet. F¨allt die Temperatur unter einen bestimmten Schwellwert (= Sollwert - Temperaturhysterese), so soll die Variable Heizung gesetzt werden, andernfalls nicht. Dieselbe Funktionalit¨at wird auch von dem in Abb. 17.5 beschriebenen ST¨ Funktionsblock u des Funktionsblocks ¨ bernommen, wobei die Ubersichtlichkeit durch die Sprache FBS wesentlich verbessert wird. Es wurden bei diesem Beispiel Funktionsbausteine, Negierungen sowie Einund Ausg¨ ange verwendet. Negierungen sind an einem Kreis am jeweiligen Einoder Ausgang eines Funktionsbausteins zu erkennen. Analog zum FBS-Beispiel ist auch hier ein Deklarationsblock f¨ ur Variablen n¨ otig. Dieser wird nicht explizit aufgef¨ uhrt, da er dem Deklarationsblock aus Abb. 17.5 entspricht.
592
17 Messdatenerfassung im Feld
AS-Beispiel: Die Steuerung einer Fußg¨angerampel soll in Anlehnung an [70] als Beispiel f¨ ur die Ablaufsprache dienen. Das zugeh¨orige Bild ist in Abb. 17.8 zu sehen. Die Steuerung unterscheidet dabei folgende Zust¨ande der Fußg¨angerampel: • • • • • •
Fahrbahn frei (Fahrzeuge d¨ urfen passieren) Fahrbahn anhalten (Fahrzeuge sollen anhalten) Straße r¨aumen (Fahrzeuge sollen den Ampelbereich verlassen) Fußweg frei (Fußg¨anger d¨ urfen die Straße u ¨berqueren) Fußweg r¨aumen (Fußg¨anger sollen die Straße verlassen) Fahrbahn vorbereiten (Fahrzeuge sollen sich auf das Anfahren vorbereiten)
In diesem Beispiel wurden Transitionen, Aktionen und ein Sprung verwendet. Tran¨ sitionen sind Ubergangsbedingungen, die das Fortschreiten von einem Schritt zum n¨achsten steuern. In den meisten F¨allen ¨ des Beispiels heißt die Ubergangsbedingung Timer.Q, was den Ablauf einer bestimmten Zeit darstellt. Zu Beginn eines jeden Schrittes wird ein Timer gestartet, der nach dem Ablauf einer vorgegebenen Zeit eine logische ‘1‘ liefert. Der Ampelzyklus wird gestartet, indem entweder ein Knopf gedr¨ uckt wurde oder aber im Automatik-Modus eine bestimmte Zeit verstrichen ist. Ist das Programm am unteren Ende angekommen, so wird durch den Sprung zu Fußweg raeumen der Zyklus fortgesetzt. Ein ‘E‘ in der linken unteren Ecke eines Schrittes zeigt eine vorhandene Eingangsaktion, ein schwarzes Dreieck in der Abb. 17.8. Beispiel eines AS- rechten oberen Ecke eine Schrittaktion an, die fortlaufend ausgef¨ uhrt wird solanProgrammes ge der Schritt aktiv ist. Aktionen sind
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
593
Programm- oder Funktionsaufrufe in einer der genormten Programmiersprachen. In diesem Beispiel werden in den Eingangsaktionen die Ampelwerte (Rot, Gelb, Gr¨ un) gesetzt und in der Schrittaktion der Timer aufgerufen, um den Wert der abgelaufenen Zeit aufzufrischen. Die Zust¨ande der Ampelfarben w¨ ahrend der jeweiligen Schritte sind in Tab. 17.1 aufgef¨ uhrt. Tabelle 17.1. Farbtabelle der Ampeln des AS-Beispiels Schritt Fussweg raeumen Fahrbahn vorbereiten Fahrbahn frei Fahrbahn anhalten Strasse raeumen Fussweg frei
Fahrzeugampel Rot Gelb Gr¨ un 1 0 0 1 1 0 0 0 1 0 1 0 1 0 0 1 0 0
Fußg¨ angerampel Rot Gr¨ un 1 0 1 0 1 0 1 0 1 0 0 1
Tip: Auf der CD-ROM befindet sich eine Demoversion des Programms CoDeSys zur Programmierung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen. Das book.pdf-File enth¨alt eine Einf¨ uhrung in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der SPSProgrammierung sowie einige Aufgabenstellungen, die einen Einblick in die unterschiedlichen Programmiersprachen geben. Dabei k¨onnen SPSProgramme erstellt und auf dem PC simuliert werden. Via Internet k¨ onnen auch Programme auf eine am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik (FriedrichAlexander-Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg) aufgebaute SPS geladen und ausgef¨ uhrt werden. Die erfolgreiche Programmierung dieser SPS kann anhand von helligkeitsgesteuerten Lampen und LEDs mittels einer WebCam beobachtet werden. Die Beispielprogramme befinden sich im Verzeichnis \SPS_Codesys\Aufgaben.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) 17.2.1 Vernetzung von Speicherprogrammierbaren Steuerungen Die durchg¨ angige Vernetzung von meist dezentralen Steuerungseinheiten ist ein wichtiger Trend in der Automatisierungstechnik. Die in der j¨ ungeren Vergangenheit entwickelten SPS-Controller bieten neben einer hohen Prozessorleistung vielf¨ altige M¨oglichkeiten der Kommunikation u ¨ber folgende wichtige Standard-Schnittstellen bzw. Protokolle:
594
• • • • •
17 Messdatenerfassung im Feld
http (Hypertext Transfer Protocol) GSM (Global System f¨ ur Mobile Comunication) s. Kap. 18.10 SMS (Short Message Services) TCP/IP (Transmission Control Protocol/Internet Protocol) s. Kap. 18 ISDN (Intergrated Services Digital Network) s. Kap. 18.10
Im Folgenden sollen beispielhaft einige Kommunikationsformen anhand einer SPS-Controller-Familie der Fa. WAGO aufgezeigt werden. Es handelt sich dabei um die Serie 750, zu der verschiedene Controller angeboten werden [193]. Die Controller (s. Abb. 17.9) unterscheiden sich einerseits bez¨ uglich der Feldbusschnittstelle, die sie zur Verf¨ ugung stellen, und andererseits in Bezug auf die interne Speichergr¨oße sowie die Leistungsf¨ahigkeit des eingebauten Prozessors. Als m¨ogliche Feldbusanschl¨ usse werden beispielsweise der CAN-Bus, der PROFIBUS/DP, der Interbus, der LON-BUS oder auch der MODBUS angeboten. Daneben gibt es den Controller in Ausf¨ uhrungen mit ETHERNET TCP/IP-Anschluss, wie z. B. das in Abb. 17.9 gezeigte Modell 750-841. Die neuere Variante 750-881 stellt 2 RJ 45-Buchsen f¨ ur den ETHERNET-
Abb. 17.9. Speicherprogrammierbare Steuerung (SPS) der Fa. WAGO [193]. Der SPS-Controller enth¨ alt einen integrierten Webserver.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
595
Anschluss bereit. Er arbeitet mit h¨oheren Taktfrequenzen und gr¨oßeren Speichern (Programmspeicher = 1 MByte, Datenspeicher = 512 kByte und Remanentspeicher = 32 kByte). Daneben enth¨alt er einen internen Switch f¨ ur die Vernetzung in Linientopologie. Dadurch k¨onnen unter Umst¨anden sogar separate Switches im Netzwerk eingespart werden. Die IP-Adresse l¨asst sich u ¨ ber DIP-Schalter einstellen. 1. Fernwartung u ¨ ber eine Telefon-Modemverbindung Die serielle Service-Schnittstelle des Controllers erlaubt in Verbindung mit einer entsprechenden Kommunikationstreibersoftware den Aufbau einer transparenten Modemverbindung. Dazu k¨onnen sowohl analoge als auch digitale (ISDN und GSM) Telefon-Modems zum Einsatz kommen. Auf diese Weise l¨asst sich eine kosteng¨ unstige Fern¨ uberwachung der SPS realisieren. Es ist jedoch zu u ufen, inwieweit geeignete Kommunika¨berpr¨ tionstreiber zum aktuell verwendeten Controller verf¨ ugbar sind. 2. Datenaustausch u ¨ ber ein LAN-Modem Bei Verwendung eines LAN-Modems, das im Besonderen auch ein ISDNRouter mit LAN-Anbindung sein kann (entspr. dem Gateway in Abb. 20.1), erfolgt der Zugriff auf den SPS-Controller via seiner Ethernet-Schnittstelle wie in einem lokalen Netzwerk auf transparente Weise. Diese Vernetzungsvariante erm¨oglicht die komfortable Fernwartung, die Programmierung sowie die Steuerung bzw. Beobachtung der SPS von einem PC aus, der sich an einem beliebigen Standort befinden kann. Dabei lassen anwendungsspezifische Programme, die auf dem MODBUS-TCP-Protokoll oder Ethernet/IP (Ethernet Industrial Protocol) aufsetzen, den direkten Zugriff auf Datentransfer-Routinen zu. Auf diese Weise ist auch eine direkte Anbindung an SCADA (= System (Survey/Supervisory) Control and Data Acquisition) m¨ oglich. SCADA bezeichnet eine Software-Kategorie, die der Datenaufnahme, der Prozesssteuerung und der Prozessvisualisierung dient. Der Begriff SCADA-System wird h¨aufig als Synonym f¨ ur Leitsystem verwendet, obgleich das letztgenannte sicherlich wesentlich weitreichendere Funktionalit¨ at aufweist. Die Anbindung an SCADA erfolgt in der Regel wiederum u ¨ ber MODBUS-TCP-Treiberroutinen, mittels derer direkter Zugriff auf die Prozessdaten besteht. 3. Kommunikation via Short-Message-Service (SMS) Das Versenden einer SMS (Short-Message-Service) seitens einer SPS auf ein bestimmtes Mobiltelefon eignet sich besonders zum Alarmieren eines Servicetechnikers in Bereitschaft. Eine St¨ormeldung wie “Notabschal¨ tung/Uberhitzungsgefahr” l¨asst sich problemlos auf ein gew¨ohnliches Mobiltelefon u ¨ bertragen. Der Text kann variiert und sogar mit aktuellen Prozessdaten versehen werden. Das Versenden von SMS-Nachrichten erfolgt immer u ¨ ber das Short-Message-Service-Center (SMSC) des jeweili-
596
17 Messdatenerfassung im Feld
gen Netzbetreibers. Controller und SMSC k¨onnen sowohl u ¨ ber GSM als auch u ¨ber das Festnetz (ISDN oder analog) kommunizieren. Der SMS-Versand u ¨ ber ein GSM-Modem, gegebenenfalls ein Handy mit Datenkabel, bietet besonders f¨ ur an abgelegenen Standorten arbeitende Controller vielf¨altige Einsatzm¨oglichkeiten. F¨ ur den Anschluss des GSM-Modems wird eine entsprechende Busklemme mit einer seriellen Schnittstelle in den Klemmenverband integriert. Ein mit einem GSM-Modem verbundener Controller kann auch SMSNachrichten empfangen und auswerten. Entsprechend programmiert, kann der Controller in dieser Konfiguration den Empfang und die korrekte Ausf¨ uhrung eines Befehls sogar best¨atigen. Die Kommandos werden in Form von benutzerdefinierten Funktionen zusammengefasst. Damit steht eine weitere Variante der Fernbedienung zur Verf¨ ugung, die z. B. f¨ ur die geb¨ audetechnische (Fern-)Steuerung eines Einfamilienhauses interessant ist. 4. SPS mit integrierten Webservern Der neueste Trend der vernetzten Kommunikation mit einer SPS zielt in Richtung der vollst¨andigen und komfortablen Einbindung der SPS in ein Intranet. Dazu werden die SPS-Controller, wie z.B. der Controller 750-841 (842) der Fa. WAGO, mit einem integrierten Webserver ausgestattet; d. h. der Webserver ist direkt in der Firmware des Controllers implementiert. In Verbindung mit einer schnellen Ethernet-Schnittstelle (100 MBit/s) on Board ist die schnelle Daten¨ ubertragung mittels TCP/IP-Protokoll m¨ oglich. Dar¨ uberhinaus erlaubt der Webserver neben der Konfiguration und Diagnose der Anlage auch die freie Gestaltung eigener HTML(Hypertext Markuplanguage) Seiten mit vollem Zugriff auf die Prozessdaten. So ist es dem Anwender m¨oglich, per (Standard-) Webbrowser auf die SPS zuzugreifen, um beispielsweise Statusinformationen abzurufen. Die Abb. 17.10 zeigt die Statusinformationen einer modernen SPS bez¨ uglich der Seriennummer des verwendeten Controllers, der Versionsnummer seiner aktuell geladenen Firmware und seiner Gateway Adresse. So lassen sich nun auf einem beliebigen PC ohne spezielle Visualisierungssoftware oder Spezialprogramme Prozessdaten u ¨bersichtlich darstellen. Es ist lediglich einer der Standard-Webbrowser erforderlich. Die vom Anwender definierten HTML-Seiten lassen sich mit handels¨ ublichen Softwaretools entwerfen und per FTP (File Transfer Protocol) auf den Controller u ¨ bertragen. Der Zugriff auf die Prozessdaten erfolgt dabei u ¨ber spezielle Tags, die vom Webserver des Controllers ausgewertet werden. Auch das Versenden von E-Mails von einem bzw. an einen SPSController ist damit m¨oglich. Das Versenden von E-Mails, ob im Intranet oder im Internet, erfolgt immer u ¨ ber einen Mail-Server. Als Protokoll wird das Simple-Mail-Transfer-Protocol (SMTP) verwendet. Die Empf¨anger holen ihre Nachrichten u ¨ber das Post-Office-Protocol-3 (POP3) aus ih-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
597
Abb. 17.10. Webseite, mit der sich der SPS-Controller bei Aufruf seiner IP-Adresse meldet. Die Seite zeigt wichtige Informationen, wie z. B. die Seriennummer des Controllers, die Versionsnummer seiner Firmware und seine Gateway-Adresse. Unter der IP-Adresse 131.188.140.217 kann der Leser die interne Webseite einer am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik [103] befindlichen SPS aufrufen.
rem Postfach ab. Gesteuert wird der Mail-Client u ¨ ber den Aufruf von Funktionsbausteinen in einem IEC 61131-Programm (s. Kap. 17.1.6). Mit den oben besprochenen Vernetzungsarten einer SPS bieten sich auch neue M¨ oglichkeiten der Visualisierung, die im folgenden Abschnitt behandelt werden. 17.2.2 Visualisierung von SPS-Daten und -Prozessen Die M¨ oglichkeiten, die eine moderne SPS in Verbindung mit geeigneter Software heute bietet, sollen wiederum an einem konkreten Produkt aufgezeigt werden. Es werden hier im Speziellen die Visualisierungsm¨oglichkeiten der CoDeSys-Programmierumgebung [36] in Verbindung mit dem WAGO-IOSystem aufgezeigt. Es sei an dieser Stelle aber betont, dass sehr wohl auch alle anderen namhaften Hersteller von Speicherprogrammierbaren Steuerungen bzw. entsprechender Software vergleichbare Produkte in ihrem Portfolio haben. Von einer u ¨ber Herstellergrenzen hinweg durchg¨angigen Kompatibilit¨ at bez¨ uglich der hier diskutierten Visualisierungsm¨oglichkeiten ist allerdings beim derzeitiger Stand noch nicht auszugehen.
598
17 Messdatenerfassung im Feld
Die Visualisierung von Prozessen dient einerseits dem Beobachten des Prozesses und andererseits seiner Steuerung. So kann beispielsweise der F¨ ullstand eines Tanks auf folgende Arten visualisiert werden: • • •
in Textform, z. B. F¨ ullstand: 100 Liter, als Balkendiagramm, als Vollgraphikanzeige, z. B. Darstellung des Tanks mit animierter F¨ ullstandsanzeige.
Zur Steuerung stehen ebenfalls unterschiedliche Elemente zur Verf¨ ugung, beispielsweise: • • •
Schalter “EIN/AUS” mittels Button Sollwert in numerischer Eingabe graphischer Schieberegler zum Einstellen eines Sollwertes.
Visualisierung mittels Panel Zur Visualisierung kann ein Panel (= Bildschirm, der optional mit Bedienelementen ausgestattet ist) u ¨ber RS 232- bzw. RS 485-IO-Module oder auch u ¨ ber die Feldbusschnittstelle angeschlossen werden (Abb. 17.11). Protokolle, mit denen Panels beispielsweise an das WAGO-IO-System angeschlossen werden k¨onnen, sind MODBUS, CAN-open und SIEMENS 3964 R/RK512. Die Erstellung der auf dem Panel erscheinenden Bilder hat mit einer geeigneten Software des Panelherstellers zu erfolgen. Die Technik der Panels hat sich in den letzten Jahren rasant weiterentwickelt. So werden heute des ¨ofteren hochaufl¨osende Touch-Panels verwendet, die eine einfache Bedienung per Fingerdruck auf graphisch dargestellte Buttons zulassen. Die R¨ uckmeldungen des Systems sind audiovisuell. J¨ ungst ist eine Touch-Panel-Technologie hinzugekommen, die dem Benutzer eine haptische R¨ uckmeldung geben [172], d. h. der Prozessstatus und weitere Informationen
Bildaufbereitung
Visualisierung auf Panel
SPS mit Datenquelle
a) Feldbus b) Serviceschnittstelle c) RS232- oder RS485-IO-Modul Abb. 17.11. SPS-Prozess-Visualisierung mittels Panel. Die unter a), b) und c) angef¨ uhrten Schnittstellen sind alternativ verwendbar.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
599
k¨ onnen auf dem Touch-Panel per Tastsinn der Finger gef¨ uhlt werden. Dazu wird die Oberfl¨ache des Panels gezielt mit mechanischen Wellen, insbesondere in Form von kurzen St¨oßen, angeregt [160]. Diese K¨orperschallanregung erfolgt mit Hilfe von piezoelektrischen Wandlern. Visualisierung mittels PC Zur Visualisierung des SPS-Prozesses auf einem separaten PC muss ein spezielles Programm implementiert werden, welches die Prozessdaten von der SPS holt und die graphische Aufbereitung vornimmt. Solche Programme kennen u. a. einen Entwicklungsmodus zur Erstellung der Bilder und einen Runtimemodus zur Darstellung derselben w¨ahrend des Betriebes. Dabei h¨angt der Aufwand f¨ ur die Erstellung der Bilder sehr wohl vom verwendeten Produkt ab. Vorteilhafterweise wird hier eine Software eingesetzt, bei welcher der o. g. Entwicklungsmodus bereits Bestandteil des SPS-Programmiersystems ist, wie z. B. beim CoDeSys SPS-Programmiersystem [36]. F¨ ur den Runtimemodus ist allerdings ein separates, unter dem Produktnamen CoDeSys-HMI vertriebenes, Programmpaket notwendig. Die Anbindung der SPS erfolgt u ¨ber die Standardschnittstellen, wie z. B. Ethernet oder einen Feldbus. Target-Visualisierung Von Target-Visualisierung spricht man, wenn die Visualisierungssoftware direkt auf dem Zielsystem (= Target), d. h. direkt auf dem SPS-Controller, abl¨ auft (Abb. 17.12). Vorteilhaft ist dabei, dass die Zusatzkosten f¨ ur einen separaten PC entfallen. Bei Verwendung von CoDeSys-Software k¨onnen die in der SPS-Programmierumgebung erstellten Bilder direkt auf den SPS-Controller geladen werden. Dies setzt einen entsprechenden Controller voraus, der dann die TargetVisualisierung unterst¨ utzt. Die Verwendung eines Touch-Panels anstatt Maus und Bildschirm ist vorgesehen, derzeit aber noch nicht realisiert. Web-Visualisierung Unter der Web-Visualisierung eines SPS-Prozesses versteht man die graphische Darstellung der SPS-Statusinformationen sowie der Prozessdaten mit Hilfe eines Standard-Webbrowsers, wie z. B. Opera, Internet-Explorer oder Mozilla (FireFox). Diese Form der Visualisierung ist prinzipiell unabh¨angig vom verwendeten Betriebssystem und basiert auf den g¨angigen Standards graphischer Darstellungen im World Wide Web. Mit der Verbreitung des Internets sowie des Ethernets mit TCP/IP-Protokoll in der Automatisierungstechnik gewinnt auch die webbasierte Visualisierung im SPS-Bereich rasch an Bedeutung. Damit wird auch die kosteng¨ unstige Implementierung von ¨ortlich verteilten Bedien- und Beobachtungssystemen f¨ ur den Bereich der Automation m¨ oglich.
600
17 Messdatenerfassung im Feld Visualisierung auf dem Bildschirm
SPS mit Datenquelle + Bildaufbereitung Digital Visual Interface (DVI)
Abb. 17.12. Target-Visualisierung auf einem direkt an die SPS angeschlossenen Bildschirm
Neben dem Webbrowser, der im Wesentlichen der graphischen Darstellung dient, ben¨ otigt man einen Webserver, der die Daten aufbereitet und die Kommunikation mit den Webbrowsern vornimmt. Der verwendete Sprachumfang ist dabei HTML und Java-Script. In Abh¨angigkeit des verwendeten Sprachumfangs lassen sich Anzeigeelemente wie Buttons, Tabellen, statische oder animierte Graphiken in der Darstellung verwenden. Dabei muss der Webserver Zugriff auf den SPS-Controller samt seiner Daten und die I/OModule der SPS haben. F¨ ur die Platzierung des Webservers gibt es im Wesentlichen drei M¨oglichkeiten: 1. Webserver in SPS-Controller integriert Ein Beispiel f¨ ur diese Form der Web-Visualisierung ist der bereits oben erw¨ ahnte WAGO-Controller 750-841 (842), bei dem ein entsprechender Webserver bereits in der Firmware implementiert ist. Dieser Controller bietet auch die M¨oglichkeit, Werte des Prozessabbildes der I/O-Klemmen direkt zu lesen. Abbildung 17.13 zeigt m¨ogliche Varianten der Web-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
SPS mit Datenquelle + Bildaufbereitung (Webserver)
Ethernet mit TCP / IP
1. Visualsierung mit Webbrowser auf PDA
601
2. Visualisierung mit Webbrowser auf PC
WWW
Abb. 17.13. Visualisierung mit Webbrowser auf PDA oder PC; Webserver in SPSController integriert
Visualisierung mit Hilfe von separaten PCs bzw. PDAs (PDA = Personal Digital Assistant). Der Aufwand zur graphischen Darstellung h¨angt auch hier in hohem Maße von der verwendeten Entwicklungsumgebung ab. So erlaubt beispielsweise die SPS-Programmierumgebung CoDeSys mit ihrem neuesten Release die Verwendung eines integrierten Visualisierungseditors in Verbindung mit dem o. g. WAGO-Controller. 2. Webserver in separatem SPS-Modul Verschiedene SPS-Hersteller implementieren den Webserver in einem vom Controller getrennten Modul, das separat u ¨ ber TCP/IP an das Ethernet angebunden ist. 3. Webserver auf PC Die Webserver-Software kann auch auf einem separaten PC ablaufen. Dazu ist die Kommunikation zwischen der SPS und diesem PC u ¨ber eine Standardschnittstelle, wie z. B. einem Feldbus, sicherzustellen. Dabei sammmelt der PC die Daten der SPS, erzeugt die Graphiken und stellt diese als HTML-Seiten im Netz zur Verf¨ ugung. Hinweis Lesern, die sich u ¨ ber aktuelle Entwicklungen auf dem SPS-Sektor informieren m¨ ochten, sei die Zeitschrift SPS Magazin, Zeitschrift f¨ ur Automatisierungstechnik (www.sps-magazin.de) empfohlen.
602
17 Messdatenerfassung im Feld
17.2.3 Linux-basierte Speicherprogrammierbare Steuerungen Im Bereich der Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) gibt es einen neuen Trend, der u. a. auf die rasante Ausbreitung des Open-Source-Betriebssystems Linux in der Automatisierungstechnik zur¨ uckzuf¨ uhren ist. So kommen in der j¨ ungsten Zeit SPS-Controller auf den Markt, die mit einem LinuxBetriebssystem arbeiten. Eine dieser neuen Controller-Familien ist die Serie PFC100/PFC200 der Fa. WAGO (siehe Abb. 17.14).
Abb. 17.14. WAGO-SPS-Controller PFC200 f¨ ur Linux-Betriebssystem
Sie basiert auf der Cortex A8-Prozessorarchitektur und ist kompatibel zu allen bisherigen Steuerungen und Modulen des WAGO-SPS-Systems 750. An diesen Controllern k¨onnen alle bisherigen SPS-Klemmen der Standard-SPSSerie 750 angesteckt und betrieben werden. Mit Hilfe der Codesys-Version 3.x lassen sich Automatisierungsprojekte auf der Basis der Standard-SPSProgrammiersprachen gem¨aß IEC 61131-3 durchf¨ uhren. Gegen¨ uber der klassischen SPS-Linien der Controller 750-840...880 resultieren aus der PFC100/200Serie verschiedene Vorz¨ uge. Die Standard-SPS-Software-Module gem¨aß IEC 61131-3 lassen sich mit Hilfe des Linux-Betriebssystems ohne gr¨ oßeren Aufwand in eine komplexe Softwareumgebung einbetten. Zum Beispiel lassen sich unter Linux ablauff¨ahige Graphik- und Visualisierungstools verwenden, um moderne MMIs (Man Machine Interface) zu realisieren. Die in Linux leicht zu handhabende Verschl¨ usselungstechnologie TSL 1.2 (Transport Layer Security) kann dazu verwendet werden, IPsec oder Open-VPN-Verbindungen zu implementieren. Eine standardm¨ aßige integrierte Firewall bietet Schutz vor unerlaubten Zugriffen. Desweiteren gestattet die Linux-Umgebung das komfortable Einbinden von Modulen, die in nicht SPS-Programmiersprachen programmiert wurden, wie C oder C++. Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass mit den neuen SPSControllern, die mit dem Linux-Betriebssystem betrieben werden, der vollin-
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
603
tegrierte Anschluss der SPS-Welt an die weitreichenden und leistungsf¨ahigen Standards der PC-Welt im Sinne eines integrierten Engineerings geschaffen wird. 17.2.4 SPS-Spezialklemmen 3-Phasen-Leistungsmessung mittels SPS In der j¨ ungeren Vergangenheit erweitern die Hersteller von speicherprogrammierbaren Steuerungen ihr Produktportfolio in erheblichem Umfang und zwar um Klemmenbausteine, die komplexe Spezialaufgaben eigenst¨andig erledigen, ohne dabei den Controller selbst nennenswert zu belasten. Besonders interessant erscheinen in diesem Zusammenhang neue Spezialklemmen f¨ ur die Leistungsmessung im 3-Phasen-Energieversorgungsnetz. Als Beispiele seien hier die 3-Phasen-Leistungsmessklemmen KL3403 der Fa. Beckhoff [19] und die ¨aquivalente Leistungsmessklemme 750-495 der Fa. WAGO [193] (Abb. 17.15) genannt. Diese Klemmen messen alle f¨ ur das Energieversorgungsnetz relevanten Gr¨oßen. Dazu werden den Klemmen die 3 Leiterspannungen UL1 , UL2 , UL3 sowie das Potential des Neutralleiters N zugef¨ uhrt. Die Leiterstr¨ome der 3 Phasen IL1 , IL2 und IL3 sowie eventuell IN werden mit Hilfe von Stromwandlern umgesetzt und den Klemmen ebenfalls zugef¨ uhrt (Abb. 17.15). Bremse
Motor
Stromwandler
SPS Netzteil
SPS Controller
SPS Leistungsmesskarte
Abb. 17.15. 3-Phasen-Leistungsmessung an einem unter Last stehenden Motor mittels SPS-Spezialklemme
604
17 Messdatenerfassung im Feld
Die Leistungsmessklemme verarbeitet diese Eingangssignale und liefert folgende Ergebnisgr¨oßen: • • • • •
Wirk-, Blind- und Scheinleistung Energieverbrauch Phasenwinkel, Leistungsfaktor und Netz-Frequenz ¨ Signale f¨ ur Uberschreiten und Unterschreiten von vorgew¨ahlten Grenzwerten von Spannung und Strom Oberschwingungsanalyse bis zur 42. Harmonischen
Die Zuf¨ uhrung von Spannungs- und Stromleitungen geschieht idealerweise u ¨ ber einen Spezialklemmenblock, der die Stromwandler beim Auftrennen sekund¨ arseitig (zur SPS Klemme hin) kurzschließt, damit die Stromwandler keinen Schaden nehmen. F¨ ur den Fall, dass der Strom auch im Neutralleiter gemessen wird, k¨onnen Leckstr¨ ome im System entdeckt werden. Geeignete SPS-Software-Bausteine stellen die o. g. Daten bereit und liefern außerdem auch eine 4-QuadrantenDarstellung, an Hand derer leicht erkennbar ist, ob die Last induktiv oder kapazitiv ist bzw. ob es sich um einen Leistungsverbraucher oder um einen Leistungserzeuger (Generator) handelt (siehe Bild 17.16).
Abb. 17.16. Graphisches Interface f¨ ur SPS-Leistungsmessklemme der Fa. WAGO
Mit Hilfe der o. g. SPS-Klemmen lassen sich in Verbindung mit den von den Herstellern bereitgestellten Programmbausteinen kleinere Energieversorgungsnetze bzw. auch einzelne Verbraucher, wie elektrische Maschinen, sehr gut u ¨ berwachen und die genauen Daten protokollieren und auswerten.
17.2 Neue Entwicklungen bei Speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS)
605
17.2.5 EnOcean-Funkempf¨ anger-Busklemmen Mit Hilfe der von der Fa. EnOcean entwickelten Funktechnologie lassen sich Signale von energieautark arbeitenden (ohne Batterie) Sensoren, Schaltern und Tastern Signale empfangen bzw. Befehle und Signale an Aktoren u ¨ bertragen [48]. Dies erlaubt die Anbindung von Sensoren und Aktoren ohne aufw¨andige Verdrahtung. Um eine Einbindung von speicherprogrammierbaren Steuerungen zu erm¨oglichen, haben SPS-Hersteller wie Beckhoff und WAGO die Klemmen KL658x (Beckhoff) und 750-642 (WAGO) entwickelt. Mit Hilfe dieser Hardware-Klemmen und geeigneter Software-Funktionsbausteine lassen sich selbst komplexe Sensor-Aktornetzwerke auf einfache Weise schnell implementieren. Die eindeutige Kennung der einzelnen Funk-Sensoren und -Aktoren erfolgt durch eine fixe, einmalig bei der Fertigung vergebene Adresse (der Adressbereich umfasst 4 ·109 Adressen). Die Funkfrequenz betr¨agt 868,3 MHz. Die typ. erzielbare Reichweite wird innerhalb von Geb¨auden mit ca. 30 m angegeben. Eigene praktische Tests haben jedoch ergeben, dass es sich dabei im Allgemeinen um einen in positiver Weise abgesch¨atzten Wert handelt. Die EnOcean-Funktechnologie wird heute vor allem im h¨auslichen Bereich f¨ ur Smart-Home-L¨osungen eingesetzt, da man sich gerade im Bestand nachtr¨ agliche Aufbr¨ uche f¨ ur die Sensor-Aktor-Zuleitungen ersparen m¨ochte. Es muss allerdings in diesem Zusammenhang erw¨ahnt werden, dass das EnOcean-Funkprotokoll keine Verschl¨ usselung vorsieht, so dass es nicht den h¨ ochsten Sicherheitsstandards gen¨ ugt. Weitere Klemmen mit Funkanbindung Neben der oben beschriebenen EnOcean-Funkklemme gibt es weitere Funkklemmen, die seitens der SPS-Hersteller angeboten werden. So stellt WAGO beispielsweise die Bluetooth-Funkklemme 750-640 bereit. Diese ist kompatibel zum Bluetooth-Funkstandard 2.0, der das ISM-Band bei 2,4 GHz nutzt. Die Interoperabilit¨at zu Bluetooth-Ger¨aten anderer Hersteller ist u ¨ ber die Standard-Bluetooth-Profile PAN (Personal Area Networking Profile) und SPP (Serial Port Profile) gegeben. Beckhoff stellt mit der SPS-Klemme KM6551 eine Funkl¨osung auf der Basis des IEEE-Funk-Standards 802.15.4 zur Verf¨ ugung. Die Klemme arbeitet also im 2,4 GHz-Funkband. Es handelt sich allerdings im Konkreten um ein propriet¨ ares Funkprotokoll, das auf DSSS basiert. DSSS steht f¨ ur Direct Sequence Spread Spectrum, wobei hier max. 16 unabh¨angige Funkkan¨ale zeitgleich betrieben werden k¨onnen. In Erg¨ anzung gibt es dazu von Beckhoff einen industrietauglichen WLANController (CU8890), der nach dem offenen WLAN-Standard IEEE 802.11b/g arbeitet. In Verbindung mit einem USB-Anschluss an einen Industrie-PC kann das Modul sowohl als Access-Point als auch als Client arbeiten.
606
17 Messdatenerfassung im Feld
Die Klemme kennt folgende 3 Betriebsmodi: 1. Peer-to-Peer: Es kommunizieren zwei eigenst¨andige Steuerungen bidirektional miteinander und tauschen zyklisch 10-Byte-Datenbl¨ocke aus. 2. Stern: Hier kommuniziert ein Master unidirektional mit bis zu 7 Slaves, wobei die Slaves vom Master direkt adressiert werden. 3. Broadcast: In diesem Modus sendet der Master unidirektional an alle Slaves. Diese werden aber nicht wie unter 2. einzeln adressiert. Daf¨ ur k¨ onnen beliebig viele Slaves mith¨oren“ . ” Bei gleichzeitigem Betrieb von mehreren Funksystemen im 2,4 GHz-Band (2,400 GHz bis 2,4835 GHz) m¨ ussen sich diese auf entsprechende Kanalbelegungen einigen, sonst kommt es zu St¨orungen im Funkbetrieb.
17.3 Einplatinen-Computer In den letzten Jahren haben sogenannte Einplatinen-Computer ein nennenswertes Marktsegment der IT-Branche eingenommen. Es handelt sich dabei um komplett eigenst¨andig lauff¨ahige Mini-Computer, bei denen alle Komponenten, die zum Computerbetrieb erforderlich sind, auf einer kleinen Printplatine untergebracht sind. Die Fl¨ache dieser Platine ist in aller Regel kleiner als 1 Quadratdezimeter. Die durchschnittlichen Kosten f¨ ur einen solchen Einplatinen-Computer liegen im Bereich 30,- bis 50,- EUR. Um das System zu komplettieren, ist noch ein Netzteil, eine SD-Speicherkarte sowie, je nach Art der Verwendung, ein externes Display und eventuell eine Tastatur bzw. eine Maus notwendig. Da f¨ ur reine Steuerungsaufgaben die letztgenannten Komponenten entfallen k¨onnen, handelt es sich bei diesen Einplatinen-Computern um einen sehr kosteng¨ unstigen Controller, der in der Mess- und Automatisierungstechnik als Embedded Computer ¨außerst vielf¨altig eingesetzt werden kann. Derzeit beliebte Einplatinen-Computer sind: • • • • • • •
Raspberry Pi Orange Pi Banana Pi Arduino Cabieboard BeagleBone Black Odroid C1
Als Betriebssysteme sind vor allem Linux- und Windows-Derivate im Gebrauch: • • •
Ubuntu Debian Raspbian
17.3 Einplatinen-Computer
• •
607
Win 10 IoT OpenELEC
Auf der Platine sind auch die zur Kommunikation mit der Außenwelt notwendigen Schnittstellen vorhanden. In Abh¨angigkeit des jeweiligen EinplatinenComputers sind dies folgende Schnittstellen: • • • • • • • •
USB Ethernet (u. U. WLAN) SATA General Purpose I/O (GPIO) (s. u.) SPI, CSI DSI, RS232, RS485 I2 C HDMI Bluetooth
Welche der o. g. Schnittstellen konkret auf der Platine vorhanden sind, muss den jeweiligen Produktbeschreibungen entnommen werden. Beim Raspberry Pi beispielsweise sind dies: USB, Ethernet (100 MBit/s), Bluetooth, HDMI, Audio-Ausgang, CSI (Camera Serial Interface) und DSI (Display Serial Interface) und ein 26-poliges Interface f¨ ur GPIO. Der Raspberry Pi3 basiert auf einem leistungsf¨ahigem ARMv8 64-Bit-Prozessor, der standardm¨aßig mit einer Taktrate von 1,2 GHz arbeitet. 17.3.1 Einplatinen-Computer in der Mess- und Automatisierungstechnik Aufgrund ihrer Kompaktheit (eine einzige Platine mit wichtigen Schnittstellen), ihrer Leistungsf¨ahigkeit (leistungsf¨ahige Prozessoren), ihrer geeigneten Architekturen f¨ ur die Verwendung von Standardbetriebssystemen (z. B. Linux) sowie ihrer geringen Kosten sind Einplatinen-Computer f¨ ur einfache Aufgaben in der Mess- und Automatisierungstechnik pr¨adestiniert. F¨ ur ihre diesbez¨ ugliche Verwendung gibt es prinzipiell zwei M¨oglichkeiten: 1. Verwendung des Einplatinen-Computers als Standalone-System 2. Verwendung des Einplatinen-Computers in Verbindung mit Zusatzplatinen, die spezielle Aufgaben im Bereich der Automatisierung u ¨bernehmen. Diese beiden Wege sollen im Folgenden anhand des Raspberry Pi (2 bzw. 3) und geeigneter Zusatzmodule erl¨autert werden. Einplatinen-Computer als Standalone-System Wird nur der Raspberry Pi allein eingesetzt, ist man auf die auf der Platine bereits vorhandenen Hardware-Schnittstellen angewiesen. F¨ ur Kommunikationsaufgaben k¨onnen dabei vor allem das Ethernet-LAN mit seiner maximalen Datenrate von 100 MBit/s und das USB-Interface verwendet werden. Noch
608
17 Messdatenerfassung im Feld
wichtiger aber ist das auf der Platine ebenfalls vorhandene 26-polige Stecker¨ interface f¨ ur den sog. General Purpose Input/Output (GPIO). Uber dieses Interface k¨ onnen mittelbar Steuersignale von außen aufgenommen bzw. auch dorthin abgegeben werden. Die 26 I/O-Leitungen lassen sich in vier Gruppen einteilen: 1. Betriebsspannungen +3,3 V und 5,0 V sowie Masse (insgesamt 9 Leitungen) 2. Serielle Busse (mit insgesamt 9 Leitungen): SPI (5 Leitungen) I2 C (2 Leitungen) (MOSI, MISO, SCLK, CS0 und CS1) UART (2 Leitungen) (TxD und RxD) 3. PWM-Ausgang (PWM=Puls-Weiten-Modulation) Es kann ein pulsweitenmoduliertes Digital-Signal zur Steuerung von Hardware-Komponenten ausgegeben werden. Als zeitliche Unsicherheit (Timejitter) kann unter praktischen Umst¨anden ca. 1 μs erreicht werden. 4. Allgemeine I/Os: Die restlichen 7 Pins k¨onnen sowohl als Eingang als auch als Ausgang benutzt werden. Es d¨ urfen Spannungen zwischen 0 V und +3,3 V angelegt werden bzw. werden im Falle von Ausg¨angen seitens des Raspberry Pi ¨ geliefert. Die Eing¨ange m¨ ussen gegen Uberspannungen (> 3,3 V) gesch¨ utzt werden. Einplatinen-Computer mit Zusatzplatinen In der letzten Zeit sind im großen Umfang Zusatzplatinen f¨ ur EinplatinenComputer entwickelt worden, die zu g¨ unstigen Preisen kommerziell erh¨altlich sind. Beispielhaft f¨ ur diese Zusatzplatinen soll hier das Modul PiXtend [143] beschrieben werden. Das PiXtend-Modul ist speziell f¨ ur den Raspberry Pi entwickelt worden. Es stellt Standard-Hardware-Schnittstellen f¨ ur die Messund Automatisierungstechnik bereit. Außerdem erlaubt es in Verbindung mit der SPS-Programmier-Software CoDeSys 3.x (s. Abschnitt 17.2.1) eine Simulation von speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS). Auch wenn auf diese Weise kein vollwertiger Ersatz f¨ ur eine SPS gegeben ist, so kann PiXtend zumindest f¨ ur Schulungen im SPSBereich dienen. Die Verbindung zum Raspberry Pi erfolgt u ¨ ber die oben beschriebene 26-polige Steckerleiste des Raspberry Pi GPIO-Interfaces. Es ist zu erw¨ ahnen, dass die GPIO-Anschl¨ usse GPIO05, GPIO06, GPIO12, GPIO16, GPIO20, GPIO21, GPIO25 und GPIO26 f¨ ur den Anschluss des PiXtendBoards nicht verwendet werden. Schnittstellen des PiXtend-Moduls Das Pixtend-Modul (s. Abb. 17.17) stellt folgende Schnittstellen zur Verf¨ ugung:
17.3 Einplatinen-Computer
609
Abb. 17.17. PiXtend-Modul: Zusatzplatine f¨ ur den Raspberry Pi-EinplatinenComputer zur Erweiterung seiner Funktionalit¨ at bez¨ uglich analoger und digitaler Schnittstellen
•
•
•
•
•
Serielle Schnittstelle RS232 Es wird das serielle Standard-Interface RS232 (s. Kap. 16.1) zur Verf¨ ugung gestellt. Dieses kann bei Bedarf mit Hilfe eines Schnittstellenkonverters (s. ¨ Kap. 17.9) in ein USB-Interface umgesetzt werden. Die maximale Ubertragungsgeschwindigkeit betr¨agt 120 kBit/s. Serieller Bus RS485 Die eben beschriebene RS232-Schnittstelle wird in einen RS485-Bus-Interface (s. Kap. 16.3) umgesetzt, wenn der GPIO-Pin 18 des Raspberry Pi auf bzw. 1“ bzw. high“ geschaltet wird. Da diverse Feldbusse ” ” auf RS485 basieren, k¨onnen diese (z. B. PROFIBUS (s. Kap. 17.10.4) oder ¨ auch MODBUS) implementiert werden. Die maximale Ubertragungsrate betr¨ agt 2,5 MBit/s. Es ist nur Halb-Duplex-Betrieb (s. Kap. 16.3), also kein gleichzeitiges Senden und Empfangen von Daten, m¨oglich. CAN-Bus Es wird ein CAN-Bus-Interface (s. Kap. 17.10.2) gem¨aß der Norm CAN ¨ 2.0B zur Verf¨ ugung gestellt. Die maximale Ubertragungsrate betr¨agt 1 MBit/s. Es ist allerdings zu beachten, dass entweder nur der CAN-Bus oder der DAC (Digital-Analog-Converter) zu einem bestimmten Zeitpunkt betrieben werden kann, aber nicht beide gleichzeitig, da sie sich einen CSEingang (Chip-Select-Eingang) teilen. I2 C-Bus PiXtend stellt ein I2 C-Bus (s. Kap.16.5) mit 5 V-Spannungspegel zur Verf¨ ugung. Damit k¨onnen auf einfache Weise Sensoren mit I2 C-Interface angeschlossen werden. Digitale Ein- und Ausg¨ ange Es stehen 8 Digitaleing¨ange zur Verf¨ ugung, wobei sich verschiedene Spannungspegel einstellen lassen, z. B. 5 V-TTL-Pegel, 3,3 V-CMOS-Pegel, 12 VPegel und 24 V-SPS-Pegel. Weiterhin stellt PiXtend 6 Digital-Ausg¨ange bereit. Dabei k¨onnen Spannungen bis 30 V und Str¨ome bis 3 A geliefert
610
• •
•
•
17 Messdatenerfassung im Feld
werden. Diese Ausg¨ange sind kurzschlussfest. Die maximale Schaltleistung ist von der gew¨ahlten Spannung abh¨angig und betr¨agt beispielsweise 72 W bei 24 V-Spannungspegel. Relais-Ausg¨ ange Es gibt 4 Relais-Ausg¨ange, die potentialfreies Schalten von DC- und ACLasten erm¨oglichen, und zwar bis zu Leistungen von 1380 W bei 230 V. GPIOs Es stehen 4 General Purpose I/Os zur Verf¨ ugung, die sich per CoDeSysSoftware konfigurieren lassen, entweder als digitaler Input oder als digitaler Output. Der Spannungspegel betr¨agt 5 V. Analoge Ein- und Ausg¨ ange Es stehen folgende Eing¨ange zur Verf¨ ugung: – 2 Spannungseing¨ange (0...5 V bzw. 0...10 V) – 2 Stromeing¨ange (0...20 mA). Die angeschlossenen Analog-Digital-Converter (ADCs) haben eine Aufl¨ osung von 10 Bit und ben¨otigen 100 μs f¨ ur eine AD-Umsetzung, was einer max. Abtastrate von 10 kHz entspricht. Es gibt 2 analoge SpannungsAusg¨ ange mit einem Hub von 0...10 V. Die Amplitudenaufl¨osung der Digital-Analog-Converter (DACs) betr¨agt wie beim ADC 10 Bit, d. h. die Ausgangsspannung l¨asst sich in Stufen von ca. 10 mV ver¨andern. Weitere Ein- und Ausg¨ ange Es wird seitens PiXtend ein PWM-Ausgang zur Verf¨ ugung gestellt. PWM steht f¨ ur Puls-Weiten-Modulation. Dabei wird eine Folge von RechteckSpannungspulsen mit konstanter Amplitude und einstellbarer konstanter Pulsfolgefrequenz geliefert. Die zeitliche L¨ange bzw. Weite der einzelnen Rechteckpulse aber wird variiert. Damit lassen sich beispielsweise Drehzahlregelungen oder auch Dimmschaltungen f¨ ur Leuchtdioden auf einfache Art realisieren. Desweiteren k¨onnen an der PiXtend-Platine bis zu 4 Sensoren der Typen DHT 11, DHT 22 oder AM 2302 betrieben werden, die Messungen der Umgebungstemperatur sowie der Feuchte erm¨oglichen. An einem weiteren PIXtend-Interface k¨onnen handels¨ ubliche 433 MHzSender betrieben werden, mit denen sich Funksteckdosen drahtlos schalten lassen. Dies ist insbesondere f¨ ur Smart-Home-Anwendungen (s. Kap. 18) von Interesse. Auf dem PiXtend-Board ist weiterhin eine Real-Time-Clock vorhanden, die u ¨ber ein I2 C-Interface dem Raspberry stets die aktuelle Uhrzeit zur Verf¨ ugung stellt. Die PiXtend-Platine kann auch kosteng¨ unstig als Bausatz erworben werden. Im Sinne eines Open-Source-Projektes sind alle wichtigen Daten u ¨ ber PiXtend offengelegt.
17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme
611
17.4 Hierarchie industrieller Bussysteme Die Anforderungen an die industrielle Messdatenerfassung haben sich in den letzten Jahren stark ausgeweitet. Die Anwendungsfelder der Messdatenerfassung und der damit verbundenen Kommunikationsnetze reichen von der Energietechnik, Fertigungstechnik und Geb¨audeleittechnik bis hin zum mobilen Einsatz in Fahrzeugen und Maschinen. Die zunehmende Automatisierung verlangt die Einbindung unterschiedlichster Sensoren und Aktoren in eine Prozesssteuerung. Die einzelnen Prozesse wiederum m¨ ussen von u ¨ bergeordneten Systemen u ¨ berwacht werden. In j¨ ungerer Vergangenheit ist daher eine Vielzahl an Kommunikationsnetzen und Bussystemen entwickelt worden, um den unterschiedlichen Anforderungen gerecht zu werden. Im Folgenden sollen Definitionen zur hierarchischen Einteilung der Bussysteme vorgenommen werden. Des Weiteren werden die wichtigsten Bussysteme vorgestellt. Bedingt durch die weitgehende Automatisierung fast aller Einzelprozesse und deren Einbindung in ein Betriebsnetz wird in Zukunft der Aufbau hierarchischer Netzstrukturen immer mehr Bedeutung erlangen. Das Modell in Abb. 17.18 verdeutlicht die durchg¨angige Verbindung von der Betriebsebene bis zur Sensor-Aktor-Ebene. Als Hauptkennzeichen der unterschiedlichen ¨ Hierarchieebenen sind die H¨aufigkeit einer Ubertragung und die Datenmenge ¨ ¨ einer einzelnen Ubertragung wesentlich. Die H¨aufigkeit von Ubertragungen
:$1
%HWULHEVHEHQH
/HLWHEHQH
%UREXV )DEULNEXV
/$1
6WHXHUXQJVHEHQH
)HOGHEHQH
6HQVRU$NWRU(EHQH
)HOGEXV
)$1
Abb. 17.18. Einteilung eines Automatisierungssystems in hierarchische Ebenen (FAN = Field Area Network; LAN = Local Area Network; WAN = Wide Area Network)
612
17 Messdatenerfassung im Feld
geht mit der H¨ohe der Hierarchieebene zur¨ uck, d. h. auch die Echtzeitan¨ forderung nimmt ab. Die Datenmenge pro Ubertragung bzw. die Gr¨oße der Datenpakete nimmt jedoch zu. Die Netze der h¨ochsten Ebene sind meist als Weitbereichsnetze (Wide Area ¨ Network, WAN) ausgebaut. Sie dienen der Uberbr¨ uckung großer Entfernungen, wie z. B. bei der Vernetzung mehrerer regional getrennter Unternehmensbereiche oder Fabriken. Hierzu z¨ahlen insbesondere HochgeschwindigkeitsGlasfasernetze, deren typischer Teilnehmerabstand in der Gr¨oßenordnung von 100 km und mehr liegt. Die Netze der Leit- und Steuerungsebenen werden als lokale Netze betrieben (Local Area Network, LAN). In weiten Bereichen wird hier das Ethernet mit dem TCP/IP-Protokoll eingesetzt. Dabei wird zwischen B¨ uro- und Fabrik-Netz unterschieden, da das Ethernet f¨ ur die industrielle Kommunikation in elektromagnetisch gest¨orten Umgebungen speziell ausgelegt sein muss. In diesem Zusammenhang spricht man auch vom Industrie-Ethernet. In den unteren Automatisierungsebenen, der Feldebene und der SensorAktor-Ebene, werden g¨anzlich andere Anforderungen an die Bussysteme bez¨ uglich Kosten, Verkabelungsaufwand, Leistungsf¨ahigkeit der Teilnehmer, Datenrate, Datenmenge und nicht zuletzt Zuverl¨assigkeit gestellt. In diesem Bereich kommen sog. Feldbusse (Field Area Network, FAN) zum Einsatz. Da die einzelnen Sensoren und Aktoren immer g¨ unstiger werden, muss auch der Verkabelungsaufwand minimiert werden. Daher arbeiten diese Bussysteme seriell. Die Daten m¨ ussen in Echtzeit abrufbar sein, allerdings meist nur in geringen Datenmengen. Die Protokolle sind einfach aufgebaut, um die einzelnen Teilnehmer nicht mit viel Intelligenz ausstatten zu m¨ ussen. Unter den Feldbussen sind sowohl sternf¨ormige, linienf¨ormige als auch ringf¨ormige Topologien anzutreffen, wobei die letzten beiden aus Gr¨ unden der Zuverl¨assigkeit uhrt sind. Im Folgenden soll es haupts¨achlich oft doppelt oder dreifach ausgef¨ um dieses große Gebiet der Nahbereichskommunikation mittels Feldbussen gehen.
17.5 Vorschrift fu ¨ r eine einheitliche Kommunikation: Das ISO-Schichtenmodell Die Kommunikation zwischen den Teilnehmern innerhalb eines Datennetzes ¨ kann nur funktionieren, wenn pr¨azise Ubereink¨ unfte u ¨ ber die Kommunikation bestehen. Im Jahre 1983 wurde daher von der ISO (International Standards Organization) die ISO-Norm 7498 geschaffen. Sie definiert ein abstraktes Modell f¨ ur die typischen Funktionen innerhalb eines Kommunikationsablaufes zwischen zwei Teilnehmern. Dieser Funktionsumfang wurde in sieben Schichten (Layer) unterteilt [96], [54]. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von dem ISO-7-Schichtenmodell. Jeder Schicht fallen dabei spezielle Aufgaben bei der Abwicklung der Kommunikation zu. Diese strenge Trennung hat
17.5 Das ISO-Schichtenmodell
613
den Vorteil, dass die Kommunikation auch noch gew¨ahrleistet ist, wenn einzelne Schichten von unterschiedlichen Herstellern realisiert werden. In diesem Sinne wird die Kommunikation von offenen Systemen definiert: Open Systems Interconnection (OSI). In Abb. 17.19 ist der Aufbau dieses Referenzmodells f¨ ur ein konkretes Beispiel dargestellt. Es soll eine Kommunikation zwischen einem Leitrechner (PC) und einem Messger¨at aufgebaut werden, wobei der Befehl, einen Messwert aufzunehmen, u ¨ bermittelt werden soll. Der Befehl wird an die Schicht 7 u ¨ bergeben, wo er um bestimmte Steuerinformationen (z. B. Adresse) erweitert wird. Das entstehende Telegramm wird dann von Schicht zu Schicht weitergereicht und jeweils um die entsprechenden Informationen erweitert, bis in Schicht 1, ¨ dem Physical Layer, die eigentliche Ubertragung stattfindet. Beim Empf¨anger durchl¨ auft das Telegramm die Schichten in umgekehrter Reihenfolge, bis dem Messger¨ at die Information Messwert aufnehmen“ zur Verf¨ ugung steht. ” Im Einzelnen fallen den Schichten folgende Aufgaben zu: ¨ ¨ Schicht 1: Physikalische Schicht, Ubertragung der einzelnen Bits (Bit-Uber¨ tragungsschicht). Hier werden physikalische Parameter wie Ubertragungs¨ medium, Steckerbelegung, Pegel, Modulationsart und Ubertragungsrate festgelegt. Beispiele f¨ ur Ger¨ate, die auf der Schicht 1 arbeiten, sind Re-
Abb. 17.19. Das ISO/OSI-Referenzmodell mit sieben Schichten
614
17 Messdatenerfassung im Feld
peater. Sie haben die Aufgabe, Bussignale zu generieren und zu verst¨arken, ¨ um die Ubertragungswege zu verl¨angern. ¨ Schicht 2: Koordiniert das Bus-Zugriffsverfahren und die fehlersichere Ubertragung von Datenbl¨ocken (Sicherungsschicht) von einem Sender zu einem Empf¨ anger bzw. mehreren Empf¨angern (Multicast). Wenn die Nachricht an alle Empf¨anger geht, spricht man von Broadcast. ¨ Schicht 3: Sucht geeignete Ubertragungswege durch das Netzwerk zwischen Sender und Empf¨anger (Vermittlungsschicht). Auf dieser Schicht arbeiten beispielsweise Router, die in weit verzweigten Netzen einen Weg vom Sender zum Empf¨anger suchen. Schicht 4: Steuerung und fehlerfreie Ablieferung der Telegramme (Transportschicht). Schicht 5: Aufbau, Unterhalt (auch Synchronisation) und Abbau von Verbindungen zwischen den Teilnehmern (Kommunikationssteuerschicht). Schicht 6: Zeichencodierung, Daten- und File-Formate in geeignete Darstellung f¨ ur das entsprechende System konvertieren (Darstellungsschicht). Schicht 7: Anbieten von Diensten (Lesen, Schreiben) f¨ ur die Teilnehmer im Netz. Schnittstelle zu den Anwenderprogrammen der Steuerungen und Rechner (Anwendungsschicht). Ein typisches Ger¨at, das auf Schicht 7 arbeitet, ist ein Gateway. Seine Aufgabe ist es, die Verbindung zwischen u. U. v¨ ollig unterschiedlichen Netzwerken herzustellen. Man kann sich leicht vorstellen, dass diese starke Modularisierung f¨ ur Feldbussysteme eher zeitraubend und damit hinderlich ist. Die u ¨ berschaubare Struktur der Feldbusnetze erlaubt meist eine Reduzierung auf die Schichten 1, 2 und 7.
17.6 Netzwerktopologien Die geometrische Struktur der Datenleitungen, welche die einzelnen Netzwerkteilnehmer verbinden, wird als Netzwerktopologie bezeichnet. Im Feldbusbereich sind alle g¨angigen Netzwerktopologien anzutreffen (Abb. 17.20). Dabei sind die Linienstruktur und die Sternstruktur von besonderer Bedeutung f¨ ur die Anbindung von Sensoren und Aktoren. Beim Linienbus ist der Verdrahtungsaufwand am geringsten. Beim Ring (Abb. 17.20) f¨ uhrt der Ausfall eines Knotens zum Systemausfall, wenn nicht eine aufwendige Mehrfachverkabelung (gestrichelte Linien) vorgesehen wurde. Bei der ringf¨ormigen Struktur ist die Nachrichten¨ ubermittlung oft so gestaltet, dass ein Knoten eine Nachricht vom n¨ achsten mit ihm verbundenen Nachbarn empf¨angt. Je nach Ergebnis der Pr¨ ufung, ob der gerade empfangende Knoten der Adressat ist, wird die Nachricht an den folgenden Nachbarn weitergeleitet oder nicht. Die Maschentopologie kennt keine starren Regeln der Vernetzung. Nachteil ist die hohe Komplexit¨at bez¨ uglich der Verdrahtung und Verwaltung. Es sei noch erw¨ ahnt, dass Baumstrukturen entstehen, wenn sternf¨ormige Netze hierarchisch verkn¨ upft werden.
17.7 Bus-Zugriffsverfahren
Stern
Ring
Linie
Maschen
615
Abb. 17.20. Verschiedene Formen von Netzwerktopologien
17.7 Bus-Zugriffsverfahren Es gibt verschiedene Methoden der Bus-Zugriffskontrolle, die bei Feldbussen anzutreffen sind: Beim Master/Slave-Verfahren gibt es im Netz zu einem bestimmten Zeitpunkt genau einen Masterknoten, der die Vorg¨ange auf dem Bus bez¨ uglich ¨ Steuerung, Uberwachung, Fehlern und Ausf¨allen koordiniert. Dieser Leitknoten kann einem der restlichen Knoten, die als Slaves bezeichnet werden, die Sendeberechtigung erteilen. Beim Token Passing wird die Berechtigung, Nachrichten auf den Bus zu geben, von Knoten zu Knoten weitergeleitet. Der Teilnehmer, der den sogenannten Token gerade inne hat, darf senden. Die Reihenfolge der Weitergabe wird bei der Netzinitialisierung in Form eines logischen Ringes festgelegt. Dabei entspricht die Wartezeit bis zur n¨achsten Zuteilung der maximalen Nachrichtendauer, woraus sich die Eignung f¨ ur den Echtzeitbetrieb ableitet. Bei den CSMA-Verfahren (Carrier Sense Multiple Access) sind alle Busteilnehmer bez¨ uglich des Senderechtes gleichberechtigt. Ein sendewilliger Netzwerkknoten pr¨ uft, ob auf dem Bus gerade gesendet wird oder nicht. Bei freiem Bus darf er schließlich senden, ansonsten nicht. Dabei kann es zu Kollisionen kommen, wenn mehrere Teilnehmer gleichzeitig senden wollen. Daher wird der reine CSMA-Betrieb im Allgemeinen durch einen der beiden folgenden Betriebsmodi erg¨anzt: CSMA/CD (Carrier Sense Multiple Access/Collision Detection) Bei diesem Verfahren, das auch beim Ethernet Anwendung findet, kontrolliert der Sender seine Nachricht auf dem Bus hinsichtlich St¨orungen durch
616
17 Messdatenerfassung im Feld
weitere Sender. Gegebenenfalls wird die Sendung abgebrochen und auf einen sp¨ ateren, zuf¨allig gew¨ahlten Zeitpunkt verschoben. Da die Wartezeiten bis zur ¨ vollst¨ andigen korrekten Ubertragung lastabh¨angig sind, besitzt diese Methode keine Echtzeitf¨ahigkeit. Beim CSMA/CA (Carrier Sense Multiple Access / Collision Avoidance) beginnt jede Daten¨ ubertragung mit einem Identifizierungscode. Durch die senderseitige Busanschaltung nach dem WIRED-AND-Prinzip (s. Kap. 16.7) ist sichergestellt, dass sich der Buspegel 0 gegen¨ uber dem Pegelwert 1 eines weiteren sendenden Teilnehmers dominant verh¨alt. Dadurch kann jeder sendende Busteilnehmer feststellen, ob seine Bits durch einen weiteren gerade aktiven Sender verf¨alscht werden. Die Entscheidung, ob ein Bit verf¨ alscht wurde, geschieht in der sog. Arbitrierungsphase. Bei ausgedehnten Netzwerken ist die Bitzeit gen¨ ugend groß gegen¨ uber der Signallaufzeit im Netzwerk zu w¨ahlen, da das Abbruchkriterium w¨ahrend der Bitzeit u uft ¨ berpr¨ werden muss. Beim Summen(rahmen)telegramm, wie es beispielsweise beim Interbus-S verwendet wird, sind alle Teilnehmer an ein Schieberegister angeschlossen. In Verbindung mit der verwendeten Ringtopologie werden die Daten durch das Schieberegister geschoben. Die f¨ ur den Master bestimmten Daten der jeweiligen Teilnehmer werden an der entsprechenden Stelle durch den Slave in das Telegramm eingef¨ ugt. Die Adressierung der einzelnen Slaves entf¨allt, weil deren Adresse sich aus der Position im Ringsystem bzw. im Schieberegister ergibt. 17.7.1 Klassifizierung der Bus-Zugriffsverfahren Bei den Bus-Zugriffsverfahren unterscheidet man zwischen stochastischem Bus-Zugriff und deterministischem Bus-Zugriff. Der Bus-Zugriff bei den CSMAVerfahren ist zuf¨allig, d. h. es handelt sich hierbei um einen stochastischen Bus-Zugriff, w¨ahrend die anderen Bus-Zugriffsverfahren kontrolliert erfolgen (deterministischer Bus-Zugriff). Weiterhin unterscheidet man zwischen zentral und dezentral. Das Token-Ring-Verfahren bezeichnet man als dezentral und Master/Slave sowie Summenrahmentelegramm als zentrale Verfahren.
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung 17.8.1 Alternierende Puls Modulation (APM) Wenn bei einem Bussystem nur eine einzige Zweidrahtleitung verwendet wird, d.h., wenn gleichzeitig Energieversorgung und Nachrichten u ¨ ber diese Leitung u ¨ bertragen werden sollen, muss das Nachrichtensignal gleichstromfrei sein. Die sog. alternierende Puls Modulation (APM) erf¨ ullt diese Anforderung neben anderen, wie z. B. Schmalbandigkeit. Es handelt sich dabei um eine serielle ¨ Ubertragung im Basisband.
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung
617
Das Modulationsprinzip soll anhand von Abb. 17.21 erkl¨art werden. Es wird zun¨ achst die zu sendende Bitfolge manchestercodiert, d. h. man geht von einer Pulsfolge aus, die bei jedem Bit alterniert. Wenn jedoch in der urspr¨ unglichen Sendefolge ein Bitwechsel stattfindet, wird der Zustand konstant gehalten, d. h. der ansonsten anstehende Wechsel des Signals wird dann aufgehoben. Daraus wird gem¨aß Abb. 17.21 der Sendestrom abgeleitet, aus dem durch Differenzieren das Spannungssignal der Busleitung entsteht. Letztlich wird dabei jede positive Flanke des Sendestromes in einen negativen Spannungspuls umgewandelt und umgekehrt. Mit diesen Spannungspulsen kann durch De” modulation“ nach dem Manchesterverfahren wieder leicht die urspr¨ ungliche Sendebitfolge rekonstruiert werden. Als Spannungspulse verwendet man vorzugsweise sin2 -Pulse, um die Bandbreite sowie die St¨orstrahlung niedrig zu halten.
Sendefolge
0
0
0
1
1
Pause
0
manchestercodierte Sendefolge
Sendestrom
Spannungspulse (negativer differenzierter Sendestrom) im Empfänger rekonstruierte Folge
0
0
0
1
1
0
Abb. 17.21. Alternierende Puls Modulation (APM)
Pause
618
17 Messdatenerfassung im Feld
17.8.2 Fehlererkennung und Datensicherung ¨ Durch St¨ orungen verschiedenster Art kann es zu Bitfehlern bei der Ubertragung kommen, d.h. zu Wechseln in einen falschen logischen Zustand. In diesem Zusammenhang wurde die Bitfehlerrate r definiert r=
Anzahl der fehlerhaften Bits . Gesamtzahl der u ¨ bertragenen Bits
(17.1)
Strategien zur Fehlererkennung beruhen bei Bussystemen vorwiegend auf Parit¨ atspr¨ ufung und Cyclic Redundancy Check (CRC). Die durch diese Verfahren erkannten Fehler werden korrigiert. Es bleibt ein Rest an unerkannten Fehlern, welche durch die sog. Restfehlerrate beschrieben werden. Sie ist also ein Maß f¨ ur die Datenintegrit¨at. Die St¨ orfestigkeit einer Codierung l¨asst sich durch die minimale HammingDistanz1 charakterisieren. Sie wird mit dmin bezeichnet. Die Anzahl e der noch sicher erkennbaren Fehler ist gegeben durch e = dmin − 1 .
(17.2)
Bei der Codesicherung durch ein Parit¨atsbit kann ein Fehler sicher erkannt werden, d. h. die minimale Hamming-Distanz betr¨agt in diesem Fall dmin = 2. Die minimale Hamming-Distanz gibt also die Anzahl von Bits an, die in einem u ussen, bis der Fehler nicht mehr ¨ bertragenen Datenblock verf¨alscht sein m¨ erkannt werden kann. Die Anzahl t der korrigierbaren Fehler betr¨agt t = (dmin − 1)/2 .
(17.3)
Der Wert dmin = 4 bedeutet, dass 3 fehlerhafte Bits gerade noch erkannt werden k¨ onnen und maximal 1 fehlerhaftes Bit korrigiert werden kann. Im allgemeinen Sprachgebauch verwendet man allerdings den Begriff Hamming Distanz (d) f¨ ur den eigentlich korrekten Ausdruck Minimale HammingDistanz (dmin ). Bei professionell eingesetzten Bussystemen erwartet man Hamming-Distanzen (eigentlich ist damit wiederum die minimale Hamming-Distanz dmin gemeint) von d = 4 bzw. d = 6. Solche Werte werden in aller Regel durch einen CRC-Test (Cyclic Redundancy Check) erreicht. Hierbei wird der zu u ¨ bertragende Datenblock als Bin¨arzahl B betrachtet, die senderseitig durch ein Pr¨ ufpolynom P dividiert wird B R =Q+ P P
bzw.
B =Q·P +R .
(17.4)
Der Rest R wird an die Nachricht angeh¨ angt, d. h. man u ¨ bertr¨agt letztlich nicht B sondern B + R. Empf¨angerseitig subtrahiert man 2 R 1
Die Hamming-Distanz ist die Anzahl der unterschiedlichen Bits von zwei gleich langen Codew¨ ortern. Dies wird auch als Abstand der Codew¨ orter bezeichnet.
17.8 Modulationsverfahren und Bitcodierung
(B + R) − 2 R = B − R = Q · P .
619
(17.5)
Nach der Division durch das Polynom P muss sich also wieder Q ergeben, ohne jeglichen Rest. Die an die Nachricht anzuh¨angenden Pr¨ ufzeichen sind ¨ meist 1 Byte (8 Bit) lang, so dass sich CRC-Tests nur f¨ ur Ubertragungen mit l¨ angeren Datenbl¨ocken lohnen, z. B. beim PROFIBUS; d. h. sie sind weniger f¨ ur reine Sensor-Aktor-Busse geeignet. 17.8.3 Bitcodierung Aus Aufwandsgr¨ unden werden die zu u ¨ bertragenden Bits h¨aufig so auf die Leitung gegeben, wie sie im UART-Baustein (s. Kap. 16.1) generiert werden. Dies wird als NRZ-Code (Non Return to Zero) (Abb. 17.22) bezeichnet. Dabei wird der Spannungspegel, je nach Wertigkeit des Bits, w¨ahrend der Bitzeit auf einem von Null verschiedenen konstanten Spannungspegel gehalten.
Takt zu codierende Bitfolge
NRZ
Non Return to Zero
0
0
1
1
1
0
1
0
1
0
1
0
0V
NRZI Non Return to Zero Inverted
0V
RTZ Return to Zero
Abb. 17.22. Non Return to Zero (NRZ-) Codierung
Daneben gibt es noch den invertierten NRZ-Code, der als Non Return to Zero Inverted (NRZI) bezeichnet wird. Beim Return to Zero Code (RTZ) hingegen erkennt man die 1-wertigen Bits an einer fallenden Flanke in Bitmitte, ¨ so dass die Bitbreite bei der Ubertragung halbiert wird. Dies entspricht der Durchschaltung des Taktsignals f¨ ur die Zeit der 1-wertigen Bits. Das NRZ-Verfahren hat zwar den Vorteil geringer Bandbreite, es kann aber daf¨ ur auch keine Taktsynchronisation aus einem Bit abgeleitet werden. Dies wird erst durch das sog. Bitstuffing erreicht. Dabei wird sp¨atestens nach 5 Bitzeiten ein Flankenwechsel erzwungen, notfalls durch Hinzuf¨ ugen (stopfen = to stuff) eines weiteren Bits, was invers ist zu den vorhergehenden.
620
17 Messdatenerfassung im Feld
17.9 Schnittstellenkonverter F¨ ur Messdatenerfassungsaufgaben werden oft auch Schnittstellenkonverter eingesetzt, welche von einer an den Rechnern vorhandenen Standard-Schnittstelle auf eine spezielle f¨ ur Messdatenerfassungszwecke geeignetere Schnittstelle umsetzen. So gibt es Schnittstellenkonverter, die eine RS232C-Schnittstelle oder auch eine RS485-Schnittstelle auf den IEC-Bus umsetzen. Die Schnittstellenkonvertierung f¨ ur RS232 auf RS485 (Abb. 17.23) zeigt ein Anwendungsbeispiel, bei dem Computer und sonstige Hardware mit RS232-Schnittstelle u ¨ber einen seriellen RS485-Bus vernetzt werden. Verf¨ ugbar sind auch Schnittstellenkonverter, die Ethernet-Anschl¨ usse gleichzeitig auf RS232 und RS485 umsetzen [171]. Ein weiterer interessanter Schnittstellenkonverter ist der RS232-EthernetKonverter. Er erm¨oglicht das Ansteuern von Messger¨aten mit RS232-Schnittstellen am Ethernet mit TCP/IP-Protokoll [178]. So k¨onnen Messger¨ate fern-
Konverter
RS485
RS485 RS232C Konverter RS485 RS232C Konverter
Konverter
RS232C RS485
RS485 RS232C Konverter
RS232C
RS485
RS485 RS232C Konverter
..............
RS485 RS232C
max. 31 Teilnehmer
Abb. 17.23. Aufbau eines Rechnernetzes zur Messdatenerfassung unter Verwendung von RS232C- zu RS485-Konvertern
17.10 Der Feldbus (FAN)
621
gesteuert und Daten u ¨ ber große Entfernung u ¨ bertragen werden. Dabei erh¨alt der Konverter eine eindeutige IP-Adresse. Weitere Konverter f¨ ur die Messdatenerfassung sind: • • •
USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ IEC-Bus Fire Wire (IEEE1394) ⇐⇒ IEC-Bus USB (Universal Serial Bus) ⇐⇒ RS485.
17.10 Der Feldbus (FAN) Ein Feldbus ist ein Bussystem, welches der kommunikationstechnischen Verbindung von sog. Feldger¨aten dient. Zu diesen Feldger¨aten z¨ahlen insbesondere speicherprogrammierbare Steuerungen (SPS) sowie intelligente Sensoren und Aktoren, die digitale bzw. analoge Signale an einen Steuerrechner senden bzw. von diesem empfangen. Im Allgemeinen handelt es sich bei den Feldbussen um lokale Busse, die u ¨ ber Buskoppler, sog. Gateways, an einen Hauptbus angeschlossen sind, der sie wiederum mit dem zentralen Leitrechner verbindet (Abb. 17.24). Der Feldbus stellt dabei in der Regel nicht nur Leitungen f¨ ur den Austausch von Daten bereit, sondern auch solche, die der Energieversorgung der Feldger¨ ate dienen. Dabei werden meist geringe Datenmengen u ¨ ber gr¨oßere Distanzen u bertragen. In Abb. 17.25 sind verschiedene Feldbusse bez¨ uglich ¨ ihrer Leistungsf¨ahigkeit und Komplexit¨at gegen¨ ubergestellt. Sie werden im Folgenden ausf¨ uhrlich behandelt.
Abb. 17.24. Struktur eines Prozessleitsystems mit Feldbussen
Die Struktur eines Feldger¨ates, das u ¨ber einen Zweidrahtanschluss an einen Feldbus angeschlossen ist, wird in Abb. 17.26 gezeigt. Die beiden Busleitungen dienen bei dieser Ausf¨ uhrungsform einerseits als Transportmittel der elektrischen Energieversorgung und andererseits als Tr¨ager der prozesstechnischen
622
17 Messdatenerfassung im Feld
Sensor/Aktorbus
Factory-Bus
Feldbus
MAP
Komplexität Kosten/Knoten
EIB Profibus Bitbus CAN Interbus-S ASI "binäre" Teilnehmer, Echtzeitmeldungen verteilte E/A Multiplexer
Funktionalität DDL, FileTask-Task virtuelle Kommunikation Geräte Konfiguration Transfer
¨ Abb. 17.25. Ubersicht u ahigkeit kommerzieller Feldbusse [90] ¨ ber die Leistungsf¨
Abb. 17.26. Struktur eines Feldger¨ ates mit Feldbusanschluss in Zweidrahtausf¨ uhrung
17.10 Der Feldbus (FAN)
623
Information. Dazu werden der Versorgungsspannung mit Hilfe des Modulators die Daten aufmoduliert, die von einem Universal-Asynchronous-ReceiverTransmitter-Baustein (UART) geliefert werden (TxD), bzw. es werden die empfangenen Daten mittels des Demodulators demoduliert und an den UART weitergereicht (RxD) (s. auch Kap. 16). Bei den Prozesssignal-Adaptern (Abb. 17.26) handelt es sich vorzugsweise um intelligente Sensoren und Aktoren, also Transducer f¨ ur elektrische Tabelle 17.2. Auswahl an wichtigen Feldbus-Systemen Bus-Bezeichnung
BusTyp
¨ max. TeilNachrichten- max. UberTopologie nehmeranzahl l¨ ange in Bit tragungsrate
Profibus DP Master- 124 Slave
1984
Interbus-S
512
16
12 MBit/s 500 kBit/s bei 100 m 500 kBit/s
256
1024
5 MBit/s
32
4
FIP ASI CAN
BIT
Bus-Bezeichnung
MasterSlave MultiMaster MasterSlave Multimaster
nur abh¨ angig 64 von Treiberelektronik Master- 250 1984 Slave
Datenleitung
Profibus DP 2-Draht, geschirmt Interbus-S 4-Draht, geschirmt FIP 2-Draht, geschirmt ASI 2-Draht, ungeschirmt CAN 2-Draht, verdrillt oder LWL BIT 3 paarig verdrillte Zweidrahtleitung
Linie mit Abzweigen Ring
Linie mit Abzweigen 150 kBit/s Linie mit Abzweigen 1 MBit/s Linie mit (375 kBits/s Abzweigen bei 100 m) 500 kBit/s Linie mit Abzweigen
Versorgungs- max. Leitungsleitung l¨ ange 3-Draht oder LWL 5-Draht
9,6 km (90 km bei LWL) (1200 m zwischen 2 Teilnehmern) (400 m zwischen 2 Teilnehmern)
3-Draht
3500 m
Datenleitung 2-Draht
100 m
2-Draht
1000 m
pro Segment 1200 m Gesamtl¨ ange 13,2 km
624
17 Messdatenerfassung im Feld
und nicht-elektrische Gr¨oßen, die bereits genormte Schnittstellensignale liefern. Die zentrale Steuerung des Feldger¨ates obliegt einem Microcontroller, der auch die hardwarem¨aßige sowie logische Verbindung zwischen dem SendeEmpfangsbaustein (UART) und dem Prozesssignal-Adapter herstellt. Feldbusse sind i. Allg. f¨ ur den Einsatz in hierarchisch arbeitenden Systemen vorbereitet, was unter anderem auch in einer von einem Master kontrollierten Kommunikation zum Ausdruck kommt (Master-Slave-Systeme). In den letzten Jahren wurden zwar betr¨achtliche Anstrengungen unternommen, sich bez¨ uglich der derzeit diskutierten Feldbussysteme auf einen gemeinsamen Standard festzulegen, doch bisher leider ohne Erfolg. In Tab. 17.2 werden einige der derzeit in Anwendung befindlichen Feldbussysteme vorgestellt, wobei hinzugef¨ ugt werden sollte, dass die beiden Feldbussysteme Profibus-DP und Interbus-S in Europa mit Abstand den derzeit gr¨oßten Marktanteil auf sich vereinigen k¨onnen. Einzelheiten zu der Feldbus-Thematik findet man in der weiterf¨ uhrenden Literatur, z.B. in [23], [79], [96]. In den folgenden Abschnitten werden die derzeit aktuellen Feldbusse vorgestellt. 17.10.1 ASI-Bus Beim ASI-Bus handelt es sich um eine in jeder Hinsicht origin¨are FeldbusL¨ osung. Das AS-Interface (Aktor-Sensor-Interface) stellt ein serielles BusInterface f¨ ur die unterste Hierarchiestufe der Automatisierungstechnik dar. ¨ Das AS-Interface wurde zun¨achst als Low-Cost-L¨osung f¨ ur die Ubertragung ¨ bin¨ arer Sensorsignale konzipiert, aber es kann auch f¨ ur die Ubertragung analoger Signale eingesetzt werden. Es handelt sich um ein offenes System, d. h. das Protokoll ist offengelegt und Hardwarekomponenten werden von vielen Herstellern angeboten. Der AS-Interface-Chip ist am Markt frei verf¨ ugbar. Detaillierte Informationen zum ASI-Bus findet man in [97]. Allgemeine technische Daten: Der Bus ist aus einer Zweidraht-Profilleitung aufgebaut (2× 1,5 mm2 ). Die Installation ist einfach, kosteng¨ unstig und verpolsicher. Die Maximall¨ange betr¨agt 100 m, mit Repeatern sind ¨ 300 m m¨ oglich. Uber die Zweidrahtleitung werden Daten und Energie bis zu Str¨ omen von 10 A transportiert. Das System arbeitet mit zyklischer Abfrage und ist echtzeitf¨ahig. Die Bitdauer betr¨agt 6 μs, durch ein kompaktes Protokoll ist eine Reaktionszeit von 5 ms m¨oglich. Es k¨onnen max. 31 Slaves pro System angeschlossen werden, mit 4 Bit-Nutzdaten pro Slave. Topologie und Daten¨ ubertragung: Der Bus wird in einer Linien- oder Ring-Topologie aufgebaut. F¨ ur die Daten¨ ubertragung wird ein kompaktes Polling-Protokoll verwendet. Der Master sendet einen Befehl an einen Slave, der daraufhin antwortet. Abbildung 17.27 zeigt die genaue Bitfolge. Danach ruft der Master die anderen Slaves der Reihe nach auf. Eine ASI-Nachricht besteht somit aus einem Masteraufruf mit 14 Bit, der Masterpause, der Slaveantwort mit 7 Bit und der Slavepause. Als Modulati-
17.10 Der Feldbus (FAN)
625
onsverfahren wird die Alternierende Puls-Modulation (APM) verwendet. Das Nachrichtensignal ist damit gleichstromfrei und wird der Energieversorgung u uglich des ISO-Referenzmodells werden lediglich ¨berlagert. Bez¨ die Schichten 1 und 7 verwendet. ST SB A4 A3 A2 A1 A0 I4 I3 I2 I1 I0 PB EB
ST I3 I2 I1 I0 PB EB
Masteraufruf
Slaveantwort Masterpause
ST
Startbit
SB
Steuerbit
A0 ... A4
Adressbits
I0 ... I4
Informationsbits
PB
Paritätsbit
EB
Endbit
Slavepause
Abb. 17.27. Telegrammstruktur beim ASI-Bus
17.10.2 CAN Der CAN-Bus (Controller Area Network Bus) wurde urspr¨ unglich f¨ ur die Automobiltechnik von der Robert Bosch GmbH entwickelt. Mittlerweile sind seine Spezifikationen in einer ISO-Norm festgehalten und sein Einsatzgebiet geht weit u ¨ber die Automobiltechnik hinaus (ISO 11 898). CAN wird heute sehr vielf¨ altig eingesetzt, u. a. in mobilen Systemen, in der Fertigungsautomatisierung sowie in der Geb¨audeautomatisierung. Eine detaillierte Beschreibung zum CAN-Bus findet sich in [99], [96]. Allgemeine technische Daten: Der CAN-Bus basiert entweder auf verdrillten Zweitdrahtleitungen (Twisted Pair) oder einem Lichtwellenleiter ¨ ¨ (LWL). Der maximal zul¨assige Ubertragungsweg h¨angt von der Ubertragungsrate ab, bei 1 MBit/s betr¨agt er 40 m und bei 50 kBit/s bereits 1000 m. Die maximale Teilnehmeranzahl bestimmt sich allein aus der Leistungsf¨ ahigkeit der verwendeten Treiberstufenelektronik. Es sind verschiedene Mikrocontroller f¨ ur das CAN-Bus-Protokoll kommerziell erh¨altlich. Topologie und Daten¨ ubertragung: Die CAN-Bus-Topologie weist Linienstruktur auf. Es sind beidseitig Abschlusswiderst¨ande vorgesehen. Das Bus-Zugriffsverfahren basiert auf CSMA/CA mit bitweiser Arbitrierung. In der Arbitrierungsphase u ¨ berschreiben Teilnehmer mit dem logischen Zustand 0 den logischen Zustand 1 der anderen gleichzeitig sendenden Teilnehmer. Man spricht in diesem Zusammenhang von dominantem (logisch 0) und rezessivem (logisch 1) Zustand. Die Teilnehmer mit rezessivem Zustand stellen ihren Sendevorgang ein und starten einen neuen Sendeversuch erst, nachdem wieder Busruhe“ detektiert wurde. Das Prinzip ” der bitweisen Arbitrierung wird in Abb. 17.28 gezeigt.
626
17 Messdatenerfassung im Feld
Vcc Rpullup
T1
Busleitung
T2
T3
T Bit T1 T2
Sender
T3
Empfänger rezessiver Pegel
Bus
dominanter Pegel
T1 wird Empfänger
T3 wird Empfänger und T2 bleibt als Sender übrig
Abb. 17.28. Bitweise Arbitrierung nach dem CSMA/CA-Verfahren
Es bleibt als einziger Sender schließlich nur der Teilnehmer mit der h¨ ochsten Priorit¨at u ¨ brig. Somit kann trotz des stochastischen Bus-Zugriffsverfahrens Echtzeitverhalten garantiert werden. Beim CAN-Bus werden eventuell auftretende Fehler anhand folgender Mechanismen ermittelt (siehe auch Abb. 17.29): • Bit-Monitoring: Jeder Sender empf¨angt wieder die von ihm selbst gesendeten Bits und f¨ uhrt einen Identifikationsvergleich durch. • Bit-Stuffing: Es wird eine Bitcodierungsregel u ¨ berwacht, nach der sp¨ atestens nach 5 gleichen Bits ein verschiedenartiges zu folgen hat. • Acknowledge: Jede Nachricht (Telegramm) muss von mindestens einem Empf¨anger als fehlerfrei best¨atigt werden. Dazu dient der ACKSlot im CAN-Bus-Telegramm (Abb. 17.29). • Cyclic Redundancy Check (CRC): Dabei wird eine 15 Bit lange Pr¨ ufsumme eingesetzt, um Fehler in Nachrichten zu erkennen, was zu einer Hamming-Distanz von HD = 6 f¨ uhrt.
17.10 Der Feldbus (FAN)
627
DatenArbitrierungsfeld Steuerfeld Datenfeld sicherungsfeld
EOF IFS BUS Idle
0-8 Byte Data 15 Bit CRC
Identifier 11 Bit
RTR IDE r0 DLC
SOF
ACK
Standardformat (CAN 2.0 A)
Arbitrierungsfeld
BUS Idle
RTR r1 r0 DLC
SRR IDE
SOF
EOF IFS
0-8 Byte Data 15 Bit CRC
18 Bit
11 Bit
SOF RTR IDE r0 DLC
DatenSteuerfeld Datenfeld sicherungsfeld
ACK
Erweitertes Format (CAN 2.0 B)
Start of Frame Remote Transmission Request Identifier Extension Bit reserviert Data Length Control
ACK EOF IFS SRR r1 Bus Idle
Acknowlegde-Field End of Frame Inter Frame Space Substitute Remote Request reserviert Busruhe
Abb. 17.29. CAN-Bus-Protokolle (CAN 2.0 A und CAN 2.0 B)
Abbildung 17.29 zeigt das CAN-Bus-Protokoll. Das Arbitrierungsfeld beinhaltet den sog. Object-Identifier, welcher den Inhalt der Nachricht beschreibt (z.B. Drehzahl). Gleichzeitig dient er aber auch der Priorisierung der Nachrichten. Urspr¨ unglich waren 11 Bit f¨ ur den Object-Identifier vorgesehen (base frame format). Immer komplexer werdende Systeme haben zu einer Erweiterung des Objekt Identifiers auf 29 Bit gef¨ uhrt (extended frame format). Der Buszugriff mittels bitweiser Arbitrierung erfordert, dass die Verz¨ogerungszeit zwischen zwei Teilnehmern maximal einer halben Bitl¨ange entspricht. Dies begrenzt allerdings sowohl die Datenrate als auch die Leitungsl¨ ange. Um trotzdem Daten¨ ubertragungsraten u ¨ ber 1 MBit/s zu realisieren wurde das CAN FD Protokoll entwickelt. Detaillierte Informationen zum CAN FD finden sich in [78]. Das CAN FD Protokoll erlaubt die Erh¨ohung der Daten¨ ubertragungsrate im Bereich des Datenfeldes. Das u ¨ brige Potokoll arbeitet weiterhin mit einer niedrigeren Daten¨ ubertragungsrate, was eine feh-
628
17 Messdatenerfassung im Feld
lerfreie Arbitrierung erlaubt. Ein weiterer Vorteil des CAN FD Protokolls besteht darin, dass das Datenfeld auf bis zu 64 Byte erweitert werden kann. Dadurch k¨ onnen mehr Werte pro Object-Identifier auf den Bus u ¨ bertragen werden. Die Erh¨ohung der Datenrate als auch die Erweiterung des Datenfeldes kann wahlweise oder auch in Kombination genutzt werden. Das CAN Protokoll muss dazu modifiziert bzw. um einige Bits erweitert werden (siehe Abb. 17.30): •
• • •
EDL (Extended Data Length): durch dieses Bit wird angegeben ob das Datenfeld wie beim normalen CAN Protokoll 8 Byte betr¨agt oder erweitert ist. Eine Erweiterung des Datenfeldes wird durch ein rezessives EDL Bit (High Pegel) signalisiert. BRS (Bit Rate Switch): durch dieses Bit wird angegeben, ob im Datenfeld eine erh¨ohte Bitrate verwendet wird. Eine Erh¨ohung der Bitrate im Datenfeld wird durch ein rezessives BRS Bit (High Pegel) signalisiert. ESI (Error State Indicator): das ESI Bit dient zur Fehleridentifikation eines CAN FD Teilnehmers. DLC (Data Length Code): die vier DLC Bits geben die L¨ange des erweiterten Datenfeldes an (12, 16, 20, 24, 32, 48 oder 64 Byte).
18 Bit
SRR IDE
SOF
11 Bit
Steuerfeld
Datenfeld
DLC 0-64 Byte Data
Datensicherungsfeld
EOF IFS
BUS Idle
21 Bit CRC
r1 EDL r0 BRS ESI
Arbitrierungsfeld
ACK
Durch die Erh¨ohung der Anzahl der Bits pro Frame muss eine l¨angere CRC Pr¨ ufsequenz verwendet werden um die (minimale) Hamming Distanz von HD = 6 beizubehalten (siehe Abschn. 17.8.2). Je nach L¨ange des Datenfeldes wird eine Pr¨ ufsequenz von bis zu 21 Bit (bei 64 Byte Datenfeld) ben¨otigt.
Übertragungsrate bis zu 1 Mbit/s
bis zu 10 Mbit/s
bis zu 1 Mbit/s
Abb. 17.30. CAN-FD-Protokoll
17.10.3 Flex Ray FlexRay ist ein Feldbussystem, welches f¨ ur den Automobilbereich im Hinblick auf zunehmende Vernetzung der Fahrzeugkomponenten sowie erh¨ohten Anforderungen bzgl. Daten¨ ubertragungsraten und Echtzeitf¨ahigkeit entwickelt wurde. Der FlexRay Standard ist mittlerweile in einen ISO Standard u uhrt ¨ berf¨
17.10 Der Feldbus (FAN)
629
(ISO 17458) worden. Detaillierte Angaben zum FlexRay-Bussystem k¨onnen [152] entnommen werden. Allgemeine technische Daten: Der FlexRay-Bus basiert auf verdrillten Zweidrahtleitungen (Twisted Pair Leitungen), wobei die Daten¨ ubertragung parallel auf zwei Kan¨alen geschieht. Dabei k¨onnen die Daten re¨ dundant auf beiden Kan¨alen u ¨ bertragen werden, was eine hohe Ubertragungssicherheit gew¨ahrleistet. Der zweite Kanal kann allerdings auch zur ¨ ¨ Verdopplung der Ubertragungsrate verwendet werden. Die Ubertragungsrate betr¨agt 10 MBit/s pro Kanal. Die Busteilnehmer k¨onnen prinzipiell an nur einen der beiden Kan¨ale oder an beide Kan¨ale angeschlossen werden. Eine Kommunikation unter Busteilnehmern ist allerdings nur dann m¨ oglich, wenn beide am gleichen Kanal angeschlossen sind. Der maximal ¨ zul¨ assige Ubertragungsweg h¨angt von der verwendeten Topologie sowie der Anzahl der Teilnehmer ab. In Linientopologie liegt der maximale Abstand zwischen den am weitesten entfernten Busteilnehmern bei 24 m. Topologie und Daten¨ ubertragung: Der FlexRay-Bus kann in Sterntopologie oder Linientopologie aufgebaut und kann sowohl ereignisgesteuert im CSMA (Carrier Sense Multiple Acces) Verfahren, als auch zeitgesteuert im TDMA (Time Division Multiple Access) Verfahren betrieben werden (siehe Abschn. 17.7). Durch den zeitgesteuerten Ablauf sind garantierte Latenzzeiten m¨oglich. Eine M¨oglichkeit, die maximale Busl¨ange zu erh¨ohen, besteht darin, gekoppelte Sternstrukturen aufzubauen. Jedes Steuerger¨at darf vom im Sternmittelpunkt sitzenden Busteilnehmer (Sternkoppler) maximal 24 m entfernt sein. Bei gekoppelten Sternstrukturen sind mehrere Sternkoppler miteinander verbunden. Die maximale Leitungsl¨ange zwischen zwei Sternkopplern betr¨agt dann wiederum 24 m. Bei der dadurch entstehenden Struktur darf der maximale Abstand zwischen zwei Teilnehmern 72 m betragen. An den Leitungsenden der Linienstruktur bzw. bei Sternstruktur an den Enden der Verbindung zwischen Busteilnehmer und Sternkoppler sind Abschlusswiderst¨ande zwischen 80 und 110 Ω vorgesehen. Kommunikationsprotokoll: Die Kommunikation auf dem Bus l¨auft in Zyklen ab, wobei jeder Zyklus in Segmente unterteilt ist (siehe Abb. 17.31). Im statischen Segment hat jeder Busteilnehmer ein bestimmtes Zeitfenster, in dem er Nachrichten senden kann. Wenn das Zeitfenster nicht aus¨ reicht, um die Daten zu senden, muss die Ubertragung im n¨achsten Zyklus oder im dynamischen Segment fortgesetzt werden. Mit dem statischen Segment wird sichergestellt, dass jedem Busteilnehmer in jedem Zyklus ein Zeitfenster zur Verf¨ ugung steht, um Daten auf den Bus zu senden. Damit wird garantiert, dass Daten innerhalb einer bestimmten Zeit u ¨ bertragen werden k¨onnen. Das statische Segment wird in 2 bis 1023 Slots unterteilt. Je nachdem, wie viele Teilnehmer am Bus angeschlossen sind, kann ein Teilnehmer auch mehrere Zeitfenster im statischen Segment besitzen. Das dynamische Segment unterliegt im Gegensatz zum statischen Seg-
630
17 Messdatenerfassung im Feld
¨ ment keinem deterministischen Ablauf. Ahnlich dem statischen Segment wird das dynamische Segment in zeitlich k¨ urzere Minislots unterteilt. Die Gesamtanzahl der Slots (statisches Segment) und der Minislots (dynamisches Segment) darf 2047 nicht u ¨ bersteigen. Wenn ein Busteilnehmer im dynamischen Segment keine Daten auf den Bus senden m¨ochte, so l¨asst er den Minislot verstreichen. Wenn ein Teilnehmer w¨ahrend seines Minislots beginnt zu senden, so verschiebt sich das Ende des Minislots nach hinten, bis der Busteilnehmer aufh¨ort zu senden oder das dynamische Segment beendet ist. Teilnehmer, deren Minislot weiter hinten angesiedelt ist, k¨ onnen dann im dynamischen Segment nicht mehr senden. Je weiter hinten der Minislot eines Busteilnehmers ist, desto geringer ist demnach die Chance, dass dieser im dynamischen Segment Daten senden kann. Abgeschlossen wird ein Zyklus vom NIT Segment (Network Idle Time), welches der Synchronisierung aller Busteilnehmer dient.
NIT
Header Payload
statisch
dynamisch
minisl. 1 minisl. 2 minisl. 3 minisl. 4
dynamisch
slot n
slot 1 slot 2 slot 3 slot 4
statisch
Zyklus 2 NIT
minisl. m
Zyklus 1
Trailer CID
Abb. 17.31. Kummunikationsprotokoll des FlexRay Bussystems
Der FlexRay-Bus existiert aktuell in der Version 3.0. Im Vergleich zur Vorg¨ angerversion (Version 2.1.A) besteht nun die M¨oglichkeit, die Datenrate auf 5 MBit/s oder auch 2,5 MBit/s zu verringern. Dadurch lassen sich EMV-Probleme reduzieren und FlexRay-Bussysteme auf einfachere Weise in der kosteng¨ unstigeren Linientopologie realisieren. 17.10.4 PROFIBUS-DP Der PROFIBUS ist ein universell einsetzbarer Bus und wurde origin¨ar f¨ ur die Bereiche Fertigungsautomatisierung und Verfahrenstechnik entwickelt. Mittlerweile gibt es die Varianten PROFIBUS-FMS, PROFIBUS-DP und PROFIBUS-PA. Dabei stehen die Begriffe PROFIBUS f¨ ur PROcess FIeld BUS, DP f¨ ur Decentral Periphery bzw. Dezentrale Peripherie, FMS f¨ ur Fieldbus Message Specification und PA f¨ ur Process Automation bzw. Prozessautomatisierung. Hier soll nur auf den PROFIBUS-DP eingegangen werden. Es handelt sich dabei um ein offenes System, das nach DIN 19 245 bzw. IEC 61 158
17.10 Der Feldbus (FAN)
631
genormt ist. Es sei darauf hingewiesen, dass firmenspezifische Bezeichnungen f¨ ur PROFIBUS-kompatible kommerzielle Ausf¨ uhrungsvarianten existieren. Detaillierte Informationen zum PROFIBUS-DP findet man in [145], [96]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung erfolgt beim PROFIBUS entweder mit geschirmter und verdrillter Zweidrahtleitung oder Lichtwellenleiter. Die Maximall¨ange des Busses betr¨agt bei elektrischer ¨ Verdrahtung ca. 10 m und f¨ ur die LWL-Variante 90 km, wobei die Uber¨ tragungsentfernung von der Ubertragungsrate abh¨angt. Der PROFIBUS ¨ zeichnet sich durch eine hohe Ubertragungsgeschwindigkeit aus; sie betr¨ agt maximal 12 MBit/s. Die Busteilnehmer sind bei elektrischer Verdrahtung w¨ahrend des Betriebes an- und abkoppelbar. Insgesamt lassen sich 124 Teilnehmer anschließen. Dabei l¨asst sich der PROFIBUS in Bussegmente untergliedern (max. Anzahl 5; je Segment max. 32 Teilnehmer). Die Bitcodierung erfolgt im sog. NRZ-Code (Non Return to Zero). Der PROFIBUS verf¨ ugt u ¨ ber weitreichende Fehler- und Diagnosem¨oglichkeiten. Topologie und Daten¨ ubertragung: Der PROFIBUS basiert auf einer Linienstruktur mit Abzweigen. Dabei existieren sowohl Single- als auch Multimastersysteme. Bei der Maximall¨ange von 9,6 km kann eine Daten¨ ubertragung von 94 kBit/s erreicht werden. Dabei d¨ urfen 7 Repeater eingesetzt werden. Der maximale Abstand zweier Teilnehmer betr¨agt 1200 m. Wird die Datenrate auf 1,5 MBit/s gesteigert, sind nur noch 4 Repeater zul¨assig. Das Zugriffsverfahren des PROFIBUSses wird als hybrides Token-PassingVerfahren bezeichnet (Abb. 17.32 und Abb. 17.33). Bei Verwendung mehrerer Master kl¨aren diese ihr Zugriffsrecht zun¨achst untereinander durch logischer Tokenring
SPS/PC DP-Master Klasse 1
DP-Master Klasse 2 R termin.
R termin.
Slave 1
Slave 2
...
Slave n
Abb. 17.32. Linientopologie des PROFIBUS-DP [96]
632
17 Messdatenerfassung im Feld
DP-Master Klasse 1
DP-Master Klasse 1 Segment 2
Segment 1
DP-Master Klasse 1 Segment 3
R termin.
R termin.
Segment x Repeater 1
Repeater 3
Repeater 2
Bus Slave 1 ... Slave n
Slave 1 ... Slave q Slave 1 ... Slave k
Slave 1 ... Slave m
Abb. 17.33. Segmentierung des PROFIBUS-DP mittels Repeater (k, m, n, q < 32; x < 5) [96]
Weitergabe des Token nach dem standardm¨aßigen Token-Passing-Verfahren. Die jeweiligen, den Mastern in der Initialisierungsphase zugeordneten Slaves werden dann von den betreffenden Mastern nach dem Master/Slave-Verfahren in zyklischer Reihenfolge abgefragt (Polling). Wenn nur ein Master verwendet wird (Single-Master-Betrieb), entf¨allt das Token-Passing, wodurch sich die Abfragesequenz der Slaves sp¨ urbar erh¨ oht und somit die Echtzeitanforderungen in aller Regel erf¨ ullt werden k¨ onnen. SD
LE
LEr
SD
DA
SA
FC
DAT FCS
ED
START D7 D6 D5 D4 D3 D2 D1 D0 PAR STOP SD
Start Delimiter
FC
Function Code
LE
Length (1 Byte)
DAT
Data
LEr
Length (1 Byte) Repetition
FCS
Frame Check Sequence
DA
Destination Address
ED
End Delimiter
SA
Source Address Abb. 17.34. Datenprotokoll f¨ ur PROFIBUS-DP (s. auch [145])
Das Datenprotokoll (Abb. 17.34) enth¨alt zwischen 2 Daten¨ ubertragungen mindestens 33 SYN-Zeichen, woraus die empfangenden Busteilnehmer das ¨ Ende einer Ubertragung erkennen. Darauf folgt ein Start Delimiter SD zur Unterscheidung des Telegrammtyps [145], ein L¨angenbyte LE sowie
17.10 Der Feldbus (FAN)
633
die Wiederholung (zwecks Datensicherung) des L¨angenbytes LEr und des Start Delimiters SD. Des Weiteren enth¨alt der Protokollrahmen Quell- und Zieladresse, einen Ende Delimiter sowie eine Verz¨ogerung von 8 Bit. Der eigentliche Datenteil enth¨ alt neben den 8 Datenbits ein Start-, ein Stopbit sowie ein Parit¨atsbit. ¨ Dieser aufwendige Protokollrahmen erlaubt zwar eine relativ sichere Uber¨ tragung von Daten. Aus der Tatsache, dass zur Ubertragung von 8 relevanten Datenbit 154 Bit zu u ¨bertragen sind, kann geschlossen werden, dass der PROFIBUS nicht im Low-Cost-Segment zu finden ist. Er wird sehr oft zur Vernetzung von SPS-Komponenten eingesetzt. 17.10.5 FIP-Bus Der FIP-Bus (Flux Information Process; ehemals: Factory Instrumentation Protocol) ist eine Entwicklung der franz¨osischen Industrie und kann als kommerzieller Gegenspieler des PROFIBUS angesehen werden. Die Datenu ¨ bertragung erfolgt u ¨ ber geschirmte und verdrillte Zweidrahtleitungen oder u ubertragungsraten liegen zwischen 32 kBit/s ¨ ber Lichtwellenleiter. Die Daten¨ und 5 MBit/s (mit LWL). Ein st¨orungsfreies Anschließen von Teilnehmern w¨ ahrend des Betriebes ¨ahnlich dem PROFIBUS ist hier nicht vorgesehen. Detaillierte Informationen zum FIP-Bus findet man in [96]. Allgemeine technische Daten: Es handelt sich ebenfalls um ein offenes System, das in der Norm IEC 61 158 spezifiziert ist. Die maximalen u ¨ ber¨ br¨ uckbaren Distanzen sind ratenabh¨angig: Bei einer Ubertragungsrate von 2,5 MBit/s betr¨agt die Distanz 500 m, die auf 3500 m gesteigert werden ¨ kann, wenn die Ubertragungsrate auf 32 kBit/s reduziert wird. Die Bitcodierung erfolgt im Manchester-Code. Topologie und Daten¨ ubertragung: Die Topologie des FIP-Busses ist eine ¨ Linienstruktur mit Abzweigen. Bei LWL-Ubertragung ist neben der Linienstruktur eine sternf¨ormige Topologie unter Verwendung aktiver Buskoppler m¨oglich. Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 256. Der Bus-Zugriff ist deterministisch und erfolgt nach dem sog. DelegatedToken-Prinzip. Dabei erhalten die Slaves vom Master ein Token in Form ¨ eines Identifiers (16-Bit-Wort). Uber diese Identifier k¨onnen mehrere Variable eines Slaves adressiert werden. Die eigentliche physikalische Adresse wird nur in Sonderf¨allen verwendet, ansonsten erfolgt die MehrfachAdressierung der Slaves durch den Identifier. Die Kommunikation besteht gem¨ aß FIP-Protokoll aus der Initialisierungsphase und der Betriebsphase. In der Initialisierungsphase wird festgelegt, welcher Slave zu welchem Zeitpunkt welche Daten sendet. Die Datensicherung f¨ uhrt zu einer Hamming-Distanz HD = 4 und wird u ¨ ber verschiedene Mechanismen erreicht [96], wie z.B. Telegrammrahmencheck mittels CRC-Quersumme, Dauerbelegungserkennung, Zeit¨ uberwachung der Teilnehmer oder auch die Abfrage eventuell ausgefallener Teil-
634
17 Messdatenerfassung im Feld
nehmer. Die l¨angste Reaktionszeit kann in der Initialisierungsphase als Vielfaches der Minimalzykluszeit (5 ms) konfiguriert werden. 17.10.6 INTERBUS-S Der Interbus-S ist ein speziell f¨ ur den echtzeitkritischen Bereich von der Fa. Phoenix Contact entwickeltes Bussystem. Es wird vorwiegend in der Fertigungsautomatisierung als objektnaher Feldbus zum Anschluss von Sensoren und Aktoren bzw. SPS-Komponenten eingesetzt. Auch beim Interbus-S handelt es sich um einen offengelegten Standard. Beim Interbus-S ist prinzipiell zwischen dem Lokalbus (= Sensorloop) und dem Fernbus zu unterscheiden. Detaillierte Informationen zum Interbus findet man in [27], [16]. Allgemeine technische Daten: Der Fernbus kann bei einer maximalen Teilnehmerzahl von 512 und einem maximalen Teilnehmerabstand von 400 m eine Gesamtausdehnung von 12,8 km aufweisen. Er kann Daten bis zu max. 500 kBit/s u ¨ bertragen. Ein Subbus zum Interbus-S ist die Sensorloop (Lokalbus), die den Anschluss von einfachen bin¨aren Sensoren und Aktoren erm¨oglicht. Dabei wird ein Twisted-Pair-Kabel zu den TeilnehFernbus Sensorloop (Lokalbus) Slave 1
< 1,5 m
i < 40 mA
Slave 2
< 10 m
Slave n n < 32
Sensor-Loop-Busklemme (enthält Stromversorgung für Slaves) Abb. 17.35. Anschluss einer Sensor-Loop an den Fernbus (Interbus-S)
mern und zur¨ uck zum Hauptbus gef¨ uhrt (Abb. 17.35). Dieser Lokalbus
17.10 Der Feldbus (FAN)
635
kann max. 8 Teilnehmer aufnehmen (max. Abstand: 1,5 m, max. Ausdehnung 10 m) [96]. Die Zweidrahtleitung dient gleichzeitig als Versorgungsleitung. Dazu steht in der Sensor-Loop-Busklemme ein Netzteil (24 V; 1,5 A) zur Verf¨ ugung. Der Fernbus nutzt eine auf RS485 basierende Schnittstelle, wobei jeder Fernbusknoten u ¨ber eine separate Hilfsenergieversorgung sowie aktive Busankopplung mit Repeaterfunktion verf¨ ugt. Topologie und Daten¨ ubertragung: Abbildung 17.36 zeigt die InterbusTopologie. Der Bus besteht aus (seriellen) Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die einen Ring formen, was dazu f¨ uhrt, dass der Ausfall bereits eines Busknotens den gesamten Bus lahmlegt. Die Koordination der Buskommunikation obliegt dem Masterknoten (Busmaster). Das Bus-Zugriffsverfahren l¨auft nach dem Prinzip des Summenrahmentelegramms ab. Dabei sind alle f¨ ur die einzelnen Teilnehmer bestimmten Daten im Telegrammrahmen enthalten. Die Daten, welche die Slaves an den Master senden, werden von den Slaves an der entsprechenden Stelle in den Telegrammrahmen eingebaut. Aufgrund der Ringtopologie k¨ onnen die Daten in einem Schieberegister gehalten bzw. durchgeschoben werden, wobei darauf zu achten ist, dass das dazugeh¨orige Summenrahmentelegramm am Masterknoten beginnt und auch endet. Die explizite
Busmaster
Slave
Fernbus Distanz < 400m Slave
Slave
Buskoppler
Lokalbus (Sensorloop) max. 8 Teilnehmer; Distanz < 10m Slave
Slave
Buskoppler Fernbus (max. 12,8km) Slave
Slave
Abb. 17.36. Struktur des INTERBUS-S (Ringtopologie)
636
17 Messdatenerfassung im Feld
Adressierung der einzelnen Teilnehmer entf¨allt, da deren Adresse implizit aus der jeweiligen Position im Schieberegister folgt. Die Kommunikation beim Interbus-S beginnt stets mit einem sog. Identifikationszyklus, der vom Master nach dem Start des Systems initiiert wird, um festzustellen, welche Teilnehmer in welcher Reihenfolge aktuell am Bus angeschlossen sind. Dazu erh¨alt jeder Teilnehmer einen 16 Bit langen Identifikationscode (ID-Code). Nach dem Identifikationszyklus folgt der sog. Datenzyklus, in dem die Ausgabedaten vom Master an die Slaves und auch die Daten der Slaves an den Master u ¨ bertragen werden. Die Datensicherung erfolgt per Cyclic Redundancy Check (CRC) mit Hilfe eines 16 Bit langen Pr¨ ufpolynoms. Beim Interbus-S k¨onnen seitens des Masters defekte Teilnehmer erkannt werden. In Folge ist es m¨oglich, nach dem Stoppen der Daten¨ ubertragung Bussegmente abzukoppeln bzw. defekte Teilnehmer zu tauschen. 17.10.7 BITBUS Der BITBUS, der im Jahre 1984 von der Fa. Intel definiert wurde, ist f¨ ur Anwendungen in der Steuerungsebene (Abb. 17.18) sehr geeignet; er findet aufgrund seines langsamen Zeitverhaltens wenig Anwendung in den untersten Ebenen von Automatisierungssystemen. Detaillierte Informationen zum Bitbus findet man in [62], [96]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung, die sich am RS485-Standard orientiert, erfolgt beim Bitbus u ¨ ber drei Paare von verdrillten Leitungen (1. Paar: Data+/Data-; 2. Paar: Masseleitungen; 3. Paar: request-to-send / Schirm). Die Daten¨ ubertragung ist auch u ¨ ber Lichtwellenleiter m¨oglich, was allerdings nicht in der IEEE-Spezifikation f¨ ur den Bitbus festgehalten ist. ¨ Die maximale Busl¨ange pro Segment betr¨agt 1200 m bei einer Ubertragungsrate von 62,5 kBit/s. Aufgrund der H¨ochstzahl von 10 Repeatern kommt man auf 11 m¨ogliche Segmente und eine Gesamtl¨ange des Busses von 13,2 km. Es sind pro Segment 28 Teilnehmer und ein Masterknoten zugelassen; insgesamt d¨ urfen nicht mehr als 250 Teilnehmer angeschlossen werden. Die Codierung der Bitbussignale erfolgt gem¨aß der NRZI (NonReturn-to-Zero-Inverted)-Methode. Topologie und Daten¨ ubertragung: Die Topologie des Bitbusses ist eine Linie mit Abzweigen, wobei gem¨aß Abb. 17.37 die Struktur auch aus mehreren Linien bestehen kann, die hierarchisch zusammengeschaltet werden. Der Bitbus l¨asst nur einen Masterknoten zu, der u ¨ber alle Ebenen hinweg die Daten¨ ubertragung auf dem Bus kontrolliert. Ein diesem Master untergeordneter Slave kann jedoch als (Sub-)Master einer darunterliegenden Ebene arbeiten.
17.10 Der Feldbus (FAN)
637
Master 1. Bus-Ebene
R termin.
R termin.
Stichleitungen
Slave 1
Slave 2 Master
...
Slave 28
2. Bus-Ebene
R termin. Slave 3
Slave 4
R termin.
Repeater ...
Slave 8
Abb. 17.37. BITBUS mit zwei Ebenen [96]
Abbildung 17.38 zeigt das Bitbus-Telegramm, gem¨aß welchem die Daten in Paketen, bestehend aus Startblock, Informationsblock, Datenblock ¨ (Nutzdaten) und einem CRC-Pr¨ ufwort, gesendet werden. Bei der Ubertragung wird jeder Datenblock mit einer Anfangs- und einer Endemarke versehen, die aus 6 aufeinanderfolgenden Bits mit dem logischen Wert 1 bestehen. Das Echtzeitverhalten des Bitbus ist gew¨ahrleistet, da auf der ¨ Basis der Teilnehmeranzahl und der Ubertragungsrate die Antwortzeiten bestimmt werden k¨onnen.
Flag
Adr
Flag Adr Control Header Nutzdaten CRC
Control
Header
Nutzdaten
CRC
Flag
Marke Adresse Steuerfeld Bitbus-Meldungs-Header Bitbusdaten Prüfsumme Abb. 17.38. BITBUS-Telegramm [96]
17.10.8 KNX Der KNX-Bus ist ein Feldbussystem, das zur Geb¨audeautomatisierung eingesetzt wird. KNX ist der Nachfolger des EIB (European Installation Bus),
638
17 Messdatenerfassung im Feld
welcher urspr¨ unglich von f¨ uhrenden Unternehmen der Elektroinstallationstechnik ins Leben gerufen wurde. Bei der Weiterentwicklung zum KNX-Bus sind auch Teile des BatiBus sowie des EHS (European Home System) eingeflossen. In erster Linie soll das Bussystem der variablen Vernetzung von Sensoren und Aktoren dienen, die typischerweise in der Haustechnik eingesetzt werden, wie z. B. Temperatur- und Feuchtesensoren oder Beleuchtungs- und Jalousiesteuerungen. Das KNX-Bussystem ist mittlerweile international genormt (EN 50090, ISO/IEC 14543-3). Grunds¨atzlich handelt es sich um einen offenen Standard. Allerdings muss man beitragspflichtiges Mitglied der KNX Association sein, um die f¨ ur die Entwicklung von KNX-Ger¨aten notwendigen technischen Informationen zu erhalten. F¨ ur die Programmierung des KNXBussystems ist dar¨ uber hinaus eine von der KNX Association vertriebene Software (ETS) notwendig. Eine genauere Beschreibung des KNX Busystems findet sich in [112], die Software ETS wird in [114] detailliert besprochen. Grundprinzip: In der klassischen Hausinstallation sind Steuerung und Energieversorgung fest miteinander verbunden. Die Grundidee des KNX Bussystems beruht auf der Trennung von Steuerung und Stromversorgung der einzelnen Busteilnehmer. Es besteht demnach aus zwei getrennten Netzen, dem Stromversorgungsnetz mit Wechselspannung und dem Steuerungsnetz mit 29 V Gleichspannung. Dies erweist sich allerdings als nachteilig bei nachtr¨aglichen Installationen. F¨ ur diesen Fall ist eine Power Line Variante vorgesehen, bei der die KNX-Telegramme auf die Stromversorgung aufmoduliert werden. Die Installation eines separaten Steuerungsnetzes ist dann nicht notwendig, was allerdings mit einer verringerten Daten¨ ubertragungsrate einhergeht. Struktur: Der KNX-Bus erlaubt 15 Bereiche mit jeweils 15 Linien und 64 Teilnehmer pro Linie. Jede Linie wird u ¨ber sog. Linienkoppler an das restliche Bussystem angeschlossen. Um eine Linie zu erweitern, k¨onnen sog. Linienverst¨arker eingesetzt werden, die jeweils weitere 64 Teilnehmer erlauben. Pro Linie k¨onnen maximal drei Linienverst¨arker eingesetzt werden, was zu maximal 256 Teilnehmern pro Linie f¨ uhrt. Es gilt zu beachten, dass Linienverst¨arker und Koppler jeweils als Busteilnehmer z¨ahlen, was die effektive Anzahl an Busteilnehmern reduziert. Jeweils 64 Teilnehmer einer Linie bilden ein sog. Segment und ben¨otigen ein eigenes Netzteil. Abbildung 17.39 zeigt die Struktur des KNX-Bussystems. Insgesamt ergibt sich eine maximale Teilnehmerzahl von u ¨ ber 60.000, von denen jeder Busteilnehmer eine Adresse erh¨alt. Die Adresse 8.5.124 etwa bezeichnet in Bereich 8 den Teilnehmer 124 aus Linie 5. Die f¨ ur jede Linie notwendigen Linienkoppler erhalten jeweils die Teilnehmernummer 0. Die Linienkoppler trennen die Linien galvanisch von den Hauptlinien. Ein Kurzschluss auf einer Linie hat somit keine Auswirkungen auf das restliche Bussystem. Dar¨ uber hinaus filtern Linienkoppler die Telegramme, die u ¨ ber die Hauptlinien laufen. Die Filterung geschieht mittels einer Liste, welche die Adressen aller Teilnehmer einer Linie enth¨alt.
17.10 Der Feldbus (FAN)
639
Bereichslinie
Bereich 15 BK 15 Bereich 3 Bereich 2 Bereich 1 NT
LK 15 BK 1
LK 1
Hauptlinie
1 63
LK 15 1
NT
LV 1
1 NT
65
63
63
LV 1
127
LV 1 65
NT
LV 2
65 NT
129
127
127
LV 2
191
LV 2 129
NT
LV 3
129 NT
193
191
191
LV 3
255
LV 3 193
NT
193 NT
255
255
NT LV LK BK
Netzteil Linienverstärker Linienkoppler Bereichskoppler
Abb. 17.39. Struktur des KNX-Bussystems
Daten¨ ubertragung: Der KNX-Bus arbeitet im CSMA/CA Verfahren, um Buskollisionen zu vermeiden (siehe Abschnitt 17.7). Die herk¨ommliche KNX Variante mit separatem Steuerungsnetz aus verdrillten Zweidraht-
640
17 Messdatenerfassung im Feld
leitungen wird auch als KNX TP (KNX Twisted Pair) bezeichnet und arbeitet mit einer Datenrate von 9,6 kbit/s. Die Power-Line Variante, auch als KNX PL bezeichnet, kommt auf lediglich 1,2 kbit/s. Mit sog. IP-KNX-Kopplern kann ein IP-Netzwerk durch ein KNX-Netzwerk erweitert werden. Dies ist insofern interessant, als dass dadurch die h¨oheren Daten¨ ubertragungsraten des IP-Netzwerks genutzt werden k¨onnen. Bei der Daten¨ ubetragung u ¨ ber Twisted-Pair Kabel wird das KNX-Telegramm auf einen 29 V Gleichspannungspegel aufmoduliert. Jeder sendende Busteilnehmer muss dabei gleichzeitig den Datenverkehr auf dem Bus mith¨oren. Damit k¨onnen Buskonflikte im Sinne einer bitweisen Arbitrierung aufgel¨ost werden. Bei der Power-Line Variante werden auf die Netzspannung hochfrequente Spannungssignale aufmoduliert. Dabei entspricht eine Frequenz von 105,0 kHz einer logischen 0, 115,2 kHz einer logischen 1. Die Mittenfrequenz dieser beiden Schwingungen betr¨agt etwa 110 kHz, weshalb das KNX PL System auch als PL110 bezeichnet wird. Abbildung 17.40 zeigt die Codierungen des KNX TP sowie des KNX PL Systems. KNX TP Code
1
0
1
0
0
KNX PL 1
DC (29 V)
1
1
0
1
0
0
1
1
AC (320 V) Abb. 17.40. Codierung der KNX-Daten
Kommunikationsprotokoll: Das KNX Protokoll kann Abb. 17.41 entnommen werden. Das Kontrollfeld beinhaltet unter anderem die Priorit¨at des Telegramms, was zur Konfliktaufl¨osung bei gleichzeitigem Sendebeginn zweier Busteilnehmer ben¨otigt wird. Das Adressfeld beinhaltet die Adressen von Sender und Empf¨anger. Das Datenfeld schließlich beinhaltet die zu u ¨ bertragenden Nutzdaten mit einer maximalen L¨ange von 16 Byte. ¨ Abgeschlossen wird das Telegramm vom Sicherungsfeld, das der Ubertra-
Kontrollfeld 1 Byte
Adressfeld 5 Byte
Datenfeld 1 bis 16 Byte
Sicherungsfeld 1 Byte
Abb. 17.41. Telegrammstruktur des KNX TP
gungssicherheit dient. Beim Power-Line KNX muss das Telegramm noch
17.10 Der Feldbus (FAN)
641
erweitert werden, um beispielsweise zu verhindern, dass sich benachbarte KNX PL Systeme gegenseitig beeinflussen, da nicht wie beim KNX TP durch ein separates Netz sichergestellt ist, dass die Telegramme nur innerhalb einer Anlage empfangen werden. 17.10.9 LON (Local Operating Network) Das Local Operating Network ist von der Fa. Echelon als Feldbussystem f¨ ur nicht-zeitkritische Anwendungen, wie z. B. die Geb¨audeautomatisierung, entwickelt worden. Eine internationale Norm existiert nicht, wohl aber LONNutzerorganisationen, welche die Entwicklung von LON-Komponenten unterst¨ utzen. Die Ankopplung der Teilnehmer an den LON-Bus erfolgt u ¨ ber sog. Neuron-Chips, die von den Firmen Motorola und Toshiba geliefert werden. In diesen Chips ist das Protokoll aller 7 Schichten des OSI-Schichtenmodells in Form von Firmware enthalten. Detaillierte Informationen zu LON findet man in [42]. Allgemeine technische Daten: Die Daten¨ ubertragung erfolgt u ¨ ber eine RS485-Leitung (Twisted Pair), u ¨ ber Koaxialkabel, Lichtwellenleiter oder Netzleitungen (Powerline Communication). Die max. Daten¨ ubertragungsrate betr¨ agt 1,25 MBit/s. Die Bitcodierung erfolgt nach dem ManchesterVerfahren. Eine Fernspeisung der Teilnehmer u ¨ ber den Bus ist m¨oglich. Es lassen sich bis zu 32.385 Teilnehmer an den LON-Bus anschließen. Dazu m¨ ussen 255 Subnetze mit je 127 Teilnehmern eingerichtet werden. Die maximale Ausdehnung betr¨agt 6,1 km bei einer Datenrate von 5 kBit/s. Topologie und Daten¨ ubertragung: Der LON-Bus kann Linien-, Sternund Baumstruktur aufweisen. Die unterschiedlichen Topologien resultie¨ ren aus den verschiedenartigen Ubertragungsmedien, die beim LON zu¨ gelassen sind. Bei RS485-Ubertragung ergibt sich eine Linienstruktur, bei Powerline- oder Funk¨ ubertragung nat¨ urlich andere Topologien. In jedem Fall dienen die Neuron-Chips als Kommunikationscontroller. Um zwei ¨ Bussegmente mit unterschiedlichen Ubertragungsmedien zu verbinden, braucht man einen Router (Abb. 17.42). Als Bus-Zugriffsverfahren wird ein CSMA/CA-Verfahren eingesetzt. Die Daten¨ ubertragung erfolgt gem¨aß dem LONTALK-Protokoll (Abb. 17.43). Sie ist durch Datenpakete mit einer durchschnittlichen Gr¨oße von 20 Byte optimiert. Die Hamming-Distanz bei der Daten¨ ubertragung betr¨ agt HD = 4 und wird durch eine 16 Bit lange CRC-Pr¨ ufsumme erreicht. Die Neuron-Chips sind recht komplex. Sie enthalten u. a. drei getrennte CPUs f¨ ur Bus-Zugriff (CPU1), Abdeckung der OSI-Schichten 3 bis 7 (CPU2) und Anwendungsaufgaben (CPU3). Zu ihrer Programmierung ben¨ otigt man das nicht ganz preiswerte Entwicklungstool LONBUILDER.
642
17 Messdatenerfassung im Feld
R termin.
Klimalüftung
Fenstersteuerung
Neuron
Neuron
R termin.
verdrillte Zweidrahtleitung
Neuron Router
Beleuchtung
Schalter
Neuron
Neuron
Neuron
Wechselstromleitung
Neuron Router Neuron
Neuron Funk
LWL
Neuron
LWL
Neuron
Router Neuron
Abb. 17.42. Topologievarianten des LON [96]
17.10.10 DIN-Messbus Das Haupteinsatzgebiet des DIN-Messbusses ist das professionelle Mess-, Pr¨ ufund Eichwesen, so z. B. bei der Tankstellenautomation. In Deutschland ist der DIN-Messbus genormt (DIN 66348). Es gibt auch eine Anwendervereinigung (DIN-Messbus e.V.). Detaillierte Informationen zum DIN-Messbus findet man in [159], [96]. Allgemeine technische Daten: Der DIN-Messbus basiert auf der RS485¨ Ubertragung mit zwei Twisted-Pair-Leitungen f¨ ur Vollduplex-Betrieb. Die Prä Prä Data CRC CV Beta1 Beta2 RS
Data
CRC
CV
Beta1
Beta2
RS
Präambel Datenpaket Prüfsumme (Cyclic Redundancy Check) Code Violation (Manchester-Code-Verletzung) Beta1-Zeit (Kanalfreihaltezeit) Beta2-Zeit (Prioritätsvergabe) Randomizing Slots (zufällige Zeitscheiben) Abb. 17.43. Telegramm des LON-Bus [96]
17.10 Der Feldbus (FAN)
643
Bitcodierung erfolgt nach NRZ (Non Return to Zero). Standardm¨aßig k¨ onnen 32 Teilnehmer angeschlossen werden. Bei Verwendung von erweiterten Adressen und Repeatern sind 992 bzw. bei Kaskadierung bis zu 4.096 Teilnehmer zugelassen. Topologie und Daten¨ ubertragung: Die Topologie ist eine Linienstruktur mit Abzweigen. Wegen des Vollduplexbetriebes sind zwei Adernpaare, also eine Sende- und eine Empfangsleitung, notwendig (Abb. 17.44).
Abb. 17.44. Topologie des DIN-Messbusses [96]
Das Bus-Zugriffsverfahren arbeitet nach dem Master/Slave-Prinzip mit Abfragepolling. Der Telegrammrahmen des DIN-Bus-Protokolls wird in Abb. 17.45 gezeigt. Die Fehlersicherung besteht u. a. aus einem Parit¨atsbit und einem Blockpr¨ ufzeichen (BCC) je Datenblock. Schließlich wird eine HammingDistanz von HD = 4 erreicht. Aufgrund des deterministischen Pollings, der bekannten Teilnehmeranzahl und Blockl¨ange sowie der vereinbarten Datenrate ist die Echtzeitf¨ahigkeit des DIN-Messbus gegeben.
Übertragungsblock STX
INFO
STX INFO ETB/ETX BCC
ETB/ETX
BCC
Beginn des Datenblocks Informationsfeld max. 128 Zeichen Ende Datenblock / Ende Datenblock und gleichzeitig Ende Text Blockprüfzeichen
Abb. 17.45. Telegramm des DIN-Messbusses
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Die n¨ achsth¨ ohere Vernetzungsebene nach dem Feldbereich, in dem ja die Feldbusse dominieren, ist der Zellbereich bei der Fertigung und der Prozessleitbereich bei der Prozessautomatisierung. Feldbusse k¨onnen hier nicht eingesetzt werden, weil im Vergleich zum Feldbereich sehr große Datenmengen transportiert werden m¨ ussen. Daf¨ ur d¨ urfen die Antwortzeiten f¨ ur eine Anfrage zum Teil bereits im Sekundenbereich liegen. Als Bussystem eignet sich hier das Ethernet, das als physikalische und logische Basis f¨ ur ein Local Area Network (LAN) dient. Ein LAN ist ein Kommunikations-Verbund von eigenst¨ andigen Rechnern und Controllern, die gegenseitig Daten austauschen m¨ ussen. Ein Rechner kann dabei als Serverstation dienen, die den Datentransfer zwischen allen an das Netz angeschlossenen Rechnern koordiniert. Den Zusammenschluss der LANs eines Unternehmens bezeichnet man als Intranet. Die LANs wurden ehemals vorwiegend in der B¨ urokommunikation eingesetzt. Um sie auch f¨ ur die Fabrikautomation und Prozesstechnik verf¨ ugbar zu machen, mussten sie insbesondere bzgl. elektromagnetischer St¨orungen resistent werden, z. B. durch doppelt geschirmte Koaxialkabel. Man spricht in diesem Zusammenhang von Industrie-LAN bzw. im Falle des Ethernet von Industrie-Ethernet. Das heutige Ethernet ist in der IEEE-Spezifikation 802.3 definiert. Danach kann ein Ethernet aus 5 Segmenten mit je 500 m Koaxialkabel bestehen. Die maximale Teilnehmeranzahl liegt bei 1024 und die h¨ochste Datenrate bei 10 MBit/s. Die Topologie ist in aller Regel eine Linienleitungsstruktur mit ¨ Abzweigen. F¨ ur h¨ohere Datenraten steht das sog. Fast-Ethernet f¨ ur Ubertragungen mit bis zu 100 MBit/s bereit. Mittlerweile gibt es noch schnellere Ethernet-Standards mit Datenraten von 1000 bzw. 2000 MBit/s. Um eine sichere Daten¨ ubertragung zu erm¨oglichen, wird das Ethernet mit einer Kommunikationssoftware betrieben, welche die Daten¨ ubertragung durch Fehlererkennung und Fehlerkorrektur stark verbessert. Diese StandardKommunikationssoftware ist das Transmission Control Protocol / Internet Protocol (TCP/IP). Sie bildet auch die Schnittstelle zur Anwendungs-
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_18
646
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Application
7
Presentation
6
Session
5
Transport
4
Transport Control Protocol (TCP)
Network
3
Internet Protocol (IP)
Data Link
2
Packet-Driver
Physical Link
1
Ethernet-Controller/physik. Leitungen
Application
Abb. 18.1. Abbildung des ISO-Schichtenmodells auf das mit TCP/IP betriebene Ethernet
software. TCP/IP ist den Schichten 3 und 4 des ISO-Schichtenmodells zuzuordnen. Das Ethernet insgesamt entspricht den Schichten 1 bis 4 (Abb. 18.1).
18.1 IP-Adressen Jeder Teilnehmer eines LAN erh¨alt eine ihm zugeordnete Adresse, die sog. IP-Adresse. Jede IP-Adresse ist 32 Bit lang und untergliedert sich in 4 Felder `a 8 Bit, die als Oktette bezeichnet werden. Ein Oktett repr¨asentiert eine Dezimalzahl zwischen 0 und 255. Die einzelnen Oktette sind durch Punkte voneinander getrennt (Abb. 18.2). IPv6-Adressen Die bisher behandelten IP-Adressen basieren auf dem Protokoll IPv4 (IP Version 4), welches bis zu 232 verschiedene Adressen vorgibt. Die Internet Engineering Task Force (IETF) warnte schon in den 90er Jahren, dass die Anzahl freier IP-Adressen rapide abnimmt. Daher wurde das Protokoll IPv6 (IP Version 6) entwickelt, welches 128 Bit lange Adressen definiert und 2128 verschiedene Adressen erlaubt. Die Einf¨ uhrung des neuen Standards ist derzeit noch ungewiss. Eine IPv6-Adresse setzt sich aus acht 16 Bit-Werten zusammen, wobei jeder der 16 Bit-Wert aus 4 hexadezimalen Werten besteht. Ein Beispiel f¨ ur eine IPv6-Adresse: ADCF:BA43:0000:0000:0000:0000:0800:CAFE oder vereinfacht ADCF:BA43::800:CAFE
18.2 Subnetzmasken
647
Netzwerkklasse Netz-ID
Host-ID
A
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
B
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
C
7 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 07 . . . . . . 0
Netz-ID
Host-ID
Netz-ID r 1 Byte
s 1 Byte
Host-ID t 1 Byte
u 1 Byte
NetzwerkIP-Adresse Netz-ID Host-ID klasse s. t. u A r. s. t. u r t. u B r. s r. s. t. u C u r. s. t. u r. s. t Abb. 18.2. Prinzipielle Struktur von IP-Adressen gem¨ aß IPv4
Aufeinanderfolgende Nullwerte k¨onnen mittels ::“ einmalig abgek¨ urzt wer” den, f¨ uhrende Nullen werden weggelassen. Die im folgenden Abschnitt beschriebenen A-, B- oder C-Klasse Netzwerke spielen bei IPv6 keine Rolle mehr. Hier wird eine andere Unterscheidung von Netzwerktypen vorgenommen. Die gr¨oßte Neuerung von IPv6 stellt die Unterscheidung von Transportpriorit¨aten dar, somit werden in Zukunft EmailNachrichten langsamer transportiert als Echtzeitdaten. Details dazu werden unter anderem in [15] vorgestellt.
18.2 Subnetzmasken Subnetzmasken werden verwendet, um die Netz-ID von der Host-ID (Abb. 18.2) in einer IP-Marke zu trennen. Dies hat zur Folge, dass die Subnetzmasken von der Klasse des Netzes abh¨angen. Netz-Klasse A B C
Standard-Subnetzmaske in Dezimalnotation 255.0.0.0 255.255.0.0 255.255.255.0
648
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Mit bitweiser Verundung von IP-Adresse und Subnetzmaske kann so leicht die Netz-ID herausgefiltert werden. F¨ ur den Fall, dass das (physikalische) Netz auf mehrere Subnetze aufgeteilt wird, muss eine spezielle Subnetzmaske definiert werden.
18.3 Internet-Protokoll (IP) Dem Internet-Protokoll (entspricht Schicht 3 des ISO-Schichtenmodells) obliegt die prinzipielle Aufgabe, Datenbl¨ocke (Datagramme oder auch Telegramme genannt) vom Sender zu einem oder mehreren Empf¨angern zu transportieren. Als Unteraufgaben resultieren daraus Adressverwaltung (Adress Management), die Aufteilung des Telegramms in geeignete Datenbl¨ocke (Segmentie¨ rung), die Suche eines geeigneten Ubertragungsweges im Netz (Routing) bei komplexeren Netzstrukturen sowie die Fehlererkennung im Falle von bei der ¨ Ubertragung auftretenden Fehlern. Erst durch eine weitere Softwareschicht, dem Transmission Control Protocol (TCP), wird der einwandfreie Empfang der Daten sichergestellt.
18.4 Transmission Control Protocol (TCP) Das Transmission Control Protocol (TCP) ist der 4. Schicht im ISO-Schichtenmodell zugeordnet. Den entsprechenden Software-Modulen obliegen folgende wichtige Teilaufgaben: • • • •
Aufbau sowie Abbau von Daten¨ ubertragungsverbindungen im VollduplexBetrieb. Vollduplex-Betrieb bedeutet gleichzeitiges Senden und Empfangen von Daten. Kontrolle dieser Verbindungen und im Falle eventueller Probleme, wie z.B. Stau im Netz, R¨ uckmeldung an die dar¨ uberliegende Anwendersoftware. Aufbereitung und eventuelle Zwischenspeicherung von zu u ¨ bertragenden Datenbl¨ ocken Datensicherung durch – Pr¨ ufsummenbildung (32 Bit) – Quittierung von korrekt empfangenen Segmenten (Acknowledgement) ¨ – Wiederholung (Repeat) im Falle von Ubertragungsfehlern – Zeit¨ uberwachung (Time Out).
18.5 Echtzeitf¨ ahigkeit des Ethernet Die Echtzeitf¨ahigkeit des Ethernet ist im strengeren Sinne, bedingt durch das verwendete CSMA/CD-Zugriffsverfahren, nicht gegeben. Durch Lasteinschr¨ankung (Busauslastung < 25%) jedoch, die durch entsprechende Parametrierung der TCP/IP Software eingestellt werden kann, wird erreicht, dass
¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung
649
die Responsezeiten auch bei den relativ großen Datenmengen der Leit- und F¨ uhrungsebenen klein genug sind (0,1 bis 10 Sekunden, je nach Anwendung), um f¨ ur die meisten Anwendungen von einer Echtzeitf¨ahigkeit ausgehen zu d¨ urfen. Die entscheidenden Parameter zur Einstellung der Lastbegrenzung sind die Anzahl der pro Sekunde gesendeten Nachrichten (Nachrichtenrate), ihre maximale durchschnittliche Dauer sowie der minimale Zeitabstand zwischen den Nachrichten. Eine weitere M¨oglichkeit zur Verk¨ urzung der Antwortzeiten besteht in einer Unterteilung des Netzes in ein u ¨ bergeordnetes Hauptnetz und darunterliegende Subnetze. Man spricht in diesem Zusammenhang von Switching-Technologie. Meistens sind die beiden Netzebenen u ¨ber optische Switch Module verbunden, deren wesentliche Aufgabe in der Kanalisierung des Datentransports besteht.
¨ 18.6 Ubergeordnete Kommunikationsebenen Es gibt Bestrebungen, die Funktionalit¨at und den Komfort von TCP/IPDaten¨ ubertragungen weiter zu verbessern, indem man auch die Schichten 5 und 6 des OSI-Schichtenmodells durch Standards abdeckt. In diesem Zusammenhang ist vor allem das Manufacturing Automation Protocol (MAP) zu nennen, das f¨ ur die Entwickler von Automatisierungstechnikkomponenten eine Standard-Schnittstelle zu der darunterliegenden TCP/IP-Software bereitstellt. Diese Schnittstelle stellt Software-Komponenten der Schichten 5 und 6 zur Verf¨ ugung, welche die Kommunikation von Automatisierungstechnikkomponenten unterst¨ utzen, so dass sich der Entwickler nur noch um die eigentliche Anwendungssoftware (Schicht 7) k¨ ummern muss.
¨ 18.7 Physikalische Ethernet-Ubertragung Historisch herrscht bei Ethernet-Verbindungen das Koaxialkabel vor, im Nahbereich werden heute vorrangig geschirmte Twisted-Pair-Leitungen mit 4 Adernpaaren verwendet, w¨ahrend auf Fernstrecken in aller Regel Lichtwellenleiter zum Einsatz kommen. Bei Verwendung von Twisted-Pair-Leitungen im Nahbereich werden die Teilnehmer (Knoten) eines Netzsegmentes sternf¨ormig an einen sog. Hub angeschlossen. Es handelt sich dabei um einen MultiportRepeater, d. h. alle Nachrichten, die der Hub empf¨angt, werden an alle an ihn angeschlossenen Teilnehmer gesendet. Dabei ist ein Hub im Gegensatz zu einem sog. Switch nicht in der Lage festzustellen, welche Teilnehmer die Nachricht empfangen sollen und welche nicht. Dies f¨ uhrt nat¨ urlich zu unn¨otigem Datenverkehr im Netz und damit zu Problemen bei stark frequentierten Netzen. Ein Switch hingegen kennt die Adressen der an ihn angeschlossenen Teilnehmer und leitet Nachrichten gem¨aß ihrer Zieladresse nur gezielt an die
650
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
.... Hub / Switch Ethernet
Hub / Switch
Hub / Switch Subnetze mit Sternstruktur
Ethernet
....
....
....
.... ....
....
Abb. 18.3. Ethernet-Topologie mit Hubs und Switches
Teilnehmer weiter, f¨ ur die sie gedacht ist. Dies erm¨oglicht die (nahezu) gleich¨ zeitige Ubertragung von Nachrichten mit verschiedenen Zieladressen u ¨ ber den Switch (Abb. 18.3). Ein Switch ist auch in der Lage, Nachrichten zwischenzuspeichern. Wenn die Verbindungen zum Switch 4-adrig ausgef¨ uhrt sind, k¨ onnen u ¨ ber den Switch verbundene Teilnehmer in beiden Richtungen simultan, d. h. im Vollduplex-Betrieb, miteinander kommunizieren. Wenn zwei an einem Busstrang angeschlossene Switches diesen gleichzeitig benutzen wollen, kommt es jedoch zu Kollisionen.
18.8 Ethernet-Telegrammstruktur Es gibt zwei g¨angige Telegrammstrukturen, n¨amlich die nach dem Standard V.2 und die nach IEEE 802.3, welche aufgrund ihrer Unterschiede nicht kompatibel sind (Abb. 18.4).
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze Gr¨ oßere Organisationseinheiten, wie Entwicklungszentren, Fabrikationsst¨atten oder auch Universit¨aten betreiben meist mehrere lokale Netze (Local Area Networks (LANs)), die es dann wiederum untereinander zu verbinden gilt (Abb. 18.5). Dazu verwendet man sog. Router. Wenn nun ein Teilnehmer aus einem bestimmten LAN eine Nachricht in ein anderes LAN u ¨bertragen m¨ochte, wird diese Nachricht zun¨achst an den dem Sendenetz zugeordneten Router geschickt. Dieser Router verf¨ ugt u ¨ber Routing-Tabellen, denen er entnehmen
18.9 Verbindung mehrerer lokaler Netze
651
Ethernet-Telegrammstruktur nach V.2
PRE
Cyclic Redundancy Check 4 Byte
Data Source Address 0 bis 1500 Byte 6 Byte
Preamble 8 Byte DA
SA
Destination Address 6 Byte
Type Da ta Pad
CRC
PadField Type-Field 0 bis 46 Byte 2 Byte (wird gefüllt wenn Datenfeld < 46 Byte)
Ethernet-Telegrammstruktur nach IEEE 802.3 Destination Address 6 Byte
Preamble 7 Byte PRE
SD
DA
SA
Destination Service Address Point 1 Byte
Source Service Address Point 1 Byte
Len DSAP SSAP
Source Address Length of 6 Byte DataField Start Delimiter 2 Byte 1 Byte
Cyclic Redundancy Check Protocol-ID Data 4 Byte 3 Byte 0 bis 1500 Byte
CF Control-Field 1 Byte
P-ID Type Da ta Pad CRC Type-Field PadField 2 Byte 0 bis 46 Byte (wird gefüllt wenn Datenfeld < 46 Byte)
Abb. 18.4. Ethernet-Telegrammstrukturen
kann, auf welchem Wege er die betreffende Nachricht in das in Frage kommende LAN schicken kann. F¨ ur den Fall, dass dieses LAN nicht unmittelbar erreichbar ist, werden Wege u ur das effiziente ¨ ber andere Router gesucht. F¨ Routing in komplexen Netzen stehen heute intelligente Routing-Algorithmen zur Verf¨ ugung. Router sind also kleine Rechner, die Netze auf der Ebene der 3. Schicht des ISO-Schichtenmodells verbinden, d. h. sie beinhalten bereits Realisierungen der Schichten 1 bis 3.
652
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
LAN 2 LAN 1 Router 1 Router 2 LAN 3
Router 3 Router 4 LAN 5 LAN 4
Abb. 18.5. Verbindung mehrerer lokaler Netzwerke
18.10 Standortu ¨ bergreifende Vernetzung 18.10.1 Breitband-ISDN F¨ ur die Verbindung lokaler Netze, die sich an unterschiedlichen Standorten auf der Welt befinden, ben¨otigt man zun¨achst geeignete physikalische Fern¨ ubertragungsmedien. Dazu z¨ahlen Standard-Telefonkabel, Koaxialkabel, Lichtwellenleiter, Richtfunkstrecken, Satellitenverbindungen und Mobilfunknetze. ¨ Das weltweit am weitesten verbreitete ¨offentliche Standard-Daten-Ubertragungssystem ist das ISDN (Integrated Services Digital Network). Bei der Nutzung eines Kanals k¨onnen Daten mit 64 kBit/s u ¨ bertragen werden. Die Daten¨ ubertragungsrate verdoppelt sich, wenn beide Standard-Kan¨ale verwendet ¨ werden. Durch neue Ubertragungstechniken, wie High Bit Rate Digital Subscriber Line (HDSL) oder Asymmetric Digital Subscriber Line (ADSL) sind Daten¨ ubertragungsraten von ca. 3 MBit/s bis zum Endteilnehmer m¨ oglich. Zur Bereitstellung h¨oherer Bandbreite kann auch ein sog. Prim¨armultiplexanschluss genutzt werden, der durch B¨ undelung von 30 ISDN ¨ B-Kan¨ alen eine Ubertragungsrate von 1,92 MBit/s erreicht. Im Aufbau befindet sich ein sog. Breitband-ISDN-Netz (B-ISDN), ¨ welches Ubertragungsraten von derzeit 155 MBit/s zul¨asst. Es sind Datenraten von bis zu 2,5 GBit/s realisierbar. Der Zugang zum B-ISDN ist an die Verf¨ ugbarkeit eines Koaxialkabels bzw. eines Lichtwellenleiters (LWL) zwischen Vermittlungsstelle und Endteilnehmer gebunden. Dies f¨ uhrt oft zum sog. Problem der letzten Meile, bei dem zwar prinzipiell HochleistungsTelekommunikationsnetze regional zur Verf¨ ugung stehen, aber der Anschluss
18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung
653
¨ von Endteilnehmern scheitert, weil nicht die geeigneten Ubertragungsmedien bis dorthin f¨ uhren. ¨ Das Breitband-ISDN verwendet als Ubertragungsverfahren das ATMProtokoll (Asynchronous Transfer Mode). Bei ATM werden die zu u ¨ bertragenden Daten zu Paketen fester L¨ange (53 Bytes) zusammengefasst und zum ¨ Ziel geroutet. Zur Ubertragung wird ein synchrones Zeitmultiplexverfahren eingesetzt, bei dem eine Zeitscheibe exakt dieser Datenzellenl¨ange entspricht. Der Namensteil asynchronous“ bezieht sich auf die Tatsache, dass aufein” anderfolgende Nutzzellen eines logischen Datenstromes (Verbindung) zeitlich unabh¨ angig voneinander u ¨ bertragen werden. Weitere Informationen zu ATMNetzen finden sich beispielsweise in [71]. 18.10.2 Datex-P Ein ¨ alteres Weitverkehrs¨ ubertragungsmedium ist das Datex-P-Netz. Datex-P steht f¨ ur Data Exchange Packet Switching. Auch hier werden die Daten in Form von Paketen u ubertragung selbst erfolgt im ¨bertragen. Die Paket¨ Netz mit 64 kBit/s (k¨ unftig 1,92 MBit/s). Dem Datex-P-Netz liegt das X.25Protokoll zugrunde. Die dort vorgesehenen Korrekturm¨oglichkeiten erlauben Bitfehlerwahrscheinlichkeiten in der Gr¨oßenordnung von 10−9 . Ein weiterer Vorteil von Datex-P besteht in der M¨oglichkeit, unterschiedlich schnelle Datenendeinrichtungen miteinander zu verbinden. Typischerweise wird das DatexP-Netz heute u ¨ ber den ISDN-Anschluss erreicht, wobei ein paketvermittelbares X.25-Endger¨at u ¨ ber einen geeigneten Terminaladapter an den ISDNHauptanschluss angeschlossen wird, welcher damit aus Sicht dieses Endger¨ates zum Datex-P10H-Hauptanschluss wird [71]. 18.10.3 GSM Eine weitere M¨oglichkeit des Datentransfers im Weitverkehrsbereich besteht in der Nutzung des Mobilfunknetzes GSM (Global System for Mobile Communication) unter Zuhilfenahme des General Packet Radio Services (GPRS). GPRS unterst¨ utzt alle g¨angigen Daten¨ ubertragungsprotokolle, inklusive X.25 und IP (Abb. 18.6). GPRS basiert ebenfalls auf einer paketvermittelnden Technologie, die zur effizienten Nutzung der GSM-Netzwerkkapazit¨ at dient, d. h. ein Teilnehmer belegt die Funkstrecke nur dann, wenn wirklich Daten u ubertragungsrate betr¨agt bei ¨ bertragen werden. Die Standard¨ GPRS 14,4 kBit/s. Es k¨onnen schließlich 8 Kan¨ale zu 115,2 kBit/s geb¨ undelt werden. Bei GPRS werden Datenpakete von den Basisstationen u ¨ber die sog. Serving GPRS Support Nodes (SGSN) auf den GPRS-Backbone u ¨ bertragen. Dies ist ein Netz mit Internet-Protokoll (IP). Andere Netze k¨onnen schließlich u ¨ ber Gateways erreicht werden (Abb. 18.6).
654
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Abb. 18.6. GPRS-Netzwerkverbindungen
UMTS Als leistungsf¨ahigerer Nachfolger der GSM-Mobilfunknetze ist seit Fr¨ uhjahr 2004 das Universal Mobile Telecommunications System (UMTS) in Betrieb. Auf geringe Distanzen sind dort 2 MBit/s, ansonsten 384 kBit/s m¨oglich. 18.10.4 Powerline-Kommunikation (Power Line Communication, PLC) Bei der Powerline-Kommunikation nutzt man die Leitungen des elektrischen ¨ Energieversorgungsnetzes zur Ubertragung von Daten.
18.10 Standort¨ ubergreifende Vernetzung
655
Dabei ist zu unterscheiden zwischen der • •
Daten¨ ubertragung im ¨offentlichen Energieversorungsnetz (Stromnetz) und der Daten¨ ubertragung im privaten Stromnetz eines Endverbrauchers (sog. HomePlug-Powerline).
Bei allen Powerline Communication Systemen werden die Daten auf die 230 V 50 Hz-Wechselspannung des Verbrauchernetzes aufmoduliert. F¨ ur den Bereich des ¨ offentlichen Stromnetzes ist die Bandbreite gem¨aß CENELEC-Standard sehr eingeschr¨ankt (fgr < 95 kHz f¨ ur Energieversorger und fgr < 148, 5 kHz f¨ ur Kundenanlagen). Die u ¨ ber l¨angere Distanzen maximal erreichbare Datenrate liegt in der Gr¨oßenordnung von 1 MBit/s. Aus diesem Grund werden ¨ der Ubertragung von Internet-Daten u ¨ber ¨offentliche Netze kaum noch große Zukunftschancen einger¨aumt. Im Bereich der h¨auslichen Netze des privaten Endverbrauchers hingegen arbeitet man mit wesentlich h¨oheren Bandbreiten. Bei dem AV 1800-Standard nutzt man das Frequenzband von 2-86 MHz. Dadurch lassen sich f¨ ur k¨ urzere Distanzen in Einfamilienh¨ausern theoretisch Datenraten von 18 GBit/s erzielen. In der Praxis liegen die erreichten Werte aber oft deutlich dar¨ uber (50-250 MBit/s). Da einerseits die Bandbreite und andererseits die max. Leistung des aufmodulierten Datensignal beschr¨ankt sind und nicht mehr weiter gesteigert werden k¨ onnen, wird der heutige Entwicklungsstand wohl mehr oder weniger eingefroren werden. 18.10.5 Satellitenkommunikation In Regionen mit schwach ausgebauten ¨offentlichen Datennetzen (in Europa sind dies etwa 75% der Gesamtfl¨ache) stellt sich f¨ ur viele Unternehmen die Frage, wie sie an Highspeed-Datennetze angeschlossen werden k¨onnen. Ein Breitbandanschluss l¨asst sich in diesen Gebieten oft nur u ¨ber Satellitenverbindungen realisieren. So gibt es bereits einige Unternehmen, die bei dieser Problemstellung L¨ osungen anbieten, wie z.B. das Thyssen-Krupp-Tochterunternehmen Triaton [186], das die datentechnische Anbindung von außerhalb einer guten terrestrischen Tele-Kommunikationsinfrastruktur liegenden Niederlassungen u ¨ ber Satellitenstrecken anbietet (Abb. 18.7). Der Anschluss erfolgt dabei u ¨ ber ein serielles Interface. Die Datenraten der derzeit zur Verf¨ ugung stehenden Kan¨ale liegen zwischen 32 kBit/s und 34 MBit/s. Diese Dienste werden von der Industrie heute vorwiegend f¨ ur LANLAN-Kopplungen genutzt. Die Satellitenkommunikation ist prinzipiell in Gebieten mit schwacher Telekommunikationsinfrastruktur bei der Realisierung von WANs die erste Wahl, wenn man hohe Datenraten ben¨otigt. Pro Transponder erlaubt ein Satellit Datenraten von bis zu 50 MBit/s und dies quasi entfernungsunabh¨angig.
656
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Satelliten-Zentrale Standort A
Zentrale
öffentliches Telefonnetz (ISDN bzw. B-ISDN)
Standort B Standort C
Abb. 18.7. Datentechnische Vernetzung via Satellit
Eutelsat beispielsweise bietet den Highspeed-Zugang zum Internet u ¨ber kleine mobile Satellitenstationen an. Dabei sind Downlink-Datenraten von bis zu 40 MBit/s und Uplink-Datenraten von derzeit 2 MBit/s m¨oglich. Der Durchmesser der verwendeten Parabolantennen liegt zwischen 1 und 4 m [53]. 18.10.6 Metropolitan Area Network (MAN) Metropolitan Area Networks (MANs) sind im IEEE-Standard 802.6 definierte Netzwerke, die kein LAN mehr und noch kein Wide Area Network (WAN) sind. Ein wichtiges Kriterium zu ihrer Klassifizierung ist r¨aumliche Ausdehnung. Sie geht bei MANs u ¨ ber das Betriebsgel¨ande hinaus, bleibt aber im inner¨ ortlichen Bereich. Es handelt sich um Citynetze, deren Topologie meist aus einem Ring besteht, an den lokale Netze und Endger¨ate u ¨ ber Stichleitungen angeschlossen werden. 18.10.7 Wide Area Network (WAN) Man spricht von einem Weitbereichsnetz, wenn es sich um ein Datennetzwerk mit sehr großer r¨aumlicher Ausdehnung handelt, d.h., wenn sich die Netzwerkeinheiten in verschiedenen lokalen Regionen, L¨andern bzw. Erdteilen befinden. Zur Verbindung u ussen ¨offentliche Kommunikati¨ ber solch große Strecken m¨ onsnetze in Anspruch genommen werden, d. h. der private Geltungsbereich eines Unternehmens wird verlassen, und man ist bei der Etablierung und dem ¨ Betrieb des Netzes auf einen Anbieter von Ubertragungsdiensten, einen sog.
18.11 Rechnernetze zur Messdaten¨ ubertragung
657
Provider, angewiesen. Die r¨aumliche Ausdehnung eines WANs unterliegt keinen Beschr¨ ankungen. 18.10.8 Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz FDDI Glasfasernetze k¨onnen die Grundlage eines MAN bzw. eines WAN bilden. Ein Standard ist dabei das sog. Fibre Distributed Data Interface (FDDI) [86]. Diese FDDIs sind oft in Ringstruktur aufgebaut. Dabei wird aus Gr¨ unden h¨oherer Zuverl¨ assigkeit ein Glasfaser-Doppelring verwendet, an den die Teilnehmer u ¨ ber sog. Dual Attachment Stations (DAS) angeschlossen sind (Abb. 18.8). DAS
Primärring
SAS SAC
SAC
SAS
Sekundärring SAS DAC
DAC
SAS
SAS
DAS Abb. 18.8. Implementierung eines FDDI-Glasfasernetzes (Siemens AG); A: Attachment, C: Concentrator, D: Dual, Sxx: Single, xxS: Station
Der maximale Ringumfang betr¨agt 10 km und es k¨onnen bis zu 500 Netzknoten teilnehmen. Der Teilnehmerabstand darf jedoch nicht gr¨oßer als 2 km sein, da die DAS u. a. Repeaterfunktionen wahrnehmen. Die max. Datenu ¨ bertragungsrate liegt bei 100 MBit/s. Es besteht auch die M¨oglichkeit, unter Verwendung von Dual Attachment Concentrators (DAC), Single Attachment Concentrators (SAC) sowie Single Attachment Stations Abzweignetze zu realisieren (Abb. 18.8).
18.11 Rechnernetze zur Messdatenu ¨ bertragung Prinzipiell gibt es mehrere M¨oglichkeiten, Messdatenerfassungssysteme kommunikationstechnisch zu vernetzen:
658
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
18.11.1 Spezielle Bussysteme zur Messdatenerfassung Wenn mehrere Ger¨ate bzw. Systeme, die Messdatenerfassungszwecken oder sonstigen Aufgaben der Laborautomatisierung dienen, vernetzt werden sollen, hat man in der Vergangenheit meistens Bussysteme genutzt, die speziell f¨ ur diese Aufgaben entwickelt wurden. Dazu z¨ahlen vor allem der IEC-Bus, der VXI-Bus, der MXI-Bus, der PXI-Bus sowie alle Feldbussysteme. Solche L¨ osungen bergen die wenigsten Risiken in bezug auf Echtzeitf¨ahigkeit und Zuverl¨ assigkeit. Aber abgesehen vom IEC-Bus, der seit langem einen Standard in der Laborautomatisierung darstellt, handelt es sich um Systeme, welche global gesehen, nicht unbedingt als der Standard“ angesehen werden k¨onnen, ” wenn man bedenkt, dass allein bei den Feldbussen u ¨ ber 20 konkurrierende Systeme existieren. 18.11.2 Vernetzung von Messdatenerfassungssystemen mittels Ethernet ¨ Das Ethernet ist in der Netzwerkwelt derzeit der Standard f¨ ur das Ubertragungsmedium und als Kommunikationsprotokoll dominiert das TCP/IPProtokoll als einheitliche Sprache. Es ist verst¨andlich, auch f¨ ur die Vernetzung von Messdatenerfassungssystemen das Ethernet zu nutzen. In logischer Folge wird auch das Internet zunehmend f¨ ur solche Aufgaben herangezogen. Das Internet mit seiner mittlerweile sehr hohen Verf¨ ugbarkeit stellt, vor allem was die Kosten betrifft, eine sehr gute Alternative zu mehr oder weniger propriet¨aren L¨ osungen dar. Sobald ein Gateway zum Internet vorhanden ist, lassen sich bequem Messdaten von einem lokalen Rechner u ¨ber das Internet u ¨ bertragen. Dabei k¨ onnen nat¨ urlich auch die gesicherten Daten¨ ubertragungsmechanismen von VPNs (Virtual Private Networks) genutzt werden, die im n¨achsten Abschnitt behandelt werden. Gerade bei der Ferndiagnose von Maschinen lassen sich durch die Nutzung des Internets Kosten einsparen. Da aber das Ethernet nicht deterministisch arbeitet, k¨onnen die Antwortzeiten und damit die Echtzeitf¨ahigkeit nicht garantiert werden. In der Pra¨ xis jedoch reichen in vielen F¨allen die Ubertragungsraten und Antwortzeiten des Ethernets bzw. des Internets vollkommen aus. Es ist auch ins Feld zu ¨ f¨ uhren, dass die Ubertragungsraten des Ethernet oft weit u ¨ ber denen von Feldbussystemen liegen. So hat man festgestellt, dass Ethernet¨ ubertragungen in vielen praktischen Anwendungsf¨allen einer Feldbusl¨osung durchaus u ¨ berlegen sind. Die einfachste Anbindung des Messger¨ates an das Ethernet besteht in der Verwendung seiner Standard-RS232C-Schnittstelle und eines RS232Ethernet-Konverters (Abb. 18.9). Eine elegantere L¨osung bieten Messdatenerfassungssysteme, die unmittelbar, d. h. ohne Zuhilfenahme eines Schnittstellenkonverters, an das Ethernet angeschlossen werden k¨onnen und die TCP/IP-Protokolle verwenden. Abbildung 18.10 zeigt ein solches von der Fa. GBM vertriebenes System. Es handelt sich dabei um einen Datenlogger, der nach Zuteilung einer IP-Adresse vom
18.11 Rechnernetze zur Messdaten¨ ubertragung
PC 1
659
PC n .......
Ethernet mit TCP/IP ipEther232
RS232C
ipEther232
RS232C
ipEther232
RS232C
Abb. 18.9. Ethernet-Anbindung von Messger¨ aten mittels des RS232C-EthernetSchnittstellenkonverters ipEther232 [98]
Internet aus mit jedem Standard-Webbrowser angesprochen werden kann. Er verf¨ ugt u ¨ber 8 differentielle bzw. 16 single-ended Analogeing¨ange, die mit 16 Bit quantisiert werden.
Abb. 18.10. Datenlogger mit Ethernet-Interface der Fa. GBM [63]
660
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Mittlerweile gibt es auf dem kommerziellen Messtechnikmarkt eine Vielzahl von Ethernet Data Acquisition Systemen (EDAS), siehe z. B. [129], [51], [124], [32]. Der Trend, Standard-Messger¨ate mit Ethernet-Schnittstellen auszustatten, d¨ urfte sich in den n¨achsten Jahren fortsetzen. So sind beispielsweise bereits auch die h¨oherwertigen Multimeter renommierter Messger¨atehersteller, wie z. B. Fluke, Agilent oder Keithley, mittlerweile Ethernet- bzw. Internet-f¨ ahig [91], [2], [59]. Die Messger¨ate sind dazu mit einem eigenen Webserver ausgestattet und k¨ onnen u ¨ ber ihre IP-Adresse von einem Webbrowser aus angesprochen werden. Die vom Webserver des Ger¨ates aufbereitete Webseite erlaubt meist ¨ die komplette Uberwachung und Bedienung des Ger¨ates von lokal entferten PCs aus. Auch der Transfer von Messdaten vom und zum betreffenden Messger¨ at geschieht u ¨ ber diese Schnittstellen. Abbildung 18.11(a) zeigt zum Beispiel die Webseite eines entsprechend ausgestatteten Digital-Oszilloskops (Abb. 18.11(b)). Das an einem entfernten Ort befindliche Oszilloskop l¨asst sich so prinzipiell von jedem an das Internet angeschlossenen Rechner aus ansprechen. Die Standard-Schnittstellen der h¨oherwertigen Messger¨ate sind RS232C, USB, IEC-Bus und Ethernet mit TCP/IP. Die Nutzung der EthernetSchnittstellen bietet vor allem den Vorteil, dass die Messger¨ate nur eine Netzwerksteckdose zu ihrem kommunikationstechnischen Anschluss ben¨otigen und nicht etwa wie die IEC-Bus-Anbindung strengeren Reglementierungen bez¨ uglich der Kabelanschlussl¨angen unterworfen sind. Auf dieser Basis lassen sich also lokal verteilte Messsysteme konfigurieren (Abb. 18.12).
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen 18.12.1 Funktionsprinzip In j¨ ungerer Vergangenheit zeichnet sich ein neuer Trend in der rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung ab. Es kommen n¨amlich in zunehmendem Maße leistungsf¨ ahige und recht preisg¨ unstige Messmodule mit USB-Schnittstelle (USB = Universal Serial Bus)(s. auch Tab. 16.1 bzw. Kap. 16.6) auf den Markt (Abb. 18.13). Diese weisen eine prinzipiell ¨ahnliche Funktionalit¨at auf, wie die in Abschnitt 15.2.1 behandelten Multifunktionseinsteckkarten. Die Messmodule sind mit Analog-Digital- und Digital-Analog-Umsetzern sowie mit Multiplexern ausgestattet, die eine Anbindung an die analog-elektrische Seite eines Prozesses erm¨oglichen. Eine meist rudiment¨are Vorverarbeitung der digitalisierten Messwerte geschieht in einem Controller, der u ¨ ber eine standardm¨aßige USB-Schnittstelle (s. auch Kap. 16.6) mit einem PC bzw. einem Notebook verbunden ist. Die Signalanalyse und die graphische Aufbereitung der Messdaten erfolgt schließlich rein in Software. Diese Software ist meist direkt auf das Messmodul abgestimmt und damit propriet¨ar an dieses gebunden. F¨ ur die
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen
(a) Screenshot mit Signaldarstellung und Bedienelementen
(b) Portables Digital-Oszilloskop
Abb. 18.11. Digital-Speicheroszilloskop mit Ethernet-Schnittstelle
661
662
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Abb. 18.12. Beispiel zur webbasierten Laborautomation
USB-Messmodul
Analog I/Os
PC/Notebook
DAC
virtuelles Messinstrument Controller mit USBInterface
AnalogMultiplexer
USB 2.0
ADC
optionales Netzteil Abb. 18.13. Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von Messmodulen mit USBSchnittstelle
Zukunft zeichnet sich allerdings auch hier der Trend ab, dass die Messmodule mit Treiberroutinen ausgestattet werden, die eine Software-Schnittstelle zu einem Standard-Datenerfassungsprogramm, wie z. B. LabVIEW, bilden. Damit lassen sich auf komfortable Art virtuelle Instrumente konfigurieren und
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen
663
testen. Die Stromversorgung des USB-Messmoduls erfolgt entweder u ¨ ber die USB-Schnittstelle, eine aufladbare Batterie oder u ¨ ber ein separates Netzteil. 18.12.2 Beispiele f¨ ur USB-Messger¨ ate Die derzeitige Hauptanwendung von USB-Messmodulen liegt auf dem Gebiet der virtuellen Oszilloskope f¨ ur den mobilen Einsatz. Dazu wird ein kompaktes USB-Modul zur Datenerfassung herangezogen, und anschließend werden die Daten auf einem Notebook dargestellt. Die graphischen Bedienoberfl¨achen sind in Form eines Oszilloskops dargestellt, so dass man letztlich die volle Funktionalit¨at eines Mehrkanal-Oszilloskops zur Verf¨ ugung hat. Man bezeichnet diese Ger¨ate als USB-Scopes. USB-Messmodul und Notebook zusammen ergeben ein virtuelles, aber in seiner Funktionalit¨at einem realen Ger¨at kaum nachstehendes Oszilloskop, das sich beispielsweise bestens f¨ ur den Service vor Ort, Experimente im H¨orsaal oder auch f¨ ur die Datenerfassung in mobilen Systemen eignet. Tabelle 18.1 zeigt derzeit kommerziell erh¨altliche USB-Scopes. Tabelle 18.1. Beispiele kommerzieller USB-Scopes Modell 6022BE Hersteller Hantek Bandbreite 20 MHz
1325 Peaktech 60 MHz
USB-5133 U2701A NI Keysight 50 MHz 200 MHz
5444B 6404D Picoscope Picoscope 200 MHz 500 MHz
Kan¨ ale
4
2
4
4
500 MS/s
100 MS/s 1 GS/s
10 GS/s
5 GS/s
2 x 4 MB
32 Mpts
512 MS
2 Gs
8 Bit
15 Bit
8 Bit
2
max. 48 MS/s Abtastrate Speicher
2 x 1 MB 5 Mpts
2
Au߬ osung 8 Bit
8 Bit
8 Bit
Preis
473 EUR
1.556 EUR 1.928 EUR 2.701 EUR 7.182 EUR
50 EUR
Besonder- incl. 2 USB + LAN USB Tastk¨ opfe heit
Funktions- Funktionsgenerator generator
Teilweise sind die Modelle mit Rechteck- oder auch Waveform-Generatoren ausgestattet. Zudem bietet die Software die M¨oglichkeit weiterer Anwendungen, wie z. B. als Spektrumanalysator oder Digital-Multimeter. Hierf¨ ur gibt es eigene graphische Bedienoberfl¨achen. Abbildung 18.14 zeigt das USB-Scope PS3423. Abbildung 18.15 zeigt die Hardware sowie die graphische Bedienoberfl¨ache eines weiteren handels¨ ublichen USB-Scopes. In Abb. 18.16 ist die Bedienoberfl¨ache eines im Digitalmultimetermode betriebenen USB-Scopes zu sehen.
664
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN) USB-Scope PS3423
Geräte-Rückseite
Geräte-Vorderseite
Buchse der USB-Schnittstelle
4x Tastkopf
Abb. 18.14. Anschl¨ usse des 4-Kanal-Scopes PS3423 der Fa. Meilhaus [110]. Die Ger¨ ater¨ uckseite enth¨ alt die Buchse der USB-Schnittstelle.
Die Fa. DataTranslation [38] bietet ein USB-Messmodul an, das mit 16 bzw. 24 analogen Eing¨angen ausgestattet ist, die je 12 Bit Aufl¨osung aufweisen. Die Summenabtastrate (s. auch Kap. 15.2.1) liegt bei 50 ksample/s. Der Eingangsspannungsbereich betr¨agt ±10 V. Die Fa. Pico Technolgy [141] bietet einen 16-kanaligen USB-Datenlogger mit 24 Bit Aufl¨osung an. Mit Hilfe einer speziellen Software lassen sich bis zu 1 Million Messwerte mit vorw¨ahlbaren Abtastraten einlesen und in Echtzeit anzeigen bzw. zwecks sp¨aterer Messsignalanalyse auf einer Festplatte speichern. F¨ ur den mobilen Einsatz, insbesondere in der Automobilelektronik, wurde von der Fa. Labortechnik Tasler [177] ein 16-kanaliger Transientenrekorder konzipiert. Er ist sogar mit einer Crashtest-tauglichen 40GByte-Festplatte ausgestattet. Die 16 Kan¨ ale mit differentiellem Eingang lassen sich individuell mit Aufl¨osungen bis zu 16 Bit und Abtastraten zwischen 41 ksample/s und 20 Msample/s konfigurieren. Die Kan¨ale k¨onnen unabh¨angig voneinander von extern getriggert werden. Die Anbindung an einen PC ist u ¨ ber die USB- oder die FireWire-Schnittstelle (s. Tab. 16.1) m¨oglich. Erw¨ ahnenswert sind auch kompakte Datenlogger f¨ ur die Temperatur- und Klima¨ uberwachung in Form eines USB-Memorysticks. Diese lassen sich sowohl in der Geb¨audetechnik als auch bedingt im Außenbereich verwenden. Sie sind f¨ ur den Batteriebetrieb ausgelegt und f¨ ur eine elektronische Aufzeichnung von Temperatur und Luftfeuchte einsetzbar, d. h. sie enthalten die komplette Messelektronik mit Sensoren, Vorverst¨arker, ADCs und Speicher. Die Abtastraten variieren von 1 sample/s bis 1 sample/24h. Das Auslesen der Daten erfolgt bequem wie von einem USB-Memorystick. Abbildung 18.17 zeigt als
18.12 Virtuelle Instrumentierung auf der Basis von USB-Messmodulen
(a) 2-kanalige USB-Scope-Hardware mit integriertem Signalgenerator
(b) Bedienober߬ ache des USB-Scopes in Verwendung als Oszilloskop
Abb. 18.15. Handels¨ ubliches USB-Scope der Fa. Meilhaus [110]
665
666
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Abb. 18.16. Bedienober߬ ache eines USB-Scopes der Fa. TiePie [181] in Verwendung als Digital-Multimeter
Beispiel einen Datenlogger der Fa. Meilhaus [110]. Es lassen sich bis zu 32.000 Messwerte speichern. Die Batterielebensdauer betr¨agt mehrere Jahre.
Abb. 18.17. Datenlogger in Form eines USB-Memorysticks der Fa. Meilhaus [110] zur Klima¨ uberwachung
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung 18.13.1 LXI - Ein neuer Standard f¨ ur die Messtechnik Der Begriff LXI steht f¨ ur LANeXtensions for Instrumentation. Es handelt sich dabei um einen Standard, der im Jahre 2005 von einem Firmenkonsortium verabschiedet wurde, welches die LAN-Technologie bzw. die EthernetTechnologie f¨ ur einen breiten Einsatz in der Messdatenerfassung und letztlich
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung
667
der gesamten Automatisierungstechnik vorsehen m¨ochte [104]. Mittlerweile umfasst das LXI-Konsortium ca. 40 Mitglieder, unter denen die meisten namhaften Messger¨atehersteller zu finden sind. Nachdem der IEC-Bus (= GPIB-Schnittstelle)(s. Kap. 16.7), der seit u ¨ ber 30 Jahren als die Standardschnittstelle der Messdatenerfassung angesehen werden kann, einerseits zunehmend an seine technischen Grenzen st¨oßt, beispielsweise infolge der max. Datentransferrate von 1 MByte/s, und er sich andererseits auch nicht als Standard-PC-Schnittstelle samt dem daraus resultierenden Weiterentwicklungspotential etablieren konnte, sucht man verst¨andlicherweise nach Alternativen. Diese sieht man insbesondere in der auf Ethernet und dem TCP/IP-Protokoll basierenden LAN-Technologie, welche im Gegensatz zum IEC-Bus eine Schnittstelle ist, die man in jedem handels¨ ublichen Rechner findet und die sich außerdem bez¨ uglich ihrer Datentransferrate kontinuierlich weiterentwickelt, z. B. in Form des Gigabit-Ethernet. Die neueren Ethernet-Entwicklungen sind zudem abw¨ artskompatibel, um get¨atigte Investitionen zu sch¨ utzen. Gegen¨ uber den in Kap. 16.8 besprochenen leistungsf¨ahigen (relativ zum IEC-Bus) VXI-, PXI und MXI-Bus-Systemen sieht man bei der EthernetTechnologie den Vorteil, dass man kein separates Rack zur Aufnahme von speziellen Steckkarten ben¨otigt. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von Rack & Stack-Ger¨aten bzw. man fasst VXI-, PXI- und MXI-Bus-Systeme unter dem Begriff Rack & Stack-Technologie (= Modulchassis-Technologie) zusammen. 18.13.2 Die technische Basis von LXI Bei der Definition des LXI-Standards geht es weniger um die Erweiterung bestehender Standards als um die Spezifikation ihrer Interaktionen. Dies geschieht auf der Basis folgender 5 Teilspezifikationen: •
Physikalische Anbindung LXI empfiehlt aus Konsistenzg¨ unden Standard-Geh¨ausedimensionen und Standard-Steckverbindungen gem¨aß IEC-Empfehlungen und -Normen.
•
Ethernet LXI basiert auf dem IEEE-Standard 802.3 (s. Kap. 18.1 - Kap. 18.9), der alle notwendigen Spezifikationen des Ethernet enth¨alt.
•
Software-Interface Alle zu LXI kompatiblen Instrumente m¨ ussen mit einem sog. Interchangeable Virtual Interface (IVI) ausgestattet sein. Es handelt sich dabei um eine Treiberroutine, die von allen g¨angigen Programmiersprachen aus angesprochen werden kann.
668
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
•
Webseite f¨ ur jedes LXI-Instrument Jedes LXI kompatible Ger¨at muss in der Lage sein, eine Webseite bereitzustellen, die alle wesentlichen Schl¨ usselinformationen zum betreffenden Ger¨ at enth¨alt, wie Seriennummer, Hostname etc. Dazu geh¨ort eine Konfigurationsseite, mittels derer ein Benutzer das Ger¨at konfigurieren kann. So muss es beispielsweise auch m¨oglich sein, die IP-Adresse des betreffenden Ger¨ ates u ¨ber diese Seite einzustellen.
•
Synchronisierung Die Trigger- und Synchronisierungsfunktionen basieren auf dem Precision Timing Protocol (PTP) des IEEE-Standards IEEE-1588, der dem Synchronisieren von Uhren in LAN-Knoten dient [85], [84]. Daneben ist noch ein separater 8-kanaliger Hardware-Trigger-Bus vorgesehen, die sog. LVDS-Schnittstelle.
Die potentiellen Anwendungsgebiete des LXI-Standards sieht man von intelligenten Sensoren und Aktoren bis hin zu den klassischen Rack & StackGer¨ aten. Auch die Implementierung hybrider Testsysteme (Abb. 18.18) soll auf LXI-Basis m¨oglich sein. Dazu ben¨otigt man allerdings spezielle LXIAdaptoren.
PC/Notebook als zentraler Steuerrechner
VXILAN Interface RS232
PXIInterface
GPIB(IEC-Bus-) Interface
Ethernet
Router oder Switch
LXIGerät
LXIGerät
LXIGerät
VXI
RS232
PXI
GPIB (IEC-Bus)
GPIB (IEC-Bus)
Abb. 18.18. Hybrides Automatisierungssystem auf der Basis von LXI-Vernetzung [104]
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung
669
18.13.3 Die 3 Ger¨ ateklassen A, B und C des LXI-Standards Klasse-C-Ger¨ ate In der LXI-Spezifikation der Klasse-C-Ger¨ate wird lediglich festgelegt, dass die Ger¨ ate einheitlich an einem LAN (Local Area Network) betrieben werden k¨ onnen. Klasse-B-Ger¨ ate In Ger¨ aten der Klasse-B m¨ ussen dar¨ uberhinaus die Synchronisationsmechanismen gem¨ aß IEEE-1588-Standard implementiert sein. Damit ist es m¨oglich, die mit Standard-LAN-Techniken verbundenen Latenzzeiten zu umgehen und ein Timing im Bereich von ca. 10 ns Genauigkeit (Voraussetzung: 100Base-T Ethernet2 ) zu erm¨oglichen. Klasse-A-Ger¨ ate Die Klasse-A-Ger¨ate sind zus¨atzlich zu den unter B und C beschriebenen Funktionen mit einem 8-kanaligen Trigger-Bus-Interface (LVDS-Schnittstelle) ausgestattet, das im LXI-Standard [104] detailliert beschrieben ist. Die LXIGer¨ ate k¨ onnen u ¨ ber ein spezielles Trigger-Kabel, bestehend aus 8 TwistedPair-Leitungen, gem¨aß den drei in Abb. 18.19 gezeigten Konfigurationen zusammengeschaltet werden. Es sind L¨angen des Trigger-Kabels von bis zu 20 m erlaubt. Die 8 Triggerkan¨ale sind separat als Eingangs- oder Ausgangskan¨ale bzw. mit WIRED-OR-Funktion (s. auch Kap. 16.7.6) konfigurierbar. Zudem besteht die M¨oglichkeit, u ¨ ber das LAN via TCP/IP SoftwareTrigger zu generieren. Dabei k¨onnen beliebige LXI-Ger¨ate, auch ohne Mitwirkung eines als Controller definierten Ger¨ates, u ¨ ber eine sog. Peer-to-PeerVerbindung Triggersignale austauschen. Dies ist die einfachste Art der Triggerung; sie hat allerdings den entscheidenden Nachteil nicht exakt kalkulierbarer Latenzzeiten im jeweiligen LAN. 18.13.4 Triggerm¨ oglichkeiten von LXI-Ger¨ aten Die 3 verschiedenen Triggerm¨oglichkeiten von LXI-Ger¨aten lassen sich wie folgt zusammenfassen: • • • 2 3
Hardware-Triggerung mittels separatem Trigger-Bus (setzt Klasse-AGer¨ at voraus) Triggerung mittels Precision Clock Synchronisation Protocol (PTP) gem¨aß dem IEEE-Standard IEEE-1588 (setzt mindestens KlasseB-Ger¨ ate voraus) (siehe Kap. 18.13.5) LAN-Software-Trigger unter Nutzung der TCP/IP- oder UDP3 -Protokolle (es gen¨ ugen Ger¨ate der Klasse C) 100 steht f¨ ur 100 MHz und T f¨ ur Twisted Pair UDP (User Datagram Protocol) ist ein zur Transportschicht z¨ ahlendes Netzwerkprotokoll, das zur Internetprotokollfamilie geh¨ ort. Es spezifiziert die verbindungs¨ lose Ubertragung von Daten u ¨ ber das Internet. Verbindungslos bedeutet, dass es
670
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
a) Daisy-Chain-Konfiguration (Kettenschaltung)
b) Stern-Konfiguration Hub (Stern)
Trigger-Bus-Abschlusswiderstände Trigger-Bus-Abschlusswiderstände c) Hybride Stern/Daisy-Chain-Konfiguration Hub (Stern) mit integriertem Abschlusswiderstand
Trigger Adapter
GPIB, PXI, VXI *
Abschlusswiderstand
Abschlusswiderstand
Abschlusswiderstand
Abschlusswiderstand
Abschlusswiderstand
Abschlusswiderstand
Trigger Adapter
GPIB, PXI, VXI *
* oder andere Triggersysteme
Abb. 18.19. Konfigurationsm¨ oglichkeiten des LXI-Trigger-Bus [104], a) DaisyChain-Konfiguration (Kettenschaltung), b) sternf¨ ormige Konfiguration, c) HybridKonfiguration aus a) und b).
Eine absolut zuverl¨assige Triggerung in Echtzeit ist nur mit Hilfe der erstgenannten Hardware-Triggerung m¨oglich. Dies hat zur Folge, dass zus¨atzlich zu den standardm¨aßig vorhandenen Ethernet-Interfaces eine spezielle Schnittstelle f¨ ur den Trigger-Bus vorzusehen ist. Außerdem sei nochmals auf die Beschr¨ ankung der lokalen Entfernung von maximal 20 m hingewiesen. keine Sicherungsmaßnahmen bei der Daten¨ ubertragung gibt, die sicherstellen, dass ein gesendetes Datenpaket ankommt bzw. die richtige Reihenfolge von Datenpaketen eingehalten wird. Eine Beschreibung zu UDP findet man in [187].
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung
671
Ein Kompromiss zwischen aufwendigem Trigger-Bus und gew¨ohnlichem Software-Trigger, der stets vom Nachteil der nicht-deterministischen Latenzzeiten des Ethernet begleitet wird, stellt die Triggerung gem¨aß dem Standard IEEE1588 dar, die im folgenden Abschnitt genauer beschrieben wird.
18.13.5 Triggerung gem¨ aß IEEE-1588 Bevor wir zu den eigentlichen Triggerm¨oglichkeiten kommen, sei zun¨achst der Hintergrund des Standards IEEE-1588 kurz beleuchtet [84], [85]. Der Standard IEEE No. 1588 dient der Synchronisierung lokal verteilter Echtzeituhren u ¨ ber ein Datenpaket-f¨ahiges Netzwerk, u ¨ blicherweise dem Ethernet. Die dem im Standard beschriebenen Verfahren zugrundeliegende Technik wurde urspr¨ unglich von der Fa. Agilent entwickelt und diente der Synchronisierung und Triggerung von elektronischen Messger¨aten. Dabei ging es zun¨ achst darum, Messdaten aufzunehmen und diese mit einem exakten Zeitstempel des Systems zu versehen, so dass diese Messdaten zeitlich korreliert werden k¨ onnen. Ein solches Uhren-Synchronisierungsverfahren ist bei lokalen Netzwerken notwendig, die auf nicht deterministischen Bus-Zugriffsverfahren ¨ (Ethernet) (s. Kap. 17) basieren, da bei der Ubertragung nicht vorhersagbare Latenzzeiten auftreten k¨onnen. Die zeitliche Synchronisierung beginnt mit dem Senden eines Sync-Signales einer Master Clock. Dieses SyncSignal enth¨ alt die Sendezeit, die zun¨achst noch auf einer Sch¨atzung beruht. Die genaue Sendezeit wird von dieser Master Clock genau gemessen und in einem zweiten, nachfolgenden Signal, dem sog. Follow-up-Signal, auf den Bus gegeben (Abb. 18.20). Der Datenempf¨anger ist mit einer sog. Slave Clock verbunden. Auf der Basis der beiden gesendeten Zeitstempel-Telegramme (erstes Signal (= Sync-Signal) und zweites Signal (= Follow-up-Signal) sowie der eigenen Uhr l¨asst sich die Zeitdifferenz zwischen Slave und Master Clock bestimmen. Eine gut funktionierende Synchronisierung setzt eine Generierung der Zeitstempel in Hardware voraus. Mittels weiterer zyklisch versandter Telegramme zwischen Slave und Master Clock (Abb. 18.20) l¨asst sich die Telegrammlaufzeit bestimmen und die Slave Clock kann permanent nachgef¨ uhrt, d. h. korrigiert, werden. Bei LXI-Ger¨ aten wird dieser Standard f¨ ur einen rein zeitgesteuerten Trigger genutzt. Dies bedeutet, dass bestimmte Ereignisse, wie z. B. der Beginn einer Messdatenaufnahme an einem Ort A und der Hochlauf einer Maschine an einem Ort B, infolge des pr¨azisen Uhrenabgleichs zu einem bestimmten vorw¨ ahlbaren Zeitpunkt quasi zeitgleich gestartet werden k¨onnen. Eine Event-Triggerung (= Triggerung ohne Verz¨ogerung) von Ort A nach B ist allerdings wiederum nur im Rahmen der gew¨ohnlichen Latenzzeiten des Netzwerks m¨ oglich.
672
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Master Clock Zeit
Slave Clock Zeit Sync-Signal
t1
Zeiten der Slave Clock
t 2m
t2
t2
Follow_Up-Signal enthält Wert von t 1 t1 , t 2 t 3m
t3
Delay_Req-Signal t4
t1 , t 2, t 3
Delay_Resp-Signal enthält Wert von t 4
Zeit
t1 , t 2, t 3 , t 4
Abb. 18.20. Uhrensynchronisierung gem¨ aß dem Standard IEEE-1588 [84], [85]
18.13.6 Die aktuelle Situation des LXI-Standards Mittlerweile sind bereits eine Reihe von LXI-kompatiblen Messger¨aten auf dem Markt erh¨altlich, wie z. B. Spektrumanalysatoren von der Fa. Rohde & Schwarz [154], Digital-Multimeter der Fa. Agilent [2] oder HF-Signalgeneratoren der Fa. Keithley [91]. Derzeit ist allerdings nicht davon auszugehen, dass die auf LXI basierende Vernetzung von Messdatenerfassungsger¨aten die bereits etablierte Rack & Stack-Technologie (Modulchassis-Technologie) des VXI- bzw. PXI-Standards abl¨osen wird. Beide Technologien erg¨anzen sich in hervorragender Weise und haben damit ihre Daseinsberechtigung, nicht nur in der Messdatenerfassung sondern der gesamten Automatisierungstechnik. Da hinter beiden Technologien namhafte Messger¨atehersteller stehen, darf man wohl auch von der gesicherten Zukunft beider Systeme ausgehen. Der letzte LXI Standard Rev. 1.4 stammt aus dem Jahre 2011. Die Revision 1.5 soll im Laufe des Jahres 2016 verabschiedet werden. ¨ Die wichtigsten Anderungen sind: Der LXI-Hardware-Triggerbus z¨ahlt k¨ unftig nicht mehr zu den LXI-Ger¨atespezifikationen sondern nur noch zu den Erweiterten LXI-Funkionen“ (LXI ” Extended Functions). Dasselbe gilt f¨ ur die sog. LXI Event Messagers“ und ”
18.13 Ethernet-Nutzung zur Messdatenerfassung
673
die LXI Device Synchronisation and Events“ . Das heißt, die Kernspezifi” kationen f¨ ur LXI-Ger¨ate werden auf ein notwendiges Maß reduziert. Daf¨ ur werden die Extended Functions um diese technischen Spezifikationen erg¨anzt. Die Extended Functions werden aus folgenden Punkten bestehen: • • • • • • • •
LXI LXI LXI LXI LXI LXI LXI LXI
Wired Trigger Bus Event Messaging Clock Synchronisation Timestamped Data Event Logs VXI-11 LAN Discovery HiSLIP IPv6
Die Extended Functions Spezifikationen k¨onnen optional erf¨ ullt werden. Daneben wird es noch ein Examples and Reference Guide geben, in den alle Beispiele sowie das Glossar aufgenommen werden. Das LXI-Konsortium empfiehlt den Herstellern von LXI-spezifizierten Ger¨ aten, die Spezifikationen der Extended Functions ebenfalls zu erf¨ ullen, da sie die Funktionalit¨at und den praktischen Nutzen der Ger¨ate gegen¨ uber dem reinen Standard deutlich erh¨ohen. Dazu z¨ahlen vor allem das neue IPv6Protokoll mit dem wesentlich gr¨oßeren Adressraum und erh¨ohter Sicherheit ¨ sowie das LXI HiSLIP-Protokoll, ein Socket-basiertes Ubertragungsprotokoll mit deutlich geringerem Overhead und damit h¨oheren praktischen Transferraten (siehe Abb. 18.21 und Tab. 18.2) zwischen LXI-Ger¨at und angeschlossenem Computer. ¨ Tabelle 18.2. Vergleich von Standard-Ubertragungskan¨ alen und -Interfaces Interface
Protokoll
1 GB/s LAN
Maximale Datenrate 125 MB/s
100 MB/s LAN
12, 5 MB/s
HiSLIP, Raw Sockets
11 MB/s
1 GB/s LAN
125 MB/s
VXI-11
34 MB/s
100 MB/s LAN
12, 5 MB/s
VXI-11
11 MB/s
USB 2.0
60 MB/s
USBTMC
18 MB/s
GPIB-PCI
1, 8 MB/s
IEEE 488.2
1 MB/s
HiSLIP, Raw Sockets
Typische Datenrate bis 60 MB/s
674
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Die LXI-Konformit¨ats-Testumgebung ist auf der Hompage der LXI-Organisation ausf¨ uhrlich beschrieben (www.lxistandard.org).
Anwendersoftware
IVI-Treiber Client Side API
VISA
VISA Socket
Socket
VXI-11 HiSLIP ONC/RPC TCP / IP LAN Schnittstelle zum Austausch von Daten zwischen Programmen, sich u. U. auf verschiedenen Computern / Controllern befinden Programming Interface API = Interchangeable Virtual Instrument IVI = VISA = Virtual Instrument Software Architecture Open Network Computing ONC = Remote Procedure Call RPC = HiSLIP = High-Speed LAN Instrument Protocol TCP/IP = Transmission Control Protocol / Internet Protocol Socket =
HiSLIP benutzt TCP als Transport Protokoll.
Abb. 18.21. Interface-Struktur zur Kommunikation mit LXI-Ger¨ aten
18.14 EtherCAT EtherCAT beschreibt ein auf Ethernet basierendes Bus- bzw. Kommunikationssysem, das speziell auf die Belange der Automatisierungstechnik zugeschnitten ist. EtherCAT steht f¨ ur Ethernet for Control Automation Technology und wurde von der Firma Beckhoff Automation vorgeschlagen. Heute wird
18.14 EtherCAT
675
EtherCAT seitens der EtherCAT Technology Group [52], die mittlerweile mehrere Tausend Mitgliedsunternehmen z¨ahlt, gepflegt. Seit dem Jahre 2005 ist EtherCAT Bestandteil von IEC-Normen, z. B. dem Standard IEC 61 158 (Industrial Comunication Networks - Field Bus Specifications). Die Grundidee von EtherCAT ist die Etablierung eines mit dem EthernetBussystem kompatiblen Kommunikationssystem, das folgenden prinzipiellen Anforderungen gen¨ ugt: • • • • • • • • •
Hohe zeitliche Performance (deutlich besser als Standard-Ethernet) und Echtzeitf¨ahigkeit mit garantierten Antwortzeiten Flexible Topologie (Linie, Abzweig, Baum, Stern) mit bis zu 65 535 Teilnehmern Hohe Effizienz mit wenig Protokolloverhead und bis zu 90% Nutzdatenrate Master-Slave-, Master-Master- und Slave-Slave-Kommunikation Einzeladressierung von Slaves oder mehrerer Slaves durch Multi-Adressierung (sog. implizierte Adressierung) Einbindung unterlagerter Feldbusse, z. B. CAN Einfache Adressvergabe Kein spezielles Routing erforderlich Kosteng¨ unstig
EtherCAT basiert auf dem Standard-Ethernet-Telegramm-Rahmen gem¨aß IEEE-Standard 802.3 (siehe Bild 18.4). Dieses Telegramm wird vom EtherCATMaster ausgesandt und durchl¨auft alle angeschlossenen Teilnehmer, ohne dass dazu ein spezielles Routing notwendig wird. Das Telegramm durchl¨auft also die angeschlossenen Teilnehmer in sequentieller Reihenfolge und der in einem Segment letzte Teilnehmer schickt das Telegramm wieder zum Master zur¨ uck. Da nur der EtherCAT-Master sendeberechtigt ist, kann eine harte“ Echtzeitf¨ahigkeit garantiert werden. Dazu nutzt ” der Master standardm¨aßig einen Ethernet-Medium-Access-Controller (MAC). Er kann auf jeder Plattform, die einen Ethernet-Port zur Verf¨ ugung stellt, installiert werden. Die EtherCAT-Slaves ben¨ otigen f¨ ur die Verarbeitung der Telegramme einen EtherCAT-Slave-Controller. EtherCAT verwendet StandardEthernet-Telegramm-Rahmen, in die die EtherCAT-Nutzdaten eingebettet sind (s. Abb. 18.22).
Ethernet Header
ECAT
Ethernet
EtherCAT Telegram
DA
SA
Type
Frame HDR
Datagram1
Datagram 2
Datagram n
(6)
(6)
(2/4)
(2)
(10+n+2)
(10+m+2)
(10+k+2)
Pad.
FCS
(0...32) (4)
Ethertype 0x88A4
Abb. 18.22. EtherCAT: Standard-Ethernet-Telegramm entsprechend IEEE 802.3
676
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Um eine weitergehende Kommunikation zwischen einzelnen Teilnehmern auf Basis TCP/IP (s. Kap. 18.4) zu bewerkstelligen, wird oft ein separater Ethernet-Kanal (sog. Mailbox-Kanal) genutzt, so dass der Echtzeit ben¨otigende Datentransfer nicht beeintr¨achtigt wird. F¨ ur den effizienten zyklischen Austausch von Prozessdaten wird eine logische Adressierung verwendet, bei der jedes Datensegment einen bestimmten Teil des Prozessabbildes adressiert. Daf¨ ur stehen definitionsgem¨aß 4 GByteAdressraum zur Verf¨ ugung, u ¨ ber den jedem Slave ein bestimmtes SpeicherSegment zugewiesen wird. Es ist somit m¨oglich, mit nur einem Telegramm eine Vielzahl von Prozessinformationen zu u ¨bertragen. Der Austausch der Daten zwischen MAC-Controller und dem Speicher erfolgt dabei effizienterweise per DMA (Direct Memory Access). Im Gegensatz dazu erfordert die Kommunikation u ¨ ber Standard-Feldbusse die sequentielle Abfrage aller betroffenen Slaves. Synchonisierung Die Synchronisierung von r¨aumlich verteilten Teilnehmern bzw. von deren Prozessen erfolgt u ¨ ber sog. Distributed Clocks. Es handelt sich dabei um verteilte abgeglichene Uhren, deren Abgleich vollst¨andig in Hardware erfolgt. Hierbei wird die Zeit des ersten synchron arbeitenden Slaves zyklisch an alle anderen Uhren im System verteilt, woraufhin diese die u ¨bermittelte Zeit u ¨ bernehmen. Dadurch, dass alle Laufzeitverz¨ogerungen ermittelt und ausgeglichen bzw. nachgeregelt werden, liegt der effektive Zeitjitter beim EtherCAT-System unterhalb von 1 μs. Datenintegrit¨ at und Verf¨ ugbarkeit EtherCAT arbeitet mit CRC-Pr¨ ufsummencheck (32 Bit-Pr¨ ufsumme; min. Hamming-Distanz: HD=4). Dabei wird in jedem durchlaufenen Slave dieser CRC durchgef¨ uhrt. Jeder Slave protokolliert eventuelle Fehler und speichert sie in einem eigenen Fehlerz¨ahler, der vom Master ausgelesen werden kann, so dass Fehlstellen“ leicht lokalisiert werden k¨onnen. Kabelunterbrechungen ” lassen sich u ufen bzw. werden erkannt, indem von dem in der logischen ¨berpr¨ Kette als Letztplatzierter eine redundante Leitungsr¨ uckf¨ uhrung zum Master erfolgt. Ob die Kommunikationskette intakt ist oder nicht, l¨asst sich leicht feststellen, indem man u uft, ob der vom Master ausgesandte Telegramm¨ berpr¨ rahmen wieder st¨orungsfrei bei diesem angekommen ist. Als Leitungen werden Industrial-Ethernet-Kabel verwendet. EtherCAT ist hotplug-f¨ahig, d. h. im laufenden Betrieb k¨onnen Slaves abgeschaltet und auch zugeschaltet werden. Es gibt eine Power-over-EtherCAT-Funktion, die die Stromversorgung von Sensoren und ¨ahnlichen Teilnehmern erlaubt. Ethernet over EtherCAT (EoE) Es k¨ onnen gew¨ohnliche Ethernet-Teilnehmer innerhalb eines EtherCAT-Segments mit Hilfe sog. Switchports eingebunden werden. Deren Standard-Ethernet-Telegrammrahmen werden im EtherCAT-Protokoll getunnelt (¨ahnlich einem VPN-Tunnel (VPN = Virtual Private Network)) weitergeleitet. F¨ ur Ethernet-Teilnehmer wird das EtherCAT-Netzwerk in vollem Umfang transparent. Die Anbindung (im Sinne von Unterlagerung) von Standard-Feldbus-
18.15 VPN - Virtual Private Network
677
sen, wie z. B. PROFIBUS oder CAN(open), ist mit Hilfe von Gateways m¨ oglich. Der Ether-Type 0x88A4 signalisiert, dass es sich um EtherCAT-Telegrammrahmen handelt.
18.15 VPN - Virtual Private Network Als Virtual Private Network (VPN) bezeichnet man die Vernetzung privater lokaler Netzwerke (LAN) unter Verwendung von Netzwerken, die von mehreren Parteien genutzt werden (shared networks), oder von ¨offentlichen Netzen, wie dem Internet. Durch die Nutzung des Internets beispielsweise k¨onnen die Kosten f¨ ur die Vernetzung von Unternehmensstandorten erheblich gesenkt werden. Wurde hierzu fr¨ uher eine Standleitung oder ¨ahnliches ben¨otigt, so fallen unter Verwendung von VPN nur die Einwahlgeb¨ uhren zu einem lokalen Internet Service Provider (ISP) an. Eine klare, wenn auch abstrakte Definition von VPNs lautet [24]: Ein VPN ist ein Overlay-Netz, d. h. eine logische Kommunikations-Struktur, ” unabh¨ angig von der unterliegenden physikalischen Struktur, bei der der Zugang solcherart kontrolliert ist, dass Kommunikations-Verbindungen nur innerhalb einer definierten Interessengruppe und somit exklusiv m¨oglich sind; dies wird durch eine Art Partitionierung der gemeinsamen darunterliegenden Kommunikationsinfrastruktur erreicht, wobei die Kommunikationsinfrastruktur grunds¨ atzlich nicht-exklusive Netzdienste zur Verf¨ ugung stellt.“ Da durch die Nutzung ¨offentlicher Netze prinzipiell die Gefahr besteht, dass sensible Daten von Dritten mitgelesen werden k¨onnen, wird bei heutigen VPNs viel Wert auf Sicherheit gelegt. Die Sicherheit basiert dabei auf folgenden Maßnahmen: • • •
Authentisierung/Kapselung Entkapselung Verschl¨ usselung/Entschl¨ usselung.
Die Methode, Daten von einem Netzwerk in ein anderes u ¨ ber ¨offentliche Net¨ ze zu transferieren, wird als Tunneling bezeichnet. Um diese Ubertragung ¨ durchf¨ uhren zu k¨onnen, m¨ ussen zwei definierte Endpunkte der Ubertragung durch das ¨ offentliche Netz bekannt sein. Die Daten werden nun von dem Sender-Endpunkt optional verschl¨ usselt und dann eingekapselt, so dass die Informationen u ur Dritte sichtbar ¨ber das Quell- wie auch das Zielnetz nicht f¨ sind. Die Einkapselung umgibt die urspr¨ unglichen Datenpakete mit einem neuen Header, der f¨ ur den Transport der Daten u ¨ ber das ¨offentliche Netz ben¨ otigt wird. Sind die Daten am Empf¨anger-Endpunkt angekommen, wird die Kapselung entfernt und das urspr¨ ungliche Datenpaket wird entschl¨ usselt. Anschließend werden die Daten ihrem Ziel in dem jeweiligen Netzwerk zugef¨ uhrt.
678
18 Vernetzung von Messdatenrechnern (Industrie-LAN, WAN)
Der Begriff Tunneling beinhaltet: • • •
die Kapselung der Daten am Sender-Endpunkt den Transport u ¨ ber das ¨offentliche Netzwerk die Entkapselung der Daten am Empf¨anger-Endpunkt.
Der logische Pfad der Verbindung zwischen zwei Endpunkten einer VPNVerbindung wird als Tunnel bezeichnet, weil die Daten unsichtbar bzw. nicht verwendbar f¨ ur Dritte durch diesen Tunnel transportiert werden. Heute werden haupts¨achlich die vier folgenden Tunneling-Protokolle verwendet [24], [115]. Layer Two Tunneling Protocol (L2TP) Dynamischer Auf- und Abbau des Tunnels; Authentisierung mittels PPPVerfahren (Point-to-Point Protocol); keine eigene Verschl¨ usselung definiert; Verweis auf IPsec. Point-to-Point Tunneling Protocol (PPTP) Microsoft Standard“; Authentisierung mittels PPP-Verfahren; Verschl¨ usse” lung mittels RSA-(Rivest-Shamir-Adleman) oder MPPE-Verfahren (Microsoft Point-to-Point Encryption). Layer Two Forwarding Protocol (L2F) Mehrere Verbindungen u ¨ ber einen Tunnel m¨oglich; PPP-Authentisierung bei der Einwahl und anschließend eine weitere Authentisierung am VPN-Gateway. Internet Protocol Security (IPsec) Vereint unterschiedliche Protokolle und Verfahren zur Authentisierung, Verschl¨ usselung und Tunneling; zur Benutzerauthentisierung wird ein Schl¨ usselpaar benutzt; Transport-Mode wird in LAN-Umgebungen verwendet und verschl¨ usselt und authentisiert nur den Protokollkopf; Tunnel-Mode wird f¨ ur WAN-Umgebungen benutzt und verschl¨ usselt das komplette Originaldatenpaket, um es vor dem Zugriff Dritter zu sch¨ utzen. Secure Socket Layer VPN (SSL VPN) Aufgrund des relativ komplexen und fehleranf¨alligen Aufbaus von IPsec VPNs setzen sich zunehmend einfachere L¨osungen durch, die auf dem SSL- (Secure Socket Layer) bzw. TLS-Standard (Transport Layer Security) aufsetzen. Bei Verwendung von TLS ist eine Datenauthentisierung mittels HMAC (Hashed Message Authentification Code) m¨oglich. Die Sicherheit des VPN-Tunnels h¨ angt bei Verwendung von HMAC von den Eigenschaften der benutzten HashFunktion, wie MD5 oder SHA-1, ab. Die Open-Source Software openVPN stellt eine weitere Variante dieser Gattung von Virtual Private Networks dar [132]. Diese realisiert einen transparenten Tunnel f¨ ur die IP-Pakete. Sie ist leicht konfigurierbar und unterst¨ utzt TLS und HMAC, um einen sicheren Tunnel zur Verf¨ ugung zu stellen. Die
18.15 VPN - Virtual Private Network
679
Software wird auf Client- und Serverseite installiert und erm¨oglicht eine Verbindung von einzelnen Clients oder ganzen Subnetzen. VPN-L¨ osungen werden vor allem aus Kostenersparnisgr¨ unden verwendet. Es fallen nur die Kosten f¨ ur eine Verbindung zu einem lokalen Internet-ServiceProvider (ISP) an und nicht, wie fr¨ uher u ur eine Verbindung ¨ blich, Kosten f¨ von einem Unternehmensstandort zum anderen. Außerdem ist es durch VPN leicht m¨ oglich, einen Unternehmenszweig, einzelne Außendienstmitarbeiter oder aber auch Messstellen außerhalb des Unternehmensnetzes mit in das Firmennetz einzubinden.
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
19.1 Allgemeine Bemerkungen W¨ ahrend in den vorangegangenen Abschnitten ausschließlich von der reinen Erfassung der Messdaten die Rede war, sollte die in diesem Abschnitt behandelte Software zur rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung auch im Zusammenhang mit den weiteren Aufgaben gesehen werden, welche nach der eigentlichen Messdatenerfassung anstehen, n¨amlich die Analyse sowie die graphische Darstellung von erhaltenen Messwerten (Abb. 19.1). Zur eigentlichen Messdatenerfassung ben¨otigt man neben den entsprechenden, in den vorausgegangenen Abschnitten diskutierten Hardware-Modulen in jedem Fall Treibersoftware, die dem Benutzer eine nach M¨oglichkeit komfortable Software-Schnittstelle zu der von ihm verwendeten Computer-Hochsprache zur Verf¨ ugung stellt. Erst durch die Verf¨ ugbarkeit von geeigneten Treiberrou-
Abb. 19.1. Aufgaben der rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung und Unterscheidung nach Schwerpunkten bez¨ uglich Hard- und Softwareanteilen
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_19
682
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
tinen wird die Bedienung der zur Prozess-Peripherie geh¨orenden HardwareBausteine per Softwaresteuerung m¨oglich. Diese Treiberroutinen sind ger¨atesowie betriebssystemspezifische Softwaremodule, welche die softwareseitige kommunikationstechnische Verbindung zwischen dem Peripherieger¨at bzw. seiner Rechnerschnittstelle und dem Betriebssystem bzw. in Folge auch den dar¨ uberliegenden Softwareschichten erlauben. Die Entwicklung solcher Treibersoftware kann, je nach Komplexit¨atsgrad der externen Schnittstelle sowie des jeweiligen Betriebssystems, recht aufwendig sein. Vielfach werden jedoch von den Herstellern unter verschiedenen Betriebssystemen einsetzbare Treiberroutinen mit der Schnittstellen-Hardware angeboten. Diese Software erlaubt dann i. Allg. die Programmierung der Schnittstelle unter Verwendung g¨angiger Standard-Hochsprachen (C, Pascal, Fortran, etc.). Es erweist sich als ebenfalls vorteilhaft, wenn entsprechende Softwareunterst¨ utzung f¨ ur die Hochsprachenprogrammierung der im Einsatz befindlichen Messger¨ate verf¨ ugbar ist. Dabei steht das Absetzen von ger¨atespezifischen Befehlen zur Steuerung des eigentlichen Messger¨ates im Vordergrund. Beim Kauf von Messdatenerfassungs-Hardware sollte man darauf achten, dass entsprechende Treiberroutinen f¨ ur die g¨angigen Betriebssysteme WINDOWS bzw. LINUX zur Verf¨ ugung stehen und auch dessen Wartung seitens des Herstellers f¨ ur die n¨achsten Jahre gew¨ ahrleistet ist.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard ¨ In der IEC-Bus- bzw. VXI-Bus-Norm wurde zwar das Ubertragungsprotokoll f¨ ur Befehle festgelegt, die Ger¨atehersteller sind jedoch frei, was die Verwendung von Befehlen zur Steuerung des jeweiligen Messger¨ates betrifft. Daher versucht man, die Schnittstellen-Normung durch einheitliche Sprachelemente in der Programmierung von Messger¨ aten zu erg¨anzen. Der betreffende Standard heißt SCPI (Standard Commands for Programmable Instruments). Er deckt die Anwendungsebene (Application Layer) nach dem ISO-7-Schichtenmodell ab. In die SCPI-Normung gingen wesentliche Elemente der in Tab. 19.1 angef¨ uhrten Sprachen ein. Der Einsatz der SCPIKommandosprache erlaubt die Verwendung von standardisierten Befehlen Tabelle 19.1. Herstellerspezifische Programmiersprachen zur Messger¨ atesteuerung Sprache
Bezeichnung Hersteller
HP Systems Language HPSL Test Measurement Systems Language TMSL Analog Data Interchange Format ADIF
Hewlett Packard Hewlett Packard Tektronix
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
683
und Meldungen f¨ ur alle Ger¨ate gleicher Funktionalit¨at, z. B. allen digitalen Spannungsmessger¨aten, unabh¨angig vom jeweiligen Ger¨atetyp bzw. Hersteller. So gilt die einen Steuerbefehl zur Frequenzmessung enthaltende Abfrage MEASURE:FREQ?“ (das Ger¨at f¨ uhrt daraufhin eine Frequenzmessung durch ” und gibt den aktuellen Frequenzwert aus) beispielsweise f¨ ur alle Ger¨ate einer Ger¨ ateklasse, unabh¨angig vom Hersteller (vertikale Konsistenz) sowie auch f¨ ur Messger¨ ate aus verschiedenen Ger¨ateklassen, z.B. Oszilloskope und Z¨ahler (horizontale Konsistenz). Die Basis f¨ ur den SCPI-Standard wurde in der IEEE-488.2-Norm festgelegt [83]. Eine Aufstellung der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos enth¨alt Tab. 19.2. Eine ausf¨ uhrliche Erl¨auterung der Kommandos findet sich beispielsweise in [168]. Exemplarisch sei hier nur der Befehl *IDN? herausgegriffen, der der Ger¨ateidentifizierung dient. Folgendes MATLAB-Programmbeispiel erfragt eine Identifizierung des Ger¨ates an Adresse 12: 1: 2: 3: 4: 5: 6:
g=gpib(’ni’,0,12);
% card manufacturer, card number, % instr. number
fopen(g) fprintf(g,’*IDN?;’); % Erfragt Identifikation idn=fscanf(g); % liest Ausgabepuffer fclose(g)
Das angeschlossene Instrument (Keithley 2400 SourceMeter) schickt dann folgenden String als Antwort: KEITHLEY INSTRUMENTS INC.,MODEL 2400,0637460,C04 Oct 16 2003 11:47:13/A02 Die IEEE-488.2-Norm stellt allgemeine Befehle zur Verf¨ ugung, w¨ahrend SCPIBefehle f¨ ur die Bedienung spezieller Instrumentenklassen ausgelegt sind. Der Tabelle 19.2. Liste der obligatorischen IEEE-488.2-Kommandos Mnemonic Bezeichnung *CLS *ESE *ESE? *ESR? *IDN? *OPC *OPC? *RST *SRE *SRE? *STB? *TST? *WAI
Clear Status Command Standard Event Status Enable Command Standard Event Status Enable Query Standard Event Status Register Query Identification Query Operation Complete Command Operation Complete Query Reset Command Service Request Enable Command Service Request Enable Query Read Status Byte Query Self-Test Query Wait-to-Continue Command
684
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
SCPI-Standard findet neben dem IEC-Bus auch bei anderen in der Messdatenerfassung gebr¨auchlichen Schnittstellen Verwendung, so z. B. bei VXISystemen oder auch bei der Messger¨atesteuerung u ¨ ber eine RS232C-Schnittstelle. Der SCPI-Standard wird von einem SCPI-Konsortium gepflegt und erweitert. Der jeweils aktuelle SCPI-Standard wird in mehreren B¨anden eines j¨ ahrlich erscheinenden Werkes Standard Commands for Programmable ” Instruments“ festgehalten [167]. Auch im Internet sind die aktuellen Informationen rund um die SCPI-Sprache ver¨offentlicht [168]. 19.2.1 Syntax der SCPI-Sprache In einem IEC-Bus-System existieren ein Controller sowie mehrere Instrumente, die Talker und/oder Listener sein k¨onnen. Als SCPI-Programmiernachrichten (program messages) werden die Daten bezeichnet, die der Controller an ein Instrument schickt. SCPI-Antworten (response messages) sind die formatierten Daten, die das Instrument an den Controller zur¨ uckschickt. Die SCPI-Sprache definiert sowohl Kommandos als auch Anfragen. Eine angenehme Eigenschaft von SCPI ist, dass es zu fast jedem Kommando, das einen Wert einstellt, auch eine passende Anfrage gibt, die diesen Wert wieder einliest. Ein weiteres Prinzip der Sprache ist die hierarchische Unterteilung der Kommandos in Systeme und Subsysteme. Diese hierarchische Struktur ist ahnlich der Filesysteme g¨angiger Betriebssysteme aufgebaut. In SCPI wird ¨ diese Struktur Kommandobaum (command tree) genannt. Ein einfaches Beispiel des SENSe-Kommandos, wie es in Digitalmultimetern implementiert ist, wird in Abb. 19.2 gezeigt. Auch die Bezeichnung der Kommandos erfolgt ¨ahnlich der Nomenklatur von Filesystemen. In diesem Beispiel ist SENSe das Wurzelkommando (root command). Die Kommandos des Subsystems sind zu Pfaden (paths) verbunden. So entsteht der Kommandobaum. Beispielsweise ist ein Pfad des Baums durch die Kommandosequenz
6(16H
&855HQW
5$1*H
833HU
92/7DJH
5(6ROXWLRQ
$872
$872
5$1*H
833HU
5(6ROXWLRQ
$872
$872
Abb. 19.2. Hierarchische Struktur von SCPI am Beispiel des SENSe-Befehls
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
:SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO
685
(19.1)
definiert. Diese Sequenz stellt das Multimeter auf Spannungsmessung und der Messbereich wird automatisch gew¨ahlt. Die Doppelpunkte dienen als Trennzeichen.1 Ein weiterer Pfad w¨are :SENSe:CURRent:RANGe:UPPer .
(19.2)
Das Multimeter wird auf Strommessung im oberen Messbereich geschaltet. Die an ein Instrument geschickten Befehle werden von einem sogenannten Parser interpretiert. Wenn der Parser SCPI-Subsystem-Befehle dekodiert, muss er verfolgen, in welchem Pfad und in welcher Ebene er sich gerade befindet, vergleichbar mit dem aktuellen Verzeichnis in Filesystemen. Entsprechend der folgenden Regeln navigiert der Parser durch die Subsysteme: • • • •
Nach dem Einschalten oder nach dem *RST-Kommando befindet sich der Parser in der Root-Ebene. Ein Zeilenumbruch beendet einen Befehl und setzt den Parser ebenfalls in die Root-Ebene zur¨ uck. Der Doppelpunkt dient als Pfad-Trennzeichen. Findet der Parser einen Doppelpunkt, wechselt er in die n¨achsttiefere Ebene. Ein Doppelpunkt am Anfang eines Strings kennzeichnet die Root-Ebene. Ein Strichpunkt trennt zwei Kommandos desselben Pfads voneinander. Beispielsweise bewirkt der Befehlsstring :SENSe:VOLTage ; RANGe:AUTO ; RESolution:AUTO dasselbe wie die beiden Zeilen :SENSe:VOLTage:RANGe:AUTO :SENSe:VOLTage:RESolution:AUTO .
• • •
Leerzeichen werden generell ignoriert, allerdings sind sie innerhalb von Schl¨ usselw¨ortern verboten. Leerzeichen werden ben¨otigt, um Parameter abzutrennen. Werden mehrere Parameter nach einem Kommando ben¨otigt, so werden diese durch Kommas voneinander getrennt. Basiskommandos wie *RST sind nicht in das SCPI-System eingebunden und werden nicht als Teil eines Pfades interpretiert.
In den Handb¨ uchern der Instrumente wird der Kommandobaum mit seinen Kommandos und deren Parameter in Form einer Subsystem-KommandoTabelle definiert. Als Beispiel ist in Tab. 19.3 der Kommandobaum des SENSeBefehl aus Abb. 19.2 in dieser Tabellenform dargestellt. Die Hierarchieebene wird durch die Einr¨ uckung in der Kommandospalte gekennzeichnet. Zur Verwendung der Groß- und Kleinbuchstaben in der Tabelle sei noch folgendes 1
Grunds¨ atzlich sind die SCPI-Befehle zwischen Ger¨ aten gleicher Funktionalit¨ at portierbar. Allerdings sollte auch in jedem Manual der komplette Kommandobaum beschrieben sein.
686
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen Tabelle 19.3. Der SENSe-Befehl in Tabellenform Command
Parameters
[:SENSe] :CURRent :RANGe :AUTO [:UPPer] :RESolution :AUTO
Boolean numeric numeric Boolean
:VOLTage :RANGe :AUTO [:UPPer] :RESolution :AUTO
Boolean numeric numeric Boolean
angemerkt: die Teile des Kommandostrings, die in Großbuchstaben geschrieben sind, m¨ ussen an das Instrument geschickt werden, damit das Kommando verstanden wird. Die in Kleinbuchstaben geschriebenen Teile der Kommandos k¨onnen noch angef¨ ugt werden, um den String leserlicher zu machen. In der Kommunikation mit den Instrumenten spielt die Groß- und Kleinschreibung aber grunds¨ atzlich keine Rolle. Beispielsweise haben die folgenden beiden Zeilen dieselbe Bedeutung: :SENSe:CURRent:RANGe:AUTO ON :SENS:CURR:RANG:AUTO ON Die Kommandos in eckigen Klammern k¨onnen auch weggelassen werden. Fehlen sie, springt der Parser automatisch in die richtige Ebene des Pfades. So f¨ uhren auch die folgenden beiden Zeilen zum selben Ergebnis: :SENSe:VOLTage:RANGe:UPPer 6.5 :VOLTage:RANGe 6.5 F¨ ur beinahe alle Kommandos, die einen Wert senden k¨onnen, existiert ein entsprechender Befehl, der den Wert ausliest. Beispielsweise wird mit den eben angef¨ uhrten Befehlen der Spannungsmessbereich definiert, mit :SENSe:VOLTage:RANGe? wird der eingestellte Bereich ausgelesen.
19.2 IEC- und VXI-Bus-Kommunikation, SCPI-Standard
687
19.2.2 SCPI-Datenformate Numerische Daten k¨onnen in g¨angigen Formaten f¨ ur Integer- und Fließkommazahlen verwendet werden. Die Formate sind flexibel, d. h. es werden verschiedene Formate verstanden ( forgiving listening“ ): ” 100 100. -1.23 4.5e3 -7.89E-01 .5 Zus¨ atzlich zu den Zahlenwerten werden auch die Ausdr¨ ucke MAXimum und MINimum von allen Instrumenten verstanden, die repr¨asentierten Werte sind allerdings vom Instrument abh¨angig. Einige Instrumente verwenden zudem die Ausdr¨ ucke UP, INFinity und DEFault. Werte f¨ ur Boolesche Parameter k¨onnen in den drei folgenden Varianten angegeben werden: ON OFF TRUE FALSE 1 0 String-Parameter werden als ASCII-Zeichenketten geschickt, die durch einfache oder doppelte Hochkommata abgetrennt sein m¨ ussen. Sollen Hochkommata selbst im String vorkommen, so m¨ ussen diese durch eckige Klammern abgetrennt sein: ’this is a STRING’ "this is also a string" "one double quote inside brackets: [""]" ’one single quote inside brackets: [’’]’ F¨ ur die Antworten der Instrumente (response data) sind strengere Regeln gesetzt (precise talking). Real-Daten werden in wissenschaftlicher Notation ausgegeben, wobei ein großgeschriebenes E“ den Exponenten kennzeichnet. Inte” gerzahlen werden mit f¨ uhrendem Vorzeichen gesendet. Werden Schl¨ usselw¨orter abgefragt, so wird nur der obligatorische Teil in Großbuchstaben ausgegeben (z. B. auf :RESistance:MODE? wird mit MAN statt MANual geantwortet). F¨ ur die Booleschen Variablen ist nur 0 und 1 als Antwort zul¨assig. Bei den Strings ist zu beachten, dass sie immer in doppelten Hochkommata stehen.
688
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
19.3 Einsatz kommerzieller Software Die Grundaufgaben der Messdatenerfassungssoftware lassen sich einteilen in Erfassen von Daten u ¨ber Schnittstellen und Einsteckkarten, Speicherung und graphische Darstellung. Hinzu kommt heute die Analyse der Daten mit m¨ oglichst m¨achtigen mathematischen Werkzeugen sowie die Berechnung von Ausgangsgr¨ oßen. Diesen Leistungsanforderungen stehen die Forderung nach zeit- und kosteng¨ unstiger Programmierung, kurzer Einarbeitungszeit, einfa¨ cher Bedienung, Flexibilit¨at bei Anderungen und Erweiterungen sowie die zuverl¨ assige Verf¨ ugbarkeit von Treibern f¨ ur die verwendeten Ger¨ate und Instrumente gegen¨ uber. Im Folgenden werden die Softwarel¨osungen gem¨aß diesen Anforderungen in verschiedene Kategorien unterteilt und anschließend einige konkrete Beispiele kommerzieller Software vorgestellt.
19.4 Kategorien von Softwarel¨ osungen Die zur Messdatenerfassung eingesetzte Software kann man in folgende Kategorien unterteilen: • • • • •
Dialoggef¨ uhrte Komplettpakete (Fertigl¨osungen) Modul-Bibliotheken graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren mit Graphikdialogeingabe) Systeme mit speziellen Kommandosprachen (i. Allg. auf Interpreterbasis) Vollst¨ andige Eigenentwicklung, teilweise unter Nutzung von – bereits vorhandenen ger¨atespezifischen Treiberroutinen – Toolboxen – Standard-Entwicklungssystemen.
19.4.1 Dialoggef¨ uhrte Komplettpakete (Fertigl¨ osungen) Unter Komplettl¨osungen versteht man fertig konfigurierte und auf eine bestimmte Prozessperipherie (Schnittstellen und Messger¨ate) sowie Betriebssysteme abgestimmte Programme. Dieser Typ von Software erlaubt i. Allg. die Einstellung der notwendigen Parameter, das Starten der Messung sowie die Auswertung der Messdaten mit Hilfe einer Eingabe u ¨ ber maskenorientierte Fenster bzw. mittels Maus u us. Teilweise ¨ ber Pull-Down- oder Pop-Up-Men¨ verf¨ ugen diese Programme u ¨ber Makrogeneratoren, mit deren Hilfe sich immer wiederkehrende Befehlsfolgen zum erneuten Ablauf speichern lassen. Ein auf diese Art aufgezeichneter Messvorgang kann dann durch einfachen Tastendruck beliebig oft wiederholt werden.
19.4 Kategorien von Softwarel¨ osungen
689
Vorteile: - keine Programmier- oder Systemkenntnisse erforderlich - unmittelbar einsetzbar ¨ Nachteile: - geringe bzw. keine Flexibilit¨at bez¨ uglich Anderungsw¨ unschen - auf bestimmte Hardware-Situationen beschr¨ankt. 19.4.2 Modul-Bibliotheken Die zur rechnergest¨ utzten Messdatenerfassung verf¨ ugbaren Software-Modulbibliotheken enthalten neben den Grundelementen eines Messdatenerfassungsprogrammes eine Reihe von verschiedenen Programm-Modulen, die den entsprechenden bei der Messdatenerfassung und Messdatenverarbeitung anstehenden Aufgaben zugeordnet sind. Im Allgemeinen sind standardm¨aßig folgende Modulgruppen vorhanden: • • • • • •
Treiberroutinen f¨ ur RS232-Schnittstellenkarten, IEC-Bus-Controller, Multifunktions-Einsteckkarten und diverse Messger¨ate Signalverarbeitungsroutinen (z. B. Filter) Mathematik-Routinen (z. B. f¨ ur Statistik) Routinen zur Ergebnisvisualisierung Schnittstellen f¨ ur Datentransfer (z. B. ASCII-Dateien mit fest vereinbarter Datenstruktur) Hilfsroutinen.
Der Benutzer wird zun¨achst vom Programm aufgefordert, mit Hilfe von Men¨ ueingaben den Messablauf zu definieren. Dabei werden u.a. die Treiberroutinen sowie die f¨ ur die Steuerung von Interface-Karten und Messger¨aten notwendigen Parameter festgelegt und Triggerbedingungen vereinbart. Es k¨onnen dabei auch leicht eigene Treiberroutinen oder weitere frei programmierte ProgrammModule eingebunden werden. Dieser Programmtyp unterscheidet sich von den vorhergehenden vor allem durch eine wesentlich gr¨oßere Flexibilit¨at auf Kosten des noch vom Benutzer zu erbringenden Eingabeaufwandes. Vorteil: - gr¨oßere Flexibilit¨at als bei den Komplettl¨osungen Nachteil: - gr¨oßerer Aufwand bei der Eingabe Beispiel: Messdatenerfassungs- und Signalanalysepaket DIA-DAGO (Fa. GfS) [40], [37]. 19.4.3 Graphikorientierte Entwicklungssysteme (Programmgeneratoren) Bei den graphikorientierten Entwicklungssystemen handelt es sich um Softwareprodukte, mit deren Hilfe man das eigentliche Messdatenerfassungsprogramm erzeugen kann. Diese Programmgenerierung geschieht i. Allg. im Rahmen eines graphisch-interaktiven Bildschirmdialoges. Dabei kann der Benutzer aus
690
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
in Form von Blockschaltbildelementen vorgegebenen Operationen die einzelnen Schritte des Messablaufes definieren und in Form eines Gesamtablaufplanes (Datenflussplan) zusammenstellen. Der eigentliche Programmgenerator erstellt dann anhand des so definierten Datenflussplanes den Programmcode zur Messdatenerfassung. Das Funktionieren ist jedoch auch hier an die Verf¨ ugbarkeit entsprechender Treiberroutinen f¨ ur die gerade eingesetzten Interface-Karten und Messger¨ate gebunden. Vorteil:
- keine detaillierten Kenntnisse bez¨ uglich der eingesetzten Hard- und Software erforderlich
Nachteile: - geringe Flexibilit¨at und eingeschr¨ankte Erweiterbarkeit - bei zeitkritischen Anwendungen u. U. zu langsam Daneben gibt es noch Varianten von Programmgeneratoren, die Programmcodes in einer Standardhochsprache, wie z. B. C, generieren und ausgeben. Der so erzeugte Quellcode steht dem Benutzer f¨ ur eventuell gew¨ unschte Modifikationen zur Verf¨ ugung. Die Modifikationen f¨ uhren allerdings im Allgemeinen dazu, dass aus dem modifizierten Code der graphische Datenfluss nicht wieder zur¨ uckgewonnen werden kann. Der Vorteil gegen¨ uber den Programmgeneratoren, die keinen modifizierbaren Hochsprachenquelltext ausgeben, liegt in der wesentlich gr¨oßeren Flexibilit¨at bez¨ uglich notwendiger Programm¨anderungen. Die graphikorientierten Entwicklungssysteme sind insbesondere f¨ ur die Entwicklung von virtuellen Messger¨aten besonders hilfreich. Beispiele: LabVIEW (Fa. National Instruments) (s. Kap. 19.5) [120].
19.4.4 Systeme mit speziellen Kommandosprachen Es handelt sich hierbei um Entwicklungssysteme mit speziellen Programmierbzw. Makrosprachen. Diese Systeme arbeiten meist nach dem Interpreter¨ prinzip, d. h. es muss keine explizite Ubersetzung des Anwenderprogrammes in einen Maschinencode erfolgen, da jeder Funktionsaufruf unmittelbar in eine Zeigerzuweisung umgesetzt wird, die auf eine entsprechende Routine zeigt. Der klassische Vertreter dieses Typs von Messdatenerfassungssoftware ist das Programm ASYST. Details zu diesem Softwarepaket finden sich u. a. in [164]. Der allgemeine Trend geht jedoch aufgrund des Inselcharakters einer solchen L¨ osung zu Systemen, die auf Standardhochsprachen basieren. Eigenentwicklungen Die vollst¨ andige Selbstprogrammierung muss immer dann in Betracht gezogen werden, wenn die oben angef¨ uhrten Standardl¨osungen versagen. So tritt beispielsweise oft das Problem auf, dass Standardsoftwarepakete aufgrund ihres Systemoverheads in manchen F¨allen die gestellten Geschwindigkeitsan-
19.5 LabVIEW
691
forderungen nicht erf¨ ullen. Eine Eigenentwicklung kann aber auch aus Kostengr¨ unden erwogen werden, wenn es sich um kleinere Messdatenerfassungsprojekte handelt. Bei der Eigenentwicklung von Messdatenerfassungssoftware k¨ onnen, je nach Sachlage, Toolboxen genutzt werden, die geeignete Hilfsroutinen bereitstellen [164].
19.5 LabVIEW Bereits in den 70er Jahren wurden Anstrengungen unternommen, eine Programmierung basierend auf der Verwendung von Datenflussmodellen zu konzipieren, um das Man Machine Interface (MMI) nat¨ urlicher“ zu gestalten. ” National Instruments [122] (NI) ist als Pionier auf diesem Gebiet zu nennen. Bereits im Jahre 1986 wurde dort mit NI LabVIEW (Laboratory Virtual Instrumentation Engineering Workbench) die erste Generation einer vollwertigen graphischen Benutzeroberfl¨ache entwickelt. Wurde LabVIEW urspr¨ unglich f¨ ur die Labor-Messtechnik entwickelt, so avancierte es mittlerweile zu einem universellen graphischen Compiler, der alle Elemente einer modernen graphischen Benutzeroberfl¨ache mit den Elementen der klassischen strukturierten, textuellen Programmiersprachen vereint. Einerseits sind Treiber f¨ ur verschiedene Schnittstellen und Ger¨ate vorhanden bzw. k¨ onnen leicht eingebunden werden, andererseits sind vielf¨altige und komfortable Mathematikfunktionen implementiert, die die Signalanalyse sowohl im Zeitbereich als auch im Frequenzbereich erleichtern. Bei LabVIEW handelt es sich um eine graphische Programmiersprache, d. h. die Programme werden nicht in Form von sequentiellem Text, sondern in Form von Blockschaltbildern oder Signalflussdiagrammen erstellt. Bestandteile der einzelnen Bl¨ocke sind entweder Unterprogramme (Virtuelle Instrumente, VI) zur Ansteuerung von Ger¨ aten, einfache mathematische Operationen, wie z. B. Grundrechenarten oder trigonometrische Funktionen, komplexe mathematische Operationen, wie z. B. Faltungsintegrale oder Filterung, oder aber selbstdefinierte VIs. Zwei weitere Eigenschaften machen LabVIEW zu einer echten graphischen Programmiersprache im Gegensatz zu graphisch erscheinenden Sprachen. Zum einen sind dies die Ablaufstrukturen und zum anderen bietet es einen Abstraktionsmechanismus. LabVIEW verf¨ ugt u ¨ber die wichtigen Ablaufstrukturen FOR- und WHILESchleife sowie CASE-Verzweigung und Sequenz-Struktur. Die graphischen Symbole dieser Anweisungen sind in Abb. 19.3 dargestellt. Die ersten beiden entsprechen ihren Pendants aus der textuellen Programmierung. Die CASEVerzweigung kann verschiedene Variablentypen als Argument verarbeiten und beinhaltet somit auch eine IF-Abfrage. Die Sequenz-Struktur legt mehrere Fenster fest, die nacheinander abgearbeitet werden und tr¨agt so zu einer u ¨ bersichtlichen und leicht nachvollziehbaren Programmierweise bei.
692
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
Abb. 19.3. Ablaufstrukturen in LabVIEW
Der in LabVIEW zur Verf¨ ugung stehende Abstraktionsmechanismus erm¨oglicht eine modular-hierarchische Programmierung. Den VIs k¨onnen Symbole, sogenannte Icons, zugeordnet werden. Damit kann das VI in ein u ¨bergeordnetes VI als Unterprogramm (SubVI) eingebunden werden. Jedes Problem l¨asst sich so stufenweise abstrahieren und bis ins Detail aufl¨osen. F¨ ur das Programmieren selbst stellt LabVIEW eine Vielzahl von Debugging-M¨ oglichkeiten zur Verf¨ ugung. Dazu geh¨oren das Setzen von Break” points“, das Plazieren von Probes“, um w¨ ahrend des Programmablaufes Wer” te der Variablen anzuzeigen, sowie Highlight Execution“, ein verlangsamter ” Programmdurchlauf, der die Reihenfolge der Abarbeitung der Befehle verdeutlicht. Auch Funktionen wie Step In/Over/Out“ f¨ ur Unterprogramme ” erleichtern die Fehlersuche in gr¨oßeren Applikationen. Das folgende Beispiel soll einen kleinen Einblick in die Programmierung unter LabVIEW geben. Die Programmieroberfl¨ache besteht aus zwei Teilen: der sogenannten Bedienoberfl¨ ache ( Front Panel“), welche die Bedien” und Anzeigeelemente enth¨alt, so wie sie der sp¨atere Benutzer des Programmes sieht, und dem Programmierfenster ( Block Diagram“), wo das ” eigentliche Programm eingegeben wird. Abbildung 19.4 zeigt die Bedienoberfl¨ ache eines FFT-Analysators. LabVIEW stellt f¨ ur diese Bedienoberfl¨achen per Maus bedienbare Elemente, wie z.B. Drehkn¨opfe, Schalter und Taster, zur Verf¨ ugung sowie Anzeigeelemente, wie L¨ampchen und dynamische Graphiken. In diesem Beispiel wird die Soundkarte als AD-Umsetzerkarte verwendet, um ein Signal u ¨ ber den Mikrophon- oder Lineeingang einzulesen. Der Anwender kann die Abtastrate, die Anzahl der aufzunehmenden Werte pro Messzyklus sowie Informationen u ¨ ber die abzutastenden Kan¨ale in dem Kasten links oben eingeben. Die Messung erfolgt kontinuierlich, was durch eine WHILE-Schleife realisiert wird. Auf der rechten Seite wird der Zeitverlauf des Signals sowie das berechnete Frequenzspektrum dargestellt. Weiterhin wird links unten die im Signal enthaltene Grundfrequenz und deren Amplitude ermittelt. Abbildung 19.5 zeigt das zugeh¨orige Blockdiagramm. An dieser Stelle k¨ onnen nur die wichtigsten Elemente erw¨ahnt werden. Vor dem Starten der WHILE-Schleife wird die Soundkarte konfiguriert und ge¨offnet, innerhalb der Schleife wird der Datenpuffer der Karte ausgelesen und nach Beenden der Schleife durch den Anwender wird die Verbindung zur Karte getrennt. Innerhalb der Schleife wird das Signal analysiert. Dazu wird einerseits das ExpressVI Spectral Measurement“ zur Durchf¨ uhrung einer Fourier-Analyse aufge”
19.5 LabVIEW
693
Abb. 19.4. Benutzerfenster (Front Panel) des LabVIEW-Beispiels FFT” Analysator“. Dieses VI ist auch auf der DVD-ROM unter der Bezeichnung FFT Analysator.vi zu finden.
rufen. Andererseits wird mit dem SubVI Tone Measurement“ die enhalte” ne Grundfrequenz ermittelt. Die Ergebnisse werden in Signalverlaufsgraphen ausgegeben. Mit der Einf¨ uhrung der Version 8 von LabVIEW im Jahre 2005 wurde nun auch die M¨oglichkeit geschaffen, lokal verteilte Messdatenerfassungssysteme zu konfigurieren. Zu den mittlerweile fast 4000 in LabVIEW verf¨ ugbaren Ger¨ atetreiberroutinen z¨ahlen knapp 100 Ger¨ate mit USB-Schnittstelle und nahezu 300 Ethernet-Ger¨ate. Mit LabVIEW 8 ist nunmehr auch eine heterogene Vernetzung in dem Sinne m¨oglich, dass die eingebundenen Messger¨ate u ¨ ber unterschiedliche Schnittstellen angesprochen werden k¨onnen (Abb. 19.6). Es werden alle g¨angigen Schnittstellen, wie IEC-Bus, RS232, RS485, USB, LAN/Ethernet, PCI, PCI-Express, PXI oder VXI unterst¨ utzt. Zudem bietet LabVIEW auch eine komfortable Schnittstelle f¨ ur die Daten¨ ubertragung zwi-
694
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
Abb. 19.5. Programmierfenster (Block Diagram) des LabVIEW-Beispiels FFT” Analysator“
schen verteilten intelligenten Ger¨aten und Systemen, wie beispielsweise Echtzeitprozessoren, DSPs, FPGAs oder auch zwischen PCs. So erhalten Entwickler von Automatisierungssystemen eine einheitliche graphische Plattform, die eine einfache serielle Daten¨ ubertragung zwischen zwei Teilnehmern genauso unterst¨ utzt wie die Synchronisierung von Datenloggern an verschiedenen Orten eines komplexen Netzwerkes.
Abb. 19.6. Mit LabVIEW 8 lassen sich lokal verteilte Knoten eines Messsystems vernetzen, wenn diese u ¨ber eine der Standardschnittstellen angesprochen werden k¨ onnen [87]. Die Netzarchitektur darf dabei heterogen sein, d. h. es werden gleichzeitig unterschiedliche Bus-Systeme verwendet.
19.6 LabWindows
695
Die Synchronisierung lokal verteilter Systeme wird durch die neue PCIEinsteckkarte NI PCI-1588 erleichtert, welche u ¨ber das Ethernet vernetzte Ger¨ ate gem¨ aß dem IEEE-Standard IEEE-1588 zu synchronisieren gestattet (siehe dazu auch Kap. 18.13.5). Das Modul kann dabei sowohl als Master Clock als auch als Slave Clock arbeiten. Die zeitliche Unsicherheit (Jitter) h¨ angt vom aktuell verwendeten Netzwerk ab. Sie liegt aber stets unterhalb einer Mikrosekunde. Zur Auswertung von umfangreichen Messdaten, insbesondere zur Erstellung von Berichten, in welchen Messreihen graphisch dargestellt werden sollen, steht eine Datenschnittstelle zu NI DIAdem zur Verf¨ ugung. DIAdem ist eine Standardsoftware zur Datenanalyse, Datenverwaltung und Berichterstattung. Dazu bietet DIAdem eine entsprechende graphische Oberfl¨ache (Abb. 19.7). Die in DIAdem enthaltene Entwicklungsumgebung erlaubt in Verbindung mit einem Dialogeditor dar¨ uberhinaus die Erstellung von anwendungsspezifischen Bedienoberfl¨achen auf der Grundlage von Visual Basic Script (VBS). LabVIEW kann DIAdem-TDM-Dateien importieren und exportieren (TDM=Technical Data Management). Das TDM-Format erlaubt die effiziente Speicherung von Daten in Bin¨arform. Daneben gibt es die M¨oglichkeit, in einem sog. XML-Header2 die Struktur der Datei zu dokumentieren sowie weitere Informationen zu den gespeicherten Daten abzulegen. Tip: Ein Großteil der Aufgaben auf der DVD-ROM besch¨aftigt sich mit der Programmierung messtechnischer Aufgaben in LabVIEW. Die Datei book.pdf enth¨ alt eine Einf¨ uhrung in die wichtigsten, hier verwendeten Elemente der LabVIEWProgrammierung sowie einige Aufgabenstellungen. Musterl¨osungen, d.h. die entsprechenden Beispielprogramme (*.vi-Files), befinden sich im Verzeichnis \LabVIEW\Aufgaben.
19.6 LabWindows Als Beispiel f¨ ur ein textbasiertes Programmierwerkzeug zur Messdatenerfassung sei an dieser Stelle NI LabWindows/CVI vorgestellt. Es handelt sich dabei um einen 32-bit-ANSI-C-Compiler. Dieser wurde um Messtechnikfunktionen in Form von Bibliotheken erweitert und enth¨alt komfortable Werkzeuge zur Gestaltung graphischer Benutzeroberfl¨achen (Graphical User Interfaces, 2
XML steht f¨ ur Extensible Markup Language (=erweiterbare Auszeichnungssprache). XML definiert einen Standard zur Erstellung von Rechnerdokumenten, d. h. es legt die Regeln f¨ ur die Struktur dieser Dokumente fest. Ein wesentlicher Grundgedanke von XML besteht darin, Daten und ihre Repr¨ asentation zu trennen. So k¨ onnen beispielsweise Messdaten effizient in einer Datenbasis gespeichert werden, um als Tabelle sowie als Graphik dargestellt werden zu k¨ onnen.
696
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
Abb. 19.7. Screenshot der Software DIAdem
GUI), die ¨ ahnlich den LabVIEW-Oberfl¨achen gestaltet sind. Hinter dem Front Panel verbirgt sich aber kein Blockdiagramm wie bei LabVIEW, sondern ein Steuerprogramm in ANSI C, das die Funktionalit¨at des Virtuellen Instrumentes repr¨ asentiert. Somit unterscheiden sich LabVIEW und LabWindows/CVI haupts¨achlich in der Programmierphilosophie, also einerseits graphisch, andererseits textbasiert. Welche Programmierphilosophie zum Einsatz kommt, muss aufgrund der gestellten Aufgabe entschieden werden. •
•
Die ereignisgesteuerte, C-basierte Programmierung von LabWindows ist vielen Programmierern und Systementwicklern gel¨aufig. Sie wird bevorzugt eingesetzt, wenn es um hardwarenahes Programmieren, das Ansprechen physikalischer Speicher und das Interrupt-Handling geht. Die Entwicklungszeit von Programmen kann andererseits mit der graphischen Programmierung deutlich verk¨ urzt werden. Mit LabVIEW lassen ¨ sich schnell Prototypen realisieren und Anderungen vornehmen. Diese Vorteile kommen vor allem Anwendern zugute, die erst wenig Erfahrung mit der konventionellen Programmierung gesammelt haben.
19.7 MATLAB Im Gegensatz zu LabVIEW, das urspr¨ unglich f¨ ur die Messdatenerfassung entwickelt und sp¨ater mit vielseitigen Mathematik-Werkzeugen ausger¨ ustet wur-
19.7 MATLAB
697
de, verlief die Entwicklung von MATLAB in umgekehrter Richtung. Urspr¨ unglich f¨ ur mathematische Anwendungen konzipiert, wird das Programm heute auch in der Messdatenerfassung eingesetzt. Das Programmpaket MATLAB wird st¨ andig um neue Module ( Toolbox“) f¨ ur die verschiedensten Anwen” dungen erweitert. Die neuesten Entwicklungen in Richtung Messdatenerfassung sind die Data Acquisition Toolbox und die Instrument Control Toolbox. Tabelle 19.4. MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“ ” 1: start=0.001; % Variablendefinition 2: stop=0.500; 3: z=500; 4: 5: step=(stop-start)/(z-1); 6: voltage=zeros(z,1); %Vektorinitialisierung 7: current=zeros(z,1); 8: 9: g=gpib(’ni’,0,12); % card manufacturer, card number, % instr. number 10: fopen(g) % Verbindung herstellen 11: fprintf(g,’*RST; *CLS;’); % garantiert default-Einstellungen 12: fprintf(g,’:sour:func volt;’); % Spannungsquelle 13: fprintf(g,’:sens:curr:prot 0.1;’); %Strommessung 14: for i=1:z 15: fprintf(g,’:sour:volt:mode fix;’); 16: fprintf(g,’:sour:volt:lev %g;’,(start+step*(i-1))); 17: fprintf(g,’:sour:del 0.1;’); 18: fprintf(g,’:form:elem volt,curr;’); 19: fprintf(g,’:output on;’); 20: fprintf(g,’:init; *OPC;’); 21: fprintf(g,’:fetch?;’); 22: mess=str2num(fscanf(g)); 23: voltage(i)=mess(1); 24: current(i)=mess(2); 25: end 26: 27: fclose(g) 28: 29: semilogy(voltage,current*1e3), grid on 30: xlabel(’U_d (V)’); 31: ylabel(’I_d (mA)’);
Die Data Acquisition Toolbox unterst¨ utzt den Zugriff auf eingebaute Datenerfassungskarten. Man kreiert Objekte, die von MATLAB mit analogen Eing¨ angen, Ausg¨angen und digitalen I/Os auf der Karte assoziiert werden.
698
19 Programmierung von Messdatenerfassungssystemen
Wie bei MATLAB-Objekten u ¨ blich, k¨onnen dann mit den Befehlen GET und SET Eigenschaften der Karte abgefragt und eingestellt werden. Die Instrument Control Toolbox dient der Kommunikation mit externen Ger¨ aten u ¨ ber IEC-Bus (GPIB) und den seriellen Schnittstellen RS232, RS422 und RS485. Leider ist die Toolbox bis dato noch nicht v¨ollig plattformunabh¨ angig, und die volle Funktionalit¨at steht nur unter den WindowsBetriebssystemen zur Verf¨ ugung. Auch diese Toolbox arbeitet mit der MATLAB Objekt-Technologie und ordnet einzelnen Instrumenten Objekte zu. Das Programmierbeispiel in Tab. 19.4 soll die Kommunikation mit einem Instrument u ¨ ber den IEC-Bus (GPIB-Bus) n¨aher verdeutlichen. Es beschreibt die Kennlinienaufnahme eines Zweipols mit einem sogenannten Source-Meter. In diesem Fall wurde ein Keithley 2400 Digital Source-Meter verwendet. Zun¨ achst wird in den Zeilen 1 bis 7 das Spannungsintervall, die Anzahl der Schritte und die Schrittweite bestimmt sowie die Vektoren f¨ ur das Ergebnis initialisiert. In Zeile 9 wird das Objekt g erzeugt, welches das Instrument Nr. 12 am GPIB-Bus 0 repr¨asentiert. Es sei angemerkt, dass ein Rechner u ¨ ber mehrere GPIB-Karten verf¨ ugen kann, weshalb eine genaue Identifizierung der Karte notwendig ist. In Zeile 10 wird das Objekt ge¨offnet, ¨ahnlich wie auch Dateien ge¨ offnet werden m¨ ussen, um Lese- oder Schreiboperationen auszuf¨ uhren. Mit dem fprintf-Befehl werden danach einige Kommandostrings an das Ger¨at geschickt. Das ist zun¨achst das Reset Command *RST und das Clear Status Command *CLS, um das Ger¨at in einen definierten Zustand zu versetzen. In den Zeilen 12 und 13 wird das Ger¨at als Spannungsquelle konfiguriert und f¨ ur die Strommessung eine Strombegrenzung von 0,1 A eingestellt. Danach startet die Schleife f¨ ur den punktweisen Durchlauf der Kennlinie. In Zeile 16 wird der aktuelle Spannungswert berechnet und u ¨bertragen. Der Befehl in Zeile 18 definiert die Ausgabeinformation; so k¨onnte beispielsweise außer Strom und Spannung auch der Widerstand ausgelesen werden. Schließlich wird die Spannung an den Ausgangskontakten des Ger¨ats eingeschaltet und mit dem Befehl fetch? werden die Ergebnisse abgeholt. Mit dem MATLAB-Befehl fscanf werden die Daten aus dem Objekt g in die Variable mess gespeichert und schließlich an die richtige Stelle in den Ergebnisvektoren plaziert. Nach dem Ende der Messungen wird die Verbindung geschlossen und die Kennlinie logarithmisch ausgegeben. Das Resultat ist in Abb. 19.8 zu sehen. Es wurde als Beispiel die Kennlinie einer Diode sowohl in Durchlassrichtung als auch in Sperrichtung aufgezeichnet.
I (mA)
19.7 MATLAB
699
2
10
forward backward
1
10
0
10
−1
10
−2
10
−3
10
−4
10
−5
10
−6
10
−7
10
−8
10
0
0.1
0.2
0.3
0.4
0.5
0.6
0.7 U (V) d
Abb. 19.8. Kennlinien einer Diode in Durchlass- (—) und Sperrichtung (- -), aufgenommen mit dem MATLAB-Programmierbeispiel Kennlinienaufnahme“ ” (Tab. 19.4)
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
Die Hausautomatisierungstechnik bietet die M¨oglichkeit, einige der bisher vorgestellten Technologien anschaulich zu demonstrieren. Eine moderne Hausautomatisierung verlangt den Einsatz verschiedenster Sensoren und Aktoren, deren Werte und Zust¨ande permanent u ussen und deren ¨berwacht werden m¨ ¨ Anderung unterschiedliche Aktionen nach sich zieht. Beispiele f¨ ur Sensoren in der Hausautomatisierung sind Temperatur-, Luftfeuchte-, Einstrahlungs¨ oder Bewegungssensoren. Aktoren stellen Heizungsventile, Motoren zum Offnen der Fenster oder Magnetventile zur Steuerung von Wasserleitungen dar. Da die Hausautomatisierung zum Konsumerbereich z¨ahlt, muss ein Entwicklungsziel die kosteng¨ unstige Implementierung von Sensoren, Aktoren sowie die des Steuerrechners sein. In unserem Beispiel dient eine Industrie-SPS als Controller, wobei die folgenden Vorteile f¨ ur den Einsatz ausschlaggebend sind: • • • • •
bew¨ ahrt im industriellen Umfeld robust preiswert / kosteng¨ unstig - bei entsprechenden St¨ uckzahlen hohe Ausfallsicherheit sehr sicherer Neustart nach Stromausfall.
Der Controller des Hausautomatisierungssystems dient der Bearbeitung diverser Aufgaben. So m¨ ussen zun¨achst die Messwerte der Sensoren und Parameter der Aktoren eingelesen und eventuell umgerechnet werden. Diese Werte werden dann in einzelnen Modulen verarbeitet und entsprechende Aktionen ausgef¨ uhrt. Im Weiteren muss der Controller Kommunikationsaufgaben mit der Außenwelt durchf¨ uhren. Die Kommunikationspartner k¨onnen dabei weitere speicherprogrammierbare Steuerungen oder aber ein Benutzer sein, der unter Verwendung eines geeigneten Bedienprogrammes Parameter des Automatisierungssystems ver¨andern will.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5_20
702
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
20.1 Struktur des Gesamtsystems
Computer mit Internetanschluß Überwachung Diagnose Steuerung World Wide Web
Überwachung Diagnose Steuerung
Sensor 1
Computer
LAN
Web Server
Controller Gateway
Aktor 1
Sensor 2
Aktor2
Sensor 3
Point-to-Point Verbindung
Gateway
Überwachung Diagnose Steuerung Computer
Abb. 20.1. Komponenten des Hausautomatisierungssystems
Die im Folgenden beschriebenen Elemente und Anforderungen sind wesentliche Bestandteile des hier vorgestellten Hausautomatisierungssystems (Abb. 20.1). Dieses Hausautomatisierungssystem wurde am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik der Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg entwickelt. Es hat sich in verschiedenen Feldversuchen bew¨ahrt und wird derzeit in der Praxis getestet [175]. Es enth¨alt folgende zentrale Elemente: • • • • •
SPS als zentraler Controller, der die Kommunikation u ¨ ber das Ethernet unterst¨ utzt verschiedene Sensoren, welche frequenzcodierte Signale mittels einer Zweidrahtleitung an die SPS senden verschiedene Aktoren, die direkt oder mittels pulsweitenmodulierter Signale an die SPS angeschlossen sind Interaktionsm¨oglichkeit des Benutzers u ¨ ber Bedienoberfl¨ache oder physikalische Schaltelemente M¨ oglichkeiten der Fernwartung unter Verwendung eines Routers oder eines Web-Servers.
Abbildung 20.2 zeigt eine im Smart-Home-Bereich eingesetzte Speicherprogrammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [19]. Am linken Rand ist der Controller mit dem Ethernet-Adapter zu erkennen. Zur Rechten folgen digitale Eingangsklemmen mit jeweils 4 Eingangskan¨alen. Es schließen sich 230 VEingangskan¨ale an. Den Abschluss bilden die 230 V-Ausgangsklemmen, welche direkt oder u ¨ ber ein Schutzrelais die Leistungskreise schalten.
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle
703
Abb. 20.2. Speicherprogrammierbare Steuerung der Fa. Beckhoff [19] im Einsatz bei der Geb¨ audeautomatisierung
20.2 Datenerfassung mit frequenzanaloger Schnittstelle Die SPS fungiert als zentraler Controller des Hausautomatisierungssystems. Sie u ¨bernimmt alle wesentlichen Steuerungs- und Regelaufgaben, welche in der jeweiligen Systemkonfiguration ben¨otigt werden. Anschaulich soll dies am Beispiel einer Temperaturregelung erl¨autert werden. Die Temperatur wird von einem Temperaturf¨ uhler gemessen und die gew¨ unschte Raumtemperatur wird vom Benutzer durch einen Sollwertsteller eingestellt. Beide sind auf einer Platine aufgebaut, welche in eine Standard-
(a) Platine mit Temperaturmodul und Sollwertsteller
(b) Einbau in ein Geh¨ ause der Fa. Busch-J¨ ager [28]
Abb. 20.3. Analoges Sensormodul zur Messung der Raumtemperatur und Einstellung des Temperatur-Sollwertes
704
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
Unterputzschalterdose montiert werden kann (Abb. 20.3). Abbildung 20.4 zeigt, dass die Werte der Temperatur sowie die des Sollwertstellers frequenzcodiert (Rechtecksignal mit Frequenz 10 Hz < fR < 100 Hz) u ¨ber eine Zweidrahtleitung zur SPS u ¨ bertragen werden, wobei jeder Sensor an eine digitale Eingangs- und jeder Aktor an eine digitale Ausgangsklemme angeschlossen ist. Durch die Verwendung digitaler Klemmen wird eine erhebliche Kostenersparnis im Vergleich zu analogen Ein- und Ausgangsklemmen erreicht.
Sensorsignal
Sensor
SPS
Aktorsignal
Controller
Aktor
Abb. 20.4. Raumtemperatur-Regelung per SPS
Die Topologie der Sensor- und Aktoranschl¨ usse ist sternf¨ormig, was zwar mehr Verkabelungsaufwand erfordert, aber zu Gunsten der hohen Ausfallsicherheit gegen¨ uber einem ringf¨ormigen Bus in Kauf genommen wird. Die Frequenzen der Rechtecksignale (Sensorsignale) werden durch eine Mehrperiodenfrequenzmessung bestimmt, die ca. 3 Sekunden dauert und so eine Genauigkeit von 0,1 Hz im spezifizierten Frequenzbereich erreicht. Um die Frequenzmessung nicht zu verf¨alschen, d¨ urfen maximal sechs Frequenzen zum gleichen Zeitpunkt gemessen werden, daher sind in der Regel mehrere Frequenzbestimmungsbl¨ocke im jeweiligen SPS-Applikationsprogramm n¨otig. Die hieraus resultierende Struktur des SPS-Programmes entspricht einer Ablaufsteuerung (s. Kap. 17). Dies bedeutet, dass bevor das SPS-Programm einen weiteren Schritt ausf¨ uhren kann, erst eine Transitionsbedingung erf¨ ullt werden muss. Im Fall der Frequenzmessung muss gewartet werden, bis alle Frequenzen bestimmt sind, bevor der n¨achste Programmschritt ausgef¨ uhrt werden kann. Da die Frequenz-Temperatur-Kurve der Temperaturmodule bekannt ist, k¨ onnen die Temperaturen der einzelnen Sensoren aus den jeweiligen Frequenzwerten bestimmt werden. Sind alle Frequenzen bzw. Sensorwerte gemessen worden, so wird das n¨achste Programm der Ablaufsteuerung ausgef¨ uhrt, welches in diesem Beispiel den Algorithmus f¨ ur die Raumtemperaturregelung enth¨ alt. Dieser Regelalgorithmus implementiert einen Zweipunktregler, der einen Radiator ein- bzw. ausschaltet, wenn die Raumtemperatur bestimmte vorgegebene Schwellwerte unter- bzw. u ¨berschreitet. Der Temperatur-Sollwert soll dabei nicht nur durch den Sollwertsteller sondern auch durch ein programmierbares Tag-/Nachtprogramm oder einen vom Benutzer via Applikationsprogramm vorgegebenen Wert einstellbar sein. Abgesehen vom Temperatursollwert des Sollwertstellers k¨onnen diese unter Verwendung des sp¨ater vorgestellten Benutzerinterfaces parametriert werden.
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle
705
20.3 Datenerfassung mit digitaler Schnittstelle Der Nachteil des frequenzanalogen Auslesens der Sensoren besteht im wesentlichen in dem limitierten Informationsgehalt des Sensorsignales. Aus diesem Grund wurde eine neue, universell verwendbare Sensorschnittstelle mit digitaler Auslesung konzipiert. Dabei wurden alle Vorz¨ uge der analogen Schnittstelle aus dem vorigen Abschnitt beibehalten.
Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit)
Sensorschaltung 5V
Diode
BrückenGleichrichter
0V
verpolsichere Zweidrahtleitung
Strombegrenzer max. 10 mA
Schalter
Mikrocontroller
+24V
Controller Eingangs- DI Klemme
Temperatursensor
ReferenzStromQuelle
Display 24
Sollwerttaster
Abb. 20.5. Struktur des digitalen SPS-Sensorinterfaces
Das Sensormodul, das wiederum u ¨ ber eine einfache und verpolsichere Zweidrahtleitung an die digitale Eingangsklemme jeder handels¨ ublichen SPS angeschlossen werden kann, gliedert sich in zwei Teilschaltungen (Abb. 20.5). Die Eingangsschaltung (Stromversorgungseinheit) gleicht der der analogen Sensorschnittstelle. Sie ist unabh¨angig von dem Interface, das die Sensorsignale digitalisiert und diese digital codierten Abtastwerte in Form eines seriellen
Abb. 20.6. Vergleich von frequenzanalogem und digitalem Sensorsignal
706
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
digitalen Wortes auf die Zweidrahtleitung gibt. In Abb. 20.6 werden die Signale von analogen und digitalen Sensorinterfaces miteinander verglichen. Abschließend sei erw¨ahnt, dass die mittlerweile in umfangreicher Weise durchgef¨ uhrten Praxistests die hohe Genauigkeit des Sensorinterfaces sowie die große Zuverl¨assigkeit der Gesamtschaltung unter Beweis gestellt haben. Abbildung 20.7 zeigt den entsprechenden digitalen Temperatur-FeuchteSensor. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt durch Tastendruck in 0, 5 ◦C-Schritten. Er l¨asst sich in die handels¨ ublichen UnterputzInstallationsdosen einbauen.
(a) Platine mit Display
(b) Einbau in ein Geh¨ ause der Fa. Busch-J¨ ager [28]
Abb. 20.7. Digitales Sensormodul zur Messung von Luftfeuchte, Helligkeit sowie der Raumtemperatur. Die Einstellung des Temperatur-Sollwertes erfolgt per Tastendruck in 0, 5 ◦ C-Schritten. Das Modul ist f¨ ur den Einbau in die handels¨ ublichen Unterputz-Installationsdosen vorgesehen.
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle Speziell in der Geb¨audeautomatisierung, insbesondere bei Altbauten, besteht das Problem der nachtr¨aglichen Verkabelung. Der Aufwand f¨ ur eine ordnungsgem¨ aße Unterputzinstallation ist zum Teil betr¨achtlich und f¨ uhrt in vielen F¨ allen dazu, dass von solchen Vorhaben wieder Abstand genommen wird. Die an sich notwendige aufwendige Verkabelung kann nur mit Hilfe von entsprechenden Funkinterfaces umgangen werden. Die heute kommerziell erh¨altlichen Funkinterfaces arbeiten meist batteriebetrieben, was h¨aufig zu Problemen f¨ uhrt (hohe Kosten f¨ ur Batterien, kein wirklich zuverl¨assiger Dauerbetrieb aufgrund von Batterieversagen). Um einen kontinuierlichen und zuverl¨assigen Betrieb ohne Batteriewechsel zu erm¨oglichen, wurde am Lehrstuhl f¨ ur Sensorik der Universit¨at Erlangen-N¨ urnberg [103] ein energieautarkes digitales SPS-Sensorinterface entwickelt. Dieses Sensorinterface wird von einer handels¨ ublichen Solarzelle gespeist, deren Energie gespeichert wird, so dass der Betrieb auch w¨ahrend l¨angerer Dunkelphasen gew¨ahrleistet ist.
20.4 Datenerfassung mit energieautarker digitaler Funkschnittstelle
707
Das Sensorinterface weist folgende Merkmale auf: • • • • • • • •
Microcontroller-gesteuert intelligentes und programmierbares Energiemanagement verwendbar in Verbindung mit handels¨ ublichen Solarzellen Anschl¨ usse f¨ ur DLC (Double Layer Capacitor), welche der Energiespeicherung dienen universelle Schnittstelle f¨ ur analoge Sensoren (analoge und digitale Eing¨ ange sowie digitale Ausg¨ange) Graphisches LCD-Display f¨ ur Online-Datenanzeige sowie f¨ ur einfache Bedienoberfl¨ache (s. Abb. 20.11) HF-Transponder f¨ ur 433 MHz bzw. 868 MHz von Remotestation aus bedien- und parametrierbar.
bidirektionales Funkmodul Energiespeicher
RS422/RS485
Basis
interface Sensor-module User BenutzerSensormodul oberfläche
Energiequelle Sensoren
Autarke Messeinheit
Abb. 20.8. Struktur des energieautarken digitalen Funkinterfaces
Abbildung 20.8 zeigt die prinzipielle Struktur des Sensorinterfaces. Die Anbindung der Basisstation an einen PC bzw. eine SPS erfolgt u ¨ ber eine handels¨ ubliche RS422/RS485-Schnittstelle (Abb. 20.9). Die Messdaten k¨onnen mit Hilfe des Programms LabVIEW (s. Kap. 19.5) aufgezeichnet und dargestellt werden. Bei den Solarzellen handelt es sich um Solarzellen f¨ ur Innenr¨aume. F¨ ur eine typische Beleuchtungsst¨arke zwischen 200 und 1000 lx wurden 8 Zellen in Serie geschaltet, so dass die abgegebene Spannung im optimalen Betriebspunkt (Maximum Power Point) zwischen 3,4 und 3, 8 V liegt. Mit Hilfe einer Regelschaltung, die aus einem sog. Synchron-Buck-Konverter und einer R¨ uck-
708
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home) SPS 1
RS422/RS485 / 24VDC
Basis
Schnittstellenwandler RS422/RS485 nach digital
SPS 2
Schnittstellenwandler RS422/RS485 nach USB
Messrechner
weitere RS422/RS485-Busteilnehmer
24V-Netzteil
Abb. 20.9. Anbindungsvarianten der Funkbasisstation u ¨ ber eine serielle RS422/RS485-Schnittstelle
koppelschaltung besteht, wird schließlich eine stabile Ausgangsspannung von 3, 6 V erzeugt. In Verbindung mit einem microcontroller-gesteuerten Boost-Konverter ist ¨ schließlich die Uberbr¨ uckung l¨angerer Dunkelphasen m¨oglich. Abbildung 20.10 zeigt den Spannungsabfall am DLC als Funktion der Dunkelzeit in Abh¨angigkeit der Sendeh¨aufigkeit. In Abb. 20.11 ist das komplette energieautarke Sensor-Funkinterface mit Solarzellenpanel zu sehen.
Abb. 20.10. Spannung am energiespeichernden DLC-Kondensator u ¨ ber der Dunkelzeit
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung
709
Abb. 20.11. Solar-Funk-Sensor [103]
20.5 Lokale und weltweite Vernetzung Der Aspekt der Vernetzung betrifft an dieser Stelle nicht das Messsystem an sich, da die Sensoren und Aktoren direkt an den Controller angeschlossen sind. Es w¨ are allerdings eine L¨osung denkbar, bei der mehrere Controller die Sensorwerte aufnehmen und diese sich dann untereinander abstimmen bzw. synchronisieren. Im Folgenden wird vielmehr auf die Vernetzung des Controllers mit Computern an unterschiedlichen Standorten eingegangen. 20.5.1 LAN - lokales Netzwerk Befindet sich der Benutzer in seinem Heim, so kann er unter Verwendung eines Computers die Parameter des Hausautomatisierungssystems einstellen. Hierzu wird das in dem jeweiligen Haus vorzufindende bzw. zu installierende LAN (alternativ: WLAN) benutzt, an welches der Controller sowie der verwendete Computer angeschlossen sein m¨ ussen. Der SPS wird zu diesem Zwecke eine feste IP-Adresse zugewiesen, u ¨ ber welche fortan mit der Steuerung kommuniziert werden kann. Mittels des MODBUS/TCP-Protokolls [118] k¨ onnen die Parameter zwischen dem Controller und dem Computer unter Verwendung einer geeigneten Applikation abgerufen, kontrolliert und gesetzt werden. Abbildung 20.12 zeigt eine Visual-Basic-Applikation, welche die Parametrierung des vorgestellten Hausautomatisierungssystems erlaubt. Gem¨aß Abb. 20.1 wird diese Parametrierung durch den zentralen Steuerrechner (PC) innerhalb des Hauses vorgenommen. F¨ ur alle weiteren Vernetzungsarten nach extern wird das ebenfalls in Abb. 20.1 gezeigte Gateway ben¨otigt.
710
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
¨ Abb. 20.12. Hauptmenue des Benutzerinterfaces zur Parametrierung und Uberwachung des SPS-gesteuerten Hausautomatisierungssystems
20.5.2 Standort¨ ubergreifende Vernetzung Ein Gateway (i.d.R. ein Router) dient als Schnittstelle des Hausautomatisierungssystems bzw. des lokalen Netzes (LAN) zur Außenwelt. Es erlaubt, eingehende Verbindungen oder abgehende Verbindungen aufzubauen. Im Fall der standort¨ ubergreifenden Vernetzung wird angenommen, dass ein Benutzer von einem beliebigen Punkt der Erde aus eine Point-to-Point-Verbindung zu dem Gateway des Hauses aufbaut. Dies geschieht mit einem Modem, wobei auf Seiten des Benutzers in diesem Fall eine Routerfunktionalit¨at nicht zwingend ben¨ otigt wird. Der Bezug dieser Vernetzungsart zum ISO-Schichtmodell ist in Abb. 20.13 dargestellt. Es werden auf Seiten des Computers und des Controllers die Schichten 1 bis 4 und 7 verwendet, die Router verwenden dagegen nur die Schichten 1 bis 3. Diese M¨ oglichkeit der Parametrierung des Hausautomatisierungssystems setzt analog zum vorherigen Fall eine Software voraus, welche eine Kommunikation mit dem Controller erm¨oglicht.
20.6 Software 7 4 3 2 1
Anwendung TCP IP Ethernet physikal.
OSI Schicht
IP Eth. ISDN phys. phys.
Point-to-Point
LAN Computer
IP ISDN Eth. phys. phys.
Gateway
Gateway
711
Anwendung TCP IP Ethernet physikal.
LAN
Controller
Abb. 20.13. Bezug der Daten¨ ubertragung zum ISO-Schichtenmodell
20.5.3 Weltweite Vernetzung In Abb. 20.1 ist die Verwendung eines Web-Servers skizziert, der bei Bedarf eine Point-to-Point-Verbindung zu dem betrachteten Haus aufbaut. Hiermit kann eine weltweit verf¨ ugbare Parametrierm¨oglichkeit des Hausautomatisierungssystems geschaffen werden. Der Benutzer muss sich, um Zugriff auf die Daten seines Hauses zu erlangen, an einem Server anmelden. Auf diesem wird eine Applikation ausgef¨ uhrt, welche die Authentifizierung des Benutzers sowie den Datentransfer vom Controller zum Server bzw. vom Server zu demjenigen Computer durchf¨ uhrt, an welchem der Anwender sich gerade befindet.
20.6 Software Einige Parameter des Hausautomatisierungsmoduls k¨onnen von einem Systemadministrator ver¨andert werden. Dazu wird mit dem Controller unter Verwendung einer geeigneten Anwendung kommuniziert, und die Werte der Parameter werden aus der SPS ausgelesen bzw. die neu gesetzten Werte in die SPS geschrieben. Eine Programmoberfl¨ ache, die der geschilderten Parametrierung dient, ist in Abb. 20.12 zu sehen, wobei hier die Einstellung diverser Temperatursollwerte einer Raumtemperaturregelung dargestellt ist. Die Kommunikation erfolgt mittels MODBUS/TCP-Protokoll [118], da dieses von der hier verwendeten SPS unterst¨ utzt wird. Eine weitere elegante M¨oglichkeit der Parametrierung stellt die WebApplikation in Abb. 20.14 dar. Der Web-Server dient dabei als Informationszentrale, die die Parameter aus der SPS ausliest, speichert und dem Benutzer ¨ zur Bearbeitung u die der Benutzer durchf¨ uhrt, werden ¨bergibt. Anderungen, in einem Abbild der Parameter, welches der Web-Server verwaltet, gespei¨ chert. Sind alle Anderungen durchgef¨ uhrt, werden die Parameter wieder in die SPS transferiert, und dem Benutzer werden die ver¨anderten Parameter angezeigt. Es ist auch denkbar, diese Anwendung auf einem Web-Server zu implementieren, der in dem betreffenden Haus installiert ist. Diese L¨osung ist jedoch
712
20 Geb¨ audeautomatisierung (Smart Home)
Abb. 20.14. Web-Applikation des Hausautomatisierungssystems; hier: Parametrierung des Moduls zur Einstellung eines Kaltwasser-Magnetventils
erst dann sinnvoll, wenn das Hausautomatisierungssystem permanent mit dem Internet verbunden ist, da sonst die Kosten f¨ ur eine solche Datenverbindung zu hoch w¨ aren. Wenn in Zukunft Haushalte fest mit dem Internet verbunden sind, w¨ are dies die ideale L¨osung zur Parametrierung und Beobachtung des Hausautomatisierungssystems. Allerdings m¨ usste dann der Sicherheitsaspekt mehr in den Vordergrund r¨ ucken, denn ein System, welches permanent Dritten zug¨ anglich ist, muss in besonderer Weise vor unbefugtem Zugriff gesch¨ utzt werden. Mit dem in Abschnitt 17.2.1 beschriebenen SPS-Controller vereinfacht sich die Anbindung an das World Wide Web sehr, da in seiner Firmware bereits ein
20.6 Software
713
Webserver implementiert ist. Er ist also mit Hilfe von Standard-Webbrowsern direkt u ¨ber das Internet ansprechbar. Die Bedienoberfl¨ache des Smart-HomeSystems wird nun nicht mehr in Visual Basic programmiert (Abb. 20.12) sondern dynamisch mittels Java-Sript-Applets erzeugt. Abbildung 20.15 zeigt eine solche Bedienoberfl¨ache, die sich wiederum unmittelbar mit einem Webbrowser darstellen und bedienen l¨asst.
Abb. 20.15. Web-Seite des Hausautomatisierungssystems auf der Basis eines in den SPS-Controller integrierten Webservers. Die graphische Darstellung und die Bedienung kann mit einem beliebigen Webbrowser erfolgen.
Literaturverzeichnis
1. Abramowitz, M.; Stegun, I. A. (Eds.): Handbook of Mathematical Functions. New York: Dover Publications 1965. 2. Homepage der Fa. Agilent Technologies, www.agilent.com. 3. Agilent - Fundamentals of RF and Microwave Noise Figure Measurements; Application Note 57-1 4. Albach, M.: Grundlagen der Elektrotechnik 1. M¨ unchen: Pearson-Verlag, 2004 5. Homepage des AMA-Fachverbands f¨ ur Sensorik e.V.: www.ama-sensorik.de (“PrimSens-Empfehlung”, Datenblatt). 6. Datasheet AD 8307 der Fa. Analog Devices, Low Cost, DC to 500 MHz, 92 dB Logarithmic Amplifier 7. Datasheet IC AD8362 der Fa. Analog Devices, 50 Hz to 3.8 Ghz 65 dB TruPwr Detektor 8. Datasheet AD8363 der Fa. Analog Devices, 50 Hz to 6 GHz 50 dB TruPwr Detektor 9. Datasheet ADE7752 der Fa. Analog Devices 10. Datasheet ADE7763 der Fa. Analog Devices 11. ANSI/IEEE Std. 488: IEEE Standard Digital Interface for Programmable Instrumentation. New York: Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) 1978. 12. Anwender, H.; Sann, K: Der Quarz in der Hochfrequenztechnik. In: Handbuch f¨ ur Hochfrequenz- u. Elektrotechniker, Bd. II. Berlin-Borsigwalde: Verlag f¨ ur Radio-Foto-Kinotechnik 1953, S. 160 - 226. 13. Armutat, A.: New Test Sequencing Instruments Lower cost of Test for Device Manufacturers, Keithley-Firmenschrift, www.keithley.com/data?asset=50024 14. Axelson, J.: USB complete. Madison: Lakeview Research 2009. 15. Badach, A.; Hoffmann, E.: Technik der IP-Netze. M¨ unchen: Carl Hanser Verlag, 2001. 16. Baginski, A.; M¨ uller, M.: Interbus. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1998. 17. Bauch, A.: Realized and Planned Improvements of The PTB’s Primary Cesium Clock. Proc. IEEE Conf. on Precision Electromagnetic Measurement - PEM 1990, June 11-14, Ottawa, S. 10. ¨ 18. Bauch, A.; Fischer, B.: Zeit- und Frequenznormale: Eine Ubersicht. In: Funkuhren, Zeitsignale, Normalfrequenzen. Hrsg.: W. Hilberg. Groß-Bieberau: Verlag Sprache und Technik 1993.
© Springer-Verlag Berlin Heidelberg 2016 R. Lerch, Elektrische Messtechnik, DOI 10.1007/978-3-662-46941-5
716
Literaturverzeichnis
19. Homepage der Fa. Beckhoff, www.beckhoff.de 20. Beneking, H.: Praxis des elektronischen Rauschens. Mannheim, Wien, Z¨ urich: Bibliograph. Inst. 1971. 21. Bergmann, K.: Elektrische Meßtechnik. 5. Aufl. Braunschweig: Vieweg 1993. 22. Best, R.: Digitale Meßwertverarbeitung. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1991. 23. Borst, W.: Der Feldbus in der Maschinen- und Anlagentechnik. M¨ unchen: Franzis-Verlag 1992. 24. Borowka, P.: Netzwerk Topologien. Bonn: mitp-Verlag 2002. 25. Bosse, G.: Grundlagen der Elektrotechnik IV. Mannheim: Bibliograph. Inst. 1992. 26. Brechmann, G.; Dzieia, W.; H¨ ornemann, E.; H¨ ubscher, H.; Jagla, D.; Petersen, H.-J.: Elektrotechnik Tabellen Kommunikationselektronik. 3. Aufl. Braunschweig: Westermann Schulbuchverlag GmbH 2001 27. B¨ using, A.; Meyer, H.: INTERBUS-Praxisbuch. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2002. 28. Homepage der Fa. Busch-J¨ ager Elektro GmbH, www.busch-jaeger.de. 29. Buted, R. R.: Zero Bias Detector Diodes for the RF/ID market, Hewlett-Packard Journal, p. 94-98, Dezember 1995. 30. Cady, W. G.: Piezoelectricity. New York, London: McGraw-Hill 1946. 31. Candy, J. C.; Gabor, C. T.:Oversampling Delta-Sigma Data Converters. New York: IEEE Press 1992. 32. Homepage von Capital Equipment Corporation, www.cec488.com. 33. Carobbi, C. F. M.; Millanta, L. M.: Circuit Loading in Radio-Frequency Current Measurements: The Insertion Impedance of the Transformer Probes, IEEE Transactions on Instrumentation and Measurement, (59)1, S. 200-204, 2010. 34. CGPM Resolution 1, 2014, http://www.bipm.org/en/cgpm-2014. 35. CCU, New SI, Draft of 9th edition of SI Brochure, issued Dec. 11 2015, http://wwwbipm.org/en/measurement-units/new si. 36. Homepage von CoDeSys, www.3s-software.com. 37. DAGO-Anwenderhandbuch zur Meßdatenerfassung: DAGO-Messen. Aachen: GfS 1992. 38. Homepage der Fa. DataTranslation, www.datatranslation.de 39. Dembowski, K.: PC-gesteuerte Meßtechnik. M¨ unchen: Verlag Markt & Technik 1983. 40. DIA-Anwendungshandbuch zur Meßdatenauswertung: DIA-Einf¨ uhrung, DIAGrafik, DIA-Datenanalyse. Aachen: GfS 1992. 41. Dietrich, D.; Kastner, W.; Sauter, T.: EIB-Geb¨ ausebussystem. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2000. 42. Dietrich, D.; Loy, D.; Schweinzer, H.J.: LON-Technologie. Verteilte Systeme in der Anwendung. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1999. 43. DIN 40700: Schaltzeichen, Digitale Informationsverarbeitung. Berlin, K¨ oln: Beuth-Verlag 1976. 44. DIN IEC625: Berlin, K¨ oln: Beuth-Verlag 1977. 45. Dirschmid, H. J.: Mathematische Grundlagen der Elektrotechnik. Braunschweig: Vieweg 1990. 46. Doetsch, G.: Anleitung zum praktischen Gebrauch der Laplace-Transformation und der z-Transformation. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1985. 47. Eberhardt, U.; Hildebrandt, G.; Kelm, H. J.: USB. Universal Serial Bus. Haar: Franzis Verlag GmbH 1999.
Literaturverzeichnis
717
48. Homepage von Enocean, www.enocean.de. 49. Homepage der Europ¨ aischen Raumfahrtbeh¨ orde ESA, www.esa.int. 50. Homepage der Fa. ETS Lindgren, www.ets-lindgren.com, Produktinformation zu Current Probe, Model 94106-1 51. Homepage von Dynalog (India) Limited, www.dynalogindia.com. 52. EtherCAT Technology Group:“EtherCAT - der Ethernet-Feldbus“, www.ethercat.org, ETG-Zentrale, Ostendstraße 196, 90482 N¨ urnberg. 53. Homepage von Eutelsat, www.eutelsat.de. 54. F¨ arber, G.: Bussysteme. 2. Aufl. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1987. 55. F¨ arber, G.: Prozeßrechentechnik. 3. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1994. 56. Galileo wird ¨ uberraschend billiger Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. 11, 22.06.2011 57. Felderhoff, R.: Elektrische und elektronische Meßtechnik. 5. Aufl. M¨ unchen: Carl Hanser Verlag 1990. 58. Feldtkeller, E.: Dielektrische und magnetische Materialeigenschaften. Hochschultaschenb¨ ucher Band 485 und Band 488. Mannheim: Bibliograph. Inst. 1973. 59. Homepage von Fluke, www.fluke.com. 60. Friis, H. T.: Noise Figure of Radioreceivers. Proc. IRE 32 (1944), S. 419-423. 61. Frohne, H.; Ueckert, E.: Grundlagen der elektrischen Meßtechnik. Stuttgart: B.G. Teubner 1984. 62. Furrer, F. J.; Ay, H.: BITBUS. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1994. 63. Homepage der Fa. gbm Gesellschaft f¨ ur Bildanalyse und Messwerterfassung mbH (GMB), www.gbm.de. 64. Gilbert, E. N.; Pollak, H. O.: Amplitude Distribution of Shot Noise. B.S.T.I. (1960) M¨ arz, S. 333-350. 65. Ginetti, B.: A CMOS 13 bit Cyclic RSD A/D Converter, IEEE Journal of Solid State Circuits, (1992) S. 957. 66. Girod, B.; Rabenstein R.; Stenger A.: Einf¨ uhrung in die Systemtheorie. Stuttgart: B.G. Teubner 1997. 67. Goebel, E. O.: Kleine Einf¨ uhrung in das Internationale Einheitensystem. PTBMitteilungen 122 (2012) Heft 1 (ISSN 0030-834X). 68. Graf, U.; Henning, H.-J.; Stange, K.; Wilrich, P.-T.: Formeln und Tabellen der angewandten mathematischen Statistik. Berlin, Heidelberg: Springer Verlag, 1987. 69. Gr¨ otsch, E.: SPS1 - Speicherprogrammierbare Steuerungen. 4. Aufl. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 2000. 70. Gr¨ otsch, E.; Seubert L.: SPS2 - Speicherprogrammierbare Steuerungen. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1997. 71. Haeckelmann, H.; Petzold, H. J.; Strahinger, S.:Kommunikationssysteme. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2000. 72. H¨ ansler, E.: Statistische Signale. 2. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1997. 73. Hagne, B.: Alternating Current Bridge Methods. London: Pitman 1962. 74. Haitz, R. H.: Noise of a Self-Sustaining Avalanche Discharge in Silicon: LowFrequency Noise Studies. Journal of Applied Physics 38 (1967), Nr. 7, S. 29352946. 75. Haitz, R. H.; Voltmer, F. W.: Noise of a Self-Sustaining Avalanche Discharge in Silicon: Studies at Microwave Frequencies. Journal of Applied Physics 39 (1968), Nr. 7, S. 3379-3384.
718
Literaturverzeichnis
76. Harris Semiconductor: HI5800-12 Bit, 3 MSPS A/D Converter. Application Note, Melbourne (Florida): Harris Semiconductor Corp., 1992. 77. Hart, H.: Einf¨ uhrung in die Meßtechnik. Berlin: VEB-Verlag Technik 1989. 78. Hartwich, F.: CAN with Flexible Data-Rate. Hambach: 13th International CAN Conference 2012. 79. Hein, W.: Pfadfinder im Bus-Dschungel. industrie-elektrik+elektronik 40 (1995), Nr. 9, S. 16-18. 80. Heuberger, A.: Mikromechanik. Mikrofertigung mit Methoden der Halbleitertechnologie. Berlin: Springer-Verlag 1991. 81. Hetzel, P.: Informationen zum Zeitsignal- und Normalfrequenzsender DCF77. In: Funkuhren, Zeitsignale, Normalfrequenzen. Hrsg.: W. Hilberg. GroßBieberau: Verlag Sprache und Technik 1993. 82. I2C-Bus angewandt - Chips und Schaltungen. Aachen: Elektor-Verlag 2002. 83. IEEE Std. 488.2: IEEE Standard Codes, Formats, Protocols and Common Commands for Use with ANSI/IEEE Std. 488. New York: Institute of Electrical and Electronics Engineers (IEEE) 1987. 84. PDF-File mit Informationen zum IEEE-1588 Standard, www.ieee1588.nist.gov/PTTI draft final.pdf. 85. kostenpflichtige Downloadm¨ oglichkeit von IEEE-Standards, http://webstore.ansi.org. 86. ISO-Norm 9314. 87. Jamal, R.; Hamp, C.:Welcher Bus ist optimal. Elektronik, 11/06, WEKAVerlag, 2006. 88. Karki, J.: Fully differential amplifiers. Texas Instruments - Analog Applications Journal, August 2000, S. 38-41. 89. Karki, J.: Fully differential amplifiers applications: Line termination, driving high-speed ADCs, and differential transmission lines. Texas Instruments - Analog Applications Journal, February 2001, S. 32-37. 90. Kastner, W.: Skript zur Vorlesung Feldbussysteme. TU Wien, Institut f¨ ur Rechnergest¨ utzte Automation. 91. Homepage der Fa. Keithley, www.keithley.com bzw. www.keithley.de 92. Kiencke, U.; Eger, R.: Messtechnik. 6. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2004. 93. Klein, J.; Dullenkopf, P.; Glasmachers A.: Elektronische Meßtechnik. Stuttgart: B.G. Teubner 1992. 94. Krempel, J.:A new spectrometer to measure the molar Planck constant Dissertation. Ludwig-Maximilians-Universit¨ at (LMU) M¨ unchen, 2010 95. Kreyszig, E.:Statistische Methoden und ihre Anwendungen, 7. Aufl., G¨ ottingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 1979 (Nachdruck 1982). 96. Kriesel, W.; Heimbold, T.; Telschow, D.:Bustechnologien f¨ ur die Automation. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2000. 97. Kriesel, W.; Madelung, O.W. (Hrsg.):ASI - Das Aktuator-Sensor-Interface f¨ ur die Automation. M¨ unchen, Wien: Carl Hanser Verlag 1994. 98. Homepage von K&S elektronic, Produktinformation ipEther232, www.kselektronic.de/new ks/ipether/ipether.pdf. 2004. 99. Lawrenz, W.: CAN - Controller Area Network. 4. Aufl. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2000. 100. Homepage der Fa. LeCroy, www.lecroy.de, Produktinformation zu CP031 30 A, 100 MHz Current Probe
Literaturverzeichnis
719
101. Leibfried, O.: Kompakte temperaturstabilisierte Quarzoszillatoren (OCXO) mit interner DCF-77-Synchronisation. In: Funkuhren, Zeitsignale, Normalfrequenzen. Hrsg.: W, Hilberg. Groß-Bieberau: Verlag Sprache und Technik 1993. 102. Lerch, R.; Kaltenbacher, M.; Lindinger, F.; Sutor, A.: Elektrische Messtechnik. ¨ Ubungsbuch. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2004. 103. Homepage des Lehrstuhls f¨ ur Sensorik, Universit¨ at Erlangen-N¨ urnberg, www.lse.uni-erlangen.de. 104. Homepage des Firmenkonsortiums zur Einf¨ uhrung des LXI-Standards, www.lxistandard.org 105. L¨ uke, H. D.: Signal¨ ubertragung. 2. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1979. 106. Mangler, A.: Multibit-Delta-Sigma-AD-Wandler. elektronik industrie 4 (1994), S. 54-61. 107. Mason, W. P.: Electrical Wave Filters employing Quartz Crystals as Elements. Bell Syst. Techn. J. 13 (1934), S. 405-452. 108. Mason, W. P.: Piezoelectric Crystals and Their Application to Ultrasonics. New York: van Nostrand 1947. 109. Mason, W. P.: Electromechanical Transducers and Wave Filters. New York: van Nostrand 1948. 110. Homepage der Fa. Meilhaus Electronic, www.meilhaus.com. 111. Meinke, H.; Gundlach, F. W.: Taschenbuch der Hochfrequenztechnik. Hrsg.: K. Lange, K. L¨ ocherer, 5. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1992. 112. Merz, H.;Hansemann,T.;H¨ ubner, C: Geb¨ audeautomation Kommunikationssysteme mit EIB/KNX, LON und BACnet. M¨ unchen: Carl Hanser Verlag GmbH & Co KG. 2009. 113. Meyer, G.: Oszilloskope. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1989. 114. Meyer, W.: KNX/EIB Engineering Tool Software. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2015. 115. Homepage der Fa. Microsoft, www.microsoft.com/windows2000/docs/VPNoverview.doc. 116. Mills, I. M.; Mohr, P. J.; Quinn, T. J.; Taylor, B. N.;Williams, E. R.:Redefinition of the kilogram: a decision whose time has come. Metrologia 42 7180, 2005 ¨ 28 (1974), Nr. 117. M¨ uller, O.: A formula for 1/f -flickernoise in pn junctions. AEU 10, S. 429-432. 118. Homepage von The Modbus Organization, www.modbus.org. 119. Monien, G.: Die Beeinflussung der Meßabweichung von Feldsonden und Stromzangen durch reale Umgebungsbedingungen, Dissertation der Technischen Universit¨ at Hamburg-Harburg, 2003. 120. National Instruments: IEEE488 and VXIbus Control, Data Acquisition, and Analysis. Austin (Texas): National Instruments Handbook 1994. 121. National Instruments: MXIbus, Multisystem Extension Interface Bus Specification. Austin (Texas): National Instruments Corp. 1991. 122. Homepage der Fa. National Instruments, www.ni.com. 123. National Semiconductor: ADC 16071/ ADC 16471 16-Bit Delta-Sigma 192 ks/s Analog-to-Digital-Converter. Application Note TL/H/11454, F¨ urstenfeldbruck: National Semiconductor GmbH, 1994. 124. Homepage der Fa. Naval Technology, www.naval-technology.com. 125. Neumann, P.; Gr¨ otsch, E.; Lubkoll, C.; Simon, R.:SPS-Standard: IEC 61131. 3. Aufl. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 2000.
720
Literaturverzeichnis
126. Homepage des National Institute of Standards NIST, www.boulder.nist.gov/timefreq 127. Nollau, V.:Statistische Analysen, 2. Aufl. Basel, Stuttgart: Birkh¨ auser-Verlag 1979, S. 58ff. 128. Norsworthy, S. R.; Schreier, R.; Temes G. C.: Delta-Sigma Data Converters. New York: IEEE Press, 1996. 129. Homepage der Fa. North Building Technologies, www.northbt.com. 130. Obermann, K.; Horneffer, M.: Datennetztechnologien f¨ ur Next Generation Networks. Wiesbaden: Springer Verlag 2013. 131. Ohl, H.-P.: Egnos hilft GPS auf die Spr¨ unge. Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. T6, 15.06.2010. 132. Homepage des openVPN Projektes, www.openvpn.net. 133. Oppenheim, A.; Schafer, R.: Zeitdiskrete Signalverarbeitung. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1992. 134. Oppitz, C.: AD-Wandleransteuerung leicht gemacht. Elektronik Industrie (9) 2000, S. 24-27. 135. Papoulis, A.: Signal Analysis. New York, London: McGraw-Hill 1984. 136. Patzelt, H.; F¨ urst, H.: Elektrische Meßtechnik. 2. Aufl. Wien: Springer-Verlag 1996. 137. Homepage der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, www.ptb.de 138. Homepage der Fa. PCI-SIG, www.pcisig.com/specifications/pciexpress/ 139. Philippov, E.: Grundlagen der Elektrotechnik. 9. Aufl. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1989. 140. Philippov, E.: Nichtlineare Elektrotechnik. 2. Aufl. Leipzig: Akademische Verlagsgesellschaft Geest & Portig K.-G. 1971. 141. Homepage der Fa. Pico Technology, www.picotech.com 142. Pinkowitz, D. C.: Zwei-Schritt-Umsetzung steigert AD-Umsetzer-Geschwindigkeit. Elektronik Entwicklung (1987), Nr. 3, S. 36 - 41. 143. Hompage der Fa. qube solutions, www.pixtend.de 144. Platon: Der Staat. Hrsg.: K. Vretska. Stuttgart: Reclam 1982, S. 442-443. 145. Popp, M.: PROFIBUS-DP/DPV1. 2. Aufl. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 2000. 146. Preuß, L.; Musa, H.: Computerschnittstellen. M¨ unchen: Carl Hanser Verlag 1991. 147. Profos, P.: Einf¨ uhrung in die Systemdynamik. Stuttgart: B.G. Teubner 1982. 148. Profos, P.: Meßfehler. Stuttgart: B.G. Teubner 1984. 149. Profos, P.; Pfeifer, T.: Grundlagen der Meßtechnik. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1997. 150. Profos, P.; Pfeifer, T.: Handbuch der industriellen Meßtechnik. 6. Aufl. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1992. 151. Rabenstein, R.: Skript zur Vorlesung Systemtheorie. Universit¨ at ErlangenN¨ urnberg, Lehrstuhl f¨ ur Multimediakommunikation und Signalverarbeitung. 152. Rausch, M.: FlexRay: Grundlagen, Funktionsweise, Anwendung. Carl Hanser Verlag GmbH & Co. KG 2007. 153. Regtein, P. P. L.; Trimp, P. J.: Dynamic Calibration of Sensors Using EEPROMs. Sensors and Actuators A 21 - A 23 (1990), S. 615-618. 154. Homepage der Fa. Rohde & Schwarz, www.rohde-schwarz.de 155. Rohde & Schwarz, M¨ unchen: Brosch¨ ure Spannungs- und Leistungsmesstechnik - Grundlagen, Begriffe, Produkte 156. Rohde & Schwarz, M¨ unchen: Datenblatt R&S NRP-Z51 Thermal Power Sensor, Juli 2011
Literaturverzeichnis
721
157. Rohde & Schwarz, M¨ unchen: Datenblatt R&S NRP-Z57 Thermal Power Sensor 158. Rollier, S.; Benz, Ch.; Huber, H. D.: LTSR: ASIC-basierte KompensationsStromwandler von 6 A bis 25 A Nennstrom mit Referenz-Zugriff, Produktinformation der Fa. LEM, www.lem.com 159. Rose, M.: DIN-Meßbus. Heidelberg: H¨ uthig Verlag 1999. 160. Homepage der Fa. Saia-Burgers, www.saia-pcd.com 161. Schmidt, L. P.: Grundlagen der Elektrotechnik. M¨ unchen: Pearson-Verlag, 2004 162. Schmusch, W.: Elektronische Meßtechnik. 2. Aufl. W¨ urzburg: Vogel-Verlag 1990. 163. Schr¨ ufer, E.: Elektrische Meßtechnik. 5. Aufl. M¨ unchen: Carl Hanser Verlag 1990. 164. Schumny, H.: Meßtechnik mit dem Personal Computer. 3. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1993. 165. Sch¨ ussler, H.: Netzwerke, Signale und Systeme. Band 2, 3. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1991. 166. Schwab, A. J.: Hochspannungsmeßtechnik. 2. Aufl. Berlin, Heidelberg: SpringerVerlag 1981. 167. SCPI 1994-Standard Command for Programmable Instruments, 1 (1994). 168. Homepage des SCPI-Konsortiums, www.scpiconsortium.org 169. Seitzer, D.; Pretzl, G.; Hamdy, N.: Electronic Analog-to-Digital Converters. New York, Brisbane, Toronto, Singapore: J. Wiley & Sons 1983. 170. Simonyi, K.: Theoretische Elektrotechnik. 10. Aufl. Leipzig, Berlin: BarthVerlagsgesellschaft 1993. 171. Homepage der Fa. Spectra Computersysteme, www.spectra.de. Produktinformation “Industrielle Kommunikation f¨ ur die DIN-Schiene”, 2002. 172. Touch-Bedienger¨ ate mit Gef¨ uhlsdimension. SPS-Magazin, Zeitschrift f¨ ur Automatisierungstechnik. 12, 2009. 173. Steele, S. D.: Delta Modulation Systems. London: Pentech Press 1975. 174. St¨ ockl, M.; Winterling, K. H.: Elektrische Meßtechnik. 8. Aufl. Stuttgart: B.G. Teubner 1987. 175. Sutor, A.; Lerch, R.; Horn, M.; Meiler, M.; G¨ unther, M.: A System for Private Home Automation Based on a Standard Industrial Programmable Logic Controller (PLC). N¨ urnberg, 11th International Conference Sensor 2003, Vol. II, S. 393-398. 176. Stenger, J.; G¨ obel, E. O.: The silicon route to a primary realization of the new kilogram. Metrologia 49, 25-27, 2012. 177. Homepage der Fa. Labortechnik Tasler, www.tasler.de 178. Homepage der Fa. Tektronix: www.tek.com bzw. www.tektronix.com (Produktinformation). 179. Tichy, J.; Gautschi, G.: Piezoelektrische Meßtechnik. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1980. ¨ 180. Tiefenthaler, Ch.: Uberabtastung zur Verbesserung des Signal-Rauschabstandes. Design & Elektronik 10 (1989), S. 102-104. 181. Homepage der Fa. TiePie: www.tiepie.nl 182. Tietze, U.; Schenk, Ch.:Halbleiter-Schaltungstechnik. 12. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2002. 183. Tietze, U.; Schenk, Ch.:Halbleiter-Schaltungstechnik. 13. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2010. 184. Tr¨ ankler, H.-R.: Taschenbuch der Meßtechnik. M¨ unchen, Wien: Oldenbourg Verlag 1989.
722
Literaturverzeichnis
185. Tr¨ ankler, H.-R.; Obermeier, E.: Sensortechnik. Berlin, Heidelberg: SpringerVerlag 1998. 186. Homepage der Fa. Triaton, www.triaton.com. 187. Beschreibung zum User Datagram Protocol, www.erg.abdn.ac.uk./users/gorry/course/inet-pages/udp.html. 188. Unbehauen, R.: Grundlagen der Elektrotechnik 1. 5. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1999. 189. Unbehauen, R.: Grundlagen der Elektrotechnik 2. 5. Aufl. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 2000. 190. Vogel, H.: Gerthsen Physik, 20. Aufl. Berlin, Heidelberg, New York: Springer Verlag 1999. 191. Voigt, W.: Lehrbuch der Kristallphysik. Leipzig: 1928. 192. Voß, O.:Reproduzierbare Messung von Rauschzahlen mit Hilfe einer geschirmten Messumgebung ZA-SB10; Application Note. 2002 193. Homepage der Fa. WAGO Kontakttechnik, www.wago.com. 194. Welchering, P.: Fehlende Frequenzen - Ohne Korrekturen ist Galileo am Ende. Frankfurter Allgemeine Zeitung, S. T2, 27.04.2010. 195. Wiener, N.: Extrapolotion, Interpolation, and Smoothing of Stationary Time Series with Engineering Applications. New York: J. Wiley 1949. 196. Whitesitt, J. E.: Boolesche Algebra und ihre Anwendungen. Braunschweig: Vieweg 1964. 197. Wolf, D.: Signaltheorie - Modelle und Anwendungen. Berlin, Heidelberg: Springer-Verlag 1999. 198. Wilson, H.; Turcotte, L.: Advanced Mathematics and Mechanics Applications Using MATLAB. Boca Raton, Ann Arbor, London, Tokyo: CRC Press 1994. 199. Zander, H.: Datenwandler, A/D und D/A-Wandler. 2. Aufl. W¨ urzburg: VogelVerlag 1990.
Index
20 mA-Stromschleife, 549 Aaronschaltung, 237 Abbildungsgroße, 8 Abfrage (Polling), 532 Abgleichverfahren, 252, 255 Abgleichvorgang, 264 Ablenkkoeffizient, 276 Fehler, 288 Ablenkspannung, 275 Ablenksystem Anstiegszeit, 294 Grenzfrequenz, 276, 294 horizontales, 274, 277, 289 Sprungantwort, 294 vertikales, 289 Absolutdrucksensor, 272 Absorptionsgesetz, 314 Abtast-Halte-Schaltung, 346 ff Abtastfrequenz, 345 Abtastratenreduzierung, 358 Abtastsignal, 344 Abtastung, 283, 285, 343 ff Abtastvorgang, 285 Abtastzeitpunkt, 378 amplitudenmaßige, 343 zeitliche, 343 Abtastwertspeicher, 357 Acquisition Time, 347 Addierer digitaler, 318 Aktiver Vollweg-Gleichrichter, 203 Aliasing-Effekt, 345
Allpass, 57 Alternativhypothese, 505 Amperemeterschaltung erdfreie, 202 massebezogene, 202 Amplitude, 116 Amplitudenbedingung, 424 Amplitudendynamik, 179 Amplitudengang, 63 Amplitudenmodulation, 10, 441 Amplitudenspektrum, 463 Analog-Digital-Umsetzer, 342 ff Delta-Sigma-Modulator, 356 direktvergleichender, 348 ff Dual-Slope-Umsetzer, 367 dynamische Fehler, 378 ff Fehler, 375 ff Flash-Converter, 348 Grundprinzipien, 374 Kaskadenverfahren, 351 Kennlinie, 376 Leistungsdaten, 375 Multi-Bit-Delta-Sigma, 360 Nachlaufumsetzer, 356 Parallel-Umsetzer, 348 Pipeline-Verfahren, 353 ff Single-Slope-Umsetzer, 366 Spannungs-Frequenz-Umsetzer, 369 statische Fehler, 375 ff Stufenumsetzer, 349 Vergleich, 374 Analog-Dividierer, 455 Analog-Multiplexing
724
Index
mit Zeitversatz, 520 ohne Zeitversatz, 520 Analog-Multiplizierer, 454 Analog-Oszilloskop, 273 ff Funktionsgruppen, 280 Analoger und digitaler Trigger, 304 Analogtechnik, 452 Anode, 275 Anodenspannung, 275 Anpasser, 5 Anregung harmonische, 116 Anregungsfunktion, 115 ANSI, 555 Ansprechempfindlichkeit, 179 Anstiegsgeschwindigkeit, 187 Anstiegszeit, 282, 293, 294 Definition, 293 Anti-Aliasing-Filter, 345 Anzeige, 4, 6 Anzeigegeschwindigkeit, 421 Anzeigewert, 103 AperturUnsicherheit, 347, 379 Zeit, 347 Aquivalenz-Gatter, 317 Aquivalenzzeit, 283 Arbitrary Waveform Synthesizer, 522 ASI-Bus, 624 AT-Schnitt-Dickenscherschwinger, 434 Atomuhr, 439 Außenleiter, 234 Aufgabengesetz, 104 Auflosung, 374, 375 Auflosungsvermogen, 421 Aufnehmer, 4 induktiver, 267 kapazitiver, 267 Ausgabe, 5 Ausgangspuls taktsynchroner, 328 Ausgleichsgerade, 491 ff Ausgleichsvorgange, 25 ff Ausschlag, ballistischer, 134 Ausschlagbrucke, 267 Ausschlagmethode, 7 Aussteuerung Grenze, 181, 463 maximale, 376
Autokorrelation Energiesignale, 468 ergodische (stochastische) Signale, 468 Autokorrelationsfunktion, 466 ff, 476 Balkenwaageprinzip, 349 Ballistische Konstante, 134 Bandbegrenzung, 292 Bandbreite, 179, 187 Bandpassfilter, 465 Bandpassubertragungsfunktion, 465 Bandsperre, 464 Basiseinheiten, 11 ff Basisgroßen, 11 ff Basisspektrum, 345 Baudrate, 540, 546 Bauelement passives, 258 trages, 79 BCD-Code, 312 ff BCD-Zahler, 331 ff asynchroner, 331 synchroner, 332 Beharrungswert, 116 Belastungsfehler, 145, 148, 150, 248 Beleuchtungsstarke, 19 Beobachtungsbandbreite, 216 Beruhigungszeit, 130 Beschleunigungskraft, 276 Beschleunigungsmoment, 127, 132 Best-Straight-Line, 339 Betrags-Spektrum, 344 Betragsabgleich, 264 Betragsgang, 63 Betriebsmessgerat, 114, 138 Bezugsgerade, 339 Bezugswert, 4 Bias-Stromversorgung, 188 Biegeschwinger, 431 Binarcode, 311, 311 ff Bistabilitat, 319 Bit hochstwertiges (MSB), 349 niedrigstwertiges (LSB), 378 BITBUS, 636 Bitcodierung, 616 Bit-Monitoring, 626 Bit-Stuffing, 626
Index Datensicherung, 618 Fehlererkennung, 618 Manchesterverfahren, 617 NRZ-Code, 619 NRZI-Code, 619 Blindkomponente, 255 Blindleistung, 232, 238 Blindleistungsmessung im 3-Leiter-System, 240 im 4-Leiter-System, 239 im Einphasennetz, 232 Bode-Diagramm komplexes Polpaar, 72 schwach gedampftes System, 72 stark gedampftes System, 73 Systeme mit mittlerer D¨ ampfung, 73 Bode-Diagramme, 65 ff Bolometer, 407 ff Boltzmann-Konstante, 216 Boolesche Algebra, 313 Braunsche Rohre, 273 ff Bremsmagnet, 243 Bruckenabgleich, 263 Erdkapazitaten, 262 halbautomatischer, 263 Bruckendiagonalspannung, 259 Bruckenschaltung, 250, 252 ff Bruckenspeisespannung, 253 Burde, 163, 165 Bus Zugriffsverfahren, 615 ff Buskoppler, 621 CAMAC, 534 CAN, 625 Casium-Element, 436 Casium-Normaluhr, 436, 439 Charge-Balancing-Converter, 371 ff Chopper-Verstarker, 212 Chopperbetrieb, 283 Code fehlererkennender, 313 fehlerkorrigierender, 313 Codewechsel, 342 Codewortfolge, 342 Computer Controlled Instruments, 516 Computer-Schnittstelle, 516, 534 Datenleitung, 537 Hardware-Realisierung, 543
725
Meldeleitung, 538 Pegelfestlegung, 539 RS232C-Schnittstelle, 536 Steuerleitung, 538 Synchronisierung, 540 Taktleitung, 538 Ubertragungsmedien, 535 Cosinussatz, 258 Coulombsche Anziehungskraft, 141, 276 D-Flip-Flop taktflankengesteuertes, 324 taktzustandgesteuertes, 322 Dampfung, 116, 143 Dampfungsgrad, 130 Koeffizient, 128 ff Mechanismus, 130 Moment, 127 ff, 132 winkelgeschwindigkeitsproportionale, 127 ff Data-Latch, 322 Datenausgabesystem, 521 Ausgabe, 522 D/A-Umsetzung, 522 Datenubergabe, 521 Prinzip, 522 Datendurchsatz, 546, 547 Datenlogger, 531, 664, 666 Datensicherung Cyclic Redundancy Check, 618 Hamming-Distanz, 618 Paritatsprufung, 618 Datenubertragung asynchrone, 540 Grundtypen, 532 Kenngroßen, 546 synchrone, 541 Datex-P, 653 Dehnungsmessstreifen (DMS), 270 Delon-Schaltung, 156 Delta-Impuls (Dirac-Stoß, DiracImpuls), 25 ff, 115 ff Delta-Modulator, 357 ff Delta-Sigma-Modulator, 356 ff Detektion, 4 Detektor, 4 Dezimalzahl, 311 ff Dezimation, 358
726
Index
DGPS (Differential Global Positioning System), 445 Diagonalspannung, 252 Dickenscherschwinger, 431 Differential-Tauchankergeber, 268 Differentialsensor, 268 differentielle Verstarkerstufe, 206 differentieller Operationsverstarker, 205 Leistungsdaten, 209 Differenzdrucksensor, 272 Differenzeingangsspannung, 185 Differenzeingangswiderstand, 186 Differenzierer-Schaltung, 196 Differenzpulscodemodulation, 356 Differenzverstarker, 209 Differenzverstarkung, 184 Digital-Analog-Converter, siehe Digital-Analog-Umsetzer Digital-Analog-Umsetzer, 332 ff dynamischer Fehler, 341 ff Kennlinien, 340 Realisierung, 334 statischer Fehler, 339 ff unipolarer, 332 Digital-Multimeter, 379 ff Blockschaltbild, 379 Digital-Phosphor-Oszilloskop, 303 Digital-Speicheroszilloskop, 297 ff Anzeigebetriebsart, 301 Aquisitionsmodi, 309 Aufzeichnungsbetriebsart, 301 Bildwiedergabe, 299 Digital-Phosphor-Oszilloskop, 303 Ethernet-Schnittstelle, 661 Messkanal, 297, 298 Recurrent-Mode, 301 Refresh-Mode, 301 Roll-Mode, 302 Signalmittelung, 309 Single Shot, 301 Triggermodul, 297, 298 USB-Scope, 663 ff Digitalwortfolge gestorte, 341 DIN-Messbus, 642 DIN-Normen, 7 Diode Innenwiderstand, 153 Kennlinie, 196
Schottky-Diode, 409 Schwellenspannung, 157, 203, 204 Sperrstrom, 196 Temperaturspannung, 197 Diodenkennlinie, 80 Dirac-Impuls (Dirac-Stoß, DeltaImpuls), 25 ff, 115 ff Direct Memory Access (DMA), 532 Disjunktion, 314 Distanzmessung akustische, 474 Dividierer, 455 Doppelspulen-Tauchankersystem, 268 Dreheisenmesswerk, 137 ff, 158, 159 Drehfederkonstante, 131, 138 Drehmagnetmesswerk, 140 ff Drehmoment, 126 Drehspul-Spiegelgalvanometer, 131 Drehspulmesswerk, 126 ff, 159 Dampfung, 129 ff dynamisches Verhalten, 127 ff mit Gleichrichter, 159 Drehspulquotientenmesswerk, 138 ff, 159 Drehstromsystem, 233 ff 3-Leiter-System, 234 4-Leiter-System, 234 Aaronschaltung, 237 Begriffsdefinitionen, 233 Blindleistungsmessung, 238 Dreieckschaltung, 233, 234 komplexe Leistung, 237 Lastimpedanz, 235 Leistungsmessung, 233 Leiterspannung, 234 Leiterstrom, 235 Schaltungsvariante, 233 Spannungszeiger, 238 Sternschaltung, 234 Wirkleistung, 236 Zeigerdiagramm, 234, 235 Zwei-Wattmeter-Verfahren, 237 Dreieck-Stern-Umwandlung, 254 Droop, 347 Druck, 19 Druckmessung, 270 Drucksensor, 270 ff Dual-Slope-Umsetzer, 367 ff Dualzahl, 10
Index Darstellung, 312 ff Dualzahler asynchroner, 329 synchroner, 330 Dunkeltastung, 278 Durchflutungsgesetz, 134, 140, 242 e-Funktionsgenerator, 198 Eckfrequenz, 185 Effektivwert, 151, 152, 231, 457, 458 beliebiger Signalverlauf, 459 ff echter, 381 kurvenformunabhangiger, 458, 459 Kurzzeit-, 459 Effektivwertbaustein, 451 analoger, 457, 459 Schaltung, 457 Effektivwertmesser, 142 echter, 158 EGNOS (European Geostationary Navigation Overlay Service), 445 Eigenfrequenz, 127 Eigenrauschen, 179 Eigenverbrauch, 141 Einflussgroße, 106 Eingangsfehlspannung, 187 Eingangsfehlstrom, 188 Eingangsrauschleistung, 224 Eingangsruhestrom, 188, 216 Eingangsstrom, 181, 183 Eingangsstromdrift, 188 Einheiten, 3, 11 ff Ampere, 11, 12 Becquerel, 19 Candela, 11, 12 Coulomb, 19 Farad, 19 Gleichung, 18 Gray, 19 Henry, 19 Hertz, 19 Joule, 19 Kelvin, 11, 12 Kilogramm, 11, 12 koharente, 18 Lumen, 19 Lux, 19 Meter, 11 Mol, 11, 12
727
Newton, 19 nicht-koharente, 18 Ohm, 19 Pascal, 19 Sekunde, 11, 12, 440 SI-System, 12 ff Siemens, 19 Steradiant, 19 Tesla, 19 Volt, 19 Volt-Ampere, 233 Volt-Ampere-reaktiv, 232 Watt, 19 Weber, 19 Einheitengleichung, 18 Einplatinen-Computer, 606 Einschwingvorgange, 46 ff Einschwingzeit, 342 Einstellzeit, 130 ff Einweg-Gleichrichter, 156, 204 Schaltung, 156 Einweg-Gleichrichtung, 153 ff elektrische Arbeit, 241 elektrische Energie, 244 elektrische Leistung, 229 Elektrizitatszahler, 241 ff, 242 Aluminiumlauferscheibe, 243 prinzipieller Aufbau, 244 Spannungseisen, 243 Stromeisen, 243 Wirbelstrom, 243 Wirbelstrombremse, 243 Elektrodynamisches Messwerk, 134 ff Elektromechanik, 126 Elektrometerverstarker, 211, 425 Elektron Ladung, 216, 275 Laufzeit, 294 Masse, 13 Verweildauer, 294 Elektronenstrahl, 273, 274 Elektronenstrahl-Oszilloskop analoges, 273 ff dynamischer Fehler, 290 ff Fehler, 288 Grenzfrequenz, 292, 296 Spannungsteiler, 286 ff Verstarker-Grenzfrequenz, 292 Elektronenstrahl-Rohre, 273 ff
728
Index
Elementarladung, elektrische, 13 Empfindlichkeitsfehler, 288 Energie elektrische, 142 Energiedosis, 19 Energieerhaltungssatz, 141 Energiemesser, 388 ff Energiemeter, 388 Smart Meter, 388 Energiemessung, 388 ff Energiemeter Ankopplung, 397 Energiemeter-IC, 392 3-Phasenmessung, 395 ff Scheinleistungsmessung, 392 Energiesignal, 467 Energiestrom, 19 Energiezahler, 366 Entladevorgang, 372 Erdmagnetfeld, 137 Erdschleife, 530 Ergodisches Signal, 467 Erhaltungstendenz, 471 Errorfunction, 107 ff Ersatzschaltbilder einer Kapazitat, 257 Ersatzspannungsquelle, 144, 146, 253, 254 Prinzip, 144 Ersatzstromquelle, 144 erstes gemeinsames Moment, 497 Erwartungswert, 106, 496 Erwartungswert 2. Ordnung, 496 EtherCAT, 674 Ethernet, 612, 645 ff Date Acquisition System, 660 Fast-Ethernet, 645 Hub, 649 Industrie-Ethernet, 612 Messdatenerfassung, 658, 666 ff Switch, 649 Telegrammstruktur, 650 Excess Noise Ratio (ENR), 225 Exklusiv-Oder-Gatter, 317 f/U-Umsetzer, 421 Faltung, 35, 115 Faltungsintegral, 115 Faltungsprodukt
hoherer Ordnung, 344 FAN (Field Area Network), 611 ff Feder, 126 Fehler absoluter, 103 ff Erkennung, 313 Fehlerarten, 104 Fehlerfortpflanzungsgesetz, 336, 436, 438 Fehlerklassen, 163 Fehlerwahrscheinlichkeit, 108 ff Frequenzmessung, 436, 437 Korrektur, 313 Monotonie, 340 Periodendauermessung, 437 relativer, 103 ff Schwingquarz, 434 stochastischer, 476 systematischer, 336 Toleranzgrenze, 112 wahrer Wert, 103 Zeitintervallmessung, 436 Fehler 1. Art, 507 Fehler 2. Art, 507 Fehleranalyse Ruckwartsanalyse, 121 Vorwartsanalyse, 121 Fehlerklasse, 163 Feinmessgerat, 114 Feldbus, 621 ff aktuelle Systeme, 623 Feldgerate, 621 Vergleich, 622, 623 Feldenergie magnetische, 138 Feldkonstante, elektrische, 13 Feldkonstante, magnetische, 13 Feldspule, 229 Feldstarke magnetische, 18 Filterung, 452 FIP-Bus, 633 Fire Wire, 534 Flachenscherschwinger, 431 Flash-Converter, 348 ff Flex Ray, 628 ff Flip-Flop-Schaltung, 319 ff Flussmeterkonstante, 132 Folge-Halte-Schaltung, 346
Index Realisierung, 346 Formfaktor, 151, 158 Fourier-Transformation, 22 ff Fourier-Transformierte, 22 ff, 116, 117 Fourieranalyse, 21 ff, 231, 463 Fourierreihe, 21 ff, 231 Frequenz, 19 Frequenz-Spannungs-Umsetzer, 421 Frequenz-Spannungs-Umsetzung, 421 Frequenzgang, 63 Frequenzkompensation, 287 Frequenzkonstante, 432 Frequenzmessung, 412, 430, 437 digitale, 413 direkte, 369, 438 Fehler durch Rauschen, 439 mechanische, 412 relativer Fehler, 438 reziproke, 369, 438 Frequenzmodulation, 10, 421 Frequenznormal, 436, 439 Frequenzstabilitat, 434 Frequenzverdoppler, 456 Schaltung, 456 Full Scale Sprung, 342 Funkelrauschen, 216 Funkschnittstelle, 706 Funksensor, 706 Funktionaltransformation, 451 GAGAN (GPS Aided Geo Augmentation Navigation), 445 Galileo, 446 ”Safety of Life” Service, 449 Commercial Service, 449 Open Service, 449 Public Regulated Service, 449 Search and Rescue Service, 449 galvanomagnetischer Effekt, 172 ff Galvanometer, 131 ff, 250, 252 ballistisches, 133 Gamma-Funktion, 511 Gateway, 621 Gatter Antivalenz, 317 Aquivalenz, 317 EXOR, 317 NAND, 315 NICHT, 314
729
NOR, 316 ODER, 316 UND, 315 Gatterschaltung, 313 ff Gauß-Markov-Theorem, 501 Gaußsche Verteilungsfunktion, 106 Gaußsches Fehlerfortpflanzungsgesetz, 113 ff Gaußsches Minimalprinzip, 502 Gegenkopplungsschaltung, 182, 182 ff Gegentaktstorungen, 530 Gemeinsames Moment, 496 Genauigkeitsklasse, 114, 165 genormte, 114 Gesamtrauschleistung, 224 Gesamtverstarkung, 185 Gesetz Absorptions-, 314 Assoziativ-Gesetz, 314 Distributiv-Gesetz, 314 Kommutativ-Gesetz, 314 Morgansches, 314 Negations-, 314 Gesteuerte Quellen, 95 Gewichtsfunktion, 60, 115 ff Gewichtung binare, 339 Glasfasernetz (FDDI), 657 Gleichgewichtsbedingung, 127 Gleichrichter aktiver, 203 phasenempflindlicher, 264 Gleichrichterschaltung, 203 Gleichrichtung, 152 ff Gleichrichtwert, 151, 153, 457 Gleichspannungskompensation, 250 Schaltung, 251 Gleichspannungsmessung, 144 ff, 147 ff Gleichspannungsverstarkung, 186 Gleichstrom-Messbrucke, 252 ff Abgleichbrucke, 255 ff Ausschlagbrucke, 253 ff Gleichstromkompensation, 251 Schaltung, 251 Gleichstromkreis, 229 Gleichstrommessung, 144 ff Gleichstromnetzwerk, 145 Gleichtakteingangswiderstand, 186 Gleichtaktspannung, 184, 187
730
Index
Regelung, 205 Gleichtaktstoranteil, 211 Gleichtaktstorungen, 530, 548 Gleichtaktunterdruckung, 185, 211 Gleichtaktverstarkung, 185, 187, 211 Gleichtaktwiderstand, 186 GLONASS, 446 Gluh-Kathode, 274 GPIB-Bus, 556 GPRS (General Packet Radio Services), 653 GPS Differential GPS, 445 GPS-Satellitennavigation, 442 Benutzersegment, 443 GPS-Empfanger, 443 kodiertes Signal, 443 Kontrollsegment, 443 Kugelstandflache, 443 Modulationsverfahren, 444 Positionsdaten, 443 Raumsegment, 443 Satellitenuhr, 443 Systemaufbau, 442 Graetz-Schaltung, 154 Graphitwendel, 277 Gray-Code, 312, 313 ff Greinacher-Schaltung, 156 Grenzfrequenz, 186, 187, 282, 292, 293 3-dB-, 187 obere, 187 Großengleichungen, 18 Grobquantisierung, 350 Grundgesamtheit, 108 ff, 109 Grundwelle, 463 Grundwellenresonanz, 432 GSM (Global System for Mobile Communication), 653 Gutefunktion, 508 Halbaddierer, 318 Halbbrucke, 268 Halbleiter-Analogschalter, 527 Halbleiter-DMS, 270 Half-Flash-Umsetzer, 351 Halleffekt, 172 Hallelement, 172 ff Hallkonstante, 174 Hallspannung, 174
Hallwinkel, 175 Hamming-Distanz, 618 Handshaking, 542 Hauptzeitbasis, 279 Hausautomatisierung, 701 Datenerfassung, 703 SPS, 704 webbasiert, 712 HDSL (High Bit Rate Digital Subscriber Line), 652 Heißleiter, 83 Hexadezimalcode, 312 ff HF-Leistungsmessung, 398, 402 Diodengleichrichter, 408 kaskadierter Verst¨ arker, 402 thermoelektrischer Wandler, 403 Hilfsgerate, 5 Hilfsquelle, 8 Hochspannungsmesser, 142 Horizontalverstarker, 277 Hot Carrier Diode, 409 HP-IB-Bus, 555 Hub, 649 Hypothesen-Testverfahren, 491 ff, 505 ff Hysterese, 88 Hysteresekurven, 88 ff Hystereseverlust, 136, 137 i.Link, 534 IEC-Bus, 524, 534, 572 adressierte Befehle, 564 Bus-Logik, 559 Controller, 557 Datenbus, 556 Dreidraht-Handshake, 560 Eindrahtnachrichten, 564 Einsteckkarte, 571 Empfanger-/Horerfunktion, 556 externe Nachrichten, 562 Geratefunktion, 562 Gerategrundfunktion, 557 Geratenachricht, 558 Gerateschnittstelle, 561 Handshake-Verfahren, 560 Hardware, 568 Horer-/Sprecher-Adressen, 565 interne Nachrichten, 562, 563 Komponenten, 556 Leitungen, 557, 560
Index Listener, 557 Mehrdrahtnachrichten, 558, 564 Nachrichtenarten, 562 Parallel Poll, 567 Quittierungssignal, 560 Schlusszeichen, 567 Schnittstelle, 561 Schnittstellen-Steuerbus, 558 Schnittstellenfunktion, 562 Schnittstellennachrichten, 558 Sekundar-Befehle, 566 Sender-/Sprecherfunktion, 556 Serial Poll, 567 Software, 682 Statusabfrage, 567 Statusinformation, 558 Steckverbindungen, 568 Steuerbus, 556 Steuerfunktion, 556 Talker, 557 Ubergabesteuerbus, 556, 558 Ubertragungsgeschwindigkeit, 570 Universal-Befehle, 565 IEC-Bus-Schnittstelle, 555 ff Realisierung, 570 IEC-Busbefehle Codierung, 564 IEEE-Standard 1394, 534 IEEE-Standard 1588, 668 ff, 671 IEEE-Standard 488, 556 ff Impedanz komplexe, 255 Messung, 258 Impedanzanpassung, 194 Impedanzwandler, 194 Impulsantwort, 60, 115 ff, 119 Impulsbreiten-Multiplizierer, 364 ff Impulsdauer, 421 Impulsformer, 422 Impulskorrelationsfunktion, 468 ff Induktionsgesetz, 242 Induktionsmesswerk, 241 ff Funktionsprinzip, 242 Induktionsprinzip, 241 Induktivitat, 19, 255 dynamische, 432 Ersatzschaltbild, 256 nichtlineare, 85 verlustbehaftete, 256
zeitinvariante, lineare, 88 zeitinvariante, nichtlineare, 87 zeitvariante, lineare, 88 zeitvariante, nichtlineare, 87 Influenz, 143 Informationstrager, 9 Instrument-on-a-Card, 516 Instrumentenverstarker, 211 ff Schaltung, 211 Integrierer-Schaltung, 195 Inter Integrated Circuit, 549 INTERBUS-S, 634 Interbus-S, 624 Internet-Protokoll (IP), 648 Interpolation lineare, 300 Sinus, 300 Interrupt-Methode, 532 Invertierender Verstarker, 192 IP-Adressen, 646 ISDN Breitband-ISDN (B-ISDN), 652 ISDN Integrated Services Digital Network, 652 ISO-Schichtenmodell, 612 ff Isolated-Gate-FET (IGFET), 346 Jitter, 379 JK-Flip-Flop taktflankengesteuertes, 325 Kaltleiter, 83 Kapazitat, 19, 255 dynamische, 432 Ersatzschaltbild, 256 nichtlineare, 92 statische, 94 verlustbehaftete, 256 zeitinvariante, lineare, 94 zeitinvariante, nichtlineare, 93 zeitvariante, lineare, 94 zeitvariante, nichtlineare, 93 Kaskadenschaltung, 155 Kaskadenverfahren, 351 ff, 374 Kathode, 274 Kenngroße, 452 Kennlinien-Korrektur, 452 Kettenschaltungen, 222 Rauschen, 222
731
732
Index
Kippschaltungen bistabile, 319 ff Kippstufe astabile, 427 monostabile, 327 ff, 421 Kleinsignalinduktivitat, 87 Kleinsignalkapazitat, 93 Klirrfaktor, 452, 463 Messbrucke, 451, 464 KNX-Bus, 637 Koharenz innere, 471 Koharenzzeit, 471 Koinzidenzzeit, 416 Komparator, 198 invertierender, 199 mit Hysterese, 199 ohne Hysterese, 198 Komparatoren, 374 Kompensationsgroße, 8 Kompensationsmethode, 5, 7 Signalfluss, 8 Kompensationsprinzip, 250 Kompensationsschaltung, 250 ff Kompensationsschreiber, 252 Kompensationsverfahren, 179 Kompensator, 131, 250 komplexe Leistung, 232 Kondensator, 142, 155 idealer, 255 Konjunktion, 313 Konstantspannungsquelle, 247 Konstantstromquelle, 248 Kopplung kapazitive, 341 Korrekturspule, 230 ff Korrelation, 491 ff lineare, 502 ff Korrelation und Kausalitat, 505 Korrelationsbildung, 452 Korrelationsfunktion, 465 bezogene, 471 praktische Auswertung, 466 Korrelationskoeffizient, 495 ff, 498 Vertrauensbereich, 505 ff Korrelationsmessung, 466 Korrelationsverfahren, 451, 471 Kovarianz, 495 ff, 497 Kraftwirkung, 125
Kreuzkorrelation, 474 Kreuzkorrelationsdichtefunktion spektrale, 477 Kreuzkorrelationsfunktion, 466 ff Kreuzleistungsdichte spektrale, 477 Kreuzspule, 139 Kreuzspulinstrument, 249 Kreuzspulmesswerk, 138 ff, 159 Kriechgalvanometer, 132 Kurzschlussstrom, 145 Kurzzeiteffektivwert, 459 Kurzzeitkorrelationsfunktion, 468 ff Kurzzeitmittelwert, 461 Laborautomation webbasiert, 662 LabVIEW, 691 ff DIAdem, 695 ff Version 8, 693 ff LabWindows, 695 Ladekondensator, 372 Ladevorgang, 372 Ladung, 19 Ladungskompensations-Konverter getakteter, 372 Ladungskompensationsverfahren, 371, 371 ff Ladungsmessung, 214 Ladungsverstarker, 214 Schaltung, 214 LAN (Local Area Network), 611 ff, 709 Lange, 11 Langsschwinger, 431 Laplace-Transformation, 28 ff Differentiationssatz, 35, 119 elementarer Funktionen, 31 ff Faltung, 35 Integrationssatz, 34, 117 Multiplikationssatz, 37 Netzwerkelemente, 47 Rucktransformation, 41, 52 ff Tabelle wichtiger Funktionen, 42 Variable, 117 Laplace-Ubertragungsfunktion, 61, 117, 119 Lastimpedanz, 160 Lastwiderstand, 148 Laufzeitfehler, 276, 295
Index LC-Oszillator, 425 LC-Schwingkreis, 423, 434 Least Significant Bit (LSB), 333 Leerlauf-Differenzeingangsspannung, 187 Leerlaufspannungsverstarkung, 181, 184 Leerlaufspannungsverstarkungsmaß, 184 Leerlaufverstarkung, 186 Leistung, 19 Leistungsdichte spektrale, 474 Leistungsdichtefunktion, 477 spektrale, 474 ff Leistungsmesser elektronischer, 366 Leistungsmessung, 136, 229 ff, 388 ff Blindleistung, 388 elektrodynamisches Messwerk, 229 Energiemeter, 388 Hochfrequenz-IC, 398 Hochfrequenzmessung, 398 ff im Drehstromsystem, 233 im Einphasennetz, 231 integrierte Schaltkreise, 388 komplexe, 232 Smart Meter, 388 spannungsrichtige, 230 stromrichtige, 230 Wechselstromkreis, 231 Wirkleistung, 388 Leistungssignal, 467 Leistungsverstarkung, 220 Leiter, stromdurchflossener, 126 Leiternetzwerk, 337 ff Leiterspannung, 234 Leitwert, 19 Lenzsche Regel, 129 ff Leuchtschicht, 274 Lichtgeschwindigkeit, 13 Lichtstarke, 11, 12 Lichtstrom, 19 Lichtzeiger, 131 Linearisierung, 157 Linearitatsfehler, 277, 289, 351, 377 Linienspektrum, 465 logarithmierender Verstarker mit Diode, 196 mit Transistor, 197
733
Logik negative, 311, 559 positive, 311, 559 LON (Local Operating Network), 641 Lorentzkraft, 172 Luftkammerdampfung, 143 LXI, 666 ff Ger¨ ateklassen, 669 Triggerm¨ oglichkeiten, 669 Maßeinheit, 11 ff Maßsysteme, 11 ff Magnetfeld, radial inhomogen, 139 Magnetfeldsensor, 172 ff magnetische Flussdichte, 19 magnetischer Fluss, 19 magnetisches Feld, 135 Magnetisierungsstrom, 160, 163 Masse, 11 Masse-Feder-System, 423 Master-Flip-Flop, 324 MATLAB, 696 ff Maxwell-Wien-Brucke, 262 Mehrdraht-Handshake, 542 Mehrfachperiodendauermessung, 439 Messbereichsanfangswert, 104 Messbereichsendwert, 104, 147 Messbereichserweiterung, 146 ff, 149 ff Messbereichserweiterung, Spannungsmessung, 149 ff Messbereichsumfang, 4, 104 Messbrucken fur Gleichspannung, 252 Messdaten Archivierung, 515 Visualisierung, 515 Messdatenerfassung, 515 -skarte, 525 Abtastung (Sampling), 520 Analog-Digital-Umsetzung, 521 Aufgabe, 681 Bussysteme, 658 Datenubernahme, 521 Empfang, 518 Entwicklungssystem graphikorientiertes, 689 Ethernet, 645 Ethernet Data Acquisition System (EDAS), 660
734
Index
ETX/ACK-Protokoll, 542 Handshake-Verfahren, 541 ff Hardware, 522 ff Haustechnik, 703 Industrie-Ethernet, 645 Kommandosprache, 690 Komplettpaket, 688 Messkanal, 518 Modul-Bibliothek, 689 Offline, 517 Online, 517 Powerline-Kommunikation, 654 Programmgenerator, 689 Quittierungsverfahren, 541 ff rechnergestutzte, 515 ff Satellitenkommunikation, 655 SCPI-Standard, 682 SPS, 704 System, 555 UMTS, 654 Vernetzung, 645 ff Verstarkung, 518 via GPRS, 654 Virtual Private Network (VPN), 658 webbasiert, 662 XON/XOFF-Protokoll, 541 Messeinrichtung, 5 Struktur, 5, 6 Messen Begriffsdefinitionen, 3 ff Messergebnis, 4, 5, 104 Messfehler, 103 ff Abschatzung, 109 absoluter, 103 ff dynamischer, 114 ff, 119 ff, 290 Korrektur, 122 ff Fortpflanzung zuf¨ alliger, 113 ff maximaler relativer, 114 mittlerer, 111 mittlerer dynamischer, 120 mittlerer quadratischer, 108 momentaner dynamischer, 120 reduzierter, 104 relativer, 103 ff, 148, 437 statischer, 288 systematischer, 104 ff, 145, 245 Toleranzgrenze, 112 uberlagertes Rauschen, 439 wahrer Wert, 103
zufalliger, 106 ff, 111 Messfuhler, 4 Messgerat, 5 Grundfunktion, 125 Messgerate Bestimmungen, 4 elektromechanische, 125 Schaltzeichen, 143 Messgroße, 3, 4 Aufnahme, 5 Detektion, 125 ruckwirkungsarmes Erfassen, 4 Messkette, 5 Messmethode analoge, 8 digitale, 8 direkte, 9, 465 diskontinuierliche, 8 indirekte, 465 kontinuierliche, 8 ruckwirkungsfreie, 8 Messmethoden Klassifizierung, 7 ff Messprinzip, 5 Messsignal, 5 Anpassung, 5 Informationstrager, 9 Verarbeitung, 5, 125 Weitergabe, 5 Messsignale Arten, 453 Klassifizierung, 453 Messsignalverarbeitung, 451, 515 Messspanne, 104 Messsystem, 115 ff, 120 Grenzfrequenz, 479 Grundstruktur, 515 nicht-ideales, 120 rechnergestutztes, 451, 515 Ubertragungsverhalten, 115 ff, 120 Messtechnik Bedeutung, 1 Grundbegriffe, 4 Historie, 1 Messung Effektivwert, 158 ff elektrische Arbeit, 241 elektrische Impedanz, 245 ff Gleichrichtwert, 157
Index Gleichspannung, 144, 147 ff Gleichstrom, 144 ff komplexe Impedanz, 258 konventionelle, 420 nicht-elektrische Großen, 427 ruckwirkungsfreie, 250 Scheinwiderstand, 257 Scheitelwert, 154 Spitzenwert, 154 taktpulssynchronisierte, 420 Wechselspannung, 151 Wechselstrom, 151 Messung an nichtlinearen Bauelementen, 90 ff Messung von Blindwiderstanden, 255 ff Messung von ohmschen Widerst¨ anden Kreuzspulmesswerk, 249 Messung von ohmschen Widerstanden, 245 ff Konstantstromquelle, 248 Strom- und Spannungsmessung, 245 Vergleich mit Referenzwiderstand, 246 Messverfahren, 5 Messverstarker, 5, 179 ff spezielle, 209 ff Messwandler, 157, 159 ff, 161 Messwerk Dreheisenmesswerk, 137 Drehmagnetmesswerk, 140 Drehspulmesswerk, 126 Drehspulquotientenmesswerk, 138 elektrodynamisches, 134 ff, 159, 229 elektrostatisches, 141 multiplizierendes, 135 Tragheit, 136 Messwert, 4, 5, 103 ff Ausgabe, 5, 125 Gewinnung, 4 Messwertverarbeitung analoge, 451 digitale, 451 Metall-DMS, 271 Metropolitan Area Network (MAN), 656 Mischspannung, 152 Mitkopplung, 199, 424 Mittelpunktleiter, 236 Mittelung
735
gleitende, 462 laufende, 461 Mittelwert, 106, 107, 108 ff, 460 ff arithmetischer, 106, 151, 460 Bestimmung, 460 bezogener quadratischer, 120 quadratischer, 151, 457, 479 zeitlicher, 470 Mittelwertbildung, 452, 458 Mittelwerte, 460 ff Mixed-Signal-Oszilloskope, 306 MODBUS, 711 MODBUS-TCP-Protokoll, 595 Modellsignal, 465 Modem, 535 Modulationsverfahren, 616 APM, 616 Monoflop, 327 ff, 422 Most Significant Bit (MSB), 337 MSAS (Multi-Functional Satellite Augmentation System), 445 Multifunktions-Einsteckkarte, 524 Blockschaltbild, 525 Multiplexer, 525, 527 -typen, 528 Multiplikationssatz, 37 Multiplizierer Ein-Quadranten, 454 Vier-Quadranten, 454 Zwei-Quadranten, 454 Multivibrator, 200 ff, 427, 428 mit Inverter, 429 mit Operationsverstarker, 428 Schaltung, 200 MXI-Bus, 570 ff, 578 ff Nachbeschleunigungselektrode, 277 Nachlaufumsetzer, 356 Naturkonstante, 11 ff, 13 ff Navigation, 444 Navigationsnachricht, 444 NAVSTAR, siehe Satellitennavigation Nebenschluss, 132 Negation, 313 Negationsgesetz, 314 Nennburde, 163 Nennubersetzung, 162 Netzwerk, 144 Netzwerke
736
Index
linear, 25 Netzwerktopologien, 614 Netzwerkubertragungsfunktion, 61 Neutralleiter, 233, 234 nichtlineare Bauelemente, 77 ff bilaterale Kennlinie, 77 differentielle Induktivitat, 87 differentielle Kapazitat, 93 differentieller Widerstand, 79 Hysterese, 88 Induktivitat, 85 Kapazitat, 92 negativer differentieller Widerstand, 81 statische Kennlinie, 77 statischer Widerstand, 78 Widerstand, 78 nichtlineare Schaltungen, 77 Analyse, 96 nichtlinearer Widerstand, 78 Nichtlinearitat, 157, 289, 377, 463 differentielle, 340, 378 integrale, 340 Nichtlinearitatsfehler differentieller, 378 integraler, 378 Noise Figure Analyzer (NFA), 226 Normalverteilung, 106, 110 Test, 509 Normbildende Institutionen, 6 Normen, 6 ff Notchfilter, 464 NTC-Widerstande, 83 Nullabgleich, 5, 250, 259 Nulldetektor, 251 Nullhypothese, 505 Nullpunktfehler, 215, 339 Nullverfahren, 252 Nullverstarker, 252 Nyquist-Formel, 215 Nyquist-Kriterium, 345 Oberwelle, 463 Oberwellen-Schwingquarz, 432 Offset, 347 Offsetspannung, 182, 187, 204 Offsetspannungsdrift, 188 Offsetstrom, 188 ohmscher Widerstand, 245 ff
Einheit, 3 Ohmsches Gesetz, 245 Open-Kollektor-Ausgangsstufe, 559 Operations-Charakteristik, 508 Operationsverstarker, 179 ff Ansteuerung eines ADCs, 207 differentieller, 205 differentieller Ausgang, 204 ff Grundschaltungen, 192 ff idealer, 180 ff Kenngroßen, 184 ff Leistungsdaten, 209 Rauschen, 218 ff realer, 181 ff Transitfrequenz, 189 Optimalfilter, 479 kausales, 487 nicht-kausales, 482 Ubertragungsfunktion, 479 Ortskurve, 264 Oszillator, 200, 422 harmonischer, 422 Operationsverstarkerschaltung, 434 Relaxationsoszillator, 423 Oszillogramm, 278 Oszillograph, 273 Oszilloskop, 273 ff alternierender Betrieb, 283 Digitalspeicher, 297 ff dynamischer Fehler, 290 ff Grenzfrequenz, 292 ff komplexe Eingangsimpedanz, 290 Sampling, 283 Spannungsteiler, 286 ff statischer Fehler, 288 Verstarker, 292 Parallel-Seriell-Schnittstellenwandler, 545 Parallel-Umsetzer, 348 ff Parallel-Verfahren, 374 Parallel-Wage-Verfahren kombiniertes, 350 ff, 374 Parallelbus, 531, 533 Parallelresonanz eines Schwingquarzes, 431 ff Parameter informationstragender, 9 Parcevalsches Theorem, 475, 479
Index Paritatsbit, 540 PCI-Express, 526, 534, 574, 577, 582, 693 Periodendauermessung, 418, 437, 438 relativer Fehler, 438 Peripherie-Schnittstelle, 523 Permanentmagnet, 139, 140 Phase, 116 Phasenabgleich, 264 Phasenbedingung, 424 Phasendifferenzmessung, 420 Phasengang, 63 Phasenkoinzidenz, 416 Phasenwinkel, 151, 420 Phasenwinkelmessung, 419 physikalische Große, 11 Pipeline-ADC, 353 ff Pipeline-Umsetzer, 353 ff Plancksches Wirkungsquantum, 13 pn-Ubergang, 216 Pol-Nullstellen-Diagramme, 62 Polschuh, 126, 135 Potentialtrennung, 160 Powerline-Kommunikation, 654 Prazisionsfrequenzzahler, 411 Prazisionsleistungsmesser, 137 Prazisionsmessbrucke, 255 Prazisionsmesstechnik, 436 Prazisionswiderstand, 149 Primarinduktivitat, 160 Primarseite, 160 Primarspule, 159 Primarwicklung, 160, 161 PROFIBUS-DP, 624, 630 ff Prognose, 502 Prozessleitsystem, 621 Prozessperipherie Anschlussvariante, 524 Prufbit, 313 Prufgroße, 507 PTC-Widerstande, 83 PTP (Precision Timing Protocol), 668 Puls-Frequenz, 421 Pulscodemodulation, 10 Pulsdauermodulation, 10, 421 Punkt-zu-Punkt-Verbindung, 533 PXI MultiComputing (PXImc), 580 PXI-Bus, 534, 574 ff Leistungsmerkmale, 577
737
PXI-Express (PXIe), 578 Quadrierer-Dividierer-Baustein, 458 Quanten-Halleffekt, 2 Quantenrauschen, 217 Quantisierung, 350 Fehler, 375, 415, 436, 438 Rauschen, 375 Schrittweite, 336 Quarzkristall, 430 Quarzoszillator, 430 ff Operationsverstarker-Schaltung, 433 temperaturgeregelter, 436 R-2R-Widerstandsnetzwerk, 337 ff r¨ uckgekoppeltes System, 424 Radiant, 19 radioaktive Substanz, Aktivitat, 19 Radizierer Schaltung, 456 Rahmendampfung, 131 ff Rausch-Ersatzschaltung, 216 Rausch-Ersatzspannungsquelle, 215 Rausch-Ersatzstromquelle, 215 Rauschanpassung, 221 Rauscheingangsspannung aquivalente, 217 Rauschen, 215 ff 1/f, 216 bandbegrenztes, 473 Burst, 217 Johnson-noise, 215 normalverteiltes, 473 Popcorn, 217 Rosa, 217 Schottky, 216 thermisches, 215, 216 Trapping, 217 Warmebewegung, 215 Weißes, 216 Rauschgenerator, 224, 225 Rauschleistung, 217, 220, 221 Rauschleistungserh¨ ohung, 225 Rauschleistungsverteilung, 217 Rauschleitwert aquivalenter, 221 Rauschmessung, 223 Rauschquelle, 217 Rauschsignal, 473
738
Index
Rauschspannung, 223 Rauschspannungsdichte, 217 Rauschstromquelle, 217 Rauschtemperatur, 223 Rauschtemperaturdifferenz, 224 Rauschwiderstand, 223 aquivalenter, 221 Rauschzahl, 220 ff Definition, 223 Messung, 223 Rauschzahlmessger¨ at, 226 Rauschzahlmessung geschirmte Umgebung, 227 Messbox, 227 Realzeitmaßstab, 284 Recursive-Subranging-Verfahren, 353 ff Referenztakt, 414 Referenzzeit, 430 Regression, 491 ff lineare, 491 ff mehrfache lineare, 500 multiple lineare, 500 polynomiale, 499 Regressionsverfahren, 491 ff Rekombinationsrauschen, 217 Rekonstruktionsfilter, 344 Relais, 527 Relaxationsoszillator, 422, 427 Resonator piezoelektrischer, 430 Restvarianz, 495 ff, 498 Reziprokmessung, 437 Rogowski-Spule, 389 RS-Flip-Flop, 320 ff mit NAND-Gattern, 321 mit NOR-Gattern, 320 statisch getaktetes, 321 taktflankengesteuertes, 322 taktzustandgesteuertes, 321 RS232C-Schnittstelle, 534, 535 ff Leitung, 536 Leitungsbelegung, 536 Logikdefinitionen, 539 RS422-Schnittstelle, 533 RS485-Schnittstelle, 533, 547 ff Rubidium-Element, 411, 436 Rubidium-Uhr, 443 Ruckfuhrgroße, 357 Ruckkoppel-Netzwerk, 182 ff, 185, 425
Ruckkopplungsschleife, 424 Ruckstellmoment, 127 ff Ruckwirkungsfreiheit, 179 S¨ agezahnumsetzer (u/t-Umsetzer), 366 Sagezahn-Multiplizierer, 364 ff Sagezahngenerator, 278 Sagezahnspannung, 277, 366 Steigungsfehler, 367 Sample & Hold-Schaltung, 346 ff Sampling, 343 ff Sampling-Oszilloskop, 283 Sampling-Pulse, 344 Satellitenkommunikation, 655 Satellitennavigation, 442 ff Galileo, 446 GPS, 442 Storfaktoren, 449 SBAS (Satellite Based Augmentation Systems), 445 Schaltschwelle, 199, 327 Schatzfilter, 480 Schatzwert, 108 ff, 461 Schatzwerteverteilung, 109 Scheinleistung, 233 Scheinwiderstand, 255, 257 Messung, 257 Scheitelfaktor, 151 Scheitelwert, 151 Schering-Messbrucke, 260 Schermodul, 432 Scherwelle, 432 Schirmbild, 278, 279 Schließungswiderstand, 130 Schmitt-Trigger invertierender, 199 Schnittstelle -nkonverter, 620, 659 CAMAC, 534 IEC-Bus, 534 parallele, 555 ff PXI-Bus, 534 RS232C, 534 RS422, 534 RS485, 534 serielle, 531, 535 ff USB, 534, 551 ff VME-Bus, 534 VXI-Bus, 534
Index Schottky-Diode, 409 Schrittgeschwindigkeit, 546 Schrotrauschen, 216 Schutzschirm (Guard), 386 schwachergodisches Signal, 467 Schwankung, 108 ff Schwebungsfrequenz-Zeitexpander, 416 Schwellenspannung, 409 Schwingbedingung, 424, 425 Schwingkreisfrequenz, 423 Schwingquarz, 431 Admittanz, 432 Alterungsrate, 435 AT-Schnitt, 431 CT-Schnitt, 431 DT-Schnitt, 431 Ersatzschaltbild, 432 Fehler, 434 Frequenzfehler, 434 GT-Schnitt, 431 Gute, 433 HT-Schnitt, 435 Impedanz, 432 Kurzzeitkonstanz, 435 Langzeitstabilitat, 436 NT-Schnitt, 431 Parallelresonanz, 431 Schaltzeichen, 432 Schnittwinkel, 434 Schwingungsform, 432 Serienresonanz, 431 Temperaturabhangigkeit, 434 ff Temperaturkoeffizient, 434 Verlustwiderstand, 433 Schwingung Differentialgleichung, 423, 426 gedampfte, 426 harmonische, 423, 434 instabile, 427 Schwingungserzeuger, 422 Schwingungsgehalt, 152 Schwingungsgroße, 423 SCPI-Programmiersprache, 684 ff Befehle, 684 ff Datenformate, 687 Syntax, 684 ff Seebeck-Effekt, 405 ff Sekundarklemmen, 161 Sekundarkreis, 161
739
Sekundarspule, 159 Sekundarwicklung, 160, 161 Selbstinduktivitat, 138 Sensor induktiver, 267 kapazitiver, 267 serieller Bus, 533 Serienresonanz eines Schwingquarzes, 431 ff Settling Time, 342, 347 Shannonsches Abtasttheorem, 285, 345 Shunt, 146 Signal abgetastetes, 344 amplitudenanaloges, 10 amplitudenmoduliertes, 9 binares, 311 Codierung, 357 Decodierung, 357 digitales, 10 elektrisches, 4 Energiesignal, 467 ergodisches Signal, 467 frequenzanaloges, 10 frequenzmoduliertes, 9 Kenngroßen, 462 Leistungssignal, 467 nicht-sinusformiges, 462 pulsdauermoduliertes, 10 stationares, 461 stationares Signal, 467 stochastisches, 472 Visualisierung, 273 zeitanaloges, 10 Zeitverlauf, 273 Signal/Rausch-Verhaltnis, 217 ff, 375 Delta-Sigma-Umsetzer, 363 Gewinn, 362 Signaldarstellung, 273 ff Signaleigenschaft Messung, 465 Signalflussweg, 5 Signalleistung, 220, 475 Signalprozessor digitaler, 452 Signaltreue, 179 Signifikanzniveau, 507 Signum-Funktion, 265 Silizium-Mikromechanik, 271
740
Index
Siliziumdiode Rauschgenerator, 225 Siliziumdioden, 153 Single-Slope-Umsetzer, 366 ff Slave-Flip-Flop, 324 Slew-Rate, 190, 347 Slope-Schalter, 277 Smart Home, 701 Smart Meter, 398 SMU Messung kleiner Str¨ ome, 385 Spaltfunktion, 296 Spannband, 127, 131 Spannung, 19 induzierte, 129 verkettete, 240 Spannungs-Frequenz-Umsetzer, 369 ff Spannungseisen, 242 Spannungsfehler, 165 Spannungsfolger, 194 Spannungsmessung, 148, 149 ff, 200, 229, 245 Fehler, 245 Spannungsquelle stromgesteuerte, 201 Spannungsstoß, 132 Spannungsverdopplung, 156 Spannungsvergleich, 246 Spannungsverstarker, 200 nicht-invertierender, 193 Spannungswandler, 163 ff Fehler, 165 Zeigerdiagramm, 165 Spannungszeigerdiagramm, 238 Speicheroszilloskop digitales, 297 ff speicherprogrammierbare Steuerung (SPS), 583 Daten- und Prozess-Visualisierung, 597 Funkklemmen, 605 Geb¨ audeautomatisierung, 702 integrierter Webserver, 594, 596, 600 Interface analog, 703 digital, 705 drahtlos, 706 energieautark, 706 Leistungsmessung, 603
Programmiersprachen, 583 ff AS, 587 ff AWL, 587 ff Bausteine, 584 FBS, 587 ff KOP, 587 ff ST, 587 ff Programmiertechnik, 584 ff Vernetzung, 593 Spektralanalyse, 465 Spektralbereich, 344 Spektralkomponenten, 231 Sperrschicht, 216 Sperrschichtkapazitat, 153 Spitze-Spitze-Wert, 155 Spitzenwertgleichrichtung, 155 Sprungantwort, 64, 115 ff, 119, 293 normierte, 128 Spule ideale, 255 Spulendampfung, 132 Spulenrahmen, 126, 137 Standardabweichung, 106 ff, 457 empirische, 112, 496 Start/Stop-Verfahren, 540 Startbit, 540 Stationares Signal, 467 Steigungsfehler, 339, 377 Stern-Dreieck-Umwandlung, 254 Sternpunkt, 234 ff kunstlicher, 234 ff Sternspannung, 234 stochastischer Fehler, 476 stochastisches Signal ¨ Ubertragung, 477 Stoffmenge, 11, 12 Stopbit, 540 Storeinwirkung dynamische, 476 Storquelle, 220 Storsignal, 451 Storspannung, 439 periodische, 369 Storspitze, 341 Storungen Erdschleife, 529 galvanische Kopplung, 529 Gegenmaßnahmen, 530 ff induktive Kopplung, 529
Index Mehrfacherdung, 529 Storungseinfluss, 8 Storunterdruckung, 479 Strahlablenkung elektrostatische, 274 Strahlfokussierung, 274 Streuung, 108 ff Streuverlust, 140 Strom gewichteter, 334 Strom-/Spannungsquellen mit R¨ uckmessfunktion Source Measure Units (SMU), 383 Stromeisen, 242 Stromempfindlichkeit, 127, 131 Strommessbereichserweiterung, 149 Strommessung, 146 ff, 201, 229, 245 Fehler, 150, 245 Messbereichserweiterung, 146 ff Strommesszange, 166 ff Einfugeimpedanz, 171 Ersatzschaltbild, 168 Gleichstrom, 176 ff Kompensationsschaltung, 177 Kompensationsspule, 177 Transferimpedanz, 170 ff Wechselstrom, 166 ff Stromschleife (20 mA), 549 Stromstarke, 11, 12 Stromteilerregel, 247, 249 Stromungsdampfung, 143 Stromvergleich, 247 Stromverstarker, 203 Stromwandler, 161 ff, 163 Fehler, 162 Student t-Verteilung (t-Verteilung), 110, 512, 513 Stufenbreite, 333 Stufenumsetzer, 349, 349 ff inkrementaler, 355 Subranging-Verfahren, 351 ff Subtrahierer, 182, 211 sukzessive Approximation, 349 ff Superpositionsprinzip, 339 Switch, 649 Synchrongleichrichter, 212, 213, 264 Synchronzeichen, 541 Systemtheorie, 116, 476
741
T-Flip-Flop, 326 taktflankengesteuertes, 326 t-Verteilung (Student t-Verteilung), 110, 512, 513 t/U-Umsetzer, 421 Taktvariable, 321 Taktzyklus, 353 Tastkopf, 286 Korrekturnetzwerk, 122 ff Teilerverhaltnis, 286 Uberkompensation, 287 Unterkompensation, 287 Tauchankersystem, 268 Tautologie, 314 Temperatur, 11, 12, 224 Temperaturmessung, 406 Temperatursensor, 435 Test χ2 -Test, 510 Korrelationskoeffizient, 514 lineare Abh¨ angigkeit, 512 Normalverteilung, 509 Testverfahren, 505 ff Thermistor, 407 Thermoelement, 405 ff Tiefpassfilter, 185, 344, 358, 458, 462 ideales, 345 Time-Division-Multiplizierer, 364 ff Torzeit, 412, 437 Tr¨ agerphase pseudozuf¨ allige Umtastung (BPSK), 441 Track-and-Hold-Schaltung, 346 Tragheitsmoment, 127, 131 Transformator, 157 ff Ersatzschaltbild, 161, 167 Grundgleichungen, 167 idealer, 160 Transformatorbrucke, 158 Transientenrekorder, 297, 664 Transmission Control Protocol (TCP), 648 Trennverstarker, 518 Triax-Kabel, 385, 386 Trigger -arten, 517 -eingang, 280 -einrichtung, 277, 278 -ereignis, 277
742
Index
-filter, 280 -modul, 297 -moglichkeiten, 517 -schaltung, 277 Fehler, 439 Triggerung, 277 IEEE-1588, 671 PTP, 669 Software-Trigger, 669 Tunneldiode, 81–84 u/f-Umsetzer, 369 ff Ubertragungsfunktion, 117, 424 Ubertragungsgeschwindigkeit (Ubertragungsrate), 546 Ubertragungsmedien Koaxialkabel, 535 Lichtwellenleiter, 535 verdrillte Leitungspaare, 535 Ubertragungsrate, 546 Ubertragungsverhalten, 115 ff Uberabtastung (Oversampling), 358 ff Uberspannungsableiter, 162 Ubersprechen, 341 Ubertrager, 157 ff Ersatzschaltbild, 167 Grundgleichungen, 167 idealer, 160 Ubertragungsfunktion, 185 Umsetzungsgeschwindigkeit, 351 UMTS, 654 Universal Asynchronous Receiver Transmitter (UART), 544 Universal Synchronous and Asynchronous Receiver Transmitter (USART), 544 Universal-Vielfachmessgerat, 149 Univibrator, 327 ff Unterabtastung, 285 USB (Universal Serial Bus), 534, 551 USB-Datenlogger, siehe Datenlogger USB-Messger¨ ate, 663 USB-Messmodule, 660 V.24-Schnittstelle, 535 ff Varaktordiode, 94 Varianz, 107, 457, 495 ff, 496 Verbraucherleistung, 230 Verbraucherspannung, 230
Verbraucherstrom, 230 Verbrauchertor, 230 Vergleichsgroße, 8 Vergleichsmessung, 465 verkettete Spannungen, 240 Verknupfung logische, 313 NICHT, 313 ODER, 314 UND, 313 Verlustfaktor, 256, 260 Verluststrom, 163 Verlustwiderstand dynamischer, 432 Vernetzung standortubergreifend, 652, 710 weltweit, 711 Versorgungsspannungsunterdruckung, 187 Verstarker addierender, 193, 204 differenzierender, 195 integrierender, 195 invertierender, 183, 192 Modell, 292 Rauschen, 217 ff Rauschersatzschaltung, 218 Schaltung, 179 ff subtrahierender, 194 Tiefpassverhalten, 293 Verzerrung, 179 Verstarkungs-Bandbreite-Produkt, 188 Verstarkungsfehler, siehe Steigungsfehler Verteilungsfunktion, 452 Vertikalablenkplatten, 275 Vertrauensbereich, 109 ff Vertrauensfaktor, 107 ff Vertrauensgrenzen, 110 Verzogerungsleitung, 282, 520 Vibrationsmesswerk, 412 Vielfach-Diskriminator, 348 ff kaskadierter, 350 ff Vielfachmessgerat, 147 Vierpol, 220, 222 Kettenschaltung, 223 Rauscheigenschaften, 223 Vierpol-Ubertragungsfunktion, 60 Viertelbrucke, 268
Index Villard-Schaltung, 155 Virtual Private Network (VPN), 658 ff, 677 ff Tunneling, 678 Virtuelle Instrumente, 660 VME-Bus, 534, 570 ff Volladdierer, 319 Vollbrucke, 270 Vollweg-Gleichrichterschaltung, 158 aktive, 204 Vollweg-Gleichrichtung, 154 Voltmeterschaltung, 200, 201 Vorwarts-Dualzahler asynchroner, 330 synchroner, 330 VXI-Bus, 534, 570 ff Busgliederung, 573 Commander, 573 IEC-Bus, 574 MXI-Bus, 578 ff Resource Manager, 573 Servant, 573 Software, 682 System Manager, 573 Teilbusse, 573 WAAS (Wide Area Augmentation System), 445 Wageverfahren, 349 ff Wahrscheinlichkeitsaussagen, 106 Wahrscheinlichkeitsdichte, 106, 107, 495 gemeinsame, 495 Wahrscheinlichkeitsverteilung, 495 WAN (Wide Area Network), 611 ff, 656 Wanderfeld-Ablenkplatte, 296 Wattmeter elektronisches, 366 Wechselgroße, 231 Wechselspannungsverstarker, 212 idealer, 212 Wechselstrom-Messbrucke, 259 ff Abgleich, 263 Abgleichbrucke, 259 ff Abgleichvorgang, 264 Ausschlagbrucke, 267 Halbbrucke, 268 Viertelbrucke, 268 Vollbrucke, 270 Wegaufnehmer, 268
743
Weicheisenkern, 126, 135 Wheatstonesche Messbrucke, 252 Widerstand piezoresistiv, 272 Widerstandsaufnehmer, 245 Widerstandsmessung, 140, 250 Widerstandsrauschen, 215 Wien-Br¨ ucke halbautomatisch abgleichbare, 266 Wien-Brucke, 260, 266 halbautomatisch abgleichbare, 266 Wien-Robinson-Brucke, 261 Wiener-Filter, 479 Wiener-Khintchine-Beziehungen, 475 Windungszahl, 126, 159 Winkel ebener, 19 raumlicher, 19 Winkelfehler, 163, 165 Wirbelstrom, 131, 136–138, 243 Wirkkomponente, 255 Wirkleistung, 232, 366 Wirkleistungsmessung 3-Leiter-System, 237 4-Leiter-System, 236 Einphasennetz, 231 Wirkungsgrad, 546, 547 Wirkwiderstand, 257 Y-Faktor-Methode, 225 Zahlendarstellung, 311 Zahlensystem, 3, 311 ff Zahlenwert, 11 Zahlenwertgleichungen, 18 Zahler Ereignisse, 329 Fehler, 436 rechnender, 369, 420 Schaltungen, 328 ff Vorwarts, 356 Vorwarts-Ruckwarts, 356 Zahlratenmesser, 422 Zahlverfahren, 355 Zeichengeschwindigkeit, 546 Zeichenrahmen asynchroner, 540 Zeiger, 126, 127, 131 Zeigerdiagramm, 162, 165, 258
744
Index
Zeit, 11 Zeit-Spannungs-Umsetzer, 421 Zeitablenkung, 277 Zeitbasis Fehler, 437 verzogerte, 279 Zeitbasisfehler, 437, 438 Zeitdifferenzmessung, 414 Zeitexpander, 416 Zeitintervallmessung, 414, 437 Zeitmessung, 411, 414, 430 Fehler durch Rauschen, 439 zeitvariante Bauelemente, 77 Zeitzeichensender, 439 DCF-77, 436, 441 Kodierschema, 442 Minutenprotokoll, 442 Modulation, 441
pseudozuf¨ allige Umtastung (BPSK), 441 Sekundenmarkierung, 442 Storerkennung, 442 Tragerphase, 441 Zerhacker-Verstarker, 212 Zielgroße, 451 Zungenfrequenzmesser, 412 Zusammengesetzte Systeme, 118 Parallelschaltung, 118 Ruckkoppelschaltung, 118 Serienschaltung, 118 Zusatzrauschzahl, 221 Zwei-Wattmeter-Verfahren, 237 Zweirampen-Umsetzer integrierender, 367 ff Zweiweg-Gleichrichtung, 152 ff, 154 Zwischen-Codes, 341, 342