„Betrachtungen eines Unpolitischen“ und die Tradition des Deutschen Konservatismus: - Gedanke „unpolitische Politik“ geht zurück auf Entstehung des deutschen Konservatismus in den ideologischen Abwehrkämpfen gegen die Ideen der französischen Revolution. - Revolutionäre Politik will Geschichte „machen“, der Konservative sieht ein metahistorisches Wirken von Natur und Vorsehung. - Wurzel des deutschen Konservatismus: Ablehnung der Französischen Revolution (Adam Müller, Edmund Burke) und „Romantischer Konservatismus“ (Friedrich Schlegel, Joseph von Eichendorff, später: Julius Langbehn). - vor 1914: Richard Wagner, Arthur Schopenhauer, Paul de Lagarde nach 1918: • Oswald Spengler: „Der Untergang des Abendlandes“, 1923 • Stephan George: „Das Neue Reich“, 1928 • Ernst Jünger: „Der Arbeiter“, 1932 • Arthur Moeller van den Bruck: „Das dritte Reich“, 1923 • Hugo von Hofmannsthal: „Das Schrifttum als geistiger Raum der Nation“, 1927 Zum Begriff des „Unpolitischen“: -
„Das Credo des Unpolitischen ist der Glaube daran, dass die Welt ohne Politik besser ist.“ (von dem Bussche, Raimund, Konservatismus in der Weimarer Republik, Diss., Heidelberg 1998, S. 27)
- Unpolitisch sind „Kultur, Seele, Freiheit, Kunst“ im Gegensatz zu „Zivilisation, Gesellschaft, Stimmrecht, Literatur“ (Mann: „Vorrede“) - unpolitisch = moralisch (statt sozialpolitisch-philanthropisch), ästhetisch (statt parteinehmend), ironisch (statt satirisch), konservativ (statt radikal) Begriff des Deutsch-Nationalen: - Nach Mann treten im Kriege die „Individualitäten der Völker“, ihre „ewigen Physiognomien“ plastisch hervor. - Die geistigen Gegensätze sind diejenigen Europas: deutsch sein heißt, „Seelischer Kampfplatz für europäische Gegensätze zu sein“. - Der unpolitische Deutsche wahrt eine humane Gesamtheit im Gegensatz zur Partialität der anderen Nationen.
Ästhetizismus und Politik: - „Politik ist das Gegenteil von Ästhetizismus“ (Mann: „Politik“) - „Politiker zu sein, ist die einzige Möglichkeit, kein Ästhet zu sein“ (ebd.) - Der Autor ist nur der Natur verpflichtet, da die Natur Abbild des Lebens und seiner Gegensätze ist. Ästhetizismus und Menschlichkeit: - Ästhetizismus ist menschlich und meint die Liebe gegenüber allem, was ist. - Politik zerstört die Menschlichkeit von innen heraus, denn ihre Menschlichkeit gründet nur im Meinen, nicht im Sein, denn der Politische liebt nicht jede Erscheindung des Lebens, sondern nur nach Maßgabe seiner parteiischen Theorie. Ironie: - Ironie nicht Gesellschaftskritik, sondern konservative Metaphysik - „Ironie ist Erotik“, „Der Ironiker ist konservativ“, „Konservativismus ist die erotische Ironie des Geistes“. (Mann: „Ironie und Radikalismus“) - Der Konservative ist Ironiker, weil er das Leben will, wie es ist. Thomas Mann und die „Konservative Revolution“: - gemäß Thomas Manns Vorstellungen vom organischen Staat, des Unpolitischen und seiner Ablehnung der Demokratie stand er bis Mitte der 20er Jahre der Konservativen Revolution nahe verwendet als erster in Deutschland den Begriff der „Konservativen Revolution“ (Mann: „Russische Anthologie“, 1921) ebenso als erster den Begriff „Drittes Reich“ (Mann: Über „Fiorenza“)
Auswahlbibliographie: - Kurzke, Hermann, Thomas Mann. Epoche – Werk – Wirkung, München 31997, S. 139 ff. - ders., Betrachtungen eines Unpolitischen, in: Koopmann, Helmut (Hrsg.), ThomasMann-Handbuch, 3. akt. Aufl., Frankfurt am Main 2005, S. 678 ff. - Sontheimer, Kurt, Thomas Mann und die Deutschen, München 1961, S. 31 f., S. 44 f., - Mohler, Armin, Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932. Ein Handbuch, Graz 51999, S. 126 f., S. 209, S. 325. o (Mohler, Armin, Weissmann, Karlheinz, Die Konservative Revolution in Deutschland 1918-1932. Ein Handbuch, 6. völlig überarb. und erw. Aufl., Graz 2005.) - von dem Bussche, Raimund, Konservatismus in der Weimarer Republik. Die Politisierung des Unpolitischen, Diss., Heidelberg 1998, S. 21 ff., S. 48 ff., 393 f.