e i h p o s o l i h p r e u e t n e b a
D I E KKUUNNSSTTZZUUL EL BE EB N EN /A / UASUGSAGBAE B4E/3O/K JT U OLBE BIE–R -ANUOGVUESMT B–E S R -EDP ET ZE ZEEMMBBEERR 2200 1 5 3
abenteuer
Philosophie
Nr. 141 / 2015
D – EUR 6,90, A – EUR 6,90, CH – SFR 12,50
Umdenken – ABER AB ER WI WIE? E? Interview mit Gerald Hüther
Die Gewalt und ihre Opfer Reisen: Mexiko und Guatemala
Ich fühle, also bin ich!
Gefühle
DIE KUNST ZU LEBEN – MAGAZIN FÜR PRAKTISCHE PHILOSOPHIE
Editorial
Mag. Hannes Weinelt Chefredakteur,, redaktion@aben Chefredakteur redaktion@abenteuer-philosop teuer-philosophie.com hie.com
Liebe Leserin, lieber Leser!
Lust auf mehr abenteuer? abenteuer Philosophie •
versteht Philosophie nach klassischem Vorbild als Lebenshaltung und
Lebensstil – Leben als Abenteuer, Lernen und Entwicklung. •
•
schöpft aus dem überzeitlichen Wissen der Menschheit und verbindet es mit den aktuellen Erkenntnissen und Herausforderungen. wird mit ehrenamtlichem Engagement von Idealisten für Idealisten herausgegeben.
Jahresabo:
Geschenkabo:
€ 23 (Österreich inkl. Versand) € 26 (Deutschland inkl. Versand) € 29 (Schweiz inkl. Versand) € 22 (andere Länder, exkl. Versandkosten) Machen Sie Ihren Freunden ein Geschenk. Die Zustellung endet automatisch nach 4 Ausgaben.
Schnupperabo: für Österreich: 2 Hefte zum Preis von € 12 inkl. Versandkosten
für andere Länder: 2 Hefte zum Preis von € 12 exkl. Versandkosten Konto:
IBAN: AT26 5600 0201 4134 3638, BIC: HYSTAT2G Verlag Filosofica
Vor einigen Jahren bei einem Seminar über Werbung und Öffentlichkeitsarbeit erklärte der Seminarleiter, dass Werbung bis in die rühen 7 0er-Jahre großteils über den Verstand unktionierte: Da wurden Nahrungsmittel Nahrungsmittel mit Gesundheitsormeln, Gesundheitsormeln, Waschpulver und Zahnpasten mit neu entdeckten Reinheitsormeln angepriesen. Alles wurde weißer als weiß – auch wenn das nun gerade nicht nach Logik klingt. Heute dagegen laue Werbung ast ausschließlich über das Geühl. Jedes Produkt – vom unerotischen Kichererbseneintop bis zum rockentierutter – wird in ein Wohlühl-Kuschels Wohlühl-Kuschelszenario zenario eingepackt, das allen Käuern Zuriedenheit und Glück verheißt. Da ich seit vielen Jahren nicht mehr ernsehe, kann ich dies nur aus der Werbung in Inseraten und au Plakatwänden bestätigen. Auch die politischen Parteien vermitteln in ihrer Wahlwerbung Wahlwerbung kaum noch rationale Argumente, sondern emotionsbeladene Floskeln. Und o werden dabei die niedrigsten Instinkte des Menschen angesprochen und ausgenutzt – Angst, Gier, Neid, Hass.
Haben wir zu denken verlernt? Au der anderen Seite ällt es uns schwer, unsere Geühle adäquat zu beschreiben und auch auszudrücken. Im Artikel Lebenskunst „Geühl und Mitgeühl“ dieser Ausgabe wird der Unterschied Unterschied zwischen einem
Denken und Fühlen machen unser Menschsein aus. durchschnittlichen Europäer und einem meditierenden Mönch augezeigt: Während die Europäer nur allgemein von Bestürzung und Mitleid sprachen, konnte der Mönch seine Geühle in 800 Worten beschreiben. Haben wir also auch zu ühlen verlernt? Denken und Fühlen, Hirn und Herz sind jene beiden Elemente unserer Psyche, die Menschsein ausmachen. Aus philosophischer Sicht gelingt unser Leben umso besser, je mehr wir diese beiden einander ergänzenden Elemente in Einklang set-
zen können. Wenn jedoch das Denken zu einem Kalkulieren und Spekulieren verkommt, und das Fühlen zu Instinkten und Sentimentalität, dann werden Denken und Fühlen zu unüberwindbaren unüberwindbaren Gegensätzen. Und die machen uns das Leben schwer. Wir vertrauen unserem Geühl nicht, weil wir kalkulieren und spekulieren. Und unser Denken setzt aus, weil uns Instinkte und Sentimentalität vereinnahmen. vereinnahmen. „Die Häle aller Fehler entsteht dadurch, dass wir denken sollten, wo wir ühlen, und dass wir ühlen sollten, wo wir denken“, bringt es der britische Literaturkritiker John Churton Collins au den Punkt. Wenn wir Denken und Fühlen verlernen, dann verlernen wir Menschsein, meint Ihr Hannes Weinelt
Bestellung unter: Tel.: +43-(0)316 48 14 43 Fax: +43-(0)316 48 14 43-11 www.abenteuer-philosophie.com
[email protected]
8 UMDENKEN
– ABER WIE?
INHALT
Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
AboSERVICE Editorial Good News Lach- und Gehirntraining philoKIDS Merkwürdiges LeserFORUM Vorschau und Impressum
Wer versucht es nicht immer wieder: raus aus den alten Denkmustern, raus aus der Fülle von Problemen, raus aus dem Stress des Alltags. Der Versuch allein ist zu wenig. Man muss es auch tun. Gerald Hüther sagt Ihnen, wie das geht.
2 3 6 64 70 72 74 75
philoSCIENCE 8
philoART 37
Gudrun Gutdeutsch
Sabina Jarosch
Umdenken – Aber wie? Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
Im Lichte der Natur Alexander von Bernus, Dichter und Alchemist
12
42
Barbara Fripertinger
Sophie von Allersleben
Etwas mehr Hirn, bitte Das neue Buch von Gerald Hüther
Nathan und der Stein des Weisen Einheit und Vielheit Vielheit bei G. E. Lessing
philoSOCIETY 14 Heribert Holzinger
Ich fühle, also bin ich Gefühl und Verstand im Wettstreit
19
14 ICH FÜHLE,
Heinrich Heine
Zum Nachdenken
ALSO BIN ICH
20
50 PhilosophischREISEN Hannes Weinelt und Wigbert Winkler
56 PhiloKLASSIKER
Die Gewalt und Ihre Opfer Der Täter-Opfer-Spirale entkommen
Wünschen Sie sich nicht auch eine Welt ohne Gewalt? Genau, und immer sind es „die anderen“, die weniger gewalttätig sein sollen. Hier aber lassen wir die anderen die Unbedeutenden sein und konrontieren uns mit unseren Geühlen, Instinkten und Leidenschaten, um der ewigen äter-Oper-Spirale zu entkommen.
Mallorca Jenseits vom Ballermann
Ernst Ferstl
Helmut Knoblauch
IHRE OPFER
Sabina Jarosch
21
22
NATHAN THAN UND DER 42 NA
PhilosophischREISEN
Wo Jesus vom Himmel fiel Irgendwo zwischen Mexiko und Guatemala
Zum Nachdenken Brückenschlag
G EWALT ALT UND 22 DIE GEW
46
Die Gefühlsfalle
Beatrice Weinelt
Seit 400 Jahren sitzt in Europa der Verstand au dem hron. Stößt nun das eurige Geühl den nüchternen Verstand vom Sockel?
philoSOPHICS
philoSPIRIT 26
Hannes Weinelt
Popol Vuh Das Buch des Rates der Maya
60
Symbolisches: Astrid Ringe
Das Auge Sehen & Erkennen als Ausdruck der Macht
Barbara Fripertinger
62
STEIN DES WEISEN
Wir, die Gefangenen von Askaban Wie man die Angst besiegt
Renate Knoblauch
Einheit und Vielheit bei G. E. Lessing
30
Der Stein ist ein Opal, der je nach Lichteinall, StandStandpunkt und Betrachtungsweise in unterschiedlichen Farben leuchtet. Eine Metapher ür unsere Sicht au die Welt.
GesundSEIN: Konflikte & Missverständnisse – ein reinigendes Gewitter
Martin Oßberger
65
Gott in Turnschuhen Wie Unternehmen die Götter (aus)nützen
LebensKunst: Gudrun Gutdeutsch
34
68
Sophie von Allersleben
Sind Sie aufgeklärt?
Gefühl und Mitgefühl
PhiloSOPHERS: Manuel Stelzl
Jean-Jacques Jean-Ja cques Rousseau Rousseau Fort mit der Vernunft – Auf die Gefühle kommt es an
DIE KUNST ZU LEBEN – MAGAZIN FÜR PRAKTISCHE PHILOSOPHIE
Editorial
Mag. Hannes Weinelt Chefredakteur,, redaktion@aben Chefredakteur redaktion@abenteuer-philosop teuer-philosophie.com hie.com
Liebe Leserin, lieber Leser!
Lust auf mehr abenteuer? abenteuer Philosophie •
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Lebensstil – Leben als Abenteuer, Lernen und Entwicklung. •
•
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Vor einigen Jahren bei einem Seminar über Werbung und Öffentlichkeitsarbeit erklärte der Seminarleiter, dass Werbung bis in die rühen 7 0er-Jahre großteils über den Verstand unktionierte: Da wurden Nahrungsmittel Nahrungsmittel mit Gesundheitsormeln, Gesundheitsormeln, Waschpulver und Zahnpasten mit neu entdeckten Reinheitsormeln angepriesen. Alles wurde weißer als weiß – auch wenn das nun gerade nicht nach Logik klingt. Heute dagegen laue Werbung ast ausschließlich über das Geühl. Jedes Produkt – vom unerotischen Kichererbseneintop bis zum rockentierutter – wird in ein Wohlühl-Kuschels Wohlühl-Kuschelszenario zenario eingepackt, das allen Käuern Zuriedenheit und Glück verheißt. Da ich seit vielen Jahren nicht mehr ernsehe, kann ich dies nur aus der Werbung in Inseraten und au Plakatwänden bestätigen. Auch die politischen Parteien vermitteln in ihrer Wahlwerbung Wahlwerbung kaum noch rationale Argumente, sondern emotionsbeladene Floskeln. Und o werden dabei die niedrigsten Instinkte des Menschen angesprochen und ausgenutzt – Angst, Gier, Neid, Hass.
Haben wir zu denken verlernt? Au der anderen Seite ällt es uns schwer, unsere Geühle adäquat zu beschreiben und auch auszudrücken. Im Artikel Lebenskunst „Geühl und Mitgeühl“ dieser Ausgabe wird der Unterschied Unterschied zwischen einem
Denken und Fühlen machen unser Menschsein aus. durchschnittlichen Europäer und einem meditierenden Mönch augezeigt: Während die Europäer nur allgemein von Bestürzung und Mitleid sprachen, konnte der Mönch seine Geühle in 800 Worten beschreiben. Haben wir also auch zu ühlen verlernt? Denken und Fühlen, Hirn und Herz sind jene beiden Elemente unserer Psyche, die Menschsein ausmachen. Aus philosophischer Sicht gelingt unser Leben umso besser, je mehr wir diese beiden einander ergänzenden Elemente in Einklang set-
zen können. Wenn jedoch das Denken zu einem Kalkulieren und Spekulieren verkommt, und das Fühlen zu Instinkten und Sentimentalität, dann werden Denken und Fühlen zu unüberwindbaren unüberwindbaren Gegensätzen. Und die machen uns das Leben schwer. Wir vertrauen unserem Geühl nicht, weil wir kalkulieren und spekulieren. Und unser Denken setzt aus, weil uns Instinkte und Sentimentalität vereinnahmen. vereinnahmen. „Die Häle aller Fehler entsteht dadurch, dass wir denken sollten, wo wir ühlen, und dass wir ühlen sollten, wo wir denken“, bringt es der britische Literaturkritiker John Churton Collins au den Punkt. Wenn wir Denken und Fühlen verlernen, dann verlernen wir Menschsein, meint Ihr Hannes Weinelt
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8 UMDENKEN
– ABER WIE?
INHALT
Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
AboSERVICE Editorial Good News Lach- und Gehirntraining philoKIDS Merkwürdiges LeserFORUM Vorschau und Impressum
Wer versucht es nicht immer wieder: raus aus den alten Denkmustern, raus aus der Fülle von Problemen, raus aus dem Stress des Alltags. Der Versuch allein ist zu wenig. Man muss es auch tun. Gerald Hüther sagt Ihnen, wie das geht.
2 3 6 64 70 72 74 75
philoSCIENCE 8
philoART 37
Gudrun Gutdeutsch
Sabina Jarosch
Umdenken – Aber wie? Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
Im Lichte der Natur Alexander von Bernus, Dichter und Alchemist
12
42
Barbara Fripertinger
Sophie von Allersleben
Etwas mehr Hirn, bitte Das neue Buch von Gerald Hüther
Nathan und der Stein des Weisen Einheit und Vielheit Vielheit bei G. E. Lessing
philoSOCIETY 14 Heribert Holzinger
Ich fühle, also bin ich Gefühl und Verstand im Wettstreit
19
14 ICH FÜHLE,
Heinrich Heine
Zum Nachdenken
ALSO BIN ICH
20
50 PhilosophischREISEN Hannes Weinelt und Wigbert Winkler
56 PhiloKLASSIKER
Die Gewalt und Ihre Opfer Der Täter-Opfer-Spirale entkommen
Wünschen Sie sich nicht auch eine Welt ohne Gewalt? Genau, und immer sind es „die anderen“, die weniger gewalttätig sein sollen. Hier aber lassen wir die anderen die Unbedeutenden sein und konrontieren uns mit unseren Geühlen, Instinkten und Leidenschaten, um der ewigen äter-Oper-Spirale zu entkommen.
Mallorca Jenseits vom Ballermann
Ernst Ferstl
Helmut Knoblauch
IHRE OPFER
Sabina Jarosch
21
22
NATHAN THAN UND DER 42 NA
PhilosophischREISEN
Wo Jesus vom Himmel fiel Irgendwo zwischen Mexiko und Guatemala
Zum Nachdenken Brückenschlag
G EWALT ALT UND 22 DIE GEW
46
Die Gefühlsfalle
Beatrice Weinelt
Seit 400 Jahren sitzt in Europa der Verstand au dem hron. Stößt nun das eurige Geühl den nüchternen Verstand vom Sockel?
philoSOPHICS
philoSPIRIT 26
Hannes Weinelt
Popol Vuh Das Buch des Rates der Maya
60
Symbolisches: Astrid Ringe
Das Auge Sehen & Erkennen als Ausdruck der Macht
Barbara Fripertinger
62
STEIN DES WEISEN
Wir, die Gefangenen von Askaban Wie man die Angst besiegt
Renate Knoblauch
Einheit und Vielheit bei G. E. Lessing
30
Der Stein ist ein Opal, der je nach Lichteinall, StandStandpunkt und Betrachtungsweise in unterschiedlichen Farben leuchtet. Eine Metapher ür unsere Sicht au die Welt.
GesundSEIN: Konflikte & Missverständnisse – ein reinigendes Gewitter
Martin Oßberger
65
Gott in Turnschuhen Wie Unternehmen die Götter (aus)nützen
LebensKunst: Gudrun Gutdeutsch
34
68
Sophie von Allersleben
Sind Sie aufgeklärt?
Gefühl und Mitgefühl
PhiloSOPHERS: Manuel Stelzl
Jean-Jacques Jean-Ja cques Rousseau Rousseau Fort mit der Vernunft – Auf die Gefühle kommt es an
8 UMDENKEN
– ABER WIE?
INHALT
Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
AboSERVICE Editorial Good News Lach- und Gehirntraining philoKIDS Merkwürdiges LeserFORUM Vorschau und Impressum
Wer versucht es nicht immer wieder: raus aus den alten Denkmustern, raus aus der Fülle von Problemen, raus aus dem Stress des Alltags. Der Versuch allein ist zu wenig. Man muss es auch tun. Gerald Hüther sagt Ihnen, wie das geht.
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philoART 37
Gudrun Gutdeutsch
Sabina Jarosch
Umdenken – Aber wie? Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther
Im Lichte der Natur Alexander von Bernus, Dichter und Alchemist
12
42
Barbara Fripertinger
Sophie von Allersleben
Etwas mehr Hirn, bitte Das neue Buch von Gerald Hüther
Nathan und der Stein des Weisen Einheit und Vielheit Vielheit bei G. E. Lessing
philoSOCIETY 14 Heribert Holzinger
Ich fühle, also bin ich Gefühl und Verstand im Wettstreit
19
14 ICH FÜHLE,
Heinrich Heine
Zum Nachdenken
ALSO BIN ICH
20
50 PhilosophischREISEN Hannes Weinelt und Wigbert Winkler
56 PhiloKLASSIKER
Die Gewalt und Ihre Opfer Der Täter-Opfer-Spirale entkommen
Wünschen Sie sich nicht auch eine Welt ohne Gewalt? Genau, und immer sind es „die anderen“, die weniger gewalttätig sein sollen. Hier aber lassen wir die anderen die Unbedeutenden sein und konrontieren uns mit unseren Geühlen, Instinkten und Leidenschaten, um der ewigen äter-Oper-Spirale zu entkommen.
Mallorca Jenseits vom Ballermann
Ernst Ferstl
Helmut Knoblauch
IHRE OPFER
Sabina Jarosch
21
22
NATHAN THAN UND DER 42 NA
PhilosophischREISEN
Die Gefühlsfalle
Zum Nachdenken Brückenschlag
G EWALT ALT UND 22 DIE GEW
46
Wo Jesus vom Himmel fiel Irgendwo zwischen Mexiko und Guatemala
Beatrice Weinelt
Seit 400 Jahren sitzt in Europa der Verstand au dem hron. Stößt nun das eurige Geühl den nüchternen Verstand vom Sockel?
philoSOPHICS
philoSPIRIT 26
Hannes Weinelt
Popol Vuh Das Buch des Rates der Maya
60
Symbolisches: Astrid Ringe
Das Auge Sehen & Erkennen als Ausdruck der Macht
Barbara Fripertinger
62
STEIN DES WEISEN
Wir, die Gefangenen von Askaban Wie man die Angst besiegt
Renate Knoblauch
Einheit und Vielheit bei G. E. Lessing
30
Der Stein ist ein Opal, der je nach Lichteinall, StandStandpunkt und Betrachtungsweise in unterschiedlichen Farben leuchtet. Eine Metapher ür unsere Sicht au die Welt.
GesundSEIN: Konflikte & Missverständnisse – ein reinigendes Gewitter
Martin Oßberger
65
Gott in Turnschuhen Wie Unternehmen die Götter (aus)nützen
LebensKunst: Gudrun Gutdeutsch
34
68
Sophie von Allersleben
Sind Sie aufgeklärt?
Gefühl und Mitgefühl
PhiloSOPHERS: Manuel Stelzl
Jean-Jacques Jean-Ja cques Rousseau Rousseau Fort mit der Vernunft – Auf die Gefühle kommt es an
Good NEWS + + + Good NEWS + + + Good NEWS + + + Good NEWS Hunde sehen Emotionen Wissenschaftern der Vetmeduni in Wien beweisen: Hunde unterscheiden zwischen fröhlichen und zornigen Menschengesichtern. Nicht weil sie die Emotionen „riechen“, sondern sie erkennen sie an Fotos auf einem Bildschirm.
H
darau trainiert, nur röhliche Gesichter anzustupsen. Gruppe 2 sollte nur zornigeGesichter auszuwählen. Hunde, die au röhliche Menschengesichter trainiert waren, erlernten ihre Augabe wesentlich schneller, als jene, die nur die zornigen Gesichter anzeigen sollten. „Es sieht so aus, als würden die Hunde Hemmungen haben, ©Anjuli Barber, MesserliForschungsinstitut /Vetuni Vienna zornige Gesichter „anzustupsen“, erklärt der Studienleiter Hunde verügen über einen höher entLudwig Huber. wickelten Geruch- und Gehörsinn als „Wir gehen davon aus, dass die der Mensch, der Sehsinn der Vierbeiner Hunde bei dieser Übung aus ihrer ist jedoch etwa siebenmal schlechter entErinnerung schöpen. Sie erkennen wickelt. „Dass Hunde die menschliche einen Gesichtsausdruck, den sie Geühlswelt au diese Art wahrnehmen ©Anjuli Barber, MesserliForschungsinstitut /Vetuni Vienna bereits abgespeichert haben“, erklärt können, war bisher noch nicht bekannt“, der Erstautor Corsin Müller. „Wir so Studienleiter Ludwig Huber. ☐ ein röhliches und ein zorniges Frauen- vermuten, dass Hunde, die keine Erahgesicht nebeneinander au einem ouch- rungen mit Menschen haben, schlechter http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/pressescreen gezeigt wurden. Hunde der ersten abschneiden würden oder die Augabe gar informationen/presseinfo2015/hunde-emotionen/, 19.5.2015 estgruppe wurden in der Übungsphase nicht lösen könnten.“
unde erkennen die Gesichter von ihnen bekannten Personen au Fotos. Diese Fähigkeit entdeckten Forscher bereits 2013. Darau baute nun die Studie an der Vetmeduni in Wien au. Sie untersuchte 20 Hunde, denen jeweils
Eine Chance für junge KünstlerInnen V�� B������� S������
V
g r o . g r e b n i e t s a i l e d o n a i p o s r u c n o c . w w w / / : p t t h ©
Debussys „Estampes“ (Nr.1, 2 und om 27. April bis 1. Mai 3) und der Sonate Nr.2, Op. 36 von 2015 and heuer der Sergei Rachmaninoff. Der 2. Preis bereits 34. Internationale Klavierwettbewerb Delia Steinmit 2000,- Euro ging an die Südberg in Madrid statt. In diesem koreanerin Seoyoug JANG und Jahr stellten sich insgesamt 68 den 3. Preis (1000,- Euro) teilten sich ex aequo Luka OKROSSVAeilnehmerInnen aus allen LänRIDZE (Georgien) und Sunghyun dern der Welt dem Urteil der Jury, die es durch das ausgesprochen KIM (Südkorea). hohe Niveau der jungen PianisFür alle, die im kommenden Die Preisträgerin Alexia Mouza vor den Mitgliedern der Jury tInnen nicht leicht hatte. Jahr ihre Chance nützen wollen, Von den ün FinalistInnen gibt es ab Herbst Inos unter: gewann schließlich Alexia MOUZA (Grie- dotierten 1. Preis. Sie eroberte auch das Pub- http://www.concursopianodeliasteinberg. ☐ chenland-Venezuela) den mit 5000,- Euro likum mit ihrer Interpretation von Claude org
„Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren“ V�� M��. C�������� S������
E
nde April and im mumok (museum von Mary Shelley ein und Konrad Paul moderner kunst stiung ludwig) in Lissmann interpretierte anhand der Wien die Präsentation des Te- Geschichte die Tematik. Die Figur von Frankenstein, die vor 200 mas des 19. Philosophicum Lech statt. In diesem Jahr wird der „Neue Mensch“ Jahren geboren wurde, ist heute aktueller im Fokus der Beiträge stehen und wie die denn je. endenzen ihn zu „bilden – optimieren In einer Welt, in der immer alles besser – perektionieren“ aus philosophischer wird, ist auch das „Mangelwesen“ Mensch Sicht zu sehen sind. zu optimieren. Die Wissenscha orscht Michael Köhlmeier ührte mit der au allen Ebenen, von der Genetik beginZusammenassung des Romans „Fran- nend, über Ernährung bis zu Anti-Agingkenstein oder der moderne Prometheus“ Strategien.
Aber wie weit dar diese Forschung gehen? Wie weit geht unsere Verantwortung ür diesen wissenschalichen Ehrgeiz und in welche Richtung soll der Mensch optimiert werden? Mehr dazu beim 19. Philosophicum Lech, 16. bis 20. September 2015 in Lech am Arlberg. ☐ siehe unter: www.philosophicum.com
Israel trifft Österreich V�� M��. H����� W������
Ende Mai tra eine 35-köpfige Philosophie-Gruppe aus Israel ihre philosophischen Freunde in Österreich. Sie alle gehören der internationalen Schule der Philosophie Neue Akropolis an, die damit anlässlich des 70. Gedenktages zum Kriegsende ein Zeichen von Brüderlichkeit setzte. Schlusspunkt war ein gemeinsamer Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen. Am Programm des ünägigen reens standen neben Workshops und einem Graz-besuch auch der Austausch der unterschiedlichen raditionen wie Lieder, änze und Kulinarik. Höhepunkt ür die israelische Delegation war eine Bergwanderung durch einen halben Meter Neuschnee. Für Überraschung sorgte der nicht unbeträchtliche gemeinsame Wortschatz, darunter Massel, Schlamassel, Chuzpe, Schmonzes, acheles, Schluck und Spitz, koscher und vieles mehr.
„Weltbürger", die nicht Gräben der Vergangenheit vertieen, sondern sich aktiv gegen die Gräben in der G egenwart und Zukun stellen wollen. Der Leiter von Neue Akropolis Israel Pierre Poulain betonte den Der Schlussakt im KZ Mauthausen ersten Grundsatz der Philosophieschule: wurde durch einen großen gemeinsamen „Eine internationale Brüderlichkeit ohne Dialog vorbereitet. Unterschied von Nationalität, Geschlecht, Darin einigte man sich, nicht als Isra- sozialem Stand etc. ist in Neue Akropolis elis oder Österreicher die Gedenkstätte kein utopischer raum, sondern gelebte zu besuchen, sondern als philosophische Realität." ☐ Die Philosophie-Gruppe aus Israel und Österreich zeigt bei ihrem Besuch im KZ Mauthausen, dass Brüderlichkeit eine gelebte Realität sein kann
©Gerhard Mayer
6
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
7
Good NEWS + + + Good NEWS + + + Good NEWS + + + Good NEWS Hunde sehen Emotionen Wissenschaftern der Vetmeduni in Wien beweisen: Hunde unterscheiden zwischen fröhlichen und zornigen Menschengesichtern. Nicht weil sie die Emotionen „riechen“, sondern sie erkennen sie an Fotos auf einem Bildschirm.
H
darau trainiert, nur röhliche Gesichter anzustupsen. Gruppe 2 sollte nur zornigeGesichter auszuwählen. Hunde, die au röhliche Menschengesichter trainiert waren, erlernten ihre Augabe wesentlich schneller, als jene, die nur die zornigen Gesichter anzeigen sollten. „Es sieht so aus, als würden die Hunde Hemmungen haben, ©Anjuli Barber, MesserliForschungsinstitut /Vetuni Vienna zornige Gesichter „anzustupsen“, erklärt der Studienleiter Hunde verügen über einen höher entLudwig Huber. wickelten Geruch- und Gehörsinn als „Wir gehen davon aus, dass die der Mensch, der Sehsinn der Vierbeiner Hunde bei dieser Übung aus ihrer ist jedoch etwa siebenmal schlechter entErinnerung schöpen. Sie erkennen wickelt. „Dass Hunde die menschliche einen Gesichtsausdruck, den sie Geühlswelt au diese Art wahrnehmen ©Anjuli Barber, MesserliForschungsinstitut /Vetuni Vienna bereits abgespeichert haben“, erklärt können, war bisher noch nicht bekannt“, der Erstautor Corsin Müller. „Wir so Studienleiter Ludwig Huber. ☐ ein röhliches und ein zorniges Frauen- vermuten, dass Hunde, die keine Erahgesicht nebeneinander au einem ouch- rungen mit Menschen haben, schlechter http://www.vetmeduni.ac.at/de/infoservice/pressescreen gezeigt wurden. Hunde der ersten abschneiden würden oder die Augabe gar informationen/presseinfo2015/hunde-emotionen/, 19.5.2015 estgruppe wurden in der Übungsphase nicht lösen könnten.“
unde erkennen die Gesichter von ihnen bekannten Personen au Fotos. Diese Fähigkeit entdeckten Forscher bereits 2013. Darau baute nun die Studie an der Vetmeduni in Wien au. Sie untersuchte 20 Hunde, denen jeweils
Eine Chance für junge KünstlerInnen V�� B������� S������
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Debussys „Estampes“ (Nr.1, 2 und om 27. April bis 1. Mai 3) und der Sonate Nr.2, Op. 36 von 2015 and heuer der Sergei Rachmaninoff. Der 2. Preis bereits 34. Internationale Klavierwettbewerb Delia Steinmit 2000,- Euro ging an die Südberg in Madrid statt. In diesem koreanerin Seoyoug JANG und Jahr stellten sich insgesamt 68 den 3. Preis (1000,- Euro) teilten sich ex aequo Luka OKROSSVAeilnehmerInnen aus allen LänRIDZE (Georgien) und Sunghyun dern der Welt dem Urteil der Jury, die es durch das ausgesprochen KIM (Südkorea). hohe Niveau der jungen PianisFür alle, die im kommenden Die Preisträgerin Alexia Mouza vor den Mitgliedern der Jury tInnen nicht leicht hatte. Jahr ihre Chance nützen wollen, Von den ün FinalistInnen gibt es ab Herbst Inos unter: gewann schließlich Alexia MOUZA (Grie- dotierten 1. Preis. Sie eroberte auch das Pub- http://www.concursopianodeliasteinberg. ☐ chenland-Venezuela) den mit 5000,- Euro likum mit ihrer Interpretation von Claude org
„Neue Menschen! Bilden, optimieren, perfektionieren“ V�� M��. C�������� S������
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nde April and im mumok (museum von Mary Shelley ein und Konrad Paul moderner kunst stiung ludwig) in Lissmann interpretierte anhand der Wien die Präsentation des Te- Geschichte die Tematik. Die Figur von Frankenstein, die vor 200 mas des 19. Philosophicum Lech statt. In diesem Jahr wird der „Neue Mensch“ Jahren geboren wurde, ist heute aktueller im Fokus der Beiträge stehen und wie die denn je. endenzen ihn zu „bilden – optimieren In einer Welt, in der immer alles besser – perektionieren“ aus philosophischer wird, ist auch das „Mangelwesen“ Mensch Sicht zu sehen sind. zu optimieren. Die Wissenscha orscht Michael Köhlmeier ührte mit der au allen Ebenen, von der Genetik beginZusammenassung des Romans „Fran- nend, über Ernährung bis zu Anti-Agingkenstein oder der moderne Prometheus“ Strategien.
Aber wie weit dar diese Forschung gehen? Wie weit geht unsere Verantwortung ür diesen wissenschalichen Ehrgeiz und in welche Richtung soll der Mensch optimiert werden? Mehr dazu beim 19. Philosophicum Lech, 16. bis 20. September 2015 in Lech am Arlberg. ☐ siehe unter: www.philosophicum.com
Israel trifft Österreich V�� M��. H����� W������
Ende Mai tra eine 35-köpfige Philosophie-Gruppe aus Israel ihre philosophischen Freunde in Österreich. Sie alle gehören der internationalen Schule der Philosophie Neue Akropolis an, die damit anlässlich des 70. Gedenktages zum Kriegsende ein Zeichen von Brüderlichkeit setzte. Schlusspunkt war ein gemeinsamer Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers Mauthausen. Am Programm des ünägigen reens standen neben Workshops und einem Graz-besuch auch der Austausch der unterschiedlichen raditionen wie Lieder, änze und Kulinarik. Höhepunkt ür die israelische Delegation war eine Bergwanderung durch einen halben Meter Neuschnee. Für Überraschung sorgte der nicht unbeträchtliche gemeinsame Wortschatz, darunter Massel, Schlamassel, Chuzpe, Schmonzes, acheles, Schluck und Spitz, koscher und vieles mehr.
„Weltbürger", die nicht Gräben der Vergangenheit vertieen, sondern sich aktiv gegen die Gräben in der G egenwart und Zukun stellen wollen. Der Leiter von Neue Akropolis Israel Pierre Poulain betonte den Der Schlussakt im KZ Mauthausen ersten Grundsatz der Philosophieschule: wurde durch einen großen gemeinsamen „Eine internationale Brüderlichkeit ohne Dialog vorbereitet. Unterschied von Nationalität, Geschlecht, Darin einigte man sich, nicht als Isra- sozialem Stand etc. ist in Neue Akropolis elis oder Österreicher die Gedenkstätte kein utopischer raum, sondern gelebte zu besuchen, sondern als philosophische Realität." ☐ Die Philosophie-Gruppe aus Israel und Österreich zeigt bei ihrem Besuch im KZ Mauthausen, dass Brüderlichkeit eine gelebte Realität sein kann
©Gerhard Mayer
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
pp hh ii ll oo SS CC II EE NN CC EE
philoSCIENCE
Prof. Dr. Gerald Hüther
UMDENKEN � ABER WIE? Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther Wer versucht es nicht immer wieder: raus aus den alten Denkmustern, raus aus der Fülle von Problemen, raus aus dem Stress des Alltags. Der Versuch allein ist zu wenig. Man muss es auch tun. Gerald Hüther sagt Ihnen, wie das geht. D�� I�������� ������ G����� G���������
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
7
©Franziska Hüther
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unehmende Gewalt, Flüchtlingsströme, Verelendung, religiöser Fanatismus … die Menschheit scheint sich ins Out zu manövrieren. Die Ursache liegt in unserer eindimensionalen Art zu denken und zu ühlen. Dagegen ziehen Bildungsreomer wie Richard David Precht, Jesper Juul und Gerald Hüther zu Felde. Hüther, der in den 70er-Jahren mit einem selbst geälschten Visastempel aus der DDR floh, meinte, dass ihm die Flucht nicht so viel Mut abgeordert hatte wie das Überwinden der dort übernommenen Denkmuster. Denkmuster überwinden – das ist auch heute notwendig! Und wie? Mit
Begeisterung! Durch das Zusammenspiel G. H.: Das menschliche Gehirn wird von Herz und Hirn können wi r unser e ja nicht von irgendwelchen geneti schen Potenziale entalten, Neues ausprobie- Programmen zusammengebaut, es strukturiert sich anhand der Lösungen, die ren. Das Gehirn kann sich das ganze Leben lang verändern – dies hat der eine Person beim Heranwachsen ür die Neurobiologe Gerald Hüther bewiesen. ihr begegnenden oder augebürdeten Er bringt wichtige Erkenntnisse durch Probleme findet. Wer ein Problem hat seine direkte Art unmissverständlich und dann eine Lösung findet, ist roh. au den Punkt. Au geistiger Ebene nennen wir das den „Aha-Effekt“. Und immer, wenn das pas A. Ph.: Vor Kurzem wurde Ihr erstes siert und wir uns über uns selbst reuen, selbst gesprochenes Hörbuch mit dem Titel werden von den Nervenzellen der emo „Männer“ veröffenttionalen Zentren licht. Diese gelten ja über deren weitof als geühllos und verzwei gte Fort ür Veränderungen sätze sogenannte neuroplastische nicht so augeschlosBotenstoffe reisen. Gibt es daür gesetzt. Und die eine neurobiologische Grundlage? wirken so ähnlich Gerald Hüther: wie Dünger au die Das Buch trägt den zur Lösung akti vierten neuronalen vollen itel : „MänVerschaltungen. ner – Das schwache Geschlecht und Die werden dann immer stärker aussein Gehirn“, und darin beschreibe gebaut und immer ich, weshalb Jun- Das Hörbuch „Männer ...“ besser. gen im Durchschnitt konstitutionell schwächer au die Welt A. Ph.: Also lernen wir durch Freude. kommen und deshalb im Durchschnitt Der Buddhismus hingegen sieht im stärker als Mädchen im Außen nach Schmerz das Mittel zur Bewusstwerdung. Halt suchen. Aus diesem Grund wird Ist das nicht ein Widerspruch? die Suche nach eigener Bedeutsamkeit G. H.: Wenn Sie statt „Schmerz“ den innerhalb einer Gemeinscha ür Män- Ausdruck „tie gehendes Problem“ verner wichtiger. wenden, stimmt es ja: Hätten wir nicht Dieses Bemühen ührt bei vielen dazu, diese Probleme, würden wir auch nicht dass sie den Kontakt zu ihrem eigenen lernen, wie sie zu lösen sind. Und uns Körper und zu ihren Geühlen leich- dessen oder uns selbst bewusst werden, ter zu unterdrücken bereit sind. Wenn könnten wir dann auch nicht. ihnen das gelingt, sind sie möglicher A. Ph.: Die Stoiker lehren die berühmte weise sehr erolgreich, aber in sich selbst kaum beheimatet, ihr Körper und ihre „stoische Ruhe“, der Buddhismus ruf zu Geühle werden ihnen deshalb zuneh- Gelassenheit auf: Ist die Beherrschung der mend remd. Geühle überhaupt „gesund“? G. H.: Die Beherrschung von Geüh A. Ph.: Gerade die Geühle spielen ja len ist etwas anderes als deren Untereine sehr große Rolle beim Umdenken. drückung. Vielleicht ist der Begriff des Sie sagten einmal: „Wir brauchen eine Beherrschens ungünstig. Gemeint ist Potenzialentaltungsgesellschaf, die mit damit die Fähigkeit, seine Affekte zu Begeisterung lernt!“ Warum sind positive regulieren. Das zählt zu den komplexesten Leistungen des menschlichen Emotionen so wichtig?
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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pp hh ii ll oo SS CC II EE NN CC EE
philoSCIENCE
Prof. Dr. Gerald Hüther
©Franziska Hüther
UMDENKEN � ABER WIE? Interview mit dem Neurobiologen Gerald Hüther Wer versucht es nicht immer wieder: raus aus den alten Denkmustern, raus aus der Fülle von Problemen, raus aus dem Stress des Alltags. Der Versuch allein ist zu wenig. Man muss es auch tun. Gerald Hüther sagt Ihnen, wie das geht. D�� I�������� ������ G����� G���������
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unehmende Gewalt, Flüchtlingsströme, Verelendung, religiöser Fanatismus … die Menschheit scheint sich ins Out zu manövrieren. Die Ursache liegt in unserer eindimensionalen Art zu denken und zu ühlen. Dagegen ziehen Bildungsreomer wie Richard David Precht, Jesper Juul und Gerald Hüther zu Felde. Hüther, der in den 70er-Jahren mit einem selbst geälschten Visastempel aus der DDR floh, meinte, dass ihm die Flucht nicht so viel Mut abgeordert hatte wie das Überwinden der dort übernommenen Denkmuster. Denkmuster überwinden – das ist auch heute notwendig! Und wie? Mit
Begeisterung! Durch das Zusammenspiel G. H.: Das menschliche Gehirn wird von Herz und Hirn können wi r unser e ja nicht von irgendwelchen geneti schen Potenziale entalten, Neues ausprobie- Programmen zusammengebaut, es strukturiert sich anhand der Lösungen, die ren. Das Gehirn kann sich das ganze Leben lang verändern – dies hat der eine Person beim Heranwachsen ür die Neurobiologe Gerald Hüther bewiesen. ihr begegnenden oder augebürdeten Er bringt wichtige Erkenntnisse durch Probleme findet. Wer ein Problem hat seine direkte Art unmissverständlich und dann eine Lösung findet, ist roh. au den Punkt. Au geistiger Ebene nennen wir das den „Aha-Effekt“. Und immer, wenn das pas A. Ph.: Vor Kurzem wurde Ihr erstes siert und wir uns über uns selbst reuen, selbst gesprochenes Hörbuch mit dem Titel werden von den Nervenzellen der emo „Männer“ veröffenttionalen Zentren licht. Diese gelten ja über deren weitof als geühllos und verzwei gte Fort ür Veränderungen sätze sogenannte neuroplastische nicht so augeschlosBotenstoffe reisen. Gibt es daür gesetzt. Und die eine neurobiologische Grundlage? wirken so ähnlich Gerald Hüther: wie Dünger au die Das Buch trägt den zur Lösung akti vierten neuronalen vollen itel : „MänVerschaltungen. ner – Das schwache Geschlecht und Die werden dann immer stärker aussein Gehirn“, und darin beschreibe gebaut und immer Das Hörbuch „Männer ...“ ich, weshalb Junbesser. gen im Durchschnitt konstitutionell schwächer au die Welt A. Ph.: Also lernen wir durch Freude. kommen und deshalb im Durchschnitt Der Buddhismus hingegen sieht im stärker als Mädchen im Außen nach Schmerz das Mittel zur Bewusstwerdung. Halt suchen. Aus diesem Grund wird Ist das nicht ein Widerspruch? die Suche nach eigener Bedeutsamkeit G. H.: Wenn Sie statt „Schmerz“ den innerhalb einer Gemeinscha ür Män- Ausdruck „tie gehendes Problem“ verner wichtiger. wenden, stimmt es ja: Hätten wir nicht Dieses Bemühen ührt bei vielen dazu, diese Probleme, würden wir auch nicht dass sie den Kontakt zu ihrem eigenen lernen, wie sie zu lösen sind. Und uns Körper und zu ihren Geühlen leich- dessen oder uns selbst bewusst werden, ter zu unterdrücken bereit sind. Wenn könnten wir dann auch nicht. ihnen das gelingt, sind sie möglicher A. Ph.: Die Stoiker lehren die berühmte weise sehr erolgreich, aber in sich selbst kaum beheimatet, ihr Körper und ihre „stoische Ruhe“, der Buddhismus ruf zu Geühle werden ihnen deshalb zuneh- Gelassenheit auf: Ist die Beherrschung der mend remd. Geühle überhaupt „gesund“? G. H.: Die Beherrschung von Geüh A. Ph.: Gerade die Geühle spielen ja len ist etwas anderes als deren Untereine sehr große Rolle beim Umdenken. drückung. Vielleicht ist der Begriff des Sie sagten einmal: „Wir brauchen eine Beherrschens ungünstig. Gemeint ist Potenzialentaltungsgesellschaf, die mit damit die Fähigkeit, seine Affekte zu Begeisterung lernt!“ Warum sind positive regulieren. Das zählt zu den komplexesten Leistungen des menschlichen Emotionen so wichtig?
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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Gehirns. Diese Fähigkeit ist nicht angeboren, sie muss erlernt werden. Aber lernen kann das ein Kind nur von Erwachsenen, die das selber können. Diese erkennt man daran, dass sie selbst in emotional sehr auwühlenden Situationen immer noch einigermaßen gelassen reagieren können.
philoSCIENCE
A. Ph.: 2014 haben Sie ja ein Sabbatical (Auszeit) eingelegt, um – wie Sie es bezeichnen – „zu sich selbst zurückzu-
neues Buch entstanden („Etwas mehr Hirn, bitte“, eben erschienen) und das Konzept ür eine genossenschalich
lich sind. Viele Menschen sind jedoch zunehmend von Ängsten, Sorgen, Groll und Ärger geplagt. Können Sie einen Rat
A. Ph.: Ja, das „Reg ulieren“ der Ge ühle ist ür das menschlicheZusammenleben unerlässlich. Für Sie ist das Gehirn in erster Linie ein „soziales Organ“. Ist der Altruismus neurobiologisch angelegt? G. H.: Alles, was wir als Einzelne wissen und können, haben wir uns nur mithile Anderer aneignen können. Ohne diese Anderen hätten wir uns gar nicht entwickeln können. Deshalb ist auch die Vorstellung, der Mensch sei ein Einzelwesen, absurd. Wir sind alle einzigartig, weil jeder von uns in der Beziehung zu anderen auch unterschiedliche Erahrungen gemacht – und in seinem Hirn verankert – hat. Wir sind also von Anang an und bis in die Wurzel unseres Seins mit anderen Menschen verbunden. Wenn wir diese Verbundenheit spüren können, geht es uns gut. Wenn wir davon abgeschnitten werden oder uns daraus abzulösen versuchen, geht es uns au Dauer nicht gut. Wie sehr jemand, wie Sie es nennen „altruistisch“ handelt, ist also das Ergebnis der Erahrungen, die die betreffende Person mit Anderen gemacht hat, machen musste oder machen dure.
Sind regelmäßige Meditationen nützlich, um seine Potenziale besser entalten und umdenken zu können? G. H.: Wenn jemand durch Meditation besser zu sich selbst oder überhaupt wieder zu sich zurückfindet, ist das sicher günstiger, als weiter bewusstlos in der Hektik des Alltags zu versinken. Woür sie oder er die au diese Weise gewonnenen Möglichkeiten dann aber nutzt, ist eine andere Frage.
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
woher sie kommen. Meist entstehen sie deshalb, weil etwas nicht nach meinen Vorstellungen läu. Und dann habe ich die Möglichkeit, entweder die Welt an meine Vorstellungen anzupassen oder meine Vorstellungen so zu ändern, dass sie besser in die Welt passen. Letzteres ist schwieriger, aber bisher bin ich damit besser geahren. A. Ph.: Das ist wohl auch der Grund ür Ihre zuversichtliche und positive Ausstrahlung … G. H.: Hmm …, eigentlich kommt so jedes Kind au die Welt: offen, lebenslustig, zugewandt und neugierig. Es geht uns nur allen leider irgendwann verloren. Manchen rüher, manchen später. Und manche finden ihre ursprüngliche Leichtigkeit auch irgendwann einach wieder. Aber das passiert selten von ganz allein, das muss man ür erstrebenswert halten, also wollen.
A. Ph.: Nicht nur die Beziehung zu Anderen ist wichtig, auch die zu sich selbst.
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©Franziska Hüther
Wenn sich Menschen als Subjekte, vom „Ich“ zum „Du“, begegnen, führt dies zu einer beglückendenVerwandlung
finden“. Wie war diese Er ahrung und welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen? G. H.: Ich habe endlich wieder einmal in Ruhe nachgedacht und versucht, nicht in der Beschreibung der Phänomene stecken zu bleiben, sondern deren Ursachen zu ergründen. Am Ende ist daraus ein
organisierte Akademie ür Potenzialentaltung (Anmerkung der Redaktion: siehe unter www.akademieuerpotentialentaltung.org). A. Ph.: Sie sind davon überzeugt, dass zur Potenzialentaltung positive Geühle wie Begeisterung und Freude unerläss-
geben, wie mansich von seinen negativen Geühlen bereit? G. H.: Ich bin kein Ratgeber und ich denke auch, dass wir auören sollten, uns ständig irgendwelche Ratschläge zu erteilen. Aber wenn ich von irgendwelchen negativen Geühlen geplagt werde, versuche ich herauszufinden,
A. Ph.: Noch einmal zurück zu Ihrer Potenzialentaltungsgesellschaf. Sie sind ja davon überzeugt, dass wir heutzutage kein Erkenntnisproblem haben, sondern ein Umsetzungsproblem. Welchen Tipp können Sie den Lesern von „abenteuer Philosophie“ mit au den Weg geben, um die eigenen Potenziale zu aktivieren? G. H.: Sie könnten ja ab soort einmal versuchen, niemals wieder einen anderen Menschen als Objekt (Ihrer Vorstellungen und Ideen, Ihrer Bewertungen und Diagnosen, Ihrer Belehrungen und Unterweisungen, Ihrer Maßnahmen und Anordnungen, übrigens auch Ihrer Bewunderung) zu behandeln. Dann wäre es Ihnen möglich, dieser anderen Person als Subjekt zu begegnen. Vom „Ich“ zum „Du“, wie Martin Buber das nennt. Versuchen Sie das Mal praktisch umzusetzen, nur einen ag lang. Sie werden diese anderen Personen, und auch sich selbst, anschließend nicht mehr wiedererkennen. Es ührt zu einer beglückenden Verwandlung – aber eben nicht, solange Sie nur darüber reden. Sie müssten es selbst ausprobieren. ☐
Prof. Dr. Gerald Hüther
Sachbuchautor und Proessor ür Neurobiologie an der Universität Göttingen. Geboren am 15.02.1951 in Emleben/Gotha, verheiratet, drei Kinder, ein Enkelkind. Pro. Dr. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnorschern Deutschlands. Praktisch beasst er sich im Rahmen verschiedener Initiativen und Projekte mit neurobiologischer Präventionsorschung. Er schreibt Sachbücher, hält Vorträge, organisiert Kongresse, arbeitet als Berater ür Politiker und Unternehmer. Als Mitherausgeber wissenschalicher Zeitschrien, Mitbegründer des Netzwerkes ür Erziehung und Bildung und häufiger Gesprächsgast in Rundunk und Fernsehen ist er Wissensvermittler und -umsetzer in einer Person. Studiert und georscht hat er in Leipzig und Jena, dann seit 1979 am Max-Planck-Institut ür experimentelle Medizin in Göttingen. Er war Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinscha und leitete von 1994–2006 eine von ihm augebaute Forschungsabteilung an der psychiatrischen Klinik in Göttingen. In seiner Öffentlichkeitsarbeit geht es ihm um die Verbreitung und Umsetzung von Erkenntnissen aus der modernen Hirnorschung. Er versteht sich als „Brückenbauer“ zwischen wissenschalichen Erkenntnissen und gesellschalicher bzw. individueller Lebenspraxis. Ziel seiner Aktivitäten ist die Schaung günstigerer Voraussetzungen ür die Entaltung menschlicher Potenziale, speziell im Bereich Erziehung und Bildung sowie au der Ebene der politischen und wirtschalichen Führung. Siehe: www.gerald-huether.de
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Gehirns. Diese Fähigkeit ist nicht angeboren, sie muss erlernt werden. Aber lernen kann das ein Kind nur von Erwachsenen, die das selber können. Diese erkennt man daran, dass sie selbst in emotional sehr auwühlenden Situationen immer noch einigermaßen gelassen reagieren können.
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A. Ph.: 2014 haben Sie ja ein Sabbatical (Auszeit) eingelegt, um – wie Sie es bezeichnen – „zu sich selbst zurückzu-
neues Buch entstanden („Etwas mehr Hirn, bitte“, eben erschienen) und das Konzept ür eine genossenschalich
lich sind. Viele Menschen sind jedoch zunehmend von Ängsten, Sorgen, Groll und Ärger geplagt. Können Sie einen Rat
A. Ph.: Ja, das „Reg ulieren“ der Ge ühle ist ür das menschlicheZusammenleben unerlässlich. Für Sie ist das Gehirn in erster Linie ein „soziales Organ“. Ist der Altruismus neurobiologisch angelegt? G. H.: Alles, was wir als Einzelne wissen und können, haben wir uns nur mithile Anderer aneignen können. Ohne diese Anderen hätten wir uns gar nicht entwickeln können. Deshalb ist auch die Vorstellung, der Mensch sei ein Einzelwesen, absurd. Wir sind alle einzigartig, weil jeder von uns in der Beziehung zu anderen auch unterschiedliche Erahrungen gemacht – und in seinem Hirn verankert – hat. Wir sind also von Anang an und bis in die Wurzel unseres Seins mit anderen Menschen verbunden. Wenn wir diese Verbundenheit spüren können, geht es uns gut. Wenn wir davon abgeschnitten werden oder uns daraus abzulösen versuchen, geht es uns au Dauer nicht gut. Wie sehr jemand, wie Sie es nennen „altruistisch“ handelt, ist also das Ergebnis der Erahrungen, die die betreffende Person mit Anderen gemacht hat, machen musste oder machen dure.
A. Ph.: Das ist wohl auch der Grund ür Ihre zuversichtliche und positive Ausstrahlung … G. H.: Hmm …, eigentlich kommt so jedes Kind au die Welt: offen, lebenslustig, zugewandt und neugierig. Es geht uns nur allen leider irgendwann verloren. Manchen rüher, manchen später. Und manche finden ihre ursprüngliche Leichtigkeit auch irgendwann einach wieder. Aber das passiert selten von ganz allein, das muss man ür erstrebenswert halten, also wollen.
A. Ph.: Nicht nur die Beziehung zu Anderen ist wichtig, auch die zu sich selbst.
Sind regelmäßige Meditationen nützlich, um seine Potenziale besser entalten und umdenken zu können? G. H.: Wenn jemand durch Meditation besser zu sich selbst oder überhaupt wieder zu sich zurückfindet, ist das sicher günstiger, als weiter bewusstlos in der Hektik des Alltags zu versinken. Woür sie oder er die au diese Weise gewonnenen Möglichkeiten dann aber nutzt, ist eine andere Frage.
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woher sie kommen. Meist entstehen sie deshalb, weil etwas nicht nach meinen Vorstellungen läu. Und dann habe ich die Möglichkeit, entweder die Welt an meine Vorstellungen anzupassen oder meine Vorstellungen so zu ändern, dass sie besser in die Welt passen. Letzteres ist schwieriger, aber bisher bin ich damit besser geahren.
©Franziska Hüther
Wenn sich Menschen als Subjekte, vom „Ich“ zum „Du“, begegnen, führt dies zu einer beglückendenVerwandlung
finden“. Wie war diese Er ahrung und welche neuen Erkenntnisse haben Sie gewonnen? G. H.: Ich habe endlich wieder einmal in Ruhe nachgedacht und versucht, nicht in der Beschreibung der Phänomene stecken zu bleiben, sondern deren Ursachen zu ergründen. Am Ende ist daraus ein
organisierte Akademie ür Potenzialentaltung (Anmerkung der Redaktion: siehe unter www.akademieuerpotentialentaltung.org). A. Ph.: Sie sind davon überzeugt, dass zur Potenzialentaltung positive Geühle wie Begeisterung und Freude unerläss-
geben, wie mansich von seinen negativen Geühlen bereit? G. H.: Ich bin kein Ratgeber und ich denke auch, dass wir auören sollten, uns ständig irgendwelche Ratschläge zu erteilen. Aber wenn ich von irgendwelchen negativen Geühlen geplagt werde, versuche ich herauszufinden,
A. Ph.: Noch einmal zurück zu Ihrer Potenzialentaltungsgesellschaf. Sie sind ja davon überzeugt, dass wir heutzutage kein Erkenntnisproblem haben, sondern ein Umsetzungsproblem. Welchen Tipp können Sie den Lesern von „abenteuer Philosophie“ mit au den Weg geben, um die eigenen Potenziale zu aktivieren? G. H.: Sie könnten ja ab soort einmal versuchen, niemals wieder einen anderen Menschen als Objekt (Ihrer Vorstellungen und Ideen, Ihrer Bewertungen und Diagnosen, Ihrer Belehrungen und Unterweisungen, Ihrer Maßnahmen und Anordnungen, übrigens auch Ihrer Bewunderung) zu behandeln. Dann wäre es Ihnen möglich, dieser anderen Person als Subjekt zu begegnen. Vom „Ich“ zum „Du“, wie Martin Buber das nennt. Versuchen Sie das Mal praktisch umzusetzen, nur einen ag lang. Sie werden diese anderen Personen, und auch sich selbst, anschließend nicht mehr wiedererkennen. Es ührt zu einer beglückenden Verwandlung – aber eben nicht, solange Sie nur darüber reden. Sie müssten es selbst ausprobieren. ☐
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Prof. Dr. Gerald Hüther
Sachbuchautor und Proessor ür Neurobiologie an der Universität Göttingen. Geboren am 15.02.1951 in Emleben/Gotha, verheiratet, drei Kinder, ein Enkelkind. Pro. Dr. Gerald Hüther zählt zu den bekanntesten Hirnorschern Deutschlands. Praktisch beasst er sich im Rahmen verschiedener Initiativen und Projekte mit neurobiologischer Präventionsorschung. Er schreibt Sachbücher, hält Vorträge, organisiert Kongresse, arbeitet als Berater ür Politiker und Unternehmer. Als Mitherausgeber wissenschalicher Zeitschrien, Mitbegründer des Netzwerkes ür Erziehung und Bildung und häufiger Gesprächsgast in Rundunk und Fernsehen ist er Wissensvermittler und -umsetzer in einer Person. Studiert und georscht hat er in Leipzig und Jena, dann seit 1979 am Max-Planck-Institut ür experimentelle Medizin in Göttingen. Er war Heisenberg-Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinscha und leitete von 1994–2006 eine von ihm augebaute Forschungsabteilung an der psychiatrischen Klinik in Göttingen. In seiner Öffentlichkeitsarbeit geht es ihm um die Verbreitung und Umsetzung von Erkenntnissen aus der modernen Hirnorschung. Er versteht sich als „Brückenbauer“ zwischen wissenschalichen Erkenntnissen und gesellschalicher bzw. individueller Lebenspraxis. Ziel seiner Aktivitäten ist die Schaung günstigerer Voraussetzungen ür die Entaltung menschlicher Potenziale, speziell im Bereich Erziehung und Bildung sowie au der Ebene der politischen und wirtschalichen Führung. Siehe: www.gerald-huether.de
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philoSCIENCE
ETWAS MEHR HIRN, BITTE
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philoSCIENCE
KREATIVWOCHE 2015
Das neue Buch des Neurobiologen Gerald Hüther Eine Einladung zur Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten. E�������� ��� M��. B������ F�����������
12. – 15. Juli 2015 Seminarhaus Mathildenheim – St. Stefan ob Leoben Bogenschießen, Land Art, Theater, Repair Café, Web-Video u.v.m. www.kreativwoche.at
D
ieses Buch ist anders. Negative Kata- werke von Kontakten – örderliche und Da kein genetisches Programm unser strophen-Verkündungsbücher oder hemmende. Und wir „benutzen“ meist Gehirn steuert, bleibt uns wohl nichts Ratgeber, wie alles besser werden jene Kontakte und Beziehungen, an die anderes übrig, als uns selbst auzumachen, um ein neues Zusammenleben zu könnte, gibt es zu Hau. Aber „Etwas mehr wir uns gewöhnt haben. Hirn, bitte“ ist aus der Seele geschrieben und Und so stellt Hüther die peinliche gestalten und die in jedem Einzelnen an diese gerichtet. Gerald Hüther gesteht Frage: „Weshalb ist es möglich, dass so angelegten Potenziale zu entalten. selbst: „Es war das schwierigste Buch, das viele Menschen au ein e Weise zusamHüther weiß um all das Elend in der ich bisher geschrieben habe, denn es geht menleben, die sie nicht glücklich macht, Welt, aber trotzdem vermittelt er Hoffdie weder konstruktiv noch zukuns- nung und Zuversicht. Das, was ein Hirn darin … „ans Eingemachte“.“ Er bricht mit unserem biologisch-wis- ähig ist? Wie viele Konflikte kann eine zu leisten imstande ist, hängt nicht von senschalichen Weltbild, das uns Men- Gesellscha überhaupt aushalten, ohne Genen, sondern von dem ab, was die schen zu einem von den Genen gesteu- auseinanderzuallen?“ Menschen wirklich im Herzen berührt. erten Objekt degradiert. Er „beördert“ Wettbewerb und Konkurrenz ühren „All jene Menschen, die sich mit anderen den Menschen wieder zu einem Subjekt, nicht zur Lösung – was wir unschwer zu einer Potenzialentaltungsgemeinoder besser gesagt: wir alle müssen uns aus der Geschichte erkennen können. scha verbunden haben, müssten künig und die anderen dazu beördern. Selbst Die einzige Lösung liegt, sagt Hüther an ihrem Strahlen in ihren Augen zu ein Regenwurm – und warum nicht schlüssig, in einem neuen Zusammenle- erkennen sein.“ auch eine Heezelle, die in Wärme und ben von Subjekten. Es braucht ein neues Vergessen Sie also nicht, dem Nächsten, Zucker sich ihres Wachstums erreut – Miteinander. Denn kein Mensch verliert dem Sie begegnen, richtig in die Augen sind intentionale Subjekte. Sie wollen von sel bst se ine Entd eckerreude und zu schauen. ☐ das Gleiche wie wir: nämlich überleben. Gestaltungslust. Aber auch niemand Gerald Hüther: Etwas mehr Hirn, bitte, ISBN Unser Gehirn gleicht nicht einem kann seine Potenziale allein entalten. 978-3-525-40464-5, Vandenhoeck & Ruprecht Computer, sondern vielmehr der menschWann angen wir also an, uns gemeinGmbH & Co. KG, Göttingen, 2015Quantum: lichen Gesellscha. Beide bauen Netz- sam au den Weg zu machen? Einstein, Bohr, and the great debate
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Sommercamp 5.- 9. August 2015 Im Seminarhaus »Camelot« im Altmühltal Hast du Lust auf eine Woche mit praktischer Philosophie, Kreativität, Spannung & Spaß? Bei unserem ©Foxaon | Dreamstime.com Sommercamp gibt es Bogenschießen, Trommeln & Percussion, Shakespeare-Theaterworkshop, Massage, Quan Dao Kung Fu, Philo-Werkstatt, Großstadt-Survival, spannende Ausflüge u.v.m. – Mehr Infos unter: Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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www.treffpunkt-philosophie.de
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KREATIVWOCHE 2015
Das neue Buch des Neurobiologen Gerald Hüther Eine Einladung zur Wiederentdeckung der Freude am eigenen Denken und der Lust am gemeinsamen Gestalten.
12. – 15. Juli 2015
E�������� ��� M��. B������ F�����������
Seminarhaus Mathildenheim – St. Stefan ob Leoben Bogenschießen, Land Art, Theater, Repair Café, Web-Video u.v.m. www.kreativwoche.at
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ieses Buch ist anders. Negative Kata- werke von Kontakten – örderliche und Da kein genetisches Programm unser strophen-Verkündungsbücher oder hemmende. Und wir „benutzen“ meist Gehirn steuert, bleibt uns wohl nichts Ratgeber, wie alles besser werden jene Kontakte und Beziehungen, an die anderes übrig, als uns selbst auzumachen, um ein neues Zusammenleben zu könnte, gibt es zu Hau. Aber „Etwas mehr wir uns gewöhnt haben. Hirn, bitte“ ist aus der Seele geschrieben und Und so stellt Hüther die peinliche gestalten und die in jedem Einzelnen an diese gerichtet. Gerald Hüther gesteht Frage: „Weshalb ist es möglich, dass so angelegten Potenziale zu entalten. selbst: „Es war das schwierigste Buch, das viele Menschen au ein e Weise zusamHüther weiß um all das Elend in der ich bisher geschrieben habe, denn es geht menleben, die sie nicht glücklich macht, Welt, aber trotzdem vermittelt er Hoffdie weder konstruktiv noch zukuns- nung und Zuversicht. Das, was ein Hirn darin … „ans Eingemachte“.“ Er bricht mit unserem biologisch-wis- ähig ist? Wie viele Konflikte kann eine zu leisten imstande ist, hängt nicht von senschalichen Weltbild, das uns Men- Gesellscha überhaupt aushalten, ohne Genen, sondern von dem ab, was die schen zu einem von den Genen gesteu- auseinanderzuallen?“ Menschen wirklich im Herzen berührt. erten Objekt degradiert. Er „beördert“ Wettbewerb und Konkurrenz ühren „All jene Menschen, die sich mit anderen den Menschen wieder zu einem Subjekt, nicht zur Lösung – was wir unschwer zu einer Potenzialentaltungsgemeinoder besser gesagt: wir alle müssen uns aus der Geschichte erkennen können. scha verbunden haben, müssten künig und die anderen dazu beördern. Selbst Die einzige Lösung liegt, sagt Hüther an ihrem Strahlen in ihren Augen zu ein Regenwurm – und warum nicht schlüssig, in einem neuen Zusammenle- erkennen sein.“ auch eine Heezelle, die in Wärme und ben von Subjekten. Es braucht ein neues Vergessen Sie also nicht, dem Nächsten, Zucker sich ihres Wachstums erreut – Miteinander. Denn kein Mensch verliert dem Sie begegnen, richtig in die Augen sind intentionale Subjekte. Sie wollen von sel bst se ine Entd eckerreude und zu schauen. ☐ das Gleiche wie wir: nämlich überleben. Gestaltungslust. Aber auch niemand Gerald Hüther: Etwas mehr Hirn, bitte, ISBN Unser Gehirn gleicht nicht einem kann seine Potenziale allein entalten. 978-3-525-40464-5, Vandenhoeck & Ruprecht Computer, sondern vielmehr der menschWann angen wir also an, uns gemeinGmbH & Co. KG, Göttingen, 2015Quantum: lichen Gesellscha. Beide bauen Netz- sam au den Weg zu machen? Einstein, Bohr, and the great debate
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Sommercamp 5.- 9. August 2015 Im Seminarhaus »Camelot« im Altmühltal Hast du Lust auf eine Woche mit praktischer Philosophie, Kreativität, Spannung & Spaß? Bei unserem ©Foxaon | Dreamstime.com Sommercamp gibt es Bogenschießen, Trommeln & Percussion, Shakespeare-Theaterworkshop, Massage, Quan Dao Kung Fu, Philo-Werkstatt, Großstadt-Survival, spannende Ausflüge u.v.m. – Mehr Infos unter:
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Die Logik des Wahnsinns
m o c . e m i t s m a e r D | i t r e B o i b a F ©
ICH FÜHLE, ALSO BIN ICH Seit 400 Jahren sitzt in Europa der Verstand au dem Tron. Stößt nun das eurige Geühl den nüchternen Verstand vom Sockel? V�� M��. H������� H��������
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
„I
ch denke, also bin ich.“ Mit diesen Worten läutete Descartes 1641 das Zeitalter des Verstandes ein. Mit seiner Loslösung der Naturwissenscha von der Geisteswissenscha und den Fesseln einer dogmatischen Kirche erobert der Mensch ungeahntes Wissen über unsere Welt, das Universum und sich selbst. Mit der Anwendung dieses Wissens beginnt der Siegeszug der echnik, mit der wir uns diese Welt verügbar gemacht haben. Alles vor unserer Zeit erscheint uns seither primitiv. Wer möchte sich heute noch ein Leben ohne Auto, Smartphone, Waschmaschine und Internet vorstellen?
den permanent jede Gesellscha. Wohin Dennoch zeigt sich, dass wir den Ver- kommen wir, wenn man sich ungezügelt stand einseitig entwickelt haben. Seine der Ausschweiung, dem Rausch und Logik gebietet es, unsere Wirtscha dem Chaos hingibt? Natürlich in Sucht, immer weiter zu beschleunigen. Global in Wahnsinn und in verbrecherische verbrauchen wir heute etwa 60 % mehr an Gesellschaen. natürlichen Ressourcen als Mutter Erde Dennoch wurde Dionysos in Griechenregenerieren kann. In der westlichen Welt land als Gottheit verehrt, weil in seinem leiden immer mehr Menschen an Burnout, Bereich auch die Intuition, die mystische Süchten und psychischen Krankheiten. Vereinigung mit anderen Menschen und Und dennoch betont Angela Merkel: „Die der Natur, die Fröhlichkeit und viele Richtung ist alternativlos“. Und der Chor andere positive Qualitäten liegen. Aus diesem Grund verband man in westlicher Politiker und Industriemagnaten stimmt röhlich in ihr Credo ein. Griechenland die Qualitäten dieser beiden Gottheiten miteinander. Den Sommer Über die Verteilung des Besitzes in unserer Welt kann man sich nur wun- regierte Apollon mit seiner Moral und dern: Die 85 Reichsten besitzen laut Oxam seiner Vernun. heute gleich viel wie die 3,5 Mrd. ärmsten Im Winter zog sich Apollon in den NorMenschen. 800 Mill. Menschen hungern, den zurück und seine empel wurden von 1,2 Mrd. leben laut UNO in extremer Dionysos übernommen. In dieser Zeit gab Armut. Dieser Wahnsinn ist das Ergebnis es ekstatische Feste, in denen das Geühl der kalten Vernun unseres Wirtschas- regierte. systems. Wo ist unser Mit-Geühl geblieben? Jedes intakte Herz müsste gegen diese Der (Un-)Sinn des Faschings Ungerechtigkeit zu Felde ziehen. Doch Auch in unserem Kulturkreis finden auch wir unterweren uns der kalten Logik wir Überreste ähnlicher Feste aus vorund singen mit dem Heer der Resignierten: christlicher radition: die Fasnacht bzw. den Fasching. Dort wo er noch gepflegt „Das ist alternativlos!“ wird, wird am Beginn der Faschingszeit Verstand und Gefühl der Stadtschlüssel vom Bürgermeister an verbinden den Faschingsprinzen übergeben. Denn Um unsere Welt zu heilen, ist es heute ab jetzt regieren die Narren. notwendiger denn je, Hirn und Herz des Man macht viele ver-rückte und lustige Menschen wieder in Einklang zu brin- Dinge, indem man sich verkleidet, einen gen. Wie kann man sich ein ruchtbares über den Durst trinkt, man begibt sich in Zusammenspiel vorstellen? Im klassischen andere Rollen: Der Schwache kehrt mal Griechenland brachte man das Denken den Supermann hervor, der Nicht-Sänger und die Vernun mit dem Lichtgott Apol- grölt seine Lieder aus vollem Hals, die lon in Verbindung. Das Geühl und den Sittsame wir sich anderen Männern an Sinnesrausch hingegen mit Dionysos, dem den Hals … Und am Aschermittwoch? Da wird der Gott des Weines und der Ekstase. Apollon mit seinem Licht, das Klarheit, Fasching wieder eingegraben, der StadtMoral und Ordnung in die Welt bringt, schlüssel zurückgegeben und Moral und ist auch der Hüter von Kultur und Zivi- Ordnung kehren zurück. Diese beiden Bereiche des Menschseins lisation. Dionysos mit seinem Geolge hingegen wurden also miteinander verbunden. So verkörpert die Leidenscha, das Rausch- wie man ore in den Mauern einer Stadt öffnete, damit die Energien der Zivilisation hae, das Irrationale, das Chaotische und damit auch den Raum, der die Kultur dem „wilden Umeld“ begegnen ohne sich umgibt – die ungezähmte und wilde Natur. zu vermischen, so baute man ore, um die Einseitig betrachtet, möchte man mei- Energien der Vernun und des Geühls nen, die Qualitäten des Dionysos geähr- miteinander ruchtbar zu verbinden.
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Die Logik des Wahnsinns
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ICH FÜHLE, ALSO BIN ICH Seit 400 Jahren sitzt in Europa der Verstand au dem Tron. Stößt nun das eurige Geühl den nüchternen Verstand vom Sockel? V�� M��. H������� H��������
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„I
ch denke, also bin ich.“ Mit diesen Worten läutete Descartes 1641 das Zeitalter des Verstandes ein. Mit seiner Loslösung der Naturwissenscha von der Geisteswissenscha und den Fesseln einer dogmatischen Kirche erobert der Mensch ungeahntes Wissen über unsere Welt, das Universum und sich selbst. Mit der Anwendung dieses Wissens beginnt der Siegeszug der echnik, mit der wir uns diese Welt verügbar gemacht haben. Alles vor unserer Zeit erscheint uns seither primitiv. Wer möchte sich heute noch ein Leben ohne Auto, Smartphone, Waschmaschine und Internet vorstellen?
den permanent jede Gesellscha. Wohin Dennoch zeigt sich, dass wir den Ver- kommen wir, wenn man sich ungezügelt stand einseitig entwickelt haben. Seine der Ausschweiung, dem Rausch und Logik gebietet es, unsere Wirtscha dem Chaos hingibt? Natürlich in Sucht, immer weiter zu beschleunigen. Global in Wahnsinn und in verbrecherische verbrauchen wir heute etwa 60 % mehr an Gesellschaen. natürlichen Ressourcen als Mutter Erde Dennoch wurde Dionysos in Griechenregenerieren kann. In der westlichen Welt land als Gottheit verehrt, weil in seinem leiden immer mehr Menschen an Burnout, Bereich auch die Intuition, die mystische Süchten und psychischen Krankheiten. Vereinigung mit anderen Menschen und Und dennoch betont Angela Merkel: „Die der Natur, die Fröhlichkeit und viele Richtung ist alternativlos“. Und der Chor andere positive Qualitäten liegen. Aus diesem Grund verband man in westlicher Politiker und Industriemagnaten stimmt röhlich in ihr Credo ein. Griechenland die Qualitäten dieser beiden Gottheiten miteinander. Den Sommer Über die Verteilung des Besitzes in unserer Welt kann man sich nur wun- regierte Apollon mit seiner Moral und dern: Die 85 Reichsten besitzen laut Oxam seiner Vernun. heute gleich viel wie die 3,5 Mrd. ärmsten Im Winter zog sich Apollon in den NorMenschen. 800 Mill. Menschen hungern, den zurück und seine empel wurden von 1,2 Mrd. leben laut UNO in extremer Dionysos übernommen. In dieser Zeit gab Armut. Dieser Wahnsinn ist das Ergebnis es ekstatische Feste, in denen das Geühl der kalten Vernun unseres Wirtschas- regierte. systems. Wo ist unser Mit-Geühl geblieben? Jedes intakte Herz müsste gegen diese Der (Un-)Sinn des Faschings Ungerechtigkeit zu Felde ziehen. Doch Auch in unserem Kulturkreis finden auch wir unterweren uns der kalten Logik wir Überreste ähnlicher Feste aus vorund singen mit dem Heer der Resignierten: christlicher radition: die Fasnacht bzw. den Fasching. Dort wo er noch gepflegt „Das ist alternativlos!“ wird, wird am Beginn der Faschingszeit Verstand und Gefühl der Stadtschlüssel vom Bürgermeister an verbinden den Faschingsprinzen übergeben. Denn Um unsere Welt zu heilen, ist es heute ab jetzt regieren die Narren. notwendiger denn je, Hirn und Herz des Man macht viele ver-rückte und lustige Menschen wieder in Einklang zu brin- Dinge, indem man sich verkleidet, einen gen. Wie kann man sich ein ruchtbares über den Durst trinkt, man begibt sich in Zusammenspiel vorstellen? Im klassischen andere Rollen: Der Schwache kehrt mal Griechenland brachte man das Denken den Supermann hervor, der Nicht-Sänger und die Vernun mit dem Lichtgott Apol- grölt seine Lieder aus vollem Hals, die lon in Verbindung. Das Geühl und den Sittsame wir sich anderen Männern an Sinnesrausch hingegen mit Dionysos, dem den Hals … Und am Aschermittwoch? Da wird der Gott des Weines und der Ekstase. Apollon mit seinem Licht, das Klarheit, Fasching wieder eingegraben, der StadtMoral und Ordnung in die Welt bringt, schlüssel zurückgegeben und Moral und ist auch der Hüter von Kultur und Zivi- Ordnung kehren zurück. Diese beiden Bereiche des Menschseins lisation. Dionysos mit seinem Geolge hingegen wurden also miteinander verbunden. So verkörpert die Leidenscha, das Rausch- wie man ore in den Mauern einer Stadt öffnete, damit die Energien der Zivilisation hae, das Irrationale, das Chaotische und damit auch den Raum, der die Kultur dem „wilden Umeld“ begegnen ohne sich umgibt – die ungezähmte und wilde Natur. zu vermischen, so baute man ore, um die Einseitig betrachtet, möchte man mei- Energien der Vernun und des Geühls nen, die Qualitäten des Dionysos geähr- miteinander ruchtbar zu verbinden.
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
philoSOCIETY
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Es geht um die medizinischen Aspekte der Sexualität, um Verhinderung von ungewollten Schwangerschaen und um Erschüttert wurde dieses System erst AIDS – es wird also sehr vernünig unterdurch die monotheistischen Religiorichtet. Aber wer spricht mit den Jugendlichen, wie Sex zu einem schönen Erlebnis nen. Im mittelalterlichen Christentum wurden die dionysischen werden kann – möglichst Qualitäten in das Reich ür beide? Über die Grendes Bösen verbannt. Die zen sprengende Gewalt der Geühle und die Sehnsucht, Nacktheit, Sinnlichkeit und Sexualität, die wilde sich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch zu Natur, das Weibliche, und der Rausch wurden dem vereinen. Wie kann man euel, also dem Widersich dem anderen hingeben, sacher Gottes zugeordnet. mit ihm verschmelzen, ohne Pan, ein griechischer Gott sich, seine Bedürnisse und seine Individualität dabei zu aus dem Geolge des Dio verlieren? Mehr als 40 % der nysos, lieerte mit seinen Kinder zwischen 11 und 13 Hörnern (liegende Mondsichel = Intuition), seiner Jahren haben schon Pornos im Internet gesehen. Aber Behaarung (wilde Natur, Sinnlichkeit) und seinem das Tema einer geglückten Sexualität wird weiterhin Ziegenuß (Lüsternheit) die Vorlage ür die christliche tabuisiert. Vorstellung des euels. Ähnlich steht es mit dem Tema Rausch. Obwohl 96 % Natürlich gelang es der Kirche nicht, den Menschen der erwachsenen Deutschen Alkohol trinken, wird der den Rausch und die Sexualität auszutreiben – o nicht Rausch hauptsächlich als einmal ihren eigenen Prieseine Vorstue der Sucht thematisiert. Davor werden die tern. Aber die Folge dieses Jugendlichen auch gewarnt. „Moralisierens“ war, dass sich die Menschen beganAber wer bringt ihnen eine „Rauschkultur“ bei? Wer thenen, ür ihr geühlsgeleitematisiert die Sehnsucht nach tes Handeln, also ür Lust, Entgrenzung und danach, Rausch und Sexualität zu schämen. Sie lebten diese die Kontrolle mal auzugeSeite ihres Seins weiterhin ben und das Kopfino ausaus, aber jetzt wurde nicht zuschalten? Was macht übermehr darüber gesprochen. haupt einen „guten Rausch“ Sex musste im Dunklen und aus und kann man nicht ©Oleksandr Batsyn | Dreamstime.com heimlich passieren, unter auch beim anzen und im der Bettdecke und am bes- Der griechische Gott Pan diente als Vorlage für den christlichen Teufel Spiel einen Rausch erleben? ten noch halb bekleidet. Mit welchem Erwachsenen Wenn man einen R ausch hatte, wollte kann man hinterher über sein Rauschman am nächsten ag nichts mehr von Worüber heute erlebnis sprechen, eine Brücke zwischen Rausch- und Alltagsbewusstsein auseinem enthemmten Verhalten wissen. keiner spricht … An dieser Stelle passierte etwas EntscheiIn den 70er-Jahren gab es die sexuelle bauen, um die Erahrung in den Alltag dendes: die Abspaltung eines eiles von Revolution. Damals begann man Sexu- zu integrieren? uns. Vernun und Geühl waren nicht alität auszuleben, über Sex zu sprechen. Der Monotheismus brachte eine duamehr integriert, sondern gespalten. Ver- Seither ist Sex auch wieder Tema im listische Philosophie von Gut und Böse nun war das Gute und wurde mit Moral Unterricht. Aber wie wird es thematisiert? hervor. Letztlich hat er eine Kultur der
Das Gefühl wird zum Teufel gejagt
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gleichgesetzt. Geühl und Leidenscha waren das Unberechenbare, Dämonische. Die ore des beruchtenden Austausches wurden geschlossen – und auch nach der Säkularisierung unserer Gesellscha nicht mehr geöffnet.
Doppelmoral hinterlassen, in welcher der Verstand vom Geühl abgespalten wurde. Diese dualistische Philosophie hat er an unser säkularisiertes Zeitalter vererbt, welches eigentlich mit der Religion nicht mehr viel am Hut hat.
Die Abspaltung der Gefühle und ihre Folgen Sehr wenige Menschen, am wenigsten die Männer, haben in uns erer Kultur einen guten Zugang zu ihren Geühlen. Woran liegt das? Auch in der Erziehung werden die Geühle dualistisch in gute und schlechte Geühle unterteilt. So ein „schlechtes“ Geühl ist z. B. die Wut. Wer hat nicht einmal die Szene erlebt, dass ein Kleinkind dem anderen ein Spielzeug wegnimmt und dieses sich mit einem Schlag rächt? Und wie intervenieren viele Eltern? „Das ist böse! Das darst du nicht.“ Passiert das öer, beginnt das Kind sich ür seine Wut zu schämen. Aber Geühle sind Boten unserer Bedürnisse und wie soll es nun seine eigenen Bedürnisse schützen und seine Ansprüche behaupten? Besser wäre: „Es ist o.k., dass du wütend bist. Aber du darst niemandem mit der Faust ins Gesicht schlagen. Das ist zu hart. Du musst lernen, dich mit Worten und ‚sanem‘ körperlichen Nachdruck zu behaupten.“ Die Maxime sollte sein: Jedes Geühl ist o.k. Aber nicht jedes Verhalten ist adäquat. Wenn Geühle wie die Wut als böse bezeichnet werden, beginnt man, seine Wut – und das dahinter liegende Bedürnis – nicht mehr wahrzunehmen. Da die Wut aber trotzdem da ist, verdrängt man sie, ohne zu lernen, adäquat damit umzugehen. Als Jugendlicher oder Erwachsener säu oder ki man seinen Frust dann weg. Wenn sich genug Wut anstaut, kann diese in zwei Richtungen ausbrechen. Nach innen über Krankheiten oder Autoaggressionen, selbstverletzendes Verhalten wie Ritzen, Essstörungen, etc. Nach außen über Zornausbrüche, die später zu Gewaltausbrüchen werden können. Eigentlich ist die Wut oder Aggression eine nützliche Kra. Gut kanalisiert
erlaubt sie dem Einzelnen, sein Leben in die Hand zu nehmen. Platon beschreibt in seinem Gleichnis vom Seelenwagen den „mutvollen“ Seelenteil des Menschen, wenn er gut erzogen ist, als beherztes und kravolles Perd, ein Heler der Vernun, des Wagenlenkers. Man kann ein Perd nicht erziehen, wenn man es nur in der Dunkelheit des Stalls einsperrt –
tig, sich diesem Geühl zu stellen. In den meisten Kulturen war die rauerzeit rituell geregelt. Man legte rauerkleidung an und zog sich ür die rauerarbeit zurück. Nach bewusst vollzogenem Abschied und innerer Erneuerung kehrte man zu den Freuden des Lebens zurück. Wie gehen wir heute mit den Nachtseiten der menschli-
©Oleksandr Batsyn | Dreamstime.com
Der griechische Gott Dionysos verkörpert die Leidenschaft und die Intuition
dort wird es (scheinbar) böse. Man muss chen Existenz um? Mit Schmerz, Verlust, wagen, es lauen zu lassen und dann ler- Scheitern und od. nen, ihm eine gute Richtung zu geben. Auch sie zählten in Griechenland zur Man muss lernen, seine Wut in kons- Domäne des Dionysos und wurden in der ragödie dargestellt. Diese lehrte, dass truktive Konflikte zu lenken. Auch das Geühl der raurigkeit wird wir alle wie Dionysos von Zeit zu Zeit in unserer Kultur abgespalten, verdrängt. „zerrissen“ werden und Dinge sterben Wenn man traurig ist, wird man soort lassen müssen. Aber wie er kann man sich selbst wieder zur Geburt bringen. od augeheitert. Aber wenn es gute Gründe ür die raurigkeit gibt: Verlust, Schmerz, und Wiedergeburt waren die Mysterien Krankheit, Scheitern, od, so ist es wich- des Dionysos.
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Es geht um die medizinischen Aspekte der Sexualität, um Verhinderung von ungewollten Schwangerschaen und um Erschüttert wurde dieses System erst AIDS – es wird also sehr vernünig unterdurch die monotheistischen Religiorichtet. Aber wer spricht mit den Jugendlichen, wie Sex zu einem schönen Erlebnis nen. Im mittelalterlichen Christentum wurden die dionysischen werden kann – möglichst Qualitäten in das Reich ür beide? Über die Grendes Bösen verbannt. Die zen sprengende Gewalt der Geühle und die Sehnsucht, Nacktheit, Sinnlichkeit und Sexualität, die wilde sich nicht nur körperlich, sondern auch seelisch zu Natur, das Weibliche, und der Rausch wurden dem vereinen. Wie kann man euel, also dem Widersich dem anderen hingeben, sacher Gottes zugeordnet. mit ihm verschmelzen, ohne Pan, ein griechischer Gott sich, seine Bedürnisse und seine Individualität dabei zu aus dem Geolge des Dio verlieren? Mehr als 40 % der nysos, lieerte mit seinen Kinder zwischen 11 und 13 Hörnern (liegende Mondsichel = Intuition), seiner Jahren haben schon Pornos im Internet gesehen. Aber Behaarung (wilde Natur, Sinnlichkeit) und seinem das Tema einer geglückten Sexualität wird weiterhin Ziegenuß (Lüsternheit) die Vorlage ür die christliche tabuisiert. Vorstellung des euels. Ähnlich steht es mit dem Tema Rausch. Obwohl 96 % Natürlich gelang es der Kirche nicht, den Menschen der erwachsenen Deutschen Alkohol trinken, wird der den Rausch und die Sexualität auszutreiben – o nicht Rausch hauptsächlich als einmal ihren eigenen Prieseine Vorstue der Sucht thematisiert. Davor werden die tern. Aber die Folge dieses Jugendlichen auch gewarnt. „Moralisierens“ war, dass sich die Menschen beganAber wer bringt ihnen eine „Rauschkultur“ bei? Wer thenen, ür ihr geühlsgeleitematisiert die Sehnsucht nach tes Handeln, also ür Lust, Entgrenzung und danach, Rausch und Sexualität zu schämen. Sie lebten diese die Kontrolle mal auzugeSeite ihres Seins weiterhin ben und das Kopfino ausaus, aber jetzt wurde nicht zuschalten? Was macht übermehr darüber gesprochen. haupt einen „guten Rausch“ Sex musste im Dunklen und aus und kann man nicht ©Oleksandr Batsyn | Dreamstime.com heimlich passieren, unter auch beim anzen und im der Bettdecke und am bes- Der griechische Gott Pan diente als Vorlage für den christlichen Teufel Spiel einen Rausch erleben? ten noch halb bekleidet. Mit welchem Erwachsenen Wenn man einen R ausch hatte, wollte kann man hinterher über sein Rauschman am nächsten ag nichts mehr von Worüber heute erlebnis sprechen, eine Brücke zwischen Rausch- und Alltagsbewusstsein auseinem enthemmten Verhalten wissen. keiner spricht … An dieser Stelle passierte etwas EntscheiIn den 70er-Jahren gab es die sexuelle bauen, um die Erahrung in den Alltag dendes: die Abspaltung eines eiles von Revolution. Damals begann man Sexu- zu integrieren? uns. Vernun und Geühl waren nicht alität auszuleben, über Sex zu sprechen. Der Monotheismus brachte eine duamehr integriert, sondern gespalten. Ver- Seither ist Sex auch wieder Tema im listische Philosophie von Gut und Böse nun war das Gute und wurde mit Moral Unterricht. Aber wie wird es thematisiert? hervor. Letztlich hat er eine Kultur der
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gleichgesetzt. Geühl und Leidenscha waren das Unberechenbare, Dämonische. Die ore des beruchtenden Austausches wurden geschlossen – und auch nach der Säkularisierung unserer Gesellscha nicht mehr geöffnet.
Doppelmoral hinterlassen, in welcher der Verstand vom Geühl abgespalten wurde. Diese dualistische Philosophie hat er an unser säkularisiertes Zeitalter vererbt, welches eigentlich mit der Religion nicht mehr viel am Hut hat.
Die Abspaltung der Gefühle und ihre Folgen Sehr wenige Menschen, am wenigsten die Männer, haben in uns erer Kultur einen guten Zugang zu ihren Geühlen. Woran liegt das? Auch in der Erziehung werden die Geühle dualistisch in gute und schlechte Geühle unterteilt. So ein „schlechtes“ Geühl ist z. B. die Wut. Wer hat nicht einmal die Szene erlebt, dass ein Kleinkind dem anderen ein Spielzeug wegnimmt und dieses sich mit einem Schlag rächt? Und wie intervenieren viele Eltern? „Das ist böse! Das darst du nicht.“ Passiert das öer, beginnt das Kind sich ür seine Wut zu schämen. Aber Geühle sind Boten unserer Bedürnisse und wie soll es nun seine eigenen Bedürnisse schützen und seine Ansprüche behaupten? Besser wäre: „Es ist o.k., dass du wütend bist. Aber du darst niemandem mit der Faust ins Gesicht schlagen. Das ist zu hart. Du musst lernen, dich mit Worten und ‚sanem‘ körperlichen Nachdruck zu behaupten.“ Die Maxime sollte sein: Jedes Geühl ist o.k. Aber nicht jedes Verhalten ist adäquat. Wenn Geühle wie die Wut als böse bezeichnet werden, beginnt man, seine Wut – und das dahinter liegende Bedürnis – nicht mehr wahrzunehmen. Da die Wut aber trotzdem da ist, verdrängt man sie, ohne zu lernen, adäquat damit umzugehen. Als Jugendlicher oder Erwachsener säu oder ki man seinen Frust dann weg. Wenn sich genug Wut anstaut, kann diese in zwei Richtungen ausbrechen. Nach innen über Krankheiten oder Autoaggressionen, selbstverletzendes Verhalten wie Ritzen, Essstörungen, etc. Nach außen über Zornausbrüche, die später zu Gewaltausbrüchen werden können. Eigentlich ist die Wut oder Aggression eine nützliche Kra. Gut kanalisiert
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erlaubt sie dem Einzelnen, sein Leben in die Hand zu nehmen. Platon beschreibt in seinem Gleichnis vom Seelenwagen den „mutvollen“ Seelenteil des Menschen, wenn er gut erzogen ist, als beherztes und kravolles Perd, ein Heler der Vernun, des Wagenlenkers. Man kann ein Perd nicht erziehen, wenn man es nur in der Dunkelheit des Stalls einsperrt –
tig, sich diesem Geühl zu stellen. In den meisten Kulturen war die rauerzeit rituell geregelt. Man legte rauerkleidung an und zog sich ür die rauerarbeit zurück. Nach bewusst vollzogenem Abschied und innerer Erneuerung kehrte man zu den Freuden des Lebens zurück. Wie gehen wir heute mit den Nachtseiten der menschli-
©Oleksandr Batsyn | Dreamstime.com
Der griechische Gott Dionysos verkörpert die Leidenschaft und die Intuition
dort wird es (scheinbar) böse. Man muss chen Existenz um? Mit Schmerz, Verlust, wagen, es lauen zu lassen und dann ler- Scheitern und od. nen, ihm eine gute Richtung zu geben. Auch sie zählten in Griechenland zur Man muss lernen, seine Wut in kons- Domäne des Dionysos und wurden in der ragödie dargestellt. Diese lehrte, dass truktive Konflikte zu lenken. Auch das Geühl der raurigkeit wird wir alle wie Dionysos von Zeit zu Zeit in unserer Kultur abgespalten, verdrängt. „zerrissen“ werden und Dinge sterben Wenn man traurig ist, wird man soort lassen müssen. Aber wie er kann man sich selbst wieder zur Geburt bringen. od augeheitert. Aber wenn es gute Gründe ür die raurigkeit gibt: Verlust, Schmerz, und Wiedergeburt waren die Mysterien Krankheit, Scheitern, od, so ist es wich- des Dionysos.
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chen und guten Menschen verwandeln – was bis vor 400 Jahren normal war und möchte, muss sowohl seinen Verstand noch heute außerhalb von Europa – wer wie auch sein Herz erziehen. Der schlecht macht das schon vor seinen ArbeitskolEine Erziehung, die zu einer Abspal- erzogene und von Egoismen geleitete legen? tung von Geühlen und Bedürnissen Verstand ist kalt und zerstörerisch. Wir Unser Verlust an Spiritualität hat dazu ührt, bewirkt in den Menschen o eine können aber unser Denken so verändern, geührt, dass wir nicht mehr in der Lage Doppelmoral. Man versucht, sich den dass wir uns mit Idealen und ugenden sind, die Seele und den Sinn der Dinge Anschein der Moral zu geben: mimt den beschäigen, dass wir die Gerechtigkeit zu erkennen. Alle Dinge und zuletzt auch Anständigen, anstatt die Anstrengung nicht nur ür uns suchen, sondern ür Pflanzen, iere und Menschen betrachten einer moralischen Veränderung au sich alle. Das unerzogene Geühl wird zur wir als Ressource ohne Eigen-Sinn. Alles zu nehmen. Man spielt z. B. den Großzü- Begierde, es kreist um Neid, Eiersucht, ist ür uns zum Objekt geworden, das wir gigen, anstatt sich zu einem großzügigen ist sprungha und ergießt sich in Wutaus- besitzen und das ür unseren Gebrauch Menschen zu machen. Wer Großzügigkeit brüchen oder Selbstmitleid. Hier können bestimmt ist. Einst war die ganze Natur lernen will, muss zuerst seine Bedürnisse wir lernen, im oben beschriebenen Sinne voller Magie und der Mensch ein eil des und auch seinen Egoismus akzeptieren. mit den scheinbar negativen Emotionen Lebensnetzes. Mit dem Rationalismus, der Dann kann man daran arbeiten, in man- zu arbeiten und sie in konstruktive Kräe Überbetonung des Logos, ist der Mythos chen Fällen seine Bedürnisse bewusst zugunsten anderer zu opern. Das ist das Gegenteil davon, seine Bedürnisse aus Harmoniesucht oder Ohnmacht zu verdrängen. Wer verzichtet, muss zuerst in der Lage sein, wichtige Bedürnisse gegenüber anderen durchzusetzen. Wer etwas hat, kann sich hingeben, wer nichts hat, kann sich nur augeben. Dazu muss man Mut entwickeln, aber auch praktische Fähigkeiten, wie man Konflikte au Augenhöhe anspricht: mit Ich-Botschaen und Bitten – und nicht mit Du©FabioBerti | Dreamstime.com Botschaen und Forderungen. Au die gleiche Art und Weise kann man sich jede Hirn oder Herz? Was wiegt in unserem Leben schwerer? ugend erarbeiten: die Geduld, den Mut, die Gelassenheit, etc. Und dadurch Ein- zu verwandeln. Und man kann positive und damit der Sinn aus unserer Welt verklang von Herz und Verstand erreichen. Geühlszustände kultivieren. Das erreicht schwunden. Neben diesem moralischen Ent- man nicht theoretisch, sondern einzig Das Heilige kommt von heil, ganz. Hinwicklungweg gibt es 2 Wege, die den über eine philosophische Lebenspraxis ter dem Geühl und dem Verstand gibt es Menschen und eine Gesellscha in das mit Übungen. auch in uns eine unsterbliche Seele, den Ungleichgewicht bzw. in die Krankinneren Menschen. Sich selbst und die heit ühren: der eine ist wie gesagt, den Sie ist der archimedische Punkt, von dem aus wir beginnen können, uns wieder ugendhaen zu spielen. Der andere ist Welt heil(ig)en es, die ugend auzugeben und seinen Die letzte Abspaltung, die der euro- ganz zu machen. All die separierten eile Egoismus, seine Feigheit etc., zügellos päische Dualismus bewirkt hat, bezieht in uns zu vereinen, heißt sie zu hei l(ig)en: auszuleben. Beide endenzen finden wir sich au seine eigenen Wurzeln – die unseren Körper, unsere Geühle, unser in unserer Gesellscha wie am Anang Religion. Zunehmend haben wir eines Denken und auch unsere Verbindung zu des Artikels beschrieben zunehmend – o unserer erhabensten Geühle verdrängt: anderen. ☐ auch im Kombipack. das Geühl ür das Heilige, ür Gott und unsere unsterbliche Seele. An Gott zu Brauchen wir mehr Herz glauben, ist in Mittel- und Nordeuropa Literaturhinweis: oder mehr Hirn? ein abu. Keiner schämt sich, si ch öffentPlaton, Phaidros Diese Frage ist eine Falle der dualisti- lich als Atheist zu bekennen. Aber auszuWalter Otto, Theophania: Der Geist der altgriechischen Religion schen Philosophie, eines Entweder-oder- sprechen, dass man an Gott glaubt und Denkens. Wer sich in einen umgängli- sich als unsterbliche Seele zu empfinden Michel Maffesoli, Der Schatten des Dionysos
Moral entwickeln anstatt Moralisieren
Düte sind die Geühle der Blumen. Heinrich Heine, aus Harzreise
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©Barbara Fripertinger
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chen und guten Menschen verwandeln – was bis vor 400 Jahren normal war und möchte, muss sowohl seinen Verstand noch heute außerhalb von Europa – wer wie auch sein Herz erziehen. Der schlecht macht das schon vor seinen ArbeitskolEine Erziehung, die zu einer Abspal- erzogene und von Egoismen geleitete legen? tung von Geühlen und Bedürnissen Verstand ist kalt und zerstörerisch. Wir Unser Verlust an Spiritualität hat dazu ührt, bewirkt in den Menschen o eine können aber unser Denken so verändern, geührt, dass wir nicht mehr in der Lage Doppelmoral. Man versucht, sich den dass wir uns mit Idealen und ugenden sind, die Seele und den Sinn der Dinge Anschein der Moral zu geben: mimt den beschäigen, dass wir die Gerechtigkeit zu erkennen. Alle Dinge und zuletzt auch Anständigen, anstatt die Anstrengung nicht nur ür uns suchen, sondern ür Pflanzen, iere und Menschen betrachten einer moralischen Veränderung au sich alle. Das unerzogene Geühl wird zur wir als Ressource ohne Eigen-Sinn. Alles zu nehmen. Man spielt z. B. den Großzü- Begierde, es kreist um Neid, Eiersucht, ist ür uns zum Objekt geworden, das wir gigen, anstatt sich zu einem großzügigen ist sprungha und ergießt sich in Wutaus- besitzen und das ür unseren Gebrauch Menschen zu machen. Wer Großzügigkeit brüchen oder Selbstmitleid. Hier können bestimmt ist. Einst war die ganze Natur lernen will, muss zuerst seine Bedürnisse wir lernen, im oben beschriebenen Sinne voller Magie und der Mensch ein eil des und auch seinen Egoismus akzeptieren. mit den scheinbar negativen Emotionen Lebensnetzes. Mit dem Rationalismus, der Dann kann man daran arbeiten, in man- zu arbeiten und sie in konstruktive Kräe Überbetonung des Logos, ist der Mythos chen Fällen seine Bedürnisse bewusst zugunsten anderer zu opern. Das ist das Gegenteil davon, seine Bedürnisse aus Harmoniesucht oder Ohnmacht zu verdrängen. Wer verzichtet, muss zuerst in der Lage sein, wichtige Bedürnisse gegenüber anderen durchzusetzen. Wer etwas hat, kann sich hingeben, wer nichts hat, kann sich nur augeben. Dazu muss man Mut entwickeln, aber auch praktische Fähigkeiten, wie man Konflikte au Augenhöhe anspricht: mit Ich-Botschaen und Bitten – und nicht mit Du©FabioBerti | Dreamstime.com Botschaen und Forderungen. Au die gleiche Art und Weise kann man sich jede Hirn oder Herz? Was wiegt in unserem Leben schwerer? ugend erarbeiten: die Geduld, den Mut, die Gelassenheit, etc. Und dadurch Ein- zu verwandeln. Und man kann positive und damit der Sinn aus unserer Welt verklang von Herz und Verstand erreichen. Geühlszustände kultivieren. Das erreicht schwunden. Neben diesem moralischen Ent- man nicht theoretisch, sondern einzig Das Heilige kommt von heil, ganz. Hinwicklungweg gibt es 2 Wege, die den über eine philosophische Lebenspraxis ter dem Geühl und dem Verstand gibt es Menschen und eine Gesellscha in das mit Übungen. auch in uns eine unsterbliche Seele, den Ungleichgewicht bzw. in die Krankinneren Menschen. Sich selbst und die heit ühren: der eine ist wie gesagt, den Sie ist der archimedische Punkt, von Welt heil(ig)en dem aus wir beginnen können, uns wieder ugendhaen zu spielen. Der andere ist es, die ugend auzugeben und seinen Die letzte Abspaltung, die der euro- ganz zu machen. All die separierten eile Egoismus, seine Feigheit etc., zügellos päische Dualismus bewirkt hat, bezieht in uns zu vereinen, heißt sie zu hei l(ig)en: auszuleben. Beide endenzen finden wir sich au seine eigenen Wurzeln – die unseren Körper, unsere Geühle, unser in unserer Gesellscha wie am Anang Religion. Zunehmend haben wir eines Denken und auch unsere Verbindung zu des Artikels beschrieben zunehmend – o unserer erhabensten Geühle verdrängt: anderen. ☐ auch im Kombipack. das Geühl ür das Heilige, ür Gott und unsere unsterbliche Seele. An Gott zu Brauchen wir mehr Herz glauben, ist in Mittel- und Nordeuropa Literaturhinweis: oder mehr Hirn? ein abu. Keiner schämt sich, si ch öffentPlaton, Phaidros Diese Frage ist eine Falle der dualisti- lich als Atheist zu bekennen. Aber auszuWalter Otto, Theophania: Der Geist der altgriechischen Religion schen Philosophie, eines Entweder-oder- sprechen, dass man an Gott glaubt und Denkens. Wer sich in einen umgängli- sich als unsterbliche Seele zu empfinden Michel Maffesoli, Der Schatten des Dionysos
Moral entwickeln anstatt Moralisieren
Düte sind die Geühle der Blumen. Heinrich Heine, aus Harzreise
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z u m N aA cChHDdEeNn Kk Ee N n
DIE GEFÜHLSFALLE Ich mag Geühle. Meistens zumindest. Und ich mag Menschen, die Geühle ausdrücken und zeigen können. Aber es gibt Grenzen, nämlich dann, wenn es au der Geüh lsautobahn keine Ausahrt „Denken“ gibt. V�� B������� W������
F
reundin Christiane geht mit KarlHeinz ins Kino. Ein antastischer Film, wie sie mir nachher begeistert berichtet. Au die Frage, was denn das Inspirierende an diesem Film war, ein kurzes Zögern und dann ein: „Na ja, er war einach spannend, wunderbar augebaut.“ (Anmerkung: Christiane hat ein Studium absolviert und ist Gymnasiallehrerin, also eigentlich des Denkens mächtig.) Ich raue mir (nur innerlich) das Haar, bohre nochmals nach. Aber es bleibt beim schon mehrach Gehörten „einach toll“, umrankt von einigen verbal-emotionalen Variationen selben Inhalts.
Ein Einzelfall? Ohrenzeugenbericht nach einem Vortrag. Gespräch zwischen zwei Besuchern. A: „Wie hat Ihnen der Vortrag geallen?“ B: „Er war toll, sehr unterhaltsam.“ A: „Aber was hat Ihnen am meisten zugesagt?“ B, hörbar überordert: „Er war schön, ein schöner Moment.“ Reicht uns schon das „gute Geühl“, das etwas in uns hinterlässt? Gewöhnen wir uns das Denken ab? Sind wir schon zurieden damit, ob etwas angenehm oder unangenehm war? Es scheint ein neues Phänomen zu geben: Die G´spüritis. Alles Erlebte wird ast ausschließlich nach den Kriterien der Emotionen, die es auslöst, eingeordnet. Es war gut, weil es angenehm war. Es war schlecht, weil es unangenehm
war. Ist das ausreichend? Wo bleiben Idee, Konzept, Erahrung? Psychologen und Hirnorscher berichten uns, dass wir zuerst ühlen bzw. etwas emotional aunehmen und erst dann kommt das Rationalisieren. Das ist nachvollziehbar. Wenn aber nach einem Erlebnis nur mehr eine Emotionswolke über den Bewusstseinshimmel zieht, dann lassen wir einen wichtigen Aspekt des Menschseins aus. Wir können denken, eine wunderbare Errungenscha der Evolution. Wir Menschen sind theoretisch in der Lage, unser Erleben zu reflektieren, daraus Erahrungen zu ziehen, Bewusstsein zu schaffen und uns diese Erahrungen mitzuteilen. All das braucht die Anwendung des Werkzeugs „Denken“. Zugegeben: Das ist manchmal anstrengend. Die Emotionen sind wie die Eintrittskarte zu einem Erleben, das Denken reflektiert dieses und macht daraus einen Bewusstseinsinhalt. Viele Philosophen standen den Emotionen skeptisch gegenüber. Immanuel Kant meinte, dass wir durch die Geühle nichts über die Welt erahren können, nur über uns
selbst. Emotionen schaffen keine Objektivität, sondern bieten ein subjektives Erleben, das heißt, wir spiegeln uns gleichsam in ihnen. Ich möchte in keiner Welt leben, die kalt ist und von Menschen bevölkert, die emotionsanämisch und geühlsmagersüchtig sind. Aber nur ein „Geühl“ zu haben, reicht nicht, es braucht auch die Fähigkeit des Denkens, um mehr von der Welt und uns selbst zu erahren. ☐
BRÜCKENBAU Deine Gedanken und Worte sind nicht die meinen. Meine Geühle sind die nicht die deinen. Deine Welten und deine räume sind nicht die meinen. Und doch verbinden uns unsere Gedanken, Worte und Geühle, unsere Welten und räume so stark miteinander, dass sie es schaffen, die tieen Abgründe zwischen uns zu überbrücken.
m o c . e m i t s m a e r D | z c b h P ©
© Ernst Ferstl, Lehrer, Dichter und Aphoristiker, Quelle: »zusammen wachsen« verlag freya, Unterweitersdorf tim e.c om | Dr eams © Lcs 813
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reundin Christiane geht mit KarlHeinz ins Kino. Ein antastischer Film, wie sie mir nachher begeistert berichtet. Au die Frage, was denn das Inspirierende an diesem Film war, ein kurzes Zögern und dann ein: „Na ja, er war einach spannend, wunderbar augebaut.“ (Anmerkung: Christiane hat ein Studium absolviert und ist Gymnasiallehrerin, also eigentlich des Denkens mächtig.) Ich raue mir (nur innerlich) das Haar, bohre nochmals nach. Aber es bleibt beim schon mehrach Gehörten „einach toll“, umrankt von einigen verbal-emotionalen Variationen selben Inhalts.
Ein Einzelfall? Ohrenzeugenbericht nach einem Vortrag. Gespräch zwischen zwei Besuchern. A: „Wie hat Ihnen der Vortrag geallen?“ B: „Er war toll, sehr unterhaltsam.“ A: „Aber was hat Ihnen am meisten zugesagt?“ B, hörbar überordert: „Er war schön, ein schöner Moment.“ Reicht uns schon das „gute Geühl“, das etwas in uns hinterlässt? Gewöhnen wir uns das Denken ab? Sind wir schon zurieden damit, ob etwas angenehm oder unangenehm war? Es scheint ein neues Phänomen zu geben: Die G´spüritis. Alles Erlebte wird ast ausschließlich nach den Kriterien der Emotionen, die es auslöst, eingeordnet. Es war gut, weil es angenehm war. Es war schlecht, weil es unangenehm
war. Ist das ausreichend? Wo bleiben Idee, Konzept, Erahrung? Psychologen und Hirnorscher berichten uns, dass wir zuerst ühlen bzw. etwas emotional aunehmen und erst dann kommt das Rationalisieren. Das ist nachvollziehbar. Wenn aber nach einem Erlebnis nur mehr eine Emotionswolke über den Bewusstseinshimmel zieht, dann lassen wir einen wichtigen Aspekt des Menschseins aus. Wir können denken, eine wunderbare Errungenscha der Evolution. Wir Menschen sind theoretisch in der Lage, unser Erleben zu reflektieren, daraus Erahrungen zu ziehen, Bewusstsein zu schaffen und uns diese Erahrungen mitzuteilen. All das braucht die Anwendung des Werkzeugs „Denken“. Zugegeben: Das ist manchmal anstrengend. Die Emotionen sind wie die Eintrittskarte zu einem Erleben, das Denken reflektiert dieses und macht daraus einen Bewusstseinsinhalt. Viele Philosophen standen den Emotionen skeptisch gegenüber. Immanuel Kant meinte, dass wir durch die Geühle nichts über die Welt erahren können, nur über uns
selbst. Emotionen schaffen keine Objektivität, sondern bieten ein subjektives Erleben, das heißt, wir spiegeln uns gleichsam in ihnen. Ich möchte in keiner Welt leben, die kalt ist und von Menschen bevölkert, die emotionsanämisch und geühlsmagersüchtig sind. Aber nur ein „Geühl“ zu haben, reicht nicht, es braucht auch die Fähigkeit des Denkens, um mehr von der Welt und uns selbst zu erahren. ☐
BRÜCKENBAU Deine Gedanken und Worte sind nicht die meinen. Meine Geühle sind die nicht die deinen. Deine Welten und deine räume sind nicht die meinen. Und doch verbinden uns unsere Gedanken, Worte und Geühle, unsere Welten und räume so stark miteinander, dass sie es schaffen, die tieen Abgründe zwischen uns zu überbrücken.
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© Ernst Ferstl, Lehrer, Dichter und Aphoristiker, Quelle: »zusammen wachsen« verlag freya, Unterweitersdorf tim e.c om | Dr eams © Lcs 813
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Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
philoSOCIETY
philoSOCIETY
DIE GEWALT UND IHRE OPFER
Wünschen Sie sich nicht auch eine Welt ohne Gewalt? Genau, und immer sind es „die anderen“, die weniger gewalttätig sein s ollen. Hier aber lassen wir die anderen die Unbedeutenden sein und konrontieren uns mit unseren Geühlen, Instinkten und Leidenschaen, um der äter-Oper-Spirale zu entkommen. V�� D�. H����� K��������, L����� ��� I�������� ��� �������������� K���������� „B����������“ �� Ö���������
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
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Die alltägliche Situation
m o c . e m i t s m a e r D | o t o h p i n a S ©
Das Wort selbst stammt aus dem althoch- Philosophen erstaunt, warum er denn den Es ist knapp vor Mitternacht und Gerhard deutschen „waltan“ und bedeutet „stark sein, Diener ob seiner Ungeschicklichkeit nicht ist au dem Heimweg von einem gemütli- beherrschen“. Damit bezeichnet man im bestra hätte. Platon erwiderte darau: „Weil chen reffen mit Freunden. Plötzlich wird Allgemeinen Handlungen, die jemanden ich zornig war.“ Mit dieser Anekdote wird beschrieben, seine Aumerksamkeit aktiviert. Irgend- oder etwas schädigen und beeinträchtigen, etwas stimmt nicht da vorne, das sieht er körperlich oder psychisch. welche Ebenen in uns au Gewalt reagieren. schon von Weitem. Ein Mann und eine Zu unterscheiden ist zwischen den Wir neigen dann zur Gewalttätigkeit, wenn Frau kommen ihm entgegen. Das allerdings Gewalthandlungen der Natur und denen unsere Instinkte, Leidenschaen, unsere nicht einträchtig. Wild gestikulierend und des Menschen. Während die einen natür- Wut, unser Zorn und unsere Angst unser in bedrohlicher Haltung macht der Mann lichen Ursprungs sind, Naturkatastrophen Denken und Handeln beherrschen. gegenüber der Frau seinem Ärger Lu. und Gewalttaten im ierreich ohne AlterIn jenen Momenten, in denen wir uns diesen niederen Geühlen auslieern, neigen Die Frau wiederum scheint ihren Beglei- native aureten, hat der Mensch immer die ter beruhigen zu wollen, allerdings ohne Möglichkeit, Gewalt abzulehnen. Um diese wir eher zur Gewalt. Als „nieder“ werden Erolg. Immer aggressiver werden seine Tematik geht es in diesem Artikel. diese Art von Geühlen bezeichnet, weil sie Gesten. „Oh nein, warum muss das den Menschen nur sich selber und seine Geühle mir passieren?“, denkt sich Gerhard und „Was soll ich tun? Noch habe ich sehen lassen und verhindie Gelegenheit, die Straßenseite zu dern, dass wir unsere wechseln und an den beiden vorbei Umgebung, auch die zu gehen, als wenn nichts geschehen menschliche, mitsamt wäre. Aber nein, nicht mit mir. Und ihren Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer nicht heute!“ Direkt vor den beiden wendet Konfliktlösung erkennen können. Wenn wir sich Gerhard an die Frau, die schon abwehrende Haltungen einnimmt, gewalttätig sind, befinden wir uns in einem um sich den angedeuteten Attacken ihres „Partners“ erwehren zu können. Scheuklappen-Zustand, „Stimmt etwas nicht? Kann ich Ihnen aus dem es kein gewalthelen? Brauchen Sie Unterstützung?“ reies Entrinnen gibt. Ganz so, wie Gerhard es im Seminar Gewalt erzeugt dann m o c vor einem Monat gelernt hatte, ragt immer mehr Gewalt, . e m i t bis der Schwächere flieht er die Frau. s m a Der Mann richtet nun seine oder zerstört am Boden e r D | Aggression auch au Gerhard, der liegt. Der vermeintliche e v i t Sieg gehört dann nur sich jedoch nicht davon abbringen c a k i b lässt, der Frau seine Hile anzubieeiner Seite. u K © Wenn wir andererten. Diese erwidert nur „Danke, ich seits von der Vorstellung brauche nichts, es geht schon, es ist Kämpfende Hengste: Gewalt im Tierreich hat einen alles o.k.“ In der Zwischenzeit sind natürlichenUrsprung ausgehen, dass wir nicht die drei vor dem Hauseingang des unsere Instinkte oder Paares angelangt und mit einer letzten Frage Geühle sind, haben wir die Möglichkeit, Wo und wie wir auf und einem letzten „Danke, nein, es ist schon eine Art von Dialog mit ihnen auzunehmen. in Ordnung“ verschwinden die beiden im Gewalt reagieren Alleine die atsache, dass wir über selbst Als einmal ein Freund beim griechischen erlebte Geühlssituationen nachdenken oder dunklen Hausflur. Philosophen Platon zu Besuch war, wurde reflektieren können, bestätigt diese MögWas ist Gewalt? er Zeuge einer Szene, in der ein Diener eine lichkeit. Damit wäre die Situation geklärt: Sobald wir uns der zerstörerischen Art unseEine Situation wird da geschildert, die äußerst wertvolle Vase aus Unachtsamkeit jedem von uns passieren könnte. Und jeder umstieß. rer Geühle und Instinkte auslieern, ist die von unswird einen anderen Lösungsweg einDiese zerschellte in Hunderte Stücke. Gewalt allgegenwärtig. Nur wenn wir den schlagen. Je nachdem, wie wir mit unseren Platon reagierte nicht. Nachdem der Die- aktiven Umgang mit Wut, Zorn, Angst und Ängsten, Beürchtungen und Zweieln umge- ner unter vielachen Entschuldigungen den Selbsterhaltung erlernen, schaffen wir eine hen, wenn wir mit Gewalt konrontiert sind. Raum verlassen hatte, ragte der Freund den gewaltlose Handlung.
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DIE GEWALT UND IHRE OPFER
Wünschen Sie sich nicht auch eine Welt ohne Gewalt? Genau, und immer sind es „die anderen“, die weniger gewalttätig sein s ollen. Hier aber lassen wir die anderen die Unbedeutenden sein und konrontieren uns mit unseren Geühlen, Instinkten und Leidenschaen, um der äter-Oper-Spirale zu entkommen. V�� D�. H����� K��������, L����� ��� I�������� ��� �������������� K���������� „B����������“ �� Ö���������
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Die alltägliche Situation
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Das Wort selbst stammt aus dem althoch- Philosophen erstaunt, warum er denn den Es ist knapp vor Mitternacht und Gerhard deutschen „waltan“ und bedeutet „stark sein, Diener ob seiner Ungeschicklichkeit nicht ist au dem Heimweg von einem gemütli- beherrschen“. Damit bezeichnet man im bestra hätte. Platon erwiderte darau: „Weil chen reffen mit Freunden. Plötzlich wird Allgemeinen Handlungen, die jemanden ich zornig war.“ Mit dieser Anekdote wird beschrieben, seine Aumerksamkeit aktiviert. Irgend- oder etwas schädigen und beeinträchtigen, etwas stimmt nicht da vorne, das sieht er körperlich oder psychisch. welche Ebenen in uns au Gewalt reagieren. schon von Weitem. Ein Mann und eine Zu unterscheiden ist zwischen den Wir neigen dann zur Gewalttätigkeit, wenn Frau kommen ihm entgegen. Das allerdings Gewalthandlungen der Natur und denen unsere Instinkte, Leidenschaen, unsere nicht einträchtig. Wild gestikulierend und des Menschen. Während die einen natür- Wut, unser Zorn und unsere Angst unser in bedrohlicher Haltung macht der Mann lichen Ursprungs sind, Naturkatastrophen Denken und Handeln beherrschen. gegenüber der Frau seinem Ärger Lu. und Gewalttaten im ierreich ohne AlterIn jenen Momenten, in denen wir uns diesen niederen Geühlen auslieern, neigen Die Frau wiederum scheint ihren Beglei- native aureten, hat der Mensch immer die ter beruhigen zu wollen, allerdings ohne Möglichkeit, Gewalt abzulehnen. Um diese wir eher zur Gewalt. Als „nieder“ werden Erolg. Immer aggressiver werden seine Tematik geht es in diesem Artikel. diese Art von Geühlen bezeichnet, weil sie Gesten. „Oh nein, warum muss das den Menschen nur sich selber und seine Geühle mir passieren?“, denkt sich Gerhard und „Was soll ich tun? Noch habe ich sehen lassen und verhindie Gelegenheit, die Straßenseite zu dern, dass wir unsere wechseln und an den beiden vorbei Umgebung, auch die zu gehen, als wenn nichts geschehen menschliche, mitsamt wäre. Aber nein, nicht mit mir. Und ihren Notwendigkeiten und Möglichkeiten einer nicht heute!“ Direkt vor den beiden wendet Konfliktlösung erkennen können. Wenn wir sich Gerhard an die Frau, die schon abwehrende Haltungen einnimmt, gewalttätig sind, befinden wir uns in einem um sich den angedeuteten Attacken ihres „Partners“ erwehren zu können. Scheuklappen-Zustand, „Stimmt etwas nicht? Kann ich Ihnen aus dem es kein gewalthelen? Brauchen Sie Unterstützung?“ reies Entrinnen gibt. Ganz so, wie Gerhard es im Seminar Gewalt erzeugt dann m o c vor einem Monat gelernt hatte, ragt immer mehr Gewalt, . e m i t bis der Schwächere flieht er die Frau. s m a Der Mann richtet nun seine oder zerstört am Boden e r D | Aggression auch au Gerhard, der liegt. Der vermeintliche e v i t Sieg gehört dann nur sich jedoch nicht davon abbringen c a k i b lässt, der Frau seine Hile anzubieeiner Seite. u K © Wenn wir andererten. Diese erwidert nur „Danke, ich seits von der Vorstellung brauche nichts, es geht schon, es ist Kämpfende Hengste: Gewalt im Tierreich hat einen alles o.k.“ In der Zwischenzeit sind natürlichenUrsprung ausgehen, dass wir nicht die drei vor dem Hauseingang des unsere Instinkte oder Paares angelangt und mit einer letzten Frage Geühle sind, haben wir die Möglichkeit, und einem letzten „Danke, nein, es ist schon Wo und wie wir auf eine Art von Dialog mit ihnen auzunehmen. in Ordnung“ verschwinden die beiden im Gewalt reagieren Alleine die atsache, dass wir über selbst Als einmal ein Freund beim griechischen erlebte Geühlssituationen nachdenken oder dunklen Hausflur. Philosophen Platon zu Besuch war, wurde reflektieren können, bestätigt diese MögWas ist Gewalt? er Zeuge einer Szene, in der ein Diener eine lichkeit. Damit wäre die Situation geklärt: Sobald wir uns der zerstörerischen Art unseEine Situation wird da geschildert, die äußerst wertvolle Vase aus Unachtsamkeit jedem von uns passieren könnte. Und jeder umstieß. rer Geühle und Instinkte auslieern, ist die von unswird einen anderen Lösungsweg einDiese zerschellte in Hunderte Stücke. Gewalt allgegenwärtig. Nur wenn wir den schlagen. Je nachdem, wie wir mit unseren Platon reagierte nicht. Nachdem der Die- aktiven Umgang mit Wut, Zorn, Angst und Ängsten, Beürchtungen und Zweieln umge- ner unter vielachen Entschuldigungen den Selbsterhaltung erlernen, schaffen wir eine hen, wenn wir mit Gewalt konrontiert sind. Raum verlassen hatte, ragte der Freund den gewaltlose Handlung.
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
philoSOCIETY
Der aktive Umgang mit unseren Gefühlen Dieser aktive Umgang mit unseren Geühlen unktioniert am besten schrittweise und ist am Beispiel der Angst dargestellt: 1. Akzeptieren , dass es die Angst gibt. 2. Akzeptieren, dass ich Angst habe, denn es gibt ür mich immer etwas Unbekanntes und daraus kann Angst entstehen. 3. Meine Ängste benennen und sie damit anerkennen. Darin steckt der S chlüssel, um die Angst beherrschen zu können. 4. Die Angst überwinden, indem wir sie als ständige Begleiterin in unserem Leben sehen und akzeptieren. Dieser Schritt ordert uns au, Strategien und Mittel zu entwickeln, um die Angst „an der Hand“ nehmen und trotz ihrer Anwesenheit unser Ziel zu erreichen.
philoSOCIETY
„Es ist besser, sich selbst zu besiegen, als tausend Feinde in tausend Kämpen!“, wird dem Gautama Buddha zugeschrieben. Sich selbst zu besiegen bedeutet die Kontrolle der destruktiven Geühle und Instinkte in Augenblicken der Krise. Dazu olgende Anekdote: Ein Schüler, der viel gelernt hatte, ging zum Meister und bat ihn um einen Rat: „Ich habe viel studiert und möchte mein Wissen nun gerne anwenden. Wie kann ich das machen?“
Freundlich nickte der Meister: „Komm bitte einen Schritt näher zu mir.“ Der Schüler tat, worum ihn der Meister gebeten hatte. „Wie gut du dein Wissen anwendest“, lobte der Meister. „Und jetzt tritt bitte einen Schritt hinter dich.“ Für den aktiven Umgang mit unseren Geühlen benötigen wir eine Distanz zu den Schwächen unserer Persönlichkeit. Diese erreichen wir, wenn wir Eigenschaen oder
ugenden entwickeln, wie sie in den olgenden Schritten zusammengeasst sind: Seinen Frieden in sich finden – Vorstellungskra – Kreativität – Initiative. Diese Fähigkeiten werden uns helen, unsere Krisen zu meistern, seien sie äußerer oder innerer Natur. ugenden sind aber nur dann wirksam, wenn wir sie leben. Und dazu müssen wir strategisch vorgehen. Die olgende Auswahl ist nicht vollzählig, sondern dient als Anregung.
A) Seinen Frieden in sich finden Seine Ziele definieren
Seien wir uns in einer Krisensituation klar, was wir wirklich wollen. Will ich recht behalten oder will ich die Situation gewaltlos lösen? Gewalt kann nicht durch Gewalt beseitigt werden, das würde die Sache eher anheizen als beruhigen.
Das Ziel kann einerseits sein, aus einer konfliktiven Situation unbeschadet herauszukommen, kann aber auch darin bestehen, nicht selber zum äter zu werden. Dies gilt sowohl ür die physische wie auch ür die psychischen Ebenen.
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gung gerichtet ist, so ist z.B. in vielen Städten Südamerikas das Mitühren von ein wenig „Verhandlungsgeld“ eine Methode, einer bedrohlichen Situation unbeschadet zu entkommen. Man sollte akzeptieren, was man nicht ändern kann.
herrschte den Mann an: „Spinnst du! Und die Knöpe hebst du mir geälligst wieder au!“ Was soll man dazu sagen? Der Mann tat wirklich, wie beohlen – und begleitete sie sogar noch aus dem finsteren Park zur nächsten Bushaltestelle.
C) Kreativität Um kreativ sein zu können, muss man eine innere Beziehung zur Situation, den Umständen, den beteiligten Menschen und mir selbst herstellen. Sollte die Konrontation unvermeidlich sein, gilt es, einen Weg der Gewaltlosigkeit einzuschlagen, der aus dem Bewusstsein der eigenen
D) Initiative
Sicherheit entsteht.
Den Angriff stoppen
Hier gilt es vor allem, den Angriff in mir selbst zu stoppen, bevor die geühlsmäßigen Perde mit mir durchzugehen drohen. iees Atmen in Verbindung mit der Bewusstmachung, worum es mir eigentlich geht, sind hilreiche Mittel bei dieser Strategie.
In der Krise stecken – Was tun? Wenn wir in einer Situation mit Gewalt konrontiert werden, stecken wir in einer Krise. Sei es, dass wir selbst Oper von Gewalt werden oder in die Situation zu geraten drohen, Gewalt anzuwenden. In beiden Fällen handelt es sich um Situationen, aus denen wir möglichst heil an Körper und Psyche herauskommen wollen. Dazu benötigen wir eine entsprechende Einstellung zu dem, was uns gerade passiert: Distanz zu unseren Geühlen, Vorstellungskra, um zu wissen, was wir wollen, Kreativität und Initiative im Umgang mit uns und unserer Umgebung und vor allem viel Übung. In erster Linie handelt es sich in Krisensituationen darum, weder zum äter noch zum Oper zu werden. Dazu brauchen wir einen aktiven Umgang mit der Gewalt. Das bedeutet keineswegs, ein perekter Kampsportler werden zu müssen, es betri eher den Umgang mit der Gewalt in uns.
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B) Vorstellungskraft Die Gefahr meiden
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Gewalt kann nicht durch Gewalt besiegt werden
Dazu wiederum eine Anekdote: Nach jahrelanger intensiver Übung hat ein Schüler einer Kampfunstschule Perektion in seiner echnik erlangt. Eines ages wird er in einer finsteren Straße von ün Räubern überallen. Augrund seines Mutes und seiner Fähigkeiten gelingt es ihm, die Angreier in die Flucht zu schlagen. Stolz berichtet er seinem Meister am nächsten ag sein Erlebnis und endet mit der Frage: „Habe ich damit nun die Meisterscha erreicht?“ Sein Meister erwidert nur: „Ein Meister hätte eine andere Straße gewählt!“
o m e . c t i m m s e a r D x | a l e a l i s © T
Erst daraus ergibt sich die Möglichkeit, aus dem erwarteten „Beutekonzept“ des äters auszubrechen. Es anders zu machen bedeutet auch, sich selbst zu überraschen, nicht nur den Angreier. Eine Freundin erwähnte dazu einmal olgende wahre Begebenheit. Ihre Mutter war spätnachts au ihrem Nachhauseweg von einem Konzert durch einen Park gegangen. Die Situationen berücksichtigen Als sie die Schritte hinter sich hörte, war es schon zu spät. Ein Mann p ackte sie von hinVor allem dann, wenn man mit neuen Situationen, o auch an unbekannten Orten, ten und riss ihre Jacke vom Leib, sodass die konrontiert ist, ist es ratsam, sich an die Knöpe in alle Richtungen flogen. Sie wusste jeweiligen G epflogenheiten anzupassen. hinterher selbst nicht, wie ihr geschah, aber Auch wenn es gegen die innere Überzeu- voll innerer Wut drehte sie sich um und
Egal, in welcher Situation wir auch immer stecken. Nie sollten wir die Initiative über die Situation verlieren. Es bedeutet die Fähigkeit, selbstständig zu handeln und Entscheidungen treffen zu können. Einmal saß ein alter Indiaseinem Enkel am ner mit Lagereuer. „Weißt du, wie ich mich manchmal ühle? Es ist, als ob da zwei Wöle in meinem Herzen miteinander kämpen würden. Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und gewalttätig. Der andere hingegen ist gerecht, mitühlend und weise. Der Junge ragte: „Und welcher der beiden gewinnt den Kamp?“ „Der Wol, den ich üttere,“ antwortete der alte Indianer. Die Entscheidung, den gerechten Wol zu üttern, ist Initiative.
Die Gewaltspirale durchbrechen Berücksichtigen wir bei diesem gesamten Tema sehr wohl den Unterschied zwischen Gewaltlosigkeit und Kampflosigkeit. Gewaltlosigkeit bedeutet die Lösung einer Situation, ohne physische und psychische Gewalt anzuwenden. Das ist der Weg, den der Mensch einschlagen sollte. Andererseits düren wir den Konrontationen nicht kampflos begegnen. Hier heißt es, den inneren Krieger wachzuruen, der immer bereit ist, gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichke it zu kämpen. ☐
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Der aktive Umgang mit unseren Gefühlen Dieser aktive Umgang mit unseren Geühlen unktioniert am besten schrittweise und ist am Beispiel der Angst dargestellt: 1. Akzeptieren , dass es die Angst gibt. 2. Akzeptieren, dass ich Angst habe, denn es gibt ür mich immer etwas Unbekanntes und daraus kann Angst entstehen. 3. Meine Ängste benennen und sie damit anerkennen. Darin steckt der S chlüssel, um die Angst beherrschen zu können. 4. Die Angst überwinden, indem wir sie als ständige Begleiterin in unserem Leben sehen und akzeptieren. Dieser Schritt ordert uns au, Strategien und Mittel zu entwickeln, um die Angst „an der Hand“ nehmen und trotz ihrer Anwesenheit unser Ziel zu erreichen.
philoSOCIETY
„Es ist besser, sich selbst zu besiegen, als tausend Feinde in tausend Kämpen!“, wird dem Gautama Buddha zugeschrieben. Sich selbst zu besiegen bedeutet die Kontrolle der destruktiven Geühle und Instinkte in Augenblicken der Krise. Dazu olgende Anekdote: Ein Schüler, der viel gelernt hatte, ging zum Meister und bat ihn um einen Rat: „Ich habe viel studiert und möchte mein Wissen nun gerne anwenden. Wie kann ich das machen?“
Freundlich nickte der Meister: „Komm bitte einen Schritt näher zu mir.“ Der Schüler tat, worum ihn der Meister gebeten hatte. „Wie gut du dein Wissen anwendest“, lobte der Meister. „Und jetzt tritt bitte einen Schritt hinter dich.“ Für den aktiven Umgang mit unseren Geühlen benötigen wir eine Distanz zu den Schwächen unserer Persönlichkeit. Diese erreichen wir, wenn wir Eigenschaen oder
ugenden entwickeln, wie sie in den olgenden Schritten zusammengeasst sind: Seinen Frieden in sich finden – Vorstellungskra – Kreativität – Initiative. Diese Fähigkeiten werden uns helen, unsere Krisen zu meistern, seien sie äußerer oder innerer Natur. ugenden sind aber nur dann wirksam, wenn wir sie leben. Und dazu müssen wir strategisch vorgehen. Die olgende Auswahl ist nicht vollzählig, sondern dient als Anregung.
A) Seinen Frieden in sich finden Seine Ziele definieren
Seien wir uns in einer Krisensituation klar, was wir wirklich wollen. Will ich recht behalten oder will ich die Situation gewaltlos lösen? Gewalt kann nicht durch Gewalt beseitigt werden, das würde die Sache eher anheizen als beruhigen.
Das Ziel kann einerseits sein, aus einer konfliktiven Situation unbeschadet herauszukommen, kann aber auch darin bestehen, nicht selber zum äter zu werden. Dies gilt sowohl ür die physische wie auch ür die psychischen Ebenen.
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B) Vorstellungskraft Die Gefahr meiden
m o c . e m i t s m a e r D | n o a x o F ©
Gewalt kann nicht durch Gewalt besiegt werden
Dazu wiederum eine Anekdote: Nach jahrelanger intensiver Übung hat ein Schüler einer Kampfunstschule Perektion in seiner echnik erlangt. Eines ages wird er in einer finsteren Straße von ün Räubern überallen. Augrund seines Mutes und seiner Fähigkeiten gelingt es ihm, die Angreier in die Flucht zu schlagen. Stolz berichtet er seinem Meister am nächsten ag sein Erlebnis und endet mit der Frage: „Habe ich damit nun die Meisterscha erreicht?“ Sein Meister erwidert nur: „Ein Meister hätte eine andere Straße gewählt!“
WIR, DIE GEFANGENEN VON ASKABAN Wie man die Angst besiegt Die Geschichte von Harry Potter ist kein Kinderbuch, kein Buch ür ewig jung gebliebene Erwachsene und ist nicht out. Sie ist ein moderner Mythos voll archetypischer Erahrungen. Er bietet das wichtigste Rüstzeug ür den Menschen in der heutigen Realität – insbesondere ür den Umgang mit der Angst.
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D) Initiative
Sicherheit entsteht.
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Erst daraus ergibt sich die Möglichkeit, aus dem erwarteten „Beutekonzept“ des äters auszubrechen. Es anders zu machen bedeutet auch, sich selbst zu überraschen, nicht nur den Angreier. Eine Freundin erwähnte dazu einmal olgende wahre Begebenheit. Ihre Mutter war spätnachts au ihrem Nachhauseweg von einem Konzert durch einen Park gegangen. Die Situationen berücksichtigen Als sie die Schritte hinter sich hörte, war es schon zu spät. Ein Mann p ackte sie von hinVor allem dann, wenn man mit neuen Situationen, o auch an unbekannten Orten, ten und riss ihre Jacke vom Leib, sodass die konrontiert ist, ist es ratsam, sich an die Knöpe in alle Richtungen flogen. Sie wusste jeweiligen G epflogenheiten anzupassen. hinterher selbst nicht, wie ihr geschah, aber Auch wenn es gegen die innere Überzeu- voll innerer Wut drehte sie sich um und
Egal, in welcher Situation wir auch immer stecken. Nie sollten wir die Initiative über die Situation verlieren. Es bedeutet die Fähigkeit, selbstständig zu handeln und Entscheidungen treffen zu können. Einmal saß ein alter Indiaseinem Enkel am ner mit Lagereuer. „Weißt du, wie ich mich manchmal ühle? Es ist, als ob da zwei Wöle in meinem Herzen miteinander kämpen würden. Einer der beiden ist rachsüchtig, aggressiv und gewalttätig. Der andere hingegen ist gerecht, mitühlend und weise. Der Junge ragte: „Und welcher der beiden gewinnt den Kamp?“ „Der Wol, den ich üttere,“ antwortete der alte Indianer. Die Entscheidung, den gerechten Wol zu üttern, ist Initiative.
Die Gewaltspirale durchbrechen Berücksichtigen wir bei diesem gesamten Tema sehr wohl den Unterschied zwischen Gewaltlosigkeit und Kampflosigkeit. Gewaltlosigkeit bedeutet die Lösung einer Situation, ohne physische und psychische Gewalt anzuwenden. Das ist der Weg, den der Mensch einschlagen sollte. Andererseits düren wir den Konrontationen nicht kampflos begegnen. Hier heißt es, den inneren Krieger wachzuruen, der immer bereit ist, gegen Ungerechtigkeit und Unmenschlichke it zu kämpen. ☐
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C) Kreativität Um kreativ sein zu können, muss man eine innere Beziehung zur Situation, den Umständen, den beteiligten Menschen und mir selbst herstellen. Sollte die Konrontation unvermeidlich sein, gilt es, einen Weg der Gewaltlosigkeit einzuschlagen, der aus dem Bewusstsein der eigenen
Den Angriff stoppen
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herrschte den Mann an: „Spinnst du! Und die Knöpe hebst du mir geälligst wieder au!“ Was soll man dazu sagen? Der Mann tat wirklich, wie beohlen – und begleitete sie sogar noch aus dem finsteren Park zur nächsten Bushaltestelle.
Hier gilt es vor allem, den Angriff in mir selbst zu stoppen, bevor die geühlsmäßigen Perde mit mir durchzugehen drohen. iees Atmen in Verbindung mit der Bewusstmachung, worum es mir eigentlich geht, sind hilreiche Mittel bei dieser Strategie.
In der Krise stecken – Was tun? Wenn wir in einer Situation mit Gewalt konrontiert werden, stecken wir in einer Krise. Sei es, dass wir selbst Oper von Gewalt werden oder in die Situation zu geraten drohen, Gewalt anzuwenden. In beiden Fällen handelt es sich um Situationen, aus denen wir möglichst heil an Körper und Psyche herauskommen wollen. Dazu benötigen wir eine entsprechende Einstellung zu dem, was uns gerade passiert: Distanz zu unseren Geühlen, Vorstellungskra, um zu wissen, was wir wollen, Kreativität und Initiative im Umgang mit uns und unserer Umgebung und vor allem viel Übung. In erster Linie handelt es sich in Krisensituationen darum, weder zum äter noch zum Oper zu werden. Dazu brauchen wir einen aktiven Umgang mit der Gewalt. Das bedeutet keineswegs, ein perekter Kampsportler werden zu müssen, es betri eher den Umgang mit der Gewalt in uns.
gung gerichtet ist, so ist z.B. in vielen Städten Südamerikas das Mitühren von ein wenig „Verhandlungsgeld“ eine Methode, einer bedrohlichen Situation unbeschadet zu entkommen. Man sollte akzeptieren, was man nicht ändern kann.
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dem Namen Askaban: No Escape (kein Entrinnen). Ein einsamer Ort inmitten des eisigen Nordmeeres, ein Ort der Angst und des Schreckens, denn er wird bewacht und ständig umkreist von den Dementoren. Wenn diese Wesen auauchen, bleibt nur die nackte Angst. Die Geangenen sterben oder werden verrückt, wenn sie länger an diesem Ort bleiben müssen. Nur der http://static.comicvine.com/uploads/original/11113/111130781/3591535-3291518569-demen.jpg Gedanke an Rache kann die Geangenen am Leben Der Kuss der Dementoren ist schlimmer als der Tod halten – oder der Drang, den wahren äter zur Verantwortung zu Fleisch übrig bleibt. Das ist der so geürchziehen, sollte man unschuldig eingesperrt tete Kuss der Dementoren – schlimmer worden sein. als der od. m Wenn wir in Angst geraten, sind wir Sehr interessant ist der Hinweis, dass o c . e symbolisch eingesperrt – wie au dieser sie keine Augen haben. Sie haben daher m i t s einsamen Insel. Wir verlieren den Kontakt auch keine Erkenntnisähigkeit. Sie unk m a e r zu anderen Menschen, sind völlig isoliert tionieren wie seelenlose Maschinen und D | n und es scheint kein Entrinnen zu geben. reagieren bloß au äußere Reize. Sie kön o i t a nen auch nicht denken – so wie auch wir n i g a Die Dementoren in der Panik jegliches Denkvermögen m i X ©Ppawel | Dreamstime.com © Die Dementoren sind schwarze Wesen. verlieren. Moderne Fluchttüren gehen Wie ihr Name schon sagt, saugen sie aus au bloßen Druck von innen au. In einer panischen Flucht ist das Suchen nach einer den Menschen die Fähigkeit zu denken ngst lauert heute überall. Unsere (mens – Denkvermögen, de – von … Klinke schon eine zu komplexe, gedankliLebensmittel stecken voller Che- weg). In ihrer Gegenwart wird es eisig che Operation. Symbolisch gesehen raubt mie und sind vielleicht auch schon kalt und alle genmanipuliert, Gie verpesten unsere Lu guten Gedanken, und Aball das Meer. Welche Welt überlas- schönen Geühle, sen wir unseren Kindern? Die Finanz- und jede menschWirtschaskrise sitzt uns im Nacken. Was liche Wärme passiert in Russland, in Syrien, im Iran, ver sch wi nde n. Sie sehen nicht, in Arika …? Ansteckende und tödliche Krankheiten bedrohen uns mit einer Sterb- denn sie haben lichkeitsrate von 100%. Allesamt Temen, keine Augen, gegen die wir uns machtlos ühlen. Und sie spüren nur wenn alles nichts hil, flüchten wir in den die Geühle der Urlaub in die Südsee. Aber müssen wir nicht Menschen. Aber mit ürchten, dass unser Flugzeugpilot uns mit in seinen Selbstmord reißt? ihrem Mund können sie den Gefangen in Askaban Menschen die Askaban ist das Geängnis in der Zaube- Seele aussaugen, Photoby Jaap Buitendijk -©2009 Warner Bros. Ent., Harry PotterPublishingRights J.K.R rerwelt von Harry Potter. Von dort ist kein sodass nur eine Entkommen möglich. Ich assoziiere mit leere Hülle von Harry Potter und seine Freunde überstehen gemeinsam jede Gefahr
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WIR, DIE GEFANGENEN VON ASKABAN Wie man die Angst besiegt Die Geschichte von Harry Potter ist kein Kinderbuch, kein Buch ür ewig jung gebliebene Erwachsene und ist nicht out. Sie ist ein moderner Mythos voll archetypischer Erahrungen. Er bietet das wichtigste Rüstzeug ür den Menschen in der heutigen Realität – insbesondere ür den Umgang mit der Angst. V�� M��. B������ F�����������
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dem Namen Askaban: No Escape (kein Entrinnen). Ein einsamer Ort inmitten des eisigen Nordmeeres, ein Ort der Angst und des Schreckens, denn er wird bewacht und ständig umkreist von den Dementoren. Wenn diese Wesen auauchen, bleibt nur die nackte Angst. Die Geangenen sterben oder werden verrückt, wenn sie länger an diesem Ort bleiben müssen. Nur der http://static.comicvine.com/uploads/original/11113/111130781/3591535-3291518569-demen.jpg Gedanke an Rache kann die Geangenen am Leben Der Kuss der Dementoren ist schlimmer als der Tod halten – oder der Drang, den wahren äter zur Verantwortung zu Fleisch übrig bleibt. Das ist der so geürchziehen, sollte man unschuldig eingesperrt tete Kuss der Dementoren – schlimmer worden sein. als der od. m Wenn wir in Angst geraten, sind wir Sehr interessant ist der Hinweis, dass o c . e symbolisch eingesperrt – wie au dieser sie keine Augen haben. Sie haben daher m i t s einsamen Insel. Wir verlieren den Kontakt auch keine Erkenntnisähigkeit. Sie unk m a e r zu anderen Menschen, sind völlig isoliert tionieren wie seelenlose Maschinen und D | n und es scheint kein Entrinnen zu geben. reagieren bloß au äußere Reize. Sie kön o i t a nen auch nicht denken – so wie auch wir n i g a Die Dementoren in der Panik jegliches Denkvermögen m i ©Ppawel | Dreamstime.com X Die Dementoren sind schwarze Wesen. verlieren. Moderne Fluchttüren gehen © Wie ihr Name schon sagt, saugen sie aus au bloßen Druck von innen au. In einer panischen Flucht ist das Suchen nach einer den Menschen die Fähigkeit zu denken ngst lauert heute überall. Unsere (mens – Denkvermögen, de – von … Klinke schon eine zu komplexe, gedankliLebensmittel stecken voller Che- weg). In ihrer Gegenwart wird es eisig che Operation. Symbolisch gesehen raubt mie und sind vielleicht auch schon kalt und alle genmanipuliert, Gie verpesten unsere Lu guten Gedanken, und Aball das Meer. Welche Welt überlas- schönen Geühle, sen wir unseren Kindern? Die Finanz- und jede menschWirtschaskrise sitzt uns im Nacken. Was liche Wärme passiert in Russland, in Syrien, im Iran, ver sch wi nde n. Sie sehen nicht, in Arika …? Ansteckende und tödliche Krankheiten bedrohen uns mit einer Sterb- denn sie haben lichkeitsrate von 100%. Allesamt Temen, keine Augen, gegen die wir uns machtlos ühlen. Und sie spüren nur wenn alles nichts hil, flüchten wir in den die Geühle der Urlaub in die Südsee. Aber müssen wir nicht Menschen. Aber mit ürchten, dass unser Flugzeugpilot uns mit in seinen Selbstmord reißt? ihrem Mund können sie den Gefangen in Askaban Menschen die Askaban ist das Geängnis in der Zaube- Seele aussaugen, Photoby Jaap Buitendijk -©2009 Warner Bros. Ent., Harry PotterPublishingRights J.K.R rerwelt von Harry Potter. Von dort ist kein sodass nur eine Entkommen möglich. Ich assoziiere mit leere Hülle von Harry Potter und seine Freunde überstehen gemeinsam jede Gefahr
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uns die Angst alle anderen Geühle und Gedanken. Wir verwandeln uns in seelenund vernunlose Wesen.
stellungskra, durch unsere inneren Bil- umzusetzendes Werkzeug. Aber die Wirder. Verpassen wir der Gestalt, die unsere kung überzeugt. Angst annimmt, einach ein komisches A u s s e h e n Der Patronus-Zauber und lachen gegen die großen Ängste wir der kleiDieser Zauber ist das einzige taugnen Angst liche Mittel, das Dementoren abwehrt. ins Gesicht. „Exspecto patronum“ (lat. exspecto: ich Sie wird rue, erwarte; patronus: Schutzherr, Patsoort ver- ron) lautet die magische Formel, aber schwinden. auch hier stellt sie nur eine WiederspieAls Bei- gelung eines inneren Vorstellungsbildes spiele in der dar. „Nun, wenn der Zauber gut gelingt, Schulstunde beschwört er einen Patronus herau und tauchen au: das ist eine Art Gegen-Dementor – ein eine Spinne Schutzherr, der als Schild zwischen dich mit Roll- und den Dementor tritt“ (Proessor Lupin schuhen an in HP III, Kap 12). Man muss also die allen acht ganze innere Kra, die man hat, au das ©2004 Warner Bros. Ent. Harry PotterPublishingRights J.K.R. Füßen oder schönste und glücklichste Erlebnis richten. Dementoren bedrohen Hogwarts, die Schule für Zauberei der geürch- Voll und ganz augehen in dieser posititete Proes- ven Erahrung, so stark, dass si e Gestalt In der Angst geangen, verlieren wir sor in Großmutters Kleidern. annimmt. unsere Handlungsähigkeit. Also brauDie Angst liest unsere Gedanken und Ist sie nicht stark genug, entsteht nur chen wir ein Mittel, um die Angst zu Geühle und nimmt genau diese Gestalt ein gestaltloser Nebel, der einen Demenüberwinden. an. Wenn wir es schaffen, ihr – in uns – tor nicht abwehren kann. Die besondere eine lustige Gestalt zu geben, dann ist sie Schwierigkeit liegt eben gerade darin, dass Riddikulus-Zauber gegen in Anwesenheit der Dementoren alles verschwunden. die kleinen Ängste Eigentlich keine Magie, aber ein sehr Positive von ihnen gleichsam augesaugt Stellen Sie sich vor, Sie hätten einst praktisches, wenn auch nicht ganz leicht wird. Daher gerade in diesem schwieriin der Schule – im Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste – gelernt, wie Sie mit Ihrer Angst umgehen können. Es handelt sich nämlich um ein magisches Wesen, das bei Harry Potter als Irrwicht bezeichnet wird. Irrwichter sind Gestaltumwandler. Sie leben in dunklen Ecken und Kammern. Wenn sie einem Menschen begegnen, dann verwandeln sie sich in das, was er am meisten ürchtet. Das heißt, die Angst nimmt richtiggehend Gestalt an. Der Zauber dagegen ist einach, aber er verlangt geistige Anstrengung. Das, was die Angst, hier Irrwicht genannt, vertreibt, „ist nämlich Gelächter. Ihr müsst versuchen ihn zu zwingen, eine Gestalt anzunehmen, die ihr komisch findet.“ (Proessor Lupin in Harry Potter III, Der Geangene von Askaban, Kap. 7). Wie können wir den Irrwicht bezwin©Davidlacera | Dreamstime.com gen? Mit dem Riddikulus-Zauber (lat. ridiculus: lächerlich) durch unsere Vor- Der Riddikulus-Zauber verpasst dem Objekt der Angst ein komisches Aussehen
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gen Moment, alle Kräe au etwas Gutes, haben oder nicht? Ist es vielleicht Magie, sich immer aus, sich ür das Gute und ür Schönes und Glückliches zu konzentrie- wenn sich unsere inneren Bilder – seien eine neue und bessere Welt einzusetzen. ren, ist eben die Kunst – aber wie alles sie nun positiv oder negativ – verwirk- Wie eng die Maschen des Bösen auch gezoandere auch eine Frage gen sind, es gibt immer eine Möglichkeit, es gibt der Übung. Der Patronus nimmt immer jemanden, der meist die Form eines zu helen und zu unterieres an – das symstützen bereit ist. bolisch in VerbinAber wenn wir in der dung mit jenem steht, Angst geangen sind, der den Zauber herdann können wir nicht vorbring t. Ähnlich handeln. Angst lähmt. vielleicht den indiaKeine Angst zu haben, nischen otemtieren, gibt es nicht. Daher ist deren Kra sich au es so wichtig, unsere den Menschen überAngst zu überwinden. trägt oder besser orDenn möglicherweise bin gerade ich derjenige, muliert: deren Kra der Mensch in sich au den es ankommt: aktiviert. So gibt es als Handelnder, als ©2007 Warner Bros.EntertainmentInc. -Harry Potter PublishingRightsJ.K.R. einen Phönix, Hirsche, Helender – oder doch Hirschkühe, Otter oder Der Patronus-Zauber schafft einen gestaltlichen Schutz meist in Form eines Tieres vielleicht Sie? Oder wir Katzen als Patroni, und alle? ☐ es ist eine interessante Überlegung, welche lichen? Haben wir nicht die Erahrung Literaturhinweis: gemacht, wenn wir etwas ürchten, ziehen ierorm der eigene Patronus annehmen J. K. Rowling, Harry Potter: HP und der Stein der würde. Gelingt der „Zauber“, dann haben wir das Beürchtete magnetisch an? Weisen, HP und die Kammer des Schreckens, HP und der Gefangene von Askaban, HP und der wir innerlich ein Bollwerk des Positiven Für Menschen mit einem materialisgeschaffen, das von außen nicht angrei- tischen Weltbild ist das unvorstellbare Magie; ür bar ist. In den alten indischen und tibetischen Menschen, die ihre kreLehren ist auch von einem subtilen Äther- ativen Potenziale schon Schutzschild die Rede. Es wird gebildet erprobt haben, eine von dem Besten, das i m Menschen ist: Selbstverständlichkeit. von seinen ugenden, seinen Idealen und Darin liegt eine große räumen und höchsten Ideen. An diesem Verantwortung. Nutze ich Schild prallt alles Zerstörerische ab. diese Kräe ür egoistische Zwecke, um andere Mythos und Realität auszunützen oder deren Mythen sind symbolisch verpackte Willen zu brechen, dann Lebensweisheiten. Sie werden erzählt, um heißt das schwarze Magie. wertvolle Erahrungen in ihrer Essenz Weiße Magie ist geprägt zu übertragen – symbolisiert und damit von Selbstl osigkeit und anonym und überzeitlich gemacht. Die Liebe, Operbereitscha Geschichte von Harry Potter spielt in und Kameradscha. Wie o überstehen Harry Poteiner Parallelwelt von Zauberern. Es geht natürlich nicht darum, dass wir uns einen ter und seine Freunde Der Patronus entsteht aus schönen und glücklichen Erlebnissen Zauberstab zulegen – womöglich eine schier ausweglose SituStechpalme mit Drachenherz oder gar ationen, weil jeder seine Feuerkelch, HP und der Orden des Phönix, HP einer Phönixeder. Aber wir sollten uns eigene, spezielle Fähigkeit einbringt und und der Halbblutprinz, HP und die Heiligtümer ragen, was ist das Magische in unserem zu dem Gelingen des Ganzen beiträgt. des Todes, 7 Bände Leben? Ist es vielleicht die Kra unserer Über allem steht aber die Idee, wie machtoder für jene, die weniger Zeit haben: Warner Bros. Pictures, Harry Potter, 8 DVDs Gedanken, die entscheidet, ob wir Erolg los auch immer man sich ühlt, es zahlt •
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uns die Angst alle anderen Geühle und Gedanken. Wir verwandeln uns in seelenund vernunlose Wesen.
stellungskra, durch unsere inneren Bil- umzusetzendes Werkzeug. Aber die Wirder. Verpassen wir der Gestalt, die unsere kung überzeugt. Angst annimmt, einach ein komisches A u s s e h e n Der Patronus-Zauber und lachen gegen die großen Ängste wir der kleiDieser Zauber ist das einzige taugnen Angst liche Mittel, das Dementoren abwehrt. ins Gesicht. „Exspecto patronum“ (lat. exspecto: ich Sie wird rue, erwarte; patronus: Schutzherr, Patsoort ver- ron) lautet die magische Formel, aber schwinden. auch hier stellt sie nur eine WiederspieAls Bei- gelung eines inneren Vorstellungsbildes spiele in der dar. „Nun, wenn der Zauber gut gelingt, Schulstunde beschwört er einen Patronus herau und tauchen au: das ist eine Art Gegen-Dementor – ein eine Spinne Schutzherr, der als Schild zwischen dich mit Roll- und den Dementor tritt“ (Proessor Lupin schuhen an in HP III, Kap 12). Man muss also die allen acht ganze innere Kra, die man hat, au das ©2004 Warner Bros. Ent. Harry PotterPublishingRights J.K.R. Füßen oder schönste und glücklichste Erlebnis richten. Dementoren bedrohen Hogwarts, die Schule für Zauberei der geürch- Voll und ganz augehen in dieser posititete Proes- ven Erahrung, so stark, dass si e Gestalt In der Angst geangen, verlieren wir sor in Großmutters Kleidern. annimmt. unsere Handlungsähigkeit. Also brauDie Angst liest unsere Gedanken und Ist sie nicht stark genug, entsteht nur chen wir ein Mittel, um die Angst zu Geühle und nimmt genau diese Gestalt ein gestaltloser Nebel, der einen Demenüberwinden. an. Wenn wir es schaffen, ihr – in uns – tor nicht abwehren kann. Die besondere eine lustige Gestalt zu geben, dann ist sie Schwierigkeit liegt eben gerade darin, dass Riddikulus-Zauber gegen in Anwesenheit der Dementoren alles verschwunden. die kleinen Ängste Eigentlich keine Magie, aber ein sehr Positive von ihnen gleichsam augesaugt Stellen Sie sich vor, Sie hätten einst praktisches, wenn auch nicht ganz leicht wird. Daher gerade in diesem schwieriin der Schule – im Fach Verteidigung gegen die dunklen Künste – gelernt, wie Sie mit Ihrer Angst umgehen können. Es handelt sich nämlich um ein magisches Wesen, das bei Harry Potter als Irrwicht bezeichnet wird. Irrwichter sind Gestaltumwandler. Sie leben in dunklen Ecken und Kammern. Wenn sie einem Menschen begegnen, dann verwandeln sie sich in das, was er am meisten ürchtet. Das heißt, die Angst nimmt richtiggehend Gestalt an. Der Zauber dagegen ist einach, aber er verlangt geistige Anstrengung. Das, was die Angst, hier Irrwicht genannt, vertreibt, „ist nämlich Gelächter. Ihr müsst versuchen ihn zu zwingen, eine Gestalt anzunehmen, die ihr komisch findet.“ (Proessor Lupin in Harry Potter III, Der Geangene von Askaban, Kap. 7). Wie können wir den Irrwicht bezwin©Davidlacera | Dreamstime.com gen? Mit dem Riddikulus-Zauber (lat. ridiculus: lächerlich) durch unsere Vor- Der Riddikulus-Zauber verpasst dem Objekt der Angst ein komisches Aussehen
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gen Moment, alle Kräe au etwas Gutes, haben oder nicht? Ist es vielleicht Magie, sich immer aus, sich ür das Gute und ür Schönes und Glückliches zu konzentrie- wenn sich unsere inneren Bilder – seien eine neue und bessere Welt einzusetzen. ren, ist eben die Kunst – aber wie alles sie nun positiv oder negativ – verwirk- Wie eng die Maschen des Bösen auch gezoandere auch eine Frage gen sind, es gibt immer eine Möglichkeit, es gibt der Übung. Der Patronus nimmt immer jemanden, der meist die Form eines zu helen und zu unterieres an – das symstützen bereit ist. bolisch in VerbinAber wenn wir in der dung mit jenem steht, Angst geangen sind, der den Zauber herdann können wir nicht vorbring t. Ähnlich handeln. Angst lähmt. vielleicht den indiaKeine Angst zu haben, nischen otemtieren, gibt es nicht. Daher ist deren Kra sich au es so wichtig, unsere den Menschen überAngst zu überwinden. trägt oder besser orDenn möglicherweise bin gerade ich derjenige, muliert: deren Kra der Mensch in sich au den es ankommt: aktiviert. So gibt es als Handelnder, als ©2007 Warner Bros.EntertainmentInc. -Harry Potter PublishingRightsJ.K.R. einen Phönix, Hirsche, Helender – oder doch Der Patronus-Zauber schafft einen gestaltlichen Schutz meist in Form eines Tieres Hirschkühe, Otter oder vielleicht Sie? Oder wir Katzen als Patroni, und alle? ☐ es ist eine interessante Überlegung, welche lichen? Haben wir nicht die Erahrung Literaturhinweis: ierorm der eigene Patronus annehmen gemacht, wenn wir etwas ürchten, ziehen J. K. Rowling, Harry Potter: HP und der Stein der würde. Gelingt der „Zauber“, dann haben wir das Beürchtete magnetisch an? Weisen, HP und die Kammer des Schreckens, HP und der Gefangene von Askaban, HP und der wir innerlich ein Bollwerk des Positiven Für Menschen mit einem materialisgeschaffen, das von außen nicht angrei- tischen Weltbild ist das unvorstellbare Magie; ür bar ist. In den alten indischen und tibetischen Menschen, die ihre kreLehren ist auch von einem subtilen Äther- ativen Potenziale schon Schutzschild die Rede. Es wird gebildet erprobt haben, eine von dem Besten, das i m Menschen ist: Selbstverständlichkeit. von seinen ugenden, seinen Idealen und Darin liegt eine große räumen und höchsten Ideen. An diesem Verantwortung. Nutze ich Schild prallt alles Zerstörerische ab. diese Kräe ür egoistische Zwecke, um andere Mythos und Realität auszunützen oder deren Mythen sind symbolisch verpackte Willen zu brechen, dann Lebensweisheiten. Sie werden erzählt, um heißt das schwarze Magie. wertvolle Erahrungen in ihrer Essenz Weiße Magie ist geprägt zu übertragen – symbolisiert und damit von Selbstl osigkeit und anonym und überzeitlich gemacht. Die Liebe, Operbereitscha Geschichte von Harry Potter spielt in und Kameradscha. Wie o überstehen Harry Poteiner Parallelwelt von Zauberern. Es geht natürlich nicht darum, dass wir uns einen ter und seine Freunde Der Patronus entsteht aus schönen und glücklichen Erlebnissen Zauberstab zulegen – womöglich eine schier ausweglose SituStechpalme mit Drachenherz oder gar ationen, weil jeder seine Feuerkelch, HP und der Orden des Phönix, HP einer Phönixeder. Aber wir sollten uns eigene, spezielle Fähigkeit einbringt und und der Halbblutprinz, HP und die Heiligtümer ragen, was ist das Magische in unserem zu dem Gelingen des Ganzen beiträgt. des Todes, 7 Bände Leben? Ist es vielleicht die Kra unserer Über allem steht aber die Idee, wie machtoder für jene, die weniger Zeit haben: Warner Bros. Pictures, Harry Potter, 8 DVDs Gedanken, die entscheidet, ob wir Erolg los auch immer man sich ühlt, es zahlt •
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GOTT IN TURNSCHUHEN Was haben Fußballschuhe, ein Paketversand und eine arnkappen-Kampdrohne gemeinsam? … Ganz richtig, sie sind göttlich. Also genauer gesagt besitzen sie den Namen von Göttern: Nike, Hermes und aranis. Drei Beispiele, wie Unternehmen die Aspekte einer Gottheit (aus)nutzen. V�� D�. M����� O��������
c o m s t i m e. D r e a m e n g | © H u p
S
icher, es ist trivial zu bemerken, dass die Götter älter sind als gewinnorientierte Unternehmen, doch manche Fans von Christiano Ronaldo, der einen Ausrüstervertrag mit Nike besitzt, würden dies bestimmt anzweieln. Der Ursprung der Götternamen liegt nicht im Erfindergeist eines PR-Strategen, sondern er wurzelt in den Mythen unserer Vorahren.
„Ist es denn ein Problem, Sportartikel oder Dienstleistungen mit einem
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göttlichen Namen zu taufen? Ist doch eh nur ein Name.“
Stimmt. Jedoch besitzen Namen ür uns eine große Bedeutung. Als räger einer Idee verleihen sie Identität: Felix soll glücklich oder Alexander ein Eroberer werden, so die heimlichen Wünsche der Eltern. Das Wesentliche steht aber im Untertitel eines Namens: ein Fahrplan, der im Unbewussten abgelegt ist. So liegt dem bekannten Kriegsgott Mars der Subtext „zeugende Kra und körperliche Stärke“ zugrunde. Werden diese
oder andere Muster in uns wachgeruen und ür remde, manipulative Zwecke aktiviert, dann haben wir ein Problem. Ein Schokoriegel, nehmen wir zum Beispiel ein Mars, lässt uns nur kurz erstarken, in größeren Mengen und au lange Frist raubt er uns Energie. Dann kämp nicht nur unser Verdauungssystem, es tobt sogar ein Kamp der Symbole, der nun aber in unserer Psyche ausgetragen wird. Ein Kamp um unsere Blickrichtung, nach unten zur Materie oder nach oben zur geistigen Welt.
so weit, dass jeder Mensch einem besonderen archetypischen Muster olgt, also jeder Mensch den Charaktereigenschaen eines bestimmten Gottes ähnelt. In gleicher Weise hängt die Form und Struktur eines Kristalls von der kleinsten, unsichtbaren Einheitszelle ab. Dabei haben äußere Bedingungen wie emperatur oder Druck Einfluss au sein Aussehen, aber die innere, grundlegende Identität des Kristalls prägt den Charakter. Die Götter erscheinen als Same im menschlichen Bewusstsein, der sich entwickeln will und wie eine Pflanze zum Licht strebt. Über ihre symbolhae, also bedeutungsreiche Natur wirken sie in unserer Psyche und sprechen damit unsere Geühlswelt an.
„Ein Kampf? Ist doch Krampf.“
Von diesem Kamp wussten unsere Ahnen noch nichts, seien es Griechen, Römer oder Kelten. Sie verstanden die Götter als essenziellen eil ihrer Weltsicht, so ähnlich wie ür uns heute materieller Besitz und unser Ego das Zentrum der Welt bilden. Die Götter galten als Instanzen jenseits des Sichtbaren und Vergänglichen, die den Menschen Richtung gaben, ihre Entwicklung begleiteten und unterstützten. Man kommunizierte mit ihnen nicht nur in den empeln und Kirchen, sondern auch im alltäglichen Leben. Statuen, Bäume, Hausaltäre waren die antiken geheiligten iPhones, die Kommunikationsschnittstellen nach oben. Besonders in asiatischen Regionen werden diese raditionen heute noch gepflegt. Damals wie heute prägen die Fußabdrücke der Götter das Zuhause, die Arbeit, die Natur, kurz alle Dinge. „Klar, sie suchten nach einer Ursache für Unerklärliches wie Blitz und Donner.“
„Ich glaube aber nicht an die Existenz irgendwelcher alter Götter. Sie sind tot, sie haben keinen Einfluss auf mich.“
So die gängige Weltsicht unserer Zeit. Aber was ist, wenn wir uns irren? Was ist, wenn die Götter(namen) immer noch Einfluss au unsere Psyche ausüben? Also Stimmt. Daneben waren sich die Menschen auch einer Realität bewusst, die in nur ür diesen Fall schauen wir uns das unserer modernen Psychologie immer Wesen der Götter doch mal genauer an. mehr Gewicht erährt. C.G. Jung, der Nike oder ihre römische Nacholgerin Victoria fliegt in den allegorischen DarBegründer der analytischen Psychologie, hat das Göttliche mit dem Begriff stellungen wie ein Engel vom Himmel der Archetypen wiederbelebt. Demnach herab, um den Sieg des Helden zu würdikönne man die Götter als Muster verstegen. Als Personifikation des Sieges macht hen, die Emotionen und Verhalten von sie damit erst den Helden vollkommen. Menschen steuern; als mächtige Kräe, In ihrer anmutigen Art scheint sie dem die ihre Rechte geltend machen, ganz Suchenden zuzuflüstern: „Suche nicht nur, sondern finde auch.“ Sie inspirierte gleich, ob sie erkannt werden oder nicht. zur Beharrlichkeit und Wirkungskra, Sie nehmen also ihren Platz im kollektiven Unterbewussten ein, ob wir wolerinnerte die Menschen, dass der Sieg len oder nicht. Einen bewussten Zugang nur durch eine Anbindung an das Heilige gelingt und örderte dadurch das edle erlangt der Mensch über Mythen, die Göttergeschichten unserer Vorahren, Geühl der Hingabe. in denen sich Wahrheiten über die Hermes ist ein vielseitiger Gott. menschliche Natur offenbaren. Als Einzigem war es ihm erlaubt, Jean Shinoda Bolen, eine Psyalle drei Welten (den Hades der chiaterin, Psychoanalytikerin Verstorbenen, die Welt der Menund Psychotherapeutin aus der schen und den Olymp der GötSchule C. G. Jungs, geht sogar ter) zu betreten. Er überbrachte Die Siegesgöttin Nike mit Flügeln und Lorbeerkranz. m o . c e m s t i m a re D | 2 2 7 7 a n a t i l v S ©
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GOTT IN TURNSCHUHEN Was haben Fußballschuhe, ein Paketversand und eine arnkappen-Kampdrohne gemeinsam? … Ganz richtig, sie sind göttlich. Also genauer gesagt besitzen sie den Namen von Göttern: Nike, Hermes und aranis. Drei Beispiele, wie Unternehmen die Aspekte einer Gottheit (aus)nutzen. V�� D�. M����� O��������
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icher, es ist trivial zu bemerken, dass die Götter älter sind als gewinnorientierte Unternehmen, doch manche Fans von Christiano Ronaldo, der einen Ausrüstervertrag mit Nike besitzt, würden dies bestimmt anzweieln. Der Ursprung der Götternamen liegt nicht im Erfindergeist eines PR-Strategen, sondern er wurzelt in den Mythen unserer Vorahren.
„Ist es denn ein Problem, Sportartikel oder Dienstleistungen mit einem
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göttlichen Namen zu taufen? Ist doch eh nur ein Name.“
Stimmt. Jedoch besitzen Namen ür uns eine große Bedeutung. Als räger einer Idee verleihen sie Identität: Felix soll glücklich oder Alexander ein Eroberer werden, so die heimlichen Wünsche der Eltern. Das Wesentliche steht aber im Untertitel eines Namens: ein Fahrplan, der im Unbewussten abgelegt ist. So liegt dem bekannten Kriegsgott Mars der Subtext „zeugende Kra und körperliche Stärke“ zugrunde. Werden diese
oder andere Muster in uns wachgeruen und ür remde, manipulative Zwecke aktiviert, dann haben wir ein Problem. Ein Schokoriegel, nehmen wir zum Beispiel ein Mars, lässt uns nur kurz erstarken, in größeren Mengen und au lange Frist raubt er uns Energie. Dann kämp nicht nur unser Verdauungssystem, es tobt sogar ein Kamp der Symbole, der nun aber in unserer Psyche ausgetragen wird. Ein Kamp um unsere Blickrichtung, nach unten zur Materie oder nach oben zur geistigen Welt.
so weit, dass jeder Mensch einem besonderen archetypischen Muster olgt, also jeder Mensch den Charaktereigenschaen eines bestimmten Gottes ähnelt. In gleicher Weise hängt die Form und Struktur eines Kristalls von der kleinsten, unsichtbaren Einheitszelle ab. Dabei haben äußere Bedingungen wie emperatur oder Druck Einfluss au sein Aussehen, aber die innere, grundlegende Identität des Kristalls prägt den Charakter. Die Götter erscheinen als Same im menschlichen Bewusstsein, der sich entwickeln will und wie eine Pflanze zum Licht strebt. Über ihre symbolhae, also bedeutungsreiche Natur wirken sie in unserer Psyche und sprechen damit unsere Geühlswelt an.
„Ein Kampf? Ist doch Krampf.“
Von diesem Kamp wussten unsere Ahnen noch nichts, seien es Griechen, Römer oder Kelten. Sie verstanden die Götter als essenziellen eil ihrer Weltsicht, so ähnlich wie ür uns heute materieller Besitz und unser Ego das Zentrum der Welt bilden. Die Götter galten als Instanzen jenseits des Sichtbaren und Vergänglichen, die den Menschen Richtung gaben, ihre Entwicklung begleiteten und unterstützten. Man kommunizierte mit ihnen nicht nur in den empeln und Kirchen, sondern auch im alltäglichen Leben. Statuen, Bäume, Hausaltäre waren die antiken geheiligten iPhones, die Kommunikationsschnittstellen nach oben. Besonders in asiatischen Regionen werden diese raditionen heute noch gepflegt. Damals wie heute prägen die Fußabdrücke der Götter das Zuhause, die Arbeit, die Natur, kurz alle Dinge.
„Ich glaube aber nicht an die Existenz irgendwelcher alter Götter. Sie sind tot, sie haben keinen Einfluss auf mich.“
„Klar, sie suchten nach einer Ursache für Unerklärliches wie Blitz und Donner.“
So die gängige Weltsicht unserer Zeit. Aber was ist, wenn wir uns irren? Was ist, wenn die Götter(namen) immer noch Einfluss au unsere Psyche ausüben? Also Stimmt. Daneben waren sich die Menschen auch einer Realität bewusst, die in nur ür diesen Fall schauen wir uns das unserer modernen Psychologie immer Wesen der Götter doch mal genauer an. mehr Gewicht erährt. C.G. Jung, der Nike oder ihre römische Nacholgerin Victoria fliegt in den allegorischen DarBegründer der analytischen Psychologie, hat das Göttliche mit dem Begriff stellungen wie ein Engel vom Himmel der Archetypen wiederbelebt. Demnach herab, um den Sieg des Helden zu würdikönne man die Götter als Muster verstegen. Als Personifikation des Sieges macht hen, die Emotionen und Verhalten von sie damit erst den Helden vollkommen. Menschen steuern; als mächtige Kräe, In ihrer anmutigen Art scheint sie dem die ihre Rechte geltend machen, ganz Suchenden zuzuflüstern: „Suche nicht nur, sondern finde auch.“ Sie inspirierte gleich, ob sie erkannt werden oder nicht. zur Beharrlichkeit und Wirkungskra, Sie nehmen also ihren Platz im kollektiven Unterbewussten ein, ob wir wolerinnerte die Menschen, dass der Sieg len oder nicht. Einen bewussten Zugang nur durch eine Anbindung an das Heilige gelingt und örderte dadurch das edle erlangt der Mensch über Mythen, die Göttergeschichten unserer Vorahren, Geühl der Hingabe. in denen sich Wahrheiten über die Hermes ist ein vielseitiger Gott. menschliche Natur offenbaren. Als Einzigem war es ihm erlaubt, Jean Shinoda Bolen, eine Psyalle drei Welten (den Hades der chiaterin, Psychoanalytikerin Verstorbenen, die Welt der Menund Psychotherapeutin aus der schen und den Olymp der GötSchule C. G. Jungs, geht sogar ter) zu betreten. Er überbrachte Die Siegesgöttin Nike mit Flügeln und Lorbeerkranz. m o . c e m i s t m a re D | 2 2 7 7 a n a l t i v S ©
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den Menschen Botschaen von den Göttern oder ührte sie in das Reich des odes. Ein Gott des Handels, ein Schutzherr der Wege, trickreich und schnell, überaus schnell. Wie unser Geist, der in atemberaubender Geschwindigkeit in die ieen seines Wesens hinabsteigen, aber sich auch in unbekannte Höhen emporschwingen kann. Er inspirierte dazu, das Bewusstsein zu heben, um eine Entscheidung zu treffen. Eine radition hat sich bis in unsere Zeit erhalten: an Wegkreuzungen Steine auzuschichten, die sogenannten Hermen. Er vermittelt die Idee der ver tikalen Wege und damit das Geühl der Verbundenheit und die ugend der Intelligenz. Sichtbarer und lauter war aranis, den die Kelten als Schutzgott der Krieger und als Wettergott verehrten. Er beruchtete mit seinen blind machenden Blitzen die Natur, reinigte mit wasserallartigen Regenällen die Lu, kehrte mit zyklonischen Stürmen die Erde und initiierte mit dem ohrenbetäubenden Rollen des Donners den Rhythmus der Natur. Vergleichbar mit Zeus oder Jupiter gab er den Menschen Gesetze und damit Gerechtigkeit. Er inspirierte die Menschen zur ugend der Klarheit und zum edlen Geühl der Pflicht. „Das geht mir jetzt aber zu weit! Pflicht als etwas Edles zu betrachten!“
Das stimmt, heute hat das Wort Pflicht seinen Wert verloren, die meisten überkommt dabei starker Schauder. Doch galt in rüheren Zeiten die Pflichterüllung (nicht der blinde Gehorsam!) als Grund voraussetzung eines engagierten Bürgers. Manche gebräuchlichen Worte haben ihren Inhalt verloren wie die Namen der Götter. Doch ihre Kra wird gerne weiter benutzt, diesmal im Sinne der Werbung, im Sinne des Big Business. So nutzen Unternehmen die Götternamen als Werbe-ool und rechtertigen damit ihre Produkte, hängen ihnen ein schickes, göttliches Mäntelchen um. Sei es ein Fußballschuh, der Erolg und Prestige verspricht, ein Paket-Versand, der noch
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„mehr Zeit einspart“ quasi als göttliches Zeichen. Es ist keine oder eine arnkap- große Neuigkeit, dass die Werbung die pen-Kampdrohne, Geühle der Konsumenten ansprechen die Gerechtigkeit will und wenn es geht, sie auch manipu verspricht, di e au Wunsch lieren möchte. Das kann das Bild einer präzise zuschlagen kann wie „ge-photoshop-ten“ Frau sein, die aureiein Blitz aus heiterem Himmel, zend ihre vollmundigen Lippen um einen Schoko-Phallus schließt, was mich unbewusst animiert, ohne Hungergeühl einen Schokoriegel zu verzehren. Oder subtiler, wenn Nachrichtenströme der Facebook-Nutzer manipuliert werden, um Geühle zu erzeugen und ür das Marketing zu benutzen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es bei der Bewerbung einer Sache nicht darum geht, dass wir unsere ugenden entwickeln, sondern dass wir mehr Geld ausgeben und uns in unserer Komortzone wohlig einrichten. „Das weiß ich schon, trotzdem entscheide nur ich über meine Gefühle!“
So wollen wir alle das sehen. Nachdem jedoch die Götter vom Spieleld des Alltags ausgewechselt wurden und die Global Player in ihre rikots geschlüp sind, sind neue Ideen in unser Leben eingedrungen. „Ihr habt den Job, Begierden zu entwickeln und die Menschen in ständig ahrende happiness machines zu transormieren, die der Schlüssel zum ökonomischen Erolg sein werden.“ Ein bis heute gel e. c o m m i s t tendes Grundmaniest r e a m 3 9 | D n o s der Public Relations b w i l © R o (PR). Das Zitat stammt Hermes, der Götterbote, vom amerikanische n mit Flügelhelm, Stab FBI-Che Hoover aus den und Flügeln an den 30er-Jahren, wobei er PsyFüßen
chologen, die damaligen Götter der noch jungen PR-Disz iplin, au ihre Pfli chten hinwies. Ist es nicht bedenklich, dass zur sozialen Kontrolle der Menschen auch die
uns eher zum Geühl der Begierde, des Egoismus hinwenden oder ob wir Geühle wie Verbundenheit und Hingabe vorziehen wollen. Wenn wir selbst beeinflussen wollen, wohin wir schauen, müssen wir
©Quelle wikipedia.org, AutorMusikmichi1407
Der Paketversand Hermes ist besonders schnell und in allen Welten beheimatet, gleich wie sein Namensgeber, der griechische Gott Hermes
Götternamen herhalten müssen, das Dehnübungen machen; unseren Körper Göttliche oberflächlich und willkürlich strecken, die Psyche recken und den Intelwird? In dem Sinne, nach Ronaldo kommt lekt ausdehnen. sicher der nächste Fußballgott, wird ein neuer Sportler zum Helden hochstilisiert. „Da schaue ich gleich mal Ist es nicht bedenklich, dass ausgerech- in meinem Smartphone, ob net die Götter unser Leben hermesge- es ein App dazu gibt, nach mäß beschleunigen oder im Kleid einer oben schaue ich nicht, da aranis-arnkappendrohne ür eige blendet mich die Sonne.“ Gerechtigkeit sorgen sollen? Stimmt. Da hil eine Sonnenbrille von ☐ Dagegen: Ist der Gedanke nicht großar- Apollo-Optik. tig, dass das Göttliche sich symbolisch in der Natur ausdrückt, wie es unsere Vorahren ormulierten? Dass sie MöglichLiteraturhinweis: keiten der eigenen Entwicklung eröffnen Shinoda Bolen, Götter in jedem Mann, Sphinxund vertikale Dimensionen beschreiben, Verlag, 1994, Göttinnen in jeder Frau, UllsteinVerlag, 2004 wenn man sich ihnen offen nähert? Bonnefoy, American, African, and Old European Es wird ein Kamp ausgeochten; Mythologies, University of Chicago Press, 1993 unsere Geühle, unsere Ideen sind der Grundmanifest der Public Relations: BBCEinsatz. Dokumentation: Century of the Self, 2002, Unsere Psyche besitzt die Fähigkeit, England sich nach unten ziehen zu lassen oder Gefühle fürs Marketing: http://www.zeit.de/ sich selbst nach oben zu erheben. Letztdigital/internet/2014-06/facebook-nutzerlich können wir selbst aussuchen, ob wir manipulation-studie, 27.03.2015 •
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Weitere Beispiele für den modernen Gebrauch antiker Götternamen: Apollo – griechisch-römischer Gott der Musik: Optiker, Raumahrtprojekt Ceres – römische Göttin der Fruchtbarkeit: Arzneimittelhersteller, Kokosett Demeter – griechische Muttergöttin: Bio-Marke ür Lebensmittel Diana – römische Göttin der Jagd: Badhersteller, Kosmetikprodukte Elpis – griechische Göttin der Hoffnung: Consulting-Firmen Eos – griechische Göttin der Morgenröte: Hersteller von Laseranlagen, Vertrieb von Saunaprodukten, „Auszeitauto“ von VW Epona – keltische Perdegöttin: ier versicherung Freya – nordische Göttin der Liebe: Damenwäsche und Bademoden Horus – ägyptischer Falkengott: Unternehmensberatung, Egypt Air Isis – ägyptische Muttergöttin: Beratungsstelle ür Frauen Jupiter – römischer Herrschergott: Hersteller von Sportswear Jacken Kairos – griechischer Gott der guten Gelegenheit: Musikproduktion Marduk – babylonischer Kriegsgott: Black-Metal-Band Merkur – römischer Gott der Weisheit, des Wissens und der Händler: Zeitung, Automatenspiele ürs Casino, Versicherung Parsial – mittelhochdeutscher Held: Uhren Saturn – römischer Gott des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit: Elektronikmarkt Wotan – germanischer Göttervater: Wodka Zeus – griechischer Göttervater: Vermittlungsgesellscha von Versicherungen, Unternehmensberatung u. v. m.
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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den Menschen Botschaen von den Göttern oder ührte sie in das Reich des odes. Ein Gott des Handels, ein Schutzherr der Wege, trickreich und schnell, überaus schnell. Wie unser Geist, der in atemberaubender Geschwindigkeit in die ieen seines Wesens hinabsteigen, aber sich auch in unbekannte Höhen emporschwingen kann. Er inspirierte dazu, das Bewusstsein zu heben, um eine Entscheidung zu treffen. Eine radition hat sich bis in unsere Zeit erhalten: an Wegkreuzungen Steine auzuschichten, die sogenannten Hermen. Er vermittelt die Idee der ver tikalen Wege und damit das Geühl der Verbundenheit und die ugend der Intelligenz. Sichtbarer und lauter war aranis, den die Kelten als Schutzgott der Krieger und als Wettergott verehrten. Er beruchtete mit seinen blind machenden Blitzen die Natur, reinigte mit wasserallartigen Regenällen die Lu, kehrte mit zyklonischen Stürmen die Erde und initiierte mit dem ohrenbetäubenden Rollen des Donners den Rhythmus der Natur. Vergleichbar mit Zeus oder Jupiter gab er den Menschen Gesetze und damit Gerechtigkeit. Er inspirierte die Menschen zur ugend der Klarheit und zum edlen Geühl der Pflicht. „Das geht mir jetzt aber zu weit! Pflicht als etwas Edles zu betrachten!“
Das stimmt, heute hat das Wort Pflicht seinen Wert verloren, die meisten überkommt dabei starker Schauder. Doch galt in rüheren Zeiten die Pflichterüllung (nicht der blinde Gehorsam!) als Grund voraussetzung eines engagierten Bürgers. Manche gebräuchlichen Worte haben ihren Inhalt verloren wie die Namen der Götter. Doch ihre Kra wird gerne weiter benutzt, diesmal im Sinne der Werbung, im Sinne des Big Business. So nutzen Unternehmen die Götternamen als Werbe-ool und rechtertigen damit ihre Produkte, hängen ihnen ein schickes, göttliches Mäntelchen um. Sei es ein Fußballschuh, der Erolg und Prestige verspricht, ein Paket-Versand, der noch
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„mehr Zeit einspart“ quasi als göttliches Zeichen. Es ist keine oder eine arnkap- große Neuigkeit, dass die Werbung die pen-Kampdrohne, Geühle der Konsumenten ansprechen die Gerechtigkeit will und wenn es geht, sie auch manipu verspricht, di e au Wunsch lieren möchte. Das kann das Bild einer präzise zuschlagen kann wie „ge-photoshop-ten“ Frau sein, die aureiein Blitz aus heiterem Himmel, zend ihre vollmundigen Lippen um einen Schoko-Phallus schließt, was mich unbewusst animiert, ohne Hungergeühl einen Schokoriegel zu verzehren. Oder subtiler, wenn Nachrichtenströme der Facebook-Nutzer manipuliert werden, um Geühle zu erzeugen und ür das Marketing zu benutzen. Wir haben uns daran gewöhnt, dass es bei der Bewerbung einer Sache nicht darum geht, dass wir unsere ugenden entwickeln, sondern dass wir mehr Geld ausgeben und uns in unserer Komortzone wohlig einrichten. „Das weiß ich schon, trotzdem entscheide nur ich über meine Gefühle!“
So wollen wir alle das sehen. Nachdem jedoch die Götter vom Spieleld des Alltags ausgewechselt wurden und die Global Player in ihre rikots geschlüp sind, sind neue Ideen in unser Leben eingedrungen. „Ihr habt den Job, Begierden zu entwickeln und die Menschen in ständig ahrende happiness machines zu transormieren, die der Schlüssel zum ökonomischen Erolg sein werden.“ Ein bis heute gel m m e. c o i s t a m tendes Grundmaniest | D r e n 3 9 o s l i der Public Relations b w © R o (PR). Das Zitat stammt Hermes, der Götterbote, vom amerikanische n mit Flügelhelm, Stab FBI-Che Hoover aus den und Flügeln an den 30er-Jahren, wobei er PsyFüßen
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chologen, die damaligen Götter der noch jungen PR-Disz iplin, au ihre Pfli chten hinwies. Ist es nicht bedenklich, dass zur sozialen Kontrolle der Menschen auch die
uns eher zum Geühl der Begierde, des Egoismus hinwenden oder ob wir Geühle wie Verbundenheit und Hingabe vorziehen wollen. Wenn wir selbst beeinflussen wollen, wohin wir schauen, müssen wir
©Quelle wikipedia.org, AutorMusikmichi1407
Der Paketversand Hermes ist besonders schnell und in allen Welten beheimatet, gleich wie sein Namensgeber, der griechische Gott Hermes
Götternamen herhalten müssen, das Dehnübungen machen; unseren Körper Göttliche oberflächlich und willkürlich strecken, die Psyche recken und den Intelwird? In dem Sinne, nach Ronaldo kommt lekt ausdehnen. sicher der nächste Fußballgott, wird ein neuer Sportler zum Helden hochstilisiert. „Da schaue ich gleich mal Ist es nicht bedenklich, dass ausgerech- in meinem Smartphone, ob net die Götter unser Leben hermesge- es ein App dazu gibt, nach mäß beschleunigen oder im Kleid einer oben schaue ich nicht, da aranis-arnkappendrohne ür eige blendet mich die Sonne.“ Gerechtigkeit sorgen sollen? Stimmt. Da hil eine Sonnenbrille von ☐ Dagegen: Ist der Gedanke nicht großar- Apollo-Optik. tig, dass das Göttliche sich symbolisch in der Natur ausdrückt, wie es unsere Vorahren ormulierten? Dass sie MöglichLiteraturhinweis: keiten der eigenen Entwicklung eröffnen Shinoda Bolen, Götter in jedem Mann, Sphinxund vertikale Dimensionen beschreiben, Verlag, 1994, Göttinnen in jeder Frau, UllsteinVerlag, 2004 wenn man sich ihnen offen nähert? Bonnefoy, American, African, and Old European Es wird ein Kamp ausgeochten; Mythologies, University of Chicago Press, 1993 unsere Geühle, unsere Ideen sind der Grundmanifest der Public Relations: BBCEinsatz. Dokumentation: Century of the Self, 2002, Unsere Psyche besitzt die Fähigkeit, England sich nach unten ziehen zu lassen oder Gefühle fürs Marketing: http://www.zeit.de/ sich selbst nach oben zu erheben. Letztdigital/internet/2014-06/facebook-nutzerlich können wir selbst aussuchen, ob wir manipulation-studie, 27.03.2015 •
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Weitere Beispiele für den modernen Gebrauch antiker Götternamen: Apollo – griechisch-römischer Gott der Musik: Optiker, Raumahrtprojekt Ceres – römische Göttin der Fruchtbarkeit: Arzneimittelhersteller, Kokosett Demeter – griechische Muttergöttin: Bio-Marke ür Lebensmittel Diana – römische Göttin der Jagd: Badhersteller, Kosmetikprodukte Elpis – griechische Göttin der Hoffnung: Consulting-Firmen Eos – griechische Göttin der Morgenröte: Hersteller von Laseranlagen, Vertrieb von Saunaprodukten, „Auszeitauto“ von VW Epona – keltische Perdegöttin: ier versicherung Freya – nordische Göttin der Liebe: Damenwäsche und Bademoden Horus – ägyptischer Falkengott: Unternehmensberatung, Egypt Air Isis – ägyptische Muttergöttin: Beratungsstelle ür Frauen Jupiter – römischer Herrschergott: Hersteller von Sportswear Jacken Kairos – griechischer Gott der guten Gelegenheit: Musikproduktion Marduk – babylonischer Kriegsgott: Black-Metal-Band Merkur – römischer Gott der Weisheit, des Wissens und der Händler: Zeitung, Automatenspiele ürs Casino, Versicherung Parsial – mittelhochdeutscher Held: Uhren Saturn – römischer Gott des Ackerbaus und der Fruchtbarkeit: Elektronikmarkt Wotan – germanischer Göttervater: Wodka Zeus – griechischer Göttervater: Vermittlungsgesellscha von Versicherungen, Unternehmensberatung u. v. m.
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Flammarions Holzstich – Das Durchbrechen der Grenzen unseres Weltbildes und Denkens
SIND SIE AUFGEKLÄRT? Nachdem sie lange Zeit als abgeschlossen bzw. als gescheitert galt, ist die Auflärung nun wieder zu Ehren gekommen, meist im Zusammenhang mit dem Islam. Der habe keine Auflärung gehabt, heißt es. Aber wir! V�� S����� ��� A����������
W
as ist Auflärung? Der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant hat 1783 einen Ausatz mit diesem itel veröffentlicht und gleich zu Anang eine berühmte Antwort gegeben: „Auflärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das
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Unvermögen, sich seines Verstandes ohne sollten ins s oziale, politische, religiöse Leitung eines anderen zu bedienen.“ Und Leben der Menschen eingreien und was hindert die Menschen daran, sich ihres es unter die Lupe nehmen. Im Lichte eigenen Verstandes zu bedienen? Faulheit der Erkenntnis sollten raditionen und und Feigheit. Sagt Kant. Überzeugungen darauin überprü werDa haben wir es. Die Auflärer wollten den, ob an ihnen etwas dran ist, ob sie etwas bewirken und ihre Ideen sollten brauchbar seien, ob sie den Menschen eben gerade das nicht bleiben: Ideen. Sie – wir würden heute sagen: selbststän-
dig und zukunsähig – machen. Oder Mut, dich deines eigenen Verstandes zu großes Tema; das uns so selbstverständihn an Vorurteile und Aberglauben zu bedienen“ (Kant). liche Recht au Bildung ist hier verankert. esseln und damit abhängig zu halten. Damit die Auflärung in alle Schichten Natürlich war ein großer eil der ObrigZum Beispiel die Herrschasstruktur: vordringen konnte, musste Öffentlichkeit keit augeschreckt und verolgte die AuIst Fürstenherrscha samt klärer. Andererseits and sie aber auch in allen Schichten all ihren Auswüchsen und Missbräuchen wirklich von Anhänger. Der gelehrte BeneGott legitimiert? Zum Beispiel diktinermönch war den neuen das soziale System: Ist es ein Ideen genauso zugänglich wie der anglikanische Landparrer, Naturgesetz, dass die Menschen in Armut und Unwisdenn im Allgemeinen war die senheit vor sich hindämmern? Auflärung nicht atheistisch motiviert. Man kämpe wie Oder die Religion: Ist sie Vernungründen zugängGotthold Ephraim Lessing lich? Wie kann sie mit wiseher ür die Überwindung der konessionellen Abgrenzunsenschalichen Neuerungen / m in Einklang gebracht werden? gen und die Anerkennung des o c . s s Humanen in allen Religionen. Und ganz allgemein: Habe ich, e r p d r Mensch, allein augrund der Die ranszendenz wurde o w t . atsache, dass ich ein Mensch von der Mehrheit der Au d n e r bin, nicht bestimmte unveräuklärer nicht geleugnet, aber a h a ßerliche Rechte? Darau hat als Erklärung der Welt nicht n n a h mehr ür nötig erachtet. übrigens in unserer Zeit die / / : s p Genauso wenig waren die t Philosophin Hannah Arendt t h Auflärer umstürzlerische (1906–1975) glasklar beschieden: „Jeder Mensch hat das Hannah Arendt: „Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben." Revolutionäre: Das Zeitalter der Auflärung war das 18. Recht, Rechte zu haben.“ hergestellt werden. Zeitungen wurden Jh., das Zeitalter Friedrichs des Großen, Habe den Mut, dich deines gedruckt und Lese- und Diskussions- der mit dem ranzösischen Erzauflärer eigenen Verstandes zirkel gegründet. Schulbildung war ein Voltaire bereundet war. Ein anderer Vertreter des augeklärten Absolutismus war zu bedienen All diese Fragen lagen gewissermaßen der Habsburger Joseph II. Es wäre alsch, die Auflärung als in der Lu. Das 17. Jh. war gekennzeichnet gewesen durch Kolonialkriege, durch geschlossenes philosophisches System konessionelle Bürgerkriege (der Dreißigzu betrachten. Zu unterschiedlich waren jährige Krieg), durch Verarmung und Verihre Repräsentanten: in Deutschland u.a. rohung breiter Massen au der einen Seite Leibnitz, Kant, Lessing und Moses Mendelssohn; in Frankreich Montesquieu, und hanebüchenen Privilegien der Oberschicht au der anderen Seite. Die AufläRousseau, und Voltaire; in England John rer aber glaubten an die Erziehbarkeit des Locke und David Hume; in Spanien der Menschen und sahen die Geschichte als Jurist Jovellanos, der ür seine Ideen in _ Lernprozess. Das Mittel dazu, der goldene Palma de Mallorca in Festungsha saß. l e u n _ Schlüssel, der Sesam-öffne-dich, war die Die Auflärung griff Gedankenstränge a t m n a des Altertums und der Renaissance Vernun, die im Prinzip jedem Mensch K m _ I / l i e k u i eigen ist und die deswegen universellen wieder au und ragte sich: „Was ist der w n / a g m g r und unwiderlegbaren Charakter hätte. Mensch? Was kann er wissen? Was soll o p . m j . a I ) : i t e i d Dachten die Auflärer. Man müsse die er tun? Was dar er hoffen?“ l e i a F t r p / i r a o k i i Das Zeitalter der Auflärung endete Menschen nur dazu bringen, sich ihres w . d e p_ n m d eigenen Verstandes bewusst zu werden nach dem Ausbruch der Französischen e / e / / # t : t n i p n t a a und sich seiner zu bedienen: „Sapere aude“ Revolution um 1800. Diese war in ihren t p h K ( Anängen noch von den Auflärern (wage es, weise zu sein) war denn auch Immanuel Kant, DER deutsche Aufklärer das Motto der Auflärung: „Habe den begrüßt worden, schien sie doch ein 1 2 l e s u o r a c p j # / t d n e r a h s o t o f e d a i r e l a g
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Flammarions Holzstich – Das Durchbrechen der Grenzen unseres Weltbildes und Denkens
SIND SIE AUFGEKLÄRT? Nachdem sie lange Zeit als abgeschlossen bzw. als gescheitert galt, ist die Auflärung nun wieder zu Ehren gekommen, meist im Zusammenhang mit dem Islam. Der habe keine Auflärung gehabt, heißt es. Aber wir! V�� S����� ��� A����������
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as ist Auflärung? Der große Königsberger Philosoph Immanuel Kant hat 1783 einen Ausatz mit diesem itel veröffentlicht und gleich zu Anang eine berühmte Antwort gegeben: „Auflärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das
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Unvermögen, sich seines Verstandes ohne sollten ins s oziale, politische, religiöse Leitung eines anderen zu bedienen.“ Und Leben der Menschen eingreien und was hindert die Menschen daran, sich ihres es unter die Lupe nehmen. Im Lichte eigenen Verstandes zu bedienen? Faulheit der Erkenntnis sollten raditionen und und Feigheit. Sagt Kant. Überzeugungen darauin überprü werDa haben wir es. Die Auflärer wollten den, ob an ihnen etwas dran ist, ob sie etwas bewirken und ihre Ideen sollten brauchbar seien, ob sie den Menschen eben gerade das nicht bleiben: Ideen. Sie – wir würden heute sagen: selbststän-
dig und zukunsähig – machen. Oder Mut, dich deines eigenen Verstandes zu großes Tema; das uns so selbstverständihn an Vorurteile und Aberglauben zu bedienen“ (Kant). liche Recht au Bildung ist hier verankert. esseln und damit abhängig zu halten. Damit die Auflärung in alle Schichten Natürlich war ein großer eil der ObrigZum Beispiel die Herrschasstruktur: vordringen konnte, musste Öffentlichkeit keit augeschreckt und verolgte die AuIst Fürstenherrscha samt klärer. Andererseits and sie aber auch in allen Schichten all ihren Auswüchsen und Missbräuchen wirklich von Anhänger. Der gelehrte BeneGott legitimiert? Zum Beispiel diktinermönch war den neuen das soziale System: Ist es ein Ideen genauso zugänglich wie der anglikanische Landparrer, Naturgesetz, dass die Menschen in Armut und Unwisdenn im Allgemeinen war die senheit vor sich hindämmern? Auflärung nicht atheistisch motiviert. Man kämpe wie Oder die Religion: Ist sie Vernungründen zugängGotthold Ephraim Lessing lich? Wie kann sie mit wiseher ür die Überwindung der konessionellen Abgrenzunsenschalichen Neuerungen / m in Einklang gebracht werden? gen und die Anerkennung des o c . s s Humanen in allen Religionen. Und ganz allgemein: Habe ich, e r p d r Mensch, allein augrund der Die ranszendenz wurde o w . t atsache, dass ich ein Mensch von der Mehrheit der Au d n e r bin, nicht bestimmte unveräuklärer nicht geleugnet, aber a h a ßerliche Rechte? Darau hat als Erklärung der Welt nicht n n a h mehr ür nötig erachtet. übrigens in unserer Zeit die / / : s p Genauso wenig waren die t Philosophin Hannah Arendt t h Auflärer umstürzlerische (1906–1975) glasklar beschieden: „Jeder Mensch hat das Hannah Arendt: „Jeder Mensch hat das Recht, Rechte zu haben." Revolutionäre: Das Zeitalter der Auflärung war das 18. Recht, Rechte zu haben.“ hergestellt werden. Zeitungen wurden Jh., das Zeitalter Friedrichs des Großen, Habe den Mut, dich deines gedruckt und Lese- und Diskussions- der mit dem ranzösischen Erzauflärer eigenen Verstandes zirkel gegründet. Schulbildung war ein Voltaire bereundet war. Ein anderer Vertreter des augeklärten Absolutismus war zu bedienen All diese Fragen lagen gewissermaßen der Habsburger Joseph II. Es wäre alsch, die Auflärung als in der Lu. Das 17. Jh. war gekennzeichnet gewesen durch Kolonialkriege, durch geschlossenes philosophisches System konessionelle Bürgerkriege (der Dreißigzu betrachten. Zu unterschiedlich waren jährige Krieg), durch Verarmung und Verihre Repräsentanten: in Deutschland u.a. rohung breiter Massen au der einen Seite Leibnitz, Kant, Lessing und Moses Mendelssohn; in Frankreich Montesquieu, und hanebüchenen Privilegien der Oberschicht au der anderen Seite. Die AufläRousseau, und Voltaire; in England John rer aber glaubten an die Erziehbarkeit des Locke und David Hume; in Spanien der Menschen und sahen die Geschichte als Jurist Jovellanos, der ür seine Ideen in _ Lernprozess. Das Mittel dazu, der goldene Palma de Mallorca in Festungsha saß. l e u n _ Schlüssel, der Sesam-öffne-dich, war die Die Auflärung griff Gedankenstränge a t m n a des Altertums und der Renaissance Vernun, die im Prinzip jedem Mensch m K_ I / l i e k u i eigen ist und die deswegen universellen wieder au und ragte sich: „Was ist der w n / a g r m g und unwiderlegbaren Charakter hätte. Mensch? Was kann er wissen? Was soll o p . m j . a I ) : i t e i d Dachten die Auflärer. Man müsse die er tun? Was dar er hoffen?“ l e i a F t r p / i r a k i o i d Das Zeitalter der Auflärung endete Menschen nur dazu bringen, sich ihres w . e p_ n d m e eigenen Verstandes bewusst zu werden nach dem Ausbruch der Französischen e / / t / : # t i n p n t a und sich seiner zu bedienen: „Sapere aude“ Revolution um 1800. Diese war in ihren t a p h K ( Anängen noch von den Auflärern (wage es, weise zu sein) war denn auch Immanuel Kant, DER deutsche Aufklärer das Motto der Auflärung: „Habe den begrüßt worden, schien sie doch ein 1 2 l e s u o r a c p j # / t d n e r a h s o t o f e d a i r e l a g
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
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philoART
neues, vernunbegründetes Zeitalter Denken eingeflossen, so sehr, dass wir Eine offiziell akzeptierte Religion im Ausherauzuühren. Als sie dann aber in ein automatisch davon ausgehen, sie seien weis stehen zu haben, ist gesellschalich vollkommen „unvernüniges“ Gemetzel ür alle Menschen bindend. Dieser uni- durchaus von Vorteil, aber Glaube, Gotausartete, war damit auch die Rolle der verselle Anspruch au Gülti gkeit hatte, tesliebe, Gottessehnsucht gar – das stößt Vernun diskreditiert, die ihre schwerste wie wir sahen, schon immer Gegnerscha au Skepsis. Daher sagen wir, der Islam Niederlage allerdings in den hätte keine Auflärung gehabt Weltkriegen des 20. Jh. eruhr. und wähnen uns au der richtigen und besseren Seite. Kann man mit Außerdem hatte die Auflärung solchen Menschen denn „Staat au vielen Gebieten Widerstand provoziert, allein schon durch machen“? Einen modernen Staat, den ihr innewohnenden pädain dem die „alternativlosen Sachgogischen Disziplinierungszwänge“ so manchen Glaubenseier. In der Literatur hob die praktiken zuwiderlauen? Eben ... Romantik die lang verdrängten Die Auflärung ist wie alle geisGeühle wieder ins Bewussttigen Strömungen kein Selbstläusein. Religiöse Menschen, die er, kein Perpetuum mobile, das, g p j . . g in ihrem Glauben mehr als einmal angestoßen, von selbst n i s s das gewünschte Resultat bringt. nur ein System von Moral und e L _ m Ethik sahen, wandten sich dem Solange wir Menschen augrund i a r h Pietismus zu. Auch die Regie von Glauben, Herkun oder Haut p E _ d arbe ausgrenzen, ihnen Schwierenden ruderten zurück und l o h t t zogen die Daumenschrauben rigkeiten au dem Arbeitsmarkt o G / der Zensur wieder kräig an. machen, weil ihr Name nicht in 4 2 / 2 / Die Auflärung hatte das Dendie Landscha passt, sie an den s n o ken und Handeln der Menschen Rand der Städte oder in Problem m m o zudem in eine Richtung gelenkt, vierteln zusammendrängen und c / a i d die nicht vorhersehbar war und unter Generalverdacht stellen, so e p i k i lange müssen wir uns sagen lassen, im 19. Jh. au eine zunehmende w / g r Beherrschung der Natur und dass die Versprechen der Auflä o . a i rung noch nicht erüllt sind. der sozialen Abläue hinauslie. d e m i Daür kann man die Auflärung k i w . Kant schreibt 1781 so wenig pauschal verantwort d a o l in seiner „Kritik der p lich machen wie ür die Säku u / / : reinen Vernunft“: larisierung und die Zerstörung p t t h von Kircheneigentum, und den „Unser Zeitalter ist eigentlich noch hat die „Entzauberung der Gotthold Ephraim Lessing: „Der Aberglaube traut den Sinnen das Zeitalter der Kritik, der sich Welt“ hier ihre Wurzeln. Hier bald zu viel, bald zu wenig.“ alles unterweren muss.“ Alles, also auch die Ideen der Aufläliegen aber auch die Ursachen daür, was wir heute eine reiheitliche hervorgeruen, aber in der "zweiten Häle rung selbst. Der Philosoph Jürgen HaberZivilgesellscha nennen. Die Auflä- des 20. Jh. tra er im Zuge der Globa- mas (* 1929) hat einmal gesagt: „Dass die rung hat den demokratischen Prozess lisierung au Kulturen, die sich durch Auflärung sich über sich selbst, auch ebenso angestoßen wie die Vorstellung die westliche Denkungsart noch einmal über das von ihr angeri chtete Unheil au von allgemeinen Menschenrechten und kolonialisiert ühlten und in ihrer Iden- klärt, gehört zu ihre r eigenen Natur.“ Verder Gleichheit aller vor dem Gesetz. tität geährdet sahen. An diesem Punkt kürzt, aber nicht ganz alsch, könnte man stehen wir heute. sagen: Auflärung ist die Fähigkeit zur Die Aufklärung wirkt Ist die Auflärung also abgeschlossen Selbstkritik. In diesem Sinne noch einmal bis heute fort ☐ oder hat sie versagt? Keines von beiden. die Frage: Sind Sie augeklärt? Halten wir est: Die Epoche, die sich Sie ist noch nicht ei ngelöst! Der Verdacht selbst als Auflärung bezeichnete, war lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Literaturhinweis: nicht von Dauer, aber ihre Nachwirkun- Auflärung ür die meisten Menschen Rudolf Vierhaus, Was ist Aufklärung? Göttingen 1995. Daraus stammt auch das Zitat von Jürgen gen sind dauerha. Sie sind als grundle- heute gleichbedeutend ist mit einer Habermas. gende Überzeugungen in das westliche Absage an Religion, besser: an Glauben. •
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IM LICHTE DER NATUR: Alexander von Bernus, Dichter und Alchemist Vor 50 Jahren starb ein Dichter und Denker, der eine verloren geglaubte radition zu neuem Leben erweckte. Seine alternativen Denkansätze könnten unsere einseitige Sicht der Welt inrage stellen. ��� ��� F���� V�� S����� J������
S
ti Neuburg liegt malerisch oberhalb des Neckartals, eine gute Stunde zu Fuß von Heidelberg enternt. Nachdem es jahrhundertelang Kloster verschiedener Orden und zuletzt ein adeliges Fräuleinsti war, kam Neuburg Anang des 19.Jh.s über Goethes Schwester Cornelia in die Familie Schlosser und von da mittels Erbolge an die Familie von Bernus. Dem 1880 geborenen Alexander, genannt Alek, hatte die Atmosphäre dieses geschichtsträchtigen Gemäuers schon rüh die Sinne ür einere Schwingungen geöffnet. In der Biografie seiner Kindheit und Jugend
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neues, vernunbegründetes Zeitalter Denken eingeflossen, so sehr, dass wir Eine offiziell akzeptierte Religion im Ausherauzuühren. Als sie dann aber in ein automatisch davon ausgehen, sie seien weis stehen zu haben, ist gesellschalich vollkommen „unvernüniges“ Gemetzel ür alle Menschen bindend. Dieser uni- durchaus von Vorteil, aber Glaube, Gotausartete, war damit auch die Rolle der verselle Anspruch au Gülti gkeit hatte, tesliebe, Gottessehnsucht gar – das stößt Vernun diskreditiert, die ihre schwerste wie wir sahen, schon immer Gegnerscha au Skepsis. Daher sagen wir, der Islam Niederlage allerdings in den hätte keine Auflärung gehabt Weltkriegen des 20. Jh. eruhr. und wähnen uns au der richtigen und besseren Seite. Kann man mit Außerdem hatte die Auflärung solchen Menschen denn „Staat au vielen Gebieten Widerstand provoziert, allein schon durch machen“? Einen modernen Staat, den ihr innewohnenden pädain dem die „alternativlosen Sachgogischen Disziplinierungszwänge“ so manchen Glaubenseier. In der Literatur hob die praktiken zuwiderlauen? Eben ... Romantik die lang verdrängten Die Auflärung ist wie alle geisGeühle wieder ins Bewussttigen Strömungen kein Selbstläusein. Religiöse Menschen, die er, kein Perpetuum mobile, das, g p j . . g in ihrem Glauben mehr als einmal angestoßen, von selbst n i s s das gewünschte Resultat bringt. nur ein System von Moral und e L _ m Ethik sahen, wandten sich dem Solange wir Menschen augrund i a r h Pietismus zu. Auch die Regie von Glauben, Herkun oder Haut p E _ d arbe ausgrenzen, ihnen Schwierenden ruderten zurück und l o h t t zogen die Daumenschrauben rigkeiten au dem Arbeitsmarkt o G / der Zensur wieder kräig an. machen, weil ihr Name nicht in 4 2 / 2 / Die Auflärung hatte das Dendie Landscha passt, sie an den s n o ken und Handeln der Menschen Rand der Städte oder in Problem m m o zudem in eine Richtung gelenkt, vierteln zusammendrängen und c / a i d die nicht vorhersehbar war und unter Generalverdacht stellen, so e p i k i lange müssen wir uns sagen lassen, im 19. Jh. au eine zunehmende w / g r Beherrschung der Natur und dass die Versprechen der Auflä o . a i rung noch nicht erüllt sind. der sozialen Abläue hinauslie. d e m i Daür kann man die Auflärung k i w . Kant schreibt 1781 so wenig pauschal verantwort d a o l in seiner „Kritik der p lich machen wie ür die Säku u / / : reinen Vernunft“: larisierung und die Zerstörung p t t h von Kircheneigentum, und den „Unser Zeitalter ist eigentlich noch hat die „Entzauberung der Gotthold Ephraim Lessing: „Der Aberglaube traut den Sinnen das Zeitalter der Kritik, der sich Welt“ hier ihre Wurzeln. Hier bald zu viel, bald zu wenig.“ alles unterweren muss.“ Alles, also auch die Ideen der Aufläliegen aber auch die Ursachen daür, was wir heute eine reiheitliche hervorgeruen, aber in der "zweiten Häle rung selbst. Der Philosoph Jürgen HaberZivilgesellscha nennen. Die Auflä- des 20. Jh. tra er im Zuge der Globa- mas (* 1929) hat einmal gesagt: „Dass die rung hat den demokratischen Prozess lisierung au Kulturen, die sich durch Auflärung sich über sich selbst, auch ebenso angestoßen wie die Vorstellung die westliche Denkungsart noch einmal über das von ihr angeri chtete Unheil au von allgemeinen Menschenrechten und kolonialisiert ühlten und in ihrer Iden- klärt, gehört zu ihre r eigenen Natur.“ Verder Gleichheit aller vor dem Gesetz. tität geährdet sahen. An diesem Punkt kürzt, aber nicht ganz alsch, könnte man stehen wir heute. sagen: Auflärung ist die Fähigkeit zur Die Aufklärung wirkt Ist die Auflärung also abgeschlossen Selbstkritik. In diesem Sinne noch einmal bis heute fort ☐ oder hat sie versagt? Keines von beiden. die Frage: Sind Sie augeklärt? Halten wir est: Die Epoche, die sich Sie ist noch nicht ei ngelöst! Der Verdacht selbst als Auflärung bezeichnete, war lässt sich nicht von der Hand weisen, dass Literaturhinweis: nicht von Dauer, aber ihre Nachwirkun- Auflärung ür die meisten Menschen Rudolf Vierhaus, Was ist Aufklärung? Göttingen 1995. Daraus stammt auch das Zitat von Jürgen gen sind dauerha. Sie sind als grundle- heute gleichbedeutend ist mit einer Habermas. gende Überzeugungen in das westliche Absage an Religion, besser: an Glauben. •
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Vor 50 Jahren starb ein Dichter und Denker, der eine verloren geglaubte radition zu neuem Leben erweckte. Seine alternativen Denkansätze könnten unsere einseitige Sicht der Welt inrage stellen. ��� ��� F���� V�� S����� J������
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ti Neuburg liegt malerisch oberhalb des Neckartals, eine gute Stunde zu Fuß von Heidelberg enternt. Nachdem es jahrhundertelang Kloster verschiedener Orden und zuletzt ein adeliges Fräuleinsti war, kam Neuburg Anang des 19.Jh.s über Goethes Schwester Cornelia in die Familie Schlosser und von da mittels Erbolge an die Familie von Bernus. Dem 1880 geborenen Alexander, genannt Alek, hatte die Atmosphäre dieses geschichtsträchtigen Gemäuers schon rüh die Sinne ür einere Schwingungen geöffnet. In der Biografie seiner Kindheit und Jugend
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In Stift Neuburg führte Bernus ein offenes Haus für Künstler und Philosophen
zu seinem „Freischütz“ geunden. Die Maler der Nazarener Schule waren gern gesehene Gäste. Mit Felix Mendelssohn und Adalbert von Chamisso war der Senator eng bereundet. 1908 hatte Alexander von Bernus das Sti geerbt und ührte die radition des offenen Hauses ort. Er war damals bereits verheiratet und hatte einen Sohn. Hermann Hesse und Stean Zweig kamen, um nur die bekanntesten zu nennen. Mit Alred Kubin, dem Maler düsterer Zwischenwelten, war Bernus lange und eng bereundet. Mehrmals war auch Stean George mit seinem Kreis au Sti Neuburg, wobei sich Bernus aber dem diktatorischen Charisma Georges bewusst entzog. Bernus nahm auch die Kinder bereundeter Dichter au, so Klaus, den Vor diesem Bild von J. W. v. Goethe schwor der junge Sohn von Tomas Mann. In Alexander v. B., ein Dichter zu werden seiner Autobiografie „Wen-
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Alexander von Bernus, Dichter und Alchemist
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(„Wachsen am Wunder“) erzählt er, wie er nach dem od seiner Großmutter mitten in der Nacht einen Zug schemenhaer Gestalten vor dem Haus vorbeiziehen sah und eine überirdische Musik hörte. Später stellte sich heraus, dass alle Anwesenden diese Musik gehört hatten – aber nur diese. Eine andere Seite seines Wesens war seine Liebe zu errarien und ihren Bewohnern, die sich auch gerne rei durchs Zimmer bewegen duren. Auch in späteren Jahren waren seine Freunde leicht irritiert, wenn seine Schlangen von der Gardinenstange oder vom Leuchter herunter züngelten. Nachdem Alek die reiche Bibliothek des Stis mit ihren vielen Erstausgaben ür sich entdeckt hatte, begann er sich besonders ür dessen Bewohner und Besucher zu interessieren. Aleks Groß vater, der Frankurter Senator Franz von Bernus, hatte ein offenes Haus geührt, in dem Künstler und Gelehrte aus und ein gingen. Carl Maria von Weber hatte hier in einem alten Sagenbuch das Tema
IM LICHTE DER NATUR:
depunkt“ beschreibt Klaus Mann die heitere und zwanglose Gesellscha, die sich um Alexander v. B. immer wieder neu und anders zusammensetzte. In diesem Zusammenhang sei an ein Fest erinnert, das 1906 am Uer des Neckars zu Füßen der Neuburg geeiert wurde. Anlass war das 100. Erscheinungsjahr von „Des Knaben Wunderhorn“. Es war ein Fest ganz im Geiste der Romantik, mit zeitgemäßen Kostümen und änzen zu Lauten- und Flötenmusik. Bernus war ein großer Verehrer der Romantik und hat 1907 Eichendorffs „Dichter und ihre Gesellen“ neu herausgegeben.
Vorbild Goethe Die Beziehung zu Goethe, der nie au Neuburg gewesen war, wurde im Sti immer intensiv gepflegt, sodass man es im 19. Jh. als das erste Goethemuseum bezeichnen könnte. Zu den regelmäßigen Besuchern gehörte auch Marianne von Willemer, Goethes „Suleika“ aus dem „West-Östlichen Diwan“, die bis zu ihrem od jeden Sommer au Sti Neuburg verbrachte. Besonders wichtig war ür Alexander das Portrait Goethes von Gerhard von Kügelgen aus dem Jahre 1810, das er
später dem Frankurter Goethe-Museum schen Geschmack hatte.“ Und Goethe Winter übrigens intensiv mit Alchemie vermachte. Vor diesem Bild hatte d er ährt ort: „Das Salz war kaum genom- beschäigt. HeranwachAlexander v. B. hatte in der sende geschworen, ein DichAlchemie seine ter zu werden, Augabe entdeckt. kein Diplomat, Dass ihn sein wie es seinem Lebensweg gerade Stande entsproin diese Richtung chen hätte, kein ühren sollte, war Bankdirektor, zuerst durchaus wie es seine nicht abzusehen. Möglichkeiten 1902 begann er erlaubt hätten. in München zu studieren, u.a. Und er hat seideutsche Literatur nen Schwur des Mittelalters gehalten. Goethe war und der Romanür Alexander tik (später auch Medizin). Es war v. B. aus vielen Gründen von die Zeit, in der Bedeutung, „München leuchaber durch ein tete“. Auch hier o übersehenes war Bernus kein Detail in GoeEinzelgänger. Mit thes Biografie seinen Freunden ühlte er sich gründete er ein Schattentheater, ihm besonders v e r b u n d e n . zuerst als privates ZimmertheGoethe erzählt ater, dann, nachim achten Buch dem das Interesse von „ Dichtung und Wahrheit“, daran unerwartet dass er nach groß war, von 1907 ab in einem seinem abgeeigenen Teater brochenen Stuin der Ainmillerdium so krank aus Leipzig straße. Er sah im Schattentheater nach Frankurt zurückkam, eine „entmateri„dass ich unter alisierte Welt der wachen räume“ großen Beängs- Mit seiner dritten Frau Isa lebte Alexander v. B. im Schloss Donaumünster bei Donauwörth tigungen das und eröffnete jede Leben zu verlieren glaubte und keine men, so zeigte sich eine Erleichterung Vorstellung mit olgenden, ins Dunangewandten Mittel etwas ruchten woll- des Zustandes, und von dem Augenblick kel gesprochenen Worten: „In diesem ten.“ Seine verzweielte Mutter wandte an nahm die Krankheit eine Wendung, raumgelände / ist jede Nähe weit, / sich an einen Arzt, von dem man mun- die stuenweise zur Besserung ührte.“ und alle Gegenstände / sind ihrer Last kelte, dass er eine „Universalmedizin“ Für Bernus war dieser Arzt ein Adept, bereit ...“ 1912 schloss das Schattenein Eingeweihter, der seine „Univer- theater. besaß. Der Arzt „eilte tie in der Nacht nach Hause und kam mit einem Gläs- salmedizin“ bewusst einsetzte, um das In der Zwischenzeit hatten sich Schatchen kristallisierten trockenen Salzes Leben dieses großen Weltgenies zu ret- ten ganz anderer Art au Bernus gelegt. zurück, das einen entschieden alkali- ten. Goethe hat sich im darauffolgenden Sein neunjähriger Sohn war beim Spie-
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(„Wachsen am Wunder“) erzählt er, wie er nach dem od seiner Großmutter mitten in der Nacht einen Zug schemenhaer Gestalten vor dem Haus vorbeiziehen sah und eine überirdische Musik hörte. Später stellte sich heraus, dass alle Anwesenden diese Musik gehört hatten – aber nur diese. Eine andere Seite seines Wesens war seine Liebe zu errarien und ihren Bewohnern, die sich auch gerne rei durchs Zimmer bewegen duren. Auch in späteren Jahren waren seine Freunde leicht irritiert, wenn seine Schlangen von der Gardinenstange oder vom Leuchter herunter züngelten. Nachdem Alek die reiche Bibliothek des Stis mit ihren vielen Erstausgaben ür sich entdeckt hatte, begann er sich besonders ür dessen Bewohner und Besucher zu interessieren. Aleks Groß vater, der Frankurter Senator Franz von Bernus, hatte ein offenes Haus geührt, in dem Künstler und Gelehrte aus und ein gingen. Carl Maria von Weber hatte hier in einem alten Sagenbuch das Tema
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In Stift Neuburg führte Bernus ein offenes Haus für Künstler und Philosophen
zu seinem „Freischütz“ geunden. Die Maler der Nazarener Schule waren gern gesehene Gäste. Mit Felix Mendelssohn und Adalbert von Chamisso war der Senator eng bereundet. 1908 hatte Alexander von Bernus das Sti geerbt und ührte die radition des offenen Hauses ort. Er war damals bereits verheiratet und hatte einen Sohn. Hermann Hesse und Stean Zweig kamen, um nur die bekanntesten zu nennen. Mit Alred Kubin, dem Maler düsterer Zwischenwelten, war Bernus lange und eng bereundet. Mehrmals war auch Stean George mit seinem Kreis au Sti Neuburg, wobei sich Bernus aber dem diktatorischen Charisma Georges bewusst entzog. Bernus nahm auch die Kinder bereundeter Dichter au, so Klaus, den Vor diesem Bild von J. W. v. Goethe schwor der junge Sohn von Tomas Mann. In Alexander v. B., ein Dichter zu werden seiner Autobiografie „Wen-
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depunkt“ beschreibt Klaus Mann die heitere und zwanglose Gesellscha, die sich um Alexander v. B. immer wieder neu und anders zusammensetzte. In diesem Zusammenhang sei an ein Fest erinnert, das 1906 am Uer des Neckars zu Füßen der Neuburg geeiert wurde. Anlass war das 100. Erscheinungsjahr von „Des Knaben Wunderhorn“. Es war ein Fest ganz im Geiste der Romantik, mit zeitgemäßen Kostümen und änzen zu Lauten- und Flötenmusik. Bernus war ein großer Verehrer der Romantik und hat 1907 Eichendorffs „Dichter und ihre Gesellen“ neu herausgegeben.
Vorbild Goethe Die Beziehung zu Goethe, der nie au Neuburg gewesen war, wurde im Sti immer intensiv gepflegt, sodass man es im 19. Jh. als das erste Goethemuseum bezeichnen könnte. Zu den regelmäßigen Besuchern gehörte auch Marianne von Willemer, Goethes „Suleika“ aus dem „West-Östlichen Diwan“, die bis zu ihrem od jeden Sommer au Sti Neuburg verbrachte. Besonders wichtig war ür Alexander das Portrait Goethes von Gerhard von Kügelgen aus dem Jahre 1810, das er
später dem Frankurter Goethe-Museum schen Geschmack hatte.“ Und Goethe Winter übrigens intensiv mit Alchemie vermachte. Vor diesem Bild hatte d er ährt ort: „Das Salz war kaum genom- beschäigt. HeranwachAlexander v. B. hatte in der sende geschworen, ein DichAlchemie seine ter zu werden, Augabe entdeckt. kein Diplomat, Dass ihn sein wie es seinem Lebensweg gerade Stande entsproin diese Richtung chen hätte, kein ühren sollte, war Bankdirektor, zuerst durchaus wie es seine nicht abzusehen. Möglichkeiten 1902 begann er erlaubt hätten. in München zu studieren, u.a. Und er hat seideutsche Literatur nen Schwur des Mittelalters gehalten. Goethe war und der Romanür Alexander tik (später auch Medizin). Es war v. B. aus vielen Gründen von die Zeit, in der Bedeutung, „München leuchaber durch ein tete“. Auch hier o übersehenes war Bernus kein Detail in GoeEinzelgänger. Mit thes Biografie seinen Freunden ühlte er sich gründete er ein Schattentheater, ihm besonders v e r b u n d e n . zuerst als privates ZimmertheGoethe erzählt ater, dann, nachim achten Buch dem das Interesse von „ Dichtung und Wahrheit“, daran unerwartet dass er nach groß war, von 1907 ab in einem seinem abgeeigenen Teater brochenen Stuin der Ainmillerdium so krank aus Leipzig straße. Er sah im Schattentheater nach Frankurt zurückkam, eine „entmateri„dass ich unter alisierte Welt der wachen räume“ großen Beängs- Mit seiner dritten Frau Isa lebte Alexander v. B. im Schloss Donaumünster bei Donauwörth tigungen das und eröffnete jede Leben zu verlieren glaubte und keine men, so zeigte sich eine Erleichterung Vorstellung mit olgenden, ins Dunangewandten Mittel etwas ruchten woll- des Zustandes, und von dem Augenblick kel gesprochenen Worten: „In diesem ten.“ Seine verzweielte Mutter wandte an nahm die Krankheit eine Wendung, raumgelände / ist jede Nähe weit, / sich an einen Arzt, von dem man mun- die stuenweise zur Besserung ührte.“ und alle Gegenstände / sind ihrer Last kelte, dass er eine „Universalmedizin“ Für Bernus war dieser Arzt ein Adept, bereit ...“ 1912 schloss das Schattenein Eingeweihter, der seine „Univer- theater. besaß. Der Arzt „eilte tie in der Nacht nach Hause und kam mit einem Gläs- salmedizin“ bewusst einsetzte, um das In der Zwischenzeit hatten sich Schatchen kristallisierten trockenen Salzes Leben dieses großen Weltgenies zu ret- ten ganz anderer Art au Bernus gelegt. zurück, das einen entschieden alkali- ten. Goethe hat sich im darauffolgenden Sein neunjähriger Sohn war beim Spie-
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len zu ode gekommen. Dieser Schicksalsschlag und Bernus‘ Versuch, eine Erklärung daür zu finden, ührten ihn zu Rudol Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, der ür ihn neben Goethe der zweite große Mentor wurde. Was auch immer den Ausschlag gegeben hat, während des Ersten Weltkrieges richtete er sich au Sti Neuburg ein alchemistisches Labor ein.
Schatten und Licht Woher bezog er das Wissen? Die Alchemie, die ür Bernus ab der Goethezeit „in den Untergrund“ gegangen war, war auch in ihren besten Zeiten ein esoterisches Wissen und das bedeutet: Es lag nicht au der Straße, man musste sich darum bemühen. Im Laue der Zeit hatte Bernus eine umangreiche Alchemiebibliothek gesammelt, die sich heute mit seinem gesamten Nachlass in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe befindet. Unter den Alchemisten war Paracelus wohl sein wichtigster Lehrer, ein Arzt, Astrologe, Mystiker und Philosoph (1493–1541). Von ihm stammt auch der geheimnisvolle Hinweis au das „Licht der Natur“, der hier, wenn schon nicht als Erklärung, so doch als Fingerzeig dienen soll: Alle Erkenntnis der Welt, die wir Menschen au Erden besitzen, stammt nur aus dem Lichte g der Natur. Dieses Licht der Natur reicht r e b n vom Sichtbaren z um Unsichtbaren un d r ü N , ist hier so wunderbar wie dort. Im Lichte l r a C der Natur ist das Unsichtbare sichtbar. s n a Und – hat Alexander v. B. Gold gemacht? H g a l Nein, er hat Heilmittel hergestellt, die er r e V bereits kurz nach dem Krieg der Öffentlichkeit anbot und die auch heute noch in Alexander von Bernus in seiner Bibliothek auf Schloss Donaumünster der Naturheilkunde Anwendung finden. Dann kam es zu einem weiteren über hinwegtrösten, dass er mit seinen C. G. Jung, der in der Alchemie vorwieschmerzhaen Einschnitt. Die Einnah- Heilmitteln wenige Jahre später so viel gend die Beschreibung von seelischen men aus seinem literarischen Schaffen verdiente, dass er nicht hätte verkauen Zuständen sah – beschäigte ihn bis an waren nicht genug, um Neuburg wei- müssen. sein Lebensende. Darüber soll aber sein ter zu unterhalten. 1926 musste er sein Nach unruhigen Jahren lebte Bernus dichterisches Schaffen nicht vergessen Elternhaus an die Benediktiner verkau- ab 1939 mit seiner dritten Frau Isa in werden. Sein umangreiches poetisches en. Nun war Neuburg also wieder ein einem Barockschlösschen in Donau- Werk ist der Romantik verpflichtet, in Kloster, was es die meiste Zeit seit sei- münster bei Donauwörth. Mit ihm war deren Dichtung er „Universalpoesie“ sah. ner Gründung im 12. Jh. gewesen war. sein Laboratorium umgezogen und die Er übertrug Keats, Shelley, Byron, Blake Das konnte ihn jedoch nur wenig dar- praktische Alchemie – im Gegensatz zu ins Deutsche, und das Ergebnis gehört ©
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zum Besten, was man au diesem Gebiet lesen kann. Seine geplante Autobiografie schloss er bereits nach dem ersten Band „Wachsen am Wunder. Heidelberger Kindheit und Jugend“ ab: Er hatte keine Lust mehr, sich noch länger so intensiv mit sich selbst zu beschäigen. Von seinen Schrien zur Alchemie ist „Alchymie und Heilkunst“ besonders zu erwähnen. Dass er über Jahre hinweg eine Anthologie zur „Unsterblichkeit und Wiederkehr im Spiegel der Weltlyrik“ zusammenstellte, zeigt eine weitere Facette seines Geistes. Sie ist unter dem itel „Vom Sinn des Lebens“ erschienen. Die äußeren Eckpunkte sind s chnell erzählt: Die Nazis hatten ihn aus der Reichsschritumskammer ausgeschlossen. 1950 wurde er in die Deutsche Akademie ür Sprache und Dichtung (Darmstadt) und in den P.E.N. (internationale Schristellervereinigung) augenommen, zu deren Jahrestagungen er immer gerne uhr. Freundschaen waren ihm weiterhin wichtig. Im März 1965 ist er gestorben und in Donauwörth begraben worden. Alexander von Bernus hat in unserer Zeit eine radition verkörpert und eine Weltsicht gelebt, nach der sich viele sehnen und die wir kaum noch unseren Kindern zugestehen: die Ahnung, dass das Wunder möglich ist. Und er verrät uns auch, wie: Man sagt, dass Den das Wunder immer ände, Der seinen Glauben daran nie verriet. Es gibt so vieles, was das Aug nicht sieht; Mitunter aber weiten sich di e Wände.☐ Literaturhinweis: •
•
•
•
http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/ besonderebestaende/ nachlaesse/ bernus.php Paracelsus, Aschner-Ausgabe; Band I, S. 221 Mirko Sladek / Maria Schütze: Alexander von Bernus. Verlag Hans Carl, Nürnberg 1981. Diesem Buch sind die Porträtfotos von Bernus entnommen, für deren Abdruckerlaubnis wir dem Verlag danken. Claus Priesner: Geschichte der Alchemie, Reihe Wissen bei C. H. Beck, Nr. 2718.
Das Grab von Alexander von Bernus
Alchemie – Die verrückte Mutter einer vernünftigen Tochter? Unter Alchemie versteht man ein sehr komplexes historisches Geschehen, bei dem sich Philosophie und Magie, Metallverarbeitung und Mystik, Astrologie und Iatrochemie (= medizinische Alchemie) durchdringen. Dieses Jahrtausende alte naturphilosophische System ist ast au der ganzen Welt zu finden. Ob es einen gemeinsamen Ursprung gibt oder ob sich die Alchemie der verschiedenen Kulturen, analogen Gedankenwegen olgend, unabhängig voneinander entwickelt hat, ist nicht klar. Unstrittig ist, dass es sich um ein logisches, kohärentes und in sich stimmiges Gedankensystem handelt, das einen ganzheitlichen Zugang zu den Phänomenen der sichtbaren und der unsichtbaren Natur bietet. Dieser Zugang ist ein grundsätzlich anderer als der der neuzeitlichen Chemie, die o als die „vernünige ochter einer verrückten Mutter“ bezeichnet wird. Der Gründungsmythos der Alchemie steht am Beginn von ägyptischer und griechischer Weisheit: Die hermetischen Schrien werden Hermes rismegistos zugeschrieben, der Züge des griechischen Hermes und des ägyptischen Tot trägt. Die bekannteste dieser Schrien ist die geheimnisvolle „abula Smaragdina“, aus der der berühmte Ausspruch „Wie oben, so unten“ stammt. Obwohl die Alchemie seit dem 18. Jh. in den Untergrund gegangen ist, ist sie doch nie ganz verschwunden. Das beweisen schon die Arbeiten von C.G. Jung (z.B. „Psychologie und Alchemie“) und M. Eliade („Schmiede und Alchemisten“). Noch ein Wort zur Verwandlung von Blei in Gold. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um die Umwandlung eines unedlen „Stoffes“ bzw. Zustandes (das „Blei“) in das „Gold“ des Wissens, in den berühmten Stein der Weisen, der kein Stein ist und o als inktur bezeichnet wird. „Der Stein wird nicht geschenkt, und keinem wird die Bereitung der inktur jemals gelingen, der nicht erst in sich selbst das geistige Gold bereitet hat im Schmelztiegel der Seele.“ (Alexander von Bernus, Goldgeheimnis, Stuttgart 1984)
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len zu ode gekommen. Dieser Schicksalsschlag und Bernus‘ Versuch, eine Erklärung daür zu finden, ührten ihn zu Rudol Steiner, dem Begründer der Anthroposophie, der ür ihn neben Goethe der zweite große Mentor wurde. Was auch immer den Ausschlag gegeben hat, während des Ersten Weltkrieges richtete er sich au Sti Neuburg ein alchemistisches Labor ein.
Schatten und Licht Woher bezog er das Wissen? Die Alchemie, die ür Bernus ab der Goethezeit „in den Untergrund“ gegangen war, war auch in ihren besten Zeiten ein esoterisches Wissen und das bedeutet: Es lag nicht au der Straße, man musste sich darum bemühen. Im Laue der Zeit hatte Bernus eine umangreiche Alchemiebibliothek gesammelt, die sich heute mit seinem gesamten Nachlass in der Badischen Landesbibliothek Karlsruhe befindet. Unter den Alchemisten war Paracelus wohl sein wichtigster Lehrer, ein Arzt, Astrologe, Mystiker und Philosoph (1493–1541). Von ihm stammt auch der geheimnisvolle Hinweis au das „Licht der Natur“, der hier, wenn schon nicht als Erklärung, so doch als Fingerzeig dienen soll: Alle Erkenntnis der Welt, die wir Menschen au Erden besitzen, stammt nur aus dem Lichte g der Natur. Dieses Licht der Natur reicht r e b n vom Sichtbaren z um Unsichtbaren un d r ü N , ist hier so wunderbar wie dort. Im Lichte l r a C der Natur ist das Unsichtbare sichtbar. s n a Und – hat Alexander v. B. Gold gemacht? H g a l Nein, er hat Heilmittel hergestellt, die er r e V bereits kurz nach dem Krieg der Öffentlichkeit anbot und die auch heute noch in Alexander von Bernus in seiner Bibliothek auf Schloss Donaumünster der Naturheilkunde Anwendung finden. Dann kam es zu einem weiteren über hinwegtrösten, dass er mit seinen C. G. Jung, der in der Alchemie vorwieschmerzhaen Einschnitt. Die Einnah- Heilmitteln wenige Jahre später so viel gend die Beschreibung von seelischen men aus seinem literarischen Schaffen verdiente, dass er nicht hätte verkauen Zuständen sah – beschäigte ihn bis an waren nicht genug, um Neuburg wei- müssen. sein Lebensende. Darüber soll aber sein ter zu unterhalten. 1926 musste er sein Nach unruhigen Jahren lebte Bernus dichterisches Schaffen nicht vergessen Elternhaus an die Benediktiner verkau- ab 1939 mit seiner dritten Frau Isa in werden. Sein umangreiches poetisches en. Nun war Neuburg also wieder ein einem Barockschlösschen in Donau- Werk ist der Romantik verpflichtet, in Kloster, was es die meiste Zeit seit sei- münster bei Donauwörth. Mit ihm war deren Dichtung er „Universalpoesie“ sah. ner Gründung im 12. Jh. gewesen war. sein Laboratorium umgezogen und die Er übertrug Keats, Shelley, Byron, Blake Das konnte ihn jedoch nur wenig dar- praktische Alchemie – im Gegensatz zu ins Deutsche, und das Ergebnis gehört ©
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zum Besten, was man au diesem Gebiet lesen kann. Seine geplante Autobiografie schloss er bereits nach dem ersten Band „Wachsen am Wunder. Heidelberger Kindheit und Jugend“ ab: Er hatte keine Lust mehr, sich noch länger so intensiv mit sich selbst zu beschäigen. Von seinen Schrien zur Alchemie ist „Alchymie und Heilkunst“ besonders zu erwähnen. Dass er über Jahre hinweg eine Anthologie zur „Unsterblichkeit und Wiederkehr im Spiegel der Weltlyrik“ zusammenstellte, zeigt eine weitere Facette seines Geistes. Sie ist unter dem itel „Vom Sinn des Lebens“ erschienen. Die äußeren Eckpunkte sind s chnell erzählt: Die Nazis hatten ihn aus der Reichsschritumskammer ausgeschlossen. 1950 wurde er in die Deutsche Akademie ür Sprache und Dichtung (Darmstadt) und in den P.E.N. (internationale Schristellervereinigung) augenommen, zu deren Jahrestagungen er immer gerne uhr. Freundschaen waren ihm weiterhin wichtig. Im März 1965 ist er gestorben und in Donauwörth begraben worden. Alexander von Bernus hat in unserer Zeit eine radition verkörpert und eine Weltsicht gelebt, nach der sich viele sehnen und die wir kaum noch unseren Kindern zugestehen: die Ahnung, dass das Wunder möglich ist. Und er verrät uns auch, wie: Man sagt, dass Den das Wunder immer ände, Der seinen Glauben daran nie verriet. Es gibt so vieles, was das Aug nicht sieht; Mitunter aber weiten sich di e Wände.☐ Literaturhinweis: •
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http://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/ besonderebestaende/ nachlaesse/ bernus.php Paracelsus, Aschner-Ausgabe; Band I, S. 221 Mirko Sladek / Maria Schütze: Alexander von Bernus. Verlag Hans Carl, Nürnberg 1981. Diesem Buch sind die Porträtfotos von Bernus entnommen, für deren Abdruckerlaubnis wir dem Verlag danken. Claus Priesner: Geschichte der Alchemie, Reihe Wissen bei C. H. Beck, Nr. 2718.
Das Grab von Alexander von Bernus
Alchemie – Die verrückte Mutter einer vernünftigen Tochter? Unter Alchemie versteht man ein sehr komplexes historisches Geschehen, bei dem sich Philosophie und Magie, Metallverarbeitung und Mystik, Astrologie und Iatrochemie (= medizinische Alchemie) durchdringen. Dieses Jahrtausende alte naturphilosophische System ist ast au der ganzen Welt zu finden. Ob es einen gemeinsamen Ursprung gibt oder ob sich die Alchemie der verschiedenen Kulturen, analogen Gedankenwegen olgend, unabhängig voneinander entwickelt hat, ist nicht klar. Unstrittig ist, dass es sich um ein logisches, kohärentes und in sich stimmiges Gedankensystem handelt, das einen ganzheitlichen Zugang zu den Phänomenen der sichtbaren und der unsichtbaren Natur bietet. Dieser Zugang ist ein grundsätzlich anderer als der der neuzeitlichen Chemie, die o als die „vernünige ochter einer verrückten Mutter“ bezeichnet wird. Der Gründungsmythos der Alchemie steht am Beginn von ägyptischer und griechischer Weisheit: Die hermetischen Schrien werden Hermes rismegistos zugeschrieben, der Züge des griechischen Hermes und des ägyptischen Tot trägt. Die bekannteste dieser Schrien ist die geheimnisvolle „abula Smaragdina“, aus der der berühmte Ausspruch „Wie oben, so unten“ stammt. Obwohl die Alchemie seit dem 18. Jh. in den Untergrund gegangen ist, ist sie doch nie ganz verschwunden. Das beweisen schon die Arbeiten von C.G. Jung (z.B. „Psychologie und Alchemie“) und M. Eliade („Schmiede und Alchemisten“). Noch ein Wort zur Verwandlung von Blei in Gold. Grundsätzlich handelt es sich hierbei um die Umwandlung eines unedlen „Stoffes“ bzw. Zustandes (das „Blei“) in das „Gold“ des Wissens, in den berühmten Stein der Weisen, der kein Stein ist und o als inktur bezeichnet wird. „Der Stein wird nicht geschenkt, und keinem wird die Bereitung der inktur jemals gelingen, der nicht erst in sich selbst das geistige Gold bereitet hat im Schmelztiegel der Seele.“ (Alexander von Bernus, Goldgeheimnis, Stuttgart 1984)
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Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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NATHAN UND DER STEIN DES WEISEN
(so wurden damals alle Muslime genannt), Unterschied doch hoffentlich?“ Nathan: denn Livorno ist eine Haenstadt, wo sich „Jawohl! / An Farb, an Kleidung, an Gestalt Händler aus aller Herren Länder tre- verschieden.“ Nathan und der empelherr en. Und noch eine wichtige Entdeckung finden in dem jeweils anderen einen, „dem macht Lessing in Italien. Er findet im es genügt, ein Mensch zu heißen.“ „Dekameron“ des Boccaccio die RingpaSchauplatz II: Lessing ist 1729 in rabel. Sie wird dort als dritte Geschichte Kamenz in der Nähe von Dresden als des ersten ages erzählt. Kaum ist er wie- Sohn eines protestantischen Parrers geboder zu Hause, beschließt Lessing, etwas ren. Er selbst hätte ebenalls Parrer werdaraus zu machen. Allerdings kommen ihm noch etliche Schicksalsschläge dazwischen. Als er endlich heiraten kann, ist ihm nur ein glückliches Jahr mit seiner Frau gegönnt. Weihnachten 1777 stirbt sein neugeborener Sohn, kurz darau die Frau.
Einheit und Vielheit bei G. E. Lessing Der Stein ist ein Opal, der je nach Lichteinall, Standpunkt und Betrachtungsweise in unterschiedlichen Farben leuchtet. Eine Metapher ür unsere Sicht au die Welt.
Statue des Nathan, Lessinghaus und Bibliothek
��� ��� F���� ��� S����� ��� A����������
S
chauplatz I. Das Teater: Jerusa-
lem im 12. Jh. Der dritte Kreuzzug macht gerade eine kurze Pause. Ein „empelherr“, also der Angehörige eines Ritterordens und soeben von Sultan Saladin begnadigt, weil er Saladins Bruder so ähnlich sieht, rettet ein junges Mädchen aus einem brennenden Haus. Es ist Recha, die ochter des Großkaumanns Nathan, „ein Judenmädchen“. Eigentlich war das der Mühe nicht wert, und Dank will der geistliche Ritter schon gar nicht daür haben, erst recht nicht im Hause Nathans, denn „er kömmt zu keinem Juden“. Nathan ist gerade
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von einer erolgreichen Geschäsreise zurückgekehrt und möchte den Retter seiner einzigen ochter am liebsten mit Dank und Reichtum überhäuen – also sucht er ihn au. Schneller aber ist der Patriarch, der oberste christliche Würdenträger, der den empelherrn zu einem Spion und, wenn sich’s ergibt, auch zum Mörder Saladins machen möchte. Schauplatz II. Das wahre Leben: Gotthold Ephraim Lessing hat nach unsteten und von Geldsorgen geprägten Jahren 1770 die Stelle des Bibliothekars an der Herzog August Bibliothek Wolenbüt-
tel angenommen. Immer hatte er davon geträumt, einmal nach Italien zu reisen, aber jetzt, wo er eine este Stelle hat, will er endlich heiraten. Gerade da muss er den Erbprinzen au eine mehrmonatige Italienreise begleiten. In Rom werden die Reisenden von Papst Pius VI. empangen. Dieser Papst hatte soeben die Judengesetzte nochmals drastisch verschär. Im Gegensatz dazu lernt Lessing in Livorno, das nicht zum Kirchenstaat, sondern zum Herzogtum oskana gehört, eine prosperierende jüdische Gemeinde kennen. Vermutlich tri er dort auch au „ürken“
dem nachgelassenen Werk des Hamburger Orientalisten Hermann Samuel Reimarus, der eine natürliche, d.h. vernungemäße Religion aus dem Studium der Natur ableitete. Im „Alkoran“, wie das heilige Buch der Muslime bei Reimarus heißt, and er die Grundlagen dazu. Als sich der Hamburger Hauptpastor Goeze einmischte und gegen Lessing stellte, eskalierte der Streit. Dieser „Fragmentenstreit“, als der er in die Religionsgeschichte eingegangen ist, ist die wichtigste Auseinandersetzung der Auflärung mit dem orthodoxen Luthertum. Das ührte dazu, dass Lessing von seinem Arbeitgeber, dem Braunschweiger Herzog, mit Zensur belegt wurde. Er dure also nicht mehr pubGenug, ein lizieren. Mensch zu heißen Und was macht Lessing? Er schreibt „Nathan der Weise“! Schauplatz I: Der In einem Brie an die ochter Klosterbruder, den der Patriarch ür seine von Reimar us sagt Lessing: Zwecke eingespannt hatte, „Ich muss versuchen, ob man mich au meiner alten Kanzel, kann den empelherrn nicht überreden, ein au dem Teater wenigstens, „undankbarer Schurke“ noch ungestört will predigen lassen.“ Dass er sein Stück zu werden. Er ist erreut, jemals selbst au einer Bühne denn er ührt die Ausehen wird, glaubt er nicht. träge des Patriarchen nur ungern aus. Zu Recht. Schauplatz I: Der empelNun kommt Nathan herr ist nun endlich bereit, und tri den empelherrn unter Palmen, DatRecha zu treffen – und beide verlieben sich ineinteln essend. Nathan stellt sich vor, er komme ... Da Lessing von Anton Graff 1770 ander. „So liebt / der Christ ällt ihm der edle Ritter das Judenmädchen reilich.“ grob ins Wort, es sei seine Pflicht, den den sollen. Nicht dass ihn die Teologie Und er ährt in seinem Selbstgespräch ersten Besten zu retten, „wenn’s auch nur abstieß (er hat sich zeitlebens als „Lieb- ort: „Was tut’s? – Ich hab in dem Gelobdas Leben einer Jüdin wäre“. Nathan nennt haber der Teologie“ bezeichnet), aber ten Lande / der Vorurteile mehr schon das zwar „ abscheulich“, aber er lässt sich das Teater zog ihn eben mehr an. Mit abgelegt.“ Heiraten will er Recha, soort. nicht provozieren, verwickelt den em- der unbarmherzigen christlichen Ortho- Nathan bittet um ein bisschen Geduld, pelherrn in ein Gespräch, bis der betreten doxie, die nur in Christen rechtschaffene und der aurausende empelherr sieht stammelt: „Ich muss gestehn, / ihr wisst, Menschen, d.h. überhaupt Menschen sah, schon wieder den schachernden Juden wie empelherren denken sollten.“ Und stimmte Lessing nie überein. Er erkannte am Werk. So tie sitzen Vorurteile und Nathan darau: „Nur empelherren? Soll- in der Verschiedenheit der Kulturen und so schnell sind Freundschaen vergessen. ten bloß? Und bloß / weil es die Ordens- Religionen das Ergebnis ihrer geschichtliDa wird Nathan zum Sultan geruen. regeln so gebieten? / Ich weiß, wie gute chen Entwicklung, die jeden Universalan- Von seiner Schwester Sittah hat Saladin Menschen denken, weiß / dass alle Länder spruch einer Religion ad absurdum ührt. erahren, dass man Nathan nicht nur den gute Menschen tragen.“ empelherr: „Mit 1778 veröffentlicht Lessing Auszüge aus Reichen, sondern auch de n Weisen nennt.
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NATHAN UND DER STEIN DES WEISEN
(so wurden damals alle Muslime genannt), Unterschied doch hoffentlich?“ Nathan: denn Livorno ist eine Haenstadt, wo sich „Jawohl! / An Farb, an Kleidung, an Gestalt Händler aus aller Herren Länder tre- verschieden.“ Nathan und der empelherr en. Und noch eine wichtige Entdeckung finden in dem jeweils anderen einen, „dem macht Lessing in Italien. Er findet im es genügt, ein Mensch zu heißen.“ „Dekameron“ des Boccaccio die RingpaSchauplatz II: Lessing ist 1729 in rabel. Sie wird dort als dritte Geschichte Kamenz in der Nähe von Dresden als des ersten ages erzählt. Kaum ist er wie- Sohn eines protestantischen Parrers geboder zu Hause, beschließt Lessing, etwas ren. Er selbst hätte ebenalls Parrer werdaraus zu machen. Allerdings kommen ihm noch etliche Schicksalsschläge dazwischen. Als er endlich heiraten kann, ist ihm nur ein glückliches Jahr mit seiner Frau gegönnt. Weihnachten 1777 stirbt sein neugeborener Sohn, kurz darau die Frau.
Einheit und Vielheit bei G. E. Lessing Der Stein ist ein Opal, der je nach Lichteinall, Standpunkt und Betrachtungsweise in unterschiedlichen Farben leuchtet. Eine Metapher ür unsere Sicht au die Welt.
Statue des Nathan, Lessinghaus und Bibliothek
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chauplatz I. Das Teater: Jerusa-
lem im 12. Jh. Der dritte Kreuzzug macht gerade eine kurze Pause. Ein „empelherr“, also der Angehörige eines Ritterordens und soeben von Sultan Saladin begnadigt, weil er Saladins Bruder so ähnlich sieht, rettet ein junges Mädchen aus einem brennenden Haus. Es ist Recha, die ochter des Großkaumanns Nathan, „ein Judenmädchen“. Eigentlich war das der Mühe nicht wert, und Dank will der geistliche Ritter schon gar nicht daür haben, erst recht nicht im Hause Nathans, denn „er kömmt zu keinem Juden“. Nathan ist gerade
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von einer erolgreichen Geschäsreise zurückgekehrt und möchte den Retter seiner einzigen ochter am liebsten mit Dank und Reichtum überhäuen – also sucht er ihn au. Schneller aber ist der Patriarch, der oberste christliche Würdenträger, der den empelherrn zu einem Spion und, wenn sich’s ergibt, auch zum Mörder Saladins machen möchte. Schauplatz II. Das wahre Leben: Gotthold Ephraim Lessing hat nach unsteten und von Geldsorgen geprägten Jahren 1770 die Stelle des Bibliothekars an der Herzog August Bibliothek Wolenbüt-
tel angenommen. Immer hatte er davon geträumt, einmal nach Italien zu reisen, aber jetzt, wo er eine este Stelle hat, will er endlich heiraten. Gerade da muss er den Erbprinzen au eine mehrmonatige Italienreise begleiten. In Rom werden die Reisenden von Papst Pius VI. empangen. Dieser Papst hatte soeben die Judengesetzte nochmals drastisch verschär. Im Gegensatz dazu lernt Lessing in Livorno, das nicht zum Kirchenstaat, sondern zum Herzogtum oskana gehört, eine prosperierende jüdische Gemeinde kennen. Vermutlich tri er dort auch au „ürken“
dem nachgelassenen Werk des Hamburger Orientalisten Hermann Samuel Reimarus, der eine natürliche, d.h. vernungemäße Religion aus dem Studium der Natur ableitete. Im „Alkoran“, wie das heilige Buch der Muslime bei Reimarus heißt, and er die Grundlagen dazu. Als sich der Hamburger Hauptpastor Goeze einmischte und gegen Lessing stellte, eskalierte der Streit. Dieser „Fragmentenstreit“, als der er in die Religionsgeschichte eingegangen ist, ist die wichtigste Auseinandersetzung der Auflärung mit dem orthodoxen Luthertum. Das ührte dazu, dass Lessing von seinem Arbeitgeber, dem Braunschweiger Herzog, mit Zensur belegt wurde. Er dure also nicht mehr pubGenug, ein lizieren. Mensch zu heißen Und was macht Lessing? Er schreibt „Nathan der Weise“! Schauplatz I: Der In einem Brie an die ochter Klosterbruder, den der Patriarch ür seine von Reimar us sagt Lessing: Zwecke eingespannt hatte, „Ich muss versuchen, ob man mich au meiner alten Kanzel, kann den empelherrn nicht überreden, ein au dem Teater wenigstens, „undankbarer Schurke“ noch ungestört will predigen lassen.“ Dass er sein Stück zu werden. Er ist erreut, jemals selbst au einer Bühne denn er ührt die Ausehen wird, glaubt er nicht. träge des Patriarchen nur ungern aus. Zu Recht. Schauplatz I: Der empelNun kommt Nathan herr ist nun endlich bereit, und tri den empelherrn unter Palmen, DatRecha zu treffen – und beide verlieben sich ineinteln essend. Nathan stellt sich vor, er komme ... Da Lessing von Anton Graff 1770 ander. „So liebt / der Christ ällt ihm der edle Ritter das Judenmädchen reilich.“ grob ins Wort, es sei seine Pflicht, den den sollen. Nicht dass ihn die Teologie Und er ährt in seinem Selbstgespräch ersten Besten zu retten, „wenn’s auch nur abstieß (er hat sich zeitlebens als „Lieb- ort: „Was tut’s? – Ich hab in dem Gelobdas Leben einer Jüdin wäre“. Nathan nennt haber der Teologie“ bezeichnet), aber ten Lande / der Vorurteile mehr schon das zwar „ abscheulich“, aber er lässt sich das Teater zog ihn eben mehr an. Mit abgelegt.“ Heiraten will er Recha, soort. nicht provozieren, verwickelt den em- der unbarmherzigen christlichen Ortho- Nathan bittet um ein bisschen Geduld, pelherrn in ein Gespräch, bis der betreten doxie, die nur in Christen rechtschaffene und der aurausende empelherr sieht stammelt: „Ich muss gestehn, / ihr wisst, Menschen, d.h. überhaupt Menschen sah, schon wieder den schachernden Juden wie empelherren denken sollten.“ Und stimmte Lessing nie überein. Er erkannte am Werk. So tie sitzen Vorurteile und Nathan darau: „Nur empelherren? Soll- in der Verschiedenheit der Kulturen und so schnell sind Freundschaen vergessen. ten bloß? Und bloß / weil es die Ordens- Religionen das Ergebnis ihrer geschichtliDa wird Nathan zum Sultan geruen. regeln so gebieten? / Ich weiß, wie gute chen Entwicklung, die jeden Universalan- Von seiner Schwester Sittah hat Saladin Menschen denken, weiß / dass alle Länder spruch einer Religion ad absurdum ührt. erahren, dass man Nathan nicht nur den gute Menschen tragen.“ empelherr: „Mit 1778 veröffentlicht Lessing Auszüge aus Reichen, sondern auch de n Weisen nennt.
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
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philoART
Eigentlich braucht er Geld, und eigentlich ist Nathan au eben dies geasst, aber dann kommt Saladin nach einer ruppigen Aufforderung „ritt näher, Jude!“ mit einer unerwarteten Frage: „Was ür ein Glaube, was ür ein Gesetz / Hat dir am meisten eingeleuchtet?“ Zuerst versucht sich Nathan herauszureden: „Ich bin ein Jud‘.“ Aber der Sultan lässt das nicht gelten und Nathan erzählt ihm, nach einer kurzen Bedenkzeit, eine Geschichte: Es war einmal ein Mann, „der einen Ring von unschätzbarem Wert / aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein / Opal, der hundert schöne Farben spielte, / und hatte die geheime Kra, vor Gott / und Menschen angenehm zu machen, wer / in dieser Zuversicht ihn trug.“ In der Lessinghaus in Wolfenbüttel Familie dieses Mannes war es radition, den Ring dem LiebRing an ag / zu legen! Komme dieser lingssohn zu vererbe n. Dieser Vater hatte Kra mit Sanmut, / mit herzlicher Veraber drei Söhne, die er gleichermaßen träglichkeit, mit Wohltun, / mit innigster liebte und deswegen verspricht er jedem, Ergebenheit in Gott, / zu Hil‘.“ ihm den Ring zu hinterlassen. Nachdem der Sultan immer ergriffener Heimlich lässt er zwei Kopien ertigen, gelauscht hatte, bietet er Nathan schließdie so gut gelingen, dass „selbst der Vater lich seine Freundscha an: „Geh, geh, aber seinen Musterring / nicht unterscheiden“ sei mein Freund.“ Und über die Geldankann. Der Vater stirbt, jeder der Söhne gelegenheit werden sie sich auch einig. glaubt sich im Besitz des wahren Rings und es ällt ihnen nichts Besseres ein, als den Streit vor den Richter zu tragen. Der sieht sich außerstande, ein Urteil zu ällen, gibt den drei Brüdern aber einen Rat. Jeder solle weiterhin glauben, dass sein Ring der wahre sei, und sich bemühen, die Wahrheit des Rings durch die at zu beweisen: „Es eire jeder seiner unbestochnen, / von Vorurteilen reien Liebe nach! / Es strebe von euch jeder um die Wette, / die Kra des Steins in seinem Verschiedene Opale
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briee der Herrschenden angewiesen war, ein so eindrucksvolles Denkmal gesetzt, wie es kein zweites in der deutschen Literatur gibt. Die muslimischen Protagonisten dagegen wurden au der Bühne o als orientalisch-exotische Statisten abquali-
Schauplatz II: „Nathan der Weise“ ist das einzige Stück deutscher Literatur, in dem die drei monotheistischen Religionen zusammen aureten und gleichermaßen zur Sprache kommen. In der Teaterpraxis war der Jude Nathan meistens die Hauptperson. Lessing hat dem Vertreter eines Volkes, das zu seiner Zeit noch keine Bürgerrechte besaß, sondern au Schutz-
m o c . e m i t s m a e r D | y a k e D ©
Saladin Mausoleum in Damaskus
fiziert oder mussten düster-verschlagen agieren. Das widerspricht Lessings Absicht au der ganzen Linie. Dem Temenkreis „Lessing und der Islam“ kann hier nicht annähernd Gerechtigkeit widerahren, aber so viel sei gesagt, dass Lessing au der Höhe der Zeit war, was die Islamorschung angeht. Die hatte sich kurz zuvor aus der Rolle der Hilswissenscha ür die Teologie gelöst und hatte vor allem in den Niederlanden, in England und Frankreich, mächtig Fahrt augenommen. Lessing wusste also, wovon er sprach. Auch dass er Saladin, eigentlich Salah ad-Din (gest. 1193 in Damaskus) als weisen Herrscher zeigt, steht au historischem Grund. Aber Lessing wollte kein historisches Schauspiel
schreiben, sondern seiner Überzeugung Nachdruck verleihen, dass Vernun, Güte und Liebe unter allen Menschen und Religionen zu finden sind und nicht nur im Christentum. Womit er damals ziemlich allein dastand.
en, aber im weitesten Sinne als Menschen. Wir sind Familie, eine zerstrittene Familie, aber es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als uns zusammenzurauen, wenn wir uns nicht gegenseitig zusammenschlagen wollen. Lessing wollte zudem zeigen, dass Religionen nicht (notwendigerweise) als Brandbeschleuniger ungieren, sondern (auch) das Potenzial haben, Menschen in gegenseitigem Respekt und Vertrauen zusammenzuühren. Er vertritt nicht die heute so beliebten Forderungen, Religion durch wissenschatlichen Materialismus (pardon) zu ersetzen, sondern glaubt, dass der Muslim nicht trotz, sondern gerade durch seine Religion Mensch wird, und so der Jude, und so der Christ. Alle Religionen, und ich üge hinzu, auch die Philosophie und der agnostische Humanismus, haben das Potenzial, aus den unterschiedlichsten Menschen eine „Familie“ zu machen. Willkommen daheim.
PS: Lessing ist 1781 in Braunschweig Schauplatz I: Die berühmte Ringparabel steht ungeähr in der Mitte des gestorben. Erst Schiller brachte den Stücks, aber wir machen es jetzt kurz: In „Nathan“ 1801 in Weimar zum ersten der Schlussszene stellt sich heraus, dass Mal au die Bühne. Seitdem ist er aus Recha nicht das Kind Nathans, sondern der heaterlandschat nicht mehr wegseine Adoptivtochter ist. zudenken. ☐ Der empelherr und sie sind Geschwister und zugleich Nichte und Literaturhinweis: Nee von Saladin und seiner SchwesBitte „Nathan der Weise“ selbst lesen, am besten ter. Unter allseitigen Umarmungen und laut. Das Stück ist in fünffüßigen Jamben Freudentränen ällt der Vorhang. geschrieben, was abschreckend klingt, aber Sprache und Rhythmus entwickeln einen Sog, Schauplatz II: Mit diesem Happy dem man sich nur schwer entziehen kann. End haben die heatermacher die Karl-Josef Kuschel hat mehrere Bücher über den größten Schwierigkeiten. Kann man Nathan-Themenkreis geschrieben. Ich empfehle das heute überhaupt noch zeigen, ohne „Vom Streit zum Wettstreit der Religionen. Lessing dass das Publikum lacht? Ich meine, ja. und die Herausforderung des Islam.“ Düsseldorf Wir sind Familie als monotheistische 1998 Religionen, die sich au Abraham beru- „Im Ringen um den wahren Ring“. Ostfildern 2011 •
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Eigentlich braucht er Geld, und eigentlich ist Nathan au eben dies geasst, aber dann kommt Saladin nach einer ruppigen Aufforderung „ritt näher, Jude!“ mit einer unerwarteten Frage: „Was ür ein Glaube, was ür ein Gesetz / Hat dir am meisten eingeleuchtet?“ Zuerst versucht sich Nathan herauszureden: „Ich bin ein Jud‘.“ Aber der Sultan lässt das nicht gelten und Nathan erzählt ihm, nach einer kurzen Bedenkzeit, eine Geschichte: Es war einmal ein Mann, „der einen Ring von unschätzbarem Wert / aus lieber Hand besaß. Der Stein war ein / Opal, der hundert schöne Farben spielte, / und hatte die geheime Kra, vor Gott / und Menschen angenehm zu machen, wer / in dieser Zuversicht ihn trug.“ In der Lessinghaus in Wolfenbüttel Familie dieses Mannes war es radition, den Ring dem LiebRing an ag / zu legen! Komme dieser lingssohn zu vererbe n. Dieser Vater hatte Kra mit Sanmut, / mit herzlicher Veraber drei Söhne, die er gleichermaßen träglichkeit, mit Wohltun, / mit innigster liebte und deswegen verspricht er jedem, Ergebenheit in Gott, / zu Hil‘.“ ihm den Ring zu hinterlassen. Nachdem der Sultan immer ergriffener Heimlich lässt er zwei Kopien ertigen, gelauscht hatte, bietet er Nathan schließdie so gut gelingen, dass „selbst der Vater lich seine Freundscha an: „Geh, geh, aber seinen Musterring / nicht unterscheiden“ sei mein Freund.“ Und über die Geldankann. Der Vater stirbt, jeder der Söhne gelegenheit werden sie sich auch einig. glaubt sich im Besitz des wahren Rings und es ällt ihnen nichts Besseres ein, als den Streit vor den Richter zu tragen. Der sieht sich außerstande, ein Urteil zu ällen, gibt den drei Brüdern aber einen Rat. Jeder solle weiterhin glauben, dass sein Ring der wahre sei, und sich bemühen, die Wahrheit des Rings durch die at zu beweisen: „Es eire jeder seiner unbestochnen, / von Vorurteilen reien Liebe nach! / Es strebe von euch jeder um die Wette, / die Kra des Steins in seinem Verschiedene Opale
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briee der Herrschenden angewiesen war, ein so eindrucksvolles Denkmal gesetzt, wie es kein zweites in der deutschen Literatur gibt. Die muslimischen Protagonisten dagegen wurden au der Bühne o als orientalisch-exotische Statisten abquali-
Schauplatz II: „Nathan der Weise“ ist das einzige Stück deutscher Literatur, in dem die drei monotheistischen Religionen zusammen aureten und gleichermaßen zur Sprache kommen. In der Teaterpraxis war der Jude Nathan meistens die Hauptperson. Lessing hat dem Vertreter eines Volkes, das zu seiner Zeit noch keine Bürgerrechte besaß, sondern au Schutz-
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schreiben, sondern seiner Überzeugung Nachdruck verleihen, dass Vernun, Güte und Liebe unter allen Menschen und Religionen zu finden sind und nicht nur im Christentum. Womit er damals ziemlich allein dastand.
Saladin Mausoleum in Damaskus
fiziert oder mussten düster-verschlagen agieren. Das widerspricht Lessings Absicht au der ganzen Linie. Dem Temenkreis „Lessing und der Islam“ kann hier nicht annähernd Gerechtigkeit widerahren, aber so viel sei gesagt, dass Lessing au der Höhe der Zeit war, was die Islamorschung angeht. Die hatte sich kurz zuvor aus der Rolle der Hilswissenscha ür die Teologie gelöst und hatte vor allem in den Niederlanden, in England und Frankreich, mächtig Fahrt augenommen. Lessing wusste also, wovon er sprach. Auch dass er Saladin, eigentlich Salah ad-Din (gest. 1193 in Damaskus) als weisen Herrscher zeigt, steht au historischem Grund. Aber Lessing wollte kein historisches Schauspiel
en, aber im weitesten Sinne als Menschen. Wir sind Familie, eine zerstrittene Familie, aber es wird uns nichts anderes übrig bleiben, als uns zusammenzurauen, wenn wir uns nicht gegenseitig zusammenschlagen wollen. Lessing wollte zudem zeigen, dass Religionen nicht (notwendigerweise) als Brandbeschleuniger ungieren, sondern (auch) das Potenzial haben, Menschen in gegenseitigem Respekt und Vertrauen zusammenzuühren. Er vertritt nicht die heute so beliebten Forderungen, Religion durch wissenschatlichen Materialismus (pardon) zu ersetzen, sondern glaubt, dass der Muslim nicht trotz, sondern gerade durch seine Religion Mensch wird, und so der Jude, und so der Christ. Alle Religionen, und ich üge hinzu, auch die Philosophie und der agnostische Humanismus, haben das Potenzial, aus den unterschiedlichsten Menschen eine „Familie“ zu machen. Willkommen daheim.
PS: Lessing ist 1781 in Braunschweig Schauplatz I: Die berühmte Ringparabel steht ungeähr in der Mitte des gestorben. Erst Schiller brachte den Stücks, aber wir machen es jetzt kurz: In „Nathan“ 1801 in Weimar zum ersten der Schlussszene stellt sich heraus, dass Mal au die Bühne. Seitdem ist er aus Recha nicht das Kind Nathans, sondern der heaterlandschat nicht mehr wegseine Adoptivtochter ist. zudenken. ☐ Der empelherr und sie sind Geschwister und zugleich Nichte und Literaturhinweis: Nee von Saladin und seiner SchwesBitte „Nathan der Weise“ selbst lesen, am besten ter. Unter allseitigen Umarmungen und laut. Das Stück ist in fünffüßigen Jamben Freudentränen ällt der Vorhang. geschrieben, was abschreckend klingt, aber Sprache und Rhythmus entwickeln einen Sog, Schauplatz II: Mit diesem Happy dem man sich nur schwer entziehen kann. End haben die heatermacher die Karl-Josef Kuschel hat mehrere Bücher über den größten Schwierigkeiten. Kann man Nathan-Themenkreis geschrieben. Ich empfehle das heute überhaupt noch zeigen, ohne „Vom Streit zum Wettstreit der Religionen. Lessing dass das Publikum lacht? Ich meine, ja. und die Herausforderung des Islam.“ Düsseldorf Wir sind Familie als monotheistische 1998 Religionen, die sich au Abraham beru- „Im Ringen um den wahren Ring“. Ostfildern 2011 •
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
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p h i l oo ss oo pp hh ii ss cc hh RR EE II SS EE NN
philosophischREISEN
MALLORCA Jenseits vom Ballermann Mallorca ist ein Geheimtipp der besonderen Art: Jeder meint es zu kennen und winkt erst einmal ab. Aber wer einmal dort gewesen … ��� ��� F���� ��� S����� J������
Miramar
Terrassierter Olivenhain
D
ie Berge der Serra de ramuntana, die den Nordwesten Mallorcas begrenzen, schützen den Rest der Insel vor den schlimmsten Unwettern. Wenn eine Schlechtwetterront vorüberzieht, dann tobt sie sich hier besonders aus. Am schlimmsten tri es einen Ort wie Banyalbuar, der au der meerzugewandten Seite liegt. Der Sturm peitscht den Regen ast
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seitig. Willkommen au Mallorca, zur Zeit waagrecht vor sich her. Die Häuser mit ihren geschlossenen Fensterläden wirken der Mandelblüte. abweisend. Niemand ist au der Straße, und Ich bin trotzdem zurieden, denn in der auch ich suche schnell ein rettendes Dach. knappen Stunde, in der Regen und Sturm In dem Caé, in das ich mich flüchte, bullert eine Pause machen, habe ich außerhalb des Ortes die durch rockenmauern gestützten ein Kanonenoen. Eine Wandergruppe aus Deutschland errassenelder durchwandert. Sie reichen hält die klammen Hände so nah wie mög- von der Anhöhe bis hinunter z um Meelich ans Feuer und otografiert sich gegen- resspiegel. Überall zwischen den Feldern
glänzen geüllte Wasserbecken, von denen schmale Rinnen abgehen und sich au den Feldern verzweigen. Viele der Becken und Rinnen sind heute betoniert; das System der Bewässerung und auch das des errassenbaus geht aber au die Mauren zurück. rockenmauern, also ohne Mörtel errichtete Mauern, sind zwar überall in Europa zu finden, aber ür Mallorca sind die marges, wie sie hier genannt werden, von besonderer Bedeutung. Sie gelten als schützenswertes Kulturgut, au dessen Erhalt viel Mühe verwendet wird. Meistens werden au den errassen Olivenbäume gepflanzt, die keine Bewässerung benötigen. Banyalbuar aber baut wie in vergangenen Jahrhunderten den roten Malvasier an, den „Wein der Könige“.
Mallorca ist „steinreich“
Orangen noch bis Anang des 20. Jh. eher zum spanischen Festland hin als z ur Inselhauptstadt Palma, von der sie durch die schier unüberwindliche Barriere des
George Sand und Frédéric Chopin
Die Serra de ramuntana ist seit 2011 UNESCO-Weltnaturerbe. Sie ist nicht hoch, nur ca. 1500 Meter, aber von einer eindrucksvollen Wildheit. Sóller, die größte Stadt der Serra, orientierte sich ür den Absatz ihrer besonders saigen
Bergmassivs getrennt war. 1912 wurde eine Schmalspurbahn gebaut, die heute noch ährt, aber keine Orangen, sondern ouristen transportiert. Kaum jemand lässt sich diese Fahrt entgehen, obwohl sie nicht billig ist und zur Häle durch
unnels ührt. Für die Orangen war das kein Problem, aber ouristen haben mehr davon, wenn sie die öffentlichen Busse nehmen und die atemberaubenden Straßen zwischen sich aueinander türmenden Felsen und spektakulären Ausblicken au das Meer tie unten genießen können. So kommt man zum wichtigsten Wallahrtsort der Insel, dem Kloster Lluc mit seiner schwarzen Madonna oder auch zum Vorzeigedor der Bergkette, Deiá. Als sich der britische Schristeller Robert Graves („Ich, Claudius, Kaiser und Gott“) in den 20er-Jahren hier niederließ, war es wirklich noch ein Bergdor mit a i d e einer besonders schönen Kulisse. p i k i Das ist es immer noch, aber irgend W s u a wie ist es zu schön, um wahr zu © sein. Es geht das böse Wort vom „Getto des Geldadels“ um. Oben au der Hügelspitze liegt die alte Dorfirche, umgeben vom Friedho, au dem Robert Graves 1985 begraben wurde. In der Kirche bittet ein Schild in mehreren Sprachen um eine kleine Spende ür die Beleuchtung. Andernalls könne man die Kirche nicht geöffnet halten.
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MALLORCA Jenseits vom Ballermann Mallorca ist ein Geheimtipp der besonderen Art: Jeder meint es zu kennen und winkt erst einmal ab. Aber wer einmal dort gewesen … ��� ��� F���� ��� S����� J������
Miramar
Terrassierter Olivenhain
D
ie Berge der Serra de ramuntana, die den Nordwesten Mallorcas begrenzen, schützen den Rest der Insel vor den schlimmsten Unwettern. Wenn eine Schlechtwetterront vorüberzieht, dann tobt sie sich hier besonders aus. Am schlimmsten tri es einen Ort wie Banyalbuar, der au der meerzugewandten Seite liegt. Der Sturm peitscht den Regen ast
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seitig. Willkommen au Mallorca, zur Zeit waagrecht vor sich her. Die Häuser mit ihren geschlossenen Fensterläden wirken der Mandelblüte. abweisend. Niemand ist au der Straße, und Ich bin trotzdem zurieden, denn in der auch ich suche schnell ein rettendes Dach. knappen Stunde, in der Regen und Sturm In dem Caé, in das ich mich flüchte, bullert eine Pause machen, habe ich außerhalb des Ortes die durch rockenmauern gestützten ein Kanonenoen. Eine Wandergruppe aus Deutschland errassenelder durchwandert. Sie reichen hält die klammen Hände so nah wie mög- von der Anhöhe bis hinunter z um Meelich ans Feuer und otografiert sich gegen- resspiegel. Überall zwischen den Feldern
glänzen geüllte Wasserbecken, von denen schmale Rinnen abgehen und sich au den Feldern verzweigen. Viele der Becken und Rinnen sind heute betoniert; das System der Bewässerung und auch das des errassenbaus geht aber au die Mauren zurück. rockenmauern, also ohne Mörtel errichtete Mauern, sind zwar überall in Europa zu finden, aber ür Mallorca sind die marges, wie sie hier genannt werden, von besonderer Bedeutung. Sie gelten als schützenswertes Kulturgut, au dessen Erhalt viel Mühe verwendet wird. Meistens werden au den errassen Olivenbäume gepflanzt, die keine Bewässerung benötigen. Banyalbuar aber baut wie in vergangenen Jahrhunderten den roten Malvasier an, den „Wein der Könige“.
Mallorca ist „steinreich“
Orangen noch bis Anang des 20. Jh. eher zum spanischen Festland hin als z ur Inselhauptstadt Palma, von der sie durch die schier unüberwindliche Barriere des
George Sand und Frédéric Chopin
Die Serra de ramuntana ist seit 2011 UNESCO-Weltnaturerbe. Sie ist nicht hoch, nur ca. 1500 Meter, aber von einer eindrucksvollen Wildheit. Sóller, die größte Stadt der Serra, orientierte sich ür den Absatz ihrer besonders saigen
Bergmassivs getrennt war. 1912 wurde eine Schmalspurbahn gebaut, die heute noch ährt, aber keine Orangen, sondern ouristen transportiert. Kaum jemand lässt sich diese Fahrt entgehen, obwohl sie nicht billig ist und zur Häle durch
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... und ein glücklicher Erzherzog In den Räumen der Kartause von Valldemossa ist noch ein kleines, aber eines Museum ür Erzherzog Ludwig Salvator von Habsburg untergebracht. Er hat mehr aus sich gemacht, als ihm an seiner Wiege gesungen wurde, die 1847 im Palazzo Pitti in Florenz stand. Wer unter solchen Umständen zur Welt kommt, der hat doch schon alles erreicht, oder etwa nicht? Ludwig Salvator olgte aber seinem eigenen Kop und wurde zuerst ein königlicher Aussteiger, dann ein adeliger Vagabund, ein Weltumsegler und ernst zu nehmender Erorscher der Inseln und Küstenstreien Die Kartause von Valldemossa des Mittelmeeres. Er war nur au seinem Schiff „Nixe“ zu Hause – bis er Mallorca Kost zur Qual. In George Sands Buch, wo ür sich entdeckte. Hier ließ er sich nieder, Ein unglücklicher sie seine Anonymität wahrt, ist immer nur kaue viel Land, um es der Bebauung zu Komponist ... Ganz demokratisch geht es in Vallde- von „unserem Kranken“ die Rede. Erst in entziehen, genoss das Leben mit seiner mossa zu, dem größten Anziehungspunkt ihrer Autobiografie, die nach dem od bäuerlichen Geliebten und schrieb das der Serra, der jedes Jahr an die 100.000 Chopins entstand, gibt sie seine Identität beste Werk über die Insel, das auch heute preis und beschreibt in sehr einühlsamen noch nicht überholt ist, „Die Balearen“. Besucher zählt. Hier gilt nicht die Lage und nicht die Aussicht, obwohl sich beides Worten, wie sehr er an sich selbst gelit- Die Pariser Weltausstellung 1878 verlieh sehen lassen kann. Jeder will zu Chopin ten hatte und welche Belastung er ür sie, ihm daür eine Goldmedaille. Nach dem ... Dabei kommt er in George Sands Buch George Sand, war. Und welch himmlische Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde „Ein Winter au Mallorca“, das überall Musik er dennoch komponierte. Sein Kla- er von Kaiser Franz Joseph zurückbeorund in allen erdenklichen Sprachen zum vier, ein Pleyel, Kau angeboten wird, nicht einmal vor! das unter größDas Kartäuserkloster von Valldemossa ten Mühen aus war 1835 augelöst worden und stand F r a n k r e i c h leer, als George Sand mit ihren beiden herbeigescha Kindern und mit Chopin dort im Winter worden war, 1838/39 einzog. Für gesunde Menschen, steht noch in noch dazu vom Schlage George Sands Zelle 4. Ohne und ihrer Kinder, war das eine ideale George Sand Bleibe, eine romantische Behausung mit hätte Chopin viel Natur und Freiheit, besonders ür die die damals Kinder. Dass die Bevölkerung, die von der langwierige, berühmten ranzösischen Schristellerin, komplizierte die gerne Hosen trug, noch nichts gehört und strapazihatte und ihnen das Leben schwer machte, öse Reise ganz hätten sie schon verkraet, aber Chopin, sicher nicht überempfindlich in jeder Hinsicht, wurde unternommen, heute zusehends kränker und brauchte viel Au- aber merksamkeit und Pflege. Für ihn wurden heißt es in Vallder regenreiche Winter und die rugale demossa und Erzherzog Ludwig Salvator auf Mallorca
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auch in Palma, wo ein Denkmal ür ihn steht, nur: Chopin war hier. Ach ja, und er kam in Begleitung seiner Geliebten.
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unnels ührt. Für die Orangen war das kein Problem, aber ouristen haben mehr davon, wenn sie die öffentlichen Busse nehmen und die atemberaubenden Straßen zwischen sich aueinander türmenden Felsen und spektakulären Ausblicken au das Meer tie unten genießen können. So kommt man zum wichtigsten Wallahrtsort der Insel, dem Kloster Lluc mit seiner schwarzen Madonna oder auch zum Vorzeigedor der Bergkette, Deiá. Als sich der britische Schristeller Robert Graves („Ich, Claudius, Kaiser und Gott“) in den 20er-Jahren hier niederließ, war es wirklich noch ein Bergdor mit a i d e einer besonders schönen Kulisse. p i k i Das ist es immer noch, aber irgend W s u a wie ist es zu schön, um wahr zu © sein. Es geht das böse Wort vom „Getto des Geldadels“ um. Oben au der Hügelspitze liegt die alte Dorfirche, umgeben vom Friedho, au dem Robert Graves 1985 begraben wurde. In der Kirche bittet ein Schild in mehreren Sprachen um eine kleine Spende ür die Beleuchtung. Andernalls könne man die Kirche nicht geöffnet halten.
Zug zwischen Palma und Sollér
dert. Kurze Zeit später starb er au Schloss Besucher war da. Ein unerwartet großes Brandeis in Böhmen, wurde aber 1915 Geschenk. in die Kaisergru der Kapuzinerkirche nach Wien überührt. Dort ruhen seine Und still in seinem Gebeine, weit ab von der Sonne und dem heimatlichen Äther lächelte das Licht Wind Mallorcas. Die erste Erwerbung Ludwig Salvators (Hölderlin, Hyperion) au Mallorca war „Miramar“. Um das „Miramar“ geht au Ramon Llull (ausgeHerrenhaus, hinter dem sich die Berge sprochen Juj) zurück. Hier hatte er 1276 erstrecken, stehen ausende von alten ein Kloster und eine arabische SprachenOlivenbäumen. Dann allen die Felsen schule ür angehende Missionare gegrünabrupt ins Meer. Eine kleine Aussichts- det. Im „Garten der Hl. Margareta“ (wo plattorm ist dem Besucher zugänglich. hat sich nur der Drache versteckt?) steht Von hier aus öffnet sich der Blick ins noch eine schöne Säulenreihe des eheWeite, ein Ausblick, der einem wahrlich maligen Kreuzgangs. Eine Kapelle gibt es den Atem nimmt: die wilde Senkrechte auch noch, passend zum Ort, aber weder des Gebirges und die trügerisch-ruhige besonders alt noch besonders geschmackWaagrechte des Meeresspiegels und wei- voll. Ramon Llull (1232–1315) ist der ter als weit der Äther. Hier passt dieses bekannteste Mallorquiner. Wer noch die poetisch-philosophische Wort, dem Nummer 101 von „abenteuer Philosophie“ immer noch etwas von der unassbaren hat, kann sich dort über die Gedanken des magischen Kra anhaet, die ihm die Philosophen, Logikers und Franziskaners Antike zuschrieb: der Äther als göttli- inormieren. Hier nur so viel: Nach einem ches, alles durchdringendes, intelligentes ausschweienden Leben und einer mysti„Licht“. In neuerer Zeit hat der deutsche schen Erahrung bereiste er unermüdlich Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843), die ans Mittelmeer grenzenden Länder in sowieso ein geistiger „Grieche“, den Äther der Hoffnung, zur Bekehrung von Juden besungen. Und noch eine Steigerung: und Muslimen beizutragen. rotz seiner Ich war alleine. Kein einziger anderer zahlreichen Reisen hatte er noch die Zeit,
in Paris und Montpellier zu lehren und viele Bücher zu schreiben . Sein Grab befindet sich in der Franziskanerkirche in Palma. Zum 700. odestag in diesem Jahr könnte er heiliggesprochen werden. Palma wäre allein schon eine Reise wert. Mit der Altstadt, deren Gassen noch dem mittelalterlichen Verlau olgen und von gotischen und RenaissancePalästen gesäumt sind, mit den vielen Museen und Galerien und der Kunst im öffentlichen Raum, der Kathedrale „La Seu“ hoch über dem Meer, in der Gaudí („La Sagrada Família“ in Barcelona ist sein Hauptwerk) und der bekannteste lebende mallorquinische Künstler, Miquel Barceló, Werke hinterlassen haben. Es gibt viel zu entdecken ... Vielleicht setzen Sie sich aber auch einach in den kleinen Garten der arabischen Bäder (Banys Arabs) unter die Olivenbäume, die mit den Römern kamen und die Palmen, die die Araber mitgebracht haben, und sinnen über den Lau
Ramon Llull, vermutlich von seiner eigenen Hand
der Welt nach. Übrigens: Außer jenem ag in der Serra waren alle anderen age mild und sonnig, und die Mandelbäume blühten. ☐ Literaturhinweis: •
George Sand, Ein Winter auf Mallorca. (Von den zahlreichen Ausgaben nach Möglichkeit eine mit Einführung bzw. Kommentar wählen) – ein Lesevergnügen
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auch in Palma, wo ein Denkmal ür ihn steht, nur: Chopin war hier. Ach ja, und er kam in Begleitung seiner Geliebten.
in Paris und Montpellier zu lehren und viele Bücher zu schreiben . Sein Grab befindet sich in der Franziskanerkirche in Palma. Zum 700. odestag in diesem Jahr könnte er heiliggesprochen werden. Palma wäre allein schon eine Reise wert. Mit der Altstadt, deren Gassen noch dem mittelalterlichen Verlau olgen und von gotischen und RenaissancePalästen gesäumt sind, mit den vielen Museen und Galerien und der Kunst im öffentlichen Raum, der Kathedrale „La Seu“ hoch über dem Meer, in der Gaudí („La Sagrada Família“ in Barcelona ist sein Hauptwerk) und der bekannteste lebende mallorquinische Künstler, Miquel Barceló, Werke hinterlassen haben. Es gibt viel zu entdecken ... Vielleicht setzen Sie sich aber auch einach in den kleinen Garten der arabischen Bäder (Banys Arabs) unter die Olivenbäume, die mit den Römern kamen und die Palmen, die die Araber mitgebracht haben, und sinnen über den Lau
... und ein glücklicher Erzherzog
Die Kartause von Valldemossa
Ein unglücklicher Komponist ...
Ganz demokratisch geht es in Valldemossa zu, dem größten Anziehungspunkt der Serra, der jedes Jahr an die 100.000 Besucher zählt. Hier gilt nicht die Lage und nicht die Aussicht, obwohl sich beides sehen lassen kann. Jeder will zu Chopin ... Dabei kommt er in George Sands Buch „Ein Winter au Mallorca“, das überall und in allen erdenklichen Sprachen zum Kau angeboten wird, nicht einmal vor! Das Kartäuserkloster von Valldemossa war 1835 augelöst worden und stand leer, als George Sand mit ihren beiden Kindern und mit Chopin dort im Winter 1838/39 einzog. Für gesunde Menschen, noch dazu vom Schlage George Sands und ihrer Kinder, war das eine ideale Bleibe, eine romantische Behausung mit viel Natur und Freiheit, besonders ür die Kinder. Dass die Bevölkerung, die von der berühmten ranzösischen Schristellerin, die gerne Hosen trug, noch nichts gehört hatte und ihnen das Leben schwer machte, hätten sie schon verkraet, aber Chopin, überempfindlich in jeder Hinsicht, wurde zusehends kränker und brauchte viel Aumerksamkeit und Pflege. Für ihn wurden der regenreiche Winter und die rugale
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In den Räumen der Kartause von Valldemossa ist noch ein kleines, aber eines Museum ür Erzherzog Ludwig Salvator von Habsburg untergebracht. Er hat mehr aus sich gemacht, als ihm an seiner Wiege gesungen wurde, die 1847 im Palazzo Pitti in Florenz stand. Wer unter solchen Umständen zur Welt kommt, der hat doch schon alles erreicht, oder etwa nicht? Ludwig Salvator olgte aber seinem eigenen Kop und wurde zuerst ein königlicher Aussteiger, dann ein adeliger Vagabund, ein Weltumsegler und ernst zu nehmender Erorscher der Inseln und Küstenstreien des Mittelmeeres. Er war nur au seinem Schiff „Nixe“ zu Hause – bis er Mallorca Kost zur Qual. In George Sands Buch, wo ür sich entdeckte. Hier ließ er sich nieder, sie seine Anonymität wahrt, ist immer nur kaue viel Land, um es der Bebauung zu von „unserem Kranken“ die Rede. Erst in entziehen, genoss das Leben mit seiner ihrer Autobiografie, die nach dem od bäuerlichen Geliebten und schrieb das Chopins entstand, gibt sie seine Identität beste Werk über die Insel, das auch heute preis und beschreibt in sehr einühlsamen noch nicht überholt ist, „Die Balearen“. Worten, wie sehr er an sich selbst gelit- Die Pariser Weltausstellung 1878 verlieh ten hatte und welche Belastung er ür sie, ihm daür eine Goldmedaille. Nach dem George Sand, war. Und welch himmlische Ausbruch des Ersten Weltkrieges wurde Musik er dennoch komponierte. Sein Kla- er von Kaiser Franz Joseph zurückbeor vier, ein Pleyel, das unter größten Mühen aus Frankreich herbeigescha worden war, steht noch in Zelle 4. Ohne George Sand hätte Chopin die damals langwierige, komplizierte und strapaziöse Reise ganz sicher nicht unternommen, aber heute heißt es in Valldemossa und Erzherzog Ludwig Salvator auf Mallorca
Zug zwischen Palma und Sollér
dert. Kurze Zeit später starb er au Schloss Besucher war da. Ein unerwartet großes Brandeis in Böhmen, wurde aber 1915 Geschenk. in die Kaisergru der Kapuzinerkirche nach Wien überührt. Dort ruhen seine Und still in seinem Gebeine, weit ab von der Sonne und dem heimatlichen Äther lächelte das Licht Wind Mallorcas. Die erste Erwerbung Ludwig Salvators (Hölderlin, Hyperion) au Mallorca war „Miramar“. Um das „Miramar“ geht au Ramon Llull (ausgeHerrenhaus, hinter dem sich die Berge sprochen Juj) zurück. Hier hatte er 1276 erstrecken, stehen ausende von alten ein Kloster und eine arabische SprachenOlivenbäumen. Dann allen die Felsen schule ür angehende Missionare gegrünabrupt ins Meer. Eine kleine Aussichts- det. Im „Garten der Hl. Margareta“ (wo plattorm ist dem Besucher zugänglich. hat sich nur der Drache versteckt?) steht Von hier aus öffnet sich der Blick ins noch eine schöne Säulenreihe des eheWeite, ein Ausblick, der einem wahrlich maligen Kreuzgangs. Eine Kapelle gibt es den Atem nimmt: die wilde Senkrechte auch noch, passend zum Ort, aber weder des Gebirges und die trügerisch-ruhige besonders alt noch besonders geschmackWaagrechte des Meeresspiegels und wei- voll. Ramon Llull (1232–1315) ist der ter als weit der Äther. Hier passt dieses bekannteste Mallorquiner. Wer noch die poetisch-philosophische Wort, dem Nummer 101 von „abenteuer Philosophie“ immer noch etwas von der unassbaren hat, kann sich dort über die Gedanken des magischen Kra anhaet, die ihm die Philosophen, Logikers und Franziskaners Antike zuschrieb: der Äther als göttli- inormieren. Hier nur so viel: Nach einem ches, alles durchdringendes, intelligentes ausschweienden Leben und einer mysti„Licht“. In neuerer Zeit hat der deutsche schen Erahrung bereiste er unermüdlich Dichter Friedrich Hölderlin (1770–1843), die ans Mittelmeer grenzenden Länder in sowieso ein geistiger „Grieche“, den Äther der Hoffnung, zur Bekehrung von Juden besungen. Und noch eine Steigerung: und Muslimen beizutragen. rotz seiner Ich war alleine. Kein einziger anderer zahlreichen Reisen hatte er noch die Zeit,
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Ramon Llull, vermutlich von seiner eigenen Hand
der Welt nach. Übrigens: Außer jenem ag in der Serra waren alle anderen age mild und sonnig, und die Mandelbäume blühten. ☐ Literaturhinweis: •
George Sand, Ein Winter auf Mallorca. (Von den zahlreichen Ausgaben nach Möglichkeit eine mit Einführung bzw. Kommentar wählen) – ein Lesevergnügen
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WO JESUS VOM HIMMEL FIEL Irgendwo zwischen Mexiko und Guatemala empelanlage von ikal. Vom höchsten Punkt der Nordakropolis blicken wir nach Westen. Die Sonne senkt sich ast exakt über dem empel 4. Welch ein Frieden. Eine Begegnung mit der Ewigkeit. Spontan erheben wir unsere Stimmen: Abendstille überall … Wir singen. Begleitet von der Nachtigall des Dschungels. V�� M��. H����� W������ ��� D�. W������ W������ F����: M��. H����� W������
M
Sonnenuntergang in Tikal, dem größten Zeremonialzentrum der Maya
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Abenteuer Philosophie Abenteuer Philosophie // Nr. Nr. 141 141
ittelamerika ist eine Begegnung. Hier treen Nord- und Lateinamerika aueinander, zwei Lebenswelten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und hier tri eine rätselhae Vergangenheit au eine spannungsgeladene Gegenwart, die in eine unsichere und düstere Zukun weist. Wir spüren diese Spannungen an jedem ag unserer dreiwöchigen Reise. Doch trotz dieser Spannungen, trotz der Konrontation mit der gigantischen Zerstörung von Kulturen durch europäische Eroberungswut und missionarischen Eier und trotz der gegenwärtigen sozialen und wirtschalichen Misere sind wir glücklich Die olmekischen Basaltköpfe sind 2–3 Meter hoch
Nr. 141 141 // Abenteuer Abenteuer Philosophie Philosophie Nr. Philosophie
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WO JESUS VOM HIMMEL FIEL Irgendwo zwischen Mexiko und Guatemala empelanlage von ikal. Vom höchsten Punkt der Nordakropolis blicken wir nach Westen. Die Sonne senkt sich ast exakt über dem empel 4. Welch ein Frieden. Eine Begegnung mit der Ewigkeit. Spontan erheben wir unsere Stimmen: Abendstille überall … Wir singen. Begleitet von der Nachtigall des Dschungels. V�� M��. H����� W������ ��� D�. W������ W������ F����: M��. H����� W������
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ittelamerika ist eine Begegnung. Hier treen Nord- und Lateinamerika aueinander, zwei Lebenswelten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Und hier tri eine rätselhae Vergangenheit au eine spannungsgeladene Gegenwart, die in eine unsichere und düstere Zukun weist. Wir spüren diese Spannungen an jedem ag unserer dreiwöchigen Reise. Doch trotz dieser Spannungen, trotz der Konrontation mit der gigantischen Zerstörung von Kulturen durch europäische Eroberungswut und missionarischen Eier und trotz der gegenwärtigen sozialen und wirtschalichen Misere sind wir glücklich Die olmekischen Basaltköpfe sind 2–3 Meter hoch
Sonnenuntergang in Tikal, dem größten Zeremonialzentrum der Maya
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Beim photoelektrischen Effekt w
Die Tempelanlage von Palenque verfügte über ein reiches Wasservorkommen
in Mittelamerika. Wir sind „abnormale“ ouristen – sagen uns unsere Reiseührer. Wir geben uns nicht mit den Daten und Fakten zurieden, uns interessieren die Mythen und Legenden, die Bedeutung der Götter und Helden, die alten Sternbilder und die Kosmogonien. Aber wir sind auch „normale“ ouristen. Bewaffnet mit Sonnenbrille, Wasserflasche und Fotoapparat erkunden wir die Ruinen-Highlights aller großen mittelamerikanischen Kulturen: eotihuacán, enochtitlan, Monte Alban, Mitla, La Venta, Palenque, Yaxchilán, ikal, Copán. Wir reuen uns an gutem Essen und rinken, wenn uns auch das Mistrauen nie verlässt. Wer will schon die Rache Montezumas am eigenen Leibe erahren? Wir steigen vertrauensvoll in Busse, die es bei uns nur au dem Schrottplatz gibt und rattern in ihnen Hunderte Kilometer durch die remden Lande. Und wir kehren täglich hundemüde mit ausenden Fotos au den Speicherkarten in unsere Quartiere zurück. Auch wenn wir in keinem dieser Quartiere mehr als zwei
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141 Abenteuer
Nächte verbringen, ist jedes ein Zuhause, dank der immer offenen und röhlichen Menschen und dank des unerwartet hohen Standards. Mittelamerika ist eine ourismusregion.
„Danzantes“: Schamanen beim
Die verlorenen Ursprünge Unsere Reise ührt uns an die Golfüste nach La Venta, genauer nach Villahermosa. La Venta war eine der zentralen Stätten der Olmeken, der ältesten bekann-
Selbstopfer
Heutige Mayazeremonie ohne Blutopfer in Iximche
ten Kultur in diesem Raum. Do ch durch Rätselha ist auch der Ursprungsmy- in Form von Grundwasser, noch durch Flüsse oder Seen. Alles Wasser wurde die rücksichtslose Ölörderung in diesem thos der Azteken, die ihre Herkun au Gebiet seit den 60er-Jahren waren die eine Insel im Atlantik mit dem Namen in der Regenzeit gesammelt. Daher unKulturgüter in Geahr. So wanderten die Aztlan zurückühren, die in einer vul- gierte die Akropolis der Stadt als ein riesenhaen Steinskulpturen, die an- kanischen Katastrophe untergegangen riesiger Wassersammler. Alles war pertastischen Altäre und Mosaike in den sein soll. Dies erinnert uns an Platons ekt planiert, kein Baum dure in der Parque-Museo de La Venta nach Villaher- Atlantiserzählung, die er au ca. 10.000 Anlage sein. Perekt konstruierte, leichte mosa. Neben ebenso riesenhaen tropi- Jahre vor Chr. datiert. Da die Azteken Geälle leiteten das Wasser in großzügige schen Pflanzen und Käfigen mit Jaguaren, aber erst im 11. Jahrhundert erschienen, Reservoirs, die ür die regenarme Zeit Krokodilen und anderen den Olmeken wird die Erzählung zu einer mythischen ausreichen mussten. wichtigen ieren liegen sie verstreut, wie Erinnerung an ein Geschehen aus grauer Dagegen wurde enochtitlan, das vom Himmel geallen: die b erühmten Vorzeit. heutige Mexiko-City, au dem großen Basaltköpe. Sie sind viel größer als wir sie Und ebenso rätselha wie die excoco-See erbaut. Bis heute zehrt uns vorgestellt hatten und zeigen negride Ursprünge ist das Verschwinden einiger die Stadt von dieser ehemaligen Seenund asiatische Züge. Woher kamen sie? Kulturen. Sowohl die Olmeken wie spä- landscha. Jetzt aber wird das Wasser knapp. Durch den enormen Bedar der Auch von der Stadt eotihuacán, einst- ter die Mayas haben zahlreiche Stätten mals mit rund 200.000 Einwohnern eine einach verlassen. Weder zeigen sich Spu- 20-Millionen-Metropole wird zu viel der größten Städte der Welt, kennen wir ren von Zerstörung noch von sonstigem Grundwasser abgepumpt und die Stadt weder Ursprung noch Erbauer. Woher Verall. Über 6000 Mayastätte sind heute sinkt immer tieer. kam das hier ganz offensichtlich vorhan- bekannt, nur wenige hat man unter groRiesige Wasservorkommen dagegen dene Wissen? Die gesamte Anlage wider- ßem Auwand dem alles verschlingenden existieren noch heute im Südosten Mexispiegelt die Milchstraße und die Planeten Dschungel wieder entreißen können. kos, in Chiapas. Internationale Großkonunseres Sonnensystems. Ihrem Namen zerne wittern hier das große Geschä. nach war es die Stadt, in der die Men- Der Kampf ums Sie versuchen große Gebiete zu kauen, wogegen sich die indigene Bevölkerung schen zu Göttern wurden. Sie kamen von kostbare Wasser den Göttern und gingen dort zu ihnen ikal ist hierür ein gutes Beispiel. Die bisher erolgreich wehren konnte. Nun Stadt hatte kein eigenes Wasser, weder wird versucht mit ricks, wie zum Beizurück.
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Beim photoelektrischen Effekt w
Die Tempelanlage von Palenque verfügte über ein reiches Wasservorkommen
in Mittelamerika. Wir sind „abnormale“ ouristen – sagen uns unsere Reiseührer. Wir geben uns nicht mit den Daten und Fakten zurieden, uns interessieren die Mythen und Legenden, die Bedeutung der Götter und Helden, die alten Sternbilder und die Kosmogonien. Aber wir sind auch „normale“ ouristen. Bewaffnet mit Sonnenbrille, Wasserflasche und Fotoapparat erkunden wir die Ruinen-Highlights aller großen mittelamerikanischen Kulturen: eotihuacán, enochtitlan, Monte Alban, Mitla, La Venta, Palenque, Yaxchilán, ikal, Copán. Wir reuen uns an gutem Essen und rinken, wenn uns auch das Mistrauen nie verlässt. Wer will schon die Rache Montezumas am eigenen Leibe erahren? Wir steigen vertrauensvoll in Busse, die es bei uns nur au dem Schrottplatz gibt und rattern in ihnen Hunderte Kilometer durch die remden Lande. Und wir kehren täglich hundemüde mit ausenden Fotos au den Speicherkarten in unsere Quartiere zurück. Auch wenn wir in keinem dieser Quartiere mehr als zwei
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Nächte verbringen, ist jedes ein Zuhause, dank der immer offenen und röhlichen Menschen und dank des unerwartet hohen Standards. Mittelamerika ist eine ourismusregion.
„Danzantes“: Schamanen beim
Die verlorenen Ursprünge Unsere Reise ührt uns an die Golfüste nach La Venta, genauer nach Villahermosa. La Venta war eine der zentralen Stätten der Olmeken, der ältesten bekann-
Selbstopfer
Heutige Mayazeremonie ohne Blutopfer in Iximche
ten Kultur in diesem Raum. Do ch durch Rätselha ist auch der Ursprungsmy- in Form von Grundwasser, noch durch Flüsse oder Seen. Alles Wasser wurde die rücksichtslose Ölörderung in diesem thos der Azteken, die ihre Herkun au Gebiet seit den 60er-Jahren waren die eine Insel im Atlantik mit dem Namen in der Regenzeit gesammelt. Daher unKulturgüter in Geahr. So wanderten die Aztlan zurückühren, die in einer vul- gierte die Akropolis der Stadt als ein riesenhaen Steinskulpturen, die an- kanischen Katastrophe untergegangen riesiger Wassersammler. Alles war pertastischen Altäre und Mosaike in den sein soll. Dies erinnert uns an Platons ekt planiert, kein Baum dure in der Parque-Museo de La Venta nach Villaher- Atlantiserzählung, die er au ca. 10.000 Anlage sein. Perekt konstruierte, leichte mosa. Neben ebenso riesenhaen tropi- Jahre vor Chr. datiert. Da die Azteken Geälle leiteten das Wasser in großzügige schen Pflanzen und Käfigen mit Jaguaren, aber erst im 11. Jahrhundert erschienen, Reservoirs, die ür die regenarme Zeit Krokodilen und anderen den Olmeken wird die Erzählung zu einer mythischen ausreichen mussten. wichtigen ieren liegen sie verstreut, wie Erinnerung an ein Geschehen aus grauer Dagegen wurde enochtitlan, das vom Himmel geallen: die b erühmten Vorzeit. heutige Mexiko-City, au dem großen Basaltköpe. Sie sind viel größer als wir sie Und ebenso rätselha wie die excoco-See erbaut. Bis heute zehrt uns vorgestellt hatten und zeigen negride Ursprünge ist das Verschwinden einiger die Stadt von dieser ehemaligen Seenund asiatische Züge. Woher kamen sie? Kulturen. Sowohl die Olmeken wie spä- landscha. Jetzt aber wird das Wasser knapp. Durch den enormen Bedar der Auch von der Stadt eotihuacán, einst- ter die Mayas haben zahlreiche Stätten mals mit rund 200.000 Einwohnern eine einach verlassen. Weder zeigen sich Spu- 20-Millionen-Metropole wird zu viel der größten Städte der Welt, kennen wir ren von Zerstörung noch von sonstigem Grundwasser abgepumpt und die Stadt weder Ursprung noch Erbauer. Woher Verall. Über 6000 Mayastätte sind heute sinkt immer tieer. kam das hier ganz offensichtlich vorhan- bekannt, nur wenige hat man unter groRiesige Wasservorkommen dagegen dene Wissen? Die gesamte Anlage wider- ßem Auwand dem alles verschlingenden existieren noch heute im Südosten Mexispiegelt die Milchstraße und die Planeten Dschungel wieder entreißen können. kos, in Chiapas. Internationale Großkonunseres Sonnensystems. Ihrem Namen zerne wittern hier das große Geschä. Der Kampf ums nach war es die Stadt, in der die MenSie versuchen große Gebiete zu kauen, kostbare Wasser wogegen sich die indigene Bevölkerung schen zu Göttern wurden. Sie kamen von den Göttern und gingen dort zu ihnen ikal ist hierür ein gutes Beispiel. Die bisher erolgreich wehren konnte. Nun Stadt hatte kein eigenes Wasser, weder wird versucht mit ricks, wie zum Beizurück.
Abenteuer Philosophie / Nr. 141 Abenteuer
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
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philosophischREISEN N
Die Kirche Santa Maria Tonantzintia in Cholula
links: Jesus stürzt wie Quetzalcoatl vom Himmel
spiel der Errichtung von großräumigen Kibbuzim, an die Wasservorräte zu gelangen.
Doch das damalige indigene Weltbild vor d ie üre und gestaltet seither ihre schiedene Pyramidentempel zu unterwurde nicht vom Physischen dominiert. Zeremonien und Prozessionen selbst. schiedlichen Zeiten so zu bauen, dass Das (Selbst)Oper – egal ob nur sym- Auch finden wir hier eine einzigartige sie alle Hauptdaten des Sonnen- und des bolisch oder auch zeremoniell vollzo- Übersetzung der religiösen Formen. Die zeremoniellen Kalenders widerspiegeln? Dies und vieles andere lassen eine gen – entspringt der Erkenntnis, dass christianisierten Azteken erkannten die alles, was der Mensch erreichen will, Ähnlichkeit von Jesus mit ihrem Gott weitreichende spirituelle, soziale und Oper ordert: Anstrengung und Mühe, Quetzalcoatl, der vom Himmel gealle- politische Vision erahnen. Und diese Selbstüberwindung und Disziplin. Man nen gefiederten Schlange. So ließen sie weitreichende Vision steht in krassem bekommt nichts geschenkt und man in ihrer Kirche Jesus Christus in einer Gegensatz zur Kurzsichtigkeit der heukann sich nicht alles mit Geld kauen. Darstellung kopüber vom Himmel al- tigen Politik, was sich in mangelnder len wie Quetzalcoatl im alten Mythos. Bildung, atalen sozialen Gegensätzen Verbindung der Religionen Und da jeder ihrer eigenen Götter und erschreckender Kriminalitätsrate Die christlichen Spanier eroberten eine weibliche Entsprechung als Ergän- zeigt. Die 43 mexikanischen Studenten, Land und Leute. In den meisten Städten zung hatte, stellten sie Jesus eine Jesusa die seit ihren Protesten im Herbst schleien sie die empel und Pyramiden und Maria einen Mario zur Seite. und erbauten an derer Stelle Kirchen. Die Verbindung der traditionellen 2014 spurlos verschwunden waren Die indigene Religion wurde als Aus- Religion mit der christlichen i st heute und schließlich brutal ermordet und fluss des euels betrachtet. Uns beein- lebendiger denn je. Um eine solche Syn- verbran nt augeu nden wur den, geb en ein mahnendes Beispiel, wie gering druckt heute die Größe und Ästhetik der these zu schaffen, braucht es eine große alten Zeremonialanlagen, aber auch die Klarheit in den Ideen und eine ebenso heute Menschenrechte geachtet werden an ihre Stelle getretenen Kirchen sind große Freiheit in den Ausdrucksormen. und wie salonähig Korruption bereits bemerkenswert. geworden ist. In vielen Fällen wird die alte Religion Zwischen Kosmos und Chaos Genauso wie wir uns anstrengen, anDie alten städtischen Anlagen mit tastische alte Städte dem Dschungel zu einach weiter praktiziert – allerdings im christlichen Gewand. Wie zum Beispiel ihren komplexen konzeptionellen Ord- entreißen, müssen wir alles daransetin der Kirche Santa Maria onantzintla nungen versetzen uns jedes Mal von zen, das Menschliche wieder vor das in Cholula. Dort setzte die indigene neuem in Erstaunen. Wie gelang es Dschungelrecht des Stärkeren zu stelBevölkerung den katholischen Priester beispielsweise den Mayas in ikal ver- len. ☐
gische Funde deuten au großangelegte Menschenoper hin. Und ast alle stammen aus der Spätzeit der Azteken. Bei den Mayas konnten Blut und Opfer bisher, außer vereinzelt beim od eines Grausame Menschenoper sehen wir Herrschers, überhaupt keine Menschenheute als einen Wesenszug der mittel- oper nachgewiesen werden. Waren es amerikanischen Kulturen. Darstellungen also nur Symbole ür „innere“ Oper, alte von blutigen Selbstverstümmelungen bis Gewohnheiten und Untugenden aus sich hin zu Massenopern begegnen uns ast „herauszureißen“ bzw. sich selbst in den überall, au der Keramik, in Fresken oder Dienst zu stellen? Jedenalls erkennen au Stelen. Doch nur wenige archäolo- wir ein anderes Verhältnis zu Krieg und
Totenmaske
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Abenteuer Philosophie / Nr. Nr. 141 Abenteuer
od. Sterben heißt im höheren Sinne wiedergeboren werden, dargestellt im Erblühen einer Blume über dem Herzen. Man sprach vom Blumenkrieg. Die Schwierigkeiten des Lebens lassen den Menschen reien und erblühen. Nicht einach zu verstehen ür uns heute als Menschen eines materialistischen Weltbildes.
Die Tempelanlage von Jaxchilán droht im Urwald zu ersticken
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Die Kirche Santa Maria Tonantzintia in Cholula
links: Jesus stürzt wie Quetzalcoatl vom Himmel
spiel der Errichtung von großräumigen Kibbuzim, an die Wasservorräte zu gelangen.
Doch das damalige indigene Weltbild vor d ie üre und gestaltet seither ihre schiedene Pyramidentempel zu unterwurde nicht vom Physischen dominiert. Zeremonien und Prozessionen selbst. schiedlichen Zeiten so zu bauen, dass Das (Selbst)Oper – egal ob nur sym- Auch finden wir hier eine einzigartige sie alle Hauptdaten des Sonnen- und des bolisch oder auch zeremoniell vollzo- Übersetzung der religiösen Formen. Die zeremoniellen Kalenders widerspiegeln? Dies und vieles andere lassen eine gen – entspringt der Erkenntnis, dass christianisierten Azteken erkannten die alles, was der Mensch erreichen will, Ähnlichkeit von Jesus mit ihrem Gott weitreichende spirituelle, soziale und Oper ordert: Anstrengung und Mühe, Quetzalcoatl, der vom Himmel gealle- politische Vision erahnen. Und diese Selbstüberwindung und Disziplin. Man nen gefiederten Schlange. So ließen sie weitreichende Vision steht in krassem bekommt nichts geschenkt und man in ihrer Kirche Jesus Christus in einer Gegensatz zur Kurzsichtigkeit der heukann sich nicht alles mit Geld kauen. Darstellung kopüber vom Himmel al- tigen Politik, was sich in mangelnder len wie Quetzalcoatl im alten Mythos. Bildung, atalen sozialen Gegensätzen Verbindung der Religionen Und da jeder ihrer eigenen Götter und erschreckender Kriminalitätsrate Die christlichen Spanier eroberten eine weibliche Entsprechung als Ergän- zeigt. Die 43 mexikanischen Studenten, Land und Leute. In den meisten Städten zung hatte, stellten sie Jesus eine Jesusa die seit ihren Protesten im Herbst schleien sie die empel und Pyramiden und Maria einen Mario zur Seite. und erbauten an derer Stelle Kirchen. Die Verbindung der traditionellen 2014 spurlos verschwunden waren Die indigene Religion wurde als Aus- Religion mit der christlichen i st heute und schließlich brutal ermordet und fluss des euels betrachtet. Uns beein- lebendiger denn je. Um eine solche Syn- verbran nt augeu nden wur den, geb en ein mahnendes Beispiel, wie gering druckt heute die Größe und Ästhetik der these zu schaffen, braucht es eine große alten Zeremonialanlagen, aber auch die Klarheit in den Ideen und eine ebenso heute Menschenrechte geachtet werden an ihre Stelle getretenen Kirchen sind große Freiheit in den Ausdrucksormen. und wie salonähig Korruption bereits bemerkenswert. geworden ist. In vielen Fällen wird die alte Religion Zwischen Kosmos und Chaos Genauso wie wir uns anstrengen, anDie alten städtischen Anlagen mit tastische alte Städte dem Dschungel zu einach weiter praktiziert – allerdings im christlichen Gewand. Wie zum Beispiel ihren komplexen konzeptionellen Ord- entreißen, müssen wir alles daransetin der Kirche Santa Maria onantzintla nungen versetzen uns jedes Mal von zen, das Menschliche wieder vor das in Cholula. Dort setzte die indigene neuem in Erstaunen. Wie gelang es Dschungelrecht des Stärkeren zu stelBevölkerung den katholischen Priester beispielsweise den Mayas in ikal ver- len. ☐
gische Funde deuten au großangelegte Menschenoper hin. Und ast alle stammen aus der Spätzeit der Azteken. Bei den Mayas konnten Blut und Opfer bisher, außer vereinzelt beim od eines Grausame Menschenoper sehen wir Herrschers, überhaupt keine Menschenheute als einen Wesenszug der mittel- oper nachgewiesen werden. Waren es amerikanischen Kulturen. Darstellungen also nur Symbole ür „innere“ Oper, alte von blutigen Selbstverstümmelungen bis Gewohnheiten und Untugenden aus sich hin zu Massenopern begegnen uns ast „herauszureißen“ bzw. sich selbst in den überall, au der Keramik, in Fresken oder Dienst zu stellen? Jedenalls erkennen au Stelen. Doch nur wenige archäolo- wir ein anderes Verhältnis zu Krieg und
od. Sterben heißt im höheren Sinne wiedergeboren werden, dargestellt im Erblühen einer Blume über dem Herzen. Man sprach vom Blumenkrieg. Die Schwierigkeiten des Lebens lassen den Menschen reien und erblühen. Nicht einach zu verstehen ür uns heute als Menschen eines materialistischen Weltbildes.
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p h i l o K Lp Ah Si lSoI A KR ET R
ARE V XE OHER � Das ist die alte Überlieerung 12. Juli 1562. Vor dem Franziskanerkloster in Mani au der mexikanischen Halbinsel Yucatán brennen die Scheiterhauen. g p j . s n i ausende Kodizes, Bilder und w T _ o r e Symbole der Maya-Kultur werden H : e l i F / i ür immer vernichtet. „Weil sie nichts k i w / g r o enthielten, was von Aberglauben und . a i d e m i den äuschungen des euels rei k i w . s n wäre, schrieb dazu Diego de Landa, o m m o c der ür die Schrienhinrichtung / / : p t t h , verantwortliche Bischo. m a l a b Exakt 140 Jahre später legten m a c a L Quiché-Mayas Pater Francisco Ximénez in Chichicastenango Die göttlichen Zwillinge Ixbalanqué und Hunabhú. Malerei von Lacambalam nach einer Mayakeramik (Guatemala) ihre heiligste Überlieerung vor: Das Popol Vuh, das Buch des Rates. Es beginnt mit den Worten „ARE V XE OHER – das ist die alte Überlieerung“.
©
��� ��� F���� ��� M��. H����� W������
P
ater Ximénez war ein guter Katholik. Geangen in den Vorstellungen seiner Zeit. Aber ebenso geangen war er vom Wesen der indigenen Bevölkerung. Rasch erlernte er verschiedene MayaDialekte und versuchte, die Struktur der Mayasprache zu ergründen. Als ihm die Ältesten der Quiché-Gemeinde das Popol Vuh vorlegten, hätte er
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es nach den Vorschrien der Inquisition soort vernichten müssen. Umso mehr, da der ext geährliche Ähnlichkeiten zur Bibel enthielt: Da wird eine Weltschöpung erwähnt, die durch das Wort in Gang gesetzt wurde. Da heißt es: „Es werde Licht“. Die ersten Menschen werden aus Erde und Lehm gestaltet. Und eine große Flut vernichtet sie.
Doch Ximénez kopierte den ext, indem er in einer linken Spalte sorgältig den Quiché-Wortlaut einügte und in einer rechten Spalte seine spanische Übersetzung. Und dann gab er das Original seinen Besitzern zurück. Mit gutem Grund düren wir annehmen, dass es in einem Haus irgendeiner alten Quiché-Familie noch heute existiert. Die Abschri und Über-
setzung von Ximénez dagegen trat eine Odyssee an. Zunächst verschwand es in der Klosterbibliothek von Chichicastenango. Dort war es jedenalls noch Ende des 18. Jahrhunderts. Nach den lateinamerikanischen Bereiungskriegen tauchte es 1854 nochmals in Guatemala au. Unter anderem dank eines Dr. Carl Scherzer aus Wien, der den spanischen ext 1857 in Wien und später in London publizierte. Dann verlieren sich seine Spuren. Das XiménezManuskript blieb verschollen. Bis es 1941 vom guatemaltekischen Botschaer in den USA bei dessen Bibliotheksstudien geunden wurde: in der Newberry Library, Chicago, wo es bis heute auewahrt wird.
Wie original ist das Original? Wie erwähnt enthält das „Mayabibel“ genannte Popol Vuh eine Reihe von Parallelen zu unserer jüdisch-christlichen Bibel. Bis vor Kurzem meinte man, dies sei au den christlichen Einfluss zurückzuühren, der zum Zeitpunkt der Zusammenstellung der Maya-Überlieerung schon über 100 Jahre währte. Generell hatten die Mayas nach dem Verlust ihrer Schrien und Priester begonnen, regelrechte Bücher zu schreiben, in ihrer Sprache und in lateinischer Schri. Unter der übergeordneten Bezeichnung Chilam Balam (chilam: Prophet, Priester; balam: Jaguar) entstand bei den Mayas au Yucatán eine Reihe von exten, die weder einheitli ch noch in irgendeiner Form strukturiert sind. Sie enthalten religiös-mythische exte, die teils tatsächlich einen maya-christlichen Synkretismus (Synthese religiöser Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild) auweisen. Die Inhalte des Popol Vuh jedoch wurden durch jüngste Entdeckungen und Forschungen als eindeutig authentisch und original bestätigt. Lange vor Ankun der Spanier wurden sie au Stelen, Fresken und in Malereien verewigt.
ARE V TZIHOXIC VAE „Hier beginnen wir die alte Kunde: den Anang und Ursprung von allem. […] Wir
und Weisen über allem Sein im Himmel und au Erden, in den Seen, in den Meeren.“
Und alles war Finsternis g Der kosmogonische Mythos pj h. v u beschreibt ein anängliches, ruhen o _ l p des All. „Kein Hauch. Kein Laut. Reg : Po iel los und schweigend die Welt. Und des k i/ F i Himmels Raum war leer.“ Noch gab / w r g . o es weder Menschen, noch iere, noch ai e d Pflanzen, nicht einmal die Erde. Es gab im i k nur das sane Meer und des Himmels s . w weiter Raum. Und alles war Finsternis. o n m In diesem Urwasser beanden sich zakól, m c o : / / der Schöper, Bitól, der Former, der Sie p tt , h ger epeu und die Grünederschlange o r e t Gucumátz. In dieser Nacht und Finsternis o t D wurden vom Herz des Himmels, Huracán I l
heben es ans © Licht, denn das Popol Vuh ward unsichtbar, das Buch, das vom Licht jenseits des Meeres erzählt und vom Leben im Licht, wie man sagt. […] Die Kunde, wie alles geschaffen wurde, Himmel und Erde; vier Weltecken, vier
m t h . k o o b / h u v l_ o p o p / t e n . s e d a y e l p a c e t o i l b i b . w w w ©
Götter erschaffen und zerstören die Menschen
Weltseiten machten zakól und Bitól, wie man sagt, die Mutter und der Vater von Leben und Schöpung: die den Atem schuen und das Herz, Gebärerin und Hüter des erleuchteten Geschlechts, der Lichttöchter, der Lichtsöhne; die Denker
genannt, der Beginn des Lebens und die Erschaffung des Menschen entschieden. Das Herz des Himmels zeigt sich in drei Erscheinungen: im Blitz Cakulhá, im Donner Chipí Cakulhá und im Widerschein Raxa Cakulhá. Darauin wurde die Schöpung von epeu und Gucumátz durch das Wort in Gang gesetzt: „Es geschehe! Es ülle sich die Leere! Weichet zurück, ihr Wasser, und gebet Raum, dass die Erde austeige und sich estige! […] Es werde Licht! Dass Himmel und Erde sich erhellen! Nicht Ruhm noch Größe wird sein, bis der Mensch erscheint, bis der Mensch geschaffen.“
Menschen aus Mais Der anthropogonische Mythos beginnt mit einer Formung des Menschen aus Erde und Lehm. Aber dieses Fleisch war zu schwach, es war ohne Bewegung und Kra, der Blick war verschleiert, und obwohl es sprach, hatte es keine Vernun. Und so zerstörten die Schöper ihr Werk und versuchten es von Neuem. Es wurden die Wesen aus Holz geschaffen, die wie Menschen aussahen und wie Menschen sprachen. Sie hatten S öhne und öchter, aber sie hatten keine Seele, keinen Verstand. Und so erinnerten auch sie sich nicht an ihren Schöper und Former und lieen
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A LR AT S S I K E R philoK
p h i l o K Lp Ah Si lSoI A KR ET R
ARE V XE OHER � Das ist die alte Überlieerung 12. Juli 1562. Vor dem Franziskanerkloster in Mani au der mexikanischen Halbinsel Yucatán brennen die Scheiterhauen. g p j . s n i ausende Kodizes, Bilder und w T _ o r e Symbole der Maya-Kultur werden H : e l i F / i ür immer vernichtet. „Weil sie nichts k i w / g r o enthielten, was von Aberglauben und . a i d e m i den äuschungen des euels rei k i w . s n wäre, schrieb dazu Diego de Landa, o m m o c der ür die Schrienhinrichtung / / : p t t h , verantwortliche Bischo. m a l a b Exakt 140 Jahre später legten m a c a L Quiché-Mayas Pater Francisco Ximénez in Chichicastenango Die göttlichen Zwillinge Ixbalanqué und Hunabhú. Malerei von Lacambalam nach einer Mayakeramik (Guatemala) ihre heiligste Überlieerung vor: Das Popol Vuh, das Buch des Rates. Es beginnt mit den Worten „ARE V XE OHER – das ist die alte Überlieerung“.
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ater Ximénez war ein guter Katholik. Geangen in den Vorstellungen seiner Zeit. Aber ebenso geangen war er vom Wesen der indigenen Bevölkerung. Rasch erlernte er verschiedene MayaDialekte und versuchte, die Struktur der Mayasprache zu ergründen. Als ihm die Ältesten der Quiché-Gemeinde das Popol Vuh vorlegten, hätte er
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es nach den Vorschrien der Inquisition soort vernichten müssen. Umso mehr, da der ext geährliche Ähnlichkeiten zur Bibel enthielt: Da wird eine Weltschöpung erwähnt, die durch das Wort in Gang gesetzt wurde. Da heißt es: „Es werde Licht“. Die ersten Menschen werden aus Erde und Lehm gestaltet. Und eine große Flut vernichtet sie.
Doch Ximénez kopierte den ext, indem er in einer linken Spalte sorgältig den Quiché-Wortlaut einügte und in einer rechten Spalte seine spanische Übersetzung. Und dann gab er das Original seinen Besitzern zurück. Mit gutem Grund düren wir annehmen, dass es in einem Haus irgendeiner alten Quiché-Familie noch heute existiert. Die Abschri und Über-
setzung von Ximénez dagegen trat eine Odyssee an. Zunächst verschwand es in der Klosterbibliothek von Chichicastenango. Dort war es jedenalls noch Ende des 18. Jahrhunderts. Nach den lateinamerikanischen Bereiungskriegen tauchte es 1854 nochmals in Guatemala au. Unter anderem dank eines Dr. Carl Scherzer aus Wien, der den spanischen ext 1857 in Wien und später in London publizierte. Dann verlieren sich seine Spuren. Das XiménezManuskript blieb verschollen. Bis es 1941 vom guatemaltekischen Botschaer in den USA bei dessen Bibliotheksstudien geunden wurde: in der Newberry Library, Chicago, wo es bis heute auewahrt wird.
Wie original ist das Original? Wie erwähnt enthält das „Mayabibel“ genannte Popol Vuh eine Reihe von Parallelen zu unserer jüdisch-christlichen Bibel. Bis vor Kurzem meinte man, dies sei au den christlichen Einfluss zurückzuühren, der zum Zeitpunkt der Zusammenstellung der Maya-Überlieerung schon über 100 Jahre währte. Generell hatten die Mayas nach dem Verlust ihrer Schrien und Priester begonnen, regelrechte Bücher zu schreiben, in ihrer Sprache und in lateinischer Schri. Unter der übergeordneten Bezeichnung Chilam Balam (chilam: Prophet, Priester; balam: Jaguar) entstand bei den Mayas au Yucatán eine Reihe von exten, die weder einheitli ch noch in irgendeiner Form strukturiert sind. Sie enthalten religiös-mythische exte, die teils tatsächlich einen maya-christlichen Synkretismus (Synthese religiöser Ideen oder Philosophien zu einem neuen System oder Weltbild) auweisen. Die Inhalte des Popol Vuh jedoch wurden durch jüngste Entdeckungen und Forschungen als eindeutig authentisch und original bestätigt. Lange vor Ankun der Spanier wurden sie au Stelen, Fresken und in Malereien verewigt.
ARE V TZIHOXIC VAE „Hier beginnen wir die alte Kunde: den Anang und Ursprung von allem. […] Wir
und Weisen über allem Sein im Himmel und au Erden, in den Seen, in den Meeren.“
Und alles war Finsternis g Der kosmogonische Mythos pj h. v u beschreibt ein anängliches, ruhen o _ l p des All. „Kein Hauch. Kein Laut. Reg Po el : / F i los und schweigend die Welt. Und des ik i Himmels Raum war leer.“ Noch gab / w r g . o es weder Menschen, noch iere, noch ai e d Pflanzen, nicht einmal die Erde. Es gab m i k i nur das sane Meer und des Himmels s . w weiter Raum. Und alles war Finsternis. o n m In diesem Urwasser beanden sich zakól, m c o / / der Schöper, Bitól, der Former, der Sie p: tt , h ger epeu und die Grünederschlange o r e t Gucumátz. In dieser Nacht und Finsternis o t l D wurden vom Herz des Himmels, Huracán I
heben es ans © Licht, denn das Popol Vuh ward unsichtbar, das Buch, das vom Licht jenseits des Meeres erzählt und vom Leben im Licht, wie man sagt. […] Die Kunde, wie alles geschaffen wurde, Himmel und Erde; vier Weltecken, vier
m t h . k o o b / h u v l_ o p o p / t e n . s e d a y e l p a c e t o i l b i b . w w w ©
Götter erschaffen und zerstören die Menschen
Weltseiten machten zakól und Bitól, wie man sagt, die Mutter und der Vater von Leben und Schöpung: die den Atem schuen und das Herz, Gebärerin und Hüter des erleuchteten Geschlechts, der Lichttöchter, der Lichtsöhne; die Denker
genannt, der Beginn des Lebens und die Erschaffung des Menschen entschieden. Das Herz des Himmels zeigt sich in drei Erscheinungen: im Blitz Cakulhá, im Donner Chipí Cakulhá und im Widerschein Raxa Cakulhá. Darauin wurde die Schöpung von epeu und Gucumátz durch das Wort in Gang gesetzt: „Es geschehe! Es ülle sich die Leere! Weichet zurück, ihr Wasser, und gebet Raum, dass die Erde austeige und sich estige! […] Es werde Licht! Dass Himmel und Erde sich erhellen! Nicht Ruhm noch Größe wird sein, bis der Mensch erscheint, bis der Mensch geschaffen.“
Menschen aus Mais Der anthropogonische Mythos beginnt mit einer Formung des Menschen aus Erde und Lehm. Aber dieses Fleisch war zu schwach, es war ohne Bewegung und Kra, der Blick war verschleiert, und obwohl es sprach, hatte es keine Vernun. Und so zerstörten die Schöper ihr Werk und versuchten es von Neuem. Es wurden die Wesen aus Holz geschaffen, die wie Menschen aussahen und wie Menschen sprachen. Sie hatten S öhne und öchter, aber sie hatten keine Seele, keinen Verstand. Und so erinnerten auch sie sich nicht an ihren Schöper und Former und lieen
Abenteuer Philosophie / Nr. 141 Abenteuer
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
philoKLASSIKER
Der größte Indigenen-Markt Mittelamerikas in Chichicastenango
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Gedenktafel für die Übergabe des Popol Vuh an Ximénez
ziellos au allen vieren dahin. Sie lebten mehr in weite Ferne, sondern nur noch beteten, sie erbaten öchter und Söhne, zahlreich au der Erde, bis sie durch eine das Nahe sehen konnten. aber auch Frieden, gute Wege, ein nützligroße Flut vernichtet wurden. Das Antlitz Gott schu auch die Frauen und stellte ches Leben und das Licht der Morgenröte. der Erde verdunkelte sich. „Das war der sie während des Schlaes an die Seite jedes „Und während sie die Sonne erwarteten, Untergang der Menschen. […] betrachteten sie den Und man sagt, die NachkomMorgenstern, den großen men jener seien die Affen, die Stern, ihn, der vorangeht / s a heute in den Wäldern leben. der Sonne, die des Him y a m mels Gewölbe erhellt und Darum gleicht der Affe dem s o l Menschen, als Erinnerung an das Antlitz der Erde.“ e d o eine Menschenschöpung, an d a r Durch die g Menschen, die nichts waren a s o Anstrengung zu r als Puppen aus Holz.“ b i l l den Sternen Die Bildung einer neuerli e h u chen Menschheit wird in dem Sowohl der kosmogo v l o p späteren Kapitel „Vollendung nische wie der anthropo o p l e der Schöpung“ beschrieben. gonische Mythos weisen 9 4 6 Schöper und Former kamen aszinierende Ähnlich 8 8 5 / mit anderen in einer Berakeiten zur ernöstlichen, a t o n zur ägyptischen und tung überein, das Fleisch des / m o Menschen aus weißem und zur jüdisch-christlichen c l . o z Überlieerung au. Die gelbem Mais zu ormen. Vier d m . Geburt, Entwicklung und Menschen wurden als Ahnen w w w geschaffen: Waldjaguar, NachtVernichtung verschiede jaguar, Nachtherr und Mond- Seite aus dem Popol Vuh mit Bildern und Schrift der Maya ner Menschheiten wird ast ident in den von H. jaguar. Sie waren Männer, die weder Vater noch Mutter hatP. Blavatsky überlie erten Mannes: Himmelswasser zum Waldjaguar, Stanzen des Dzyan geschildert. Auch in ten, sie „wurden nicht aus dem Weibe geboren, […] Sie sprachen, unterhielten Brunnenwasser zum Nachtjaguar, Kolib- dieser alttibetischen Weisheitsliteratur sich, sahen und hörten, […] Vernun war riwasser zum Nachtherrn und Papagei- entsteht schlussendlich eine vernunihnen gegeben.“ Doch dass sie alles sahen enwasser zum Mondjaguar. Sie erzeugten begabte Menschheit, deren Blick au die und kannten und große Weisheit besaßen, die Menschen, die kleinen und großen Weisheit jedoch durch einen Schleier getrübt ist. Es ist der einzelne Mensch behagte dem Schöper und dem Former Stämme und waren auch der Ursprung nicht. Sie wollten nicht, dass sie gleich des Quiché-Stammes. Sie erinnerten sich selbst, der durch die harte Schule des wie Götter sind. Und so war das Herz des an das Wort von zakól und Bitól, des Lebens Erahrungen sammeln und dieHimmels einen Schleier über ihre Augen, Schöpers und des Formers, und auch an sen Schleier lüen muss. Der stoische die sich darauin trübten, sodass sie nicht das Herz des Himmels und der Erde. Sie Philosoph Seneca beschreibt diesen Weg
Opferfeuer vor der St. Thomas-Kirche wie einst vor den Pyramiden St. Thomas-Konvent, in dem Ximénez das Popol Vuh erhielt
„per aspera ad astra“, das heißt „über die Anstrengung zu den Sternen“. „Non est ad astra mollis e terris via“, es ist kein bequemer Weg von der Erde zu den Sternen.
s d o g_ g n i t c t i p e d_ l e s s e V : e l i F / i k i w / g r o . a i d e p i k i w . s n o m m o c / / : p t t h t , o r e d a D ©
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
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Das Gericht von Xibalba (Unterwelt)
Die weiteren Kapitel des Popol Vuh schildern exakt diesen probenreichen Entwicklungsweg des Menschen. Es sind die göttlichen Zwillinge Hunahpú und Ixbalanqué, die ihre geährliche Reise in die Unterwelt Xibalbá antreten, alle Geahren der Unterwelt umgehen, alle Proben meistern und aus allen Kämpen siegreich hervorgehen. Nachdem sie ganz Xibalbá besiegt hatten, nahmen sie Abschied. „Mitten ins
Licht stiegen sie, zum Himmel erhoben sie sich sogleich. Zur Sonne wurde der eine, zum Mond der andere. Und so üllte Licht die Kuppel des Himmels und das Angesicht der Erde. Am Himmel verweilen sie.“ In allen Mythologien der Welt müssen Helden und göttliche Wesen in die Unterwelt hinabsteigen und Proben bestehen, bis sie den od überwinden und zum Licht, zu den Sternen austeigen können. Osiris in Ägypten, Herakles und Orpheus in Griechenland, Jesus in der christlichen
Die Maya-Kultur Ihre Ursprünge zwischen 2500 und 2000 v.u.Z. an der Pazifik- und Karibikküste liegen noch weitgehend im Dunkeln. Ein gesellschalicher und kultureller Quantensprung ür die Mayagebiete ergab sich mit dem zweiten Aulühen der olmekischen Kultur um 800 v.u.Z. in und um La Venta. Generell kann man die Olmeken als Vorläuer der Maya ansehen. Den Beginn der klassischen Maya-Kultur setzt man mit ca. 250 n.u.Z. an. Dank ihres hoch entwickelten Schrisystems sind die Maya die einzige altamerikanische Kultur, von der sich ab diesem Zeitpunkt eine gesicherte Chronologie erstellen lässt. Damit können zwischen 200 und 400 n.u.Z. königliche Dynastiegründungen nachgewiesen werden, wie beispielsweise in ikal, Yaxchilán, Copán und Palenque. Diese gigantischen Stadtund Zeremonialanlagen weisen au eine hoch entwickelte Gesellscha hin, die
Legende. Ein Ballspiel jedoch and einzig in der mayaischen Unterwelt statt. Und widerspiegelte sich in den zahlreichen Ballspielplätzen aller mayaischen Kultorte. Die Sieger dieser Ballspiel e hatten den od überwunden, sie stiegen zu den Sternen au. Ob tatsächlich durch einen Opertod steht bis heute in den Sternen. ☐ Literaturhinweis: •
Wolfgang Cordan, Popol Vuh – Das Buch des Rates, Diederichs Gelbe Reihe, 1995.
auch in den Bereichen der Mathematik, Astronomie und des Kunsthandwerks außergewöhnliche Leistungen erzielte. Die „handschrilich verasste Untergrundliteratur“, die alle systematischen Vernichtungen durch die Spanier überdauerte, zeigt den hohen Grad an Wissen und Weisheit und lässt uns die mayaische Kosmovision weitgehend rekonstruieren. Ab dem 9. Jahrhundert setzte vor allem im iefland ein regelrecht systematisches Augeben der Maya-Zentren ein, die Städte wurden ohne Spuren von Zerstörung nach und nach vom Urwald verschluckt. Im yukatanischen Norden kam es zwar zu keinem vergleichbaren Zusammenbruch, jedoch zu wechselnden Fremdherrschaen. Bis heute haben Nachahren der antiken Maya alle Zerstörungsversuche überlebt und ihre eigenen Sprachen und teilweise auch ihre traditionelle Religion und Kulte bewahrt.
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Der größte Indigenen-Markt Mittelamerikas in Chichicastenango
Gedenktafel für die Übergabe des Popol Vuh an Ximénez
ziellos au allen vieren dahin. Sie lebten mehr in weite Ferne, sondern nur noch beteten, sie erbaten öchter und Söhne, zahlreich au der Erde, bis sie durch eine das Nahe sehen konnten. aber auch Frieden, gute Wege, ein nützligroße Flut vernichtet wurden. Das Antlitz Gott schu auch die Frauen und stellte ches Leben und das Licht der Morgenröte. der Erde verdunkelte sich. „Das war der sie während des Schlaes an die Seite jedes „Und während sie die Sonne erwarteten, Untergang der Menschen. […] betrachteten sie den Und man sagt, die NachkomMorgenstern, den großen men jener seien die Affen, die Stern, ihn, der vorangeht / s a heute in den Wäldern leben. der Sonne, die des Him y a m mels Gewölbe erhellt und Darum gleicht der Affe dem s o l Menschen, als Erinnerung an das Antlitz der Erde.“ e d o eine Menschenschöpung, an d a r Durch die g Menschen, die nichts waren a s o Anstrengung zu r als Puppen aus Holz.“ b i l l den Sternen Die Bildung einer neuerli e h u chen Menschheit wird in dem Sowohl der kosmogo v l o p späteren Kapitel „Vollendung nische wie der anthropo o p l e der Schöpung“ beschrieben. gonische Mythos weisen 9 4 6 Schöper und Former kamen aszinierende Ähnlich 8 8 5 / mit anderen in einer Berakeiten zur ernöstlichen, a t o n zur ägyptischen und tung überein, das Fleisch des / m o Menschen aus weißem und zur jüdisch-christlichen c . l o z Überlieerung au. Die gelbem Mais zu ormen. Vier d m . Geburt, Entwicklung und Menschen wurden als Ahnen w w w geschaffen: Waldjaguar, NachtVernichtung verschiede jaguar, Nachtherr und Mond- Seite aus dem Popol Vuh mit Bildern und Schrift der Maya ner Menschheiten wird ast ident in den von H. jaguar. Sie waren Männer, die weder Vater noch Mutter hatP. Blavatsky überlie erten Mannes: Himmelswasser zum Waldjaguar, Stanzen des Dzyan geschildert. Auch in ten, sie „wurden nicht aus dem Weibe geboren, […] Sie sprachen, unterhielten Brunnenwasser zum Nachtjaguar, Kolib- dieser alttibetischen Weisheitsliteratur sich, sahen und hörten, […] Vernun war riwasser zum Nachtherrn und Papagei- entsteht schlussendlich eine vernunihnen gegeben.“ Doch dass sie alles sahen enwasser zum Mondjaguar. Sie erzeugten begabte Menschheit, deren Blick au die und kannten und große Weisheit besaßen, die Menschen, die kleinen und großen Weisheit jedoch durch einen Schleier getrübt ist. Es ist der einzelne Mensch behagte dem Schöper und dem Former Stämme und waren auch der Ursprung nicht. Sie wollten nicht, dass sie gleich des Quiché-Stammes. Sie erinnerten sich selbst, der durch die harte Schule des wie Götter sind. Und so war das Herz des an das Wort von zakól und Bitól, des Lebens Erahrungen sammeln und dieHimmels einen Schleier über ihre Augen, Schöpers und des Formers, und auch an sen Schleier lüen muss. Der stoische die sich darauin trübten, sodass sie nicht das Herz des Himmels und der Erde. Sie Philosoph Seneca beschreibt diesen Weg
Opferfeuer vor der St. Thomas-Kirche wie einst vor den Pyramiden St. Thomas-Konvent, in dem Ximénez das Popol Vuh erhielt
„per aspera ad astra“, das heißt „über die Anstrengung zu den Sternen“. „Non est ad astra mollis e terris via“, es ist kein bequemer Weg von der Erde zu den Sternen.
s d o g_ g n i t c t i p e d_ l e s s e V : e l i F / i k i w / g r o . a i d e p i k i w . s n o m m o c / / : p t t h t , o r e d a D ©
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Das Gericht von Xibalba (Unterwelt)
Die weiteren Kapitel des Popol Vuh schildern exakt diesen probenreichen Entwicklungsweg des Menschen. Es sind die göttlichen Zwillinge Hunahpú und Ixbalanqué, die ihre geährliche Reise in die Unterwelt Xibalbá antreten, alle Geahren der Unterwelt umgehen, alle Proben meistern und aus allen Kämpen siegreich hervorgehen. Nachdem sie ganz Xibalbá besiegt hatten, nahmen sie Abschied. „Mitten ins
Licht stiegen sie, zum Himmel erhoben sie sich sogleich. Zur Sonne wurde der eine, zum Mond der andere. Und so üllte Licht die Kuppel des Himmels und das Angesicht der Erde. Am Himmel verweilen sie.“ In allen Mythologien der Welt müssen Helden und göttliche Wesen in die Unterwelt hinabsteigen und Proben bestehen, bis sie den od überwinden und zum Licht, zu den Sternen austeigen können. Osiris in Ägypten, Herakles und Orpheus in Griechenland, Jesus in der christlichen
Die Maya-Kultur Ihre Ursprünge zwischen 2500 und 2000 v.u.Z. an der Pazifik- und Karibikküste liegen noch weitgehend im Dunkeln. Ein gesellschalicher und kultureller Quantensprung ür die Mayagebiete ergab sich mit dem zweiten Aulühen der olmekischen Kultur um 800 v.u.Z. in und um La Venta. Generell kann man die Olmeken als Vorläuer der Maya ansehen. Den Beginn der klassischen Maya-Kultur setzt man mit ca. 250 n.u.Z. an. Dank ihres hoch entwickelten Schrisystems sind die Maya die einzige altamerikanische Kultur, von der sich ab diesem Zeitpunkt eine gesicherte Chronologie erstellen lässt. Damit können zwischen 200 und 400 n.u.Z. königliche Dynastiegründungen nachgewiesen werden, wie beispielsweise in ikal, Yaxchilán, Copán und Palenque. Diese gigantischen Stadtund Zeremonialanlagen weisen au eine hoch entwickelte Gesellscha hin, die
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Legende. Ein Ballspiel jedoch and einzig in der mayaischen Unterwelt statt. Und widerspiegelte sich in den zahlreichen Ballspielplätzen aller mayaischen Kultorte. Die Sieger dieser Ballspiel e hatten den od überwunden, sie stiegen zu den Sternen au. Ob tatsächlich durch einen Opertod steht bis heute in den Sternen. ☐ Literaturhinweis: •
Wolfgang Cordan, Popol Vuh – Das Buch des Rates, Diederichs Gelbe Reihe, 1995.
auch in den Bereichen der Mathematik, Astronomie und des Kunsthandwerks außergewöhnliche Leistungen erzielte. Die „handschrilich verasste Untergrundliteratur“, die alle systematischen Vernichtungen durch die Spanier überdauerte, zeigt den hohen Grad an Wissen und Weisheit und lässt uns die mayaische Kosmovision weitgehend rekonstruieren. Ab dem 9. Jahrhundert setzte vor allem im iefland ein regelrecht systematisches Augeben der Maya-Zentren ein, die Städte wurden ohne Spuren von Zerstörung nach und nach vom Urwald verschluckt. Im yukatanischen Norden kam es zwar zu keinem vergleichbaren Zusammenbruch, jedoch zu wechselnden Fremdherrschaen. Bis heute haben Nachahren der antiken Maya alle Zerstörungsversuche überlebt und ihre eigenen Sprachen und teilweise auch ihre traditionelle Religion und Kulte bewahrt.
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Symbolisches
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Symbolisches
DAS AUGE
mit heiligen exten oder Mantren graviert oder beschriet sind) mit einem Augenpaar verziert, als Auru und Unterstützung zur Achtsamkeit au dem Weg der Erkenntnis
Sehen & Erkennen als Ausdruck der Macht
Göttliche Augen Viele Kulturen sehen in den Gestirnen
„Wär’ nicht das Auge sonnenha, Die Sonne könnt es nie erblicken; Läg’ nicht in uns des Gottes eigne Kra, Wie könnt uns Göttliches entzücken?“ (J. W. v. Goethe)
die himmlischen, leuchtenden Augen ihrer Götter, welche die Dunkelheit vertreiben und die Menschen in der Nacht – auch im übertragenen Sinn – nicht allein lassen. In Ägypten war Sirius (Stern im Sternbild des Hundes) das Auge von Anubis, jenem Gott, der die Wege i ns
von einem Strahlenkranz umgebenes Auge dargestellt und ist meist von einem Dreieck als Zeichen der Dreieinigkeit umschlossen. Bei den Freimaurern gilt das dreieckige Auge als Symbol ür wache Vernun durch die Auflärung, durch die der einzelne Mensch das Prinzip von Ursache und Wirkung als Weltgesetz erkennen und verstehen soll. Es ist das zu Erkenntnis gelangte Auge des Menschen, nicht das erne beobachtende Gottesauge. Gegen Ende des
oder au der Stirn, welches immer wach ist und au subtile Weise wahrnimmt oder telepathische Fähigkeiten verleiht.
Fenster zur Seele „Die Augen sind das Fenster oder der Spiegel zur Seele“, sagt der Volksmund. Unsere Gemütsverassung und unser Wille ormen den Energiefluss, der durch unseren Blick okussiert wird. Bei rauer und Verzweiflung verdüstert sich der
V�� A����� R����
U
nsere physischen Augen sind unser Sinnesorgan, mit dem wir Farben und Formen erkennen. Das macht uns ähig, uns in der Welt zu orientieren und (Blick-)Kontakt zu allem, was uns begegnet, auzunehmen. Offene Augen sind Kennzeichen ür Lebendigkeit und Wachheit. Das Auge als Symbol wurzelt in diesen Eigenschaen und überträgt die Bedeutung von Sehen, Erkennen und etwas im Blick haben au vielschichtige und nicht nur physische Weise.
der die Kräe der Destabilisierung repräsentiert, verlor, wodurch Horus die mentale Zeugungskra geraubt wurde. Das Auge wurde wiedergeunden, was den Sieg
Das Horusauge Sehr bekannt in und um Ägypten ist das Udjat. Es ist das Auge des alkenköpfigen Gottes Horus. Das Wort selbst bedeutet „Auge“ und bezeichnet speziell das des Falkengottes, der bei der Schöpung der Welt wesentlichen Anteil hatte. Die schöperische Wirkung des Udjat beruht au der Vorstellungskra, bei der man innerlich etwas, das noch nicht ist, si eht, um es dann zu erschaffen. Zum Beispiel sieht der Bildhauer innerlich bereits das Werk und gestaltet dann „nur noch“ seine sichtbare Form. Das Udjat wurde dadurch ein Symbol ür Magie, denn unter seinem Schutz konnten die vom Verschleiß der Zeit beallenen Dinge in ihrer ursprünglichen Vollständigkeit wiederhergestellt werden. Der Mythos erzählt, dass Horus das Auge im Kamp gegen seinen Onkel Seth,
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141 Abenteuer
Geahren verleihen. Es wurde au die Vorderseite der Sarkophage, au den Bug der heiligen Schiffe oder auch au die Sohlen der einbalsamierten Mumien gemalt. Es verleiht Sicht im Unsichtbaren – im Jenseits – und schützt vor alschen Wegen aus Unwissenheit oder vor Verührung durch dunkle Mächte. Diese Bedeutung lebte ort in der radition der Phönizier, die auch Augen au ihre Schiffe malten. Auch das „Auge Allahs“ als mächtigen Schutz gegen bösen Zauber hat seine Wurzeln im Udjat.
Wissen und Erkenntnis In der germanischen Mythologie opert Odin ein Auge, um im Gegenzug Wissen und Erkenntnis über die Gesetze des Uni versums zu erlangen. Die altindische radition spricht vom „Auge des Dangma“ als Symbol der Hellsichtigkeit, der Geistigkeit. Es bedeutet die Fähigkeit einer reinen hohen Intuition. Bei den Azteken finden wir Darstellungen des Gottes Xolotl mit nach unten Das blaue Auge Allahs gegen den bösen Blick hängenden Augäpeln – ür uns etwas grausig anzusehen. Dies symbolisiert die über die zerstörerischen Kräe bedeutete. Erlangung von Erkenntnis durch die AktiTot als Gott der Weisheit stattete es mit vierung der Augen der Seele. Im über traeigenständiger Macht aus und mit einer genen Sinne sollen die Menschen angeregt ewigen räne repräsentiert es als Symbol werden, dem physisch Sichtbaren weniger noch den Aspekt des liebenden Mitgeühls. Wert zu geben. In der buddhistischen radition sind die Als alisman soll das Udjat Gesundheit, Kra und Glück sowie Schutz vor allen Manisteine (Steinplatten oder Steine, die m o c . e m i t s m a e r D | e v i t a e r c o n p y H ©
m o c . e m i t s m a e r D | t e e l F l u a P ©
Jenseits öffnete und als leuchtender Begleiter die Seelen durch die geheimnisvollen und dunklen Wege des Jenseits ührt. Die japanische Mythologie berichtet vom männlichen Schöpergott Izanagi, aus dessen rechtem Auge die Sonnengöttin Amaterasu und aus dessen linkem Auge der Mondgott
uki Yomi ent. standen sind. Das Christentum nennt das allsehende Auge Gottes auch „Auge der Vorsehung“. Es erinnert die Menschen daran, dass nur das Vorgesehene nach Gottes Willen geschieht, der aber auch mit ewiger Wachsamkeit alle Geheimnisse durchdringt. Es wird als ein
Das Horusauge
18. Jh. wird dieses dreieckige Auge als Zeichen ür die neue Epoche der Menschenrechte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit verwend et. In Verbindung mit negativen, finsteren Absichten, die statt Geistesreiheit Knechtscha zum Ziel haben, wird das Auge zum Symbol ür Unreiheit. So begegnen wir dem dunklen Auge Saurons in der modernen Mythologie „Herr der Ringe“ oder den allgegenwärtigen Augen der Überwachungskameras.
Das dritte Auge Mythen berichten von Menschen oder Riesen mit dem dritten Auge am Scheitel
Blick. Wenn wir durch Drogenkonsum von unserem inneren Sein enternt sind, werden die Augen leer und der Blick stump. Bei Hass, Neid und Grausamkeit bündelt sich die lebenseindliche Energie als starrer, kalter, tödlicher Blick – der sogenannte „böse Blick“. Sprüche und Amulette gegen den bösen Blick arbeiten mit dem Prinzip der Gegenkra, die das Negative des Fluches ablenkt, zurückwir oder Resonanz im Betroffenen verhindern soll. Als natürliche positive Gegenkra wirken Freude und Begeisterung, die unsere Augen zum Leuchten bringen. ☐
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Symbolisches
Symbolisches
DAS AUGE
mit heiligen exten oder Mantren graviert oder beschriet sind) mit einem Augenpaar verziert, als Auru und Unterstützung zur Achtsamkeit au dem Weg der Erkenntnis
Sehen & Erkennen als Ausdruck der Macht
Göttliche Augen Viele Kulturen sehen in den Gestirnen
„Wär’ nicht das Auge sonnenha, Die Sonne könnt es nie erblicken; Läg’ nicht in uns des Gottes eigne Kra, Wie könnt uns Göttliches entzücken?“ (J. W. v. Goethe)
die himmlischen, leuchtenden Augen ihrer Götter, welche die Dunkelheit vertreiben und die Menschen in der Nacht – auch im übertragenen Sinn – nicht allein lassen. In Ägypten war Sirius (Stern im Sternbild des Hundes) das Auge von Anubis, jenem Gott, der die Wege i ns
von einem Strahlenkranz umgebenes Auge dargestellt und ist meist von einem Dreieck als Zeichen der Dreieinigkeit umschlossen. Bei den Freimaurern gilt das dreieckige Auge als Symbol ür wache Vernun durch die Auflärung, durch die der einzelne Mensch das Prinzip von Ursache und Wirkung als Weltgesetz erkennen und verstehen soll. Es ist das zu Erkenntnis gelangte Auge des Menschen, nicht das erne beobachtende Gottesauge. Gegen Ende des
oder au der Stirn, welches immer wach ist und au subtile Weise wahrnimmt oder telepathische Fähigkeiten verleiht.
Fenster zur Seele „Die Augen sind das Fenster oder der Spiegel zur Seele“, sagt der Volksmund. Unsere Gemütsverassung und unser Wille ormen den Energiefluss, der durch unseren Blick okussiert wird. Bei rauer und Verzweiflung verdüstert sich der
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nsere physischen Augen sind unser Sinnesorgan, mit dem wir Farben und Formen erkennen. Das macht uns ähig, uns in der Welt zu orientieren und (Blick-)Kontakt zu allem, was uns begegnet, auzunehmen. Offene Augen sind Kennzeichen ür Lebendigkeit und Wachheit. Das Auge als Symbol wurzelt in diesen Eigenschaen und überträgt die Bedeutung von Sehen, Erkennen und etwas im Blick haben au vielschichtige und nicht nur physische Weise.
der die Kräe der Destabilisierung repräsentiert, verlor, wodurch Horus die mentale Zeugungskra geraubt wurde. Das Auge wurde wiedergeunden, was den Sieg
Das Horusauge Sehr bekannt in und um Ägypten ist das Udjat. Es ist das Auge des alkenköpfigen Gottes Horus. Das Wort selbst bedeutet „Auge“ und bezeichnet speziell das des Falkengottes, der bei der Schöpung der Welt wesentlichen Anteil hatte. Die schöperische Wirkung des Udjat beruht au der Vorstellungskra, bei der man innerlich etwas, das noch nicht ist, si eht, um es dann zu erschaffen. Zum Beispiel sieht der Bildhauer innerlich bereits das Werk und gestaltet dann „nur noch“ seine sichtbare Form. Das Udjat wurde dadurch ein Symbol ür Magie, denn unter seinem Schutz konnten die vom Verschleiß der Zeit beallenen Dinge in ihrer ursprünglichen Vollständigkeit wiederhergestellt werden. Der Mythos erzählt, dass Horus das Auge im Kamp gegen seinen Onkel Seth,
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Geahren verleihen. Es wurde au die Vorderseite der Sarkophage, au den Bug der heiligen Schiffe oder auch au die Sohlen der einbalsamierten Mumien gemalt. Es verleiht Sicht im Unsichtbaren – im Jenseits – und schützt vor alschen Wegen aus Unwissenheit oder vor Verührung durch dunkle Mächte. Diese Bedeutung lebte ort in der radition der Phönizier, die auch Augen au ihre Schiffe malten. Auch das „Auge Allahs“ als mächtigen Schutz gegen bösen Zauber hat seine Wurzeln im Udjat.
Wissen und Erkenntnis In der germanischen Mythologie opert Odin ein Auge, um im Gegenzug Wissen und Erkenntnis über die Gesetze des Uni versums zu erlangen. Die altindische radition spricht vom „Auge des Dangma“ als Symbol der Hellsichtigkeit, der Geistigkeit. Es bedeutet die Fähigkeit einer reinen hohen Intuition. Bei den Azteken finden wir Darstellungen des Gottes Xolotl mit nach unten Das blaue Auge Allahs gegen den bösen Blick hängenden Augäpeln – ür uns etwas grausig anzusehen. Dies symbolisiert die über die zerstörerischen Kräe bedeutete. Erlangung von Erkenntnis durch die AktiTot als Gott der Weisheit stattete es mit vierung der Augen der Seele. Im über traeigenständiger Macht aus und mit einer genen Sinne sollen die Menschen angeregt ewigen räne repräsentiert es als Symbol werden, dem physisch Sichtbaren weniger noch den Aspekt des liebenden Mitgeühls. Wert zu geben. In der buddhistischen radition sind die Als alisman soll das Udjat Gesundheit, Kra und Glück sowie Schutz vor allen Manisteine (Steinplatten oder Steine, die m o c . e m i t s m a e r D | e v i t a e r c o n p y H ©
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Jenseits öffnete und als leuchtender Begleiter die Seelen durch die geheimnisvollen und dunklen Wege des Jenseits ührt. Die japanische Mythologie berichtet vom männlichen Schöpergott Izanagi, aus dessen rechtem Auge die Sonnengöttin Amaterasu und aus dessen linkem Auge der Mondgott
uki Yomi ent. standen sind. Das Christentum nennt das allsehende Auge Gottes auch „Auge der Vorsehung“. Es erinnert die Menschen daran, dass nur das Vorgesehene nach Gottes Willen geschieht, der aber auch mit ewiger Wachsamkeit alle Geheimnisse durchdringt. Es wird als ein
Das Horusauge
Abenteuer Philosophie / Nr. 141 Abenteuer
18. Jh. wird dieses dreieckige Auge als Zeichen ür die neue Epoche der Menschenrechte von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit verwend et. In Verbindung mit negativen, finsteren Absichten, die statt Geistesreiheit Knechtscha zum Ziel haben, wird das Auge zum Symbol ür Unreiheit. So begegnen wir dem dunklen Auge Saurons in der modernen Mythologie „Herr der Ringe“ oder den allgegenwärtigen Augen der Überwachungskameras.
Das dritte Auge Mythen berichten von Menschen oder Riesen mit dem dritten Auge am Scheitel
Blick. Wenn wir durch Drogenkonsum von unserem inneren Sein enternt sind, werden die Augen leer und der Blick stump. Bei Hass, Neid und Grausamkeit bündelt sich die lebenseindliche Energie als starrer, kalter, tödlicher Blick – der sogenannte „böse Blick“. Sprüche und Amulette gegen den bösen Blick arbeiten mit dem Prinzip der Gegenkra, die das Negative des Fluches ablenkt, zurückwir oder Resonanz im Betroffenen verhindern soll. Als natürliche positive Gegenkra wirken Freude und Begeisterung, die unsere Augen zum Leuchten bringen. ☐
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
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Zusammenleben sucht, verdient Konflikte und Missverständnisse, die lange Zeit unbearbeitet bestehen bleiben, Respekt und Achtung. können letztendlich unsere körperliche 8. Bestimmte Worte am besten vermeiden: zum Beispiel „immer Gesundheit beeinträchtigen. Die entspremachst du das“, „nie sagst du …“, chende Analogie au der Körperebene könnte zum Beispiel in Form einer chrodenn solche Verallgemeinerungen nischen Entzündung ein Ablassventil entsprechen kaum der Realität. finden. Gleich wie beim Druckkochtop 9. Keine unmöglichen Dinge einordern. Die Lösung ist dann gut, entlädt sich belastender Druck als heige Gastritis, Blasen- oder Halsentzündung. wenn beide Seiten zurieden sind. Es ist außerdem unmöglich, dass Oder man hat buchstäblich die Nase voll! nur einer von beiden ganz allein Dabei wären zwar nicht alle, aber doch viele Konflikte lösbar, wenn wir uns im recht hat. Bereich der Kommunikation bemühen 10. Die Beschwerde nicht wie einen würden. Schmutzkübel über dem anderen abladen, sondern auch die positiEigentlich bin ich kein Freund von Verhaltenskatalogen, aber die olgenden 14 ven Aspe kte h erausstreiche n, di e goldenen Regeln der Kommunikation Möglichkeiten, die sich ergeben machen Mut, sich Problemen zu stellen. können. Für gute Stimmung und Sie geben Vertrauen, dass man Konflikte Humor sorgen. positiv lösen kann und motivieren, diese 11. Du-Anschuldigungen vermeiden, Kunst zu lernen. stattdessen in der 1. Person reden: „Ich habe ein Problem damit …“ 1. Den rechten Moment unter vier Augen abwarten, um das Problem statt „Du kommst immer zu spät“. zu besprechen. 12. Das Gespräch will gut vorbereitet 2. Kein Drama inszenieren, sondern sein, eventuell wird man sich die Dinge sogar auschreiben. Denn ruhig und ohne Übertreibung sprechen, nicht gleichgültig, nicht heres ist wichtig, ablassend, nicht arrogant, sondern 13. so exakt wie möglich zu sein, damit aurichtig mit ehrlichem Bemühen. keine neuen Fehlinterpretationen auauchen. Klarheit und Ehrlich3. Keine Beschwerdeliste hervorkramen, sondern immer nur eine Sache keit sind notwendig. besprechen. E s bewährt sich außer- 14. Sich bemühen, den anderen wirkdem, neben dem Problem, das es zu lich zu verstehen: Was sind seine Werte im Leben? Woran glaubt er? lösen gilt, mindestens zwei positive Aspekte, die man am anderen Was ist ihm wichtig? Erst wenn wir as Drama von Romeo und Julia schätzt, zu erwähnen. ür das Wertesystem des anderen Verständnis entwickelt haben, ist hat mich als Schülerin wirklich 4. Nicht zu lange schlucken, sondern mitgenommen. Da glaubt der Gelegenheiten mutig am Schop ein echtes Gespräch möglich. eine, der andere ist tot, und aus einem packen. Je länger man die Dinge (aus: Georgios Alvarado Planas: solch dummen Missverständnis heraus vor sich herschiebt, umso größer Konstruktive Kritik – oder die Kunst, entwickelt sich die ultimative, totale rawerden sie. Beschwerden zu äußern) gödie, die doch leicht hätte verhindert 5. Direkt mit der betroffenen Person werden können. Mittlerweile weiß ich, sprechen und nicht über andere Konflikte zu lösen braucht Übung. dass das Leben täglich solche kleineren Kanäle kommunizieren. Aber es gibt kein schöneres Geühl, als und größeren ragödien schreibt. Da ent- 6. Dinge nicht bagatellisieren oder sich diesen gereinigten Augenblick danach, stehen Streit und Ärger aus einem bloßen lustig machen. Jeder möchte ernst wenn die Missverständnisse ausgeräumt genommen werden. sind und wieder Platz ür konstruktives Missverständnis heraus, da ühlt man sich durch eine ungeschickte Formulierung 7. Wir müssen uns nicht schuldig üh- Miteinander ist. len, wenn wir einen Konflikt bespreim Innersten gekränkt. Oder der eigene Wie die Natur, die sich uns nach dem Partner wird zum undurchdringlichen chen wollen. Jeder, der ernstha Gewittersturm gereinigt und risch darnach Lösungen ür ein besseres bietet. Rätsel, das man absolut nicht versteht! ☐ m o c . e m i t s m a e r D | g u b y z a L ©
KONFLIKTE UND MISSVERSTÄNDNISSE – wie ein reinigendes Gewitter V�� D�. ���. R����� K��������
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Zusammenleben sucht, verdient Konflikte und Missverständnisse, die lange Zeit unbearbeitet bestehen bleiben, Respekt und Achtung. können letztendlich unsere körperliche 8. Bestimmte Worte am besten vermeiden: zum Beispiel „immer Gesundheit beeinträchtigen. Die entspremachst du das“, „nie sagst du …“, chende Analogie au der Körperebene könnte zum Beispiel in Form einer chrodenn solche Verallgemeinerungen nischen Entzündung ein Ablassventil entsprechen kaum der Realität. finden. Gleich wie beim Druckkochtop 9. Keine unmöglichen Dinge einordern. Die Lösung ist dann gut, entlädt sich belastender Druck als heige Gastritis, Blasen- oder Halsentzündung. wenn beide Seiten zurieden sind. Es ist außerdem unmöglich, dass Oder man hat buchstäblich die Nase voll! nur einer von beiden ganz allein Dabei wären zwar nicht alle, aber doch viele Konflikte lösbar, wenn wir uns im recht hat. Die Beschwerde nicht wie einen Bereich der Kommunikation bemühen 10. würden. Schmutzkübel über dem anderen abladen, sondern auch die positiEigentlich bin ich kein Freund von Verhaltenskatalogen, aber die olgenden 14 ven Aspe kte h erausstreiche n, di e goldenen Regeln der Kommunikation Möglichkeiten, die sich ergeben machen Mut, sich Problemen zu stellen. können. Für gute Stimmung und Sie geben Vertrauen, dass man Konflikte Humor sorgen. positiv lösen kann und motivieren, diese 11. Du-Anschuldigungen vermeiden, Kunst zu lernen. stattdessen in der 1. Person reden: Den rechten Moment unter vier „Ich habe ein Problem damit …“ 1. Augen abwarten, um das Problem statt „Du kommst immer zu spät“. zu besprechen. 12. Das Gespräch will gut vorbereitet 2. Kein Drama inszenieren, sondern sein, eventuell wird man sich die Dinge sogar auschreiben. Denn ruhig und ohne Übertreibung sprechen, nicht gleichgültig, nicht heres ist wichtig, ablassend, nicht arrogant, sondern 13. so exakt wie möglich zu sein, damit aurichtig mit ehrlichem Bemühen. keine neuen Fehlinterpretationen auauchen. Klarheit und Ehrlich3. Keine Beschwerdeliste hervorkramen, sondern immer nur eine Sache keit sind notwendig. besprechen. E s bewährt sich außer- 14. Sich bemühen, den anderen wirkdem, neben dem Problem, das es zu lich zu verstehen: Was sind seine Werte im Leben? Woran glaubt er? lösen gilt, mindestens zwei positive Aspekte, die man am anderen Was ist ihm wichtig? Erst wenn wir as Drama von Romeo und Julia schätzt, zu erwähnen. ür das Wertesystem des anderen Verständnis entwickelt haben, ist hat mich als Schülerin wirklich 4. Nicht zu lange schlucken, sondern mitgenommen. Da glaubt der Gelegenheiten mutig am Schop ein echtes Gespräch möglich. eine, der andere ist tot, und aus einem packen. Je länger man die Dinge (aus: Georgios Alvarado Planas: solch dummen Missverständnis heraus vor sich herschiebt, umso größer Konstruktive Kritik – oder die Kunst, entwickelt sich die ultimative, totale rawerden sie. Beschwerden zu äußern) gödie, die doch leicht hätte verhindert 5. Direkt mit der betroffenen Person werden können. Mittlerweile weiß ich, sprechen und nicht über andere Konflikte zu lösen braucht Übung. dass das Leben täglich solche kleineren Kanäle kommunizieren. Aber es gibt kein schöneres Geühl, als und größeren ragödien schreibt. Da ent- 6. Dinge nicht bagatellisieren oder sich diesen gereinigten Augenblick danach, stehen Streit und Ärger aus einem bloßen lustig machen. Jeder möchte ernst wenn die Missverständnisse ausgeräumt genommen werden. sind und wieder Platz ür konstruktives Missverständnis heraus, da ühlt man sich durch eine ungeschickte Formulierung 7. Wir müssen uns nicht schuldig üh- Miteinander ist. len, wenn wir einen Konflikt bespreim Innersten gekränkt. Oder der eigene Wie die Natur, die sich uns nach dem Partner wird zum undurchdringlichen chen wollen. Jeder, der ernstha Gewittersturm gereinigt und risch darnach Lösungen ür ein besseres bietet. Rätsel, das man absolut nicht versteht! ☐ m o c . e m i t s m a e r D | g u b y z a L ©
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lebensKUNST
LACH� UND GEHIRNTRAINING
LEBENSKUNST: GEFÜHL UND MITGEFÜHL
k c o t s r e t t u h s / r e t c a r a h c e i d o o m ©
„Wie fühlst du dich?“-Witze Geht ein Luballon zum Arzt: "Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ständig ühle ich mich so augebläht und dann ist da auch noch diese Platzangst."
V�� G����� G��������
*** Gehen zwei Sandkörner in der Wüste spazieren. Sagt das eine zum anderen: "Du ich glaube, wir werden verolgt!"
*** „Wie fühlst du dich?“-Rätsel In diesem Buchstabenlabyrinth verstecken sich 30 unterschiedliche Geühle. Eines davon erscheint doppelt. Dies ist das Lösungswort. Senden Sie das Lösungswort an
[email protected]. Es warten philosophische Preise au Sie.
"Was wirst du heute noch so machen?" ragt die eine Kerze die andere Kerze. "Ich glaube, ich werde ausgehen!"
*** Schluchzt die Glühbirne: "Ich bin assungslos".
*** reffen sich zwei Kekse. Sagt das eine: "Komm, wir sollten uns besser verkrümeln!"
Auflösung des großen Lichträtsels in Ausgabe 140: Das Lösungswort war„Bewusstsein“. Vielen Dank für die zahlreichen Einsendungen. Die Gewinner sind Frau Eveline Lang aus Siezenheim und Herr Hermann Krumkamp aus Werne. Herzliche Gratulation!
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© U se r sa m 20 07 | D r ea m st i m e. c om
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er Dalai-Lama erzählt olgende Geschichte gerne in seinen öffentlichen Reden: Einer seiner MönchsKollegen ist lange Zeit in einem chinesischen Geängnis estgehalten worden. Nach vielen Jahren im Kerker wurde er entlassen, kam nach Indien und tra dann seine Heiligkeit. Dabei erwähnte er, dass er während seiner chinesischen Inhaierung gelegentlich intensive Furcht vor Geahr empunden hat. Seine Heiligkeit ragte: „Was ür eine Geahr?“ Und er sagte: „Die Geahr, dass ich mein Mitgeühl verliere … ür die chinesischen Geängniswärter.“
Als ich diese Geschichte las, war ich sehr beeindruckt und rage mich: Ist so ein erhabener Zustand ür uns erstrebenswert? Ist es ein Ziel ür einen weltlich orientierten Menschen, seine Geühle so im Griff zu haben, dass er zuerst an den anderen denkt? Der Dalai-Lama meint, dass nicht jeder versuchen muss, dieses Niveau zu er reichen. Jedoch hat unsere Geisteshaltung großen Einfluss au die Art und Weise, wie wir reagieren und mit Situationen umgehen. Unsere Haltung löst entweder destruktive oder positive geistige Zustände aus. In medizinischen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass ein einzelner negativer Gedanke unser Immunsystem mehrere Stunden lang schwächt. Wenn man in obigem Beispiel voller Hass und Wut reagiert, schadet man sich selbst am
meisten. Jeder „Kriegskünstler“ weiß das: Nur wer innerlich zentriert und riedvoll ist, kämp gut.
Wie unterscheiden sich Gefühle und Emotionen? Emotionen erleben wir ständig, es gibt keinen „emotionsreien“ Moment, wir sind uns ihrer aber selten bewusst. In einer Studie zeigte Paul Ekman einer Versuchsgruppe einen kurzen emotional erregenden Film und beragte die Versuchspersonen, was sie empfinden. Die meisten antworteten, dass sie bestürzt seien und Mitleid ür das Unglück der gezeigten Menschen empänden. Ein meditierender Mönch hingegen konnte seine Geühle mit 800 verschiedenen Wörtern beschreiben!
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LEBENSKUNST: GEFÜHL UND MITGEFÜHL
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„Wie fühlst du dich?“-Witze Geht ein Luballon zum Arzt: "Ich weiß nicht, was mit mir los ist. Ständig ühle ich mich so augebläht und dann ist da auch noch diese Platzangst."
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*** Gehen zwei Sandkörner in der Wüste spazieren. Sagt das eine zum anderen: "Du ich glaube, wir werden verolgt!"
*** „Wie fühlst du dich?“-Rätsel In diesem Buchstabenlabyrinth verstecken sich 30 unterschiedliche Geühle. Eines davon erscheint doppelt. Dies ist das Lösungswort. Senden Sie das Lösungswort an
[email protected]. Es warten philosophische Preise au Sie.
"Was wirst du heute noch so machen?" ragt die eine Kerze die andere Kerze. "Ich glaube, ich werde ausgehen!"
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*** Schluchzt die Glühbirne: "Ich bin assungslos".
*** reffen sich zwei Kekse. Sagt das eine: "Komm, wir sollten uns besser verkrümeln!"
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Auflösung des großen Lichträtsels in Ausgabe 140: Das Lösungswort war„Bewusstsein“. Vielen Dank für die zahlreichen
er Dalai-Lama erzählt olgende Geschichte gerne in seinen öffentlichen Reden: Einer seiner MönchsKollegen ist lange Zeit in einem chinesischen Geängnis estgehalten worden. Nach vielen Jahren im Kerker wurde er entlassen, kam nach Indien und tra dann seine Heiligkeit. Dabei erwähnte er, dass er während seiner chinesischen Inhaierung gelegentlich intensive Furcht vor Geahr empunden hat. Seine Heiligkeit ragte: „Was ür eine Geahr?“ Und er sagte: „Die Geahr, dass ich mein Mitgeühl verliere … ür die chinesischen Geängniswärter.“
Einsendungen. Die Gewinner sind Frau Eveline Lang aus Siezenheim und Herr Hermann Krumkamp aus Werne. Herzliche Gratulation!
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Als ich diese Geschichte las, war ich sehr beeindruckt und rage mich: Ist so ein erhabener Zustand ür uns erstrebenswert? Ist es ein Ziel ür einen weltlich orientierten Menschen, seine Geühle so im Griff zu haben, dass er zuerst an den anderen denkt? Der Dalai-Lama meint, dass nicht jeder versuchen muss, dieses Niveau zu er reichen. Jedoch hat unsere Geisteshaltung großen Einfluss au die Art und Weise, wie wir reagieren und mit Situationen umgehen. Unsere Haltung löst entweder destruktive oder positive geistige Zustände aus. In medizinischen Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass ein einzelner negativer Gedanke unser Immunsystem mehrere Stunden lang schwächt. Wenn man in obigem Beispiel voller Hass und Wut reagiert, schadet man sich selbst am
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als ein Geühl, das wir bei einer Emotion erleben als Verhalten, z.B. in der Mimik, der Gestik, der Körperhaltung oder Körperbewegung als körperliche Veränderung, z.B. Herzrasen, Schweißausbrüche, Muskelverspannungen und als Kognition, z.B. durch die Erwartung, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Wenn wir z.B. einen zähnefletschenden Hund au uns zurasen sehen, dann empfinden wir Angst (Geühl) und wir weichen unmittelbar mit erschrockenem Gesichtsausdruck zurück (Verhalten). Der Puls beginnt zu rasen und kalter Schweiß steht uns au der Stirn (körperliche Veränderung). Ein Gedanke beherrscht uns jetzt (Kognition): „Was mache ich jetzt?“
•
•
Gefühle sind die Motoren
„schlechte“ (in Wahrheit aber die beste): Dies erordert intensive Arbeit an sich Philosophische Lebenskunst bedeutet, selbst. Dazu braucht man Aumerksamkeit sich selbst zu beobachten und im Alltag zu und Bewusstsein, um die eigenen Gemütsüben. So erkennt man, dass die eigene psy- bewegungen ständig wahrzunehmen und
Selbstbeobachtung auszuorschen. Und dann willentlich die richtige Reaktion zu wählen. Wenn ich mich in einem Vortrag unwohl ühle, weil der Redner eine schrille Stimme hat, kann ich blitzschnell entscheiden, mich au den tiesinnigen Inhalt zu konzentrieren und als Konzentrationsübung die unangenehme akustische Wahrnehmung ausblenden. Wenn mich der Geruch eines ungepflegten Obdachlosen abstößt, kann ich ihm trotzdem von Herzen eine Suppe reichen, weil das Mitgeühl überwiegt.
unseres Handelns
•
Wie können wir unsere Gefühle wahrnehmen? Paul Ekman, der ein Facial Action Coding System zur Emotionserkennung anhand von Gesichtsausdrücken entwickelte, wies sieben weltweit verbreitete Basisemotionen empirisch nach: Freude, Wut, Furcht, rauer, Ekel, Verachtung und Überraschung. Diese Emotionen lösen eine Unzahl von Geühlen bei uns aus, derer wir uns meist nicht bewusst sind. Ich Wennichgut gelaunt,optimistischundzuversichtlichbin,gelingenmeineVorhaben habe in meiner ätigkeit als rainerin die Erahrung gemacht, dass ast chische Verassung entscheidend ist. Bin zu kontrollieren und Willenskra, um sie alle Menschen ihre Geühle äußerst vage ich gut gelaunt, optimistisch und zuver- zu verändern. Ertappen wir uns bei deswahrnehmen und es ihnen sehr schwer sichtlich, gelingen mir meine Vorhaben, truktiven Gedanken und Geühlen, sind ällt, diese zu benennen, geschweige denn, ich meistere Schwierigkeiten als Herausor- zwei Dinge wichtig: die Ursache daür sie adäquat auszudrücken. Das ist die derung und entwickle mich ständig weiter. auszuorschen und danach den Geist au Ursache unzähliger Missverständnisse Ist meine Psyche angeschlagen, sind meine konstruktive und erhebende Temen zu und Konflikte: Man nimmt seine eigenen Handlungen kralos, Probleme ein lästi- lenken. Jede Lebenssituation lässt sich mit Geühle unklar wahr und weiß schon gar ges Hindernis und der Misserolg vorpro- einer positiven Haltung besser meistern. nicht, wie man sie kommunizieren soll. grammiert. O ühle ich mich als Oper Außerdem ist es in unserer Gesellscha der Umstände. Viele Menschen denken, Gefühle sind die Boten unserer Bedürfnisse kaum üblich, über Geühle zu sprechen. dass sie diese Zyklen nicht beeinflussen Wenn wir uns unwohl ühlen, hat Dabei sind sie entscheidend ür unser können. Die gute Nachricht: Wir sind die Herrscher über unsere Emotionen. Die dies seinen Grund. Den gilt es durch Leben.
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Emotionen erleben wir ständig, es gibt keinen „emotionsreien“ Moment, wir sind uns ihrer aber selten bewusst. In einer Studie zeigte Paul Ekman einer Versuchsgruppe einen kurzen emotional erregenden Film und beragte die Versuchspersonen, was sie empfinden. Die meisten antworteten, dass sie bestürzt seien und Mitleid ür das Unglück der gezeigten Menschen empänden. Ein meditierender Mönch hingegen konnte seine Geühle mit 800 verschiedenen Wörtern beschreiben!
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Wie unterscheiden sich Gefühle und Emotionen?
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Emotionen äußern sich auf vier Ebenen:
meisten. Jeder „Kriegskünstler“ weiß das: Nur wer innerlich zentriert und riedvoll ist, kämp gut.
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Ein paar praktische Tipps zur Entwicklung höherer Gefühle 1. Entwickeln Sie Empathie Versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber und spüren Sie nach, was diese Person gerade empfinden könnte. Sprechen Sie dies aus: „Ich habe den Eindruck, dass du …“ 2. Übernehmen Sie Verantwortung ür Ihre Geühle Sie selbst erzeugen Ihre Geühle und Sie können sich jederzeit entscheiden, ob Sie sich durch Ihre Emotionen nützen oder schaden. 3. Distanzieren Sie sich von Ihren Geühlen. Sie sind nicht Ihre Geühle und Gedanken. Diese sind vorübergehende innere Zustände. Sagen Sie zu sich: „Es ist rauer, Freude, Wut … in mir.“ 4. Nehmen Sie Schönheit wahr In der Natur, in Gemälden, Gedichten, Musik, Fotografien, Filmen … Würdigen Sie Ästhetik und lassen Sie diese au Ihre Seele wirken. Es reinigt und erhebt. 5. Dienen Sie den Menschen Engagieren Sie sich ür andere, übernehmen Sie ein Ehrenamt, setzen Sie sich als Volunteer ein. un Sie Gutes und merken Sie, wie Sie dadurch innerlich reich werden. „Gute Geühle“ wünscht Ihnen Gudrun Gutdeutsch
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Angenehme Gefühle
Pseudogefühle
angeregt, augedreht, augeregt, ausSogenannte »Pseudogeühle« sind in geglichen, bereit, begeistert, behaglich, Wirklichkeit keine Geühle, sondern belebt, berauscht, beruhigt, berührt, in Geühlsormulierungen verpackte beschwingt, bewegt, dankbar, eirig, Gedanken, Schuldzuweisungen, Anklaekstatisch, energiegeladen, engagiert, gen, Vorwüre und Interpretationen. enthusiastisch, entlastet, entschlossen, Pseudogeühle werden manchmal entspannt, entzückt, erreut, errischt, auch als Interpretationsgeühle, Nichterüllt, ergriffen, erleichtert, erstaunt, Geühle, Wolsgeühle oder ätergeerwartungsvoll, asziniert, rei, ried- ühle bezeichnet. lich, roh, röhlich, gebannt, geborgen, Nacholgende Ausdrücke werden geesselt, gelassen, gerührt, gesammelt, gespannt, gesund, glücklich, gut gelaunt, besonders häufig als Pseudogeühle heiter, hellwach, hoffnungsvoll, inspi- genannt. Bitte beachten Sie, dass es bei riert, klar, kravoll, lebendig, leicht, manchen Begriffen auf den Kontext und locker, lustig, motiviert, munter, mutig, die Betonung ankommt. neugierig, optimistisch, ruhig, san, abgelehnt, abgeschnitten, akzeptiert, satt, schwungvoll, selbstsicher, selig, allein gelassen, an den Pranger gestellt, sicher, sorglos, still, stolz, überglücklich, an die Wand gestellt, angegriffen, attaüberrascht, überwältigt, unbeschwert, ckiert, ausgebeutet, ausgenutzt, aus vergnügt, verliebt, vertrauensvoll, wach, geschlossen, ausgestoßen, beachtet, weit, wissbegierig, zärtlich, zurieden, bedroht, belästigt, beleidigt, belogen, zugeneigt, zuversichtlich. benutzt, beschuldigt, beschützt, bestätigt, bestra, betrogen, bevormundet, Unangenehme Gefühle deplatziert, diskriminiert, dominiert, Alarmiert, angespannt, ängstlich, entmutigt, enttäuscht, erdrückt, erniedapathisch, ärgerlich, augeregt, aus- rigt, ernst genommen, estgenagelt, gelaugt, bedrückt, besorgt, bestürzt, rustriert, gedrängt, geehrt, gelangweilt, betroffen, betrübt, beunruhigt, bitter, geliebt, gemaßregelt, gemobbt, gequält, blockiert, deprimiert, durcheinander, geschmeichelt, gesehen, getäuscht, eiersüchtig, einsam, elend, empört, gewürdigt, gezwungen, gut beraten, herenttäuscht, ernüchtert, erschlagen, abgesetzt, hereingelegt, hintergangen, erschöp, erschrocken, erschüttert, ignoriert, im Mittelpunkt, in die Ecke erstarrt, rustriert, urchtsam, gehemmt, gedrängt, in die Enge getrieben, isogeladen, gelähmt, gelangweilt, genervt, liert, kleingemacht, lächerlich gemacht, hart, hasserüllt, hilflos, in Panik, irri- manipuliert, minderwertig, missachtiert, kalt, kralos, leer, lethargisch, tet, missbraucht, missverstanden, nicht matt, miserabel, müde, mutlos, nervös, anerkannt, nicht ehrlich behandelt, niedergeschlagen, ohnmächtig, panisch, nicht einbezogen, nicht ernst genomperplex, ratlos, resigniert, ruhelos, sauer, men, nicht geliebt, ungerecht behandelt, scheu, schlapp, schüchtern, schwer, nicht gesehen, nicht respektiert, nicht schwermütig, sorgenvoll, teilnahms- unterstützt, nicht verstanden, nicht los, tot, träge, traurig, überwältigt, wertgeschätzt, provoziert, reingelegt, unbehaglich, ungeduldig, unglücklich, sabotiert, schikaniert, schlecht behanunruhig, unsicher, unter Druck, unwohl, delt, schön, sympathisch, totgequatscht, unzurieden, verbittert, verspannt, ver- über den isch gezogen, überordert, wirrt, verzweielt, widerwillig, wütend, übergangen, überlistet, unerwünscht, ungehört, ungeliebt, unter Druck zappelig, zornig. gesetzt, unterbezahlt, unterdrückt, unverstanden, unwichtig, verärgert, verarscht, verolgt.
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Emotionen äußern sich auf vier Ebenen:
als ein Geühl, das wir bei einer Emotion erleben als Verhalten, z.B. in der Mimik, der Gestik, der Körperhaltung oder Körperbewegung als körperliche Veränderung, z.B. Herzrasen, Schweißausbrüche, Muskelverspannungen und als Kognition, z.B. durch die Erwartung, dass etwas Schlimmes passieren könnte. Wenn wir z.B. einen zähnefletschenden Hund au uns zurasen sehen, dann empfinden wir Angst (Geühl) und wir weichen unmittelbar mit erschrockenem Gesichtsausdruck zurück (Verhalten). Der Puls beginnt zu rasen und kalter Schweiß steht uns au der Stirn (körperliche Veränderung). Ein Gedanke beherrscht uns jetzt (Kognition): „Was mache ich jetzt?“
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Gefühle sind die Motoren
„schlechte“ (in Wahrheit aber die beste): Dies erordert intensive Arbeit an sich Philosophische Lebenskunst bedeutet, selbst. Dazu braucht man Aumerksamkeit sich selbst zu beobachten und im Alltag zu und Bewusstsein, um die eigenen Gemütsüben. So erkennt man, dass die eigene psy- bewegungen ständig wahrzunehmen und
Selbstbeobachtung auszuorschen. Und dann willentlich die richtige Reaktion zu wählen. Wenn ich mich in einem Vortrag unwohl ühle, weil der Redner eine schrille Stimme hat, kann ich blitzschnell entscheiden, mich au den tiesinnigen Inhalt zu konzentrieren und als Konzentrationsübung die unangenehme akustische Wahrnehmung ausblenden. Wenn mich der Geruch eines ungepflegten Obdachlosen abstößt, kann ich ihm trotzdem von Herzen eine Suppe reichen, weil das Mitgeühl überwiegt.
unseres Handelns
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m o c . e m i t s m a e r D | 7 0 0 2 m a s r e s U ©
Wie können wir unsere Gefühle wahrnehmen? Paul Ekman, der ein Facial Action Coding System zur Emotionserkennung anhand von Gesichtsausdrücken entwickelte, wies sieben weltweit verbreitete Basisemotionen empirisch nach: Freude, Wut, Furcht, rauer, Ekel, Verachtung und Überraschung. Diese Emotionen lösen eine Unzahl von Geühlen bei uns aus, derer wir uns meist nicht bewusst sind. Ich Wennichgut gelaunt,optimistischundzuversichtlichbin,gelingenmeineVorhaben habe in meiner ätigkeit als rainerin die Erahrung gemacht, dass ast chische Verassung entscheidend ist. Bin zu kontrollieren und Willenskra, um sie alle Menschen ihre Geühle äußerst vage ich gut gelaunt, optimistisch und zuver- zu verändern. Ertappen wir uns bei deswahrnehmen und es ihnen sehr schwer sichtlich, gelingen mir meine Vorhaben, truktiven Gedanken und Geühlen, sind ällt, diese zu benennen, geschweige denn, ich meistere Schwierigkeiten als Herausor- zwei Dinge wichtig: die Ursache daür sie adäquat auszudrücken. Das ist die derung und entwickle mich ständig weiter. auszuorschen und danach den Geist au Ursache unzähliger Missverständnisse Ist meine Psyche angeschlagen, sind meine konstruktive und erhebende Temen zu und Konflikte: Man nimmt seine eigenen Handlungen kralos, Probleme ein lästi- lenken. Jede Lebenssituation lässt sich mit Geühle unklar wahr und weiß schon gar ges Hindernis und der Misserolg vorpro- einer positiven Haltung besser meistern. nicht, wie man sie kommunizieren soll. grammiert. O ühle ich mich als Oper Außerdem ist es in unserer Gesellscha der Umstände. Viele Menschen denken, Gefühle sind die Boten unserer Bedürfnisse kaum üblich, über Geühle zu sprechen. dass sie diese Zyklen nicht beeinflussen Wenn wir uns unwohl ühlen, hat Dabei sind sie entscheidend ür unser können. Die gute Nachricht: Wir sind die Herrscher über unsere Emotionen. Die dies seinen Grund. Den gilt es durch Leben.
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Fort mit der Vernun – Au die Geühle kommt es an! „Luxus, Ausschweiung und Sklaverei sind die Strae ür unsere ehrgeizigen Anstrengungen, die uns aus der glücklichen Unwissenheit ühren sollten, in die uns die ewige Weisheit verwiesen hatte.“ „Allmächtiger Gott, bereie uns von der Erleuchtung unserer Väter. Führe uns zurück zu Einalt, Unschuld und Armut, den einzigen Gütern, welche unser Glück beördern …“ V�� M����� S�����
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
„Gute Geühle“ wünscht Ihnen Gudrun Gutdeutsch
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philoSOPHERS
JEAN�JACQUES ROUSSEAU �1712�1778�
A
1. Entwickeln Sie Empathie Versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber und spüren Sie nach, was diese Person gerade empfinden könnte. Sprechen Sie dies aus: „Ich habe den Eindruck, dass du …“ 2. Übernehmen Sie Verantwortung ür Ihre Geühle Sie selbst erzeugen Ihre Geühle und Sie können sich jederzeit entscheiden, ob Sie sich durch Ihre Emotionen nützen oder schaden. 3. Distanzieren Sie sich von Ihren Geühlen. Sie sind nicht Ihre Geühle und Gedanken. Diese sind vorübergehende innere Zustände. Sagen Sie zu sich: „Es ist rauer, Freude, Wut … in mir.“ 4. Nehmen Sie Schönheit wahr In der Natur, in Gemälden, Gedichten, Musik, Fotografien, Filmen … Würdigen Sie Ästhetik und lassen Sie diese au Ihre Seele wirken. Es reinigt und erhebt. 5. Dienen Sie den Menschen Engagieren Sie sich ür andere, übernehmen Sie ein Ehrenamt, setzen Sie sich als Volunteer ein. un Sie Gutes und merken Sie, wie Sie dadurch innerlich reich werden.
Pseudogefühle
angeregt, augedreht, augeregt, ausSogenannte »Pseudogeühle« sind in geglichen, bereit, begeistert, behaglich, Wirklichkeit keine Geühle, sondern belebt, berauscht, beruhigt, berührt, in Geühlsormulierungen verpackte beschwingt, bewegt, dankbar, eirig, Gedanken, Schuldzuweisungen, Anklaekstatisch, energiegeladen, engagiert, gen, Vorwüre und Interpretationen. enthusiastisch, entlastet, entschlossen, Pseudogeühle werden manchmal entspannt, entzückt, erreut, errischt, auch als Interpretationsgeühle, Nichterüllt, ergriffen, erleichtert, erstaunt, Geühle, Wolsgeühle oder ätergeerwartungsvoll, asziniert, rei, ried- ühle bezeichnet. lich, roh, röhlich, gebannt, geborgen, Nacholgende Ausdrücke werden geesselt, gelassen, gerührt, gesammelt, gespannt, gesund, glücklich, gut gelaunt, besonders häufig als Pseudogeühle heiter, hellwach, hoffnungsvoll, inspi- genannt. Bitte beachten Sie, dass es bei riert, klar, kravoll, lebendig, leicht, manchen Begriffen auf den Kontext und locker, lustig, motiviert, munter, mutig, die Betonung ankommt. neugierig, optimistisch, ruhig, san, abgelehnt, abgeschnitten, akzeptiert, satt, schwungvoll, selbstsicher, selig, allein gelassen, an den Pranger gestellt, sicher, sorglos, still, stolz, überglücklich, an die Wand gestellt, angegriffen, attaüberrascht, überwältigt, unbeschwert, ckiert, ausgebeutet, ausgenutzt, aus vergnügt, verliebt, vertrauensvoll, wach, geschlossen, ausgestoßen, beachtet, weit, wissbegierig, zärtlich, zurieden, bedroht, belästigt, beleidigt, belogen, zugeneigt, zuversichtlich. benutzt, beschuldigt, beschützt, bestätigt, bestra, betrogen, bevormundet, Unangenehme Gefühle deplatziert, diskriminiert, dominiert, Alarmiert, angespannt, ängstlich, entmutigt, enttäuscht, erdrückt, erniedapathisch, ärgerlich, augeregt, aus- rigt, ernst genommen, estgenagelt, gelaugt, bedrückt, besorgt, bestürzt, rustriert, gedrängt, geehrt, gelangweilt, betroffen, betrübt, beunruhigt, bitter, geliebt, gemaßregelt, gemobbt, gequält, blockiert, deprimiert, durcheinander, geschmeichelt, gesehen, getäuscht, eiersüchtig, einsam, elend, empört, gewürdigt, gezwungen, gut beraten, herenttäuscht, ernüchtert, erschlagen, abgesetzt, hereingelegt, hintergangen, erschöp, erschrocken, erschüttert, ignoriert, im Mittelpunkt, in die Ecke erstarrt, rustriert, urchtsam, gehemmt, gedrängt, in die Enge getrieben, isogeladen, gelähmt, gelangweilt, genervt, liert, kleingemacht, lächerlich gemacht, hart, hasserüllt, hilflos, in Panik, irri- manipuliert, minderwertig, missachtiert, kalt, kralos, leer, lethargisch, tet, missbraucht, missverstanden, nicht matt, miserabel, müde, mutlos, nervös, anerkannt, nicht ehrlich behandelt, niedergeschlagen, ohnmächtig, panisch, nicht einbezogen, nicht ernst genomperplex, ratlos, resigniert, ruhelos, sauer, men, nicht geliebt, ungerecht behandelt, scheu, schlapp, schüchtern, schwer, nicht gesehen, nicht respektiert, nicht schwermütig, sorgenvoll, teilnahms- unterstützt, nicht verstanden, nicht los, tot, träge, traurig, überwältigt, wertgeschätzt, provoziert, reingelegt, unbehaglich, ungeduldig, unglücklich, sabotiert, schikaniert, schlecht behanunruhig, unsicher, unter Druck, unwohl, delt, schön, sympathisch, totgequatscht, unzurieden, verbittert, verspannt, ver- über den isch gezogen, überordert, wirrt, verzweielt, widerwillig, wütend, übergangen, überlistet, unerwünscht, ungehört, ungeliebt, unter Druck zappelig, zornig. gesetzt, unterbezahlt, unterdrückt, unverstanden, unwichtig, verärgert, verarscht, verolgt.
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
philoSOPHERS
ls Ludwig XVI. im Zuge der Revolution ins Geängnis geworen wurde, stieß er dort au einige Werke Voltaires und Rousseaus. Darauin soll er gesagt haben: „Diese beiden Männer haben Frankreich zerstört!“ atsächlich haben beide erheblich zum Sturz der Monarchie in Frankreich beigetragen, denn sie inspirierten das austrebende Bürgertum mit ihren Ideen. Doch obwohl gerade diese beiden Herren wie keine anderen in Frankreich dem dringlichen Wunsch der Bevölkerung nach Erneuerung den notwendigen Geist verliehen, hätten sie von ihrem Wesen her kaum unterschiedlicher sein können. Au der einen Seite der kulturstolze, bildungsbeflissene und gewitzte Voltaire, der es bestens verstand, das neue Ethos der Vernun gegen die bestehenden Verhältnisse in Opposition zu setzen. Ein Freidenker, der bevorzugt in höchsten Kreisen ver-
Ein paar praktische Tipps zur Entwicklung höherer Gefühle
Angenehme Gefühle
kehrte und den Umgang mit Intellektuellen liebte. Au der anderen Seite der zurückgezogen und stets rastlos au Wanderscha lebende Landstreicher Rousseau, ein überaus empfindsamer räumer und Literat. Er mied intellektuelle Kreise, war stets von inneren Widersprüchen und leidenschalichen Geühlen hin- und hergerissen. Dem Vernuneier seiner Zeit brachte er eine vernichtende Kulturkritik entgegen, wodurch er schließlich zum eigentlichen Ahnherrn der Romantik wurde. Während au der einen Seite Voltaire und die meisten philosophes sich vor allem positiv au die Vernun berieen und diese gegen Religion, Staat und von außen bevormundende, unterdrückendeInstanzen ausspielten, so galt Rousseaus Werk als erster bedeutender Angriff au die Auflärung selbst. Darin zeigt sich eine gewisse Spannung. Rousseau gilt manchen als letzter Genius der Au-
klärung und zugleich als deren schärster Kritiker, der die Bewegung gewissermaßen über sich selbst hinausührte. Sein Werk beinhaltete bereits jene Widersprüche von Freiheit und Herrscha, von Geühl und Vernun, von Demokratie und Despotismus, die im Zuge der Revolution immer deutlicher zum Vorschein kamen. Denn man höre und staune, wogegen sich der Auflärer Rousseau wandte, war die Vernun selbst. Rousseau nämlich, und dies ist typisch ür sein Denken, stellte stets den schädlichen Einflüssen von Vernun und Kultur den heilenden Wert von unverälschtem Geühl und ursprünglicher Natur gegenüber. Gerade damit beflügelte er den Geist der Romantik, die sich wie Rousseau gegen die übersteigerten Kontroll-, Disziplinierungs- und Machtansprüche der neu aufommenden Rationalität aulehnte und deren zerstörerische Seite er
auzeigen wollte. Es war die Sehnsucht, Natur aus gut. Erst durch Kultur und Staat lichkeit beigetragen habe“. Rousseaus sich den Zwängen jener alles durchdrin- werde der Mensch habgierig, ehrgeizig preisgekrönte Antwort brachte eine in genden neuen Vernun entledigen zu und bosha. geballter Fülle vorgetragene Zivilisationskritik zum Ausdruck, die den Wert düren, die eine gewisse Gegenauflärung Der Ruhm des Jean-Jacques Rousseau provozierte. Rousseau verhal der Sehn- kehrte erst spät ein, daür aber sehr plötz- von Wissenscha, Vernun und Kultur sucht nach der Einachheit natürlichen lich und machte den vagabundierenden überhaupt inrage stellte. Künste und Lebens sowie der ursprünglichen Schönheit Strolch mit einem Schlag zu einer überall Wissenschaen hätten nicht zur Hebung der Sittlichkeit beitragen – und Unverälschtheit sie seien sogar Merkmale der Natur wieder zum Leben. Auch der Mensch des Veralls. Überall in der Geschichte sei ein ursprünglich gütiges, durch Mitgeühl erscheine das Auauchen und natürliche ugender Geistesbildung im Verden gekennzeichnetes ein mit dem Sinken der SittWesen. Erst durch den lichkeit. Die wenigen Völ verderblichen Einfluss ker aber, die rei geblieben sind von der Ansteckung kultureller Prägung eitler Kenntnisse, hätten ihr und augrund ehlender Herzensbildungentartet Glück durch ihre natürlier zu einer habgierigen chen ugenden begründet und sich zum Vorbild andeund unbarmherzigen Kreatur. Durch diese rer Völker erhoben. Kritik Rousseaus kam es „Der Erste, der ein Stück zu einem bedeutenden Land eingezäunt hatte und dreist sagte: „das ist Wertekonflikt zwischen mein“ und so einältige „Natur“ und „Geühl“ au der einen sowie „Kultur“ Leute and, die das glaub / i und „Vernun“ au der ten, wurde zum wahren k i w / anderen Seite. Gründer der bürgerlichen g r o . Die neu geschaffene Gesellscha. Wie viele Ver a i d e Kultur wurde vom Bilbrechen, Kriege, Mord, wie m i k i w dungsbürgertum getra viel Not und E lend hätte . s n o derjenige dem Menschengen, vor allem aber vom m m Drang nach Freiheit, geschlecht erspart, der die o c / / : s Naturbeherrschung Pähle herausgerissen oder p t t h den Graben zugeschüttet und Reichtum. Es war © nun gerade diese Überund seinesgleichen zugerubewertung der Kultur en hätte: „Hütet euch, au und die von vielen empdiesen Betrüger zu hören, undene Entremdung ihr seid verloren, wenn ihr des Menschen von sich vergesst, dass die Fr üchte selbst, die Rousseau allen gehören und der beobachtete. Boden niemandem!“ „Wozu schließlich Jean-Jacques Rousseau, Pastell von Maurice Quentin de La Tour, 1753 Zunächst von adligen brauchen wir RechtsgeGönnern begünstigt, wurbekannten intellektuellen Größe. Alles den später einige seiner Schrien vom lehrsamkeit, wenn nicht wegen der durch kulturelle Vereinerung bedingten Unge- begann mit einem Preisausschreiben Parlament in Paris verurteilt. Den Rest rechtigkeit gesellschalichen Lebens? der Akademie von Dijon im Jahre 1749. seines Lebens war Rousseau au der Wozu Philosophie, wenn sich jeder an die Die Akademie stellte die Preisrage „ob Flucht und litt deshalb an Verolgungseinachen, natürlichen ugenden hielte?“ die Wiederherstellung der Wissenscha- wahn. So zahlte er einen hohen Preis ür Auch an Staat und Gesellscha ließ Rous- ten und Künste (seit der Renaissance) seine gewaltige gesellschaliche Wirseau kein gutes Haar. Der Mensch sei von zur Verbesserung und Hebung der Sitt- kung. ☐
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philoSOPHERS
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JEAN�JACQUES ROUSSEAU �1712�1778� Fort mit der Vernun – Au die Geühle kommt es an! „Luxus, Ausschweiung und Sklaverei sind die Strae ür unsere ehrgeizigen Anstrengungen, die uns aus der glücklichen Unwissenheit ühren sollten, in die uns die ewige Weisheit verwiesen hatte.“ „Allmächtiger Gott, bereie uns von der Erleuchtung unserer Väter. Führe uns zurück zu Einalt, Unschuld und Armut, den einzigen Gütern, welche unser Glück beördern …“ V�� M����� S�����
A
ls Ludwig XVI. im Zuge der Revolution ins Geängnis geworen wurde, stieß er dort au einige Werke Voltaires und Rousseaus. Darauin soll er gesagt haben: „Diese beiden Männer haben Frankreich zerstört!“ atsächlich haben beide erheblich zum Sturz der Monarchie in Frankreich beigetragen, denn sie inspirierten das austrebende Bürgertum mit ihren Ideen. Doch obwohl gerade diese beiden Herren wie keine anderen in Frankreich dem dringlichen Wunsch der Bevölkerung nach Erneuerung den notwendigen Geist verliehen, hätten sie von ihrem Wesen her kaum unterschiedlicher sein können. Au der einen Seite der kulturstolze, bildungsbeflissene und gewitzte Voltaire, der es bestens verstand, das neue Ethos der Vernun gegen die bestehenden Verhältnisse in Opposition zu setzen. Ein Freidenker, der bevorzugt in höchsten Kreisen ver-
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kehrte und den Umgang mit Intellektuellen liebte. Au der anderen Seite der zurückgezogen und stets rastlos au Wanderscha lebende Landstreicher Rousseau, ein überaus empfindsamer räumer und Literat. Er mied intellektuelle Kreise, war stets von inneren Widersprüchen und leidenschalichen Geühlen hin- und hergerissen. Dem Vernuneier seiner Zeit brachte er eine vernichtende Kulturkritik entgegen, wodurch er schließlich zum eigentlichen Ahnherrn der Romantik wurde. Während au der einen Seite Voltaire und die meisten philosophes sich vor allem positiv au die Vernun berieen und diese gegen Religion, Staat und von außen bevormundende, unterdrückendeInstanzen ausspielten, so galt Rousseaus Werk als erster bedeutender Angriff au die Auflärung selbst. Darin zeigt sich eine gewisse Spannung. Rousseau gilt manchen als letzter Genius der Au-
klärung und zugleich als deren schärster Kritiker, der die Bewegung gewissermaßen über sich selbst hinausührte. Sein Werk beinhaltete bereits jene Widersprüche von Freiheit und Herrscha, von Geühl und Vernun, von Demokratie und Despotismus, die im Zuge der Revolution immer deutlicher zum Vorschein kamen. Denn man höre und staune, wogegen sich der Auflärer Rousseau wandte, war die Vernun selbst. Rousseau nämlich, und dies ist typisch ür sein Denken, stellte stets den schädlichen Einflüssen von Vernun und Kultur den heilenden Wert von unverälschtem Geühl und ursprünglicher Natur gegenüber. Gerade damit beflügelte er den Geist der Romantik, die sich wie Rousseau gegen die übersteigerten Kontroll-, Disziplinierungs- und Machtansprüche der neu aufommenden Rationalität aulehnte und deren zerstörerische Seite er
auzeigen wollte. Es war die Sehnsucht, Natur aus gut. Erst durch Kultur und Staat lichkeit beigetragen habe“. Rousseaus sich den Zwängen jener alles durchdrin- werde der Mensch habgierig, ehrgeizig preisgekrönte Antwort brachte eine in genden neuen Vernun entledigen zu und bosha. geballter Fülle vorgetragene Zivilisationskritik zum Ausdruck, die den Wert düren, die eine gewisse Gegenauflärung Der Ruhm des Jean-Jacques Rousseau provozierte. Rousseau verhal der Sehn- kehrte erst spät ein, daür aber sehr plötz- von Wissenscha, Vernun und Kultur sucht nach der Einachheit natürlichen lich und machte den vagabundierenden überhaupt inrage stellte. Künste und Lebens sowie der ursprünglichen Schönheit Strolch mit einem Schlag zu einer überall Wissenschaen hätten nicht zur Hebung der Sittlichkeit beitragen – und Unverälschtheit sie seien sogar Merkmale der Natur wieder zum Leben. Auch der Mensch des Veralls. Überall in der Geschichte sei ein ursprünglich gütiges, durch Mitgeühl erscheine das Auauchen und natürliche ugender Geistesbildung im Verden gekennzeichnetes ein mit dem Sinken der SittWesen. Erst durch den lichkeit. Die wenigen Völ verderblichen Einfluss ker aber, die rei geblieben sind von der Ansteckung kultureller Prägung eitler Kenntnisse, hätten ihr und augrund ehlender Herzensbildungentartet Glück durch ihre natürlier zu einer habgierigen chen ugenden begründet und sich zum Vorbild andeund unbarmherzigen Kreatur. Durch diese rer Völker erhoben. Kritik Rousseaus kam es „Der Erste, der ein Stück zu einem bedeutenden Land eingezäunt hatte und dreist sagte: „das ist Wertekonflikt zwischen mein“ und so einältige „Natur“ und „Geühl“ au der einen sowie „Kultur“ Leute and, die das glaub / i und „Vernun“ au der ten, wurde zum wahren k i w / anderen Seite. Gründer der bürgerlichen g r o . Die neu geschaffene Gesellscha. Wie viele Ver a i d e Kultur wurde vom Bilbrechen, Kriege, Mord, wie m i k i w dungsbürgertum getra viel Not und E lend hätte . s n o derjenige dem Menschengen, vor allem aber vom m m Drang nach Freiheit, geschlecht erspart, der die o c / / : s Naturbeherrschung Pähle herausgerissen oder p t t h den Graben zugeschüttet und Reichtum. Es war © nun gerade diese Überund seinesgleichen zugerubewertung der Kultur en hätte: „Hütet euch, au und die von vielen empdiesen Betrüger zu hören, undene Entremdung ihr seid verloren, wenn ihr des Menschen von sich vergesst, dass die Fr üchte selbst, die Rousseau allen gehören und der beobachtete. Boden niemandem!“ Jean-Jacques Rousseau, Pastell von Maurice Quentin de La Tour, 1753 „Wozu schließlich Zunächst von adligen brauchen wir RechtsgeGönnern begünstigt, wurbekannten intellektuellen Größe. Alles den später einige seiner Schrien vom lehrsamkeit, wenn nicht wegen der durch kulturelle Vereinerung bedingten Unge- begann mit einem Preisausschreiben Parlament in Paris verurteilt. Den Rest rechtigkeit gesellschalichen Lebens? der Akademie von Dijon im Jahre 1749. seines Lebens war Rousseau au der Wozu Philosophie, wenn sich jeder an die Die Akademie stellte die Preisrage „ob Flucht und litt deshalb an Verolgungseinachen, natürlichen ugenden hielte?“ die Wiederherstellung der Wissenscha- wahn. So zahlte er einen hohen Preis ür Auch an Staat und Gesellscha ließ Rous- ten und Künste (seit der Renaissance) seine gewaltige gesellschaliche Wirseau kein gutes Haar. Der Mensch sei von zur Verbesserung und Hebung der Sitt- kung. ☐
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie Philosophie
69
Das kleine Sinn-Lexikon
Mi t allen Sinnen "sehen"
H
ier sind wieder Beate und Felix. Ihr kennt sie ja schon. Diese beiden wollen immer alles ganz genau wissen, stellen sich viele Fragen, denken nach und lernen so die Welt und sich selbst immer besser kennen. Beate sitzt diesmal ganz nachdenklich am Sofa. Ihr Bruder fragt halb neckisch und halb besorgt. Felix: Was ist heute denn los mit dir? Beate: Ach! Ich muss nachdenken. Felix: Aber worüber denn? Beate: Ich habe heute am Nachhauseweg ein blindes Mädchen getroffen. Sie war vielleicht ein bisschen älter als ich. Du, Felix, ist es sehr schlimm, wenn man blind ist? Felix: Ja, ich glaube, es ist schon schwierig. Aber Großvater hat mir einmal gesagt, dass blinde Menschen dann mit ihren anderen Sinnen „sehen“ lernen. Beate: Wie geht denn das? Das möchte ich auch lernen. Felix: Na, dann mach einfach mal die Augen zu. Beate: Jetzt sehe ich nichts. Sie beginnt nun, alles in ihrer Umgebung abzutasten. Der Stoff des Sofabezuges
fühlt sich weich und angenehm an, die Glasplatte am Tisch glatt und kühl. Der Teppich am Boden erscheint viel dicker als sonst und die Katze Schnurrli springt rechtzeitig davon, bevor Beate über sie drüberstolpern kann. Sie geht einen Schritt und stößt gegen den Tisch. Beate: Aua! Huch, da muss ich aber sehr aufpassen. Nun tastet sie sich vorsichtig voran, sie möchte Mutti in der Küche besuchen gehen, ohne die Augen zu öffnen. Sie hält ihre Arme weit von sich gestreckt, damit sie nicht wieder wo aneckt. Auf halbem Weg dorthin fragt sie ihren Bruder: Beate: Bin ich schon bei der Tür? Felix: Nein, da fehlt noch ein großes Stück. Aber du musst mehr nach links! Beate: Uff. Das ist gar nicht so leicht. Wo bist du? Felix: Ich bin noch beim Sofa. Beate: Das Zimmer ist viel größer, wenn ich die Augen zumache. Vorsichtig und langsam geht sie weiter. Plötzlich bleibt Beate stehen. Beate: Felix, du stehst jetzt genau hinter mir, stimmts? Felix: Ja. Aber woher weißt du das? Beate: Ich spür dich hinter mir.
Felix: Aber ich bin ganz leise zu dir geschlichen und hab dich noch gar nicht berührt. Beate: Macht nichts, aber ich spüre dich trotzdem. Ich kann dich irgendwie „sehen“, obwohl ich die Augen noch immer ganz fest zu habe. Felix: Siehst du, das wird Großvater gemeint haben. Wir können auch mit unseren anderen Sinnen sehen. In diesem Moment fährt eine Rettung mit lautem Tatüü Tatüü an dem Haus von Beate und Felix vorbei. Beate: Das Rettungsauto kann ich mit meinen O hren „sehen“. Felix: Und was gibt es heute zum Essen? Beate: Wart mal, ich rieche schon etwas. Mmh. Ich glaube, ich kann das Essen „sehen“. Heute gibt es Nudeln mit Tomatensoße. Beide Kinder stürmen nun in die Küche. Beate vergisst, ihre Augen zu schließen. Beate: Mutti, ist das Essen schon fertig? Es riecht schon so gut. Mutti lächelnd: Ihr beide habt wohl schon einen großen Hunger! Die Spaghetti sind gleich fertig.
Erzähle uns deine Erlebnisse mit dem Hören, Sehen, Riechen, asten und Schmecken. Du kannst uns auch Bilder oder Zeichnungen schicken: an
[email protected]
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Wichtig bei allen Sinnen ist, dass sie nachschauen, ob und wie unsere Füße den Wir alle kennen unsere 5 Sinne. Sie helen eigentlich nur die Inormationen aus der Boden berühren. uns, die Welt um uns herum wahrzuneh- Umwelt sammeln, übersetzen und an das Gehirn weiterleiten. Das Gehirn verarbeitet Bei ieren finden wir noch weitere Sinne: men. zum Beispiel das Wahrnehmen des MagnetDer Tastsinn (haptisch): Wir tasten zwar diese und wir sehen, hören … meist mit den Händen, speziell mit den eldes der Erde. Dadurch können Zugvögel Der 6. Sinn: Diesen Ausdruck verwenden Fingern, aber in Wahrheit bildet die ganze wir, wenn jemand etwas bemerkt, ohne es von Europa nach Arika fliegen. Die FlederHaut unser größtes Sinnesorgan. In der Haut (bewusst) mit den bekannten Sinnesorganen maus „sieht“ durch Ultraschall. Sie sendet sitzen die astzellen. wahrzunehmen. Wir sehen dann vielleicht ganz hohe öne aus. Alle Hindernisse, die Der Hörsinn (auditiv): Wir hören über eine geährliche Situation voraus, spüren, sich im Schallkegel befinden, weren Echos Schallwellen. Diese gelangen ins Ohr und dass jemand von hinten seinen Blick au zurück, und so entsteht ein „Hörbild“ der „trommeln“ ganz ein au unser rommelell uns richtet und vieles mehr. Umgebung. tie im Ohr drinnen. Es schwingt dann – Wir sehen daraus, dass wir viel mehr Zitteraale und Zitterrochen nehmen wie eine rommel, die wir mit den Fingern wahrnehmen können, als wir glauben, Änderungen der Elektrizität ihrer Umgeschlagen – und über Nerven werden diese wenn wir mit unseren Sinnen üben, sie bung wahr. Einige Schlangen „sehen“ Schwingungen ans Gehirn weitergeleitet. vereinern und auch ihre Grenzen kennen. Wärme, und Webspinnen haben einen Der Sehsinn (visuell): In unserem Auge Schwingungssinn, der ihnen die kleinsten befinden sich etwa 130 Millionen SehsinnesBewegungen ihrer Netze anzeigt. zellen. Die Stäbchen lassen Schwarz-Weiß- Die Wissenschaft kennt Wir experimentieren Bilder entstehen und die Zäpchen sind ürs noch weitere Sinne mit unseren Sinnen Farbsehen zuständig. Wenn es dunkel ist, Der Gleichgewichtsinn sitzt wie das sehen wir nur mehr schwarz-weiß, denn Hören auch im Inneren des Ohres. Er hil Versucht einmal, mit allen Sinnen nachdie Stäbchen brauchen nicht so viel Licht, uns, aurecht stehen zu können und sorgt einander ganz bewusst wahrzunehmen. damit sie arbeiten können. ür die Orientierung im Raum. Das unktioniert am besten, wenn ihr die Augen schließt. Hört, ühlt, schmeckt und Der Geschmacksinn(gustatorisch): Wir Der Temperatursinn sorgt daür, dass schmecken mit unserer Zunge. Sie kann wir unsere Körpertemperatur aurecht- riecht. Bittet jemanden, ür euch ein paar aber nur Süßes, Saures, Bitteres und Salziges erhalten und uns vor Überhitzung oder Gläschen mit verschiedenen Gewürzen zu wahrnehmen. Der gute Geschmack von Unterkühlung schützen. Die Wärmesin- üllen und ihr riecht blind daran und ratet, Himbeeren oder reien omaten entsteht neskörperchen sitzen vor allem in der Haut was drinnen ist. Ihr werdet sehen, wie schwer das ist, erst in der Verbindung des Schmeckens mit und in den Schleimhäuten. Die Körperempfindung gibt uns immer wenn die Inormationen nicht auch über dem Riechen. eine Vorstellung davon, wo im Raum sich die Augen kommen. Ihr könnt auch verDer Geruchsinn (olfaktorisch): Er scheint nicht so wichtig wie die anderen gerade unser Körper, unsere Gelenke oder schiedene Nahrungsmittel blind kosten. Das ist gar nicht so leicht, aber es ist wirklich zu sein, aber er warnt uns vor schädlichen die Arme und Beine befinden. Ohne sie wäre Gehen oder Lauen urcht- lustig. Wir wünschen euch viel Spaß mit Einflüssen: zum Beispiel vor giigen Gasen oder Schimmelpilzen. bar kompliziert, denn wir müssten immer euren Sinnen.
Die Sinne können sich auch täuschen
Oder: Wie viele Beine hat dieser Eleant?
Oder: Was seht ihr au diesem Bild? – Einen Hasen oder eine Ente?
Ratet mal: Welcher der beiden Striche ist länger? – Überprü dann eure Lösung mit einem Lineal.
http://www.orange-sinne.de
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Mi t allen Sinnen "sehen"
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ier sind wieder Beate und Felix. Ihr kennt sie ja schon. Diese beiden wollen immer alles ganz genau wissen, stellen sich viele Fragen, denken nach und lernen so die Welt und sich selbst immer besser kennen. Beate sitzt diesmal ganz nachdenklich am Sofa. Ihr Bruder fragt halb neckisch und halb besorgt. Felix: Was ist heute denn los mit dir? Beate: Ach! Ich muss nachdenken. Felix: Aber worüber denn? Beate: Ich habe heute am Nachhauseweg ein blindes Mädchen getroffen. Sie war vielleicht ein bisschen älter als ich. Du, Felix, ist es sehr schlimm, wenn man blind ist? Felix: Ja, ich glaube, es ist schon schwierig. Aber Großvater hat mir einmal gesagt, dass blinde Menschen dann mit ihren anderen Sinnen „sehen“ lernen. Beate: Wie geht denn das? Das möchte ich auch lernen. Felix: Na, dann mach einfach mal die Augen zu. Beate: Jetzt sehe ich nichts. Sie beginnt nun, alles in ihrer Umgebung abzutasten. Der Stoff des Sofabezuges
fühlt sich weich und angenehm an, die Glasplatte am Tisch glatt und kühl. Der Teppich am Boden erscheint viel dicker als sonst und die Katze Schnurrli springt rechtzeitig davon, bevor Beate über sie drüberstolpern kann. Sie geht einen Schritt und stößt gegen den Tisch. Beate: Aua! Huch, da muss ich aber sehr aufpassen. Nun tastet sie sich vorsichtig voran, sie möchte Mutti in der Küche besuchen gehen, ohne die Augen zu öffnen. Sie hält ihre Arme weit von sich gestreckt, damit sie nicht wieder wo aneckt. Auf halbem Weg dorthin fragt sie ihren Bruder: Beate: Bin ich schon bei der Tür? Felix: Nein, da fehlt noch ein großes Stück. Aber du musst mehr nach links! Beate: Uff. Das ist gar nicht so leicht. Wo bist du? Felix: Ich bin noch beim Sofa. Beate: Das Zimmer ist viel größer, wenn ich die Augen zumache. Vorsichtig und langsam geht sie weiter. Plötzlich bleibt Beate stehen. Beate: Felix, du stehst jetzt genau hinter mir, stimmts? Felix: Ja. Aber woher weißt du das? Beate: Ich spür dich hinter mir.
Felix: Aber ich bin ganz leise zu dir geschlichen und hab dich noch gar nicht berührt. Beate: Macht nichts, aber ich spüre dich trotzdem. Ich kann dich irgendwie „sehen“, obwohl ich die Augen noch immer ganz fest zu habe. Felix: Siehst du, das wird Großvater gemeint haben. Wir können auch mit unseren anderen Sinnen sehen. In diesem Moment fährt eine Rettung mit lautem Tatüü Tatüü an dem Haus von Beate und Felix vorbei. Beate: Das Rettungsauto kann ich mit meinen O hren „sehen“. Felix: Und was gibt es heute zum Essen? Beate: Wart mal, ich rieche schon etwas. Mmh. Ich glaube, ich kann das Essen „sehen“. Heute gibt es Nudeln mit Tomatensoße. Beide Kinder stürmen nun in die Küche. Beate vergisst, ihre Augen zu schließen. Beate: Mutti, ist das Essen schon fertig? Es riecht schon so gut. Mutti lächelnd: Ihr beide habt wohl schon einen großen Hunger! Die Spaghetti sind gleich fertig.
Wichtig bei allen Sinnen ist, dass sie nachschauen, ob und wie unsere Füße den Wir alle kennen unsere 5 Sinne. Sie helen eigentlich nur die Inormationen aus der Boden berühren. uns, die Welt um uns herum wahrzuneh- Umwelt sammeln, übersetzen und an das Gehirn weiterleiten. Das Gehirn verarbeitet Bei ieren finden wir noch weitere Sinne: men. zum Beispiel das Wahrnehmen des MagnetDer Tastsinn (haptisch): Wir tasten zwar diese und wir sehen, hören … meist mit den Händen, speziell mit den eldes der Erde. Dadurch können Zugvögel Der 6. Sinn: Diesen Ausdruck verwenden Fingern, aber in Wahrheit bildet die ganze wir, wenn jemand etwas bemerkt, ohne es von Europa nach Arika fliegen. Die FlederHaut unser größtes Sinnesorgan. In der Haut (bewusst) mit den bekannten Sinnesorganen maus „sieht“ durch Ultraschall. Sie sendet sitzen die astzellen. wahrzunehmen. Wir sehen dann vielleicht ganz hohe öne aus. Alle Hindernisse, die Der Hörsinn (auditiv): Wir hören über eine geährliche Situation voraus, spüren, sich im Schallkegel befinden, weren Echos Schallwellen. Diese gelangen ins Ohr und dass jemand von hinten seinen Blick au zurück, und so entsteht ein „Hörbild“ der „trommeln“ ganz ein au unser rommelell uns richtet und vieles mehr. Umgebung. tie im Ohr drinnen. Es schwingt dann – Wir sehen daraus, dass wir viel mehr Zitteraale und Zitterrochen nehmen wie eine rommel, die wir mit den Fingern wahrnehmen können, als wir glauben, Änderungen der Elektrizität ihrer Umgeschlagen – und über Nerven werden diese wenn wir mit unseren Sinnen üben, sie bung wahr. Einige Schlangen „sehen“ Schwingungen ans Gehirn weitergeleitet. vereinern und auch ihre Grenzen kennen. Wärme, und Webspinnen haben einen Der Sehsinn (visuell): In unserem Auge Schwingungssinn, der ihnen die kleinsten befinden sich etwa 130 Millionen SehsinnesBewegungen ihrer Netze anzeigt. Die Wissenschaft kennt zellen. Die Stäbchen lassen Schwarz-WeißWir experimentieren noch weitere Sinne Bilder entstehen und die Zäpchen sind ürs mit unseren Sinnen Farbsehen zuständig. Wenn es dunkel ist, Der Gleichgewichtsinn sitzt wie das sehen wir nur mehr schwarz-weiß, denn Hören auch im Inneren des Ohres. Er hil Versucht einmal, mit allen Sinnen nachdie Stäbchen brauchen nicht so viel Licht, uns, aurecht stehen zu können und sorgt einander ganz bewusst wahrzunehmen. damit sie arbeiten können. ür die Orientierung im Raum. Das unktioniert am besten, wenn ihr die Augen schließt. Hört, ühlt, schmeckt und Der Geschmacksinn(gustatorisch): Wir Der Temperatursinn sorgt daür, dass schmecken mit unserer Zunge. Sie kann wir unsere Körpertemperatur aurecht- riecht. Bittet jemanden, ür euch ein paar aber nur Süßes, Saures, Bitteres und Salziges erhalten und uns vor Überhitzung oder Gläschen mit verschiedenen Gewürzen zu wahrnehmen. Der gute Geschmack von Unterkühlung schützen. Die Wärmesin- üllen und ihr riecht blind daran und ratet, Himbeeren oder reien omaten entsteht neskörperchen sitzen vor allem in der Haut was drinnen ist. Ihr werdet sehen, wie schwer das ist, erst in der Verbindung des Schmeckens mit und in den Schleimhäuten. Die Körperempfindung gibt uns immer wenn die Inormationen nicht auch über dem Riechen. eine Vorstellung davon, wo im Raum sich die Augen kommen. Ihr könnt auch verDer Geruchsinn (olfaktorisch): Er scheint nicht so wichtig wie die anderen gerade unser Körper, unsere Gelenke oder schiedene Nahrungsmittel blind kosten. Das ist gar nicht so leicht, aber es ist wirklich zu sein, aber er warnt uns vor schädlichen die Arme und Beine befinden. Ohne sie wäre Gehen oder Lauen urcht- lustig. Wir wünschen euch viel Spaß mit Einflüssen: zum Beispiel vor giigen Gasen oder Schimmelpilzen. bar kompliziert, denn wir müssten immer euren Sinnen.
Die Sinne können sich auch täuschen
Oder: Wie viele Beine hat dieser Eleant?
Oder: Was seht ihr au diesem Bild? – Einen Hasen oder eine Ente?
Ratet mal: Welcher der beiden Striche ist länger? – Überprü dann eure Lösung mit einem Lineal.
Erzähle uns deine Erlebnisse mit dem Hören, Sehen, Riechen, asten und Schmecken. Du kannst uns auch Bilder oder Zeichnungen schicken: an
[email protected]
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Abenteuer Philosophie / Nr. 141
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
MerkWÜRDIGES
V�� V������� N���
Swetlana Alexijewitsch:
Mary Lavater:
Beate Reinecker:
Tschernobyl – Eine Chronik der Zukunft
William Shakespeare Gefährte der Königin
Taschenbuch Verlag Berlin, 2006
Römerhof Verlag, 2014
„Die Bienen und Regenwürmer wußten Bescheid, aber wir nicht.” Knapp dreißig Jahre nach dem Reaktorunglück ist schernobyl längst aus den Schlagzeilen verschwunden. Umso erschütternder sind die Gespräche von Menschen, die direkt von schernobyl betroffen waren und noch immer sind: Kinder, Mütter, Väter, Umsiedler und Rückkehrer aus der „Sperrzone”. age nach dem Unglück keine Inormationen und Vertuschung. Soldaten mit Maschinenpistolen. Aber wen sollen sie erschießen? Die Physik? Die unsichtbaren Strahlen? Angesichts der weltweit 440 Atomreaktoren asst die Autorin zusammen: „Ich habe über die Vergangenheit geschrieben, doch sie hat sich als die Zukun erwiesen.” Die Reaktorkatastrophe im März 2011 in Fukushima beweist, wie recht sie leider damit hat. Die Halbwertszeit von Plutonium-239 liegt bei 24 390 Jahren. Die Halbwertszeit des Erinnerns oder Umdenkenwollens liegt deutlich darunter. (empohlen von Martinissimo) ☐
Dieses Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite! Wer war Shakespeare wirklich? Seit Jahrhunderten rätseln wir darüber. Wie konnte jemand einen solchen Sprachschatz und ein solches Wissen erlangen. Mary Lavater entwir die kühne Tese: Shakespeare sei der 17. Earl o Oxord. Queen Elisabeth hole ihn an ihren Ho und beide inspirieren sich gegenseitig. Entstanden au diesem Boden seine großartigen Werke? Der Earl de Vert konnte seine Werke nicht unter eigenem Namen veröffentlichen, daher bediente er sich des Pseudonyms. Die Autorin verolgt eine überzeugende Indizienkette. Ist nun das Mysterium um einen der bedeutendsten Dichter der Weltliteratur gelüet? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Lass Dich nicht verbiegen – Lass Dich nicht brechen Ratschläge & Ermutigungen aus der praktischen Philosophie
72
Peter Wagner:
Wofür es gut ist Was Mesnchen aus ihrem Leben lernen dtv, 2014
Der Journalist Peter Wagner versucht anhand der Geschichten von Menschen aller Berusgruppen und deren Erahrungen, Lehren ürs eigene Leben zu ziehen. Er will damit helen, die Suche nach Sinn und Gewissheit zu erleichtern, und zeigen, dass man durch die Erahrungen anderer lernen und damit sein eigenes Leben verändern kann . Durch g ute Beobachtung und Anteilnahme am anderen und am eigenen will er die eigene Denkweise erweitern und hinterragt die Erahrungen, bis diese den roten Lebensaden ergeben. Der Autor macht die Leser vertraut mit den Geschichten von einem Bankdirektor bis einem Demenzkranken und zeichnet so eine Fülle an Lebensweisheiten und Lehren. (empohlen von Ursula Ploschnik). ☐
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
71
Isabella Muhr:
Reine Kopfsache Verlag BoD, 2015
GeheimsprachenVerlag,2014
Roger-Pol Droit:
Wenn ich nur mehr eine Stunde zu leben hätte rororo, 2014
Der Autor Roger-Pol Droit versetzt sich selbst in die Situation, nur mehr eine Stunde zu leben. Was ängt er mit dieser Zeit an, welche Gedanken, welche Stimmungslagen erassen ihn und wie sieht er sein Leben? Welche Fehler hat er gemacht und was würde er heute anders machen? Wie ändert eine solche Situation das Denken und vielleicht sogar das weitere Leben? Di e Frage nach der letzten Stunde, nach dem letzten ag ist nicht neu. Die hat sich schon der Philosoph Seneca vor 2.000 Jahren gestellt. Eine ewige Frage des Menschen. Welche Antworten geben Sie sich? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Lass Dich nicht verbiegen ist ein Auru zu mehr Selbstbestimmung. Es regt die Leser an, ihre Handlungen, Gedanken und Motivationen im Alltag zu hinterragen und sich immer wieder selbst und ihre solidarischen Handlungen zu überprüen. Auch gilt es zu überdenken, wie ein demokratisches Zusammenleben unktioniert, denn in einer globalisierten Welt kann eine einzige Handlung weitreichende Auswirkungen haben. Die Autorin ordert die Leser au, ihr Konsumdenken, das nicht zuletzt von der Werbung gelenkt wird, inrage zu stellen und die Sinnhatigkeit unserer Konsumgüter ständig zu prüen. Dieses Buch macht im Alltagstrott wieder lebendig. (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Dr. Andrea F. Polard:
Auf zwei Flügeln zum Glück Die Verschmelzung östlicher und westlicher Denkweisen ManjughoschaVerlag,2014
Wer möchte nicht einen praktischen Leitaden, um in der Hektik unserer Zeit zu innerem Frieden und Glück zu finden? Dr. Polard verbindet hier zwei Ebenen, nämlich die sogenannte materielle, analytische Schiene mit einer spirituellen. Zum Glück gehören der Glaube, aber auch unsere materiellen Bedürnisse – im rechten Maß. Der Hauptgrund, warum wir unser Glück nicht finden, liegt in der ehlenden Achtsamkeit der Menschen. Wir alle müssen ACHSAMER werden und vor allem uns selbst besser kennenlernen! (empohlen von Ursula Ploschni k) ☐
Ein einacher Heiratsantrag – au den eigentlich jede Frau wartet – kann sie aber auch total aus der Bahn weren: von Panikattacken, über „das ganze bisherige Leben“ inrage Stellen, bis zur Flucht in ein total anderes, unvorbereitetes Leben. Die Hauptdarstellerin Lilith gelangt nach langen Denkprozessen, und nicht zuletzt vom Leben ermahnt, zu der Einsicht, dass ihr Verlossener oder Zuküntiger doch der Richtige ür sie ist. Aber ist er dann noch da und wie hat sich dieser Seelenkonlikt au seine Liebe zu ihr ausgewirkt? Ist es nun Kopsache oder Herzenssache? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Lama Yeshe, Lama Zopa Rinpoche:
Buddhismus für Anfänger Eine Einführung in die Philosophie und Praxis Scorpio-Verlag,2012
Zwei tibetisch-buddhistische Mönche stellen sich mit ihren Schülern die zentrale Frage: „Wie können wir unserem Leben Sinn geben?“ Wir alle tragen die Lösung unserer Probleme in uns, aber wie finden wir den Schlüssel? Sie ühren den Leser in Sinn und Zweck der Meditation ein, erklären, was unglücklich macht und beschreiben die Ursachen des Leidens. Anderen Gutes zu tun ist eine Empehlung, die wir in allen Religionen finden; aber wir können umso besser helen, je besser wir unser Leben selbst im Griff haben. Bleiben Sie achtsam bei allem, was Sie tun! (empohlen von Ingrid Kammerer) ☐
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
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MerkWÜRDIGES
V�� V������� N���
Swetlana Alexijewitsch:
Mary Lavater:
Beate Reinecker:
Tschernobyl – Eine Chronik der Zukunft
William Shakespeare Gefährte der Königin
Taschenbuch Verlag Berlin, 2006
Römerhof Verlag, 2014
„Die Bienen und Regenwürmer wußten Bescheid, aber wir nicht.” Knapp dreißig Jahre nach dem Reaktorunglück ist schernobyl längst aus den Schlagzeilen verschwunden. Umso erschütternder sind die Gespräche von Menschen, die direkt von schernobyl betroffen waren und noch immer sind: Kinder, Mütter, Väter, Umsiedler und Rückkehrer aus der „Sperrzone”. age nach dem Unglück keine Inormationen und Vertuschung. Soldaten mit Maschinenpistolen. Aber wen sollen sie erschießen? Die Physik? Die unsichtbaren Strahlen? Angesichts der weltweit 440 Atomreaktoren asst die Autorin zusammen: „Ich habe über die Vergangenheit geschrieben, doch sie hat sich als die Zukun erwiesen.” Die Reaktorkatastrophe im März 2011 in Fukushima beweist, wie recht sie leider damit hat. Die Halbwertszeit von Plutonium-239 liegt bei 24 390 Jahren. Die Halbwertszeit des Erinnerns oder Umdenkenwollens liegt deutlich darunter. (empohlen von Martinissimo) ☐
Dieses Buch ist spannend von der ersten bis zur letzten Seite! Wer war Shakespeare wirklich? Seit Jahrhunderten rätseln wir darüber. Wie konnte jemand einen solchen Sprachschatz und ein solches Wissen erlangen. Mary Lavater entwir die kühne Tese: Shakespeare sei der 17. Earl o Oxord. Queen Elisabeth hole ihn an ihren Ho und beide inspirieren sich gegenseitig. Entstanden au diesem Boden seine großartigen Werke? Der Earl de Vert konnte seine Werke nicht unter eigenem Namen veröffentlichen, daher bediente er sich des Pseudonyms. Die Autorin verolgt eine überzeugende Indizienkette. Ist nun das Mysterium um einen der bedeutendsten Dichter der Weltliteratur gelüet? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Lass Dich nicht verbiegen – Lass Dich nicht brechen Ratschläge & Ermutigungen aus der praktischen Philosophie
72
Peter Wagner:
Wofür es gut ist Was Mesnchen aus ihrem Leben lernen dtv, 2014
Der Journalist Peter Wagner versucht anhand der Geschichten von Menschen aller Berusgruppen und deren Erahrungen, Lehren ürs eigene Leben zu ziehen. Er will damit helen, die Suche nach Sinn und Gewissheit zu erleichtern, und zeigen, dass man durch die Erahrungen anderer lernen und damit sein eigenes Leben verändern kann . Durch g ute Beobachtung und Anteilnahme am anderen und am eigenen will er die eigene Denkweise erweitern und hinterragt die Erahrungen, bis diese den roten Lebensaden ergeben. Der Autor macht die Leser vertraut mit den Geschichten von einem Bankdirektor bis einem Demenzkranken und zeichnet so eine Fülle an Lebensweisheiten und Lehren. (empohlen von Ursula Ploschnik). ☐
Reine Kopfsache Verlag BoD, 2015
GeheimsprachenVerlag,2014
Roger-Pol Droit:
Wenn ich nur mehr eine Stunde zu leben hätte rororo, 2014
Der Autor Roger-Pol Droit versetzt sich selbst in die Situation, nur mehr eine Stunde zu leben. Was ängt er mit dieser Zeit an, welche Gedanken, welche Stimmungslagen erassen ihn und wie sieht er sein Leben? Welche Fehler hat er gemacht und was würde er heute anders machen? Wie ändert eine solche Situation das Denken und vielleicht sogar das weitere Leben? Di e Frage nach der letzten Stunde, nach dem letzten ag ist nicht neu. Die hat sich schon der Philosoph Seneca vor 2.000 Jahren gestellt. Eine ewige Frage des Menschen. Welche Antworten geben Sie sich? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Lass Dich nicht verbiegen ist ein Auru zu mehr Selbstbestimmung. Es regt die Leser an, ihre Handlungen, Gedanken und Motivationen im Alltag zu hinterragen und sich immer wieder selbst und ihre solidarischen Handlungen zu überprüen. Auch gilt es zu überdenken, wie ein demokratisches Zusammenleben unktioniert, denn in einer globalisierten Welt kann eine einzige Handlung weitreichende Auswirkungen haben. Die Autorin ordert die Leser au, ihr Konsumdenken, das nicht zuletzt von der Werbung gelenkt wird, inrage zu stellen und die Sinnhatigkeit unserer Konsumgüter ständig zu prüen. Dieses Buch macht im Alltagstrott wieder lebendig. (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Dr. Andrea F. Polard:
Ein einacher Heiratsantrag – au den eigentlich jede Frau wartet – kann sie aber auch total aus der Bahn weren: von Panikattacken, über „das ganze bisherige Leben“ inrage Stellen, bis zur Flucht in ein total anderes, unvorbereitetes Leben. Die Hauptdarstellerin Lilith gelangt nach langen Denkprozessen, und nicht zuletzt vom Leben ermahnt, zu der Einsicht, dass ihr Verlossener oder Zuküntiger doch der Richtige ür sie ist. Aber ist er dann noch da und wie hat sich dieser Seelenkonlikt au seine Liebe zu ihr ausgewirkt? Ist es nun Kopsache oder Herzenssache? (empohlen von Ursula Ploschnik) ☐
Auf zwei Flügeln zum Glück Die Verschmelzung östlicher und westlicher Denkweisen
Zwei tibetisch-buddhistische Mönche stellen sich mit ihren Schülern die zentrale Frage: „Wie können wir unserem Leben Sinn geben?“ Wir alle tragen die Lösung unserer Probleme in uns, aber wie finden wir den Schlüssel? Sie ühren den Leser in Sinn und Zweck der Meditation ein, erklären, was unglücklich macht und beschreiben die Ursachen des Leidens. Anderen Gutes zu tun ist eine Empehlung, die wir in allen Religionen finden; aber wir können umso besser helen, je besser wir unser Leben selbst im Griff haben. Bleiben Sie achtsam bei allem, was Sie tun! (empohlen von Ingrid Kammerer) ☐
Wer möchte nicht einen praktischen Leitaden, um in der Hektik unserer Zeit zu innerem Frieden und Glück zu finden? Dr. Polard verbindet hier zwei Ebenen, nämlich die sogenannte materielle, analytische Schiene mit einer spirituellen. Zum Glück gehören der Glaube, aber auch unsere materiellen Bedürnisse – im rechten Maß. Der Hauptgrund, warum wir unser Glück nicht finden, liegt in der ehlenden Achtsamkeit der Menschen. Wir alle müssen ACHSAMER werden und vor allem uns selbst besser kennenlernen! (empohlen von Ursula Ploschni k) ☐
Nr. 141 / Abenteuer Philosophie
e i h p o s o l i h p
Info
W
Die Zentralbibliothek Zürich inormierte abenteuer Philosophie und wir inormieren im LeserFORUM unsere Leser:
Albert Schweitzer (1875–1965) Manuskripte von Albert Schweitzer
Engagement bei Ihnen Anerkennung findet. Wir sind ständig bemüht, philosophische Temen unserer Zeit zu treffen – aktuell, notwendig, interessant und nahe am Menschen. Wenden Sie sich daher bitte an uns, wenn Sie Fragen an die Redaktion oder unsere Autoren haben, wenn Sie Anregungen geben wollen, sich Temen ür Artikel oder eine ganze Ausgabe
wünschen oder auch mit einem Autor in philosophischen Diskurs treten wollen. Schreiben oder mailen Sie uns:
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
abenteuer
Nr. 142: Warum uns teilen reicher macht
Philosophie D –EUR6,90, A– EUR6,90, CH– SFR12,50
erscheint am: 24.9.2015
Danke ür Ihr Engagement!
Warum uns TEILEN REICHER macht!
Ein Bild Schweitzers jenseits von mythischer Idealisierung
8 0 9 1 r e z t i e w h c S t r e b l A 2 0 0 n e y o t i C
Ausstellung in der Schatzkammer im Predigerhof der Zentralbibliothek
Zähringerplatz 6, CH-8001 Zürich, Eingang im Bibliotheksho el +41 44 2683 100, Fax +41 44 2683 290 Öffnungszeiten: Mo–Fr: 13–17 Uhr, Sa 13–16 Uhr bis 12. September 2015 www.zb.uzh.ch
[email protected]
73
VORSCHAU
Verlag filosofica, Münzgrabenstraße 103, A-8010 Graz
[email protected]
Damit werden bewusst die Schaffensbereiche Schweitzers hervorgehoben, die der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind als sein Wirken als „Urwalddoktor“. Es gibt also „Neues“ zu entdecken. Doch auch dem Spital im gabunischen Lambarene wird innerhalb der Ausstellung viel Platz eingeräumt.
Albert Schweitzer wird in der Ausstellung als Persönlichkeit dargestellt, die das humanitäre Denken im 20. Jahrhundert grundlegend geprägt hat. rotzdem soll auch au kritische Ansätze zur Beurteilung seines Werkes eingegangen werden. Unter Verwendung der neusten Forschungen hat Kurator Gunnar Dalvit ein Bild Schweitzers jenseits von mythischer Idealisierung und gegenstandsloser Kritik entworen. Verweise au den historischen Kontext, in dem Schweitzers Wirken stattfindet, wie beispielsweise die Kolonialgeschichte Arikas, sollen das Verständnis seiner Schrien erleichtern. Nicht zuletzt wird die Ausstellung auch au die Darstellung Schweitzers in den Medien eingehen – und die Prominenz beleuchten, welche sein Wirken nach sich gezogen hat.
r e u e t n e b a
D I E KK U UN N SS TT ZZUULLEEBBEENN//AAUUSSGGAABBEE4 4/ /OO K TKO TO B EBRE –R N - NOOVVEEMMBBEERR–-DDEEZZEEM MBBEERR 22001153
Nr. 142/ 2015
erstmals in einer Ausstellung
Seit mehr als 40 Jahren pflegt die Zentralbibliothek Zürich eine Sammlung von kulturhistorischem Wert: den Nachlass des als „Urwalddoktor“ berühmt gewordenen Arztes, Philosophen, Teologen, Organisten und Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, der durch sein humanitäres Engagement in Lambarene Weltruhm erlangte. Die Zentralbibliothek nimmt den 50. odestag Schweitzers zum Anlass, sein schriliches Erbe der Öffentlichkeit zu präsentieren und an das Werk dieser aszinierenden Persönlichkeit zu erinnern. Der reichhaltige Handschrienbestand bildet den Ausgangspunkt ür eine ausgewogene Würdigung von Albert Schweitzer. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei au dem wissenschalichen Schaffen des Friedensnobelpreisträgers als Teologe und Philosoph sowie au seinem Wirken als Musiker und Musikwissenschaler.
Lama Yeshe, Lama Zopa Rinpoche:
Buddhismus für Anfänger Eine Einführung in die Philosophie und Praxis Scorpio-Verlag,2012
ManjughoschaVerlag,2014
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
ir, das „abenteuer Philosophie“Redaktionssteam, möchten diese Gelegenheit nutzen und allen unseren Leserinnen und Lesern herzlich danken. Ohne Leser macht das schönste Magazin keinen Sinn. Bedanken möchten wir uns ganz im Speziellen ür die vielen positiven Rückmeldungen zu unserer letzten Ausgabe: LICH. Wir reuen uns sehr, wenn unser
74
Isabella Muhr:
¾
TEILEN macht glücklich
¾
Die WEISHEIT des Epiktet
¾
Der GerechtigkeitsSINN
¾
INTERview mit Ibrahim Abouleish über Entwicklung
¾
philoSLAM: Wovon ich träume
¾
LebensKUNST: Streiten, aber richtig
¾
Albert Schweitzer: Die EHRfurcht vor dem Leben
IMPRESSUM Herausgeber und Verleger: Filosofica – Verein zur Förderung und Verbreitung klassisch-philosophischen Wissens, Kultur und Kunst Chefredakteur: Mag. Hannes Weinelt Redaktion: Mag. Barbara Fripertinger, Gudrun Gutdeutsch, Walter Krejci, DI Dr. Helmut Knoblauch, Veronika Neff, Mag. Martin Peschaut, DI Dr. Wigbert Winkler, Dr. Ingrid Kammerer, Dr. Matthias Szalay,
[email protected] Lektorat: Dr. Ingrid Kammerer Satz und Gestaltung: Daniela Brotsack Abo-Vertrieb:HeidrunZankl,
[email protected] Redaktionsadresse: Münzgrabenstraße 103, A-8010 Graz, eleon: 00 43-316 48 14 43, Fax: 00 43-316 48 14 43 11, Internet: http://www.abenteuer-philosophie.com, Großvertrieb: MZV Moderner Zeitschrien Vertrieb GmbH & Co. KG, Ohmstraße 1, 85716 Unterschleißheim, el. 0 89/3 19 06-0, eleax 0 89/3 19 06-1 13, E-Mail: in
[email protected], Internet: www.mzv.de Bezugspreis: Einzelpreis ür A und D: € 6,90, ür die CH: CHF 12,50, Jahresabo: (4 Ausgaben) Österreich € 23, Deutschland € 26, Schweiz € 29, (alle inkl. Versand), andere Länder € 22 (exkl. Versand) Druck: Platinium Print & Art GmbH, Schmiedlstr. 3, A-8020 Graz, Österreich. Die in dieser Ausgabe veröffentlichten Artikel entsprechen nicht unbedingt der Meinung des Herausgebers, sondern geben ausschließlich die Meinung der Autoren wieder. Bilder: Wenn nicht anders angegeben von www.dreamstime.com, www.shutterstock.com (Gehirntraining) und de.otolia.com (Cover)
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W
ir, das „abenteuer Philosophie“Redaktionssteam, möchten diese Gelegenheit nutzen und allen unseren Leserinnen und Lesern herzlich danken. Ohne Leser macht das schönste Magazin keinen Sinn. Bedanken möchten wir uns ganz im Speziellen ür die vielen positiven Rückmeldungen zu unserer letzten Ausgabe: LICH. Wir reuen uns sehr, wenn unser
Die Zentralbibliothek Zürich inormierte abenteuer Philosophie und wir inormieren im LeserFORUM unsere Leser:
Albert Schweitzer (1875–1965) Manuskripte von Albert Schweitzer
Engagement bei Ihnen Anerkennung findet. Wir sind ständig bemüht, philosophische Temen unserer Zeit zu treffen – aktuell, notwendig, interessant und nahe am Menschen. Wenden Sie sich daher bitte an uns, wenn Sie Fragen an die Redaktion oder unsere Autoren haben, wenn Sie Anregungen geben wollen, sich Temen ür Artikel oder eine ganze Ausgabe
wünschen oder auch mit einem Autor in philosophischen Diskurs treten wollen. Schreiben oder mailen Sie uns:
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VORSCHAU Nr. 142: Warum uns teilen reicher macht
Philosophie D –EUR6,90, A– EUR6,90, CH– SFR12,50
Verlag filosofica, Münzgrabenstraße 103, A-8010 Graz
[email protected]
erscheint am: 24.9.2015
Danke ür Ihr Engagement!
Damit werden bewusst die Schaffensbereiche Schweitzers hervorgehoben, die der breiten Öffentlichkeit weniger bekannt sind als sein Wirken als „Urwalddoktor“. Es gibt also „Neues“ zu entdecken. Doch auch dem Spital im gabunischen Lambarene wird innerhalb der Ausstellung viel Platz eingeräumt.
Warum uns TEILEN REICHER macht!
Ein Bild Schweitzers jenseits von mythischer Idealisierung
Albert Schweitzer wird in der Ausstellung als Persönlichkeit dargestellt, die das humanitäre Denken im 20. Jahrhundert grundlegend geprägt hat. rotzdem soll auch au kritische Ansätze zur Beurteilung seines Werkes eingegangen werden. Unter Verwendung der neusten Forschungen hat Kurator Gunnar Dalvit ein Bild Schweitzers jenseits von mythischer Idealisierung und gegenstandsloser Kritik entworen. Verweise au den historischen Kontext, in dem Schweitzers Wirken stattfindet, wie beispielsweise die Kolonialgeschichte Arikas, sollen das Verständnis seiner Schrien erleichtern. Nicht zuletzt wird die Ausstellung auch au die Darstellung Schweitzers in den Medien eingehen – und die Prominenz beleuchten, welche sein Wirken nach sich gezogen hat.
abenteuer
Nr. 142/ 2015
erstmals in einer Ausstellung
Seit mehr als 40 Jahren pflegt die Zentralbibliothek Zürich eine Sammlung von kulturhistorischem Wert: den Nachlass des als „Urwalddoktor“ berühmt gewordenen Arztes, Philosophen, Teologen, Organisten und Friedensnobelpreisträgers Albert Schweitzer, der durch sein humanitäres Engagement in Lambarene Weltruhm erlangte. Die Zentralbibliothek nimmt den 50. odestag Schweitzers zum Anlass, sein schriliches Erbe der Öffentlichkeit zu präsentieren und an das Werk dieser aszinierenden Persönlichkeit zu erinnern. Der reichhaltige Handschrienbestand bildet den Ausgangspunkt ür eine ausgewogene Würdigung von Albert Schweitzer. Der thematische Schwerpunkt liegt dabei au dem wissenschalichen Schaffen des Friedensnobelpreisträgers als Teologe und Philosoph sowie au seinem Wirken als Musiker und Musikwissenschaler.
r e u e t n e b a
D I E KK U UN N SS TT ZZUULLEEBBEENN//AAUUSSGGAABBEE4 4/ /OO K TKO TO B EBRE –R N - NOOVVEEMMBBEERR–-DDEEZZEEM MBBEERR 22001153
8 0 9 1 r e z t i e w h c S t r e b l A 2 0 0 n e y o t i C
Ausstellung in der Schatzkammer im Predigerhof der Zentralbibliothek
Zähringerplatz 6, CH-8001 Zürich, Eingang im Bibliotheksho el +41 44 2683 100, Fax +41 44 2683 290 Öffnungszeiten: Mo–Fr: 13–17 Uhr, Sa 13–16 Uhr bis 12. September 2015 www.zb.uzh.ch
[email protected]
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TEILEN macht glücklich
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Die WEISHEIT des Epiktet
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Der GerechtigkeitsSINN
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INTERview mit Ibrahim Abouleish über Entwicklung
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philoSLAM: Wovon ich träume
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LebensKUNST: Streiten, aber richtig
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Albert Schweitzer: Die EHRfurcht vor dem Leben
IMPRESSUM Herausgeber und Verleger: Filosofica – Verein zur Förderung und Verbreitung klassisch-philosophischen Wissens, Kultur und Kunst Chefredakteur: Mag. Hannes Weinelt Redaktion: Mag. Barbara Fripertinger, Gudrun Gutdeutsch, Walter Krejci, DI Dr. Helmut Knoblauch, Veronika Neff, Mag. Martin Peschaut, DI Dr. Wigbert Winkler, Dr. Ingrid Kammerer, Dr. Matthias Szalay,
[email protected] Lektorat: Dr. Ingrid Kammerer Satz und Gestaltung: Daniela Brotsack Abo-Vertrieb:HeidrunZankl,
[email protected] Redaktionsadresse: Münzgrabenstraße 103, A-8010 Graz, eleon: 00 43-316 48 14 43, Fax: 00 43-316 48 14 43 11, Internet: http://www.abenteuer-philosophie.com, Großvertrieb: MZV Moderner Zeitschrien Vertrieb GmbH & Co. KG, Ohmstraße 1, 85716 Unterschleißheim, el. 0 89/3 19 06-0, eleax 0 89/3 19 06-1 13, E-Mail: in
[email protected], Internet: www.mzv.de Bezugspreis: Einzelpreis ür A und D: € 6,90, ür die CH: CHF 12,50, Jahresabo: (4 Ausgaben) Österreich € 23, Deutschland € 26, Schweiz € 29, (alle inkl. Versand), andere Länder € 22 (exkl. Versand) Druck: Platinium Print & Art GmbH, Schmiedlstr. 3, A-8020 Graz, Österreich. Die in dieser Ausgabe veröffentlichten Artikel entsprechen nicht unbedingt der Meinung des Herausgebers, sondern geben ausschließlich die Meinung der Autoren wieder. Bilder: Wenn nicht anders angegeben von www.dreamstime.com, www.shutterstock.com (Gehirntraining) und de.otolia.com (Cover)
Abenteuer Philosophie / Nr. 141
UMDENKEN, QUERDENKEN, NACHDENKEN www.treffpunkt-philosophie.at s c h e i t k a r P o p h i e s o l i h P le r a u s a l W e l t i n n e n d e b A 8 1